Stadtrundgang

Hier wird das Mittelalter lebendig

Kuppenheim ist mehr als 900 Jahre alt. Der ursprünglich ebersteinische Marktflecken gelangte 1283 in die Herrschaft der Markgrafen von Baden. Sie begannen um 1300 mit dem Bau der Stadtmauern und Tortürme, verliehen Kuppenheim das Stadtrecht und machten es zur Amtsstadt, der bis zu 22 Dörfer von Durmersheim bis zugeordnet waren. 1689 wurde die Stadt während des Pfälzer Erbfolgekriegs von den Franzosen niedergebrannt. Danach verlor Kuppenheim zugunsten Rastatts seine Funktion als Oberamt. Dank seines günstigen Standorts behielt Kuppenheim aber seine zentrale Funktion. Die behutsam sanierte Altstadt ist noch heute ein eindrucksvolles Beispiel für den mittelalterlichen Städtebau im Südwesten Deutschlands. Erhalten sind große Partien der Ringmauer und des Stadtgrabens sowie das in Stein gehauene älteste badische Wappen.

Hier die acht Stationen des SWR4 Sommererlebnis-Rundgangs:

Der Friedensplatz umfasst den Unteren oder Bernhardusbrunnen (1562) sowie das Neue Rathaus (2002), in dessen Foyer ein Wandbild des in Kuppenheim lebenden Malers Thomas Grochowiak, ein Modell der mittelalterlichen Stadt Kuppenheim von Franz Rauchberger und eine Vitrine mit Fundstücken, die von Ausgrabungen am Standort des Rathauses stammen, zu sehen sind. Im Sitzungssaal zu bewundern: „Die vier Jahreszeiten“ der aus Kuppenheim stammenden Malerin Eva Schaeuble. Die Katholische Pfarrkirche St. Sebastian mit ehemaligem Kirchhof wurde 1902-04 von Johannes Schroth gebaut und ist ein herausragendes Beispiel neogotischer Baukunst. Im rechten Querschiff befindet sich eine wertvolle spätgotische Predella (um 1530). In der bildenden Kunst versteht man unter Predella die Gemälde oder Schnitzereien unterhalb des Altarbilds.

Das alte Rathaus mit seinem offenen Arkadengang, umgeben von historischen Brunnen, Gassen und Plätzen, sowie ortstypischen Ackerbürgerhäusern mit Krüppelwalmdächern sind Zeugen einer lebendigen Vergangenheit.

Der Hexenturm befindet sich im Außenbereich des Kindergartens. Steht man oben am Zaun des Kindergartens, kann man auf die tiefer liegende Spielwiese im ehemaligen Stadtgraben hinunterschauen und sieht dort ein rundes Mauerwerk, auf dem jetzt eine kleine Terrasse angelegt ist, nämlich den unteren Teil des ehemaligen „Hexenturms“. Er war außer den Tortürmen der einzige Turm an der Stadtmauer. Nach mündlicher Überlieferung befand sich im Turm ein Verlies, in dem so genannte Hexen gefangen gehalten wurden. Beweise gibt es nicht. Dennoch kann man die Möglichkeit nicht ausschließen, denn auch in dieser Gegend, in „Baden(-Baden) und den benachbarten Städten“, wie ein Chronist berichtet, wüteten die Hexenprozesse, vor allem in den Jahren 1625 und 1626 unter Markgraf Wilhelm I. von Baden.

Mächtige Partien der Stadtmauer liegen zwischen Viktoriastraße und Oberer Torgasse. In der kleinen Anlage steht ein Sandsteinkreuz mit Bronzekorpus der Gaggenauer Bildhauerin Gudrun Schreiner (1994). Von der Ringstraße aus ist noch gut der so genannte Zwingel (Stadtmauer mit niedrigerer Zwingervormauer) zu erkennen. Von der äußeren Zwingelmauer, die noch rund drei Meter tief im Boden steckt, sind nur Mauerreste zu sehen. Die Doppelmauer schützte die bei Belagerungen besonders gefährdete Südseite der Stadt. Die westliche Stadtmauer mit später aufgesetzten Häusern verläuft entlang der Leopoldstraße. Auch von der westlichen Ringstraße aus sieht man die Mauer hinter den Gärten aufragen. An dieser Stelle ist sie am höchsten und am besten erhalten. Sogar die Zinnen sind noch erkennbar. Leider hat man noch keinen Zugang zu dem davor liegenden Stadtgraben. Er ist 12 bis 14 Meter breit und etwa fünf Meter tief.

Beim Synagogenplatz erinnert eine Gedenktafel an die jüdische Synagoge, die in der Pogromnacht 1938 niedergebrannt wurde. Hinter den Gebäuden der Löwengasse ist die nördliche Stadtmauer aus geringer Entfernung zu sehen. Der Verlauf dieser Mauerpartie ist samt Stadtgraben und vorgelagerten wallähnlichen Erhöhungen, auf denen – wie es seit Ende des 18. Jahrhunderts Brauch war – Gärten angelegt sind, auch von der Rheintor- und Wilhelmstraße aus gut zu erkennen.

Stadtrundgang Kuppenheim

Wohnhaus mit Krüppelwalmdach und Ältestes Wappen der Markgrafen von Baden. Das steinerne Wappenschild war ehemals über der Durchfahrt des Unteren Tors von außen angebracht und ist heute in der Toreinfahrt des Hauses Friedrichstraße 66 in den Rest der Stadtmauer eingelassen. Es zeigt das Wappen des Markgrafen Rudolf I. (mit Schrägbalken, Topfhelm und Steinbockhörnern), der 1283 in den Besitz der Stadt gekommen war und kurz danach mit dem Bau der Stadtbefestigung begonnen hatte.

In der Nachbarschaft des Heimatmuseums fallen größere Jugendstil-Villen auf, die einst Kofferfabrikanten gehörten. An der Schlossstraße, wo heute ein neues Wohnviertel entstanden ist, befand sich früher die Kofferfabrik Schaeuble.

Der Ochsengraben ist ein ursprünglicher Wallgraben mit sehr gut erhaltenem Viertelkreis des Mauerrings. Im ehemaligen Stadtgraben, der schon um 1800 vom damaligen Ochsenwirt zur Anlage eines Obstgartens aufgefüllt wurde, kann man auf einer Länge von rund 150 Metern unmittelbar an der sehr stabilen, rund 1,6 Meter dicken Mauer entlang bis zur Murgtalstraße gehen, wo die Mauer abbricht. Im Zusammenhang mit dem Bau dieser Straße 1868 wurde ein größeres Stück der Mauer niedergelegt. Die Mauer lief ursprünglich in einer Linie weiter, die man sich über die Murgtalstraße hinweg, eine Ecke des alten Schulhauses abschneidend, bis zur linken Hauswand des Kindergartengebäudes denken muss.

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