Vorlesung Blotevogel „Nordrhein-Westfalen“ SS 2002 Kap. 02 1

Kapitel 2 Die naturräumlichen Grundlagen der Landesentwicklung: die natürlichen Großlandschaften, ihre Genese, ihre heutige Gestalt und ihre Eignung für die Siedlungs- und Wirtschaftsentwicklung

Behandelt werden: die natürlichen Großlandschaften; Grundzüge der Landschaftsentwicklung; ferner nur sehr kurz: Böden und Klima.

Diese Thematik wird hier nur sehr verkürzt dargestellt, da die Physische Geographie regelmäßig in einer gesonderten Vorlesung behandelt wird. Außerdem: Probleme der Stofffülle und der Kompatibilität der Inhalte. Die sehr kompakte Darstellungsweise erfordert physiogeographische Vorkenntnisse.

Großlandschaften nach der Regionalisierung der „Naturräumlichen Gliederung“

A. Norddeutsches Tiefland (Teil des Nordmitteleurop. Tieflandes) Nordwestdeutsche (Niederdeutsche) Geest Emsland, Dümmer Geest (Rahden-Diepenauer Geest), Lübbecker Lößland; Westfälische Bucht: Ost-, Kern-, Westmünsterland, Hellwegbörden; Niederrheinisches Tiefland: Selfkant, Schwalm-Nette-Platten, Niersniederung, Kempen-Aldekerker Platten, Niederrhein. Höhen, Mittl. Niederrheinebene, Issel-Ebene, Untere Rheinniederung, Niederrhein. Sandplatten; Niederrheinische (oder Kölner) Bucht: Jülich-Zülpicher Börden, Ville, Wahner Heide; B. Mittelgebirgsschwelle Rheinisches Schiefergebirge: : Münstereifeler Wald, Kalkeifel, Mechernicher Voreifel, Rur-Eifel, Hohes Venn Süderbergland (Sauerland, Siegerland, Wittgensteiner Land, Bergisches Land) Weser-Leine-Bergland Oberes Weserbergland (Oberwälder Land, Paderborner Hochfläche, , Lipper Bergland); Unteres Weserbergland (Osning, Ravensberger Hügelland, Wiehengebirge, Wesergebirge, Tecklenburger Land)

Also 7 Großlandschaften: 1. Niederrheinische (oder Kölner) Bucht, 2. Niederrheinisches Tiefland, 3. Westfälische (oder Münsterländische) Bucht, 4. Nordwestdeutsche Geest 1.-4.: = Teile des Norddeutschen Tieflandes;

5. Weserbergland, 6. Süderbergland (Bergisch-Sauerländisches Gebirge), 7. Eifel 5.-7.: = Teile der Mittelgebirgsschwelle. Vorlesung Blotevogel „Nordrhein-Westfalen“ SS 2002 Kap. 02 2

1. Norddeutsches Tiefland

Allg. Merkmale: Flache Landschaft, Geestplatten, meist zwischen 30 und 50 m; daraus ragen einige Rücken bzw. Hügel auf, ca. 90-150m. Geologie: dicke Pakete junger Sedimente Tertiär: nur am Niederrhein; Quartär: Sedimentation, insb. pleistozäne Grund- und Endmoränen und Terrassen. a. Niederrheinische (Kölner) Bucht und Niederrheinisches Tiefland

Relief: weitgehend ebene Abdachung von ca. 50 m im S (Bonn) bis ca. 10 m im N (Emmerich), markante Begrenzungen zu den benachbarten Mittelgebirgen (Eifel, Bergisches Land); gestaltet von 4 Kräften: 1) tektonische Bewegungen, 2) fluviatile Erosion u. Akkumulation, 3) glazigene und periglaziäre Bildungen sowie 4) äolische Bildungen.

Tektonische Kräfte: Niederrheinische Bucht und Niederrheinisches Tiefland sind ein junges tektonisches Senkungsgebiet, das nach S bei Bonn keilförmig in das Rheinische Schiefergebirge hineinreicht. Tektonische Dynamik hängt zusammen mit der Auffaltung der Alpen und der Öffnung der mittelatlantischen Spalte („Sea floor spreading“). Absenkung erfolgte im wesentlichen im Tertiär, insb. im Oligozän und Spät-Pliozän, während das Schiefergebirge gehoben wurde. Folge: Auffüllung des Senkungstrogs mit mächtigen fluviatilen Schottern, insb. des Rheins. Die mächtigen tertiären Schichtpakete wurden im Spättertiär (Pliozän) durch Staffelbrüche in Schollen zerlegt (stärkere Absenkung im W): Kölner-Krefelder Scholle, Venloer Scholle, Erft-Scholle, Rur-Scholle, westliche Randstaffeln zw. Aachen und Sittard.

Terrassenbildungen (fluviatile Bildungen): „Niederrheinischer Fächer“, entstanden durch zyklischen Wechsel von Akkumulation und Erosion in Abhängigkeit von Kalt- und Warmzeiten: 1. Hauptterrasse (Alt-Pleistozän = Günz bzw. Menap-Kaltzeit und andere Kaltzeiten des Alt-Pleistozäns): ges. Erftplatten zw. Euskirchen u. Grevenbroich, Schwalm-Nette- Platte, rechtsrheinisch nur schmal, z.B. Duisburger Wald; ferner in der Münsterländischen Bucht, sofern dort nicht mit jüngeren Grundmoränen bedeckt bzw. durch jüngere Flüsse zertalt); 2. Mittelterrassen: 2a. obere, mittlere und teilweise ältere untere Mittelterrasse: Entstehung Elster-Kaltzeit; Verbreitung: bis zu 10 km breiter Terrassenstreifen, beginnend westl. Bonn - Brühl bis Mönchengladbach; 2b. ältere untere Mittelterrasse (teilw.) und jüngere untere Mittelterrasse (teilw.): Entstehung im Drenthe-Stadium der Saale-Kaltzeit; Verbreitung: rechtsrheinisch schmales Band zw. Niederterrasse und Bergischem Land; 2c. sog. Krefelder Mittelterrasse (= jüngste untere Mittelterrasse); Entstehung: Warthe- Stadium der Saale-Kaltzeit; Verbreitung: insb. Kempen-Krefelder Platte, Aldekerker Platte, zertalte Platte östl. von Mönchengladbach; 3. Niederterrassen: niederrhein. Donkenland, südl. schmaler zu beiden Seiten entlang des Rheins bis Bonn; Entstehung: Weichsel (=Würm)-Kaltzeit; = weitgehend ebene Schotterfläche, keine Lössbedeckung, aber lebhafte kleinräumige Reliefgestaltung („jugendliche Dezimetermorphologie“) durch Zertalung mit feuchten Talauen („Kendeln“); im N Stauchendmoränen und Sander (Saale-K.). Vorlesung Blotevogel „Nordrhein-Westfalen“ SS 2002 Kap. 02 3

4. Talaue: Holozäne Eintiefung und Sedimentation der Flüsse, insb. Rheinaue: beginnend zwischen Bonn und Köln mit 1-2 km Breite, dann nach N allmählich breiter werdend, z.B. Asterlagen und Orsoy bei Duisburg ca. 5 km, um unteren Niederrhein bis zu 10 km mit zahlreichen verlandeten Altarmen und ehem. Uferlinien.

Glazigene Ablagerungen und periglaziäre Bildungen: Endmoränen und Sander des Drenthe-Stadiums der Saale-Kaltzeit. Das vorrückende Eis hat die älteren Mittelterrassen-Sedimente teilweise aufgestaucht (Gocher Heide, Balberger Wald, Bönninghardt, Schaephuysener Höhen bei Rheurdt, Ruhrtal), = weiteste Eisrandlage der Saale-Kaltzeit; Verlauf der Eisrandlage der Elster-Kaltzeit ist umstritten (da vom Eis der späteren Saale- Kaltzeit überfahren bzw. periglaziär verwischt); Warthe-Stadium der Saale-Kaltzeit und Weichsel-Kaltzeit: Periglaziäre Überformung (insb. durch Solifkluktion) der älteren glazigenen Bildungen (insb. der Elster-Kaltzeit und des Drenthe-Stadiums); Weichsel-Kaltzeit: Bildung der Niederterrasse.

Äolische Bildungen: Lössauflage in den Börden der Kölner Bucht (Jülich-Zülpicher Börden); Löss: äolisches Lockersediment insb. aus den älteren Kaltzeiten (Elster und Saale), deshalb nur auf den Haupt- und Mittelterrassen verbreitet!; im allgemeinen verwittert zu Lösslehm; hohe Bodenfruchtbarkeit wegen günstiger bodenphysikalischer und bodenchemischer Eigenschaften (leicht basisch). Flugsand und Dünen: Entstehung im Spätglazial und Früh-Holozän bei trockenem Klima und niedrigem Grundwasserstand; meist entstanden durch Auswehung der Frühjahrs- Hochflutsedimente während winterlicher Trockenperioden, in denen die verwilderten Flüsse einen niedrigen Wasserstand hatten; Flugsande und Dünen sind desh. meist östl. bis nordöstl. in der Nähe der sedimentierenden Flüsse Rhein und Maas verbreitet: nördl. von Dinslaken, zw. Wesel, Bocholt und Isselburg; östl. der Maas zw. Venlo u. Afferden; Dünenbildung (sekundäre Umlagerung von Sand) auch in historischer Zeit durch Abholzung, Überweidung, Plaggenhieb und Ackerbau: insb. Römerzeit und Hochmittelalter bis 19. Jh., z.B. Wisseler Dünen, unter denen römische und mittelalterliche Keramik gefunden wurde; erst im 19. Jh. Stopp durch Aufforstung. Charakteristische Abfolge der äolischen Bildungen bei den Mittelterrassenplatten: am Rand (in der Nähe der überfluteten Auen): Flugsand, dann Sandlöss und in der Mitte Löss, weil die feineren Korngrößen (Schluff) weiter transportiert wurden. b. Westfälische Bucht

Höhenlage der Fastebene ca. 40 bis 80m, daraus ragen Beckumer Berge und Baumberge ca. 100-170m auf. Die Ränder sind deutlich markiert: Osning (Teutoburger Wald, Eggegebirge), Haarstrang; leichter Abfall zum Niederrheinischen Tiefland. Tektonik.: „Schlüssel“ wie ineinander gelagerte Teller, deren Ränder im N, E und S aufgebogen wurden: Teutoburger Wald u. Egge stark, Haarstrang schwach. SE: Paderborner Hochfläche: Schichtstufenland der Unterkreide mit Karsterscheinungen (Übergang zum Mittelgebirge). Die „Teller“ werden von den Sedimentgesteinen der Kreide-Formation gebildet (Sedimente des Kreide-Meeres). Abschluss der Westfälischen Bucht nach W unscharf. Vorlesung Blotevogel „Nordrhein-Westfalen“ SS 2002 Kap. 02 4

Baumberge und Beckumer Berge: Oberkreide, angehoben durch leichte tektonische Störungen („Salztektonik“). Relief: Sedimentation im älteren Pleistozän (Elster u. Saale-Kaltzeiten), insb. Saale: Sedimentpaket von ca. 10-20m über der Kreide; Grundmoränen bilden weite Flachformen, die durch die jüngere Talbildung in Platten zerlegt sind. Hellwegebene/Haarstrang: Lössschleier auf der Kreide-Schichtfläche (Soester Börde). c. Niederdeutsche Geest (hier: Dümmer Geest)

Teil der nordwestdeutschen Geestlandschaft (= altglaziale Aufschüttungslandschaft). Charakteristisch: trockene Geestplatten ca. 40-50m (Grundmoränen und Sanderflächen des älteren Pleistozäns, d.h. insb. des Drenthe-Stadiums der Saale-Kaltzeit, durch jüngere Talbildungen in Platten zerlegt), feuchte Niederungen (teils Talauen, teils äolisch bedingte Wannen, z.B. Dümmer-Niederung). Endmoränenzüge: verschiedene Stadien der Saale-Kaltzeit (z.B. Rehburger Stadium = Eisrandlage innerhalb des Drenthe-Stadiums), d.h.: „Altmoränenland“, in der Weichsel-Kaltzeit periplaziär überformt („verwaschenes“ Kleinrelief insb. durch Solifluktion).

2. Mittelgebirge a. Weserbergland

Insg. sehr verwickelte geolog. und tektonische Struktur Geologie: Mesozoische Sedimentpakete (Buntsandstein, Muschelkalk, Keuper, Jura) wurden insb. im Tertiär gehoben, in Bruchschollen zerlegt und vielfach gekippt: typische Bruchschollenlandschaft. Umrahmung durch die beiden Kettengebirge Osning (Teutoburger Wald u. Eggegebirge) sowie Wiehen- und Wesergebirge (Schichtrippen) zu beiden Seiten der Piesberg- Pyrmonter Hebungsachse. Zentrum der Hebung: an der oberen Weser, dort Reinhardswald und : Buntsandstein, d.h. ältestes Mesozoikum; dann Oberwälder Land: = Muschelkalk- Platten mit Keuper-Inseln und Lössauflage. Lippisches Berg- und Hügelland: = Keuper-Bergland, durch vielfache kleinräumige Störungen und Verstellungen verwickelte Schollenstruktur; Keuper-Sandstein bildet die Höhen. Ravensberger Hügelland: im Wesentlichen Liasplatten mit Lössauflagen, durch Zertalung im Pleistozän zum Hügelland umgestaltet. Osnabrücker-Tecklenburger Hügelland: in Abhängigkeit von tektonischen Bewegungen teils Keuper, teils ältere Pakete angehoben; bei Ibbenbüren steht sogar Karbon an (geologischer Horst; Steinkohleabbau!). Randgebirge: im Norden: Wiehengebirge: Schichtrippe mit 2 Schichtkämmen: Dogger-Sandstein und Korallenoolith des Malm (= „weißer Jura“); im Westen bzw. Südwesten: Teutoburger Wald: komplizierter Aufbau, mehrere parallele Schichtkämme, meist drei: Unterkreide, Malm, teils Dogger, teils Muschelkalk. b. Rheinisches Schiefergebirge: Eifel und Süderbergland

Entstehung: Variskische Gebirgsbildung (Auffaltung) im Karbon; dadurch charakteristische „variskische“ Streichrichtung WSW-ENE. Vorlesung Blotevogel „Nordrhein-Westfalen“ SS 2002 Kap. 02 5

Perm: Einrumpfung des variskischen Faltengebirges zur „permischen Landoberfläche“; erneute Bewegung im Tertiär: Hebung des gesamten starren Massivs, Folge: flächenhafte Abtragung, die zur erneuten Einrumpfung führte, allerdings zahlreiche Verwerfungen sowie in der Eifel auch Vulkanismus. Pleistozän: periglaziäre Verwitterung mit großen Schuttmassen, aber keine eigenständige Vergletscherung. Geologie: tertiärer Rumpf, zumeist devonische Gesteine, allerdings unterschiedlich: meist Sandstein, teilw. metamorphisiert (Schiefer), Grauwacke, Ton, Kalk; Morphologie: in großer Entfernung von Erosionsbasen sind noch Hochebenen erhalten; an den Rändern insb. zum Rhein ist die Rumpffläche stark zertalt und in Riedel aufgelöst.

Eifel Hohes Venn: kambrische Quarzite, umrahmt von devonischen Schiefern, Schnee-Eifel: devonische Quarzite, metamorphisiert (also Härtling), sonst überwiegend Tonschiefer, Sandsteine, kleinräumiger Wechsel mit Massenkalk-Senken, Vulkanismus (Tertiär bis Gegenwart).

Süderbergland (Sauerland, Siegerland, Bergisches Land): Ähnlich wie Eifel, doch kein Vulkanismus. Geolog.: charakteristische Abfolge von geologischen Sätteln und Mulden in variskischer Streichrichtung (nur teilweise mit morphologischen Sätteln und Mulden identisch!); Rumpfflächen des Perm und insb. des Tertiär; im Rothaargebirge und östlich des Rothaar- gebirges noch teilweise als Hochflächen erhalten (fern der Erosionsbasen des Rheins und der Weser), sonst stark aufgelöst durch tertiär-quartäre Talbildung; insb. im Bergischen Land starke Zertalung und Auflösung der Rumpffläche in Riedel in der Nähe der Erosionsbasis des Rheins. Abfolge: Velberter Sattel Herzkämper Mulde Remscheid-Altenaer Sattel Lüdenscheider Mulde Ebbe-Sattel Attendorner-Elsper Mulde Müsener Sattel Siegener Hauptsattel Außer dem nördlichen Rand: Devon: Tonschiefer und Sandstein, dazw. auch Massenkalk (insb. Wupper-Ennepe-Mulde, Attendorner Kalksenke, Briloner Hochfläche); nördlicher Rand: Karbon: Grauwacke und Schieferton, im NW an der unteren Ruhr: flözführendes Oberkarbon („Westfal“ und „Namur“) Vorlesung Blotevogel „Nordrhein-Westfalen“ SS 2002 Kap. 02 6

Böden (Regionale Bodentypen Nordrhein-Westfalens)

Quelle: Deutscher Planungsatlas, Bd. 1: Nordrhein-Westfalen. Lfg. 1, 1971.

A. Niederrheinische (Kölner) Bucht Mittel- und Hauptterrassen: zu Parabraunerde verwitterter Löss; Niederterrassen: Parabraunerde aus altem Auelehm/Sand, ebenfalls wertvoller Ackerboden. Parabraunerde: weit verbreiteter Bodentyp der feucht-gemäßigten Zone, leicht sauer;

Horizonte: Rohhumus, A1 Tonminerale ausgewaschen, B1 Tonanreicherung) Löss: äolisches Sediment (insb. in der Elster- u. Saale-Kaltzeit angeweht), Kerngröße: insb. Schluff; Mineralreichtum (Kalk), günstige bodenphysikalische Eigenschaften: Korngröße, Porosität: Wasserhaltevermögen, Durchlüftung, basenhaltig, wertvolle Ackerböden.

B. Niederrheinisches Tiefland Mittel- und Niederterrassen: Parabraunerde, jedoch fehlt weitgehend die Lössbedeckung; ferner Talauen: junger Aueboden, nährstoffreich, teilw. vergleyt

Gley: grundwasserbeeinflusster Bodentyp G0: Grundwassersaumhorizont (Kapillarsaum) (häufig Anreicherung von Raseneisenstein) Unterboden: ständig grundwassererfüllt bei ständig hohem Grundwasserstand; typisch: Grünlandnutzung.

C. Westfälische Bucht Trotz morphologisch relativ einheitlicher Struktur vielfältige Böden! „Kleimünsterland“: Braunerde/Rendzina: A-C-Boden durch Verwitterung von Karbonatgestein (Kalkböden der Kreideformation) zwar nährstoffreich, aber flachgründig und Wassermangel, da nur geringes Wasserhaltevermögen; d.h. aus Kalkstein verwitterter, basenhaltiger, oft tonig- lehmiger Boden (bei Staunässe vergleyt). Auch aus saalekaltzeitlichen Geschiebelehmen entwickeln sich schwere, oft wasserstauende Parabraunerdeböden. „Sandmünsterland“: Podsol-Braunerde, Podsol-Gley und Podsol Podsol („Bleicherde“): stark differenzierter Auswaschungsbodentyp auf sehr durchlässigen silikatischen Substraten (Sand) mit typischen Horizonten: Rohhumus (stark sauer) - grauer A-Auswaschungshorizont - rotbrauner B-Anreicherungshorizont, der evtl. zu „Ortstein“ verfestigt ist; d.h. insg.: sandig, nährstoffarm, sauer, geringe Wasserspeicherkapazität; im einzelnen unterschiedl. Kombinationen, z.B. Podsol- Gley, Gley-Podsol, Podsol-Braunerde. Hellwegebene: Parabraunerde aus Löss; Paderborner Hochfläche: Rendzina (aus Kalkgestein der Oberkreide).

D. Weserbergland Ravensberger Hügelland, Steinheimer und Warburger Börden: Parabraunerde aus Löss; Oberwälder Land: aus Muschelkalkstein verwitterte Braunerde/Rendzina, nährstoffreich, basisch. Lippisches Bergland: aus Keuper-Sandstein verwitterter Parabraunerde. Vorlesung Blotevogel „Nordrhein-Westfalen“ SS 2002 Kap. 02 7

E. Rheinisches Schiefergebirge Hauptsächlich: aus Tonschiefer, Grauwacke und Sandstein verwitterter Ranker Ranker: A-C-Bodentyp auf karbonatarmem silikatischen Festgestein: flachgründig, skelettreich, sauer; Horizonte: A geringmächtiger humoser Mineralbodenhorizont – C Verwitterungshorizont; meist bestanden mit Wald; aber in den devonischen Kalksenken: Rendzina/Braunerde. Bergisches Land: Braunerde, lehmig, mittel- bis tiefgründig für Landwirtschaft mittelgute Eignung; niederbergisches Hügelland: teilw. Lösslehm.

Klima Hier nur kurz behandelt, da die klimatischen Differenzierungen infolge der geringen Größe NRWs nicht sehr ausgeprägt sind. Wichtigste regionale Differenzierungen: a) Abhängigkeit von der Höhenlage (Temperatur und Niederschlag), daneben: b) gewisse West-Ost-Differenzierung nach Ozeanität und Kontinentalität, c) gewisse Luv-Lee-Lagen-Differenzierung. Gesamtcharakterisierung des Klimas: ozeanische Prägung, d.h. hohe Luftfeuchtigkeit, kühle Sommer, milde Winter, ganzjährig humid. Temperatur: mittl. Julitemperatur variiert im Tiefland räumlich zwischen ca. 16 und 19o Maximum Köln 18,8o; Abnahme mit der Höhenlage bis 13,2o auf dem Kahlen Asten; mittl. Januartemperatur variiert zwischen 2 und 0o, Kahler Asten -3o. Regionale Unterschiede der Niederschläge: in der Kölner Bucht wegen der Lee-Lage zur Eifel sowie im östlichen Westfalen Minima mit ca. 670-700 mm; im Bergischen Land 1100 mm, in der Eifel und im Sauerland 1200-1400 mm; Maximum: Kahler Asten 1470 mm. Jahresgang des Niederschlags: ganzjährige Niederschläge infolge der Dynamik der Zyklonen (advektive Luftmassenbewegungen), im Tiefland Sommermaximum (durch zusätzliche konvektive Luftbewegungen, insb. im Sommer mit ergiebigen Gewitterregen); in den Hochlagen der Mittelgebirge: zweigipflige Niederschlagsverteilung mit Maximum im Winter (verstärkte Frontendynamik) und sekundärem Maximum im Sommer. Bedeutung der regionalen Differenzierung des Klimas für die landwirtschaftliche Nutzung.

Kulturlandschaftliche Großgliederung

Ansatz: Einbeziehung anthropogener Einflüsse der Landschaftsentwicklung; damit werden regional unterschiedliche Problemsituationen für die Landschaftsplanung aufgezeigt. Nach: Min. f. Umwelt, Raumordnung u. Landwirtschaft d. Landes NRW (1994): Natur 2000 in Nordrhein-Westfalen. Düsseldorf: MURL. 66 S.

1. Westfälische Bucht und Westfälisches Tiefland Naturbelastungen: Grundwasserabsenkungen, Grünlandverlust, Verlust von Hecken und Feldgehölzen, Nährstoffzufuhr durch intensive Viehhaltung und Düngung, Abtorfung der Moore sowie Sand-, Stein- und Kalkabbau. 2. Weserbergland Vorlesung Blotevogel „Nordrhein-Westfalen“ SS 2002 Kap. 02 8

Naturbelastungen: Zersiedlung der Landschaft, Intensität der Landwirtschaft, Abbau von Festgesteinen, Sand und Kies (im Wesertal).

3. Sauer- und Siegerland Naturbelastungen: Rückzug der extensiven Landwirtschaft (Sozialbrache), ausgedehnte artenarme Nadelwälder, starker Freizeit- und Erholungsdruck, dichte industriell-urbane Besiedlung der Täler.

4. Bergisches Land Naturbelastungen: intensive Wirtschaftswälder, starker Erholungsdruck, insb. in der Nähe der Talsperren, Zersiedlung durch Wohn- und Industriebereiche.

5. Kölner Bucht (Niederrheinische Bucht) Naturbelastungen: Zersiedlung, Entwaldung, Verlust der natürlichen Landschaft durch Braunkohleabbau, starke Absenkung des Grundwassers, ökologisch unzureichende Rekultivierung und wachsender Freizeitdruck, insb. auf Gewässer, weiterhin zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft.

6. Eifel Naturbelastungen: Erholungsdruck und Intensivierung der Landwirtschaft.

7. Niederrheinisches Tiefland Naturbelastungen: Intensive Tierhaltung mit wachsender Gülleproblematik, Erholungsdruck, Wassersport, Waldarmut (insb. Feuchtwälder), Grünlandverlust, Sand- und Kiesabgrabungen.

8. Ballungsräume an Rhein und Ruhr Naturbelastungen: Starke urbane und industrielle Überformung der Naturlandschaft, Mangel an Freiflächen, Waldarmut, Altlasten, starker Nutzungsdruck durch Besiedlung, Verkehr und Naherholung, Intensivierung der Landwirtschaft.

Bedeutung der naturräumlichen Grundlagen für die sozioökonomische Landes- und Regionalentwicklung?

1) unterschiedliche Eignung für die Agrarwirtschaft 2) Lagerstätten, insb. Stein- und Braunkohle, Lockergesteine, 3) wasserwirtschaftliche Nutzung, 4) Nutzung der Landschaft für Fremdenverkehr und Freizeit, 5) Flächen für Wohnsiedlung, Gewerbe, Verkehr usw. 6) Freiräume als ökologische Ausgleichsräume für urbanisierte Regionen, 7) Landschaft als Ressource und begrenzender Umweltfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung. Vorlesung Blotevogel „Nordrhein-Westfalen“ SS 2002 Kap. 02 9

Gliederung des Pleistozäns am Niederrhein (n. KLOSTERMANN 1992)

Jahre Geolog. Niederrhein. Bucht Dynamik Beispiele x103 Gliederung Niederrh. Tiefland ab 10 Holozän Talauen-Terrassen Hochflut- Rhein-Aue Flugsand u. Dünen Akkumulation und Erosion bis 10 Weichsel- Niederterrasse Akkumulation Niederrheini- Kaltzeit Periglaziäre sches Tiefland Überformung ab 130 Eem-Warmz. Erosion Saale- Kaltzeit: Warthe- Krefelder Mittel- Akkumulation Kempen- Stadiumterrasse Krefelder Platte Periglaziäre Aldekerker Überformung Platte ab 290 Drenthe- Untere Mittel- Akkumulation Stadium terrasse 2/3 Stauchend- Bönninghardt moränen und Sander Gocher Heide ab 330 Holstein-W. Holstein-II-W. Erosion Elster- Untere Mittelterr.1 Akkumulation ab 425 Kaltzeit Holstein-I-W. Erosion Mittl. Mittelterrasse Akkumulation Obere Mittelterrasse Akkumulation ab 700 Cromer Erosion ab 870 Menap-K. Jüng. Hauptterr. Akkumulation ab1000 Waal-W. Erosion ab1600 Eburon-K. Jüng. Hauptterr. Akkumulation ab1900 Tegelen- Akkumulation/ Komplex Erosion ab2400 Alt- Ältere Akkumulation/ Hösel- Pleistozän Hauptterrassen Erosion Terrasse bis Pliozän 2400