Gastropoden Aus Paläozoischen Geschieben Des Kies-Sand-Rückens in Der Laerheide (Landkreis Osnabrück)
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Osnabrücker Naturwissenschaftliche Mitteilungen Band 28, S. 7–25, 2002 Gastropoden aus paläozoischen Geschieben des Kies-Sand-Rückens in der Laerheide (Landkreis Osnabrück) Michael R. W. Amler, Doris Heidelberger & Heinrich Schöning Kurzfassung: Aus altpaläozoischen karbonatischen Gesteinen, die als nordische Geschiebe in den Kame-Ablagerungen der Laerheide am Nordrand der Westfälischen Bucht vorkommen, werden ordovizische und silurische Gastropoden beschrieben. Altpaläozoische Gastropoden sind zwar aus verschiedenen südskandinavischen Kalkstein-Geschieben seit langem bekannt, jedoch sind Bestimmungen und Eingruppierungen innerhalb der modernen Gastropoden-Systematik bis- lang noch nicht erfolgt, so dass auf diesem Gebiet noch erheblicher Nachholbedarf besteht, wozu hiermit ein erster Beitrag geleistet wird. Abstract: Glacial erratic boulders from kame sediments of the Laerheide in the northern part of the „Westfälische Bucht“ south of Osnabrück have yielded Ordovician and Silurian gastropods. Although early Palaeozoic gastropods are fairly well known from glacial erratics they lack adequate descriptions and classification within the modern systematic framework which is presented here. Key words: Gastropoda, glacial erratic boulders, Ordovician, Silurian, Laerheide, Westfälische Bucht Autoren: Prof. Dr. Michael R.W. Amler, Institut für Geologie und Paläontologie, Philipps-Universität Marburg, Hans-Meerwein Strasse, D-35032 Marburg, Deutschland; e-mail: [email protected] Dr. Doris Heidelberger, Kapellenstrasse 8–10, D-61440 Oberursel, Deutschland; e-mail: [email protected] Heinrich Schöning, Badeweg 3, D-34613 Schwalmstadt-Trutzhain, Deutschland 1 Einleitung menten (Sande, Kiese, Geschiebeblöcke), die sowohl in petrographischer Hinsicht als Der Kies-Sand-Rücken in der Laerheide, be- auch bezüglich ihres Alters und ihrer Her- nannt nach Bad Laer, südlich von Osnabrück kunft ein breites Spektrum aufweisen. Auf am Teutoburger Wald, TK 3814 Bad Iburg Grund der quartärgeologischen Gesamtsi- und TK 3914 Versmold, erstreckt sich als tuation und der sedimentologischen Befun- rund 2,5 km langer und 0,6 km breiter, NW- de lässt sich der Hügelzug, der von Haack & SE streichender Hügelzug am Nordrand der Görz (1930: 46) als Kieshügel ohne geneti- Westfälischen Bucht zwischen Bad Laer und sche Interpretation erwähnt wurde, als Ka- Glandorf. Mit etwa 90 m ü. NN überragt er in me-Bildung deuten (Keller 1951; Schöning der „Laerhöhe“ die Umgebung um 15-20 m. 1991, 2000; Staude 1992: 45). Durch lang- Der heute in weiten Bereichen abgetragene jährige Geländearbeit und Profilaufnahmen Rücken besteht aus fluvioglazialen Sedi- sind nicht nur Details zum Internaufbau und 7 Michael R. W. Amler, Doris Heidelberger & Heinrich Schöning Osnabrücker Naturwiss. Mitt. 28 2002 zu den Lagerungsverhältnissen bekannt ge- sucht werden. Zandstra (1993) stellte bei Ge- worden, sondern es konnte auch die Genese schiebezählungen eine starke Dominanz des Kame-Rückens in Grundzügen rekon- südschwedischer Leitgeschiebe magmati- struiert werden (Keller 1951; Schöning 1980, scher und metamorpher Gesteine fest. 1991). Gleichzeitig wurde im Verlauf der letz- Schöning (1977, 2000) konnte bei seinen Ge- ten 30 Jahre eine umfangreiche Geschiebe- schiebe-Aufsammlungen magmatische und sammlung zusammengetragen (Schöning metamorphe Gesteine aus dem gesamten 1977, 2000). baltoskandischen Raum, vom Oslo-Gebiet Der Kies-Sand-Rücken in der Laerheide bis Süd-Finnland, nachweisen. Ebenfalls aus stammt aus dem Drenthe-Stadium der Saa- dem schwedischen Raum, aber auch aus le-zeitlichen Inlandvereisung. Generell wird dem Bereich der heutigen Ostsee, dürften angenommen, dass die Westfälische Bucht die paläozoischen Sedimentärgeschiebe zunächst aus nordwestlicher Richtung vom stammen, die stratigraphisch von unterkam- Emsland-Gletscher erreicht wurde (Liedtke brischen Skolithos-Sandsteinen bis zu ober- 1981; Skupin et al. 1993). Durch Zuwachs silurischen Kalksteinen reichen, begleitet der Gletschermassen wurde in einer Folge- von kretazischen Geschieben aus dem Ost- phase während des Drenthe-Stadiums die see-Raum und Nah-Geschieben aus dem anfängliche Barriere des Teutoburger Waldes Osnabrücker Bergland, vorwiegend dem vom Osnabrücker Gletscher überfahren, so Teutoburger Wald. dass im Nordteil der Westfälischen Bucht die älteren glazialen Sedimente überprägt wur- den (Staude 1992). Weitere Oszillationen der 2 Gastropoden aus nordischen Gletschermassen überformten die entstan- Geschieben der Laerheide dene Glazialmorphologie und ihre Ablage- rungen, wobei schließlich während des letz- Gastropoden sind in nordischen Geschieben ten Rückzugsstadiums des Osnabrücker keine Seltenheit, da auch die ordovizischen Gletschers tiefe Erosionsformen gebildet und silurischen Schelf-Karbonatgesteine wurden. Es handelt sich dabei vorwiegend Mittel- und Süd-Schwedens entsprechend um Sedimentationswannen und Schmelz- ihrer Fazies mehr oder weniger häufig Gas- wasserrinnen auf bzw. zwischen den Toteis- tropoden enthalten. Allerdings finden sie in körpern, die während der Abschmelzphase den gängigen Zusammenstellungen von Ge- mit Kame-Sedimenten und Nachschüttsan- schiebefossilien (Hucke 1967; Neben & den gefüllt wurden. Der Kies-Sand-Rücken Krueger 1971, 1973; Lienau 1990; Rudolph in der Laerheide, der nach dem Abtauen – 1997) nur eine vergleichsweise geringe Be- trotz der nachfolgenden Einebnung während achtung, obgleich sie bereits seit dem Be- der eisfreien Spätphase des Drenthe-Stadi- ginn der Geschiebe-Paläontologie registriert ums und der Eem-Warmzeit – als glazigene wurden (Krause 1877; Martin 1878; Roemer Vollform erhalten blieb, ist als Großkame an- 1885 u.a.). Auf der Basis der umfangreichen zusprechen, der in sich mehrere ursprüngli- Monographien zur Fauna in den Herkunfts- che Sedimentationswannen mit Kames- gebieten stellte Patrunky Geschiebe-Gas- Struktur vereinigt (Keller 1951). tropoden nach stratigraphischen Gesichts- Die Geschiebeführung dieses Kame-Rü- punkten (Patrunky 1925) sowie in einem ckens konnte auf Grund einer großen Materi- Bestimmungsschlüssel (Patrunky 1928) zu- alfülle in den letzten Jahren detailliert unter- sammen. 8 Gastropoden aus paläozoischen Geschieben Die beschriebenen Gastropoden stam- mischen Einheiten erfolgt deshalb unter Vor- men aus lithologisch-mikrofaziell unter- behalt. Die Diagnosen orientieren sich weit- schiedlichen Karbonatgesteinen von Süd- gehend an den Beschreibungen der Typus- Schweden, u.a. aus dem Macrouruskalk, aus arten in Knight (1941). grauem und rotem Orthocerenkalk sowie si- Aufbewahrung des Materials: Die hier be- lurischen Kalksteinen. schriebenen Gastropoden werden in der Für die Bearbeitung der Geschiebe-Gas- Sammlung H. Schöning (SgS), Schwalm- tropoden der Laerheide wurden sowohl stadt-Trutzhain, aufbewahrt. die grundlegenden Arbeiten über altpaläo- zoische Faunen von Baltica und Laurentia von Hisinger (1839), Eichwald (1859, 1860), 3 Systematik Lindström (1884, 1885, 1888a, b), Ulrich & Scofield (1897), Koken (1897), Koken & 3.1 ?Unterklasse Amphigastropoda Perner (1925), als auch die Revisionen und Simroth, 1906 Zusammenstellungen ordovizisch-siluri- Überfamilie Bellerophontoidea M’Coy, scher Gastropoden durch Yochelson (1963), 1851 Peel (1975, 1977, 1978, 1979), Peel & Wäng- Familie Sinuitidae Dall in Zittel-Eastman, berg-Eriksson (1979), Ebbestad (1999a, b) 1913 und Ebbestad & Yochelson (2000) verwen- Unterfamilie Sinuitinae Dall in Zittel-East- det. Zusätzliche Informationen lieferten Ar- man, 1913 beiten über mittel-ordovizische Gastropo- den von Ost-Kanada (Wilson 1951), Kalifor- Gattung Sinuites Koken, 1896 nien (Rohr 1980) und Alaska (Rohr 1988). Diagnose: Seit den letzten umfassenderen systema- Gehäuse involut, kugelig, ein Nabel fehlt; tischen Zusammenstellungen von Gastropo- Mundöffnung an den Seiten nur wenig ver- den (Wenz 1938-1960; Knight et al. 1960), breitert; mit medianem, breitem labralen Si- die vorwiegend auf traditionellen Klassifikati- nus, sonst ohne Sinus oder Schlitzband; Or- onsmethoden basierten, haben Systematik namentierung mit feinen Anwachslinien. und Taxonomie von Schnecken große Verän- derungen erfahren. Die moderne Systematik Sinuites (Sinuites) sp. aff. Sinuites der fossilen Gastropoden zieht neben den (Sinuites) vetustus Koken, 1897 sichtbaren Gehäusemerkmalen, wie bei- Taf. 1, Abb. 1-4 spielsweise der Gestaltung der Mundöff- * 1897 Sinuites vetustus Koken, S. 119. nung (siehe Systematik von Knight et al. 1925 Sinuites vetustus Koken. – Koken & 1960), auch verstärkt die Ausbildung der frü- Perner, S. 39, Taf. 18, Fig. 1, 2. hen Embryonalwindungen sowie die Scha- lenfeinstruktur heran (siehe z. B. Bandel Beschreibung: 1997), wobei deren Bedeutung für die Syste- Das fast globuläre Gehäuse (Höhe 20 mm, matik schon von Koken (1889) erkannt wur- Breite 15 mm), das stets höher als breit ist, de. Diese Gesichtspunkte sind allerdings auf weist keinen Nabel auf. Das Gewinde ist die zumeist in Steinkern-Erhaltung überlie- hoch gewölbt und leicht spitz zulaufend. Die ferten Gastropoden der ordovizischen und Windungsflanken sind steil und leicht konvex silurischen Geschiebe nur bedingt anwend- abgerundet. Zur Mundöffnung hin sind die bar, und die Zuordnung zu höheren taxono- Laterallippen etwas ausgeweitet. Median er- 9 Michael R. W. Amler, Doris Heidelberger & Heinrich Schöning Osnabrücker Naturwiss. Mitt. 28 2002 Tafel 1: (Bildlegende siehe folgende Seite) 10 Gastropoden aus paläozoischen Geschieben Bildlegende zu nebenstehender Tafel 1 naueren Angaben möglich. Die Merkmale Die hier abgebildeten