SPD – 04. WP Fraktionssitzung: 21. 01. 1964

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21. Januar 1964: Fraktionssitzung

AdsD, SPD-BT-Fraktion 4. WP, Ord. 8.௔1. 1964 – 9.௔6. 1964 (alt 1035, neu 12). Überschrift: »Protokoll der Fraktionssitzung der SPD im , am Dienstag, d. 21. Januar 1964«. Anwesend: 153 Abgeordnete; Fraktionsassistenten: Bartholomäi, Eichmann, Goller, Jäger, Laabs, List, Niemeyer, Selbmann, Scheele, P. Schmidt, Wedel, Winkel, Winninger; PV: Storbeck; SPD-Pressedienst: Exler; Vorwärts: Stallberg. Prot.: Schubart. Zeit: Beginn: 15.00 Uhr.1

Vorsitz: Punkt 1 der TO2: a) Wohnungsgesetz Der Entwurf eines Wohnungsbaugesetzes wird bei zwei Stimmenthaltungen ohne Ge- genstimme angenommen.3 b) Presserechtsrahmengesetz.4 erläutert den Entwurf des Arbeitskreises Rechtswesen über ein Rahmen- gesetz zur Vereinheitlichung des Presserechts. Er macht darauf aufmerksam, daß dieser Entwurf auf Arbeiten von Presserechtsexper- ten der Partei zurückgeht und daß über diesen Entwurf auch eine SPD- Länderkonferenz stattgefunden habe. fragt, ob der Journalistenverband im Deutschen Gewerkschaftsbund5 an den Arbeiten des Entwurfs beteiligt worden ist und ob der wesentliche Inhalt dieses Entwurfs mit dem FDP-Entwurf über ein Presserechtsrahmengesetz6 übereinstimme. Kurt Mattick fragt, ob dieser Entwurf mit dem geltenden Hessischen Pressegesetz7 übereinstimme.

1 Uhrzeit nach beiliegender TO. 2 Abweichend vom üblichen Ablauf wurden unter TOP 1 die »Vorlagen aus den Arbeitskreisen« behandelt; vgl. beiliegende TO. 3 Vgl. Nr. 74, bes. Anm. 12. 4 Vgl. den am 20. 1. 1964 als von der SPD-Fraktion unverändert eingebrachten »Entwurf eines Rah- mengesetzes zur Vereinheitlichung des Presserechts (Presserechtsrahmengesetz – PRRG)« in BT Anl. 88, Drs. IV/1849. 5 Gemeint ist die Deutsche Journalisten Union, Vors. Walter Fabian. 6 Der Antrag der FDP-Fraktion mit dem »Entwurf eines Gesetzes über die allgemeinen Rechtsver- hältnisse der Presse (Presserechtsrahmengesetz)«, war am 8. 1. 1964 eingebracht worden; BT Anl. 88, Drs. IV/1814. Er wurde zusammen mit dem SPD-Entwurf am 5. 2. 1964 im Plenum in 1. Lesung be- raten; BT Sten. Ber. 54, S. 5087-5102. Die Begründung für den SPD-Entwurf gab Sänger. 7 Das hessische »Gesetz über Freiheit und Recht der Presse« vom 23. 6. 1949 war durch ein erstes Änderungsgesetz vom 25. 10. 1958 novelliert worden. Vgl. BEIER, SPD Hessen, S. 110, 216 und 218. Gemeint sein dürfte hier jedoch ein vom Land Hessen im Bundesrat eingebrachter Initiativantrag zur Änderung der Strafprozeßordnung, durch den das Zeugnisverweigerungsrecht von Presse und Rund- funk neu geregelt werden sollte. Mit einigen vom Bundesrat in der Sitzung vom 29. 11. 1963 be- schlossenen – von Hessen abgelehnten – Änderungen war dieser Gesetzentwurf dann als Initiativvor- lage des Bundesrats beim Bundestag eingebracht worden. Vgl. Bulletin Nr. 216 vom 7. 12. 1963, S. 1923. Im Land Hessen wurde mit dem zweiten »Gesetz zur Änderung des Hessischen Gesetzes über Freiheit und Recht der Presse« vom 22. 2. 1966 ein »Zeugnisverweigerungsrecht« für »Redakteure,

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Gerhard Jahn antwortet, daß Verbände bei der Beratung über diesen Entwurf nicht beteiligt worden sind; der vorgelegte Entwurf stimme in seinem wesentlichen Inhalt sowohl mit dem FDP-Entwurf als auch mit dem geltenden Hessischen Pressegesetz überein. Die Einbringung dieses Entwurfs wird von der Fraktion beschlossen. c) Antrag betr. Europäisches Jugendwerk8 Harry Liehr begründet den Antrag. Er macht darauf aufmerksam, daß aufgrund des deutsch-französischen Konsultationsvertrages ein Jugendwerk gegründet worden ist; dieses deutsch-französische Jugendwerk dürfe aber nicht exklusiv bleiben; deshalb solle als Gegengewicht ein europäisches Jugendwerk geschaffen werden; dies sei der Zweck des vorliegenden Antrags. Dieses Europäische Jugendwerk solle auch nicht auf die EWG-Länder beschränkt bleiben. Heinrich Ritzel bringt den Wunsch zum Ausdruck, daß der Haushaltsausschuß wegen der Bereitstellung von Haushaltsmitteln für das Europäische Jugendwerk an den Bera- tungen über den Antrag beteiligt werden soll. Fritz Erler weist darauf hin, daß bei der Debatte über den Antrag das Schwergewicht auf der Schaffung des Europäischen Jugendwerkes liegen soll und nicht bei der Kritik am deutsch-französischen Jugendwerk. Georg Kahn-Ackermann weist auf einen Antrag betreffend eines Europäischen Ju- gendwerks aus dem Europarat an den Ministerrat hin.9 Karl Mommer regt an, daß die SPD-Mitglieder in der Sozialistischen Fraktion des Europarates anregen sollten, daß die anderen sozialistischen Abgeordneten in ihren nationalen Parlamenten einen entsprechenden Antrag (Europäisches Jugendwerk) stel- len sollten. Die Einbringung des Antrages wird von der Fraktion beschlossen. Die Fraktion gedenkt des verstorbenen früheren Oberbürgermeisters der Stadt Mün- chen, Thomas Wimmer.10 Fritz Erler würdigt das Lebenswerk des Verstorbenen und erklärt, Gen. Wimmer habe sich durch den Wiederaufbau Münchens das beste Denkmal gesetzt. Punkt 2 der TO Karl Mommer gibt eine Übersicht über die Plenarsitzungen am Mittwoch, d. 22. 1., Donnerstag, d. 23. und Freitag, d. 24.௔1. 1964.

Journalisten, Herausgeber, Drucker« und andere bei der Herstellung von »periodischen Druckwer- ken« berufsmäßig Mitwirkende geschaffen. Vgl. BEIER ebd., S. 274. 8 Vgl. den am 22. 1. 1964 eingebrachten Antrag in BT Anl. 88, Drs. IV/1855. 9 Vgl. JAHRBUCH SPD 1964/65, S. 53. Ein entsprechender Beschluß der Beratenden Versammlung des Europarates mit einer solchen Empfehlung wurde von Liehr (SPD) in seiner Plenarrede vom 9. 12. 1964 erwähnt. BT Sten. Ber. 58, S. 7493. Eine entsprechende gezielte Empfehlung ließ sich jedoch nicht feststellen, sondern nur eine Resolution (Nr. 268) zum Städteaustausch, Empfehlungen (Nr. 395) über einen Europäischen Zivildienst, (Nr. 401) zum kulturellen Austausch und zur Errichtung eines Europäischen Amtes für Städte-Patenschaften und Austausch (Nr. 404). Vgl. AdG 10013, 11197 und 11567. 10 Thomas Wimmer (geb. 1887), SPD seit 1907, 1948-1952 1. Bürgermeister, 1952-1960 Oberbürger- meister von München, langjähriger Vors. des Bezirks Oberbayern, später Südbayern, war am 17. 1. 1964 gestorben.

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Fritz Erler gibt bekannt, daß er zu dem Atomstopp-Abkommen in der ersten Runde sprechen, während in der zweiten Runde sprechen werde.11 Fritz Erler erläutert einige wichtige Punkte, die er in seiner Rede am kommenden Tag im Plenum anzuschneiden gedenke: Zunächst müsse analysiert werden, was in dem Vertrag drin stehe und was nicht drin stehe. Dann werde er die Gründe darlegen, die in der Bundesrepublik zum Streit ge- führt haben, ob der Beitritt zu dem Moskauer Vertrag ratsam oder nicht ratsam sei; hier werde es sich vor allem um eine Auseinandersetzung mit dem bekannten Standpunkt der CSU12 handeln. Schließlich müsse in diesem Zusammenhang auf die Frage einge- gangen werden, ob durch den Vertrag und den Beitritt der SBZ Ulbricht eine völker- rechtliche Aufwertung erfahren habe13; er (Erler) gedenke in diesem Zusammenhang auf die ausgezeichnete Darstellung Dean Rusks vor einem Ausschuß des amerikani- schen Senats14 einzugehen. Der Kernpunkt der Debatte sei durch die Begriffe Abrüs- tung, Entspannung, deutsche Frage gekennzeichnet. Es gelte von deutscher Seite aus in positiver Richtung jeden Schritt zu beeinflussen, der uns der Selbstbestimmung, der Sicherheit Berlins und der Abrüstung näher bringe. In diesem Zusammenhang werde er wiederum auf die Schaffung eines Abrüstungsamtes15 eingehen. Er werde hervorheben, daß es in Sachen Entspannung keinen deutschen Alleingang geben kann, sondern bei jedem Schritt die gesamtwestliche Solidarität gewahrt werden muß. In diesem Zusam- menhang werde er auch auf Frankreichs jüngsten Schritt bezüglich der völkerrechtli- chen Anerkennung Pekings16 eingehen. Er werde darauf aufmerksam machen, daß beide Staaten (Frankreich und Peking-China) den Moskauer Vertrag ablehnten.17. Schließlich werde er auch auf die Kreditgewährungen an Ostblockstaaten eingehen. Im ganzen werde er ein deutliches Ja sowohl zu dem Vertrag als auch zu der Solidarität mit den westlichen Staaten, die diesen Vertrag zum Abschluß brachten, zum Ausdruck bringen. Heinrich Ritzel rügt, daß bei einem so wichtigen Punkt der Tagesordnung des Bundes- tages (Teststoppabkommen) eine Sitzung des Haushaltsausschusses stattfindet; er bittet

11 Zu ihren Reden in der 1. Lesung des Atomteststoppvertrages am 22. 1. 1964 siehe BT Sten. Ber. 54, S. 4931-4936 (Erler) und S. 4948 f. sowie 4964-4968 (Wehner). 12 Der Parteivorsitzende der CSU, Franz Josef Strauß, hatte am 13. 8. 1963 vor der Presse den Atom- teststoppvertrag mit dem Münchener Abkommen von 1938 verglichen; vgl. BANDULET, Adenauer, S. 214. Zuvor hatte , Mitgl. des Vorstandes der CSU, am 7. 8. 1963 im Bayeri- schen Rundfunk heftige Kritik geübt; dazu GRABBE, S. 346. 13 Vgl. dazu Erlers Ausführungen im Plenum am 22. 1. 1964; BT Sten. Ber. 54, S. 4932 f. 14 Rusk hatte am 12. 8. 1963 vor dem Auswärtigen Ausschuß des US-Senats erklärt, aus der Unter- zeichnung des Vertrages durch die »sowjetische Besatzungszone« ergebe sich keine völkerrechtliche Anerkennung. Eine evtl. Notifikation »dieses Aktes« durch die Sowjetunion würden die USA nicht entgegennehmen und damit sicherstellen, daß die SBZ keine besonderen Rechte daraus ableiten kön- ne. Siehe die Auszüge in Bulletin Nr. 144 vom 15. 8. 1963, S. 1266 sowie AdG 1963, S. 10742 f.; ferner Erlers Zitate in seiner Bundestagsrede; BT Sten. Ber. 54, S. 4933. 15 Vgl. ebd., S. 4935. Am 14. 4. 1964 beschloß die Fraktion, bei der 1. Lesung des Bundeshaushalts einen Entschließungsantrag einzubringen, in dem die Einrichtung eines Abrüstungsamtes gefordert wurde. Vgl. Nr. 81, TOP 1. 16 Die französische Regierung hatte am 8. 1. 1964 beschlossen, die Volksrepublik China offiziell anzu- erkennen und dies am 15. 1. den verbündeten Regierungen mitgeteilt. Vgl. AdG 1964, S. 11009 f.; André FONTAINE, De Gaulles Politik der Bewegung in Süd- und Ostasien, in: EUROPA-ARCHIV 1964, S. 148. 17 Frankreich und die Volksrepublik China hatten den Atomteststoppvertrag nicht unterzeichnet.

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den Fraktionsvorstand dafür Sorge zu tragen, daß der Haushaltsausschuß wenigstens bei wichtigen Sitzungen des Plenums nicht tagt. Fritz Erler macht sich das Anliegen von Ritzel zu eigen. erklärt sein volles Einvernehmen mit den Ausführungen von Fritz Erler und ebenso seine volle Übereinstimmung mit der Politik der USA; er bittet jedoch nachdrücklich, daß der Sprecher der SPD-Fraktion in der Debatte den deutschen Rechtsstandpunkt nachdrücklich zum Ausdruck bringt. Fritz Erler bejaht die Notwendigkeit, den deutschen Rechtsstandpunkt zum Ausdruck zu bringen. Karl Mommer erklärt, daß er es für notwendig halte, in der Debatte auf den Wider- spruch zwischen der Forderung nach Einheit und Solidarität des Westens und der Poli- tik de Gaulles hinzuweisen; der jüngste Schritt de Gaulles, Anerkennung Rot-Chinas18, sei offenbar ohne vorherige Konsultation des deutschen Partners erfolgt. Was bleibe dann noch von der Konsultationspflicht nach dem deutsch-französischen Vertrag üb- rig, wenn Frankreich in allen wichtigen Fragen einsame Beschlüsse fasse? Die SPD müsse die Regierung aufmuntern, daß sie in dieser Frage (Konsultation nach dem deutsch-französischen Vertrag) einen grundsätzlichen Wandel herbeiführe. Fritz Erler erklärt, daß er sich die Anregungen der vorangegangenen Sprecher zu eigen machen werde; im übrigen stellt er fest, daß die Fraktion seine Ausführungen akzeptiert habe. Karl Mommer gibt bekannt, daß nach der Beratung über das Teststopp-Abkommen das Europäische Übereinkommen über die Gleichwertigkeit der Studienzeit an den Universitäten auf der Tagesordnung des Plenums stehe.19 Carlo Schmid erklärt, daß er hierzu einige kurze Ausführungen im Plenum machen werde, er gedenke dabei vor allem auf ein verfassungspolitisches Problem einzugehen: die Länder hätten nämlich im Bundesrat behauptet, daß dieses Abkommen außer im Bundestag auch in allen Landtagen ratifiziert werden müsse20; wenn das zutreffe, ergäbe sich die groteske Situation, daß die Bundesrepublik Deutschland aufhören würde, ein völkerrechtlicher Vertragspartner zu sein. Über dieses Problem gedenke er kurz zu sprechen. Georg Kahn-Ackermann bittet Carlo Schmid, sich wegen der Bedeutung des Über- einkommens nicht allzu kurz zu fassen, Carlo Schmid solle auch darauf hinweisen, daß dieser Vertrag schon 195721 geschlossen worden sei und wegen der Zwistigkeiten mit

18 Vgl. Anm. 16. 19 Es handelte sich um den Entwurf eines Ratifizierungsgesetzes zu dem genannten »Übereinkommen vom 15. Dezember 1956«; vgl. BT Anl. 88, Drs. IV/1807; BT Sten. Ber. 54, S. 4969-4974. Für die SPD-Fraktion sprach C. Schmid. 20 Der Bundesrat wies in seiner Stellungnahme zu dem Ratifizierungsgesetz, die er am 20. 12. 1963 beschlossen hatte, darauf hin, »daß eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Gesetzent- wurf nicht gegeben sei« und »daß das Übereinkommen erst ratifiziert werden kann, wenn sämtliche Länder ihr Einverständnis« erklärt hätten. BT Anl. 88, Drs. IV/1807 (Anl. 2). – Die verfassungsrecht- lichen Probleme, die sich mit dem Abschluß von auswärtigen Kulturabkommen durch den Bund ergaben, kamen ausführlich auch im Bundestag zur Sprache. Die langwierigen Auseinandersetzungen zwischen Bund und Ländern waren der Grund, warum das Ratifikationsgesetz erst mehr als sieben Jahre nach der Unterzeichnung des Abkommens [am 15. 12. 1956] dem Bundestag vorgelegt wurde. Vgl. BT Sten. Ber. 54, S. 4669-4974 – Reden Kopf für die CDU/CSU, C. Schmid für die SPD und Hellige für die FDP. 21 Vgl. Anm. 19.

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den Ländern über die Vertragsschlußkompetenzen nunmehr erst nach über sieben Jahren im Bundestag zur Beratung anstehe. Fritz Erler gibt bekannt, daß über die grundsätzliche Frage, wer bei22 Verträgen, die die Auswärtige Kulturpolitik betreffen, zum Vertragsschluß mit auswärtigen Staaten be- rechtigt sei, eine Länderkonferenz stattfinden solle.23 Fritz Erler stellt ferner das Einverständnis der Fraktion mit den Ausführungen von Carlo Schmid fest. Karl Mommer gibt bekannt, daß als nächster Punkt auf der TO des Plenums die Kriegsopferversorgung stehe.24 Helmut Bazille macht zur Frage der Kriegsopferversorgung Ausführungen. Er weist auf die frühere Entscheidung des Kriegsopferausschusses des Bundestages sowie auf gleichlautende Stellungnahmen namhafter SPD-Vertreter [hin], wonach das Datum für die Neuordnung der Kriegsopferversorgung der 1.௔10. 1963 sein sollte. Zwi- schenzeitlich seien nun die Beratungen im Haushaltsausschuß so gelaufen, daß die Vor- schläge der SPD zur Deckung der Ausgaben der Kriegsopferversorgung ab 1.௔10. 1963 nicht mehr zur Sprache gekommen sind; vielmehr gehe nunmehr der Haushaltsaus- schuß davon aus, daß die Neuordnung erst ab 1.௔1. 1964 in Kraft tritt.25 Aber auch die- ser Beschluß sei eine eindeutige Niederlage aller Stufenpläne der Bundesregierung. Da die Neuordnung – auch wenn sie erst ab 1. Januar d. J. erfolgte – eindeutig ein Sieg und ein Erfolg der SPD sei, solle nicht mehr auf das früher von der SPD geforderte Datum (1.௔10. 1963) zurückgekommen werden; denn in diesem Falle würde das Plenum die Sache an den Haushaltsausschuß zurückverweisen, wodurch sich nur Verzögerungen für die Neuordnung der Kriegsopferversorgung ergäbe[n]; im Ergebnis wäre damit den Kriegsopfern nicht gedient, zumal die Haltung weiter Kreise der CDU und auch der FDP noch unsicher sei. Es bestünde dann die Gefahr, daß im Laufe der Verzögerung wieder auf die Stufenpläne der Bundesregierung zurückgegriffen werden müsse. Fritz Schäfer gibt Auskunft über die heutigen Beratungen im Ältestenrat über die ge- schäftsordnungsmäßige Behandlung der Kriegsopferneuregelung im Plenum. Da der Haushaltsausschuß nur Deckungsvorschläge für eine Neuordnung ab 1. Januar 1964 gemacht habe, könne dann, wenn die SPD den Antrag (Neuordnung ab 1.௔10. 1963) stellen würde, eine Rückverweisung an den Haushaltsausschuß nicht umgangen werden. Um keine Verzögerungen in der Neuordnung herbeizuführen, trete er auch für die Neuordnung erst ab 1.௔1. 1964 ein. Karl Mommer vertritt die gegenteilige Meinung: die SPD müsse unbedingt an ihrem alten Vorschlag, wonach die Neuordnung schon26 am 1.௔10. 1963 in Kraft treten solle, festhalten. Auch gerade dadurch würde die Gegenseite in Verlegenheit gebracht wer-

22 »wer bei« hs. verbessert für »der bei«. 23 Eine besondere Länderkonferenz nur zu diesem Thema wird sonst nicht erwähnt. Zu einem breite- ren Themenkomplex fand am 25./26. 2. 1964 ein Internationaler Europakongreß der SPD-Fraktion in statt. Vgl. JAHRBUCH SPD 1964/65, S. 52. 24 Das zweite Neuordnungsgesetz zur Kriegsopferversorgung wurde als TOP 5 am 22. 1. 1964 in 2. und 3. Lesung beraten; BT Sten. Ber. 54, S. 4974-4987. Für die SPD-Fraktion sprachen Seidel (S. 4976 f.) und Ritzel (S. 4979) in der 2. und Bazille (S. 4981-4983) in der 3. Lesung. 25 Vgl. Nr. 71 und 72, TOP 1 sowie »Die SPD-Fraktion teilt mit« Nr. 20/64 vom 16. 1. 1964. Danach hatte der Haushaltsausschuß den Antrag von Ritzel, das Gesetz schon zum 1. 10. 1963 in Kraft zu setzen, abgelehnt und anschließend dessen zweiten Antrag, dann den Termin auf den 1. 1. 1964 fest- zusetzen, einstimmig beschlossen. 26 Im Or. sinnentstellend »erst«.

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den. Er teile nicht die Ansicht, daß im Falle eines Festhaltens der SPD am Datum des 1.௔10. 1963 es eine Rückverweisung der Kriegsopferversorgung an den Haushaltsaus- schuß geben werde. In der weiteren Diskussion treten Max Seidel, Fritz Erler, Heinrich Ritzel, Ernst Schellenberg, Helmut Bazille und Fritz Schäfer für den 1.௔1. 1964, Egon Höhmann, Eugen Glombig und nochmals Karl Mommer für den 1.௔10. 1963 als Datum für die Neuordnung der Kriegsopferversorgung ein. Bei der Abstimmung spricht sich eine Mehrheit gegen eine starke Minderheit für das Inkrafttreten der Neuordnung der Kriegsopferversorgung ab 1. Januar 1964 aus. Fritz Erler stellt sodann fest, daß von der Fraktion das Inkrafttreten ab 1. Januar be- schlossen sei.27 Karl Mommer gibt den weiteren Inhalt der TO der Plenarsitzungen in dieser Woche bekannt. Punkt 3 der TO28 Vorschlag: Alwin Kulawig und . Fritz Erler gibt bekannt, daß der Vorschlag anstelle von Erhard Eppler vorsehe. Fritz Büttner stellt zu der Abänderung des Vorschlages Fragen. Fritz Erler antwortet hierauf. Alwin Kulawig und Helmut Rohde werden von der Fraktion bei einer Stimmenthal- tung ohne Gegenstimmen als neue Mitglieder in das Europäische Parlament gewählt.29 Punkt 4 der TO30 Karl Mommer liest eine Liste von Namen vor, die der Vorstand als Delegierte für den Parteitag vorschlägt.31 Punkt 5 der TO Die vorgeschlagenen Termine für die nächsten Sitzungen des Vorstandes und der Frak- tion werden zur Kenntnis genommen.32 Punkt 6 der TO Karl Mommer gibt bekannt, daß demnächst der Entwurf eines neuen Diätengesetzes im Bundestag eingebracht werde.33 Die Fraktionssitzung wird von Fritz Erler geschlossen. Protokollführung34: A. Schubart

27 In dieser Fassung wurde das Gesetz einstimmig vom Bundestag angenommen. BT Sten. Ber. 54, S. 4987. 28 TOP 3 betraf nach beiliegender TO die »Wahl von zwei neuen Mitgliedern in das europäische Par- lament«. 29 Rechtlich handelte es sich nur um einen »Antrag«; die eigentliche Wahl erfolgte durch den Bundestag am 22. 1. 1964. BT Sten. Ber. 54, S. 4974. 30 TOP 4 lautete nach beiliegender TO »Vorbereitung der Wahl der Delegierten für den Parteitag«. 31 Die Wahl erfolgte in der Fraktionssitzung am 4. 2. 1964; vgl. Nr. 76, TOP 4. 32 Sie sahen nach beiliegender TO vor: 4. 2. 1964, 10.00 Uhr Fraktionsvorstand, 15.00 Uhr Fraktionssit- zung. 33 Vgl. Nr. 76, TOP 1. 34 »Protokollführung«: hs. von Schubart angefügt.

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