PDF-Download Wissen Schafft Demokratie 9/2021
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WISSEN SCHAFFT DEMOKRATIE SCHRIFTENREIHE DES INSTITUTS FÜR 2021 DEMOKRATIE UND ZIVILGESELLSCHAFT 09 SCHWERPUNKT: DEMOKRATIEGEFÄHRDUNGEN IN DER CORONAKRISE Politische Einstellungen während Gesellschaftspolitische Dimen- Was zeichnet der Corona-Pandemie sionen von Viruspandemien – Pandemieleugner*innen aus? Marion Reiser, Anne Küppers, HIV und Corona im Vergleich Carolin-Theresa Ziemer, Fahima Farkhari Jörg Hebenstreit, Lars Vogel & Franziska Hartung, Marie-Theres & Tobias Rothmund Axel Salheiser Piening & Janine Dieckmann Demokratie und Zivilgesellschaft Geschlechtsstereotype und Die Corona-Pandemie als Legiti- in Zeiten der COVID-19-Pandemie Rollenkonflikte während der mationsgrundlage für Rassismus Siri Hummel, Malte Schrader & Coronapandemie und sekundäre Viktimisierung Rupert Graf Strachwitz Nicole Harth Theresa Lauß & Franziska Schestak-Haase 2021 09 WISSEN SCHAFFT DEMOKRATIE SCHRIFTENREIHE DES INSTITUTS FÜR DEMOKRATIE UND ZIVILGESELLSCHAFT 1 ZUM EINSTIEG Heike Werner Institut für Demokratie und Vorwort der Thüringer Ministerin für Zivilgesellschaft 6 Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen 8 Einleitung und Familie TEIL I VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIE, DESINFORMATION UND TOXISCHE NARRATIVE Wolfgang Frindte Carolin-Theresa Ziemer, Fahima „Aber sonst aber sonst. Alles Lüge!“ – Farkhari & Tobias Rothmund 14 Fake News und Verschwörungserzäh- 28 Was zeichnet Pandemieleugner*in- lungen in Corona-Zeiten nen aus? – Eine Analyse politischer Einstellungen, kognitiver Stile und der Mediennutzung Lotte Pummerer Gereon Bals Politische Verschwörungstheorien Von „Scheinkatastrophen“, „Kli- 42 über Covid-19: Befunde aus drei empi- 50 madiktatur“ und „Seuchensozia- rischen Studien lismus“ – rechte Erzählungen zur Corona- und Klimakrise Friedemann Bringt & Heiko Klare Verschwörungsmythen und neues 64 „rechtes Miteinander“: langfristige Herausforderungen für die demokra- tische Zivilgesellschaft und gesell- schaftspolitische Handlungsoptionen in der Corona-Krise TEIL II RECHTSEXTREMISMUS, RECHTSPOPULISMUS UND MENSCHENFEINDLICHE GEWALT Christoph Richter & Axel Salheiser MOBIT Die Corona-Pandemie als Katalysator Die extreme Rechte in Thüringen 76 des Rechtsextremismus und Rechts- 88 und Corona: zwischen Nachbar- populismus in Thüringen, Deutschland schaftshilfe, Verschwörungsmy- und Europa? then und Pandemieleugnung Franziska Schmidtke & Lukas Benedikt Hoffmann 98 „Ich trau mich nicht mehr auf die Straße“ – Neonazistischer Alltag im Erfurter Herrenberg und seine Bekämpfung Theresa Lauß & Franziska Claudia Tutino & Valentin Schillig Schestak-Haase Von Lobgesängen und Hasstiraden. 108 Rassismus und sekundäre Viktimi- 120 Eine Analyse rechtsextremer Hass- sierung in der COVID-19-Pandemie rede am Beispiel der thüringischen – besondere Herausforderungen Landtagsreden von Björn Höcke im Arbeitsfeld der spezialisierten Opferberatung TEIL III POLITISCHE KULTUR UND DEMOKRATISCHE ZIVILGESELLSCHAFT Marion Reiser, Anne Küppers, Jörg Siri Hummel, Malte Schrader & 136 Hebenstreit, Lars Vogel & Axel Salheiser 148 Rupert Graf Strachwitz Politische Einstellungen während Demokratie und Zivilgesellschaft in der Corona-Pandemie: Befunde des der COVID-19-Pandemie THÜRINGEN-MONITORs 2020 Martin Arnold im Interview mit Franziska Hartung, Marie-Theres 160 Anne Tahirovic Piening & Janine Dieckmann „Das zentrale Problem ist die 174 Gesellschaftspolitische Dimensio- Zwangsvergemeinschaftung in nen von Viruspandemien – HIV und Sammelunterkünften Corona im Vergleich Nicole Harth Maik Fielitz, Jana Hitziger & Geschlechtsstereotype und Rol- Karolin Schwarz 186 lenkonflikte während der Coron- 196 Tech vs. Hate: Muster und Dilemma- apandemie: eine psychologische ta des Deplatformings deutschspra- Betrachtung chiger Hassakteure Aktuelles aus der Forschung: Aktuelles aus der Forschung: Bereich Rechtsextremismus- 230 Bereich Vielfalt, Engagement und 209 forschung Diskriminierung Aktuelle Publikationen der 236 Amadeu Antonio Stiftung INHALT Kapitelbeschreibung 4 ZUM EINSTIEG 5 Vorwort Heike Werner Thüringer Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie Mit dem Wort „Krise" können sehr vielfältige Situationen betitelt werden. Im politischen Raum und im Falle der Coronakrise knüpft es gedanklich an die Bankenkrise und die sogenannte Flüchtlings- krise an. Jedoch muss man in der Analyse feststellen, dass die „Coronakrise“ eine andere Dimension hat als die zuvor benannten. Alle diese Krisen können als Systemstörungen analysiert werden, die mehr oder minder zwangsläufig Bestehendes infrage stellen und in jedem Fall schnelle Handlungen und Entscheidungen erfordern. Als Problem kann man grundsätzlich konstatieren: Demokratische Systeme sind aber auf Diskussions- und Aushandlungsprozesse angewiesen, die im Krisenmodus durch die Geschwindigkeit und den Handlungsdruck sehr stark in Mitleidenschaft gezogen werden. Im Falle der Coronakrise wurden im Gegensatz zu den vorher genannten Krisen jedoch Handlungen erforderlich, die weit über die Krisenbewältigung der Banken- und Flüchtlingskrise hinausgehen. Das allumfassende dieser Systemstörung hat eine Dimension, die in der planerischen Vorweg- nahme offensichtlich weltweit nur unzureichend durchdacht wurde. Alle bestehenden Katastro- phenszenarien haben dort nicht handlungsleitend wirken können. Es mussten Versatzstücke von Plänen zueinander gebracht und sehr viel ad-hoc entschieden werden. Insbesondere die Exekutive musste feststellen, dass sie mit ihren Strukturen und Prozessen bei der Bewältigung solcher Herausforderungen auch auf Improvisation angewiesen ist. Vieles wäre ohne das hohe Engagement und den persönlichen Einsatz der Beschäftigten nicht möglich gewesen. Das stellt auch sehr eingespielte Abläufe und Arbeitsweisen infrage und hinterlässt Fragen nach dem Aufbau von Ministerien, Behörden und parlamentarischen Regeln. Was bedeutet dies nun für die Fragestellung der Demokratiegefährdung? Spätestens seit Anfang der 2000er-Jahre gibt es die Erkenntnis, dass Demokratie kein Selbstläufer ist. Wir müssen sie entwickeln und immer wieder begründen, ohne ihre Grundlagen infrage zu ziehen. Studien wie „Deutsche Zustände“ von Wilhelm Heitmeyer oder der „THÜRINGENMONITOR“ zeigen sehr deutlich, wie sich Einstellungsmuster in den letzten Jahrzehnten immer stärker in Teilen der Gesellschaft hin zu autoritären und menschenfeindlichen Haltungen verändern. 6 Der Begriff der Demokratie wird bis zur Unkenntlichkeit gedehnt und ein vermeintlicher „Willen des Volkes“ wird als Ersatz herangezogen. Dazu kommt, dass es in Teilen der medialen Wahrnehmung und journalistischen Bearbeitung Vereinfachungen gibt, die komplexe Entscheidungsprozesse im- mer weniger sichtbar machen und nicht zu ihrer Klärung beitragen. Insofern ist es fast zwangsläufig, dass mit dem vorhandenen Nährboden der Demokratieskepsis oder auch Demokratiefeindlich- keit, die wir seit Längerem beobachten können, und einer so gravierenden und allumfassenden Systemstörung die Zahl derer steigt, die sich autoritären Strukturen zuwenden. Dies sollte nicht entschuldigend verstanden werden, sondern Defizite in der Bearbeitung dieses Themenfeldes verdeutlichen. Auch in anderen Bereichen des politischen Handelns hat die Pandemie Verände- rungsbedarf aufgezeigt. Hier seien nur beispielhaft das Gesundheitswesen, die Bildung und die Digitalisierung genannt. In diesem Sinne bedanke ich mich beim Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft für die geleis- tete Arbeit und dieses Projekt. Es bietet wichtige Grundlagen zur Erkenntnis und sollte zu einem beherzteren Handeln gegen die Demokratiegefährdung führen. Meine Aufmerksamkeit haben die benannten Problemfelder – und damit auch die Offenheit, noch stärker über Lösungen nachzu- denken, die vor der nächsten Systemstörung Veränderungen für das demokratische Miteinander besser befördern. Herzlichst Heike Werner 7 Wissen schafft Demokratie Bd. 9 „FÜR DEMOKRATIEGEFÄHRDENDE AKTEUR:INNEN, EXTREME UND POPULISTISCHE RECHTE SOWIE MENSCHENFEINDLICHE NARRATIVE UND VERSCHWÖRUNGS- IDEOLOGIEN HAT SICH DURCH DIE CORONAKRISE UND IHRE FOLGEN EIN MÖGLICHKEITSFENSTER GEÖFFNET.“ IDZ JENA 8 Einleitung Einleitung Die weltweite Corona-Pandemie ist nicht nur eine humanitäre Katastrophe, sondern in ihrer Totali- tät und ihren Auswirkungen eine gesellschaftliche Krise ungeahnten Ausmaßes. Seit dem Frühjahr 2020 hält sie auch Deutschland und Thüringen im Griff, sie ist allgegenwärtig und hat unser aller Leben teils auf drastische Weise verändert. Die gewöhnungsbedürftigen Hygiene-Maßnahmen und die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, in der Arbeitswelt, im Schul- und Kita-Betrieb und im Freizeitbereich, die Schließungen und Einbußen im Hotel- und Gaststättengewerbe, im Einzelhandel und im Kultursektor, Kurzarbeit, Jobverlust und gestiegene Armutsrisiken, Kompli- kationen durch Homeoffice, Homeschooling und veränderte Settings der Pflege und Betreuung von Angehörigen – die sozialen und psychischen Herausforderungen und Belastungen waren und sind erheblich, ebenso die volkswirtschaftlichen Schäden. Deutlich hat sich gezeigt, dass der akute Handlungsdruck, der auf demokratischer Politik lastet, in Krisenzeiten so stark ansteigt, dass die hastig herbeigeführten Entscheidungen sehr kontrovers sind, heftig debattiert werden und nicht nur auf Zustimmung, sondern auch auf scharfe Kritik, Zweifel, Ablehnung und Proteste stoßen. Als wir im August 2020 mit unserem Call for Papers zur Einreichung von Beiträgen für den vorliegen- den Band aufgerufen haben, hatte sich bereits abgezeichnet, dass antidemokratische und radikale Kräfte die Krisensituation ausnutzten und teilweise