Sportunfälle im Profi-Eishockey Epidemiologie und Prävention

Projektleitung: Dr. rer. nat. T. Henke

Unter Mitarbeit von : F. Kantner und A. Moschny

Lehrstuhl für Sportmedizin und Sporternährung der Fakultät für Sportwissenschaft, Ruhr-Universität Bochum

Januar 2009

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis ...... 5 Tabellenverzeichnis ...... 7 Abkürzungsverzeichnis ...... 8

1 EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG ...... 9

2 LITERATURÜBERSICHT ...... 11 2.1 Epidemiologie von Eishockeyverletzungen ...... 11 2.1.1 Verletzungsrisiko ...... 11 2.1.2 Verletzungscharakteristik ...... 15 2.1.3 Unfallereignis ...... 21 2.2 Prävention von Eishockeyverletzungen ...... 26 2.2.1 Allgemeine Präventionsansätze ...... 27 2.2.2 Prävention von Kopfverletzungen ...... 29 2.2.3 Prävention von Schulterverletzungen ...... 32 2.2.4 Prävention von Knieverletzungen ...... 32 2.2.5 Prävention von Verletzungen der Oberschenkelmuskulatur ...... 33

3 METHODISCHE ASPEKTE ...... 35 3.1 Befragung verletzter Profieishockeyspieler ...... 35 3.2 Datensätze ...... 38 3.2.1 Gesamtkollektiv ...... 38 3.2.2 Verletzten- und Vergleichskollektiv ...... 40 3.2.3 Befragtenkollektiv ...... 41

4 ERGEBNISSE ...... 43 4.1 Gesamtkollektiv ...... 43 4.2 Verletztenkollektiv ...... 55 4.3 Befragtenkollektiv ...... 65 4.3.1 Verletzungsrisiko sowie Belastungen durch Training und Wettkampf ...... 68 4.3.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen ...... 69 4.3.3 Zustandekommen der Verletzungen ...... 76

5 DISKUSSION ...... 93 5.1 Methodische Aspekte ...... 93

5.2 Verletzungsproblematik im Profieishockey ...... 95

6 ANSÄTZE ZUR SPORTUNFALLPRÄVENTION IM (PROFI-)EISHOCKEY ...... 109 6.1 Schutzausrüstung ...... 109 6.2 Regeln – Verhalten – Fair Play ...... 113 6.3 Präventive Trainingsmaßnahmen ...... 116 6.4 Implementierung von Präventivmaßnahmen im (Profi-)Eishockey...... 122

7 LITERATURVERZEICHNIS ...... 125

ANHANG A1 IIHF Sideline Concussion Assessment Tool (SCAT) ...... 132 A2 ‘Heads Up Hockey’ Poster (USA Hockey) ...... 134 A3 Fragebogen zur Erhebung von Verletzungen im Profieishockey (deutsch) ...... 136 A4 Fragebogen zur Erhebung von Verletzungen im Profieishockey (englisch) ..... 138 A5 Kodierungsliste für die Variable ’Verletzungssituation detailliert’ ...... 140 A6 Kodierungsliste für die Variable ’Verletzungsmechanismus’ ...... 142 A7 Tabellenrang der DEL-Teams und jeweiliger Rang bei der ’WestLB Fair Play Trophy’ in der Saison 2007/2008 ...... 145

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Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Zuschauerentwicklung der letzten fünf Jahre in der Deutschen Eishockey Liga (DEL)71 ...... 9 Abb. 2: Verletzte Körperregionen im Eishockey 1961-2000 (nach Azuelos, 2004) ... 15 Abb. 3: Verletzungsarten im Eishockey 1961-2000 (nach Azuelos, 2004) ...... 17 Abb. 4: Eishockeyspielfeld und Sektoreneinteilung nach Agel, 2007 (rot gestrichelt) ...... 26 Abb. 5: Kollektiv der Profieishockeyspieler – Ligen und Variablen ...... 39 Abb. 6: Verletzungen im Profieishockey (Meldungen an die VBG und erfasste Variablen) ...... 40 Abb. 7: Verletzungen der Befragten – Ligen und Variablen ...... 41 Abb. 8: Profieishockeyspieler – Ausländeranteil in den Ligen ...... 43 Abb. 9: Profieishockeyspieler – Altersstruktur in den Ligen ...... 47 Abb. 10: DEL – Stammkadergrößen, Gesamtkadergrößen und Alter (Mittelwert ± Standardabweichung) der Mannschaften ...... 48 Abb. 11: DEL – Aufbau der jeweiligen Stammkader ...... 49 Abb. 12: 2. BL – Stammkadergrößen, Gesamtkadergrößen und Alter (Mittelwert ± Standardabweichung) der Mannschaften ...... 50 Abb. 13: 2. BL – Aufbau der jeweiligen Stammkader ...... 51 Abb. 14: OL – Stammkadergrößen, Gesamtkadergrößen und Alter (Mittelwert ± Standardabweichung) der Mannschaften ...... 52 Abb. 15: OL – Aufbau der jeweiligen Stammkader ...... 53 Abb. 16: Über- und Unterrepräsentation von Deutschen und Ausländern auf den jeweiligen Spielpositionen nach Liga ...... 54 Abb. 17: Verletzte Körperregionen im Profieishockey ...... 58 Abb. 18: Über- bzw. Unterrepräsentation der Verletzungen in Abhängigkeit von der Altersstufe und Liga ...... 59 Abb. 19: Durchschnittliches Alter der Verletzten in Abhängigkeit von der Körperregionen (rote Linie= Gesamtmittelwert) ...... 60 Abb. 20: Durchschnittliche AU-Tage der Verletzten in Abhängigkeit von der Körperregionen ...... 61 Abb. 21: Summe der AU-Tage der Verletzten in Abhängigkeit von der Körperregionen ...... 62 Abb. 22: Durchschnittliche Behandlungskosten der Verletzten in Abhängigkeit von der Körperregionen ...... 62 Abb. 23: Summe der Behandlungskosten der Verletzten in Abhängigkeit von der Körperregionen ...... 63 Abb. 24: Verletzte Körperregionen im Profieishockey – Summe der Behandlungs- und Ausfallkosten ...... 64

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Abb. 25: Verletzte Körperregionen – Gegenüberstellung der VBG- und der RUB-Daten ...... 70 Abb. 26: Die sechs am häufigsten verletzten Körperregionen in Abhängigkeit von der Liga ...... 71 Abb. 27: Die jeweils vier häufigsten Verletzungsarten in Abhängigkeit von der verletzten Körperregion ...... 73 Abb. 28: Verletzungsfolgen im deutschen Profi-Eishockey ...... 74 Abb. 29: Verletzungsfolgen in Abhängigkeit von den verletzten Körperregionen ...... 75 Abb. 30: Verletzungsfolgen und deren Dauer in Abhängigkeit von den verletzten Körperregionen (Median) ...... 76 Abb. 31: Zeitpunkt der Verletzung nach Einsätzen (n=173) ...... 78 Abb. 32: Zeitpunkt der Verletzung nach Spielzeit (n=169) und Spieldritteln (n=209) . 78 Abb. 33. Zeitpunkt der Verletzung in Abhängigkeit von den verletzten Körperregionen ...... 79 Abb. 34: Spielpositionen der befragten Verletzten insgesamt und in Abhängigkeit von der verletzten Körperregion ...... 81 Abb. 35: Verletzungsraten in Abhängigkeit von der Spielfeldposition (% Unfälle / % Spielfeldfläche, mittlere Risiko=1) ...... 82 Abb. 36: Verletzungsraten für Angreifer in Abhängigkeit von der Spielfeldposition (% Unfälle / % Spielfeldfläche, mittlere Risiko=1) ...... 83 Abb. 37: Verletzungsraten für Verteidiger in Abhängigkeit von der Spielfeldposition (% Unfälle / % Spielfeldfläche, mittlere Risiko=1) ...... 83 Abb. 38: Unfallgründe (Mehrfachnennung möglich, Angaben in % der Fälle, n=190) 86 Abb. 39: Verletzungsauslösende Aktionen (Mehrfachnennung möglich, Angaben in % der Fälle, n=204) ...... 87 Abb. 40: Verletzungsauslösende Situationen (Mehrfachnennung möglich, Angaben in % der Fälle, n=205) ...... 88 Abb. 41: Verletzungssituationen nach Beschreibung der verletzten Spieler (n=195) . 89 Abb. 42: Verletzungsmechanismus nach Beschreibung der verletzten Spieler (n=195) ...... 90 Abb. 43: Eishockeyhelme und das Trageverhalten der Spieler (aus Biasca et al., 2002) ...... 111 Abb. 44: Exemplarische Übungen zur Kräftigung der Schultermuskulatur ...... 118 Abb. 45: Exemplarische Übungen zur Kräftigung der Oberschenkelmuskulatur ...... 119 Abb. 46: Exemplarische Übungen zur Kräftigung der Nackenmuskulatur ...... 120

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Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Ausgewählte prospektive Studien zu Verletzungen im Eishockey ...... 12 Tab. 2: Prozentuale Verteilung der Verletzungen im Profieishockey in Abhängigkeit von der Schwere (gemessen an der Ausfallzeit) ...... 20 Tab. 3: Verletzungsmechanismen im Eishockey (in %) ...... 22 Tab. 4: Verteilung der Verletzungen nach Spielphase (in %) ...... 24 Tab. 5: Verteilung der Verletzungen und Inzidenzen nach Spielposition (in %) ...... 25 Tab. 6: Rücklauf der sportspezifischen Fragebögen für die Saison 2007/2008 ...... 37 Tab. 7: Zugehörigkeit der Eishockey-spieler (n=1266) zu Vereinen der ersten drei Profiligen ...... 39 Tab. 8: Gesamtkollektiv: Nationalität der Eishockeyspieler nach Liga ...... 44 Tab. 9: Deskriptive Kennwerte der Eishockeyspieler (Mittelwert ± Standardabweichung) ...... 46 Tab. 10: AU-Dauer und Behandlungskosten des Verletztenkollektivs und des Vergleichskollektivs ...... 55 Tab. 11: Anzahl der Verletzungen und verletzter Spieler der Saison 2007/2008 sowie Verletzungsraten der Saisons 2007/2008 und 2006/2007 ...... 56 Tab. 12: Verletzungsbedingte Arbeitsunfähigkeiten in der Saison 2007/2008 (in %) . 56 Tab. 13: Fragebogenrücklauf in Abhängigkeit von der Liga ...... 65 Tab. 14: Deskriptive Kennwerte derjenigen Spieler, die den Fragebogen beantwortet haben ...... 66 Tab. 15: Sportliche Karriere der Befragten ...... 67 Tab. 16: Belastungen durch Training und Wettkampf sowie Verletzungsinzidenzen .. 68 Tab. 17: Verletzungsarten im Profieishockey (n=255) ...... 72 Tab. 18: Spielkonstellation zum Unfallzeitpunkt insgesamt und in Abhängigkeit von der verletzten Körperregion ...... 77 Tab. 19: Spielfortführung trotz Verletzung – Verletzte Körperregion und Verletzungsart (ausgenommen die Verletzungsarten Kontusion und Hautverletzung) ...... 80 Tab. 21: Beteiligung anderer Spieler an den jeweiligen Verletzungen insgesamt und in Abhängigkeit von der verletzten Körperregion (in %) ...... 84 Tab. 21: Foulspiel insgesamt und in Abhängigkeit von der verletzten Körperregion (in %) ...... 85 Tab. 22: Regelwidrige, verletzungsauslösende Aktionen und Schiedsrichterentscheidung (n=200) ...... 88 Tab. 23: Verletzungssituationen und -mechanismen für die sechs am häufigsten verletzten Körperregionen (farbige Felder kennzeichnen vorliegende Kombinationen) ...... 91

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Abkürzungsverzeichnis

A - Anhang AC- - Acromioclavicular- AU - Arbeitsunfähigkeit BBL - Basketball-Bundesliga BL - Bundesliga bspw. - beispielsweise DEL - HBL - Handball-Bundesliga KO - Kniegelenksorthese Min. - Minimum Max. - Maximum n - Anzahl o.g. - oben genannt OL - s - Standardabweichung s. - siehe S. - Seite Sp. - Spieler Trg - Training TrgE - Trainingseinheit(en) Trgh - Trainingsstunden Verl. - Verletzung vgl. - vergleiche Wk - Wettkampf Wkh - Wettkampfstunden - arithmetisches Mittel z.B. - zum Beispiel

Symbole Ø - Durchschnitt

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1 EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG Eishockey gilt als die schnellste Mannschaftssportart der Welt und erfreut sich mittler- weile nicht nur in Nordamerika sondern auch in Europa großer Popularität. Gemessen an den jeweils höchsten Spielklassen liegt Eishockey in Deutschland im Hinblick auf Gesamtumsatz und Zuschauerzahlen hinter Fußball, aber noch vor den Sportarten Handball und Basketball 39. So verzeichnete die Deutsche Eishockey Liga (kurz DEL), als professionell organisierte Sportorganisation, in der Saison 2007/2008 eine Gesamt- umsatz von knapp 85 Mio. €. Im gleichen Zeitraum setzte die Handball-Bundesliga (HBL) 75 Mio. € und die Basketball-Bundesliga (BBL) 48 Mio. € um. Bei Betrachtung der durchschnittlichen Zuschauerzahlen liegt die DEL trotz geringfügiger Einbußen zur Saison 2006/2007 mit einem Zuschauerschnitt von 5758 dennoch vor der HBL und BBL. Rückblickend betrachtet ist die Gesamtzuschauerzahl jedoch seit 2003 stetig ge- stiegen (Abb. 1) 72. In der Saison 2007/2008 haben insgesamt 2.660.240 Zuschauer die Spiele der DEL-Profimannschaften, die zum Teil in den modernsten Sportarenen Deutschlands ausgetragen wurden, verfolgt.

3.000.000

Zuschauer

2.500.000

2.000.000

1.500.000

0 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08

Abb. 1: Zuschauerentwicklung der letzten fünf Jahre in der Deutschen Eishockey Liga (DEL)71

Die Charakteristik der Sportart Eishockey unterscheidet sich von anderen populären Mannschaftssportarten. Die hohe Dynamik, der erlaubte Körperkontakt innerhalb der Regelgrenzen (Bodycheck), die Spielgeräte (Puck, Schläger), Ausrüstungsgegenstände (Schlittschuhe, Schutzausrüstung) und die starren Spielfeldbegrenzungen (Bande, Tor, Eisfläche) stellen die wesentlichen Unterschiede dar, die auch Einflüsse auf das Verlet- zungsrisiko haben. Auch nach landläufiger Meinung gilt Eishockey als verletzungsträch- tig. Dies ist nicht zuletzt durch die teilweise aggressiven Umgangsformen begründet, die auch hochklassigen Spielen eine zum Teil zweifelhafte Attraktivität verleihen und via TV einem breiten Publikum präsentiert werden. Objektiv gesehen liegt der Bereich Profieis-

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hockey, was die relative Verletzungshäufigkeit anbetrifft, an der Spitze der bei der Ver- waltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) versicherten professionell betriebenen Sportar- ten, d.h. Fußball, Handball, Basketball und Eishockey. Die der VBG vorliegenden Daten und Angaben zu den Sportunfällen im Profieishockey erlauben zwar valide Aussagen hinsichtlich der Verletzungsschwerpunkte, der resultie- renden Arbeitsunfähigkeiten sowie der entstandenen Kosten. Jedoch lassen sich diffe- renzierte Aussagen bezüglich der Unfallereignisse, die für eine fundierte Ableitung prä- ventiver Maßnahmen notwendig sind, anhand dieser Daten nicht treffen. Somit ergibt sich die Notwendigkeit, die Verletzungsproblematik im Profieishockey genauer zu un- tersuchen, um Ansatzpunkte für Präventivmaßnahmen zu gewinnen, die über die be- reits praktizierten, vorwiegend ausrüstungs- und regeltechnisch geprägten Maßnahmen hinausgehen. Präventive Trainingsmaßnahmen z.B., die die Spieler gegen die an sie herangetragenen Beanspruchungen durch Spielsituationen weniger verletzungsanfällig machen, sind im Eishockey kaum zu finden, sodass dieser Bereich ggf. verstärkt be- rücksichtigt werden sollte. Das Ziel dieses Projektes ist somit die Analyse der Epidemiologie von Sportunfällen im Profieishockey sowie die Ableitung präventiver Maßnahmen, die zur Reduktion des Ver- letzungsrisikos sinnvoll erscheinen. Hierbei sollte der sportartspezifische Unfallhergang besondere Berücksichtigung finden. Den Abschluss der Arbeit bilden Überlegungen zur Implementierung der vorgeschlagenen Präventivmaßnahmen, in die Bereiche Spieler, Trainer, Management.

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2 LITERATURÜBERSICHT Eine Literaturrecherche zur Epidemiologie und Prävention von Verletzungen im Eisho- ckey ergibt den im Folgenden dargestellten Überblick über die Thematik.

2.1 Epidemiologie von Eishockeyverletzungen Bei der Durchsicht der Literatur zum Verletzungsgeschehen im Eishockey zeigte sich, dass größere epidemiologische Studien aus den Eishockeynationen Kanada und USA aus den 1960er und 1970er Jahren stammen 19 20 43 46 56. In Europa wurde die Verlet- zungsproblematik im Eishockey überwiegend in den 1980er und 1990er Jahren allen voran in Skandinavien aber auch in Deutschland und der Schweiz erforscht 6 18 21 28 29 35 37 41 49 54. Aktuellere Studien beziehen sich entweder auf Schul- oder Universitätsmann- schaften der USA 1 17 oder aber auf einzelne eishockeytypische Verletzungen 5 26 36 52 64 65. Somit liegt aus dem Zeitraum der letzten 7 Jahre keine umfassende epidemiologi- sche Studie zum Verletzungsgeschehen insbesondere im Profieishockey vor. Das Verletzungsrisiko im Eishockey, die typischen Verletzungen und deren Ursachen, werden anhand der vorliegenden Literatur in den folgenden Kapiteln dargestellt. Ansät- ze bzw. Maßnahmen zur Prävention eishockeyspezifischer Verletzungen, die sich in der Literatur nachweisen lassen, schließen die Analyse ab.

2.1.1 Verletzungsrisiko Als Verletzungsrisiko bezeichnet man im Rahmen epidemiologischer Begrifflichkeit übli- cherweise die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person innerhalb eines Zeitraums eine Verletzung erleidet. Der Risikobegriff ist damit direkt mit dem Begriff der Inzidenz ver- knüpft und ein Risiko kann über eine entsprechende Inzidenzmaßzahl beschrieben werden. Üblicherweise werden Verletzungsinzidenzen als Verletzungen pro 1000 Stun- den Expositionszeit angegeben und hängen unter anderem von der jeweiligen Verlet- zungsdefinition, dem untersuchten Kollektiv sowie dem Beobachtungszeitraum ab. Der Autor einer aktuellen Übersichtsarbeit zu Verletzungen im Eishockey stellt fest, dass sich seit der Einführung der Helm- und Visierpflicht (1979) sowie der Regel „Hoher Stock“ (Verbot des Stockhaltens über Schulterhöhe) (1993-1995) nennenswerte Verän- derungen der Epidemiologie beispielsweise durch einen Rückgang an Kopfverletzungen zeigen 4. Da in dem Zeitraum von 1980-1988 keine größeren Studien zu Verletzungen im Eishockey vorliegen und die Vergleichbarkeit der Studien aufgrund der definitori- schen Problematik sowie der variierenden Studiendesigns eingeschränkt ist, werden in den folgenden Analysen ausschließlich Studien ab dem Jahr 1988 berücksichtigt. In Tab. 1 auf der folgenden Seite sind die ausgewählten prospektiven Studien zusammen- fassend dargestellt.

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- - - 2,6 1,4 1,6 1,4 1,5 2,1 Trg Trg 1,4

78,4 78,4 79,2 53,0 74,1 66,0 36,0 54,0 55,0 83,0 46,8 Wk Wk erletzungen / erletzungen V 1000 Std.

- ) - 23 23 74 50 32 13 92 36 33

b 23,6% Trg (24,2%) (26,0%) (33,8%) (23,9%) ( (25,1%) (25,0%) (25,4%)

) 19 19 98 97 72 42

a 211 211 102 108 147 275 76,4% Wk (75,8%) (74,0%) (66,2%) (76,1%) ( (74,9%) (75,0%) (74,6%) - - 95 55 285 148 134 367 144 130 gesamt gesamt Anzahl der Verletzungen der Verletzungen Anzahl mit Ausfall Fortsetzung Tab. 1 und Legende auf der nächsten Seite nächsten auf der Tab. 1 und Legende Fortsetzung Alter (Jahre) 17-29 Ø 24 19-33 Ø 26 - Ø 25 18-37 Ø 25 - -

e

) h g

t c 523 Spiele ( , 15.935 Trgh d Untersuchtes Untersuchtes Kollektiv Sp. 1 Team, 24-25 918 Wkh Sp. 1 Team, 22-25 240 Wkh 12 Teams, 3.984 Wkh Sp., 1 Team, 22-25 Trgh 1.350 Wkh, 19.182 1. Liga: 4 Teams Trgh 1.560 Wkh, 18.900 2. Liga : 3 Teams Tr 1.080 Wkh, 8.100 15 Teams: 7 Teams Trgh 1.680 Wkh, 66.940 5 Teams Trgh 1.950 Wkh, 24.750 3 Teams Trgh 1.170 Wkh, 15.260 Nationalmannschaf 3.138 Wkh Beobachtungs- zeitraum 3 Saisons 1982-1985 40 internationale Wettkämpfe 1 Saison 1988-89 4 Saisons 1986-1990 1 Saison 1988-1989 5 Saisons 1976-79 1988-89 1992-93 10 Saisons 1986-1995 Land Land Schweden Schweden Schweden Schweden Finnland Finnland Deutschland 28 41 41 29 54

18 35 37

r Auto Profis (1988a) Lorentzon (1988b) Lorentzon (1991b) Tegner Pettersson (1993) Mölsä (1997) Mölsä (2000) (2001) Gröger Tab. 1: Tab. im Eishockey Verletzungen Studien zu prospektive Ausgewählte

12

4,0 2,2 2,0 Trg Trg

3,9 Wk Wk

96,1 96,1 83,0 13,8 16,3 erletzungen / erletzungen V 1000 Std. 59 59 28 39 Trg Trg

1966 1966 (41,5%) (37,8%) (34,5%) (29,6%) 83 83 46 74 Wk Wk 4673 4673 (58,5%) (62,2%) (65,5%) (70,4%) 74 142 113 6639 gesamt Anzahl der Verletzungen der Verletzungen Anzahl mit Ausfall Alter (Jahre) 17-20 16-20 - -

f t Spielern höherer Jahrgänge, die die Hauptmannschaft stel- die Hauptmannschaft die Jahrgänge, höherer t Spielern Untersuchtes Untersuchtes Kollektiv 1 Team, 25 Sp. Trgh 864 Wkh, 13.500 1 Team, 22 Sp. Trgh 378 Wkh, 3.960 - 8 Teams, Trgh 5.377 Wkh,17.719 pro Jahr Ø 31 Schulen TrgE Wk, 38.820 14.943 e Studien zu Verletzungen im Eishockey im Eishockey Verletzungen e Studien zu r 2. Mannschaft (junior varity team). team). varity (junior r 2. Mannschaft Beobachtungs- zeitraum 3 Saisons 1990-1993 1 Saison 1 Saison 2001-02 16 Saisons 1988-2003

g

A A A Land Land A, Junior US A, USA Junior College US College US 50 42 1 17 len; neue Spieler spielen zunächst in de zunächst spielen len; neue Spieler

r Trgh = Trainingsstunden Trainingsstunden = Trgh Trainingseinheiten = TrgE gel (2007) gel (2007) Wk = Wettkampf Wettkampf Training = Wk = Trg Wkh Wettkampfstunden = mi team) (varsity eines High-School-Teams 1. Mannschaft Sp. = Spieler = Sp. Auto Jugend Stuart (1995) Pinto (1999) Flik (2005) A a b c d e f g Fortsetzung Tab. 1: Ausgewählte prospektiv Ausgewählte 1: Tab. Fortsetzung

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Für sämtliche in Tab. 1 aufgeführten Studien zeigt sich anhand der relativen Häufigkei- ten ein Überwiegen von Wettkampf- gegenüber Trainingsverletzungen, wobei sich Pro- fieishockeyspieler (66,2-76,4%) vergleichsweise häufiger im Wettkampf verletzen als Jugendspieler (58,5-70,4%). In diesem Zusammenhang weisen die Studien auf ein viel- fach höheres Verletzungsrisiko im Wettkampf gegenüber dem Training hin und führen dies auf die aggressive Spielermentalität sowie Spielcharakteristik zurück 41 42. Beim Vergleich der in den Studien ermittelten Verletzungsinzidenzen für offizielle Wett- kämpfe zeigen sich relativ große Spannweiten. So liegt das Verletzungsrisiko im Profi- bereich zwischen 36-83 Verletzungen pro 1000 Wettkampfstunden, wobei nur jene Ver- letzungen berücksichtigt wurden, die zu mindestens einem Tag Ausfall geführt haben. Eine prospektive Studie aus Deutschland, die über 10 Jahre Verletzungen der Stamm- kaderspieler deutscher Nationalmannschaften (Jugend, Senioren A- und B-Kader) wäh- rend 523 internationaler Spiele untersucht hat, ermittelte eine Inzidenz von 46,1 Verlet- zungen pro 1000 Wettkampfstunden (vgl. Tab. 1) 18. Bezogen auf den Jugendbereich zeigten sich in zwei Fällen Inzidenzen von 83,0 und 96,1 Verletzungen pro 1000 Wettkampfstunden, womit das Risiko deutlich über dem im Mittel beobachteten Verletzungsrisiko im Profibereich lag 42 50. In diesen Studien wurden allerdings auch solche Verletzungen eingeschlossen, die lediglich zur Konsultation des Mannschaftsarztes, aber nicht zwangsläufig zu einem Ausfall führten. Somit könnte eine hohe Anzahl an registrierten leichteren Verletzungen diese relativ hohen Verletzungsin- zidenzen für die Jugendmannschaften erklären. Im Unterschied hierzu wird in einer an- deren Studie ein steigendes Verletzungsrisiko mit zunehmendem Alter festgestellt 36, womit sich die Ergebnisse der verbleibenden zwei Studien an College- Eishockeyspielern einordnen lassen. Während die Inzidenz in den dort untersuchten Universitätsmannschaften bei etwa 15 Verletzungen pro 1000 Spielstunden liegt 1 17, ist im Profibereich insgesamt ein etwa 4-5mal höheres Verletzungsrisiko zu verzeichnen (vgl. Tab. 1). Eine relativ geringe Inzidenz von 36 Verletzungen pro 1000 Wettkampfstunden wurde im finnischen Profieishockey, genauer bei drei Zweitligamannschaften beobachtet. Das Verletzungsrisiko für vier in der gleichen Studie beobachtete Mannschaften der 1. Liga ist mit 66 Verletzungen pro 1000 Wettkampfstunden fast doppelt so hoch. Insgesamt zeigt sich somit anhand der vorliegenden Studien – übereinstimmend mit ei- ner Übersichtsarbeit zu Verletzungen im Eishockey 13 – eine Zunahme des Verletzungs- risikos mit steigendem Spielniveau. Dabei sind diese beiden Einflussgrößen nicht unab- hängig voneinander zu sehen. Üblicherweise werden die Spieler von der Jugend an nach und nach an höhere Leistungsklassen herangeführt und erreichen das höchste Spielniveau nach entsprechender Entwicklung und Erfahrung gegen Mitte bis Ende des dritten Lebensjahrzehnts. Unabhängig davon wird in einer weiteren Übersichtsarbeit festgestellt, dass es, aufgrund der methodischen Problematik (variierende Verletzungs- definitionen, Studiendesigns und Beobachtungszeiträume), nicht möglich sei, die Ver- letzungsrisiken in der Entwicklung über mehrere Dekaden darzustellen 4.

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2.1.2 Verletzungscharakteristik Die Charakteristik von Eishockeyverletzungen lässt sich anhand der verletzten Körper- regionen und der Verletzungsarten beschreiben. Die Vergleichbarkeit der Ergebnisse ist dabei zum einen aufgrund der variierenden Verletzungsdefinitionen, Studiendesigns sowie Beobachtungszeiträume und zum anderen aufgrund der unterschiedlichen Kate- gorisierungen der Verletzungsregionen und -arten bedingt gegeben. Vor diesem Hinter- grund liefert die Übersichtsarbeit von Y. Azuelos et al. (2004), in der die Ergebnisse prospektiver Studien zum Verletzungsgeschehen im Eishockey aus dem Zeitraum 1952 bis 2000 zu einem historischen Überblick zusammengefasst sind, einen relativ guten Gesamteindruck hinsichtlich der Verletzungsschwerpunkte im Eishockey 4. Hierbei wur- den – mit Ausnahme der Untersuchungen an Collegemannschaften aus den Jahren 2005 und 2007 – sämtliche in Tab. 1 (S.12) aufgeführten epidemiologischen Studien berücksichtigt. Sofern nicht anders aufgeführt, beziehen sich die nachfolgenden Ergeb- nisse auf die oben genannte Übersichtsarbeit. Die Verletzungsverteilung nach Körperregionen hat sich über die letzten Jahrzehnte wesentlich verändert. Die vier in den Jahren 1996-2000 am häufigsten verletzten Kör- perregionen Kopf (24,9%), Schulter (13,3%), Leiste/Oberschenkel (14,7%) und Kniege- lenk (10,9%) sind in der unten stehenden Abb. 2 im historischen Überblick dargestellt. Alle weiteren Körperregionen waren in den letzten Jahren mit maximal 6% seltener von Verletzungen betroffen. Eine Ausnahme stellten mit 14,8% die sonstigen Verletzungen in den Jahren 1991-1995 dar. Der Anteil an Kopfverletzungen (Schädel, Gesicht und Nacken/Hals), ist von 43,1% seit 1966-1970 auf einen Tiefstwert von 15,4% in den Jahren 1991-1995 gesun- ken. Im Gegensatz hierzu nahmen Ver- letzungen der Schulter, des Oberschen- kels und des Kniegelenks anteilig jeweils um ca. 5-7% zu. Im selben Zeitraum ist die relative Häu- figkeit für Verletzungen des Oberarms, des Ellbogens, der Finger/Hand und des Fußes jeweils um 2-3% gestiegen, jene für Verletzungen des Handgelenks ist ge- sunken. Die Verletzungshäufigkeit für Un- terarm, Unterschenkel sowie Sprungge- lenk blieb über die Jahrzehnte im We- sentlichen unverändert. Der Rumpf war in den Jahren 1991-2000 mit durchschnitt- lich 5,7-7,1% nach Verletzungen des Kopfes, der Schulter, des Kniegelenks und des Oberschenkels die fünfthäufigste Abb. 2: Verletzte Körperregionen im Eishockey Verletzungsregion im Eishockey. 1961-2000 (nach Azuelos, 2004)

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Der in Abb. 2 festzustellende Rückgang von Kopfverletzungen wird vielfach auf eine Reduktion schwerer Schädel-/Hirn-, Gesichts- sowie Augenverletzungen seit Einführung der Helm- und Visierpflicht sowie der Regel ‘Hoher Stock‘ zurückgeführt 4 11 18. Ebenso könnte eine Reduktion von Verletzungen der Halswirbelsäule, die in einigen der gesich- teten Studien sowie dem historischen Überblick unter Verletzungen des Kopfes sub- summiert werden, zu einer Reduktion von Verletzungen im Kopf-/Halsbereich beigetra- gen haben. So wurde im kanadischen Bereich über den Zeitraum von 1943-1999 gese- hen ein Rückgang an Wirbelsäulenverletzungen von 51 auf 23 festgestellt. Ebenfalls reduzierte sich die Zahl schwerwiegender Verletzungen der (Hals-)Wirbelsäule (neuro- logische Störungen bzw. sensomotorische Ausfälle) von 14 (1988-1990) auf eine Ver- letzung (1997-1999) 52. Ein Grund hierfür ist in früheren Ergebnissen der Arbeitsgruppe zu sehen, die Checks – ein prinzipiell vom Regelwerk her erlaubt harter Körpereinsatz mit Hüfte und Schulter, um den Gegner abzudrängen und an den Puck zu gelangen – bzw. das Stoßen von hinten (gegen die Bande) als ausschlaggebende Verletzungsme- chanismen herausgestellt hatten. Der „Check von hinten“ wurde aufgrund der o.g. Er- gebnisse 1989 als regelwidrig in das internationale Regelwerk aufgenommen. An ande- rer Stelle wird zwar ein Rückgang von Gesichts- und Augenverletzungen seit Einfüh- rung der oben genannten Regeländerungen, zugleich jedoch auch eine Zunahme an Verletzungen der oberen Wirbelsäule und des Schädels nachgewiesen. Helme und Vi- siere geben den Spielern vermutlich ein Gefühl von Sicherheit und Unverwundbarkeit und machen den Kopf zum Ziel gegnerischer Attacken, so vermutet der Autor 21. Eine Untersuchung ergab, dass 41 Verletzungen in einem Bereich des Gesichtes lokalisiert waren, der theoretisch durch ein optionales Visier hätte geschützt sein müssen. 26 der 41 verletzten Spieler hatten zum Unfallzeitpunkt allerdings ein Visier getragen, sodass der Autor das nicht korrekte Tragen des Helmes bzw. Visiers als ursächlich für diese Verletzungen annahm 41. Nach einer neueren Untersuchung von College-Eishockeyspielern ist das Kniegelenk mit 22% am häufigsten von Verletzungen betroffen. Es folgen Verletzungen des Kopfes (19%), der Schulter (15%), des Fußes/Sprunggelenkes (12%) und Verletzungen der Hüfte/Leiste sowie des Rückens bzw. der Wirbelsäule zu je gleichen Anteilen (je 9%) 17. Neben den verletzten Körperregionen werden in epidemiologischen Studien üblicher- weise auch die Verletzungsarten betrachtet. Für eine synoptische Betrachtung der im Eishockey dominierenden Verletzungsarten, wird ebenfalls die Arbeit von Azuelos et al. (2004) herangezogen 4. Zur Erleichterung des Verständnisses werden vorab einige Be- griffe erläutert, die sich im deutschen und englischen Sprachgebrauch unterscheiden. Im Deutschen werden unter dem Begriff ‘Distorsion‘ Verstauchungen, Verdrehungen und/oder Zerrungen verstanden. Demnach können hiermit sowohl Gelenks- als auch Muskelzerrungen gemeint sein. Die im englischen Sprachgebrauch vorgenommene Un- terscheidung zwischen ‘sprain‘ (Gelenksdistorsion) und ‘strain‘ (Muskelzerrung/-riss) er- scheint demgegenüber geeigneter. Jedoch erfolgt hier, wie in Bezug auf Muskelverlet- zungen deutlich wird, keine klare Unterscheidung zwischen Zerrungen und Rupturen. Der Begriff ‘sprain‘ scheint eher den Unfallmechanismus der Gelenksverdrehung zu be- zeichnen, welche sowohl in Zerrungen als auch in Rupturen des Kapsel-Band- Apparates resultieren kann. Deshalb werden im Folgenden unter Distorsionen und

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Muskelverletzungen sowohl Zerrungen als auch Risse verstanden, es sei denn diese Begriffe werden eindeutig gegeneinander abgegrenzt. Mit ‘Kontusion‘ und ‘contusion‘ (engl.) ist jeweils eine Prellungen gemeint, die durch stumpfe Gewalteinwirkung von außen verursacht wird. Gemäß der Übersichtsarbeit waren in den Jahren 1996-2000 Distorsionen (21,7%), Kon- tusionen (21,3%), Hautverletzungen (15,1%) und Muskelzerrungen (13,2%) die dominie- renden Verletzungsarten. Diese sind in Abb. 3 im zeitlichen Verlauf dargestellt. Eine deutli- che Veränderung über die Jahrzehnte ist für Hautverletzungen zu verzeichnen, die sich ausgehend von einem durchschnittlichen Höchstwert von 31,8% in den Jahren 1971- 1975 um nahezu die Hälfte auf 15,1% bis zum Jahr 2000 reduziert haben. Kontusionen, die über die Jahre konstant zu den häufigsten Verletzungsarten zählten, nahmen von 1961- 2000 um etwa 10% ab. Im Gegensatz dazu nahm der Anteil an Gelenksdistorsionen um knapp 9%, der Anteil an Muskelzerrungen um knapp 12% im zeitlichen Verlauf zu. Diese Veränderungen bezüglich der Verletzungsar- Abb. 3: Verletzungsarten im Eishockey 1961-2000 (nach Azuelos, 2004) ten seien nach Meinung eines Autors auf ei- nen Wandel der Charakteristik des Spiels zu- rückzuführen. Seit den 1990er Jahren verzeichnet dieser einen höheren Anteil an Kör- perkontakt zwischen den Spielern, die im Vergleich zu früher im Durchschnitt schwerer, größer und kräftiger sowie schneller seien 37. Frakturen ereigneten sich in den Jahren 1996-2000 in durchschnittlich 11,5% der Fälle, haben über die Jahre um etwa 3% zugenommen und stellen die fünfthäufigste Verlet- zungsart im Eishockey dar. Luxationen und Gehirnerschütterungen ereignen sich relativ selten (durchschnittlich 6,6% und 3,5% in den Jahren 1996-2000). Dennoch hat die re- lative Häufigkeit von Gehirnerschütterungen, die in vielen Studien als eigenständige Verletzungsart aufgeführt werden, seit dem Zeitraum von 1976-1985 stetig zugenom- men. Diese Zunahme könne zum einen auf das bereits erläuterte Problem zurückge- führt werden, dass der Kopf seit Einführung der Helmpflicht zum Zielobjekt für aggressi- ves Verhalten geworden ist. Zum anderen erklärten verbesserte Diagnosemöglichkeiten die gestiegene Anzahl an Registrierungen von Gehirnerschütterungen 9. Die separate Auflistung der Verletzungsarten und -orte ist eine in der medizinspezifi- schen Literatur zum Eishockey übliche Vorgehensweise bei der Darstellung des Verlet- zungsgeschehens, obwohl diese Angaben für sich betrachtet eine relativ geringe Aus- sagekraft besitzen. Eine detaillierte Aufschlüsselung der Verletzungsarten in Abhängig- keit von den verletzten Körperregionen bzw. den verletzten Strukturen findet sich in den vorliegenden Studien jedoch relativ selten. Sofern Autoren Kombinationen von Verlet-

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zungsart und -region benennen, erfolgt dies aufgrund der relativ geringen Fallzahlen entweder lückenhaft oder aber nur unter Angabe der absoluten Zahlen (n ≤ 13). Unab- hängig davon, ob relative oder absolute Häufigkeiten angegeben werden, erfolgt die Darstellung in den verschiedenen Studien uneinheitlich. Während einige Autoren die Verletzungsregionen in Abhängigkeit von den Verletzungsarten darstellen, liefern ande- re Angaben zu Verletzungsarten in Abhängigkeit von den hauptsächlich betroffenen Körperregionen oder es finden sich Angaben zur relativen Gesamthäufigkeit einer Ver- letzung am Gesamtverletzungsgeschehen. Eine Umrechnung ist aufgrund unvollständi- ger Angaben der jeweiligen Fallzahlen nicht möglich. Daher wird im Folgenden weitest- gehend auf die Angabe von relativen Häufigkeiten verzichtet, da dieses aufgrund der unterschiedlichen Bezüge zu missverständlichen Interpretationen führen würde. In einer deskriptiven epidemiologischen Studie, die Verletzungen bei College-Eis- hockeyspielern über 16 Saisons untersucht hat, wurden die häufigsten Verletzungen als Kombination aus verletzter Körperstruktur und Verletzungsart jeweils für Wettkampf und Training aufgelistet. So erleiden die jugendlichen Eishockeyspieler im Wettkampf insge- samt in 13,5% der Fälle Kapsel-/Bandverletzungen des Kniegelenks. Es folgen Gehirn- erschütterungen (9,0%), Verletzungen des Acromioclavicular(AC)-Gelenks der Schulter (8,9%), Kontusionen des Oberschenkels (6,2%) sowie Verletzungen der Leiste bzw. der Adduktoren (4,5%). Im Training hingegen ziehen sich Spieler am häufigsten Leisten- bzw. Adduktorenverletzungen (13,1%) sowie Kniebinnenverletzungen (10,1%) zu 1. An anderer Stelle wurde im College-Bereich die Gehirnerschütterung mit einem Ge- samtanteil am Verletzungsgeschehen von 18,6% als häufigste Verletzung herausges- tellt 17. Studien, die Verletzungen im Profibereich untersucht haben, finden Gehirner- schütterungen mit insgesamt 2,8-5,3% relativ gesehen seltener, stellen diese aber den- noch neben Gesichtsverletzungen als einen Schwerpunkt bei Verletzungen der Kopfre- gion heraus 28 35 41. Im schwedischen Profieishockey kam man zu der Aussage, dass mindestens 20% der Eishockeyspieler während ihrer aktiven Laufbahn eine Gehirner- schütterung erleiden und mindestens eine Gehirnerschütterung pro Jahr pro Mann- schaft auftrete 55. Andere Studien benennen zusätzlich Hautverletzungen des Gesichtes sowie Zahnfrakturen als typische Verletzungen des Kopfes 28 35 42 50. Hinsichtlich der im Eishockey auftretenden Schulterverletzungen stimmen mehrere Stu- dien darin überein, dass es sich zumeist um Distorsionen bis hin zu Rupturen des AC- Gelenks, um Schlüsselbeinfrakturen oder Schulterkontusionen handelt 28 34 35 50. In einer prospektiven 10-Jahres-Studie der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft konnte zwar insgesamt ein Rückgang schwerer Schulterkontusionen und AC-Verletzungen festgestellt werden, dennoch zählten insbesondere Verletzungen des AC-Gelenkes nach wie vor zu den häufigsten Schulterverletzungen – relative Häufigkeiten werden nicht angegeben. Die Autoren führen diese Beobachtung auf die mangelnde Akzeptanz für die großvolumigen Schulterpolster seitens der Spieler zurück 21. Eine weitere Studie, die Verletzungen der oberen Extremitäten retrospektiv untersucht hat, stellt heraus, dass Schulterdistorsionen und -kontusionen überwiegend ältere Spieler betreffen, wäh- rend sich jüngere Eishockeyspieler häufiger Frakturen des Schlüsselbeins zuziehen 36. Muskelverletzungen, die laut zuvor angeführter Definition Zerrungen bzw. Rupturen un- terschiedlicher Schweregrade einschließen, betreffen überwiegend die Leiste bzw. die 18

Adduktoren 6 28 29 35 41 50. Einzelne Studien benennen zusätzlich Zerrungen der ischiok- ruralen Muskulatur oder der Hüftbeuger 29 50. Absolute oder relative Häufigkeiten wer- den nur in einer Studie detaillierter angegeben. So liegt der Anteil an Muskelverletzun- gen bei knapp 22%, wobei 20 von 47 Fällen die Leiste, 15 den Bereich der Lendenwir- belsäule, 4 den Nacken und 3 die Glutealmuskulatur betreffen 35. Im Hinblick auf Kniegelenksverletzungen stellt eine prospektive Studie aus dem schwe- dischen Profieishockey bereits 1988 Distorsionen bzw. Rupturen des Innenbandes als die häufigsten schweren Verletzungen des modernen Eishockey heraus. Der Autor schätzt die Inzidenz von Innenbandverletzungen des Kniegelenks auf 1-4 pro Profi- mannschaft und Saison 28. In einer aktuelleren Studie an College-Eishockeyspielern aus dem Jahr 2005 stellten Distorsionen bzw. Rupturen des Innenbandes insgesamt die zweithäufigste Verletzung dar 17. Weitere Autoren benennen Distorsionen und konkret Verletzungen des Innenbandes zumindest als die häufigsten Verletzungen des Kniege- lenks 13 28 29 35 50. In einer Studie wurden schwedische Profieishockeyspieler retrospektiv zu Kniegelenksverletzungen befragt. 42% der Befragten gaben an, in ihrer Eishockey- karriere bereits eine Kniegelenksverletzung erlitten zu haben. Dabei hatten 60% eine Ruptur des Innenbandes, 15% eine Meniskusläsion und 12% eine VKB-Ruptur erlitten, um nur die drei häufigsten Verletzungen zu nennen 54. Letztendlich konnte eine 7- Jahres-Studie, die die Risiken und Kosten von Kniegelenksverletzungen in 12 Sportar- ten darunter auch Eishockey bei 14-20 Jährigen in der Schweiz untersuchte, Rupturen der Seitenbänder (35%) als häufigste und Rupturen des Meniskus (11%) als zweithäu- figste Kniegelenksverletzung herausstellen. Verletzungen des vorderen Kreuzbandes (6%), die in anderen Sportarten relativ gesehen häufig(er) auftreten, scheinen im Eisho- ckey von geringerer Bedeutung zu sein. Insgesamt betrachtet machen Knieverletzun- gen in der genannten Studie 22% der in dem zugrundeliegenden Datensatz registrierten durch Sportverletzungen verursachten Kosten aus 14. Weiterhin benennen prospektive Studien übereinstimmend die Distorsion des Sprung- gelenks als relevante Verletzung 29 35 50. Während eine dieser Studien konkret die Au- ßenbänder als verletzte Struktur angibt 50, stellt eine andere Studie, die Sprunggelenks- verletzungen von Profispielern zweier NHL-Mannschaften retrospektiv über 7-10 Sai- sons untersuchte, Distorsionen des Syndesmosebandes – im englischen als ’high ankle sprain’ bezeichnet – als eishockeytypische Sprunggelenksverletzung heraus. So hande- le es sich in 74% der Fälle einer Sprunggelenksdistorsion um Verletzungen des Syn- desmosebandes. Verletzungen bzw. Distorsionen der Außenbänder, die in anderen Mannschaftssportarten insgesamt zu den häufigsten Verletzungen zählen, sind im Eis- hockey vermutlich aufgrund der Stabilität durch den hohen Schaft des Schlittschuhs re- lativ selten 65. Sporadisch werden noch weitere Kombinationen von Verletzungsart und -lokalisation genannt: So betreffen Distorsionen neben der Schulter, dem Knie- und Sprunggelenk auch den Ellbogen, das Handgelenk, die Hand bzw. die Finger 35. Frakturen betreffen ebenfalls die Finger sowie das Kahnbein, den Unterarm, das Brustbein, den Fuß, den Kiefer und die Nase 28 41.

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Die vorliegenden Studien quantifizieren die Schwere der beobachteten Verletzungen anhand der Ausfallzeiten in Spiel und Training. Dabei zeigt sich für alle der in Tab. 2 aufgeführten Studien eine Dominanz leichter Verletzungen mit weniger als einer Woche Ausfall. Zwischen 13,2% und 40,0% der jeweils beobachteten Verletzungen resultierten in einem Ausfall von mehr als einer Woche (vgl. Tab. 2).

Tab. 2: Prozentuale Verteilung der Verletzungen im Profieishockey in Abhängigkeit von der Schwere (gemessen an der Ausfallzeit)

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54 41 35 37 Lorentzon Lorentzon (1988a) Tegner (1991) Pettersson (1993) Mölsä (1997) Möslä (2000) 1. 2. 1970- 1980- 1990- Liga Liga 1979 1989 1999 ≤ 1 Woche (leicht) 72,6 61,1 87,8 80,0 63,0 60,0 81,0 80,0

2-4 Wochen (mittelschwer) 19,0 22,3 9,5 16,0 28,0 30,0 15,0 15,0

> 4 Wochen (schwer) 8,4 8,8 2,7 4,0 9,0 10,0 4,0 5,0

Allerdings erscheint es hierbei sinnvoll, die Verletzungsschwere im Zusammenhang mit der jeweiligen Verletzung selbst zu betrachten. So wurde in einer der vorliegenden Stu- dien festgestellt, dass Gehirnerschütterungen, die sich – wie oben bereits dargestellt – mindestens ein Mal pro Jahr pro Mannschaft im Profibereich ereignen, im Mittel zu 6 Tagen Ausfall führen 55. Demnach würde eine Gehirnerschütterung der Klassifizierung der Literatur zufolge relativ häufig als leichte Verletzung eingestuft. Problematisch ist zum einen, dass die Ausfallzeit relativ stark von der subjektiven Einschätzung des be- troffenen Spielers abhängt. Zum anderen führen Gehirnerschütterungen insbesondere nach wiederholtem Auftreten zu neurophysiologischen Veränderungen des Gehirns und sind deshalb in der Summe als eher schwerwiegende Verletzungen einzustufen. Somit erscheint es sinnvoll, die Verletzungsschwere nicht ausschließlich anhand der aktuellen Ausfallzeit, sondern auch anhand der Gesamtproblematik einer bestimmten Verletzung zu beurteilen. In zwei Studien finden sich Angaben zur Ausfallzeit in Abhängigkeit von den verletzten Körperregionen. So zeigte sich bei College-Eishockeyspielern, dass Verletzungen des Fußes (14,0 Tage), des Kniegelenks (13,7 Tage) sowie der Schulter (12,1 Tage) zur durchschnittlich längsten Ausfallzeit führten. Verletzungen anderer Körperregionen ver- ursachten im Mittel zwischen 2,7 und 6,8 Tagen Ausfall 16. Die zweite Studie stellt he- raus, dass 26,5% (n=1240) aller Wettkampfverletzungen in einem Ausfall von mindes- tens 10 Tagen resultierten. Bei diesen handelte es sich in 26,2% der Fälle um Kapsel- Bandverletzungen des Kniegelenks, in 12,7% der Fälle um Verletzungen des AC- Gelenks und in 6,6% der Fälle um Gehirnerschütterungen 1. Unabhängig davon geben Pettersson et al. (1993) an, dass es sich in 60,6% der Fälle um Bagatellverletzungen handelt, die nicht zu einem Ausfall des Verletzten geführt ha- ben 41. Darüber hinaus konstatiert der Autor einen Rückgang an mittelschweren und

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schweren Verletzungen im Vergleich zu der Studie von Lorentzon et al. (1988) (vgl. Tab. 2, S. 20), in der ebenfalls Spieler der höchsten Spielklasse in Schweden beobach- tet wurden 28. Zurückgeführt wird dies auf die verbesserten medizinischen Behand- lungsmöglichkeiten sowie die relativ höhere Anzahl konservativer Therapien z.B. nach Innenbandverletzungen des Kniegelenks 41. Möglicherweise erklärt dies auch, warum sich bei Mölsä et al. (2000) bei vergleichender Betrachtung der Ergebnisse aus den 1970er, 1980er und 1990er Jahren zwar eine Reduktion (mittel-)schwerer Verletzungen zeigt (vgl. Tab. 2), die Autoren jedoch keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Verletzungsverteilung feststellen konnten 37. Die beobachtete Verschiebung der Verlet- zungsschwere könnte möglicherweise ebenfalls auf bessere Behandlungs- und Thera- piemaßnahmen zurückgeführt werden, die einen schnelleren Wiedereinstieg in den Trainings- und Spielbetrieb erlauben. Letztendlich macht nur eine der vorliegenden Studie Angaben dazu, wie häufig eine Operation notwendig war 49. Hierbei wurden zwei Mannschaften der höchsten deut- schen Spielklasse, der Deutschen Eishockey Liga (kurz DEL) über drei Saisons beo- bachtet. Danach mussten 11,3% der bei den DEL-Teams erfassten Verletzungen ope- rativ behandelt werden.

2.1.3 Unfallereignis Um zu einem möglichst umfassenden Verständnis der Verletzungsproblematik zu ge- langen, ist es neben einer Betrachtung der Verletzungstopographie ebenfalls notwen- dig, die jeweiligen verletzungsauslösenden Ereignisse möglichst genau zu analysieren. Dabei wird das Zustandekommen eishockeytypischer Verletzungen in der vorliegenden Literatur üblicherweise anhand der Verletzungsursachen (Aktionen bzw. Mechanismen) beschrieben. Darüber hinaus werden zum Teil auch die Schiedsrichterentscheidungen sowie die Verletzungen in Abhängigkeit von der Spielzeit, der Spielposition sowie der Unfallposition auf dem Spielfeld betrachtet. Im Hinblick auf die Verletzungsursachen und speziell die Verletzungsmechanismen legt eine Übersichtsarbeit dar, dass es sich im Eishockey zu 70% um Kontaktverletzungen handelt 13, die übereinstimmend im Wesentlichen aus Zusammenstößen bzw. Checks mit dem Gegner, dem Kontakt mit dem Stock, dem Puck, der Bande oder aus Stürzen auf das Eis resultieren 1 17 18 28 29 35 37 41 42 54 68. Die Verletzungsmechanismen, die ermittelt werden konnten, sind in Tab. 3 auf der fol- genden Seite zusammengetragen. Hierbei beziehen sich mit Ausnahme der aktuelleren Arbeiten von Flik et al. (2005) und Agel et al. (2007) (Jugend) sämtliche Untersuchun- gen auf den Profibereich.

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Tab. 3: Verletzungsmechanismen im Eishockey (in %) 28 29 41 41 54 18 35 37 1 17 gel (2007) gel (2007) Lorentzon (1988a) (1988a) Lorentzon (1988b) Lorentzon (1991b) Tegner Pettersson (1993) Mölsä (1997) Möslä (2000) (2001) Gröger Flik (2005) A

1970- 1980- 1990-

1979 1989 1999

Zusammenstoß / Check 57,9 73,7 28,0 23,9 47,7 27,0 53,0 57,0 56,5 32,8 47,7

Kontakt Stock 11,8 0,0 29,7 26,1 15,8 29,0 21,0 19,0 12,2 1,8 6,4

Kontakt Puck 14,5 5,3 13,1 16,0 8,5 18,0 12,0 11,0 6,8 6,2 7,0

Kontakt Bande 6,6 10,5 7,2 11,1 13,0 13,0 8,0 21,1 18,6 21,6 11,4 Kontakt Tor ------2,7 1,1

Kontakt Eis / Sturz - - 4,8 7,2 10,0 10,0 8,0 - 6,0 5,9 4,0 kein Kontakt, Überlastung ------3,4 8,0 9,3

Kontakt Schlittschuh 2,6 5,3 1,8 2,1 - 4,0 1,0 1,0 - 3,5 -

Sonstiges 6,6 5,2 11,2 20,7 9,7 15,0 10,0 22,0 - 19,5 1,0

Obwohl sich – wie einleitend herausgestellt – Kontakte mit Gegner, Puck, Stock, Bande oder dem Eis als hauptsächliche Verletzungsmechanismen erweisen, fällt auf, dass die relativen Häufigkeiten in den einzelnen Kategorien zwischen den jeweiligen Studien re- lativ stark variieren – so bspw. in der Kategorie ‘Zusammenstoß/Check‘ von 23,9% bis 73,7%. Problematisch ist in diesem Zusammenhang, ebenso wie es bei den Verlet- zungsregionen und -arten der Fall war, dass die Autoren unterschiedliche Kategorisie- rungen der Verletzungsmechanismen vornehmen. Des Weiteren weisen alle Studien den registrierten Verletzungen jeweils einen einzigen Verletzungsmechanismus zu, mit Ausnahme von Mölsä et al. (2000). Dieser problematisiert die Tatsache, dass Verlet- zungen häufig aus einer Kombination von Mechanismen entstehen und es relativ schwierig sei, einen „wichtigsten“ Verletzungsmechanismus zu benennen 37. Unabhängig von dieser Problematik, die die Interpretierbarkeit der Ergebnisse hinsich- tlich einer Kausalität einschränkt, sei dennoch darauf hingewiesen, dass der Kontakt mit der Bande aber auch Verletzungen ohne Fremdbeteiligung im Jugendbereich ein grö- ßeres Problem darzustellen scheinen als im Profibereich, während der Kontakt mit dem Stock bei den jungen Eishockeyspielern eher selten zu Verletzungen führt (vgl. Tab. 3). Überdies lässt sich zusammenfassend feststellen, dass Verletzungen, die aus Körper- kontakten resultieren, d.h. Checks gegen die Bande, mit dem Ellbogen oder gegen das Knie sowie unerlaubte Körperangriffe (Anspringen, Hineinrennen in einen Gegenspie- ler), am häufigsten zu Spielausfällen führen 34. Im Zusammenhang mit dem relativ ho- hen Anteil an Verletzungen durch Gegnerkontakt wird vermutet, dass die Verbesserung der Ausrüstung die Hemmschwelle der Spieler für aggressiven Körpereinsatz in Wett-

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kämpfen senke 69. Abgesehen von der eingeschränkten Vergleichbarkeit der Studien scheint die separate Darstellung der Verletzungsmechanismen für die Ableitung präven- tiver Strategien jedoch wenig aufschlussreich. Die simultane Betrachtung der Verlet- zungsursachen und der genauen Verletzung (Ort und Art) erfolgt in den vorliegenden Studien relativ selten. Zwei Übersichtsarbeiten und 5 prospektive Studien machen – häufig nur qualitative – Angaben zu Verletzungsursachen in Abhängigkeit von verletzten Körperregionen, die sich summarisch wie folgt darstellen. So ereignen sich Kontusionen und offene Wunden am häufigsten durch den Kontakt mit Stock und Puck, wohingegen Bandverletzungen im Allgemeinen im Eishockey eher das Resultat des Kontaktes mit dem Gegner sind 11. Auch an anderer Stelle wird darauf hingewiesen, dass Knieverlet- zungen im Eishockey relativ selten durch ein Verdrehen des Kniegelenks bei fixiertem Fuß, wie es in anderen Mannschaftssportarten zu beobachten ist, verursacht werden, sondern hauptsächlich durch Kontakt mit dem Gegner entstehen. Hierbei führe in den meisten Fällen eine Krafteinwirkung von der Seite zu einer Valgusstellung des Kniege- lenks und damit u.a. zu den im Eishockey häufig registrierten Innenbandverletzungen des Kniegelenks 34. Schulterverletzungen resultieren im Wesentlichen aus Stürzen auf den gestreckten Arm bzw. die Schulter selbst bzw. aus Kollisionen mit der Bande 34 36. Drei prospektive Untersuchungen machen quantitative Angaben zu Verletzungsmecha- nismen im Zusammenhang mit Kopf- und Gesichtsverletzungen. Eine Studie im schwe- dischen Profieishockey findet die folgenden Mechanismen: 56,9% Kontakt Stock, 22,9% Kontakt Gegner, 14,7% Kontakt Puck, 2,8% Kontakt Schlittschuh, 1,8% Kontakt Bande und 0,9% Sonstige 41. Im Hinblick auf Gesichtsverletzungen stellt eine Untersuchung drei Vereine (je ein Verein aus der Senioren- und Juniorenbundesliga sowie aus dem Amateurbereich) mit 72,5% den Stockkontakt als Hauptursache heraus. Zu 21,5% re- sultierten Gesichtsverletzungen aus einem Kontakt mit dem Puck, zu 4,9% aus einem Kontakt mit der Bande und zu 1,1% aus dem Kontakt mit einer Person 44. In einer weite- ren Arbeit werden die Ursachen für Gehirnerschütterungen konkretisiert. Hierbei werden Bodychecks (56%), Checks gegen die Bande (26%) sowie Stockschläge (6%) als hauptsächlich verletzungsverursachend herausgestellt 54. Im Zusammenhang mit Ge- hirnerschütterungen werden drei Mechanismen unterschieden: • der direkte Schlag gegen den Kopf, • der direkte, seitliche Schlag gegen das Gesicht und • der Schlag gegen das Kinn 9. Eine weitere Studie beschreibt den Verletzungsmechanismus für die im Eishockey im Zusammenhang mit Sprunggelenksverletzungen häufig auftretenden Syndesmosedis- torsionen. Diese Verletzung entstehe in der Regel durch einen Sturz nach Kontakt mit dem Gegner. Dabei könne sich der Fuß in verschiedenen Positionen befinden und manchmal auch an der Bande fixiert sein. Relativ häufig sei eine Außenrotation des Fu- ßes zu beobachten 65. Abschließend wurde versucht, einen Zusammenhang zwischen Verletzungsursachen und der Verletzungsschwere herzustellen 16. So zeigte sich, dass die Mechanismen Kontakt mit Spieler/Eis, Kontakt mit dem Puck und Kontakt mit Bande/Tor zu der höch- sten durchschnittlichen Ausfallzeit führten (10,4, 10,3 und 10,0 Tage). Der Mechanis- mus Kontakt Stock führte zu Verletzungen mit einer durchschnittlichen Ausfallzeit von 23

nur 3,3 Tagen. Allerdings erscheint hierbei aufgrund des fehlenden Bezuges zu den verletzten Körperregionen die Interpretation der Ergebnisse nicht sinnvoll. Einige der vorliegenden Arbeiten machen über Angaben zu Verletzungsursachen hinaus ebenfalls Angaben zu Schiedsrichterentscheidungen im Zusammenhang mit den Verletzungen. Laut zweier älterer Studien von Lorentzon et al. (1988) hatte in 39,0% bzw. 50,0% der verletzungsauslösenden Situationen nach Meinung der Schiedsrichter ein Foulspiel vorgelegen 28 29. Im Unterschied hierzu wurde an anderer Stelle im schwedischen Profi- eishockey (1991) ermittelt, dass nur in 8% der Verletzungssituationen von den Schieds- richtern auf Foulspiel entschieden wurde 54. Dies stimmt mit Befunden überein, nach denen sich die Verletzungen zu 9% bzw. 11% im Rahmen eines Foulspiels ereigneten. Jedoch habe nach Meinung des Mannschaftsarztes in weiteren 7% bzw. 11% der Fälle auf Foul entschieden werden müssen 35 37. In einer Studie zu Juniorenspielern, wurde in 20 % der Fälle auf Foul entschieden 42, was möglicherweise ein Hinweis darauf sein könnte, dass im Profibereich ein härteres Spiel zugelassen und seltener auf Foul ent- schieden wird. Bei Betrachtung der Verletzungen in Abhängigkeit von der Spielphase (angegeben in Spieldritteln) zeigt sich vielfach eine Häufung von Verletzungen gegen Ende des Spiels (vgl. Tab. 4) sowie gegen Ende der jeweiligen Drittel 28 29 35 37 42 50. Ein Autor stellte heraus, dass sich 46,9% der Verletzungen in den letzten 5 Minuten eines jeden Drittels ereignen 42. Als Erklärung für diesen Trend wird Erschöpfung einherge- hend mit einem Nachlassen der koordinativen Fähigkeiten sowie der Konzentration aber auch gesteigertes aggressives Verhalten vermutet, da das Spiel in die entschei- dende Spielphase übergehe. Vier der in Tab. 4 aufgeführten Studien können diese Er- gebnisse nicht bestätigen 17 18 41 54 und ermitteln die meisten Verletzungen im zweiten Drittel.

Tab. 4: Verteilung der Verletzungen nach Spielphase (in %)

* * 54 * 29 41 35 37 18 42 17 1 gel Lorentzon (1988b) Tegner (1991b) Pettersson (1993) Mölsä (1997) Mölsä (2000) Gröger (2001) Pinto (1999) Flik (2005) A (2007) 1. Drittel 27,0 31,0 20,0 23,3 25,5 27,2 20,5 36,5 27,9

2. Drittel 30,0 38,0 31,5 29,5 31,1 38,1 33,3 36,5 36,0

3. Drittel 36,0 28,0 21,5 47,3 43,4 34,7 46,2 27,0 36,0

* bei diesen Studien wurden die relativen Häufigkeiten unter Ausschluss der Kategorie Aufwärmen neu kalkuliert

Im Zusammenhang mit der diskutierten zunehmenden Ermüdung gegen Ende des Spiels bzw. der einzelnen Spieldrittel als mögliche Verletzungsursache, seien die Er- gebnisse einer Studie an zwei High School-Mannschaften aus den USA erwähnt, in der in einem multivariaten Ansatz verschiedene potentielle Risikofaktoren analysiert wurden 48. Einbezogen wurden Faktoren der folgenden Kategorien: (1) physisch (Vorverletzung, Körperliche Auffälligkeiten, Jahre Eishockey, Körpergröße, -gewicht, Sehfähigkeit), (2) psychosozial (Selbstbewusstsein, Stress, soziale Unterstützung, Befinden [Anspan-

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nung, Wut, Vitalität, Müdigkeit, Verwirrung]) sowie (3) situativ (Wettkampf vs. Training, Verletzungsmechanismus, Spielniveau, Spielposition, individuelle Spielzeit). Nach mul- tivariater Analyse erwiesen sich lediglich eine geringe Vitalität und hohe Müdigkeit (vor und während der Saison) als Risikofaktoren für Verletzungen. Darüber hinaus fand der Autor signifikant mehr Verletzungen in der Gruppe mit hoher durchschnittlicher Spiel- zeit. Die Ergebnisse sind allerdings nach Einschätzung des Autors aufgrund der gerin- gen Anzahl an Verletzungen (n=27) mit Vorsicht zu betrachten. Schlussendlich disku- tiert der Autor die Rolle der Ermüdung als vielschichtigen Zustand, der durch geringe aerobe oder anaerobe Ausdauer aber auch Übertraining, depressive Verstimmungen und/oder Stress bedingt sein kann. Uneinheitliche Angaben liefert die Literatur zum Zusammenhang von Verletzungen und der Spielerposition. Während einige Autoren die relativen Häufigkeiten für die einzelnen Spielpositionen angeben, kalkulieren andere das Verletzungsrisiko als Verletzungen pro 1000 Spielstunden (s. Tab. 5). Insgesamt ist mit einer Ausnahme unklar, ob sich die Angaben auf alle Verletzungen oder eventuell nur auf Wettkampfverletzungen bezie- hen. Bei Betrachtung der Angaben zum Verletzungsrisiko zeigen sich widersprüchliche Er- gebnisse. Während drei Studien das höchste Risiko für Angreifer feststellen 18 29 50, fin- den zwei andere höhere Verletzungsinzidenzen für Abwehrspieler 28 42 (vgl. Tab. 5). In einer weiteren Untersuchung an Collegespielern wurden keine signifikanten Unter- schiede der Verletzungsraten für Angreifer und Verteidiger in Wettkämpfen gefunden, wobei konkrete Angaben der jeweiligen Verletzungsinzidenzen fehlen 17. Einheitlich je- doch stellen die zitierten Studien das geringste Verletzungsrisiko bei den Torhütern fest.

Tab. 5: Verteilung der Verletzungen und Inzidenzen nach Spielposition (in %) ** 27 28 * 41 6 35 42 18 1 18 50 42

gel Pettersson (1993) Biasca (1992) Mölsä (1997) Pinto (1999) Gröger (2001) A (2007) Gröger (2001) Lorentzon (1988a) Lorentzon (1988b) Stuart (1995) Pinto (1999) Verletzungsinzidenz relative Häufigkeit (%) (Verletzungen/1000 Std.) Tor 7,0 4,0 5,8 4,0 5,5 9,6 3 39 - - 16

Abwehr 57,0 34,0 31,2 32,4 29,9 40,8 14 108 50 87 151

Angriff 36,0 62,0 54,5 63,0 64,6 48,3 30 72 125 134 138

* Autor gewichtet die Prozentangaben gemäß der folgenden Verteilung der Spieler auf dem Eis: 3 Angreifer, 2 Verteidiger, 1 Torwart ** nur Wettkampfverletzungen

Im Zusammenhang mit der Spielposition und der Angabe von relativen Häufigkeiten ist zu bedenken, dass drei Angreifer, zwei Verteidiger und ein Torwart auf dem Spielfeld agieren. Somit erscheint es zunächst plausibel, dass sich in 5 Studien höhere relative Häufigkeiten für Angreifer finden (vgl. Tab. 5). Bei der oben genannten Verteilung der Spielpositionen, müssten die Angreifer zu 50% von Verletzungen betroffen sein, wenn

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die Verletzungshäufigkeit ihrer Repräsentation auf dem Spielfeld entspräche. Allerdings zeigt sich, ungeachtet der Studie von Agel et al. (2007), das sich Angreifer mit 54,5- 64,6% relativ gesehen häufiger verletzten. In der Studie von Agel et al. (2007) wurden die Verletzungshäufigkeiten gemäß der Verteilung der Spieler auf dem Eis gewichtet 1. Hierbei bestätigt sich, dass Angreifer häufiger von Verletzungen betroffen sind als Ver- teidiger. Im Gegensatz hierzu sind die Angreifer in einer Studie im schwedischen Profi- eishockey mit 36,0% relativ gesehen seltener von Verletzungen betroffen als in anderen Studien. Als mögliche Erklärung hierfür nennt ein Autor die defensivere Spielweise in den skandinavischen Ligen, die überwiegend passives Forechecking betreiben. Hierbei könne sich der Angreifer häufiger einem direkten Kontakt mit dem Verteidiger entzie- hen. Da Verletzungen nachgewiesenermaßen überwiegend durch Gegnerkontakt (Stockkontakt eingeschlossen) entstehen, ist die Verletzungswahrscheinlichkeit für Ang- reifer bei dieser Spieltaktik geringer 21. Überdies stimmen mehrere Autoren darin über- ein, dass trotz divergierender Verletzungsraten bzw. -häufigkeiten zwischen den Spiel- positionen, keine Unterschiede hinsichtlich der Verletzungslokalisation und der Art der Verletzungen zwischen den Positionen festzustellen seien 28 41 42. Bei der Analyse des Verletzungsereignisses konnten abschließend zwei Studien gefun- den werden, in denen die Position des Verletzten auf dem Spielfeld analysiert wurde. Zum besseren Nachvollziehen der Ergebnisse dient die Spielfeldskizze in Abb. 4. So ereignen sich laut einer jüngeren epide- miologischen Studie bei College- Eishockeyspielern 28,0% aller Verletzungen zwischen den blauen Linien und den Bully- punkten, 23,5% in den Ecken, 21,4% in der neutralen Zone, 16,0% vor dem Tor, 7,9% hinter dem Tor und 3,2% auf sonstigen Feldpositionen 1. Eine ältere Arbeit bestätigt Verteidigungszone Neutrale Zone Angriffszone diese Ergebnisse. Zwischen der blauen Linie Abb. 4: Eishockeyspielfeld und Sekto- und den Bullypunkten registrierte der Autor reneinteilung nach Agel, 2007 (rot gestrichelt) die meisten Verletzungen (28-42%), in der neutralen Zone 20-34% und in den Ecken im Bereich der Bande 19-23% 6. Keine der beiden Studien betrachtete diese Unfallpositio- nen im Zusammenhang mit den jeweiligen Spielpositionen der Eishockeyspieler.

2.2 Prävention von Eishockeyverletzungen Bei der Sichtung der Literatur zur Prävention von Eishockeyverletzungen wird deutlich, dass der Fokus präventiver Bemühungen vor allem auf einer Verbesserung der Schutz- ausrüstung der Spieler sowie der Einführung strengerer Regeln und deren konsequen- ter Durchsetzung seitens der Schiedsrichter gelegt wird 10 13 28 41 55 68 69 71. Darüber hi- naus wird das gezielte (Athletik-) Training, im Englischen als ’Conditioning’ bezeichnet, sporadisch als Präventionsmaßnahme genannt. Es scheint, dass diesem Bereich in Be- zug auf die Prävention von Verletzungen insgesamt weniger Bedeutung beigemessen

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wird, als ausrüstungs- und regeltechnischen Veränderungen, deren Effekte sich umge- hend nachvollziehen lassen. Bei der Frage, welchen Stellenwert präventive Bemühungen im Eishockey haben, sei nochmals eine relativ aktuelle Studie mit College-Eishockeyspielern erwähnt 17. Danach hätten lediglich 8% der Verletzungen durch bessere Ausrüstung, einen besseren kondi- tionellen Zustand oder Schiedsrichterentscheidungen verhindert werden können. Den- noch scheint das Potenzial präventiver Programme bzw. Maßnahmen vielfach erkannt worden zu sein. Die Nachweise, die sich hierzu in der Literatur finden, werden im Fol- genden unterteilt nach allgemeinen sowie auf bestimmte Körperregionen bezogenen Präventivmaßnahmen dargestellt.

2.2.1 Allgemeine Präventionsansätze Übergreifende Ansätze zur Prävention eishockeyspezifischer Verletzungen beziehen sich zum einen auf regeltechnische Aspekte, wie Fair Play und Bodychecks, zum ande- ren auf allgemeine ausrüstungs- und trainingstechnische Unterweisungen. ‘Fair Play‘ ist ein Grundprinzip im Sport. In diesem Zusammenhang hat ‘USA Hockey‘, als nationaler Dachverband des Eishockey in den USA, im Jahr 2004 das Handbuch ‘Safety Media Kit‘ publiziert 71. Diese Kampagne zielt darauf ab, die Sicherheit im Eis- hockeysport insgesamt zu verbessern sowie die Grundwerte sportlichen bzw. fairen Verhaltens als Eckpfeiler im Eishockey zu etablieren. Neben Informationsbroschüren und Lern-DVDs für Spieler und Eltern wird ein Programm zur Sensibilisierung von Spie- lern, Eltern, Trainern und dem Umfeld für die Thematik ‘Sicherheit im Eishockey‘ zur Verfügung gestellt. Hierbei werden 7 Grundwerte des Fairplay sowie jeweils ein Verhal- tenskodex für Geschäftsführer, Trainer, Offizielle, Eltern, Spieler und Zuschauer propa- giert, um letztendlich Verletzungen im Eishockey zu reduzieren. Eine Evaluation dieser Maßnahmen ist bislang nicht dokumentiert. In Kanada wurde ein ’Fair Play Programm’ in 52 Jugendmannschaften evaluiert 10. Die Inhalte des ’Fair Play Programms’ werden nicht beschrieben. Es erfolgt lediglich ein Verweis auf eine andere Arbeit 31. Dort wurden sämtliche regelwidrige Aktionen sowie emotionale Reaktionen der Spieler, wie Wutausbrüche oder Beschimpfungen, als unfai- res Verhalten definiert. Der Autor ermittelte signifikant weniger unsportliches Verhalten bei Spielern, die an dem Programm teilgenommen hatten. Während teilnehmende Spie- ler eher dazu neigten ihre Gegner zu halten, war bei Spielern, die nicht an dem Prog- ramm teilnahmen, signifikant häufiger Stoßen bzw. Schlagen zu beobachten. Darüber hinaus zeigte sich kein Unterschied hinsichtlich der Verletzungsraten zwischen beiden Gruppen. Im Zusammenhang mit der Thematik ‘Fair Play‘ ist eine weitere Studie zu nennen, in der die Turnierplatzierungen bei den ‘Stanley Cup Championship Final Series‘ von 1980-1997 in Verbindung mit den Schiedsrichterentscheidungen analysiert wurden. Es stellte sich heraus, dass fair spielende Teams größere Aussichten hatten, das Turnier zu gewinnen, während unfair und aggressiv spielende Teams weniger erfolgreich waren 32. Der Autor diskutiert die Frage, ob unfaires, aggressives Spiel nicht eine relativ kurz-

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lebige Erfolgsstrategie darstelle. So könne es zwar sein, dass ein unfair spielendes Team bei einem wichtigen Wettkampf durch frühzeitiges Foulen der gegnerischen Leis- tungsträger eventuell das Spiel für sich entscheidet. Allerdings fehle ein langfristig an- gelegter, strategischer Aufbau der dauerhaft Erfolg bringenden, spielerischen Qualitäten der Eishockeyspieler. Darüber hinaus verlören die nordamerikanischen Mannschaften – entgegen sich hartnäckig haltender Mythen – zunehmend gegen europäische Teams, die mit mehr Spielwitz und technischer Finesse spielten. Zwei weitere Arbeiten beziehen sich auf das vom Regelwerk grundsätzlich erlaubte Bo- dy-Checking. Dabei legt ein Autor die Erkenntnis zugrunde, dass die Mehrzahl der Ver- letzungen im Eishockey aus dem Kontakt mit anderen Spielern (meist den Gegenspie- lern) oder der Bande resultiert 1. Im Hinblick auf die Prävention der so entstehenden Verletzungen sei es sinnvoll, Strategien zu entwickeln, den Kontakt zu anderen Spielern zu reduzieren. Dies könnte entweder durch Regeländerungen erfolgen oder durch Ver- größerung der Spielfläche 1. Regeländerungen, wie beispielsweise ein generelles Ver- bot des Body-Checkings, bewertet der Autor sehr kritisch, da dies die Charakteristik des Spiels grundlegend verändern und damit seine Attraktivität reduzieren würde. Bezüglich der Spielfläche, konnte in einer Studie nachgewiesen werden, dass sich auf mittelgro- ßen (28,65m Breite) und internationalen, großen (30,48m Breite) Spielfeldern signifikant weniger Verletzungen ereignen als auf kleinen Spielflächen (25,91m Breite), wie sie in der NHL Standard sind 61 63. Somit sei die Vergrößerung der Spielfläche eine – wenn auch kostspielige – Möglichkeit, Verletzungen in Kanada und den USA zu reduzieren. Eine noch ausstehende Kosten-Nutzen-Rechnung würde eine Umrüstung der Eishallen eventuell legitimieren 1. Fraglich ist jedoch, ob dadurch nicht auch die Charakteristik des Spiels verändert würde. Durch die bisher kleineren Spielflächen im nordamerikanischen Eishockey ist das Spieltempo höher, eine Vergrößerung der Fläche würde das Spiel verlangsamen und sich so möglicherweise negativ auf die Attraktivität des Eishockey in Kanada und den USA auswirken. An anderer Stelle wird die Problematik des Body-Checkings beim Übergang von der Jugend zu den Senioren thematisiert 30. Die Autoren formulieren, dass von vielen Sei- ten gefordert werde, Jugendspieler rechtzeitig an das richtige, sichere Checken bzw. die korrekte Technik heranzuführen, um Verletzungen beim Übergang in den Senioren- bereich zu reduzieren. Dabei steige das Risiko von beispielsweise Gehirnerschütterun- gen mit zunehmender Erfahrung im Body-Checking, statt zu sinken. Diese Publikation von Marchie et al. (2003) ‘Bodychecking and concussions in : should our youth pay the price?‘ zog mehrere Leserbriefe und Kommentare nach sich 2 22 45 47 60. Übereinstimmend mit den Autoren stellt ein Leser heraus, es gebe keine Hinweise dar- auf, dass ein frühes Schulen des Body-Checkings zu weniger Verletzungen in Senio- renmannschaften führe. Daher solle die Heranführung relativ spät und progressiv erfol- gen, wobei in Jugendjahren der Schwerpunkt eher auf der sicheren und souveränen Aufnahme des Körperkontakts in Abgrenzung zum Checken liegen solle. Sofern Spieler die entsprechenden körperlichen Voraussetzung mitbrächten, könne das ‘richtige‘, harte Checken geschult werden 24. Im Gegensatz hierzu kritisiert ein anderer Leser, Jugend- spieler, die in die Seniorenmannschaften wechseln, seien häufig aufgrund mangelnder Vorbereitung bzw. Erfahrung überfordert. Es werde von ihnen erwartet, die Checks ‘zu

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Ende zu bringen’, anstatt ihnen aus dem Weg zu gehen, ohne dass die dem gewachsen seien 22. Zusätzlich zu den allgemeinen regeltechnischen Empfehlungen finden sich in der Litera- tur auch sporadische allgemeine ausrüstungstechnische Hinweise im Hinblick auf die Prävention von Verletzungen. So wird geraten die komplette Ausrüstung, aufgrund des Verschleißes bei intensiver Nutzung, mindestens zweimal pro Saison zu wechseln. Da- bei sei das korrekte Tragen der Protektoren als Grundvoraussetzung anzusehen 49. In einer Studie diskutieren die Autoren die Verbesserung der Ausrüstung als mögliche Präventivmaßnahme, da sie 47% der Verletzungen an Körperteilen registrierten, die ei- gentlich durch Schutzausrüstung bedeckt gewesen waren 37. In einer weiteren Untersu- chung werden Einstellungsänderungen auf Seiten der Offiziellen und der Trainer gefor- dert, da diese maßgeblich die Einstellung der Spieler zur und deren Umgang mit der Schutzausrüstung beeinflusse 41. Schlussendlich finden sich noch drei Empfehlungen im Hinblick auf allgemeine trai- ningsbezogene Maßnahmen. Da sich Verletzungen gegen Ende eines Spiels sowie ei- nes jeden Drittels häuften und dies u.a. auf eine zunehmende Ermüdung zurückgeführt werde, schlägt ein Autor vor, die konditionellen Voraussetzungen der Spieler zu verbes- sern. Eine bessere sportartspezifische Ausdauer wirke einer zunehmenden Ermüdung sowie der Abnahme der Reaktionszeiten der Spieler entgegen, sodass Verletzungen reduziert werden könnten 42. Zur optimalen Vorbereitung auf den Wettkampf wird an anderer Stelle ein adäquates Aufwärmen empfohlen. Dabei solle auf statisches Deh- nen, d.h. klassisches Stretching, verzichtet werden, um den Muskeltonus für explosive Antritte auf dem Eis hochzuhalten 57. Überdies stellt der Autor einer 20 Jahre alten Stu- die einen besseren Trainingszustand im Hinblick auf eine größere Schulter- und Rumpfkraft sowie eine bessere Körperkontrolle als besten präventiven Ansatz gegen Verletzungen, die aus Checks resultieren, heraus 28.

2.2.2 Prävention von Kopfverletzungen Unter dem Begriff Kopfverletzungen werden im Folgenden Verletzungen des Schädels/ Gehirns, des Gesichts sowie des Nackens bzw. der Halswirbelsäule subsummiert. Bei der Sichtung der Literatur zur Prävention von Kopfverletzungen deutet sich an, dass hier ein Schwerpunkt präventiver Bemühungen im Eishockey liegt. Dies ist vermutlich auf die in der Geschichte des Eishockeys relativ hohe Anzahl an schwerwiegenden Ge- hirn-, Gesichts- und Wirbelsäulenverletzungen zurückzuführen, die häufiger in Erblin- dung, neurologischen Störungen und sogar Tod resultierten. In der Folge führte insbe- sondere die Einführung der Helm- und Visierpflicht, der Regel ’Hoher Stock’ sowie der Regel ’Check von hinten’ (Verbot des Hineinfahrens, Anspringens, Schlagens oder Ang- reifens eines Spielers von hinten) zu einer Reduktion der Verletzungsraten für Kopf, Gesicht, Nacken bzw. Wirbelsäule 4 62. Dennoch gehören Kopfverletzungen nach wie vor zu den häufigsten Verletzungen im Eishockey. Ansätze bzw. Erkenntnisse zur Prä- vention dieser Verletzungen werden im Folgenden dargestellt. Im Zusammenhang mit Kopfverletzungen scheinen Gehirnerschütterungen (aufgrund der Folgen insbesondere bei wiederholtem Auftreten) ein besonderes Problem darzus-

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tellen. Vor diesem Hintergrund fanden in den Jahren 2001 und 2004 internationale Kon- ferenzen zu Gehirnerschütterungen im Sport – mit Schwerpunkt Eishockey und Fußball – statt 3 32. Bei diesen Expertentreffen wurde der aktuelle Wissensstand zu Gehirner- schütterungen, deren Diagnose, Versorgung sowie Prävention diskutiert. Es wurde in- sbesondere gefordert, die Sofort-Diagnose auf dem Spielfeld zu optimieren, um zu ver- meiden, dass ein derart großer Anteil von Spielern, wie es bislang der Fall sei, mit Ge- hirnerschütterungen weiterspiele. Hierzu wurden mittlerweile von der IIHF offizielle Richtlinien bzw. ein Erhebungsinstrument, das ’Sideline Concussion Assessment Tool’ (SCAT), herausgegeben (siehe Anhang A1) 33. Im Hinblick auf die Prävention von Gehirnerschütterungen wurde das Training der Na- ckenmuskulatur bei dem ersten Expertentreffen grundsätzlich als wertvoll zur Reduktion der Krafteinwirkung auf das Gehirn erachtet. Biomechanischen Überlegungen zufolge würde die auf den Kopf einwirkende Energie bei angespannter Hals-/Nackenmuskulatur auf eine größere Masse verteilt. Obwohl es somit aus theoretischer Sicht sinnvoll er- scheine, mittels kräftigerer Nackenmuskulatur einen schützenden ’Mantel’ zu schaffen, gebe es relativ wenige wissenschaftliche Nachweise für die Effektivität solcher Trai- ningsmaßnahmen 3. Im Unterschied hierzu wurde in einer Studie im Zusammenhang mit Verletzungen der Halswirbelsäule herausgestellt, dass diese Verletzung ca. 2,2-18,8 Millisekunden nach der Krafteinwirkung auftrete. Die reflexartige Antwort der entspre- chenden Hals-/Nackenmuskulatur betrage hingegen 50-65 Millisekunden, sodass eine potentiell schützende Kontraktion dieser Muskulatur zu spät erfolge 12. Dieses Problem der Diskrepanz zwischen dem Auftreten der Verletzung und einer Reflexantwort der Nackenmuskulatur könnte möglicherweise auch auf Gehirnerschütterungen übertragen werden. Obwohl die Effektivität von Trainingsmaßnahmen für die Prävention von Kopf- und Nackenverletzungen kritisch bewertet wird, finden sich innerhalb eines Reviews zu der Thematik sowie in einem umfassenden Präventionsprogramm von ’USA Hockey’ Übungsvorschläge zur Kräftigung der Nackenmuskulatur 12 69. In der Zusammenfassung der zweiten internationalen Konferenz findet das Training der Nackenmuskulatur im Hinblick auf die Prävention von Gehirnerschütterungen keine Berücksichtigung mehr 33. Hingegen wurde als genereller Konsens bezüglich der Prävention von Gehirnerschütte- rungen formuliert, Regeländerungen sowie die konsequente Einhaltung der Regeln sei- en die Schlüsselelemente, um diesen Verletzungen vorzubeugen 3. Übereinstimmend hierzu halten Biasca et al. 7 9, die sich der Entstehung von Gehirner- schütterungen intensiver gewidmet haben, fest, es gebe keine Schutzausrüstung, die das Gehirn gegen die Effekte einer rotatorisch angreifenden Kraft schützen könne. Da- her gelte es jegliche absichtlich zum Kopf gerichteten Angriffe bzw. Schläge zu reduzie- ren. Nach jahrzehntelanger Forschung auf dem Gebiet der Prävention von Augenverlet- zungen im Eishockey machte sich auch Pashby letztendlich ausdrücklich für eine ‘no head-checking‘ Regel stark 40. Er betonte, dass die gewalttätigen (auch gegen den Kopf gerichteten) Aktionen im Eishockey im Wesentlichen auf eine ineffektive Bestrafung, die Gewaltbeschönigung bzw. Forderung der Öffentlichkeit und der Zuschauer nach spek- takulären Aktionen zurückzuführen seien. Hinzu komme die Einstellung der Spieler, die sich aufgrund der Ausrüstung unverwundbar fühlten. Die Prävention von Kopf- und Wir-

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belsäulenverletzungen könne nur effektiv sein, wenn sich grundsätzlich die Sichtweise durchsetze, dass der Kopf keine Zielscheibe darstelle. Als Resultat derartiger wissenschaftlich fundierter Forderungen wurde im Jahr 2002 weltweit eine neue ’Kopf Check’-Regel eingeführt, um sämtliche direkten Checks gegen den Kopf und Nacken zu bestrafen 9. So ist ein Spieler, der mit irgendeinem Teil des Körpers einen Check gegen einen Gegenspieler in Richtung des Kopfes oder des Na- ckenbereiches ausführt, in die Richtung schlägt oder des Gegners Kopf gegen das Schutzglas der Bande stößt oder drängt, nach Ermessen des Schiedsrichters zu bestra- fen. Der Schiedsrichter wählt dabei zwischen verschiedenen Bestrafungen von mindes- tens einer ’kleinen Strafe+Disziplinarstrafe’ (2+10 Minuten) bis hin zur Matchstrafe. Wenn ein Spieler durch die zum Kopf gerichtete Aktion verletzt wurde, ist die Matchstra- fe auszusprechen. In diesem Zusammenhang erscheint die korrekte objektive Einschät- zung der Aktion seitens der Schiedsrichter besonders relevant. Über die vorwiegend regelbezogenen präventiven Ansätzen hinaus wird auch die Aus- rüstung, das Trageverhalten sowie die Verbesserung der sportspezifischen Technik im Hinblick auf die Prävention von Kopfverletzungen thematisiert. Bezogen auf die Ausrüstung untersuchte eine relativ aktuelle prospektive Untersuchung die Inzidenz von Gesichts- und Nackenverletzungen sowie Gehirnerschütterungen im Zusammenhang mit der Art des getragenen Gesichtsschutzes, d.h. Vollvisier, Halbvisier oder kein Visier. Es zeigte sich, dass das Tragen eines Voll- bzw. Halbvisiers Verlet- zungen des Gesichtes signifikant senkte ohne das Risiko von Nackenverletzungen und Gehirnerschütterungen zu erhöhen 51. So hatte es sich ursprünglich angedeutet, dass Spieler, die ein Visier trugen, zwar weniger Gesichtsverletzungen erlitten, jedoch auf- grund der mangelnden Akzeptanz dieses Schutzes seitens einzelner gegnerischer Spieler, härter gefoult wurden, was in mehr Gehirnerschütterungen und Verletzungen der (Hals-)Wirbelsäule resultierte 13. In einer weiteren Arbeit wurde der Einfluss des Tragens eines Voll- bzw. Halbvisiers bei Universitätsmannschaften in Kanada unter- sucht. Es zeigte sich, dass jene Spieler, die einen Helm mit Vollvisier trugen, nach einer Gehirnerschütterung signifikant kürzer ausfielen als diejenigen, die ein Halbvisier tru- gen. Dieses Ergebnis war unabhängig von der Spielposition, von der Spielerfahrung und von der Tatsache, ob in der Vergangenheit bereits eine Gehirnerschütterung erlit- ten worden war. Darüber hinaus zeigte sich sowohl für die Gruppe mit Halbvisier als auch für die Gruppe mit Vollvisier, dass diejenigen, die keinen Mundschutz zum Zeit- punkt der Verletzung trugen, jeweils länger ausfielen, als diejenigen, die einen Mund- schutz zum Zeitpunkt der Verletzung getragen haben. Die Autoren konstatieren, man werde Kopfverletzungen im Eishockey nie ganz ausschließen können, dennoch böte das Tragen eines Vollvisiers einen besseren Schutz als das Tragen eines Halbvisiers. Darüber hinaus scheine das Tragen eines Mundschutzes das Ausmaß einer Gehirner- schütterung bzw. die Dauer des Ausfalls zusätzlich zu reduzieren 5. Der Wert des optionalen Mundschutzes wurde in zwei weiteren Studien ebenfalls im Zusammenhang mit Zahnverletzungen diskutiert. Eine Studie untersuchte den Ge- brauch des Mundschutzes im Profieishockey sowie Profifußball, -handball und - basketball in der Schweiz 27. Es zeigte sich, dass die Verwendung des Mundschutzes im Eishockey mit 43% weitaus verbreiteter ist als in den anderen Mannschaftssportar- 31

ten. Bemerkenswert ist, dass 88% derjenigen Eishockeyspieler, die keinen Mundschutz trugen, diesen prinzipiell als sinnvoll erachteten. Dabei belege eine Reihe von Studien, dass Verletzungen des Mundbereichs durch das Tragen eines Mundschutzes vermie- den oder zumindest reduziert werden könnten. Eine Untersuchung, die Zahnverletzun- gen in der finnischen Eishockeyliga analysierte, fand heraus, dass nur 10% aller Ver- letzten einen Gesichts- bzw. Mundschutz getragen hatten. Der Autor schlussfolgerte, dass es relativ einfach sei, all diese Verletzungen zu vermeiden, wenn das Tragen ei- nes Vollvisiers sowie eines Mundschutzes verpflichtend für alle Spieler eingeführt wür- de. Es scheine wenig zu nützen, dies der Vernunft und der Verantwortung der Spieler zu überlassen 26. Abschließend wird die Verbesserung der sportspezifischen Technik zur Prävention von Kopfverletzungen empfohlen 12. Als umfassendes Gesamtkonzept sei hierbei das Prog- ramm ’Heads Up Hockey’ von USA Hockey genannt 69. Dabei wird, neben der Aufklä- rung über die Risiken von Kopfverletzungen und Gehirnerschütterungen im Eishockey sowie die verletzungsauslösenden Mechanismen, erklärt, was ’Heads Up Hockey’ be- deutet. Es gelte, die sportartspezifische Technik zu optimieren, sodass die Spieler den Blick nicht senkten, sondern den Kopf heben, um so die gesamte Umgebung wahrzu- nehmen und auch einen bevorstehenden Check antizipieren zu können. Es werden sportartspezifische Trainingsvorschläge angeboten, um z.B. den Kontakt mit der Bande, das Checken und das gecheckt werden zu schulen. Die wichtigsten Botschaften sind auf einem Poster zusammengestellt und können im Anhang eingesehen werden (s. An- hang A2). Überdies wurde auf der Grundlage dieses Konzeptes ein Programm für die Trainerausbildung entwickelt, das mittlerweile im Rahmen des offiziellen Ausbildungs- programms der IIHF anerkannt ist.

2.2.3 Prävention von Schulterverletzungen Verglichen mit der relativen Fülle an Beiträgen zu Präventionsansätzen bei Kopfverlet- zungen, sind Hinweise auf die Prävention von Schulterverletzungen selten, obwohl die- se Region neben dem Kopf zu den am häufigsten verletzten Körperregionen im Eisho- ckey zählt. Es wurden Beiträge gefunden, die übereinstimmend auf die Bedeutung der Schutzausrüstung im Zusammenhang mit Schulterverletzungen hinweisen 18 68. Zur Re- duktion von Schulterverletzungen und speziell jenen des AC-Gelenks wird eine Verbes- serung der Schulter-Pads, die die einwirkenden Kräfte absorbieren bzw. auf eine größe- re Fläche verteilen sollen, gefordert 18. Hinweise auf spezielle Trainingsmaßnahmen im Hinblick auf die Prävention von Schul- terverletzungen finden sich in der gesichteten Literatur nicht.

2.2.4 Prävention von Knieverletzungen Im Hinblick auf die Prävention von Kniegelenksverletzungen fanden sich in der Literatur lediglich Hinweise auf den prophylaktischen Einsatz von Kniegelenksorthesen (im Fol- genden mit KO abgekürzt). Bereits 1988 wies ein Autor darauf hin, dass Kniegelenks- verletzungen durch das Tragen einer Orthese möglicherweise reduziert werden könnten

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28. In einer prospektiven 10-Jahres-Studie der deutschen Eishockey-Nationalmann- schaft berichtet der Autor über seine Erfahrungen mit dem prophylaktischen Einsatz von Kniegelenksorthesen. Über mehrere Jahre hinweg seien insgesamt mehr als 100 Orthesen an Nationalspieler ausgegeben worden, die die Orthesen während der Län- derspiele trugen. Jene Spieler, die Checks gegen das Kniegelenk erhalten hatten, be- richteten mehrheitlich, dass sie subjektiv das Gefühl hätten, die Orthese habe sie vor einer schweren Knieverletzung bewahrt 18. Eine objektive Evaluation des Nutzens von Kniegelenksorthesen erfolgte im schwedi- schen Profieishockey 53. Von 600 befragten Spielern gaben 138 (23%) an, eine KO zu tragen. 88%, von denen die eine KO nutzten, hatten bereits eine Verletzung des Knie- gelenks erlitten. Im Beobachtungszeitraum zogen sich 17 Spieler mit KO eine Kniege- lenksverletzung zu, darunter 11 Spieler mit Vorverletzung des Kniegelenks und 6, die die Orthese aus prophylaktischen Gründen getragen hatten. Darüber hinaus zeigten sich keine Unterschiede hinsichtlich der Verletzungsschwere zwischen jenen, die sich trotz Orthese und jenen, die sich ohne Orthese, am Kniegelenk verletzten. Der Autor schlussfolgerte, dass aufgrund der relativ hohen Anzahl an Kniegelenksverletzungen im Eishockey insgesamt der Bedarf einer effektiven (prophylaktischen) Kniegelenksorthese zum Schutz des Kniegelenks bestehe. Die von den schwedischen Profieishockeyspie- lern verwendete Orthese schränke nachgewiesenermaßen die Rotation sowie die Ab- duktion/Adduktion des Kniegelenks ein. Dennoch sei die Widerstandskraft gegen exter- ne Krafteinflüsse gering. Daher sei der präventive Effekt von Kniegelenksorthesen bis- lang fraglich. Ferner gebe es keinen überzeugenden Beweis dafür, Spielern zu prophy- laktischem Tragen einer KO zu raten, um so Kniegelenksverletzungen vorzubeugen.

2.2.5 Prävention von Verletzungen der Oberschenkelmuskulatur Bei der Analyse der Epidemiologie von Eishockeyverletzungen konnten die Adduktoren im Zusammenhang mit Zerrungen und Rupturen als hauptsächlich betroffene muskulä- re Struktur herausgestellt werden. Studien, die sich der Prävention von Muskelverlet- zungen im Eishockey widmen, beziehen sich allesamt auf die Adduktoren. Eine Studie, die die Muskelkraft und Beweglichkeit der Hüfte prospektiv im Zusammen- hang mit Verletzungen der Adduktoren untersuchte, ermittelte ein 17 Mal höheres Risi- ko für Spieler, deren Kraft bei der Adduktion weniger als 80% der Kraft der Abduktion betrug. Daher schlussfolgerten Tyler et al. (2001), Spieler mit relativ schwachen Adduk- toren hätten ein höheres Verletzungsrisiko als jene mit einem ausgeglichenen Kraftver- hältnis der Antagonisten 59. Darüber hinaus zeigten sich keine Unterschiede bezüglich der Beweglichkeit zwischen verletzten und unverletzten Spielern. Hinsichtlich der Prä- vention von Adduktorenverletzungen merkte der Autor abschließend an, dass sich ein 8-12 wöchiges Trainingsprogramm bestehend aus Kraftübungen (Adduktion + Abdukti- on), Gleichgewichtstraining, Kräftigung der tiefen Bauchmuskulatur sowie Skating- Bewegungen für die Therapie chronischer (wiederholter) Adduktorenzerrungen als ef- fektiver erwiesen habe, als ein konventionelles Therapieprogramm bestehend aus Mas- sage und Stretching.

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Basierend auf der Erkenntnis, dass eine geringe Adduktorenkraft einen Risikofaktor für Verletzungen dieser Muskulatur darstellt, untersuchte die gleiche Arbeitsgruppe in einer Folgestudie 58 Spieler eines NHL-Teams. Die Profispieler wurden einem Krafttest un- terzogen. Jene mit relativ geringer Muskelkraft der Adduktoren (n=33) bzw. einem Kraftverhältnis zwischen Adduktoren und Abduktoren von weniger als 80% nahmen in der Saisonvorbereitung an einem Interventionsprogramm teil. Dieses Interventionsprog- ramm bestand aus einem Aufwärmteil, konzentrischen und exzentrischen sowie funk- tionellen bzw. sportartspezifischen Kräftigungsübungen. Das Risiko einer Adduktoren- verletzung war in den beiden Saisons nach der Intervention signifikant geringer als in den beiden dem Programm vorangehenden Saisons. Somit schlussfolgern die Autoren, dass die Kräftigung der Adduktoren einen sinnvollen und effektiven Schutz vor Verlet- zungen dieser Muskulatur darstelle 58. Im Gegensatz zu diesen beiden Studien konnten Emery et al. (2001) weder einen Zu- sammenhang zwischen Muskelkraft noch zwischen Beweglichkeit und Adduktorenver- letzungen feststellen. Hingegen zogen sich Spieler, die in der Saisonvorbereitung signi- fikant weniger sportartspezifische Trainingseinheiten absolviert hatten, und jene mit Vorverletzungen dieser Muskelgruppe signifikant häufiger Adduktorenzerrungen oder - rupturen zu 15. Abschließend formuliert ein Autor einer aktuellen epidemiologischen Studie im Jugendeishockey, dass nach wie vor der Bedarf bestehe, Risikofaktoren für Zerrungen und Rupturen der Leiste bzw. der Adduktoren sowie der ischiokruralen Mus- kulatur zu eruieren und effektive Interventionsprogramme zu identifizieren 1.

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3 METHODISCHE ASPEKTE Das gemeinsame Projekt der VBG und des Lehrstuhls für Sportmedizin und Sporter- nährung der Ruhr-Universität Bochum hat zum Ziel, auf Basis der Daten der VBG, Vor- schläge für Maßnahmen zur Prävention von Sportunfällen speziell im Profieishockey zu erarbeiten. Insgesamt werden der VBG aus dem “bezahlten“ Eishockey etwa 2800 Un- fälle bzw. Verletzungen pro Jahr gemeldet. Hierzu zählen allerdings auch Spieler unter- halb der ersten drei Profiligen, die im Rahmen ihrer sportlichen Aktivität Geld und Auf- wandsentschädigungen erhalten. Da zum einen speziell der Hochleistungsbereich un- tersucht, und zum anderen der organisatorische Aufwand in Grenzen gehalten werden soll, werden für die Analysen ausschließlich Spieler der 1. und 2. Bundesliga sowie der Oberliga Nord und Süd berücksichtigt. Das Gesamtkollektiv wurde mithilfe von öffentlich zugänglichen Datenquellen (RODI-DB, Düsseldorf 73) zusammengestellt. Die Daten der VBG, die im Rahmen einer Unfallmeldung erhoben werden, erlauben ei- ne valide Deskription der im deutschen Profieishockey auftretenden Verletzungen sowie der daraus resultierenden Arbeitsunfähigkeit und Kosten. Damit können Verletzungs- schwerpunkte im deutschen Profieishockey klar herausgestellt werden. Für die Ableitung sportartspezifischer, präventiver Maßnahmen ist jedoch zusätzlich die Kenntnis der jeweiligen zur Verletzung führenden Situationen und Mechanismen not- wendig. Daher wurden im Verlauf des Projektes sämtliche Berufseishockeyspieler, die zwischen dem 01.07.2007 und dem 30.06.2008 einen Unfall beim Eishockeyspielen bei der VBG angezeigt haben, anhand eines speziell für diese Sportart entwickelten Frage- bogens zu ihrer Verletzung und dem konkreten Unfallhergang befragt (s. Anhang A3+A4). Die erhobenen Daten stehen schließlich zur genauen Analyse eishockeyspezi- fischer Verletzungsmuster und der Ableitung spezieller Präventivmaßnahmen zur Ver- fügung.

3.1 Befragung verletzter Profieishockeyspieler Als Grundlage für die Entwicklung eines Fragebogens zur Erfassung von Sportunfällen im Profieishockey dienten zum einen zwei vom Internationalen Eishockey Verband (IIHF) verwendeten Erhebungsbögen für Verletzungen im Profibereich und zum ande- ren eigens entwickelte, in ihrer Struktur erprobte Fragebögen aus abgeschlossenen Projekten im Profifußball und Profihandball. So konnte sowohl auf bewährte sportart- übergreifenden Fragen aus zurückliegenden eigenen Erhebungen zurückgegriffen als auch – bei Anlehnung an die Fragebögen der IIHF – eine Vergleichbarkeit der Daten auf internationaler Ebene gewährleistet werden. Aufgrund der Spielerstruktur der Profi- ligen in Deutschland wurde entschieden, den entwickelten Fragebogen in deutscher und englischer Sprache anzubieten. Bei Treffen mit dem Leiter des Spielbetriebes der DEL (Deutsche Eishockey Liga), dem Geschäftsführer der ESBG (Eishockeyspielbetriebsgesellschaft) und dem Technischen Direktor des DEB (Deutscher Eishockey-Bund) wurde grundsätzliche Zustimmung zu dem vorgelegten Entwurf des Fragebogens deutlich.

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Der Fragebogen lässt sich in die folgenden Abschnitte unterteilen: • Der erste Abschnitt beinhaltet 16 Fragen bezüglich Unfalldaten, Schutzausrüs- tung, Unfallanlass, Unfallereignis, Diagnose sowie Art und Umfang der Behand- lung der Verletzung und resultierenden Ausfallzeiten. In diesem Abschnitt findet sich zudem eine Spielfeldskizze zur Angabe der Unfallposition auf dem Spielfeld. • Im zweiten Abschnitt werden allgemeine Daten, wie Alter, Größe, Gewicht, Natio- nalität sowie Ligenzugehörigkeit erfragt. • Der dritte Abschnitt behandelt ergänzende Daten zum Umfang und der Intensität der sportlichen Aktivitäten und zum persönlichen sportlichen Werdegang. Zusätz- lich werden Informationen über frühere Sportverletzungen innerhalb des zurück- liegenden Jahres erfasst. Die aktuellen Versionen der an die Spieler verschickten deutschen und englischen Fra- gebögen können im Anhang (A3+A4) eingesehen werden. In Frage 7 des Fragebogens wurde den Spielern die Möglichkeit gegeben, den verletzungsauslösenden Unfallher- gang selbst zu beschreiben. Anhand der Freitextantworten der Spieler wurden die Va- riablen ‘Verletzungssituation detailliert‘ und Verletzungsmechanismus jeweils kodiert. Die entsprechenden Kodierungslisten sind dem Anhang beigefügt (s. Anhang A5+A6). Letztendlich sollen insbesondere diese Beschreibungen des eishockeyspezifischen Ver- letzungsereignisses zur Entwicklung gezielter, sportartspezifischer Präventivmaßnah- men beitragen.

Versandmethodik und Rücklauf Anders als bei den bisherigen Projekten im Berufshandball und Berufsfußball wurde nach Absprache mit der (DEL) entschieden, die sportartspezifischen Fragebögen über die jeweiligen Vereine an die Spieler zu versenden. Um den Datenschutz zu gewähr- leisten, wurden die Bögen über die VBG nach erfolgter Unfallmeldung versandt. Der anonymisierte Bogen wurde dann von den Spielern via Freiumschlag an den Lehrstuhl für Sportmedizin und Sporternährung zurückgesendet. Auf diese Art und Weise wurden Fragebögen an 460 Spieler verschickt, die in den Mo- naten Juli bis September 2007 eine Verletzung gemeldet hatten. Der Rücklauf für die- sen Zeitraum lag bis November 2007 bei knapp 13%. Mit dem Ziel den Rücklauf zu op- timieren, wurde nach erneuter Rücksprache mit den am Projekt beteiligten die Versand- strategie verändert. Im November und Dezember 2007 wurden die Fragebögen direkt an die verletzten Spieler geschickt. Da sich der Rücklauf nicht – wie erhofft – erhöhte, sondern im Gegenteil sogar abnahm, erhielten Eishockeyspieler, die ab Januar 2008 eine Verletzung meldeten, den sportartspezifischen Fragebogen wieder über ihre Ver- eine.

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Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die jeweilige Anzahl der Verletzun- gen nach Monat der Saison 2007/2008 laut VBG-Beständen sowie die Anzahl der aus- gefüllten Fragebögen und den entsprechenden Rücklauf (Tab. 6). Dabei beziehen sich die Zahlen auf die 1. und 2. Bundesliga sowie die Oberliga.

Tab. 6: Rücklauf der sportspezifischen Fragebögen für die Saison 2007/2008

Unfallmonat Verletzungen Rücklauf Rücklauf Rücklauf für (n) (n) (%) Saisonhälften

Juli 10 3 30,0 18,73 %

August 116 40 34,5

September 237 51 21,5

Oktober 266 48 17,7

November* 292 30 10,3

Dezember* 243 46 18,9

Januar 387 20 5,2 4,58 %

Februar 265 15 5,7

März 236 14 5,9

April 238 5 2,1

Mai 44 1 2,3

Juni 30 0 0,0

Gesamt 2364 273 11,6

* Versand direkt an die verletzten Eishockeyspieler

Insgesamt ergibt sich ein Rücklauf von 11,6%, sodass auf 273 Fragebögen zurückgeg- riffen werden kann, die eine genauere Analyse der Situationen und Mechanismen beim Zustandekommen der jeweiligen Verletzung zulassen. Der Rücklauf dieser aktuellen Erhebung scheint beim Vergleich mit der abgeschlossenen Erhebung im Profifußball aus dem Jahr 2006 (Rücklauf ca. 9%) relativ gesehen besser zu sein. Allerdings zeigt sich bei Betrachtung des Rücklaufs nach Saisonhälften ein deutlicher Rückgang von 18,7% auf 4,6% (vgl. Tab. 6). Mögliche Gründe hierfür, wie z.B. der Einfluss der Ver- sandmethodik oder ein möglicherweise sinkende Bereitschaft zum Ausfüllen der Frage- bögen nach mehrmaligen Verletzungen – ein Effekt, der sich auch bei früheren Erhe- bungen gezeigt hatte – bleiben abschließend zu diskutieren.

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3.2 Datensätze Zur statistischen Auswertung stehen im Rahmen der Erhebung die folgenden Datensät- ze zur Verfügung: • Gesamtkollektiv: Gesamtheit der Eishockeyspieler der Deutsche Eishockey Liga (DEL, n=355), der 2. Bundesliga (2. BL, n=377) sowie der Oberliga Nord und Süd (OL, n=534) in der Saison 2007/2008 • Verletztenkollektiv: Gesamtheit der Verletzungen von Profieishockeyspielern der DEL, der 2. Bundesliga sowie der Oberliga Nord und Süd aus der Saison 2007/2008 aus den Beständen der VBG (n=2361) • Vergleichskollektiv: Gesamtheit der Verletzungen von Profieishockeyspielern der DEL, der 2. Bundesliga und der Oberliga aus der Saison 2006/2007 aus den Be- ständen der VBG (n=2028) • Befragtenkollektiv: Teilkollektiv des Verletztenkollektivs, für das der sportartspezi- fische Fragebogen ausgefüllt und auswertbar vorliegt (n=273) Im Weiteren werden die Datensätze bzw. die jeweiligen Kollektive beschrieben.

3.2.1 Gesamtkollektiv Das Gesamtkollektiv besteht aus den in den deutschen Profiligen „Deutsche Eishockey Liga“ (kurz DEL = 1. Bundesliga) und 2. Bundesliga sowie Oberliga Nord und Süd in der Saison 2007/2008 aktiven Eishockeyspielern. Bei der Zusammenstellung des Gesamtkollektivs nach Beginn der Hauptrunde erwies sich eine eindeutige Zuordnung der Eishockeyspieler als teilweise problematisch. Als wesentliche Gründe hierfür sind zu nennen: • Eishockeyspieler werden relativ häufig, anders als beispielsweise Fußball- oder Handballspieler, nach Beginn der Saison noch aus dem Mannschaftskader gestri- chen. • Freie Stammkaderplätze werden nach Beginn der Saison für ausländische Spieler freigehalten, die z.B. an den Try-out-Camps der NHL teilnehmen, und gegebe- nenfalls mit eben diesen besetzt. • Bei einem absehbaren Verpassen der Playoffs werden Mannschaftskader aus fi- nanziellen Gründen noch während der laufenden Saison verkleinert. Im Gegen- zug verstärken Mannschaften, die definitiv an den Play Offs teilnehmen, ihre Stammkader nach der Hauptrunde häufig mit leistungsstarken Spielern. • Seit der Saison 2006/2007 dürfen im Eishockey Förderlizenzen von DEL- und Zweitligavereinen an Nachwuchsspieler (im Folgenden kurz ‘FöLi-Spieler‘) verge- ben werden, die zusätzlich in einem anderen Verein einer niedrigeren Spielklasse eingesetzt werden.

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Wie hoch der Anteil derjenigen Profispieler Tab. 7: Zugehörigkeit der Eishockey- ist, die in der Saison 2007/2008 für einen spieler (n=1266) zu Vereinen Verein gespielt haben, oder aber derjenigen, der ersten drei Profiligen die in mehreren Vereinen aktiv waren, ist Anzahl der Anteil der Tab. 7 zu entnehmen. Vereine (n) Eishockeyspieler Demnach haben fast 15% aller Profispieler 1 85,1 innerhalb der o.g. Saison in mindestens zwei 2 14,2 Vereinen gespielt. Die Zusammenstellung 3-4 0,7 des Gesamtkollektivs erfolgte daher am Ende der Saison, wobei die Spieler demjenigen Verein zugeordnet wurden, für den Sie mehr Spiele (Hauptrunde inkl. Play Offs) absol- viert hatten. Insgesamt verteilen sich die so ermittelten 1266 Eishockeyprofis wie in Abb. 5 darges- tellt auf die drei Ligen, wobei die nebenstehenden Variablen in dem Datensatz zur Aus- wertung zur Verfügung stehen.

DEL n = 355 Variablen Name Vorname Geburtsdatum 2. BL n = 377 Liga Verein Nationalität OL n = 534 Größe Gewicht

0 1020304050%

Abb. 5: Kollektiv der Profieishockeyspieler – Ligen und Variablen

Dieser Datensatz wird im Folgenden kurz mit dem Begriff Spieler-Daten benannt, die einzelnen Individuen dieses Datensatzes als Eishockeyspieler. Für die Saison 2006/2007 wurde ebenfalls ein Gesamtkollektiv nach den oben genann- ten Kriterien zusammengestellt. Dieses Kollektiv umfasst 1098 Spieler, von denen sich 340 aus der DEL, 373 aus der 2. Bundesliga sowie 385 aus der Oberliga rekrutieren, und wird für Vergleiche der Verletzungsraten herangezogen.

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3.2.2 Verletzten- und Vergleichskollektiv Das Verletztenkollektiv beinhaltet sämtliche Verletzungen, die der VBG in der Saison 2007/2008 aus dem oben definierten Gesamtkollektiv gemeldet wurden, unabhängig davon, in welcher Höhe Kosten verursacht oder Leistungen erbracht worden sind. Aus Gründen des Datenschutzes, wurde dieser Datensatz anonymisiert, indem den Verletz- ten seitens der VBG jeweils ein Namensschlüssel und den Vereinen jeweils ein Kun- dennummerschlüssel zugeordnet wurde. Der VBG-Datensatz mit 2361 Verletzungen aus der Saison 2007/2008 wird im Folgen- den kurz mit dem Begriff VBG-Daten bezeichnet, die einzelnen Individuen dieses Da- tensatzes mit Verletzte. Des Weiteren liegt ein ebenfalls anonymisierter Datensatz mit 2028 der VBG gemeldeten Verletzungen aus der Saison 2006/2007 vor. Die nachfol- genden Analysen der Verletzungen im Profieishockey beziehen sich im Wesentlichen auf den aktuellen Datensatz aus der Saison 2007/2008. Der ältere Datensatz aus der Saison 2006/2007 wird, wo es sinnvoll erscheint, für vergleichende Darstellungen he- rangezogen. Für eine eindeutige Zuordnung wird der Datensatz der Saison 2006/2007 daher mit dem Begriff VGB-Vergleichsdaten bezeichnet, die einzelnen Individuen als Verletzte des Vergleichskollektivs. Die Verteilung der Verletzungen auf die drei Profiligen ist für beide Saisons in Abb. 6 dargestellt.

Variablen n = 1056 Namensschlüssel DEL Geburtsdatum Unfalldatum n = 886 Liga Verei nssch l üssel n=214 Verletzte Körperregion n = 584 Verletzungsart 2. BL Behandlungskosten AU-Dauer n = 686 Folgeschäden

n = 721 OL Saison 2007/08 (n=2361) n = 456 Saison 2006/07 (n=2028)

0 1020304050%

Abb. 6: Verletzungen im Profieishockey (Meldungen an die VBG und erfasste Variablen)

In der Saison 2007/2008 spielten absolut gesehen mehr Spieler in der Oberliga Eisho- ckey, da die Oberliga ab dieser Saison nicht nur aus einer Oberliga mit 13 Mannschaf- ten sondern aus einer Oberliga Nord mit 9 und Süd mit 10 Mannschaften besteht. Der Einfachheit halber wird im Folgenden für die Saison 2007/2008 aber nur von der Oberli- ga gesprochen.

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3.2.3 Befragtenkollektiv Das Befragtenkollektiv ist ein Teilkollektiv der Verletzten aus der Saison 2007/2008. Al- len Verletzten wurde von der VBG der oben beschriebene Fragebogens des Lehrstuhls für Sportmedizin und Sporternährung der Ruhr-Universität Bochum zugesandt. Der anonymisierte Fragebogen mit Angaben zu den jeweiligen Verletzungen und dem sportartspezifischen Zustandekommen wurde in einem beiliegenden Freiumschlag zur Auswertung an die Ruhr-Universität Bochum geschickt. Bei den 273 zurückgesendeten Fragebögen wurden in 263 Fällen Angaben zur Liga gemacht. In der unten stehenden Abbildung sind sowohl die Verteilung auf die drei Pro- filigen als auch die zur Analyse vorliegenden Variablen dargestellt (s. Abb. 7).

Variablen Unfalldatum Kr ankenhausaufenthalt Training/Wettkampf Arbeitsunfähigkeit DEL n = 113 Zeit/Einsätze bis zum Unfall Nachbehandlung Spielkonstellation Rehabilitation Spielposition Geburtsdatum Unfallposition auf dem Spielfeld Größe/Gewicht 2. BL n = 98 Schutzausrüstung Nationalität Aktion bei Verletzung Lig a Unfallsituation Jahre Eishockey/Jahre Profi Unfallmechanismus Tr ai ni ng sumfang Unfallgründe Wettkampfumfang OL n = 52 Zeit seit letztem Wettkampf/Training Fr ühere Verletzung en Diagnosen Weitere Sportarten Sportärztliche Untersuchung 0 1020304050%

Abb. 7: Verletzungen der Befragten – Ligen und Variablen

Dieser Datensatz wird im Folgenden kurz mit dem Begriff RUB-Daten bezeichnet, die einzelnen Individuen des Datensatzes als Befragte.

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4 ERGEBNISSE Im Weiteren werden zunächst wesentliche Ergebnisse aus den 3 Kollektiven Grundge- samtheit, VBG-Daten und RUB-Daten gesondert dargestellt. Im Anschluss werden die eigenen Ergebnisse hinsichtlich der Verletzungsproblematik im Profieishockey in Ver- bindung mit den Erkenntnissen aus der Literatur diskutiert und sich daraus ableitende Konsequenzen für die Prävention von Verletzungen im Profieishockey dargelegt.

4.1 Gesamtkollektiv Die Gesamtheit der in den deutschen Profiligen aktiven Eishockeyspieler verteilt sich, unter Berücksichtigung der unter Punkt 3.2.1 (S. 38) beschriebenen Zuordnungskrite- rien, wie folgt: • DEL 355 Spieler • 2. BL 377 Spieler • OL 534 Spieler Bei diesen Eishockeyspielern handelt es sich zu 70,9% um Deutsche und zu 29,1% um Spieler anderer Nationalität. Der Ausländeranteil für die drei Profiligen ist Abb. 8 zu ent- nehmen.

Deutsche Ausländer

DEL

2. Bundesliga

Oberliga

0 20406080100%

Abb. 8: Profieishockeyspieler – Ausländeranteil in den Ligen

Während in der DEL knapp 50% ausländische Spieler aktiv sind, liegt der Ausländeran- teil in der 2. Bundesliga bei knapp 25%, in der Oberliga bei 20% (s. Abb. 8). Welche Na- tionen im deutschen Profieishockey primär vertreten sind, ist in Tab. 8 zusammenfas- send dargestellt.

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Tab. 8: Gesamtkollektiv: Nationalität der Eishockeyspieler nach Liga

DEL 2. BL OL n % n % n % (n=355) (n=377) (n=534) Deutschland 187 52,7 Deutschland 284 75,3 Deutschland 427 80,0 Kanada 110 31,0 Kanada 65 17,2 Kanada 45 8,4 USA 24 6,8 USA 15 4,0 Tschechien 20 3,7 Slowakei 7 2,0 Slowakei 4 1,1 USA 12 2,2 Schweden 6 1,7 Finnland 3 0,8 Slowakei 11 2,1

Norwegen, je 5 je 1,4 Tschechien 2 0,5 Finnland 8 1,5 Tschechien Sonstige 11 3,0 Sonstige 4 1,1 Sonstige 11 2,1

In allen Ligen machen Kanadier den Großteil der ausländischen Spieler aus, in der DEL sind 2/3 der Ausländer Kanadier. Während in der DEL und der 2. Bundesliga zusätzlich eher US-Amerikaner und Slowaken die Stammkader verstärken, sind es in der Oberliga zu einem relativ hohen Anteil tschechische Spieler (vgl. Tab. 9). Trotz verschiedener Nationalitäten hat sich – vermutlich aufgrund der relativ hohen Anteile kanadischer und US-amerikanischer Spieler – Englisch als Standardsprache im deutschen Eishockey durchgesetzt. Somit kann das zusätzliche Angebot des Unfallfragebogens in englischer Sprache als sinnvoll erachtet werden. Die deskriptiven Kennwerte des Gesamtkollektivs, zusätzlich unterteilt nach Liga sowie nach deutschen und ausländischen Spielern, sind in

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Tab. 9 zusammengetragen. Eine statistische Analyse der Unterschiede zwischen den Ligen sowie zwischen Deutschen und Ausländern ergab die folgenden signifikanten Er- gebnisse: Ausländische Eishockeyspieler sind im Durchschnitt ca. 3 Jahre älter als deutsche. Von der Oberliga zur DEL finden sich zunehmend ältere Spieler. Diese Beobachtung trifft sowohl auf ausländische als auch deutsche Spieler zu. Darüber hinaus sind die auslän- dischen Spieler durchschnittlich etwa 1cm größer als die deutschen Spieler. Von der Oberliga zur DEL finden sich zunehmend größere Spieler, wobei die Unterschiede zwi- schen DEL und 2. Bundesliga nicht signifikant sind. Spieler der Oberliga hingegen sind signifikant kleiner als jene der beiden ersten Ligen. Zusätzlich sind Ausländer im Durch- schnitt ca. 3,5 kg schwerer als Deutsche. Von der Oberliga zur DEL sind die Spieler zu- nehmend schwerer, dabei steigt das Gewicht von knapp 82 kg in der Oberliga in 2,5 kg Schritten bis hin zu ca. 87 kg in der Del. Eine analoge Aussage ergibt sich für den BMI. So ist der BMI bei ausländischen Eishockeyspielern in allen Ligen höher als bei den deutschen und steigt im Durchschnitt von der Oberliga zur DEL (vgl. Tab. 9 auf der fol- genden Seite).

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Tab. 9: Deskriptive Kennwerte der Eishockeyspieler (Mittelwert ± Standardabweichung)

n Alter (Jahre) Größe (cm) Gewicht (kg) BMI (kg/m²) Gesamt 1266 26,8 ± 6,0 181,7 ± 5,4 84,0 ± 7,6 25,4 ± 1,7 Deutsche 896 25,5 ± 5,6 181,3 ± 5,4 82,7 ± 7,6 25,1 ± 1,7 Ausländer 368 30,1 ± 4,1 182,5 ± 5,4 87,2 ± 6,2 26,2 ± 1,4 DEL 355 29,0 ± 5,1 182,8 ± 5,1 86,9 ± 6,7 26,0 ± 1,5 Deutsche 187 26,9 ± 5,1 182,6 ± 5,3 85,6 ± 7,1 25,7 ± 1,5 Ausländer 168 31,4 ± 3,8 183,1 ± 4,9 88,3 ± 6,1 26,3 ± 1,4 2. BL 377 26,9 ± 5,5 181,9 ± 5,1 84,3 ± 6,9 25,5 ± 1,6 Deutsche 284 26,1 ± 5,8 181,7 ± 5,2 83,4 ± 6,9 25,2 ± 1,6 Ausländer 93 29,2 ± 3,4 182,6 ± 5,0 87,2 ± 5,9 26,2 ± 1,4 OL 534 25,3 ± 5,5 180,7 ± 5,7 81,8 ± 7,8 25,0 ± 1,8 Deutsche 427 24,5 ± 5,4 180,5 ± 5,5 80,9 ± 7,9 24,8 ± 1,9 Ausländer 107 28,8 ± 4,6 181,4 ± 6,3 85,4 ± 6,4 25,9 ± 1,2

Demnach werden ältere und damit vermutlich erfahrenere sowie körperlich robustere Spieler eher in der höchsten Spielklasse eingesetzt, während die Oberliga eher jünge- ren Spielern als Einstieg in die Profikarriere dient. Darüber hinaus sind ausländische Spieler in allen drei Ligen nicht nur durchschnittlich älter, sondern auch größer und schwerer bzw. haben einen höheren BMI als die deutschen Spieler. Da ein hoher BMI bei (Profi-)Sportlern weniger ein Indikator für Übergewicht als ein Hinweis auf einen re- lativ hohen Muskelanteil am Gesamtkörpergewicht ist, ist anzunehmen, dass die aus- ländischen Eishockeyspieler einen besseren athletischen Trainingsstatus aufweisen als die deutschen. Die folgenden Histogramme veranschaulichen die Altersverteilung im Profieishockey insgesamt und für die drei Profiligen (s. Abb. 9, folgende Seite).

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≤ 20 Jahre 21 - 25 Jahre 26 - 30 Jahre Gesam t 31 - 35 Jahre 36 - 40 Jahre > 40 Jahre

≤ 20 Jahre 21 - 25 Jahre 26 - 30 Jahre DEL 31 - 35 Jahre 36 - 40 Jahre > 40 Jahre

≤ 20 Jahre 21 - 25 Jahre 26 - 30 Jahre 2. BL 31 - 35 Jahre 36 - 40 Jahre > 40 Jahre

≤ 20 Jahre 21 - 25 Jahre 26 - 30 Jahre OL 31 - 35 Jahre 36 - 40 Jahre > 40 Jahre

0 5 10 15 20 25 30% 35

Abb. 9: Profieishockeyspieler – Altersstruktur in den Ligen

Insgesamt sind je ca. 18% der Eishockeyspieler ≤ 20 Jahre oder 31-35 Jahre alt, je knapp 30% sind 21-25 Jahre oder 26-30 Jahre alt (vgl. Abb. 9). Unter den deutschen Spielern sind 25% jünger als 21 Jahre und ca. 29% älter als 30 Jahre. Im Gegensatz dazu fallen nur 0,8% der ausländischen Spieler in die Altersstufe der unter 21Jährigen, 39% aller ausländischen Spieler sind über 30 Jahre alt. Unter Berücksichtigung der in Kapitel 3.2.1. ‘Gesamtkollektiv‘ (s. S. 38) dargestellten Problematik der Vereinszugehörigkeit der Profieishockeyspieler sowie des notwendi- gen, eindeutigen Zuordnungskriteriums, werden im Folgenden die Stammkadergrößen, das durchschnittliche Alter und die Verteilung auf den Spielpositionen für die jeweiligen Mannschaften nach Ligen differenziert dargestellt. Dabei sind die Vereine entsprechend ihrer Tabellenplatzierung am Ende der Hauptrunde der Saison 2007/2008 sortiert. Das durchschnittliche Alter sowie die Stammkadergrößen der DEL-Mannschaften stel- len sich wie in Abb. 10 dar. Die durchschnittliche Stammkadergröße basiert auf der ein- deutigen Zuordnung der Eishockeyspieler des Gesamtkollektivs zu dem Verein, für den sie die meisten Spiele absolviert haben (=Stammkader). Für die DEL liegt die mittlere Stammkadergröße bei 24 Spielern. Die haben mit 20 Spielern den kleinsten Stammkader der DEL. Der Hauptrundensieger, die ‘Sinupret Ice Tigers‘, ver- fügt über 23 Spieler, die in der oberen Tabellenhälfte platzierten ‘‘ und

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die ‘ Freezers‘ haben mit je 24 bzw. 23 Spielern ähnlich große Kader auf (vgl. Abb. 10, Zahlen ohne Klammern innerhalb der Balken). Die Gesamtkadergröße, aus- gedrückt durch die Zahlen in Klammern innerhalb der Balken, gibt jeweils die gesamte Anzahl an Spielern an, die in der Saison 2007/2008 in dem entsprechenden Verein, wenn auch nur kurzzeitig, aktiv waren. So besaßen die ‘‘ mit 23 Spielern den kleinsten Gesamtkader, wohingegen die ‘‘ mit einer Anzahl von 35 insgesamt die meisten Spieler in ihren Reihen zählten.

Sinupret Ice Tigers 23 (30)

Eisbären Berlin 22 (33)

Kölner Haie 28 (28)

Frankfurt Lions 22 (23)

Iserlohn Roosters 24 (28)

Adler Mannheim 24 (31)

Hamburg Freezers 23 (27)

Hannover Scorpions 25 (35)

DEG Metro Stars 28 (28)

ERC Ingolstadt 24 (26)

Krefeld Pinguine 23 (25)

Augsburger Panther 20 (30)

Grizzly Adams Wolfsburg 23 (27)

Straubing Tigers 23 (26)

Füchse 23 (30)

0 5 10 15 20 25 30 35Jahre 40

Abb. 10: DEL – Stammkadergrößen, Gesamtkadergrößen und Alter (Mittelwert ± Standardabweichung) der Mannschaften

Das mittlere Alter in der DEL beträgt 29,0 Jahre. Die ‘DEG Metro Stars‘ haben mit durchschnittlich 27,3 Jahren den jüngsten Stammkader der Liga, die ‘Frankfurt Lions‘ sind mit 31,1 Jahren die im Mittel älteste DEL-Mannschaft (vgl. Abb. 10). Bezüglich der Spielpositionen im Eishockey müsste bei 3 Angriffs- und 2 Abwehrspie- lern sowie einem Torwart das Verhältnis innerhalb der Stammkader bei entsprechender Verteilung bei 50/33/17 liegen. Tatsächlich sind insgesamt, bei nur relativ kleinen Un- terschieden der Verteilungen innerhalb der drei Ligen, insgesamt 56,3% der Spieler im Angriff aktiv, 33,1% spielen in der Abwehr und 10,6% im Tor. Somit sind die Angriffs- spieler in den Stammkadern eher stärker vertreten als die Torwartposition, was mögli-

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cherweise ein Indiz für eventuell höhere Verletzungsrisiken auf Seiten der Angriffsspie- ler ist. In der DEL werden im Mittel über alle Vereine der Liga relativ gesehen mehr Abwehr- spieler (34,9%) und weniger Torhüter (8,7%) in die Stammkader aufgenommen; zu durchschnittlich 56,4% sind die Stammkader mit Angriffsspielern besetzt. Die Verteilung der Spielpositionen innerhalb der einzelnen Mannschaften der DEL ist in Abb. 11 ver- anschaulicht. Hierbei werden die Stammkader und nicht die GesamtStammkader der jeweiligen Vereine betrachtet.

Angriff Abwehr Tor

Sinupret Ice Tigers

Eisbären Berlin

Kölner Haie

Frankfurt Lions

Iserlohn Roosters

Adler Mannheim

Hamburg Freezers

Hannover Scorpions

DEG Metro Stars

ERC Ingolstadt

Krefeld Pinguine

Augsburger Panther

Grizzly Adams Wolfsburg

Straubing Tigers

Füchse Duisburg

0 20406080100%

Abb. 11: DEL – Aufbau der jeweiligen Stammkader

Die ’Sinupret Ice Tigers’, die ’Hamburg Freezers’ und die ’Krefeld Pinguine’ haben mit je 52,2% den am zahlenmäßig geringsten besetzten Angriff der Liga. Die Zweitplatzierten der Tabelle, die ’Eisbären Berlin’ haben im Vergleich zu anderen Vereinen ihrer Liga mit 63,3% die meisten Angriffsspieler in ihren Reihen und mit 27,3% relativ wenige Ab- wehrspieler. Im Gegensatz dazu zeigt sich bei anderen, mit Angriffsspielern relativ stark besetzten Vereinen, wie den ’Frankfurt Lions’, den DEG Metro Stars’’ und den ’Augs- burger Panthern’, dass nicht die Abwehrreihen anteilsmäßig reduziert werden, sondern sich relativ wenige Torhüter im Stammkader befinden. Darüber hinaus lässt sich keine

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Tendenz hinsichtlich eines möglichen Zusammenhangs der Tabellenplatzierung und der Verteilung der Spielpositionen ableiten. So wäre es möglich, dass besser platzierte Mannschaften beispielsweise über relativ viele Angriffsspieler in ihren Stammkadern verfügen, um mögliche (verletzungsbedingte) Ausfälle besser kompensieren zu können bzw. variabel im Einsatz der Angriffsreihen zu sein. Hinweise auf eine derartige Strate- gie gibt Abb. 11 nicht. Die Stamm- und Gesamtkadergrößen sowie das jeweilige durchschnittliche Alter der Mannschaften der 2. Bundesliga ist in Abb. 12 veranschaulicht.

Kassel Huskies 24 (29)

Landshut Cannibals 26 (33)

Heilbronner Falken 30 (36)

Schwenninger Wild Wings 28 (28)

SC Riessersee 24 (26)

Moskitos 24 (32)

Bietigheim Steelers 29 (31)

Eispiraten Crimmitschau 27 (32)

EHC München 24 (30)

Eisbären 25 (29)

Tower Stars Ravensburg 31 (33)

Fischtown Pinguins 29 (34)

Lausitzer Füchse 24 (26)

EV Landsberg 2000 32 (39)

0 5 10 15 20 25 30 35Jahre 40

Abb. 12: 2. BL – Stammkadergrößen, Gesamtkadergrößen und Alter (Mittelwert ± Standardabweichung) der Mannschaften

Das mittlere Alter der Spieler in der 2. Bundesliga beträgt 26,9 Jahre. Der Tabellenfüh- rer der 2. Bundesliga, die ‘‘, haben mit 29,9 Jahren den im Durchschnitt ältesten Stammkader (vgl. Abb. 12). In den drei letzt platzierten Mannschaften spielen jeweils die im Mittel jüngsten Eishockeyspieler (24,8-25,6 Jahre). Die durchschnittliche Stammkadergröße liegt bei 27 Spielern. Mit je 24 Spielern haben gleich fünf Mannschaften die kleinsten Stammkader der zweiten Liga, darunter der ‘SC Riessersee‘ sowie die ‘Lausitzer Füchse‘, die zugleich auch über die kleinsten Gesamt- Stammkader verfügen. Den größten Stammkader stellt mit 32 Spielern das Tabellen-

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schlusslicht der Liga, der ‘EV Landsberg 2000‘. Diese Mannschaft besitzt mit 39 Spie- lern auch den größten Gesamtkader in der 2. Bundesliga. Die Zweitligaspieler verteilen sich wie folgt auf die Spielpositionen: 57,8% sind Angrei- fer, 31,6% sind als Verteidiger und 10,6% als Torhüter aktiv. Für die einzelnen Vereine der 2. Bundesliga ist die Verteilung auf die Spielpositionen die Folgende:

Angriff Abwehr Tor

Kassel Huskies

Landshut Cannibals

Heilbronner Falken

Schwenninger Wild Wings

SC Riessersee

Moskitos Essen

Bietigheim Steelers

Eispiraten Crimmitschau

EHC München

Eisbären Regensburg

Tower Stars Ravensburg

Fischtown Pinguins Bremerhaven

Lausitzer Füchse

EV Landsberg 2000

0 20406080100%

Abb. 13: 2. BL – Aufbau der jeweiligen Stammkader

Die ‘Schwenniger Wild Wings‘, der ‘SC Riessersee‘ und die ‘Fischtown Pinguins Bre- merhaven‘ haben mit 60,7-62,5% relativ gesehen die meisten Angreifer in ihren Stammkadern. Die ‘Moskitos Essen‘ besitzen die wenigsten Angreifer (50,0%), gleich- zeitig die meisten Abwehrspieler (37,5%) in ihrem Stammkader. Relativ gesehen die wenigsten Abwehrspieler (27,6%) haben die ‘Bietigheim Steelers‘, besitzen aber zu- gleich den größten Anteil an Torhütern (17,2%) in ihrem Stammkader.

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In der Oberliga haben die Spieler ein mittleres Alter von 25,3 Jahren. Die im Mittelfeld der Tabelle platzierten ‘ Piranhas‘ besitzen den ältesten Stammkader (28,5 Jah- re) (vgl. Abb. 14). Den mit relativ großem Abstand zu den anderen Mannschaften jüng- sten Stammkader (19,7 Jahre) haben die ‘Eisbären Juniors Berlin’. Eine wahrscheinli- che Erklärung hierfür ist die Tatsache, dass die ‘Eisbären Juniors Berlin‘ – schon dem Namen nach zu urteilen – die Nachwuchsspieler für das DEL-Team ‘Eisbären Berlin‘ stellen. Es gibt keinen weiteren Verein, der zwei Mannschaften innerhalb der drei Profi- ligen platziert hat.

Dresdner Eislöwen 23 (26)

Tölzer Löwen 29 (30)

Wölfe Freiburg 29 (31)

EV Füssen 32 (32)

Blue Lions 26 (28)

Hannover Indians 25 (27)

Kaufbeurer Joker 32 (32)

Blue Devils Weiden 25 (26)

Rostock Piranhas 22 (22)

EHC Klostersee 24 (24)

EC Peiting 30 (33)

Saale Bulls 26 (27)

RT Bad Nauheim 25 (29)

Starbulls 38 (41)

Deggendorf Fire 29 (31)

Eisbären Juniors Berlin 22 (28)

TEV Miesbach 33 (37)

Passau Black Hawks 30 (31)

EHC Thüringen 32 (32)

0 5 10 15 20 25 30Jahre 35

Abb. 14: OL – Stammkadergrößen, Gesamtkadergrößen und Alter (Mittelwert ± Standardabweichung) der Mannschaften

Die mittlere Stammkadergröße der Oberliga beträgt 28 Spieler. Die ‘Eisbären Juniors Berlin‘ haben die Saison 2007/2008 ebenso wie die ‘Rostock Piranhas‘ mit nur jeweils 22 Spielern bestritten und hatten damit die kleinsten Stammkader der Liga (vgl. Abb.

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14). Der letztgenannte Verein hatte ebenfalls den kleinsten Gesamtkader. Den größten Stammkader sowie Gesamtkader der Oberliga hatte die Mannschaft der ‘Starbulls Ro- senheim‘. Hinsichtlich der Spielpositionen sind die Vereine der Oberliga wie folgt aufgebaut:

Angriff Abwehr Tor

Tölzer Löwen

Wölfe Freiburg

EV Füssen

Blue Lions Leipzig

Hannover Indians

Kaufbeurer Joker

Blue Devils Weiden

Rostock Piranhas

EHC Klostersee

EC Peiting

Saale Bulls

RT Bad Nauheim

Starbulls Rosenheim

Deggendorf Fire

Eisbären Juniors Berlin

TEV Miesbach

Passau Black Hawks

EHC Thüringen Erfurt

0 20406080100%

Abb. 15: OL – Aufbau der jeweiligen Stammkader

Bei einer Verteilung der Positionen Angriff, Abwehr und Tor von 55/33/12 in der Oberli- ga insgesamt, hat der ’EHC Klostersee’ mit 64,0% Angreifern anteilig die meisten Of- fensivspieler in seinem Stammkader. Die Mannschaften ’Deggendorf Fire’ und ’EV Füs- sen’ hingegen haben mit 44,8% und 43,8% die jeweils höchsten Anteile an Abwehrspie- lern in ihren Stammkadern. Letztendlich lässt sich auch in der Oberliga keine Tendenz hinsichtlich der Tabellenplatzierung der Mannschaften und der Verteilung der Spielposi- tionen ableiten.

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Bei Betrachtung der Spielpositionen ist weiterhin der Ausländeranteil auf den verschie- denen Spielpositionen interessant. Hierzu lässt sich der Einfachheit halber ein Quotient berechnen, bei dem der ’%-Anteil der Ausländer auf der jeweiligen Position pro Liga’ durch den gesamten ’Ausländeranteil pro Liga’ dividiert wird. Bei einem Quotienten von 1 wären beide %-Werte gleich, d.h. der Anteil der Ausländer auf den jeweiligen Positio- nen entspräche ihrem Anteil im Gesamtkollektiv. Anders ausgedrückt, es lässt sich ab- leiten, ob Deutsche oder Ausländer auf den jeweiligen Positionen über- oder unterrep- räsentiert sind. So zeigt sich bei einer derartigen Betrachtungsweise, dass die Torwartpositionen in den drei Profiligen eher mit deutschen Spielern besetzt werden (s. Abb. 16). Die ausländi- schen Spieler hingegen sind in der DEL sowie der Oberliga auf den Abwehrpositionen und in der 2. Bundesliga auf den Angriffspositionen überrepräsentiert.

Angriff Abwehr Tor Deutsche Ausländer DEL

2. BL

OL

00,511,52

Abb. 16: Über- und Unterrepräsentation von Deutschen und Ausländern auf den jeweiligen Spiel- positionen nach Liga

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4.2 Verletztenkollektiv Im Zeitraum der Saison 2007/2008 (01.07.2007-30.06.2008) wurden der VBG aus dem Bereich der ersten 3 Profiligen 2361 Verletzungen gemeldet wovon 2056 (87,3%) Kos- ten verursacht haben und 1068 (45,3%) zu mindestens einem Tag Arbeitsunfähigkeit führten. Ein Vergleich mit der Saison 2006/2007 in Tab. 10 zeigt, dass der Anteil an Verletzungen, die Kosten verursachen, in etwa gleich geblieben ist, während der Anteil derjenigen Verletzungen, die zur Arbeitsunfähigkeit führen, um knapp 5% gestiegen ist. Darüber hinaus zeigt die Gegenüberstellung der beiden Saisons 2006/2007 und 2007/2008 auf der einen Seite eine Verkürzung der durchschnittlichen Ausfallzeit und auf der anderen Seite einen Anstieg der Summe der Ausfalltage. Obwohl die Anzahl der Oberligaspieler – und damit die Anzahl derer, die sich beim Eishockey verletzen können – aufgrund der Einführung von zwei Oberligen in der Saison 2007/2008 um 16,4% ge- stiegen ist, hat die Gesamtheit der AU-Tage um 19,6% zugenommen. Somit liegt unter Berücksichtigung der höheren Spieleranzahl eine Zunahme der Gesamtausfalltage um ca. 3,2% vor. Bei Betrachtung der Kosten können sowohl der niedrigere Mittelwert als auch die nied- rigere Summe in der Saison 2007/2008 (vgl. Tab. 10) darauf zurückgeführt werden, dass die Kosten für noch andauernde Behandlungen von Verletzungen der Saison 2007/2008 noch nicht abschließend bei der VBG registriert worden sind. Dieser VBG- Datensatz basiert auf dem Stand vom 12.09.2008.

Tab. 10: AU-Dauer und Behandlungskosten des Verletztenkollektivs und des Vergleichskollektivs

n % x ± s Summe AU (Tage)

2006/2007 (n=2028) 824 40,6 44,6 ± 61,7 36.749 2007/2008 (n=2356) 1068 45,3 41,2 ± 56,2 43.958 Behandlungskosten (€)

2006/2007 (n=2028) 1821 89,8 1.510,78 ± 6.755,05 2.751.128,44 2007/2008 (n=2356) 2056 87,3 1.181,07 ± 4.137,03 2.428.285,00

Die Unterschiede der Behandlungskosten sowie der AU-Dauer zwischen den Saisons sind insgesamt jedoch relativ gering. Daher beziehen sich die folgenden Ergebnisdar- stellungen im Wesentlichen auf das Verletztenkollektiv der Saison 2007/2008. Dort, wo es sinnvoll erscheint, werden Ergebnisse aus dem Vergleichskollektiv ergänzend be- trachtet.

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Die Verteilung der Verletzungen und der Verletzten der Saison 2007/2008 auf die un- terschiedlichen Ligen ist Tab. 11 zu entnehmen.

Tab. 11: Anzahl der Verletzungen und verletzter Spieler der Saison 2007/2008 sowie Verletzungsraten der Saisons 2007/2008 und 2006/2007

Verletzte Verletzungen Verletzungsrate Kollektiv Verletzungen Spieler (n) (n) 2007/08 2006/07 DEL gemeldet 348 1056 3,0 2,6 (n*=355, n°=340) Kosten ausgelöst 313 914 2,6 2,3 AU ausgelöst 170 461 1,3 1,1 2. BL gemeldet 275 584 1,6 1,8 (n*=377, n°=373) Kosten ausgelöst 242 511 1,4 1,7 AU ausgelöst 124 274 0,7 0,8 OL gemeldet 322 721 1,4 1,2 (n*=534, n°=385) Kosten ausgelöst 283 631 1,2 1,1 AU ausgelöst 144 333 0,6 0,5

* Divisor für die Berechnung der Verletzungen pro Spieler in der Saison 2007/2008 ° Divisor für die Berechnung der Verletzungen pro Spieler in der Saison 2006/2007

In der DEL haben 348 von 355 Spielern eine Verletzung gemeldet, was einem Anteil von 98% entspricht. Die Verletzungsrate, angegeben in Verletzungen pro Spieler, ist in der DEL am höchsten und im Vergleich zur davor liegenden Saison in der DEL und der Oberliga gestiegen. Wie der folgenden Tab. 12 zu entnehmen ist, liegt das Verhältnis von Verletzungen, die zu mindestens einem Tag AU geführt haben, und denjenigen Verletzungen, die keine AU nach sich zogen, in der DEL bei 44/56, in der 2. Bundesliga bei 47/53 und in der Oberliga bei 46/54.

Tab. 12: Verletzungsbedingte Arbeitsunfähigkeiten in der Saison 2007/2008 (in %)

AU Max. Min. Dauer der Arbeitsunfähigkeit Kollektiv ja/nein ja/nein ja/nein ≤ 7 Tage 8-28 Tage 1-3 Monate > 3 Monate Gesamt 45/55 - - 32,6 25,6 15,7 26,1 DEL 44/56 80/20 14/86 28,4 30,0 14,7 26,9 2. BL 47/53 63/37 30/70 29,2 22,6 16,8 31,4 OL 46/54 61/39 30/70 41,1 22,0 16,2 20,7

Bei Betrachtung der Extremwerte innerhalb der Ligen, zeigen sich insbesondere für die DEL große Schwankungen (vgl. Tab. 12). Während in einem Verein nur 14% aller ge- meldeten Verletzungen eine AU nach sich zogen, resultierten in einem anderen Verein

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80% der Verletzungen in mindestens einem Tag Arbeitsunfähigkeit. Dies könnte auf der einen Seite darauf zurückzuführen sein, dass der erst genannte Verein viele Bagatell- verletzungen und der letzt genannte fast ausschließlich schwere Verletzungen mit resul- tierender AU bei der VBG meldete. Ob sich die Situation auf der anderen Seite tatsäch- lich so darstellt, dass in einem Verein derart wenig und in dem anderen fast ausschließ- lich schwere Verletzungen entstehen, lässt sich an dieser Stelle nicht beurteilen. Eine in der epidemiologischen Forschung übliche Vorgehensweise ist die Beurteilung der Verletzungsschwere anhand der Ausfallzeit. Dabei zeigt sich, dass knapp ein Drittel aller Verletzungen zu maximal einer Woche Ausfall führt (vgl. Tab. 12). In der Oberliga ist der Anteil solcher leichten Verletzungen mit 41% merklich höher als in den beiden höchsten Spielklassen. In der DEL und in der 2. Bundesliga ereignen sich leichte Ver- letzungen (≤ 7 Tage Ausfall) jeweils etwa gleich häufig wie schwerwiegende Verletzun- gen mit über 3 Monaten Ausfall. Eine Betrachtung der Häufigkeit und Art der Verletzungsfolgen ist anhand des Verletz- tenkollektivs nur eingeschränkt möglich. Da eventuelle Spätfolgen einer Verletzung in der Regel erst nach einiger Zeit begutachtet werden, ist es wahrscheinlich, dass sich der Anteil von 3,0% Verletzungen mit Verletzungsfolge für die Saison 2007/2008 noch weiter erhöht. So sind im Vergleichskollektiv der Saison 2006/2007 100 Spieler (4,9%) mit Verletzungsfolgen registriert. Darunter hatten 25 Spieler vorübergehende Funkti- onsstörungen, 16 hatten Verletzungsfolgen mit entzündlichen Prozessen. Bei 51 Spie- lern wurden bleibende Funktionsstörungen, dazu zählen beispielsweise Beuge- und Streckdefizite betroffener Gelenke oder Bandinsuffizienz bzw. Gelenkinstabilität, bei je 4 Spielern entweder Verletzungsfolgen mit Schmerzzuständen oder Funktionsverlust der betroffenen Körperregion festgestellt. Knieverletzungen resultierten überdurchschnittlich oft (13% vs. Ø=4,9%) in den oben genannten Spätschäden, dabei zu 78,1% in bleiben- den Funktionsstörungen. Betrachtet man die gemeldeten Verletzungen in Abhängigkeit vom Wochentag, so ereigneten sich die meisten Verletzungen (32,4%) an einem Sonntag, am zweit- und dritthäufigsten zogen sich Spieler an Freitagen (25,3%) und Dienstagen (15,6%) Verlet- zungen zu, wobei der Sonntag und Freitag die üblichen Wettkampftage in den Profiligen darstellen.

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Die Verletzungen im Profieishockey verteilen sich über alle Ligen betrachtet wie in Abb. 17 dargestellt:

Kopf

Kniegelenk

Schulter

Rumpf

Sprunggelenk

Oberschenkel

Unterarm

Handgelenk

Hand

Hüfte

Hals/Nacken Alle Verletzungen (n=2360) Verletzungen mit AU (n=1068) Unterschenkel

Ellbogen

Fuß

Oberarm

0 5 10 15 20 % 25

Abb. 17: Verletzte Körperregionen im Profieishockey

Betrachtet man zunächst alle gemeldeten Verletzungen unabhängig davon, ob sie eine AU auslösten oder nicht, machen Kopfverletzungen knapp ¼ aller Verletzungen im Pro- fieishockey aus und rangieren – mit unwesentlichen Unterschieden zwischen den drei Ligen – an der Spitze der Verletzungsstatistik. Das Kniegelenk sowie die Schulter sind insgesamt betrachtet die am zweit- und dritthäufigsten verletzten Körperregionen. Jedoch liegen die relativen Häufigkeiten für Verletzungen der Schulter, des Rumpfes, des Sprunggelenks und des Oberschenkels mit 9,4-9,8% relativ nah beieinander. Die verbleibenden Körperregionen sind in jeweils weniger als 5% der Fälle von Verletzun- gen betroffen (vgl. Abb. 17). In der DEL sind Verletzungen des Kniegelenks mit 15,5% relativ gesehen häufiger als in den nachfolgenden Ligen (2. BL: 13,7%, OL: 10,4%), Verletzungen des Oberschenkels (9,8%) folgen in der ersten Liga auf Platz drei der Verletzungsstatistik. In der zweiten und dritten Liga ereignen sich hingegen Verletzungen der Schulter (je 10,4%) häufiger als in der höchsten Spielklasse (9,1%).

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Betrachtet man die relativen Häufigkeiten lediglich für diejenigen Verletzungen, die min- destens einen Tag Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatten (s. Abb. 17, blaue Balken), und vergleicht diese mit den relativen Häufigkeiten für alle Verletzungen (graue Balken) las- sen sich Rückschlüsse ziehen, ob es sich eher um Bagatellverletzungen oder um schwerwiegendere Verletzungen handelt. Hierbei zeigt sich, dass Kopfverletzungen sel- tener zur AU führen als Verletzungen des Kniegelenks, der Schulter sowie des Ober- schenkels. Der gleiche Trend zeigt sich im Vergleichskollektiv für die Saison 2006/2007. Verletzungen dieser Körperregionen scheinen Eishockeyspieler somit eher zum Pausie- ren zu zwingen. Das mittlere Alter aller Verletzten beträgt 27,4 Jahre, in der DEL 28,5 Jahre, in der 2. Bundesliga 27,0 Jahre und in der Oberliga 26,2 Jahre. Da diese Mittelwerte von der je- weiligen Altersstruktur der Ligen abhängen, wurde ein Quotient aus der Altersstruktur der Verletzten pro Liga und der Altersstruktur der Eishockeyspieler der entsprechenden Ligen gebildet (Abb. 18).

≤ 20 Jahre 21 - 25 Jahre 26 - 30 Jahre Gesamt 31 - 35 Jahre 36 - 40 Jahre > 40 Jahre

≤ 20 Jahre 21 - 25 Jahre 26 - 30 Jahre DEL 31 - 35 Jahre 36 - 40 Jahre > 40 Jahre

≤ 20 Jahre 21 - 25 Jahre 26 - 30 Jahre 2. BL 31 - 35 Jahre 36 - 40 Jahre > 40 Jahre

≤ 20 Jahre 21 - 25 Jahre 26 - 30 Jahre OL 31 - 35 Jahre 36 - 40 Jahre > 40 Jahre

0 0,5 1 1,5 2

Abb. 18: Über- bzw. Unterrepräsentation der Verletzungen in Abhängigkeit von der Altersstufe und Liga

Demnach ist in der DEL die Altersgruppe der unter 20-Jährigen deutlich häufiger von Verletzungen betroffen, als die übrigen Altersgruppen. In der 2. Bundesliga sind Spieler zwischen 21-25 Jahren und 36-40 Jahren häufiger von Verletzungen betroffen, als

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Spieler der anderen Altersstufen. In der Oberliga verletzen sich Spieler unter 20 Jahren relativ gesehen selten, obwohl ihr Anteil am Kollektiv der Oberligaspieler vergleichswei- se hoch ist. Diese Trends zeigen sich ebenso im Vergleichskollektiv. In der Saison 2006/2007 war der Anteil der Verletzungen bei den unter 20-jährigen DEL-Spielern drei mal höher als deren Anteil am Gesamtkollektiv der DEL-Spieler. Eine mögliche Erklä- rung dafür, dass Spieler unter 20 Jahren in der DEL deutlich häufiger von Verletzungen betroffen sind als Spieler der anderen Altersstufen, könnte eine für die jungen Spieler bis dato ungewohnte Spielhärte sein. Derartige Probleme beim Übergang von Jugend- zu Seniorenmannschaften sind ebenfalls aus anderen Mannschaftssportarten bekannt. Vergleicht man das mittlere Alter (Abb. 19, rote Linie) des Verletztenkollektivs mit den jeweiligen Mittelwerten nach Körperregionen, zeigt sich bei Betrachtung der zuvor als problematisch herausgestellten sechs Verletzungsregionen, dass Kopf-, Schulter- und Sprunggelenksverletzungen eher jüngere Spieler betreffen.

Kopf Kniegelenk Schulter RumpfOrgane Sprunggelenk Oberschenkel Unterarm Handgelenk Hand Huefte Hals Unterschenkel Ellbogen Fuss Oberarm

02426227,4 8Jahre 30

Abb. 19: Durchschnittliches Alter der Verletzten in Abhängigkeit von der Körperregionen (rote Linie= Gesamtmittelwert)

Eishockeyspieler mit Verletzungen des Rumpfes und des Oberschenkels sind im Durchschnitt älter als das gesamte Verletztenkollektiv (vgl. Abb. 19).

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Bei der Erörterung der Verletzungsproblematik bzw. der -schwerpunkte im Eishockey ist es weiterhin notwendig, die Kosten und die Ausfalltage nach den verletzten Körperre- gionen differenziert zu betrachten. Dies erfolgt aufgrund der relativ geringen Unter- schiede zwischen Verletzten- und Vergleichskollektiv (s.o.) ausschließlich für das Ver- letztenkollektiv der Saison 2007/2008.

Kopf Kniegelenk Schulter Rumpf Sprunggelenk Oberschenkel Unterarm Handgelenk Hand Hüfte Hals/Nacken Unterschenkel Ellbogen Fuß Oberarm

0 102030405060Tage

Abb. 20: Durchschnittliche AU-Tage der Verletzten in Abhängigkeit von der Körperregionen

Unter den sechs am häufigsten verletzten Körperregionen, liegen Verletzungen des Kniegelenks, der Schulter sowie des Sprunggelenks über der gesamten mittleren AU- Dauer von 41,2 Tagen (s. Abb. 20). Weiterhin stellen sich bei derartiger Betrachtung Verletzungen des Unterarms, des Halses/Nackens und des Fußes mit relativ hohen mittleren Ausfallzeiten als Schwerpunkte dar, jedoch sind deren Häufigkeiten mit jeweils unter 5,0% relativ gering. Summiert man die AU-Tage, die durch die jeweiligen Verletzungen verursacht werden, erhält man ein Maß, in das die Häufigkeit und die Schwere der Verletzungen eingehen. Bei dieser Betrachtungsweise zeigt sich, dass Kopf-, Kniegelenks- und Schulterverlet- zungen an der Spitze liegen (vgl. Abb. 21). Verletzungen des Kniegelenks machen mit einer Summe von 9.531 AU-Tagen 22% der insgesamt 43.958 AU-Tage aus.

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Kopf Kniegelenk Schulter Rumpf Sprunggelenk Oberschenkel Unterarm Handgelenk Hand Hüfte Hals/Nacken Unterschenkel Ellbogen Fuß Oberarm

0 2000 4000 6000 8000Ta ge 10000

Abb. 21: Summe der AU-Tage der Verletzten in Abhängigkeit von der Körperregionen

Aus den AU-Tagen, also den Tagen, an denen der Spieler aufgrund von Verletzungen nicht einsetzbar ist, resultieren sportliche und monetäre Belastungen, die von den Ver- einen selbst zu tragen sind. Darüber hinaus verursachen Verletzungen der unterschied- lichen Körperregionen auch Kosten der akuten Behandlung, Nachbehandlung und Re- habilitation in unterschiedlicher Höhe, für die die VBG als Versicherungsträger auf- kommt (Abb. 22).

Kopf Kniegelenk Schulter Rumpf Sprunggelenk Oberschenkel Unterarm Handgelenk Hand Hüfte Hals/Nacken Unterschenkel Ellbogen Fuß Oberarm

0 500 1000 1500 2000€ 2500

Abb. 22: Durchschnittliche Behandlungskosten der Verletzten in Abhängigkeit von der Körperregionen

62

Verletzungen des Kniegelenks und der Schulter liegen mit durchschnittlich ca. 2400 € und 2300 € an der Spitze (s. Abb. 22). Summiert man die Kosten, die aus einer speziellen Verletzung resultieren, erhält man ein Maß, in das die typische Schwere sowie die absolute Häufigkeit der jeweiligen Ver- letzung eingehen. Hierbei zeigt sich analog zur Betrachtung der Summe der AU-Tage auch für die Summe der Behandlungskosten der Schwerpunkt bei Verletzungen des Kniegelenks, des Kopfes und der Schulter (vgl. Abb. 23).

Kopf Kniegelenk Schulter Rumpf Sprunggelenk Oberschenkel Unterarm Handgelenk Hand Hüfte Hals/Nacken Unterschenkel Ellbogen Fuß Oberarm

0 100 200 300 400 500 600 700 Tausend €

Abb. 23: Summe der Behandlungskosten der Verletzten in Abhängigkeit von der Körperregionen

Von den insgesamt 2.428.285 € Behandlungskosten entfallen 48,5% auf die DEL, 27,3% auf die 2. Bundesliga und 24,2% auf die Oberliga. Diese Belastungen sind je- doch vorwiegend durch den jeweiligen Versicherungsträger zu übernehmen. Um die Zielrichtung für sinnvolle und an der epidemiologischen Realität ausgerichtete präventive Maßnahmen zu spezifizieren bietet es sich an, die anfallenden Gesamtbe- lastungen durch Verletzungen im Profieishockey hochzurechnen. Hierzu müssen neben den Behandlungskosten, die oben bereits dargestellt wurden, ebenfalls die Ausfallkos- ten berechnet werden, die den Vereinen entstehen, wenn Spieler verletzungsbedingt arbeitsunfähig werden. Dabei wird auf Angaben der DEL und der ESBG Bezug ge- nommen. So belaufen sich die durchschnittlichen Gehaltszahlungen für DEL-Spieler auf knapp 350,- €/Tag, für Spieler der 2. Bundesliga auf ca. 150,- €/Tag und für Oberliga- spieler auf etwa 50,- €/Tag. Obwohl die Angaben zum mittleren Spielergehalt/Tag auf- grund der großen Spannweiten der Gehaltszahlungen innerhalb der Ligen und der va- riierenden Vertragslaufzeiten der Spieler nur als grobe Richtwerte gelten können, bieten sie dennoch einen Ausgangspunkt für die Berechnung der Ausfallkosten für verletzte Spieler. Bei Summierung der Behandlungskosten und der so berechneten Ausfallkosten stellt sich die ökonomische Gesamtbelastung durch Verletzungen im Profieishockey wie folgt dar (s. Abb. 24).

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Kopf Kniegelenk Schulter Rumpf Sprunggelenk Oberschenkel Unterarm Handgelenk Hand Hüfte Hals/Nacken Unterschenkel Ellbogen Fuß Oberarm

0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5Mio. € 3,0

Abb. 24: Verletzte Körperregionen im Profieishockey – Summe der Behandlungs- und Ausfallkos- ten

Es zeigt sich, dass die ökonomische Gesamtbelastung durch Verletzungen im Profieis- hockey bei knapp 12 Mio. € liegt. Dabei entfallen ca. 2,5 Mio. € auf Behandlungs- und Rehabilitationskosten, die von der VBG zu tragen sind. Verletzungen des Kniegelenks verursachten in der Saison 2007/2008 einen wirtschaftlichen Schaden von knapp 2,8 Mio. €, wovon ca. 2 Mio. € auf die DEL entfallen. Die Gesamtbelastung der in der DEL registrierten Verletzungen beläuft sich auf 8 Mio. €. Darüber hinaus wurden die effektiven Einsatztage der Spieler kalkuliert, wofür der Zeit- raum der Hauptrunde für alle Mannschaften und die Phase der Play Offs bzw. Play Down für die jeweilig beteiligten Mannschaften berücksichtigt wurde. Es zeigte sich, dass von den möglichen Einsatztagen für Spieler der DEL 25,0% durch Verletzungen zu AU-Tagen wurden. In der 2. Bundesliga waren Spieler aufgrund ihrer Verletzungen zu 14,5% und in der Oberliga zu 10,5% arbeitsunfähig. Dabei sind die beiden letzt ge- nannten Zahlen vergleichbar mit denen im Fußball (12,0%). In der DEL sind Spieler ver- letzungsbedingt beinahe doppelt so häufig arbeitsunfähig. So scheint es nicht nur aus ethischen und medizinischen Gründen sinnvoll, Eishockey- spieler durch geeignete Präventivmaßnahmen bestmöglich vor Verletzungen und deren möglichen Spätfolgen zu schützen. Auch aus ökonomischen Gründen, vor dem Hinter- grund der wirtschaftlichen Situation der Vereine, scheint es dringend geboten, durch eishockeyspezifische Präventivmaßnahmen, zu einer Verbesserung der oben beschrie- benen Situation zu gelangen. Dabei sollen die folgenden Auswertungen der eishockey- spezifischen Unfallfragebögen zu einem möglichst umfassenden Verständnis des Ver- letzungsgeschehens und damit zur Ableitung sinnvoller, eishockeyspezifischer Präven- tivmaßnahmen beitragen.

64

4.3 Befragtenkollektiv Zur Gewährleistung der Vergleichbarkeit des RUB-Datensatzes mit den zuvor analysier- ten Kollektiven wurden, von den 296 zurückgesendeten eishockeyspezifischen Frage- bögen, 25 von Regionalligaspielern ausgefüllte Fragebögen sowie ein Fragebogen mit Bezug auf einen Unfall aus dem Jahr 2006 ausgeschlossen. Der Datensatz umfasst damit 270 Verletzungen von Profieishockeyspielern der DEL, der 2. Bundesliga und der Oberliga aus der Saison 2007/2008. In diesem Datensatz liegen 261 Angaben zur Ligazugehörigkeit vor. Demnach stammen die Spieler, von denen ausführliche Angaben zum eishockeyspezifischen Unfallhergang vorliegen, zu 42,5% aus der DEL, zu 37,2% aus der 2. Bundesliga und zu 20,3% aus der Oberliga. Zur Kalkulation des Fragebogenrücklaufs pro Liga wurde jeweils die An- zahl der beantworteten Fragebögen pro Liga an der entsprechenden Anzahl der bei der VBG gemeldeten Verletzungen pro Liga Tab. 13: Fragebogenrücklauf in Abhängigkeit relativiert. Der so ermittelte Fragebo- von der Liga genrücklauf ist Tab. 13 zu entnehmen.

Mit knapp 17% ist der Rücklauf aus der VBG-Daten RUB-Daten Rücklauf zweiten Bundesliga am höchsten. Dies (n) (n) (%) ist vermutlich auf eine relativ gute Koo- DEL 1056 113 10,7 perationsbereitschaft eines oder meh- 2. BL 584 98 16,8 rerer Vereine zurückzuführen. OL 721 52 7,2

Das Verhältnis von Deutschen und Ausländern liegt unter den Befragten bei 75/25. Da- bei haben 20% der Befragten die englische Version des Fragebogens verwendet. Im Gesamtkollektiv liegt das Verhältnis von Deutschen zu Ausländern bei 71/29. Aufgrund der Anonymisierung des VBG-Datensatzes ist keine Aussage zum Verhältnis Deutsche/ Ausländer für die Gesamtheit der Verletzten der Saison 2007/2008 möglich. Die Tatsa- che, dass Deutsche im Befragtenkollektiv im Verhältnis zu ihrem Anteil am Gesamtkol- lektiv überrepräsentiert sind, ist entweder darauf zurückzuführen, dass sie sich häufiger verletzten als ausländische Spieler oder aber darauf, dass die Bereitschaft den Frage- bogen auszufüllen seitens der ausländischen Spieler geringer war. Die deskriptiven Kennwerte bezüglich Alter, Größe, Gewicht und BMI der Befragten sind in Tab. 14 zusammenfassend dargestellt.

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Tab. 14: Deskriptive Kennwerte derjenigen Spieler, die den Fragebogen beantwortet haben

n Min Max x± s n x± s n x ± s

Gesamt Deutsche Ausländer Alter (Jahre) Gesamt 242 14,0 39,0 26,0 ± 5,6 154 25,0 ± 5,4 56 29,5 ± 4,1 DEL 108 14,0 39,0 27,2 ± 5,8 51 25,2 ± 5,9 40 29,9 ± 4,1 2. BL 83 17,0 39,0 25,3 ± 5,1 65 25,0 ± 5,2 11 27,3 ± 2,4 OL 45 16,0 39,0 25,3 ± 5,5 32 25,1 ± 4,7 5 31,6 ± 5,5 Größe (cm) Gesamt 252 170,0 197,0 182,7 ± 5,6 168 182,5 ± 5,3 53 183,4 ± 6,4 DEL 106 170,0 197,0 183,5 ± 5,8 52 183,8 ± 4,2 39 184,4 ± 6,7 2. BL 89 170,0 192,0 182,2 ± 5,2 71 182,3 ± 5,6 10 181,3 ± 3,5 OL 50 170,0 195,0 181,5 ± 5,9 38 181,0 ± 5,9 4 179,8 ± 7,4 Gewicht (kg) Gesamt 254 64,0 105,0 86,3 ± 7,3 168 85,3 ± 7,4 55 89,2 ± 7,0 DEL 106 71,0 105,0 88,7 ± 7,0 52 88,1 ± 6,7 39 90,4 ± 7,3 2. BL 90 70,0 100,0 85,3 ± 7,0 71 85,0 ± 7,6 11 86,6 ± 4,0 OL 51 64,0 97,0 84,1 ± 6,6 38 83,2 ± 6,6 5 85,6 ± 7,5 BMI (kg/m²) Gesamt 250 21,0 30,5 25,9 ± 1,6 166 25,6 ± 1,6 53 26,5 ± 1,2 DEL 106 21,0 29,6 26,3 ± 1,4 52 26,1 ± 1,5 39 26,6 ± 1,2 2. BL 88 21,6 30,5 25,7 ± 1,6 70 25,6 ± 1,6 10 26,4 ± 0,9 OL 49 21,1 29,3 25,5 ± 1,3 37 25,4 ± 1,2 4 25,8 ± 1,6

Diejenigen Verletzten, die den eishockeyspezifischen Fragebogen ausgefüllt zurückge- schickt haben, sind durchschnittlich 26,0 Jahre alt. Die ausländischen Spieler sind in al- len drei Ligen im Mittel älter als die Deutschen, was der Verteilung im Gesamtkollektiv entspricht. Die Befragten sind im Durchschnitt 182,7 cm groß, 86,3 kg schwer und ha- ben einen mittleren BMI von 25,9 kg/m². Bei diesen deskriptiven Größen stellt sich die Verteilung in Abhängigkeit von den Ligen und der Nationalität der Spieler nicht wie im Gesamtkollektiv dar. Über alle Ligen betrachtet sind die ausländischen Spieler zwar nach wie vor größer, schwerer und haben einen höheren BMI. Dies trifft jedoch nicht in allen Fällen auf die differenzierte ligenspezifische Betrachtung zu (vgl. Tab. 14). Angaben der Befragten zu ihrer sportlichen Karriere sind in der folgenden Tab. 15 zu- sammengetragen. So spielen die Befragten im Durchschnitt seit 19,4 Jahren Eishockey, wobei die Unterschiede zwischen den Ligen diesbezüglich relativ gering sind. Nach ei- genen Angaben üben die Eishockeyspieler ihre Sportart im Mittel 6,7 Jahre als Profi aus. Dabei nimmt die Dauer der Profikarriere erwartungsgemäß von der DEL zur Ober- liga hin ab.

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Tab. 15: Sportliche Karriere der Befragten

n Min. Max. x± s Jahre Eishockey Gesamt 166 8,0 35,0 19,4 ± 5,4 DEL 47 8,0 32,0 19,4 ± 6,3 2. BL 68 10,0 28,0 19,1 ± 4,5 OL 45 12,0 35,0 20,2 ± 5,5 Jahre als Profi Gesamt 163 1,0 20,0 6,7 ± 4,9 DEL 48 1,0 20,0 7,8 ± 5,4 2. BL 68 1,0 18,0 6,3 ± 4,3 OL 43 1,0 17,0 6,6 ± 5,1

Bei Subtraktion der Jahre Eishockey bzw. Jahre als Profi von dem entsprechenden Al- ter der Spieler erhält man das Eintrittsalter Eishockey sowie das Eintrittsalter in die Pro- fikarriere. Dabei sind die Profieishockeyspieler durchschnittlich 6,3 ± 2,3 Jahre alt, wenn sie mit dem Eishockeyspielen beginnen. Das mittlere Eintrittsalter in die Profikarriere liegt im Eishockey bei 19,0 ± 2,5 Jahren.

67

4.3.1 Verletzungsrisiko sowie Belastungen durch Training und Wettkampf Zur Quantifizierung des Verletzungsrisikos im Eishockey wurden, anhand der Spieler- angaben zu Wettkämpfen im Jahr, Trainingsstunden pro Woche sowie der Dauer der Wettkampf- und Trainingspause im Jahr, die Verletzungsinzidenzen als Verletzungen pro 1000 Stunden Eishockey, Wettkampf bzw. Training berechnet. Aus Gründen der Vergleichbarkeit zu Literaturergebnissen wurden hierbei nur diejenigen Verletzungen betrachtet, die zu mindestens einem Tag Ausfall bzw. Arbeitsunfähigkeit geführt haben.

Tab. 16: Belastungen durch Training und Wettkampf sowie Verletzungsinzidenzen

DEL 2. BL OL Anzahl der Spieler 355 377 534 Spiele pro Jahr 67,4 63,2 61,7 Wettkampfpause im Jahr (Wochen) 12,2 13,4 13,5 Wettkampfstunden/Jahr pro Spieler* 22,5 21,1 20,6 Trainingsstunden pro Woche 12,1 10,9 9,5 Trainingspause im Jahr (Wochen) 4,3 3,8 5,7 Trainingsstunden /Jahr pro Spieler 577,2 525,4 439,9 Eishockeystunden/Jahr pro Spieler 599,7 546,5 460,5 Wettkampfstunden/Jahr absolut 7987,5 7954,7 11000,4 Trainingsstunden/Jahr absolut 204.906,0 198.075,8 234.906,6 Eishockeystunden/Jahr absolut 212.893,5 206.030,5 245.907,0 Verletzungen pro Liga (VBG-Daten) 1056 584 721 Verletzungen/Jahr (AU) 461 274 333 Verletzungen/Spieler (AU) 1,30 0,73 0,62 Verletzungen/1000 Eishockeystunden (AU) 2,17 1,33 1,35 Verletzungen/1000 Wettkampfstunden (AU) 46,69 25,21 23,29 Verletzungen/1000 Trainingsstunden (AU) 0,43 0,37 0,33 % Trainingsverletzungen 19,1 26,8 23,1 % Wettkampfverletzungen 80,9 73,2 76,9

* Für jeden Spieler wurde eine effektive Eiszeit von 20 Minuten angenommen (Mittelwert NHL, keine An- gaben zur effektiven durchschnittlichen Eiszeit der Spieler im deutschen Profibereich)

Insgesamt betrachtet sind die Inzidenzen für Verletzungen/1000 Eishockeystunden rela- tiv gering (vgl. Tab. 16). Bei Unterscheidung zwischen Training und Wettkampf zeigt sich, dass das Verletzungsrisiko im Wettkampf je nach Liga etwa 68-108 Mal höher ist als im Training. Dies erklärt auch, dass – über alle Ligen betrachtet – 77,5% der Frage- bögen von Spielern stammen, die sich im Wettkampf verletzt hatten. Darüber hinaus geben 5,6% ein Trainingsspiel mit Wettkampfcharakter, 15,0% sonstiges ‘On Ice‘- Training und 1,9% ‘Off Ice‘-Training als Verletzungsanlass an. So ereignen sich in der DEL ca. 47 Verletzungen pro 1000 Wettkampfstunden (Wkh). In der 2. Bundesliga liegt das Verletzungsrisiko bei ca. 25/1000 Wkh und in der Oberliga bei ca. 23/1000 Wkh. 68

Damit ist das Verletzungsrisiko, zumindest was Wettkämpfe anbetrifft, in der DEL gege- nüber der Oberliga etwa doppelt so hoch. Der letzte offizielle Wettkampf lag bei 91,8% der Spieler bis zu einer Woche zurück. 3,0% der Verletzten hatten ihr letztes Spiel 8-14 Tage, 1,7% 3-8 Wochen und 3,4% (n=8) mehr als 3 Monate vor der angezeigten Verletzung absolviert. Hinsichtlich des Trainings geben 15,4% der Spieler mit Wettkampfverletzungen an, noch am Wettkampf- tag trainiert zu haben. Dabei handelt es sich jedoch in der Regel um lockeres Schuss- training, bei dem die Spieler vor dem Spiel ein ‘Gefühl für das Eis‘ bekommen sollen, bzw. bei dem Taktiken noch einmal besprochen und ggf. auf dem Eis nachvollzogen werden. Diese niedrigintensiven Einheiten sollen die Spieler somit eher auf das Spiel einstimmen und keine Trainingsreize im Sinne der Leistungssteigerung setzen. Somit scheint das dem Wettkampf vorangehende Training als Ursache für Wettkampfverlet- zungen wenig relevant zu sein. Bei weiteren 77,5% der Spieler lag das letzte Training einen Tag zurück. 6,0% trainierten 2-3 Tage vor der Verletzung, bei 1,1% (n=2) lag das Training mehr als 2 Monate zurück. Bei jenen Spielern, bei denen das letzte Training und/oder der letzte Wettkampf relativ lange zurücklagen, sind möglicherweise besonde- re Verletzungen vorherrschend, wie beispielsweise Zerrungen der Muskulatur. Aufgrund der jeweiligen geringen Fallzahlen (s.o.) sind dahingehenden Analysen jedoch nicht sinnvoll.

4.3.2 Verletzungen und Verletzungsfolgen Die Verletzungen der Eishockeyspieler werden im Folgenden anhand der verletzten Körperregionen sowie der genauen verletzten Strukturen und der Verletzungsarten dar- gelegt. Ergebnisse bezüglich der Verletzungsfolgen, wie beispielsweise einer resultie- renden Arbeitsunfähigkeit oder eines notwendigen Krankenhausaufenthalts, folgen im Anschluss.

69

Die Verteilung der von den Befragten angegebenen verletzten Körperregionen wird in der unten stehenden Abb. 25 der Verletzungsverteilung aus den VBG-Daten gegen- übergestellt. Bei Betrachtung aller Verletzungen, unabhängig davon ob sie eine AU aus- lösten oder nicht, zeigt sich, dass die verletzten Körperregionen, wie sie sich anhand der VBG-Daten darstellen, in annähernd gleichen Prozentanteilen von den Befragten widergespiegelt werden, sodass diese Daten als annähernd repräsentativ betrachtet werden können. Lediglich Spieler mit Verletzungen des Unterarms und des Hal- ses/Nackens haben den Fragebogen relativ selten ausgefüllt.

Kopf

Kniegelenk

Schulter

Rumpf

Sprunggelenk

Oberschenkel

Unterarm

Handgelenk

Hand

Hüfte

Hals/Nacken VBG-Daten (n=2.360) RUB-Date n (n=253) Unterschenkel

Ellbogen

Fuß

Oberarm

0 5 10 15 20 % 25

Abb. 25: Verletzte Körperregionen – Gegenüberstellung der VBG- und der RUB-Daten

70

Betrachtet man die sechs am häufigsten verletzten Körperregionen der Befragten in Abhängigkeit von der Liga, so zeigt sich die folgende Verteilung (Abb. 26):

Kopf

Kniegelenk

Schulter

Oberschenkel

DEL (n=105) Rumpf 2. Bundesliga (n=93) Oberliga (n=48)

Sprunggelenk

0 5 10 15 20 25 % 30

Abb. 26: Die sechs am häufigsten verletzten Körperregionen in Abhängigkeit von der Liga

Es liegen relativ viele Fragebögen von Spielern mit Kopfverletzungen aus der Oberliga vor. Bei Verletzungen des Kniegelenks ist die Verteilung auf die drei Ligen annähernd gleich. Bei Schulter- und Oberschenkelverletzungen stammen die meisten Fragebögen von Spielern aus der DEL und die Anzahl nimmt zur Oberliga hin ab. Bei Verletzungen des Rumpfes und des Sprunggelenks zeigt sich der umgekehrte Verlauf; hier liegen mit sinkender Spielklasse jeweils mehr Fragebögen vor (vgl. Abb. 26). Bei vergleichender Betrachtung der RUB- und der VBG-Daten hinsichtlich der verletzten Körperregionen in Abhängigkeit von der Liga zeigen sich relevante Unterschiede der Verteilungen. In den VBG-Daten nehmen Kopfverletzungen von der DEL zur Oberliga hin um jeweils ca. 1% zu. Verletzungen des Kniegelenks sind in der DEL am häufigsten und nehmen bis zur Oberliga von ca. 15% auf 10% ab. Verletzungen der Schulter sind in der DEL geringfügig seltener als in der 2. Bundesliga und der Oberliga, wo sie gleich verteilt sind. Ähnlich verhält es sich mit Verletzungen des Rumpfes: Die Verteilung ist innerhalb der ersten und zweiten Liga gleich und steigt in der Oberliga um ca. 1,5%. Oberschenkelverletzungen sind in der 2. Bundesliga relativ gesehen seltener als in den anderen beiden Ligen. Schlussendlich sind Sprunggelenksverletzungen in den drei Li- gen in etwa gleich verteilt. Aufgrund geringer Fallzahlen (in der Regel n<15) in den ein- zelnen Kategorien, wird auf die differenzierte Interpretation der oben beschriebenen li- genspezifischen Verteilung der verletzten Körperregionen verzichtet. Aus denselben Gründen werden die drei Profiligen nachfolgend gemeinsam betrachtet.

71

Eine Analyse hinsichtlich der Vorverletzungen der Eishockeyspieler hat ergeben, dass 50,9% der Befragten innerhalb des vorangegangenen Jahres bereits mindestens einmal verletzt waren. Dabei geben 57,7% dieser Spieler an, eine Vorverletzung erlitten zu ha- ben. 16,7% hatten bereits zwei, 19,2% drei und 6,4% 3-10 Verletzungen innerhalb der vorangehenden 12 Monate. Bei denjenigen, die Vorverletzungen angegeben haben, zeigte sich eine 30,5%ige Übereinstimmung der zurückliegenden mit der aktuellen Verletzungsregion. Bei Be- trachtung der Übereinstimmung zwischen neuer und alter Verletzung in Abhängigkeit von der verletzten Körperregion, lässt sich tendenziell ein Zusammenhang zwischen der neuen und alten Verletzung ableiten, da die aktuell verletzte Körperregion auch früher häufiger betroffen war. Allerdings sind methodische Probleme hierbei einschränkend zu berücksichtigen. So erinnern sich Spieler aufgrund der akuten Verletzung möglicher- weise eher an frühere Verletzungen der gleichen Körperregion. Zur Vergleichbarkeit der eigenen Ergebnisse mit je- Tab. 17: Verletzungsarten im Pro- nen aus der Literatur folgt eine separate Darstel- fieishockey (n=255) lung der im deutschen Profieishockey vorliegenden

Verletzungsarten (s. Tab. 17). Kontusionen liegen Verletzungsart Gesamt (%) hierbei an der Spitze, was im Wesentlichen auf die Kontusion 31,0 Charakteristik der Sportart bzw. die durch das Re- Ruptur 15,7 gelwerk erlaubten Bodychecks zurückzuführen sein dürfte. Es folgen Rupturen, Frakturen und Distorsio- Fraktur 14,5 nen/Zerrungen. Diese separate Darstellung der Ver- Distorsion/Zerrung 13,7 letzungsarten, wie sie in der Literatur häufig zu fin- Hautverletzung 9,8 den ist, hat jedoch einen relativ geringen Informati- Trauma 6,3 onsgehalt. Zum Verständnis der Verletzungsprob- Hirnverletzung 5,9 lematik ist es eher von Interesse, die Verletzungsar- Luxation 2,7 ten in Abhängigkeit von den verletzten Körperregio- nen zu betrachten. Eine Veranschaulichung der je- Innere Verletzung 0,4 weils 4 häufigsten Verletzungsarten für die sechs am häufigsten verletzten Körperregionen liefert Abb. 27 auf der folgenden Seite. Die Er- läuterungen hierzu werden um wesentliche Ergebnisse aus der Analyse der Verlet- zungsart in Abhängigkeit von der genauen Verletzungslokalisation ergänzt. So handelt es sich bei Kopfverletzungen in 37,1% der Fälle um Hautverletzungen (vgl. Abb. 27). Davon entfallen knapp 24,2% auf Hautverletzungen im Gesichtsbereich. 4,8% der Kopfverletzungen sind Hautverletzungen an den Ohren. Dabei sollten die Ohren ei- gentlich durch am Helm integrierte Ohrlaschen vor Verletzungen geschützt sein. Da die betroffenen Spieler angeben, die Ausrüstung sein nicht beschädigt worden, ist anzu- nehmen, dass die Ausrüstung vorab manipuliert bzw. die Ohrlaschen abmontiert wur- den. Die zweithäufigste Verletzungsart des Kopfbereichs ist die Fraktur (27,4%), die bei knapp 1/3 der Fälle den Gesichtsschädel und bei 2/3 der Fälle die Zähne betrifft. Alle Spieler mit Zahnfrakturen geben an, einen Mundschutz getragen zu haben. Die auf Platz drei liegenden Gehirnerschütterungen ereignen sich mit 24,2% insgesamt ebenso häufig wie Hautverletzungen des Gesichts (s.o.).

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Kontus ion Kopf (n=62) Ruptur Fr ak tur Distorsion/Zerrung Hautve r le tzung Kniegelenk (n=40) Trauma Hir nve r le tzung Luxation

Schulter (n=29)

Oberschenkel (n=28)

Rumpf (n=26)

Sprunggelenk (n=18)

0 10203040506070%

Abb. 27: Die jeweils vier häufigsten Verletzungsarten in Abhängigkeit von der verletzten Körperregion

Das Kniegelenk ist zu jeweils 30,0% von Distorsionen bzw. Rupturen betroffen und zu 25,0% von Kontusionen (vgl. Abb. 27). Bei Distorsionen ist in 20,0% der Fälle die be- troffene Struktur nicht im Detail angegeben (‘Kniegelenk allgemein‘ bzw. ‘Kniegelenks- bänder‘), die restlichen 10% der Kniegelenksdistorsionen betreffen das Innenband. Darüber hinaus entfallen 20% der Rupturen auf das Innenband, weitere 7,5% betreffen das Kreuzband, 2,5% den Meniskus. Demnach stellen Rupturen des Innenbandes nach Kniegelenkskontusionen die zweithäufigste Knieverletzung im Profieishockey dar. Kontusionen sind mit 44,8% die dominierende Verletzungsart der Schulter, gefolgt von Rupturen (24,1%), Distorsionen und Luxationen (je 13,8%). Dabei sind Rupturen des Schultereckgelenks (Tossi I-III) und Luxationen des Schultergelenks mit je 13,8% nach Kontusionen die zweit- und dritthäufigsten Schulterverletzungen. Bei Verletzungen des Oberschenkels handelt es sich überwiegend um Muskelzerrun- gen (35,7%). Diese betreffen in 4 von 5 Fällen die Adduktoren und in den verbleibenden 20% die vordere oder hintere Oberschenkelmuskulatur. Im Gegensatz dazu entfallen 3/4 aller Rupturen des Oberschenkels auf die vordere oder hintere Oberschenkelmus-

73

kulatur, während die Adduktoren in nur 1/4 der Fälle und somit relativ selten von Ruptu- ren betroffen sind. Rumpfverletzungen, die in der Verletzungsstatistik auf Platz 5 liegen, sind hauptsächlich Kontusionen (65,4%), welche sich im Detail wie folgt auf den Rumpf verteilen: 23,1% Brustkorb, 19,2% Brust-/Lendenwirbelsäule, je 11,5% stumpfes Bauchtrauma und Rumpf allgemein. Die insgesamt 7,7% Frakturen (vgl. Abb. 27) betreffen in sämtlichen Fällen den Brustkorb oder das Schulterblatt, ebenso entfallen alle Luxationen (7,7%) auf die Brust-bzw. Lendenwirbelsäule. Bei Verletzungen des Sprunggelenks sind Kon- tusionen (44,4%) die dominante Verletzungsart. Distorsionen (22,2%) und Frakturen (16,7%) sind aufgrund des Schutzes durch den Schlittschuh seltener zu beobachten. Die verletzte Struktur des Sprunggelenks ist im Detail in der Regel nicht näher be- schrieben worden. Nur in einem Fall wurden die sich zu 11,1% ereignenden Rupturen des Sprunggelenks als Verletzung der Außenbänder konkretisiert. Die Angaben der Befragten zu den Folgen ihrer Verletzungen sind in Abb. 28 veran- schaulicht. Demnach war eine stationäre Aufnahme im Krankenhaus in 9,1% der Fälle notwendig, in einem von vier Fällen wurde zusätzlich eine Operation durchgeführt. In 63,1% der Fälle resultierte die Verletzung in einer Arbeitsunfähigkeit (vgl. Abb. 28). Verglichen mit den Angaben zur Arbeitsunfähigkeit im VBG-Datensatz (AU=45,3%) ha- ben Spieler mit Bagatellverletzungen ohne resultierenden Ausfall, den Fragebogen eher selten ausgefüllt. In jeweils etwa 52% der Fälle fanden weitere ärztliche Behandlungen bzw. Rehabilitationsmaßnahmen statt (vgl. Abb. 28).

Krankenhausaufenthalt (n=262)

Operation (n=113)

Arbeitsunfähigkeit (n=263)

Nachbehandlung (n=256) nein ja Rehabilitation (n=258)

0 20406080100%

Abb. 28: Verletzungsfolgen im deutschen Profi-Eishockey

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Wie sich die Verletzungsfolgen in Abhängigkeit von den sechs am häufigsten verletzten Körperregionen verteilen ist in Abb. 29 dargestellt.

Kopf Krankenhausaufenthalt Kniegelenk Schulter Oberschenkel Rum pf Sprunggelenk Operation

Arbeitsunfähigkeit

Ärztl. Nachbehandlung

Rehabilitation

0 2040608010% 0

Abb. 29: Verletzungsfolgen in Abhängigkeit von den verletzten Körperregionen

Bei Spielern mit Verletzungen der Schulter sind überdurchschnittlich häufig eine statio- näre Aufnahme (14,8%) sowie eine Operation (50,0%) notwendig gewesen. Hingegen mussten Spieler mit Rumpfverletzungen nicht ins Krankenhaus eingewiesen werden. Während Verletzungen des Kopfes und des Rumpfes relativ selten zu einer Arbeitsun- fähigkeit führten, war bei Verletzungen der verbleibenden vier Regionen in 70,0-81,3% der Fälle eine AU das Resultat der Verletzung (vgl. Abb. 29). Bei Betrachtung der Dauer des Krankenhausaufenthaltes etc. werden die zentralen Werte anhand des Median angegeben, da dieser weniger durch Extremwerte bzw. linksschiefe Verteilungen verfälscht wird. So dauerte ein Krankenhausaufenthalt unab- hängig von der verletzten Körperregion 3 Tage (Median). Bezogen auf die sechs rele- vanten Verletzungsregionen sind, wie in Abb. 30 veranschaulicht, Verletzungen des Oberschenkels mit 9,5 Tagen mit einem längeren Krankenhausaufenthalt assoziiert. Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit beträgt 14 Tage (Median), wobei Spieler mit Kniegelenks- (20,5 Tage) und Schulterverletzungen (18 Tage) länger ausfielen. Ebenso kristallisieren sich Verletzungen des Kniegelenks und der Schulter sowie zusätzlich jene des Ober-

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schenkels als diejenigen mit der längsten Rehabilitationsdauer heraus (Median Reha- dauer gesamt=14 Tage) (vgl. Abb. 30).

Kopf Knie ge le nk Schulter Daue r Krankenhausaufenthalt Oberschenkel Rum pf Sprunggelenk

Daue r Arbeitsunfähigkeit

Häufigkeit ärztl. Nachbehandlung

Daue r Rehabilitation

0 5 10 15 20Tage 25

Abb. 30: Verletzungsfolgen und deren Dauer in Abhängigkeit von den verletzten Körperregionen (Median)

Somit scheinen hinsichtlich der Verletzungsfolgen insbesondere Verletzungen der Re- gionen Schulter, Kniegelenk, Oberschenkel und Sprunggelenk problematisch.

4.3.3 Zustandekommen der Verletzungen Eine Erkenntnis aus den bisherigen Analysen ist, dass sich etwa ¾ aller Verletzungen im Wettkampf ereignen. Da Situationen und Mechanismen dabei mit einem festen Re- gelwerk unter definierten Bedingungen stattfinden, lässt sich bei Wettkampfverletzun- gen am ehesten nachvollziehen, welcher Art die eishockeyspezifische Betätigung der Verletzten war. Im Gegensatz dazu erschweren die vielfältigen Inhalte des Trainings, welches ’On-Ice’ oder ’Off-Ice’ stattfindet, oder eventuelle Regelveränderungen bzw. Zusatzaufgaben bei Trainingsspielen das Nachvollziehen der zur Verletzung führenden Situationen und Aktionen. Um jedoch zu einer eindeutigen Darstellung des eishockey- spezifischen Verletzungsgeschehens zu gelangen, erscheint der Ausschluss von Trai- ningsverletzungen für die folgenden Analysen sinnvoll. Damit stehen 207 Fragebögen bzw. Wettkampfverletzungen zur Analyse zur Verfügung.

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Eine Auswertung der zum Zeitpunkt der Verletzung vorliegenden Spielkonstellation in- sgesamt und in Abhängigkeit von der verletzten Körperregion ergibt die in der unten stehenden Tab. 18 zusammengefassten Verteilungen. So ereignen sich Verletzungen am zweithäufigsten in Unterzahl-Spielsituationen.

Tab. 18: Spielkonstellation zum Unfallzeitpunkt insgesamt und in Abhängigkeit von der verletzten Körperregion

Regular Play Even Strength Power Play Penalty Killing n (5:5) (4:4, 3:3) (Überzahl) (Unterzahl)

Gesamt 201 79,1 6,5 4,5 10,0 Angriff 119 83,2 5,0 5,9 5,9 Abwehr 68 72,1 8,8 2,9 16,2 Tor 10 80,0 10,0 0,0 10,0 Körperregionen Kopf 45 84,4 6,7 4,4 4,4 Kniegelenk 30 76,7 0,0 0,0 23,3 Schulter 26 80,8 3,8 7,7 7,7 Oberschenkel 15 73,3 6,7 6,7 13,3 Rumpf 21 76,2 9,5 4,8 9,5 Sprunggelenk 15 80,0 6,7 6,7 6,7

Bei Betrachtung der verletzten Körperregionen bzw. dem Vergleich der jeweiligen relati- ven Häufigkeiten mit dem Gesamtmittelwert in der jeweiligen Kategorie ’Spielkonstella- tion’ zeigt sich, dass Kopfverletzungen eher im ’Regular Play’ entstehen. Im ‘Power Play‘, dem Überzahlspiel, ereignen sich überdurchschnittlich häufig Verletzungen der Schulter (7,7%), des Oberschenkels und des Sprunggelenks (je 6,7%). Verletzungen des Rumpfes ereignen sich mit 9,5% häufiger im ’Even Strength‘. Knieverletzungen, als zweithäufigste Verletzung im Eishockey, ereignen sich überdurchschnittlich häufig im Unterzahlspiel, dem ‘Penalty Killing‘. Der Zeitpunkt der Verletzung im Wettkampf wurde von den Befragten zum einen an- hand der Anzahl der Einsätze und zum anderen anhand des Spieldrittels und der Spiel- zeit (in Minuten) angegeben. Die Verletzungsverteilung in Abhängigkeit von der Anzahl der Einsätze ist in Abb. 31 dargestellt.

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0 vorherige Einsätze

1 - 5 Einsätze

6 - 10 Einsätze

11 - 15 Einsätze

16 - 20 Einsätze

21 - 25 Einsätze

26 - 30 Einsätze

0 5 10 15 20 25% 30

Abb. 31: Zeitpunkt der Verletzung nach Einsätzen (n=173)

Demnach verletzten sich etwa 3% der Spieler bei ihrem ersten Einsatz auf dem Eis. Die meisten Verletzungen ereignen sich nach etwa 6-15 Einsätzen. Nur wenige der Verletz- ten haben mehr als 20 Einsätze (vgl. Abb. 31). Der Verletzungszeitpunkt angegeben in Spieldritteln und in Spielminuten ist in Abb. 32 veranschaulicht. Dabei basieren die Angaben zur Verletzungshäufigkeit nach Spieldrit- teln auf einer separat anzukreuzenden Frage. Diese Zahlen weichen geringfügig von den jeweiligen Summen der abgebildeten Spielzeit in Minuten ab, was darauf zurückzu- führen sein kann, dass einige Spieler nicht die offizielle Spielzeit (laut Anzeigetafel) sondern die gesamte verstrichene Spielzeit (inkl. Spielunterbrechungen) angegeben haben. Wie in Abb. 32 dargestellt, ereigneten sich die meisten Verletzungen der Befragten im 2. Spieldrittel. Die restlichen Verletzungen verteilen sich zu etwa gleichen Anteilen auf das 1. und 3. Spieldrittel. Bei differenzierter Betrachtung der Spielzeit in Minuten zeigt sich ein deutliches Verletzungshoch zu Beginn der zweiten Halbzeit. So ereignen sich etwa 27% aller Verletzungen in der 21.-30. Spielminute, also in 16% der Spieldauer.

1 - 10 Minuten 1. Drittel: 27,8% 11 - 20 Minuten

21 - 30 Minuten 2. Drittel: 44,0% 31 - 40 Minuten

41 - 50 Minuten 3. Drittel: 26,3% 51 - 60 Minuten

Nachspielzeit

0 5 10 15 20 25% 30

Abb. 32: Zeitpunkt der Verletzung nach Spielzeit (n=169) und Spieldritteln (n=209)

78

Der Zeitpunkt der Verletzung ausgedrückt anhand der Spieldauer in Minuten sowie den Spieldritteln ist im Folgenden für die sechs am häufigsten betroffenen Körperregionen abgebildet (s. Abb. 33). Bei Verletzungen des Kopfes und des Kniegelenks zeigen sich hierbei keine Extremwerte. Im Gegensatz dazu ereignen sich überdurchschnittlich viele Schulterverletzungen (40,9%) zu Beginn der zweiten Halbzeit (Spielminute 21-30). We- niger deutlich als bei den Schulterverletzungen zeigt sich auch für Verletzungen des Rumpfes ein Verletzungshoch zu Beginn der zweiten Halbzeit. Am Ende des ersten und letzten Spieldrittels ereignen sich Verletzungen des Oberschenkels relativ häufig. Letz- tendlich zeigt die Betrachtung der Sprunggelenksverletzungen überdurchschnittlich vie- le Verletzungsereignisse direkt zu Beginn des Spiels (Spielminute 1-10, 40,0%) sowie in der ersten Hälfte der zweiten Halbzeit (30,0%) (vgl. Abb. 33).

1 - 10 Min 11 - 20 Min 1. Drittel 22,4% 21 - 30 Min 31 - 40 Min 2. Drittel 46,9% 41 - 50 Min 51 - 60 Min 3. Drittel 28,6% 61 - 80 Min

1 - 10 Min 11 - 20 Min 1. Drittel 24,2% 21 - 30 Min 31 - 40 Min 2. Drittel 48,5% 41 - 50 Min 51 - 60 Min 3. Drittel 27,3% 61 - 80 Min

1 - 10 Min 11 - 20 Min 1. Drittel 19,2% 21 - 30 Min 31 - 40 Min 2. Drittel 50,0% 41 - 50 Min 51 - 60 Min 3. Drittel 26,9% 61 - 80 Min

1 - 10 Min 11 - 20 Min 1. Drittel 40,0% 21 - 30 Min 31 - 40 Min 2. Drittel 20,0% 41 - 50 Min 51 - 60 Min 3. Drittel 33,3% 61 - 80 Min

1 - 10 Min 11 - 20 Min 1. Drittel 28,6% 21 - 30 Min 31 - 40 Min 2. Drittel 42,9% 41 - 50 Min 51 - 60 Min 3. Drittel 28,6% 61 - 80 Min

1 - 10 Min 11 - 20 Min 1. Drittel 46,7% 21 - 30 Min 31 - 40 Min 2. Drittel 26,7% 41 - 50 Min 51 - 60 Min 3. Drittel 20,0% 61 - 80 Min

0 5 10 15 20 25 30 35 40% 45

Kopf (n=40) Kniegelenk (n=27) Schulter (n=22) Oberschenkel (12) Rumpf (n=16) Sprunggelenk (n=10)

Abb. 33. Zeitpunkt der Verletzung in Abhängigkeit von den verletzten Körperregionen

79

Der Anteil derjenigen Spieler, die nach dem Verletzungsereignis nicht mehr eingesetzt wurden, liegt bei 45,9%. Gemessen an diesem Mittelwert wurden Spieler mit Schulter- verletzungen (64,0%) am häufigsten an der Spielfortführung gehindert. Ferner zwangen Kopfverletzungen (55,6%), Verletzungen des Kniegelenks (48,4%) und des Oberschen- kels (46,7%) die Eishockeyspieler überdurchschnittlich häufig dazu, sofort zu pausieren. Über die Hälfte der Spieler (54,1%) hat nach dem Unfallereignis noch verletzt weiter- gespielt. Dabei ist es interessant, ob es sich bei diesen Verletzungen lediglich um Baga- tellverletzungen handelte, die keine AU ausgelöst haben, bzw. welcher Natur diese Ver- letzungen waren. Es zeigt sich, dass immerhin 48,4% derjenigen Spieler, die verletzt weitergespielt haben, prinzipiell arbeitsunfähig waren. Die resultierende Dauer der AU lag dabei in 48,3% der Fälle bei weniger als einer Woche, bei 30,0% der Spieler bei ein bis drei Wochen. 21,7% der Spieler, die verletzt weiterspielten, fielen für mehr als drei und bis zu 20 Wochen aus. Die Analyse der verletzten Körperregion und der Verlet- zungsart für alle diejenigen, die verletzt weitergespielt haben (ob mit AU oder ohne), er- gab, dass sich die Spieler zu knapp 40,0% Kontusionen und zu 9,2% Hautverletzungen zugezogen hatten, die eher als Verletzungen leichterer Art eingestuft werden können. Diese beiden Verletzungsarten ausgenommen, sind in Tab. 19 die sechs relevanten Verletzungsregionen mit den jeweils zwei häufigsten Verletzungsarten für diejenigen Spieler, die verletzt weitergespielt haben, zusammenfassend dargestellt.

Tab. 19: Spielfortführung trotz Verletzung – Verletzte Körperregion und Verletzungsart (ausgenommen die Verletzungsarten Kontusion und Hautverletzung)

n verletzt weiter- Verletzungsregion Zwei häufigste Verletzungsarten (%) gespielt / n gesamt

Kopf 24 / 45 Fraktur (29,2), Gehirnerschütterung (20,8) Kniegelenk 21 / 31 Bänderruptur (33,3), Distorsion (28,6) Schulter 10 / 25 Distorsion (30,0), Bänderruptur (20,0) Oberschenkel 11 / 15 Zerrung (45,5), Muskelruptur (9,1) Rumpf 18 / 20 Fraktur (11,1), Trauma/Luxation (je 11,1) Sprunggelenk 12 / 15 Bänderruptur (25,0), Fraktur (8,3)

Frakturen im Gesichtsbereich betreffen zum großen Teil die Zähne und stellen somit Verletzung dar, die einen Spieler prinzipiell nicht an der Spielfortführung hindern müs- sen. Es scheint jedoch bedenklich, dass bei 20,8% derjenigen Spieler, die mit Kopfver- letzung weiterspielten, eine Gehirnerschütterung vorgelegen hatte. Ebenso hatten 33,3% der Spieler, die trotz Knieverletzungen weiter am Wettkampf teilnahmen, Bän- derrupturen des Kniegelenks erlitten. Weitere Angaben zur Art der Verletzungen bei denjenigen, die nach dem Verletzungsereignis weiterspielten, sind der oben stehenden Tab. 19 zu entnehmen.

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Eine Betrachtung der Spielpositionen hat, wie im oberen Teil von in Abb. 34 veran- schaulicht, ergeben, dass Verletzungen zu 59,9% die Angreifer, zu 34,2% die Verteidi- ger und zu 5,9% die Torhüter betreffen. Im Gesamtkollektiv sind die Spielpositionen wie folgt verteilt: 56,3% Angreifer, 33,1% Verteidiger und 10,6% Torhüter. Unter Berücksich- tigung der Tatsache, dass es sich bei den Befragten nur um ein Teilkollektiv aller ver- letzten Profieishockeyspieler handelt, deutet sich beim Vergleich der entsprechenden Mittelwerte nach Spielpositionen an, dass Angreifer häufiger von Verletzungen betroffen sind als Spieler auf den anderen Spielerpositionen.

Angriff Gesamt (n=202) Abwehr Tor

Kopf (n=45)

Kniegelenk (n=32)

Schulter (n=27)

Oberschenkel (n=14)

Rumpf (n=20)

Sprunggelenk (n=15)

0 10203040506070%

Abb. 34: Spielpositionen der befragten Verletzten insgesamt und in Abhängigkeit von der verletz- ten Körperregion

Darüber hinaus ist in Abb. 34 die Spielposition in Abhängigkeit von den verletzten Kör- perregionen dargestellt. Während sich Angreifer – verglichen mit dem Mittelwert für Angreifer insgesamt s.o. – überdurchschnittlich häufig an der Schulter und am Sprung- gelenk (je 66,7%) verletzten, sind die Verteidiger relativ gesehen häufiger von Kopfver- letzungen (40,0%) betroffen. Torhüter verletzten sich überdurchschnittlich häufig am Kniegelenk (12,5%) und Oberschenkel (28,6%), während Schulter- und Sprunggelenks- verletzungen auf dieser Spielposition von geringer Relevanz zu sein scheinen.

81

Bei der Beantwortung des Fragebogens wurde den Spielern die Möglichkeit gegeben, ihre Unfallposition auf einem in 14 Abschnitte eingeteilten Spielfeld zu markieren. Um zu einer Einschätzung des Verletzungsrisikos in den jeweiligen Spielfeldabschnitten zu gelangen, wurde der Anteil der Unfälle pro Spielfeldabschnitt durch den entsprechen- den Anteil der Fläche an der Gesamtspielfläche dividiert. Wenn beispielsweise der Ver- letzungsanteil hinter dem eigenen Tor dem relativen Anteil dieser Fläche an der Ge- samtspielfläche entspräche, läge das Verletzungsrisiko dort bei 1. Verletzungsraten <1 bedeuten somit ein relativ geringeres Verletzungsrisiko auf den entsprechenden Spiel- feldflächen, Werte >1 signalisieren entsprechend höhere Verletzungsraten. Das Verletzungsrisiko in Abhängigkeit von der Position auf dem Spielfeld ist in Abb. 35 für die Gesamtheit der Spieler veranschaulicht. Gemessen an einem mittleren Risiko von 1, ist das Verletzungsrisiko hinter dem eigenen Tor doppelt so hoch. Weiterhin be- steht in der zentralen und rechten Verteidigungszone, in der eigenen Hälfte der neutra- len Zone links sowie in der Angriffszone links und hinter dem gegnerischen Tor (gelbe Spielfeldabschnitte) ein erhöhtes Verletzungsrisiko.

1,05 1,51 0,41 1,31

2,05 1,35 0,39 0,20 0,76 1,25

1,48 0,55 0,82 0,96

Verteidigungszone Neutrale Zone Angriffszone

< 0,4 0,4-0,79 0,8-1,19 1,2-1,59 1,6-1,99 ≥ 2,0

Abb. 35: Verletzungsraten in Abhängigkeit von der Spielfeldposition (% Unfälle / % Spielfeldfläche, mittlere Risiko=1)

Es erscheint zusätzlich sinnvoll, die Unfallpositionen bzw. Verletzungsraten nach Posi- tionen differenziert zu betrachten. Für den Torwart liegt die Verletzungsrate in der zent- ralen Verteidigungszone bei 6,46. Dabei wird auf die graphische Darstellung der Verlet- zungsraten für den Torwart verzichtet, da alle von den verletzten Torhütern markierten Unfallpositionen diesem einen Spielfeldabschnitt zuzuordnen sind. Die Verletzungsraten in Abhängigkeit von der Spielfeldposition sind für Angreifer in Abb. 36 und für Verteidi- ger in Abb. 37 dargestellt.

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Für Angreifer zeigt sich ein erhöhtes Verletzungsrisiko auf beiden Seitenabschnitten der Angriffszone sowie hinter dem gegnerischen Tor. Bemerkenswert ist das relativ hohe Verletzungsrisiko der Angreifer hinter dem eigenen Tor sowie das mehr als doppelt so hohe Verletzungsrisiko links in der eigenen Hälfte der neutralen Zone (vgl. Abb. 36).

1,05 2,12 0,47 1,20

1,53 0,87 0,46 0,34 1,01 1,53

0,90 0,47 1,18 1,50

Verteidigungszone Neutrale Zone Angriffszone

< 0,4 0,4-0,79 0,8-1,19 1,2-1,59 1,6-1,99 ≥ 2,0

Abb. 36: Verletzungsraten für Angreifer in Abhängigkeit von der Spielfeldposition (% Unfälle / % Spielfeldfläche, mittlere Risiko=1)

Für Verteidiger stellt sich das Verletzungsrisiko wie in Abb. 37 dar: Während die Verlet- zungsraten in den Abschnitten der neutralen Zone und der Angriffszone – mit einer Ausnahme auf der linken Spielfeldseite (1,50) – zwischen 0,10 und 0,79 liegen und da- mit auf ein relativ geringes Verletzungsrisiko für Verteidiger in diesen Spielfeldabschnit- ten hindeuten, ist das Verletzungsrisiko in der Verteidigungszone erwartungsgemäß überdurchschnittlich hoch. Dabei kommt es auf der rechten Spielfeldseite und hinter dem eigenen Tor besonders häufig zu Unfallsituationen bzw. Verletzungsereignissen.

1,25 0,39 0,39 1,50

3,34 1,57 0,38 0,10 0,24 0,77

2,75 0,79 0,39 0,25

Verteidigungszone Neutrale Zone Angriffszone

< 0,4 0,4-0,79 0,8-1,19 1,2-1,59 1,6-1,99 ≥ 2,0

Abb. 37: Verletzungsraten für Verteidiger in Abhängigkeit von der Spielfeldposition (% Unfälle / % Spielfeldfläche, mittlere Risiko=1)

83

Um zu einem möglichst genauen Verständnis des Unfallherganges zu gelangen, wer- den im Folgenden die Beteiligung anderer Spieler und die Schiedsrichterentscheidung, die zur Verletzung führenden Situationen und Aktionen sowie die eigens von den Spie- lern im Detail beschriebenen Verletzungssituationen und -mechanismen analysiert. Die Beteiligung anderer Spieler an den jeweiligen Verletzungen insgesamt und in Ab- hängigkeit von der verletzten Körperregion ist in Tab. 20 dargestellt. Insgesamt betrach- tet ist der Gegenspieler an 92,0% aller Verletzungen beteiligt. Relativ selten ereignen sich Wettkampfverletzungen bei Beteiligung der Mitspieler oder der Gegen- und Mits- pieler. In nur 1,0% der Fälle hat sich die Verletzung ohne die Beteiligung Anderer ereig- net. Verletzungen des Kopfes, der Schulter und des Rumpfes ereignen sich überdurch- schnittlich häufig unter Beteiligung des Gegenspielers. Im Gegensatz dazu kommt es überdurchschnittlich häufig ohne jegliche Beteiligung Anderer zu Kniegelenks-, Ober- schenkel- und Sprunggelenksverletzungen (vgl. Tab. 20). Mitspieler scheinen ebenfalls überdurchschnittlich häufig an Verletzungen des Oberschenkels und des Sprungge- lenks beteiligt zu sein. Insbesondere für diese beiden letzt genannten Verletzungsregio- nen sollten die Ergebnisse, aufgrund der geringen Fallzahlen, sowohl insgesamt (vgl. Tab. 20) als auch in der entsprechenden Kategorien ‘Mitspieler‘ und ‘Keiner‘ (n ≤ 2), nicht interpretiert werden.

Tab. 20: Beteiligung anderer Spieler an den jeweiligen Verletzungen insgesamt und in Abhängig- keit von der verletzten Körperregion (in %)

n Gegenspieler Mitspieler Beide Keiner Gesamt 199 92,0 2,5 4,5 1,0 Körperregion Kopf 46 95,7 2,2 2,2 0,0 Kniegelenk 31 90,3 0,0 0,0 9,7 Schulter 27 96,3 0,0 0,0 3,7 Oberschenkel 16 81,3 12,5 0,0 6,3 Rumpf 21 100,0 0,0 0,0 0,0 Sprunggelenk 13 84,6 7,7 0,0 7,7

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Die Schiedsrichterentscheidungen beim Verletzungsereignis sind Tab. 21 zu entneh- men. So wurde in 4 von 5 zu Verletzung führenden Aktionen von den Schiedsrichtern nicht auf Foul entschieden. Während darüber hinaus in 16,7% der Verletzungsereignis- se ein gegnerisches Foul gepfiffen wurde, entschieden die Schiedsrichter relativ selten auf ein Foul des Verletzten selbst oder ein Foul von Beiden. Angriffsspieler geben zu 77,3% an, dass kein Foulspiel beim Unfallereignis vorlag, wäh- rend ein gegnerisches (19,3%) sowie eigenes Foul (2,5%) überdurchschnittlich häufig zur Verletzung führten (vgl. Mittelwerte für Foulspiel insgesamt Tab. 21). Bei Abwehr- spielern und Torhütern hat mit 82,4% und 100,0% nach eigenen Angaben überdurch- schnittlich häufig kein Foulspiel beim Verletzungsereignis vorgelegen.

Tab. 21: Foulspiel insgesamt und in Abhängigkeit von der verletzten Körperregion (in %)

gegnerisches eigenes Foul n kein Foul Foul Foul von Beiden Gesamt 203 80,8 16,7 2,0 0,5 Körperregionen Kopf 46 67,4 26,1 4,3 2,2 Kniegelenk 31 93,5 3,2 3,2 0,0 Schulter 27 74,1 25,9 0,0 0,0 Oberschenkel 15 100,0 0,0 0,0 0,0 Rumpf 21 85,7 14,3 0,0 0,0 Sprunggelenk 15 86,7 6,7 6,7 0,0

Die jeweiligen Schiedsrichterentscheidungen in Abhängigkeit von der verletzten Körper- region sind ebenfalls in Tab. 21 zusammengefasst. Gegnerische Fouls wurden über- durchschnittlich häufig bei Kopf- und Schulterverletzungen gepfiffen. Bei Verletzungen des Kniegelenks und Muskelverletzungen des Oberschenkels scheint relativ gesehen seltener auf Foul entschieden worden zu sein. Die Schutzausrüstung wurde in 7 Fällen, d.h. bei 3,8% der Befragten und somit relativ selten beim Zustandekommen der Verletzung beschädigt. In drei Fällen erlitten die Spieler eine Kopfverletzung, zwei zogen sich eine Ellbogenverletzung, einer eine Rumpf- und eine weiterer Spieler eine Fußverletzung zu. (Qualitäts-)Mängel der Schutzausrüstung scheinen somit wenig relevant zu sein. Analog hierzu geben verletzte Eishockeyspieler Mängel an der Schutzausrüstung relativ selten als Grund für ihre Ver- letzung an (s. Abb. 38). Die von den Spielern genannten Unfallgründe sind in Abb. 38 in absteigender Reihen- folge aufgelistet. Übertriebener Einsatz des Gegners, ein Regelverstoß bzw. Fehlverhal- ten Anderer werden am häufigsten als Gründe für das Zustandekommen der eigenen Verletzung angegeben. Bei Verletzten, die hier einen Regelverstoß als Unfallgrund an- gegeben haben, entschieden die Schiedsrichter in 59,6% der Fälle nicht auf Foul.

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Schlechte Technik des Gegners, eigenes Fehlverhalten und/oder eigener übertriebener Einsatz werden mit 6,3-6,8% selten als Unfallgründe genannt. Relativ viele Spieler (n=39) kreuzten die Kategorie ‘Sonstiges‘ an. Bei Durchsicht der entsprechenden Fra- gebögen zeigte sich, dass 26 Spieler die ‘sonstigen Gründe‘ auch konkret benannt ha- ben und sich exakt die Hälfte (n=13) einer neuen Kategorie ‘Pech/Zufall/Unglück‘ zu- ordnen ließ. Diese Antwortkategorie wurde daher in der Gesamtverteilung der Unfall- gründe (s. Abb. 38) berücksichtigt. Somit sehen knapp 7% aller Verletzten ihre Verlet- zung bzw. die Entstehung ihrer Verletzung als Pech oder unglücklichen Zufall an.

Übertriebener Einsatz des Gegners Regelverstoß Fehlverhalten anderer Schlechte Technik des Gegners Pech/Zufall/Unglück Eigenes Fehlverhalten Eigener übertriebener Einsatz Unzureichendes Aufwärmen Mängel Schutzausrüstung Eigene schlechte Technik Geringe Erholungsphase Mängel am Stock Eigene Konditionsmängel/Erschöpfung Trainingsrückstand nach Pause Sonstiges

0 1020304050%

Abb. 38: Unfallgründe (Mehrfachnennung möglich, Angaben in % der Fälle, n=190)

Bei der Angabe der zur Verletzung führenden Situationen und Aktionen hatten erneut relativ viele Spieler (14,6% und 13,7%) die Kategorie ‘Sonstiges‘ angekreuzt. Anders als bei den Unfallgründen, ließen sich die Angaben der Spieler hierbei keinen neuen Antwortkategorien zuordnen, die bei der Vorgabe der Antworten hätten Berücksichti- gung finden müssen. Die relativ häufigen Angaben sonstiger Verletzungssituationen und -aktionen sind hier eher darauf zurückzuführen, dass die Verletzten nicht eindeutig zwischen Situation und Aktion unterscheiden konnten. So führten die Spieler relativ häufig die unter Verletzungssituation angekreuzten Antworten zusätzlich in der Katego- rie ‘Sonstiges‘ bei der Frage nach Verletzungsaktionen auf, und umgekehrt. Dieses me- thodische Problem sollte bei eventuellen folgenden Befragungen dieser Art berücksich- tigt werden und ggf. mittels neuer oder anderes formulierter Fragen möglichst umgan- gen werden.

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Die zur Verletzung führenden Aktionen benennen die Spieler wie folgt:

Erlaubter Check Kontakt Puck Check von hinten Check gegen die Bande Stockschlag Sonstiger unerlaubter Check unerlaubter Körperangriff 58,4% Hoher Stock Beinstellen Crosscheck Rauferei/Schlägerei Kontakt Tor Sonstiges

0 5 10 15 20% 25

Abb. 39: Verletzungsauslösende Aktionen (Mehrfachnennung möglich, Angaben in % der Fälle, n=204)

In fast 25% der Fälle hat ein erlaubter Check und in 12,5% der Fälle ein Kontakt mit dem Puck zur Verletzung geführt. Die acht nachfolgend aufgelisteten Aktionen, wie der Check von hinten oder der Stockschlag, sich regelwidrige Aktionen (vgl. Abb. 39, rote Balken), welche sich auf insgesamt 58,4% summieren. Somit stehen unerlaubte Aktio- nen an der Spitze der verletzungsauslösenden Aktionen im Eishockey. Da diese regelwidrigen Aktionen gemäß dem Regelwerk entsprechend zu bestrafen sind, wurden für diese Fälle die Schiedsrichterentscheidungen betrachtet. Eine Über- sicht hierzu liefert Tab. 22.

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Tab. 22: Regelwidrige, verletzungsauslösende Aktionen und Schiedsrichterentscheidung (n=200)

gegnerisches eigenes Verletzungsauslösende Aktionen n kein Foul Foul Foul Check von hinten 25 68,0 32,0 0,0 Check gegen die Bande 22 77,3 18,2 4,5 Beinstellen 8 37,5 37,5 25,0 Sonstiger unerlaubter Check 14 71,4 21,4 7,1 Unerlaubter Körperangriff 11 45,5 45,5 9,1 Stockschlag 21 81,0 19,1 0,0 Crosscheck 6 50,0 50,0 0,0 Hoher Stock 9 66,7 33,3 0,0 Regelwidrige Aktionen 116 67,2 28,5 4,3 (Gesamtmittelwerte)

In 77,3% der Fälle wurde bei einem Check gegen die Bande und in 81,0% der Fälle bei einem Stockschlag von den Schiedsrichtern nicht auf Foul entschieden. Der Gesamtmit- telwert für all die in der oben stehenden Tabelle aufgelisteten Aktionen zeigt, dass durchschnittlich 67,2% aller regelwidrigen Aktionen von den Schiedsrichtern nicht als Foul beurteilt wurden. Hieraus ergeben sich eindeutige Ansätze zur Prävention aller durch regelwidrige Aktionen verursachten Verletzungen im Profieishockey. Die Situationen zum Unfallzeitpunkt sind wie folgt verteilt:

Check des Gegners Eigener Check Skaten/Gleiten vorwärts Schussaktion Skaten/Gleiten Im Stand Puckführung/Dribbling Sturz Antritt Pass Abstoppen Skaten/Gleiten rückwärts Sonstiges

0 1020304050%

Abb. 40: Verletzungsauslösende Situationen (Mehrfachnennung möglich, Angaben in % der Fälle, n=205)

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Der Check des Gegners liegt mit 41,0% relativ weit vor allen anderen Antwortmöglich- keiten an der Spitze der verletzungsauslösenden Situationen. In 10,2% der Fälle ver- letzten sich die Spieler bei Schussaktionen und in 9,3% der Fälle im Stand (vgl. Abb. 40). Darüber hinaus hatten die Spieler die Möglichkeit, den Unfallhergang zu beschreiben, woraus die Variablen ‘Verletzungssituation detailliert‘ und ‘Verletzungsmechanismus‘ kodiert wurden (s. Anhang A5+A6). Hierbei gibt es keine Mehrfachnennungen bzw. -kodierungen, sodass die Antworten der Spieler eindeutig einer Verletzungssituation bzw. einem -mechanismus zugeordnet wurden, abhängig davon wie präzise die Be- schreibungen der Spieler waren. Die von den Spielern im Detail beschriebenen Verletzungssituationen sind in Abb. 41 zusammenfassend dargestellt. Spieler, die relativ ungenaue Beschreibungen lieferten, finden sich in der Regel in den Kategorien ‘Erlaubter Check‘ und ‘Unerlaubter Check‘. Detailliertere Beschreibungen legen dar, dass sich 9,2% der Spieler bei der Arbeit in den Ecken und 8,2% bei der Arbeit im Slot, d.h. im Bereich direkt vor dem Tor, verletz- ten. 7,2% der Fälle geben konkret an, angeschossen worden zu sein, 3,6% verletzten sich bei einem willentlichen Schussblock. Weitere relevante Verletzungssituationen sind Stockschlag, Zusammenstoß, Sturz auf das Eis, Check von hinten in die Bande und Beinstellen (vgl. Abb. 41).

Erlaubter Check Unerlaubter Check Arbeit in den Ecken Arbeit im Slot Stockschlag Angeschossen Zusammenstoß Sturz auf das Eis Schussblock Check von hinten in die Bande Beinstellen Ausweichen vor dem Gegner Schussabwehr des Torwarts Hoher Stock Schlägerei Bully Richtungswechsel / Abbremsen Sprint Skaten / Gleiten ohne Gegner Dribbling Abgefälschter Puck Gedränge am Boden Poke Check* Verlassen des Torraumes Sonstiges

0 5 10 15 20% 25

* Erlaubter Check des Torhüters, wenn er vor dem Tor bedrängt wird Abb. 41: Verletzungssituationen nach Beschreibung der verletzten Spieler (n=195)

89

Bei Betrachtung der Verletzungsmechanismen, wie sie sich anhand der Spielerbe- schreibungen darstellen, zeigt sich, dass der Kontakt mit dem Gegner (25,6%) den häu- figsten Verletzungsmechanismus darstellt (s. Abb. 42). Der zweithäufigste Verlet- zungsmechanismus ist der Kontakt mit der Bande (20,0%), der dritthäufigste der Kon- takt mit einem Schläger (19,0%). 6,2% der Spieler geben konkret ein Verdrehen, 2,9% ein Stechen und 2,1% ein Umknicken als Verletzungsmechanismus an (vgl. Abb. 42).

Kontakt Person Kontakt Bande Kontakt Schläger Kontakt Puck Verdrehen Kontakt Eis Stechen Umknicken Kontakt Schlittschuh Kontakt Plexiglaskante Treten Sonstiges

0 5 10 15 20 25% 30

Abb. 42: Verletzungsmechanismus nach Beschreibung der verletzten Spieler (n=195)

Zum Aufdecken möglicher präventiver Ansätze insbesondere für spezielle Verletzun- gen, wurden Kombinationen der eishockeyspezifischen Verletzungssituationen und - mechanismen in Abhängigkeit von den sechs am häufigsten im Profieishockey verletz- ten Körperregionen betrachtet. Aufgrund der relativ geringen Fallzahlen erfolgt eine se- mi-quantitative Betrachtung; auf die Angabe von %-Werten wird verzichtet. In Tab. 23 auf der nächsten Seite sind die Verletzungssituationen und -mechanismen entspre- chend ihrer oben abgebildeten relativen Häufigkeiten absteigend aufgelistet. Die für die jeweiligen Verletzungsregionen zutreffenden Kombinationen zwischen Verletzungssi- tuationen und -mechanismen wurden in einer entsprechenden Farbe markiert. Bei Kopfverletzungen zeichnet sich der Kontakt mit dem Schläger als wesentlicher Ver- letzungsmechanismus in Situationen wie der Arbeit in den Ecken, der Arbeit im Slot, dem Bully oder dem Stockschlag ab. Darüber hinaus resultieren Kopfverletzungen aus dem Kontakt mit dem Puck in unterschiedlichen Spielsituationen. Unerlaubte Checks führten u.a. zu Kontakt mit der Bande oder einer Schlittschuhkufe und somit zu Kopfver- letzungen der Eishockeyspieler (vgl. Tab. 23). Verletzungen des Kniegelenks waren die Folge eines Kontaktes mit dem Gegner oder eines Verdrehens des Kniegelenks in Spielsituationen wie erlaubten Checks, Arbeit in den Ecken, Ausweichen vor dem Gegner bzw. Richtungswechseln oder Abstoppen oder der Schussabwehr im Tor. Ebenso sind Stürze auf das Eis sowie der Kontakt mit dem Puck relevante verletzungsauslösende Ereignisse (vgl. Tab. 23).

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Tab. 23: Verletzungssituationen und -mechanismen für die sechs am häufigsten verletzten Körperregionen (farbige Felder kennzeichnen vorliegende Kombinationen)

Kontakt Person Kontakt Bande Kontakt Schläger Kontakt Puck Verdrehen Kontakt Eis Stechen Umknicken Kontakt Schlittschuh Kontakt Plexiglaskante

Erlaubter Check

Unerlaubter Check

Arbeit in den Ecken

Arbeit im Slot

Stockschlag

Angeschossen/Schussblock

Zusammenstoß

Sturz auf das Eis

Beinstellen

Ausweichen vor dem Gegner

Schussabwehr im Torraum

Hoher Stock

Bully

Richtungswechsel/Abstoppen

Sprint

Dribbling

Abgefälschter Puck

Kopf Kniegelenk Schulter Oberschenkel Rumpf Sprunggelenk

Verletzungen der Schulter resultieren relativ häufig aus dem Kontakt mit der Bande oder dem Kontakt mit dem Eis. Diese Verletzungsmechanismen wiederum sind die Fol- ge unerlaubter Checks, der Arbeit in den Ecken, Beinstellen und Stürzen (vgl. Tab. 23). Oberschenkelverletzungen sind auf der einen Seite das Ergebnis eines Kontaktes mit dem Gegner in Spielsituationen wie erlaubten und unerlaubten Checks, der Arbeit in den Ecken oder dem Ausweichen vor dem Gegner. Auf der anderen Seite wird der Me-

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chanismus Stechen relativ häufig von den Verletzten genannt. Dieser bezeichnet spezi- ell die Entstehung einer Muskelzerrung oder -ruptur. Die verletzungsauslösenden Spiel- situationen waren u.a. Sprints oder Richtungswechsel/Abstoppen (vgl. Tab. 23). Verletzungen des Rumpfes resultieren primär aus dem Kontakt mit dem Gegner. Eben- so führt ein Kontakt mit der Bande oder dem Schläger zu Rumpfverletzungen. Hierbei deuten sich Checks, Arbeit in den Ecken und im Slot, Zusammenstöße, der Schuss- block bzw. das Angeschossen werden sowie der Stockschlag als Verletzungssituatio- nen an (vgl. Tab. 23). Der häufigste Verletzungsmechanismus des Sprunggelenks ist der Kontakt mit dem Puck bei der Arbeit im Slot oder dem Schussblock bzw. dem Angeschossen-werden. Das Umknicken deutet sich ebenfalls als Verletzungsmechanismus an (vgl. Tab. 23), was aufgrund der durch den Schlittschuh gebotenen Stabilität verwunderlich erscheint. Abschließend ist nochmals darauf hinzuweisen, dass die Ergebnisse bezüglich der Ver- letzungssituationen und Mechanismen in Abhängigkeit von den verletzten Körperregio- nen aufgrund der relativ geringen Fallzahlen nicht überinterpretiert, aber dennoch als Anhaltspunkte für die Ableitung sportartspezifischer Präventivmaßnahmen herangezo- gen werden können.

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5 DISKUSSION Nach einer einleitenden Reflexion zur methodischen Vorgehensweise bei der vorlie- genden Erhebung, wird die Verletzungsproblematik im Profieishockey, so wie sie sich vor dem Hintergrund der Literatur sowie der vorliegenden Datensätze darstellt, disku- tiert. Den Abschluss bilden Vorschläge zur Prävention eishockeyspezifischer Verletzun- gen.

5.1 Methodische Aspekte Die Daten der VBG erlauben eine valide Deskription der im deutschen Profieishockey auftretenden Verletzungen sowie der daraus resultierenden Arbeitsunfähigkeiten und Kosten, sodass Verletzungsschwerpunkte klar herausgestellt werden können. Für die Ableitung sportartspezifischer, präventiver Maßnahmen ist jedoch zusätzlich die Be- trachtung der jeweiligen zur Verletzung führenden Unfallereignisse notwendig. Daher wurden im Verlauf des Projektes sämtliche Berufseishockeyspieler, die in der Saison 2007/2008, d.h. zwischen dem 01.07.2007 und dem 30.06.2008 einen Unfall beim Eis- hockeyspielen bei der VBG angezeigt haben, anhand eines eigens entwickelten, sport- artspezifischen Fragebogens befragt (s. Anhang A3+A4). Die erhobenen Daten erlaub- ten schließlich eine genauere Analyse eishockeyspezifischer Verletzungsmuster, wobei letztere die Grundlage für die Ableitung spezieller Präventivmaßnahmen darstellen. Im Bezug auf die vorliegenden Datensätze ergaben sich jedoch einige methodisch proble- matische Aspekte, die im Folgenden dargelegt werden sollen. Bei dem VBG-Datensatz handelt es sich um die Gesamtheit der Verletzungen, die der Versicherung gemeldet wurden, weshalb mittelschwere bis schwere Verletzungen überwiegen. Leichte, so genannte Bagatellverletzungen, die eher selbst behandelt wer- den bzw. die keine abrechenbaren Kosten verursacht haben, werden hingegen seltener erfasst. Dies sollte bei vergleichender Betrachtung der eigenen Befunde mit den Ergeb- nissen anderer Studien berücksichtigt werden. Die Anzahl der in den jeweiligen Monaten registrierten Unfälle wurde zu Beginn des Folgemonats seitens der VBG bekannt gegeben, sodass im Anschluss die sportartspe- zifischen Fragebögen versandt wurden. Dabei ist kritisch anzumerken, dass die verletz- ten Eishockeyspieler zum einen die Fragebögen aufgrund des Versandes an die Verei- ne zwei bis sechs Wochen nach dem Unfall erhielten, und zum anderen retrospektiv Angaben zu der Verletzung und dem genauen Unfallhergang, einschließlich Spielsitua- tion, Anzahl der Einsätze bis zur Verletzung etc., machen sollten. Dem gegenüber hat eine prospektive sowie objektive Erfassung der aufgetretenen Verletzungen vor Ort in den jeweiligen Vereinen im Rahmen epidemiologischer Forschung prinzipiell Vorrang. Allerdings handelt es sich hierbei um eine personell und finanziell äußerst aufwendige Methode, da in den jeweiligen Vereinen konkrete Ansprechpartner vorhanden sein und instruiert werden müssen, um die Registrierungen der auftretenden Verletzungen vor- nehmen. Daher stellt das aktuelle Projekt eine praktikable Möglichkeit dar, die Gesam- theit der verletzten Eishockeyspieler aller Vereine der drei Profiligen über eine gesamte Saison zu ihren an die VBG gemeldeten Verletzungen zu befragen.

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Für den gesamten Erhebungszeitraum einer Saison liegt der Rücklauf der sportartspezi- fischen Fragebögen bei 11,6% und kann beim Vergleich zu vorangehenden Projekten im Profihandball und Profifußball prinzipiell als zufriedenstellend beurteilt werden. Den- noch sei im Zusammenhang mit dem Gesamtrücklauf auf zwei Aspekte hingewiesen, die im Gegensatz zu Handball und Fußball auf eine spezielle Charakteristik im Eisho- ckey zurückzuführen sind. Knapp 15% der Profieishockeyspieler wechselten während der Saison 2007/2008 ein bis drei Mal den Verein. Von daher ist es wahrscheinlich, dass eine gewisse Anzahl an Fragebögen, welche den verletzten Spielern über die Vereine zugesandt wurden, diese Spieler gar nicht erreichten, da die Spieler zum ent- sprechenden Zeitpunkt bereits in einem anderen Verein tätig waren. Daher sollten für zukünftige derartige Projekte Möglichkeiten geschaffen werden, die Fragebögen parallel oder zumindest zeitnäher zur jeweiligen Unfallmeldung, die an die VBG erfolgt, zur Ver- fügung zu stellen. Die zeitliche Nähe zum Unfallereignis könnte sich positiv auf die Be- reitschaft zum Ausfüllen der Fragebögen und damit auf den Gesamtrücklauf auswirken. Überdies zeigte sich ein relativ starker Abfall der Rücklaufquote von 18,7% in der ersten Saisonhälfte (Juli bis Dezember) auf 4.6% in der zweiten Saisonhälfte (Januar bis Juni). Bei der Ursachenanalyse erscheint zunächst der Spielmodus im Eishockey relevant. So ist die Saison für jene Mannschaften, die nicht an den Play Offs bzw. Play Downs teil- nehmen, direkt nach der Hauptrunde im März beendet und ebenso nach und nach für jede Mannschaft die aus den Play Offs bzw. Play Downs ausscheidet. So erreichten uns Rücksendungen einiger Vereine, in denen mitgeteilt wurde, dass sich die betroffe- nen Spieler bereits in der Sommerpause befänden. Darüber hinaus könnte die Bereit- schaft zum Ausfüllen des Fragebogens bei denjenigen Spielern relativ gering gewesen sein, die mit ihrer Mannschaft um den Einzug in die Play Offs sowie gegen Ende der Saison um die deutsche Meisterschaft oder aber zumindest in der zweiten oder dritten Liga um den Klassenerhalt kämpften. Unabhängig davon sollte auch die möglicherwei- se sinkende Bereitschaft häufiger verletzter Spieler, den Fragebogen im Verlauf der Saison mehrmals auszufüllen, für den sukzessiv sinkenden Rücklauf in Erwägung ge- zogen werden. Unabhängig von der Saisonphase war der Rücklauf aus Vereinen der 2. Bundesliga mit knapp 17% am höchsten, was auf eine unterschiedliche Kooperationsbereitschaft der Vereine hinsichtlich sportunfallpräventiver Aspekte in den drei Ligen zurückgeführt wer- den kann. Hinweise hierzu gibt eine Studie im Auftrag der VBG zu motivationalen Be- dingungen der Nutzung der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) im professionellen Eishockeysport (2007). Dort konnte nachgewiesen werden, dass die positive Einstel- lung der Spieler zu Prävention stark abhängig ist von einer positiven Einstellung des Vereinsmanagements hierzu 25. Eishockeyspieler aus Vereinen, in denen kein großer Wert auf Verletzungsprävention gelegt wird, werden den Fragebogen daher vermutlich seltener ausgefüllt haben, als jene Spieler, deren Vereine die Prävention von Verlet- zungen als sinnvoll erachten. Der Fragebogen wurde den Spielern in deutscher und englischer Sprache zugeschickt. Da Kanadier und US-Amerikaner mit knapp 74% den größten Anteil der ausländischen Spieler ausmachen und die englische Sprache zudem die Standardsprache im Eisho-

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ckey darstellt, kann das zusätzliche Angebot des Fragbogens in englischer Sprache als sinnvoll erachtet werden. Der RUB-Datensatz, der mit 273 Verletzungen nur ein Teilkollektiv des VBG- Datensatzes der Saison 2007/2008 (n=2361) umfasst, kann aufgrund der vergleichba- ren Verletzungsverteilungen als annähernd repräsentativ betrachtet werden. Abschließend sei auf eine inhaltliche Problematik des Fragebogens hingewiesen. Im Zusammenhang mit den Unfallursachen, gaben die verletzten Eishockeyspieler relativ häufig „sonstige“ Verletzungssituationen und -aktionen an. Ursächlich scheint, dass die Verletzten nicht eindeutig zwischen Situation und Aktion unterscheiden konnten. So führten die Spieler relativ häufig die unter Verletzungssituation angekreuzten Antworten zusätzlich in der Kategorie ‘Sonstiges‘ bei der Frage nach Verletzungsaktionen auf, und umgekehrt. Dieses methodische Problem sollte bei eventuellen folgenden Befragungen dieser Art berücksichtigt werden.

5.2 Verletzungsproblematik im Profieishockey Die folgende synoptische Betrachtung der eigenen Befunde und der Literaturergebnisse im Hinblick auf das Verletzungsgeschehen ermöglicht eine relativ umfassende Darstel- lung der Verletzungsproblematik im Profieishockey. Dabei sind die im vorangehenden Kapitel genannten methodischen Einschränkungen der eigenen Erhebung aber auch jene der epidemiologischen Studien aus der Literatur zu berücksichtigen, in denen un- einheitliche Definitionen des Begriffs Verletzung, variierende Untersuchungszeiträume und Grundkollektive die Vergleichbarkeit und Interpretation der Ergebnisse erschweren. Trotz dieser Limitationen deuten sich dennoch grundsätzliche Übereinstimmungen be- züglich der Verletzungsschwerpunkte, der Ursachen und weiterer Aspekte des Verlet- zungsereignisses an. Bevor diese zusammenfassend herausgestellt werden, wird das Verletzungsrisiko im Profieishockey diskutiert.

Verletzungsrisiko Gemäß der aktuellen Erhebung im Profieishockey ereignen sich 3/4 aller Verletzungen in offiziellen Wettkämpfen. In diesem Zusammenhang konnte, je nach Liga, ein 68-108 Mal höheres Verletzungsrisiko im Wettkampf gegenüber dem Training nachgewiesen werden. In der DEL liegt das Risiko bei 47 Verletzungen pro 1000 Wettkampfstunden (Wkh), in der 2. Bundesliga bei ca. 25/1000 Wkh und in der Oberliga bei ca. 23/1000 Wkh. Damit ist das Verletzungsrisiko, zumindest was Wettkämpfe anbetrifft, in der DEL gegenüber den nachfolgenden Ligen etwa doppelt so hoch. Auch die Tatsache, dass 98% der DEL-Spieler in der Saison 2007/2008 mindestens eine Verletzung bei der VBG zur Anzeige gebracht haben, deutet auf ein relativ hohes Verletzungsrisiko in der höch- sten Spielklasse in Deutschland hin. Literaturergebnisse bestätigen den Trend eines steigenden Verletzungsrisikos mit zunehmendem Spielniveau 13. In Abhängigkeit von der Definition des Begriffs Verletzung können Inzidenzen relativ stark variieren. In prospektiven Studien wurden sämtliche Verletzungen eingeschlossen, die zu mindestens einem Tag Ausfall im Training oder Wettkampf führten. Aus Gründen

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der besseren Vergleichbarkeit der eigenen Ergebnisse mit jenen aus der Literatur, wur- den bei der eigenen Berechnung der Inzidenzen lediglich diejenigen Verletzungen be- rücksichtigt, die laut VBG-Daten in mindestens einem Tag Arbeitsunfähigkeit resultier- ten. Dabei scheint das aktuell im deutschen Profieishockey ermittelte Verletzungsrisiko mit 23-47 Verletzungen pro 1000 Wkh gegenüber dem in anderen Arbeiten ermittelten Risiko von 36-83 Verletzungen pro 1000 Wettkampfstunden relativ gering. In diesem Zusammenhang ist fraglich, ob es sich bei den in anderen Arbeiten erfassten Verlet- zungen um derart relevante Verletzungen handelte, dass sie gleichzeitig zu einer An- zeige bei der zuständigen Versicherung geführt haben. Zudem scheint ein Tag Trai- nings- bzw. Wettkampfausfall eines Spielers nicht mit einer offiziellen Arbeitsunfähigkeit gleichgesetzt werden zu können. Bei vergleichender Betrachtung der Dauer des Ausfall bzw. der AU stellte sich bestätigend heraus, dass deutsche Profieishockeyspieler in der aktuellen Erhebung in 30% der Fälle leichtere Verletzungen mit 1-7 Tagen AU erlitten, während es sich in anderen Arbeiten zu 61-88% um solche leichten Verletzungen mit 1- 7 Tagen Ausfall handelte. So scheinen prospektive Studien u.a. durch die zeitnahe Er- fassung mehr leichtere Verletzungen registriert zu haben, was die mehrheitlich höheren Verletzungsinzidenzen erklären würde. Bei separater Betrachtung einer Studie aus Deutschland, die über 10 Jahre (1986-1995) Verletzungen der Stammkaderspieler deutscher Nationalmannschaften untersuchte, zeigt sich mit einem ermittelten Verlet- zungsrisiko von 46/1000 Wkh eine relativ gute Übereinstimmung zum Verletzungsrisiko in Deutschlands höchster Spielklasse (DEL=47/1000 Wkh). Über eine derartige Einordnung der eigenen Ergebnisse hinaus erscheint es, aufgrund der methodischen Problematik und der eingeschränkten Vergleichbarkeit der eigenen Ergebnisse mit den Literaturbefunden, jedoch nicht sinnvoll, Rückschlüsse auf die Ver- änderung des Verletzungsrisikos im zeitlichen Verlauf zu ziehen. Hierzu können aus- schließlich die Ergebnisse einer vergleichenden Betrachtung der VBG-Daten aus den Saisons 2006/2007 und 2007/2008 herangezogen werden. Dabei zeigt sich insbeson- dere für die DEL, dass die Verletzungsrate von 2,6 auf 3,0 Verletzungen pro 100 Spieler pro Saison (vgl. Tab. 11, S. …) angestiegen ist. Überdies deutet sich anhand der eigenen Daten eine Abhängigkeit des Verletzungsrisi- kos vom Alter der Eishockeyspieler an. In der DEL zeigte sich, dass Spieler unter 20 Jahren deutlich häufiger von Verletzungen betroffen waren, als jene der übrigen Alters- gruppen. Die Literatur bestätigt ein steigendes Verletzungsrisiko mit zunehmendem Al- ter. Eine mögliche Erklärung hierfür, könnte eine für die jungen Spieler bis dato unge- wohnte Spielhärte im Seniorenbereich bzw. in der höchsten Spielklasse sein. Diese Problematik der Jungprofis, die beim Übergang von Jugend- zu Seniorenmannschaften körperlich häufig überfordert zu sein scheinen, ist ebenfalls aus anderen Mannschafts- sportarten bekannt. In diesem Zusammenhang sollte von den Verantwortlichen im Eis- hockey jedoch kritisch hinterfragt werden, inwieweit eine Einstellung, junge Spieler hart zu checken und ihnen ihre Grenzen im Senioren-Profibereich aufzuzeigen, verbreitet ist, und für die relativ hohe Verletzungsquote bei den unter 20 Jährigen Jungprofis von Bedeutung sein könnte. Nicht zu trennen ist diese Problematik von dem ebenfalls altersabhängigen athletischen Ausbildungsgrad. Ältere Spieler sind größer, schwerer und haben einen höheren BMI.

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Da ein hoher BMI als Indikator für einen relativ hohen Muskelanteil am Gesamtkörper- gewicht gilt, ist es wahrscheinlich, dass die älteren Eishockeyspieler einen besseren athletischen Trainingsstatus aufweisen als die jüngeren.

Verletzungen und Ursachen Eishockeytypische Verletzungen und damit die Verletzungsschwerpunkte im Profieisho- ckey werden im Folgenden anhand der am häufigsten verletzten Körperregionen sowie Verletzungsarten herausgestellt. Die Analyse der VBG-Daten sowie der Literatur hinsichtlich verletzter Körperregionen ergab, dass der Kopf – einschließlich Nacken – (24,9-26,7%), das Kniegelenk (10,9- 13,5%), die Schulter (9,8-13,3%) sowie der Oberschenkel (9,4-14,7%) die am häufigs- ten verletzten Körperregionen im Profieishockey darstellen. Während Verletzungen des Sprunggelenks und des Rumpfes in der Literatur von untergeordneter Bedeutung zu sein scheinen, erweisen sie sich im deutschen Profieishockey mit 9,4% und 9,5% eben- falls als relevante Verletzungsregionen. Alle weiteren Körperregionen waren sowohl in der Literatur als auch in den eigenen Daten mit jeweils maximal 6% relativ selten von Verletzungen betroffen. Bei einer ligenspezifischen Betrachtung der VBG-Daten zeigt sich, dass die relative Wahrscheinlichkeit für Verletzungen des Kniegelenks mit zuneh- mender Spielklasse steigt (OL: 10,4%, 2. BL: 13,7%, DEL: 15,5%), sodass Kniege- lenksverletzungen bei ligenspezifischer Betrachtung in der DEL relativ betrachtet das größte Problem darstellen. Zur Vergleichbarkeit der eigenen Ergebnisse mit jenen aus der Literatur erfolgte eine separate Analyse der im deutschen Profieishockey vorliegenden Verletzungsarten. Da- bei liegen Kontusionen mit 31,0% an der Spitze, was im Wesentlichen auf die Charakte- ristik der Sportart bzw. die durch das Regelwerk erlaubten Bodychecks zurückzuführen sein dürfte. Dem gegenüber ermittelten andere Studien – ausgehend von den in einer Übersichtsarbeit ermittelten Mittelwerten für die Jahre 1996-2000 – fast 10% weniger Kontusionen. Hautverletzungen wurden in anderen Studien mit durchschnittlich 15,1% relativ gesehen häufiger registriert als in der aktuellen Erhebung. Dies könnte jedoch darauf zurückgeführt werden, dass Hautverletzungen, die – wenn überhaupt – von den Spielern als eher leichtere Verletzungen eingestuft werden, seltener bei der VBG ge- meldet werden. Eine derartige separate Darstellung der Verletzungsarten erscheint jedoch eher aus medizinisch-therapeutischer Sicht hilfreich zu sein. Für eine Darstellung der Verlet- zungsproblematik sowie für die Ableitung präventiver Maßnahmen ist es jedoch eher von Interesse, die Verletzungsarten in Abhängigkeit von den verletzten Körperregionen zu betrachten. In der folgenden Zusammenfassung der eigenen Ergebnisse, die – wo es sinnvoll erscheint – um Befunde der Literatur ergänzt werden, liegt der Fokus auf den sechs am häufigsten im deutschen Profieishockey verletzten Körperregionen Kopf, Kniegelenk, Schulter, Oberschenkel, Sprunggelenk und Rumpf. Zusätzlich werden die ermittelten Verletzungsursachen sowie weitere nennenswerte Erkenntnisse bezüglich der jeweiligen Verletzungen kombiniert diskutiert. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Ergebnisse bezüglich der Verletzungssituationen und Mechanismen in Abhängigkeit

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von den verletzten Körperregionen aufgrund der relativ geringen Fallzahlen nicht über- interpretiert, aber dennoch als Anhaltspunkte für die Ableitung sportartspezifischer Prä- ventivmaßnahmen herangezogen werden dürfen.

Bei detaillierter Analyse der Kopfverletzungen stellen sich Gehirnerschütterungen und Hautverletzungen des Gesichtes mit jeweils ca. 24% übereinstimmend mit der Literatur als Verletzungsschwerpunkte dar. In knapp 18% aller Kopfverletzungen handelt es sich um Zahnfrakturen, wobei sämtliche der betroffenen Spieler angaben, einen Mundschutz getragen zu haben. Es kann jedoch nicht geklärt werden, ob diese Verletzten hier nicht eher gemäß eines erwünschten Verhaltens oder aus versicherungstechnischen Grün- den das Tragen eines Mundschutzes angaben. 9% aller Kopfverletzungen waren Schä- delfrakturen, was unter der Voraussetzung, dass ein Helm getragen wurde, auf eine re- lativ große Krafteinwirkung schließen lässt. In der gesamten Saison 2007/2008 wurde keine Augenverletzung registriert, was dem Trend im internationalen Eishockey ent- spricht und möglicherweise auf das obligatorische und korrekte Tragen eines Halbvi- siers zurückgeführt werden kann. Bei der Analyse der Ursachen für Kopfverletzungen zeichnet sich der Kontakt mit dem Stock als wesentlicher Verletzungsmechanismus in Situationen wie der Arbeit in den Ecken, der Arbeit im Slot (direkt vor dem Tor) oder dem Bully ab. Darüber hinaus führ- ten Kontakte mit dem Puck überwiegend vor dem Tor z.B. beim absichtlichen Schuss- block oder aber unerlaubte Checks in Verbindung mit einem Kontakt mit der Bande zu den oben genannten Kopfverletzungen. Bei gesonderter Betrachtung von Gehirner- schütterungen werden in der Literatur ebenfalls Checks (gegen die Bande) und Stock- schläge als verletzungsauslösende Aktionen genannt. Dabei können drei Verletzungs- mechanismen unterschieden werden: • der direkte Schlag gegen den Kopf bzw. Helm • der direkte, seitliche Schlag gegen das Gesicht • der Schlag gegen das Kinn 9. Bei einer Analyse der Verletzungsschwere zeigte sich anhand der VBG-Daten zu- nächst, dass Kopfverletzungen seltener in einer AU resultieren als Verletzungen des Kniegelenks, der Schulter oder des Oberschenkels. Diejenigen, die verletzungsbedingt arbeitsunfähig waren, fielen mit durchschnittlich 10 Tagen relativ kurz aus. So stellt sich die Frage, ob es sich bei Kopfverletzungen tatsächlich um eher leichte Verletzungen handelt oder diese Verletzungen bagatellisiert werden? Hautverletzungen des Gesichts, wie z.B. Riss- und Schnittwunden, sowie Zahnfrakturen hindern die betroffenen Spieler vermutlich relativ selten am schnellen Wiedereinstieg in das sportliche Training und Wettkampfgeschehen. Sie können relativ einfach behandelt werden und erscheinen im Hinblick auf mögliche Spätfolgen eher unbedenklich. Platz- wunden hinlassen allenfalls Narben, die unter den Spielern jedoch eher als Trophäen harter Zweikämpfe gelten, sodass junge Spieler es kaum erwarten können, sich ihre erste Narbe als Symbol eines körperbetonten Spiels zuzuziehen.

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Gehirnerschütterungen resultieren in einer durchschnittlichen Ausfallzeit von 6 Tagen 55. Bei unter 7 Tagen Ausfall wären sie der Klassifizierung der Literatur zufolge dem- nach als leichte Verletzung einzustufen. Zur Beurteilung der Problematik von Gehirner- schütterungen im Profieishockey erscheint es in diesem Zusammenhang allerdings notwendig, die Verletzungsschwere nicht ausschließlich anhand der aktuellen Ausfall- zeit, sondern auch anhand der Gesamtproblematik dieser Verletzung zu beurteilen. Hierbei wird insbesondere auf die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis im Umgang mit diesen Verletzungen hingewiesen. Im Rahmen zweier internationaler Kongresse zu Gehirnerschütterungen im Sport wurden sogenannte ’Return-to-play’ Richtlinien zur bestmöglichen Beurteilung der Sportfähigkeit der Betroffenen erarbeitet. In der Praxis zeige sich jedoch, dass der betroffene Spieler häufig schon nach wenigen Tagen frei von Symptomen sei und auf die Rückkehr ins sportliche Training sowie auf einen Ein- satz im Wettkampf dränge, was von Trainern in der Regel gewährt werde. Dabei kons- tatiert ein Autor, dass die Gehirnzellen nach einer Gehirnerschütterung für einen bislang unbekannten Zeitraum anfällig blieben, was in gravierenden Spätfolgen oder aber, auf- grund reduzierter Reaktionszeit, in weiteren Verletzungen resultieren könne 9. Außer- dem zeigten sich insbesondere nach wiederholtem Auftreten Ausfallerscheinungen oder irreversible Schäden, die normalerweise zu einem sofortigen Ausstieg aus der Sportart führen sollten 55. Eine defizitäre Sofortdiagnose auf dem Spielfeld erweist sich als weite- res Problem im Umgang mit Gehirnerschütterungen. So zeige sich, dass Spieler relativ häufig mit Gehirnerschütterungen weiterspielten, die im Nachhinein zu einer Arbeitsun- fähigkeit der Betroffenen führten 9. Dies kann anhand der eigenen Daten bestätigt wer- den. 1/3 der deutschen Profieishockeyspieler hat mit bzw. trotz Gehirnerschütterung weitergespielt. Bei Betrachtung der Gesamtproblematik von Gehirnerschütterungen im Profieishockey seien die folgenden Aspekte festgehalten: • Gehirnerschütterungen ereignen sich mindestens einmal pro Saison pro Mann- schaft; mindestens 20% der Eishockeyspieler erleiden während ihrer aktiven Laufbahn eine Gehirnerschütterung. • Insbesondere das wiederholte Auftreten stellt ist im Hinblick auf die irreversiblen Spätfolgen ein wesentliches Problem dar. • Die Dauer der Ausfallzeit wird wesentlich von der subjektiven Einschätzung und Selbstverantwortung der verletzten Spieler bestimmt. • Gehirnerschütterungen scheinen seitens der Spieler bagatellisiert zu werden. • Insbesondere Trainer und betreuende Personen scheinen sich der Verantwortung beim Umgang mit diesen Verletzungen nicht ausreichend bewusst zu sein. • Die Sofort-Diagnose von Gehirnerschütterungen auf dem Spielfeld sowie die Be- urteilung eines möglichen Wiedereinstiegs nach einer Verletzungspause Bedarf einer Optimierung.

Das Kniegelenk ist mit 13,5% die am zweithäufigsten verletzte Körperregion im deut- schen Profieishockey. Dabei handelt es sich zu jeweils 30,0% um Distorsionen oder Rupturen und zu 25,0% um Kontusionen des Kniegelenks. Eine von drei Distorsionen

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(10%) und zwei von drei Rupturen (20%) betreffen das Innenband. Die Literatur bestä- tigt Distorsionen bzw. Rupturen des Innenbandes als die wahrscheinlich häufigsten schweren Verletzungen des modernen Eishockey. Das Risiko wird auf 1-4 Innenband- verletzungen pro Profimannschaft pro Saison geschätzt. Schwedische Profieishockey- spieler, die retrospektiv befragt wurden, gaben zu 42% an, in ihrer Eishockeykarriere bereits eine Kniegelenksverletzung erlitten zu haben. Dabei hatten sich 60% eine Rup- tur des Innenbandes, 15% eine Meniskusläsion und 12% eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes (VKB) zugezogen 53. Demnach scheinen VKB-Rupturen, übereinstim- mend mit den eigenen Befunden, im Eishockey nicht ein derart großes Problem darzus- tellen, wie z.B. im Handball oder Fußball. Ausgehend von den eigenen Daten waren Verletzungen des Kniegelenks häufig die Folge eines Kontaktes mit dem Gegner oder eines Verdrehens des Kniegelenks in Spielsituationen wie erlaubten Checks, Arbeit in den Ecken oder Ausweichen vor dem Gegner bzw. Richtungswechseln. Speziell im Hinblick auf Innenbandverletzungen wird in der Literatur der Kontakt mit dem Gegner und eine durch die Krafteinwirkung von der Seite resultierende Valgusstellung des Kniegelenks als verletzungsauslösender Mecha- nismus herausgestellt 34. Der klassische Verletzungsmechanismus für VKB-Rupturen ist ein Verdrehen des Kniegelenks bei fixiertem Fuß. Da dies im Eishockey aufgrund der Beschaffenheit der Spieloberfläche nur bei relativ tiefen Rillen im Eis oder im Bereich der Bande denkbar ist, ereignen sich VKB-Rupturen im Eishockey vermutlich nicht de- rart häufig wie in anderen Mannschaftssportarten. Ebenso waren gemäß der Angaben der verletzten Profieishockeyspieler Stürze auf das Eis sowie der Kontakt mit dem Puck relevante verletzungsauslösende Ereignisse. Diese führten vermutlich vornehmlich zu den relativ häufigen Kontusionen des Kniegelenks. Hierbei sollte die Effektivität der Schutzausrüstung hinterfragt werden. Die durchschnittliche Ausfallzeit für Spieler mit Kniegelenksverletzungen beträgt 41 Ta- ge. Dabei fallen Spieler mit Kreuzbandrissen durchschnittlich 6 Monate aus, jene mit In- nenbandverletzungen steigen nach im Mittel 36 Tagen wieder in das Mannschaftstrai- ning ein. Diese relativ kurze AU-Dauer vergleichen mit dem etwa 5 Mal längeren Ausfall nach VKB-Rupturen ist im Wesentlichen auf die mittlerweile hauptsächlich konservativ durchgeführten Behandlungen von Innenbandverletzungen zurückzuführen. Trotz die- ser optimierten Behandlungsmöglichkeiten sollte die Gesamtproblematik von Kniege- lenksverletzungen im Profieishockey nicht unterschätzt werden. Zum einen stellen sie eine nennenswerte ökonomische Gesamtbelastung dar, zum anderen resultieren Knie- verletzungen in 13% der Fälle in bleibenden Funktionsstörungen, wie bspw. Beuge- und/oder Streckdefiziten oder chronischer Bandinstabilität. Folglich stellen Kniegelenks- verletzungen einen wesentlichen Schwerpunkt für mögliche Präventionsmaßnahmen im Profieishockey dar.

Jede zehnte Verletzung im Profieishockey ist eine Schulterverletzung. Kontusionen sind hierbei mit 44,8% die dominierende Verletzungsart, gefolgt von Rupturen (24,1%), Distorsionen und Luxationen (je 13,8%). Dabei sind Rupturen des Schultereckgelenks

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(Tossi I-III) und Luxationen des Schultergelenks mit je 13,8% nach Kontusionen die zweit- und dritthäufigsten Schulterverletzungen. Verletzungen der Schulter resultieren relativ häufig aus dem Kontakt mit der Bande oder dem Kontakt mit dem Eis. Diese Verletzungsmechanismen wiederum sind die Fol- ge unerlaubter Checks, der Arbeit in den Ecken, Beinstellen und Stürzen. Die Literatur konkretisiert, dass die Spieler häufig auf den ausgestreckten Arm oder die Schulter selbst fallen. Für die Prävention derart entstehender Verletzung sollte somit u.a. eine Verbesserung der Falltechnik sowie eine Optimierung der Schulterprotektoren in Erwä- gung gezogen werden. Schulterverletzungen stellen sich ebenso wie Kniegelenksverletzungen insbesondere im Hinblick auf die ökonomische Gesamtbelastung aber auch den sportlichen Ausfall der Betroffenen als wesentliches Problem dar. Eishockeyspieler, die sich eine Schulter- verletzung zugezogen haben, sind mit durchschnittlich 48 Tagen am längsten aus dem Trainings- und Spielbetrieb ausgeschieden. Zudem durchliefen sie mit im Durchschnitt 50 Tagen die längste Rehabilitation.

Bei Verletzungen des Oberschenkels handelt es sich überwiegend um Muskelzerrun- gen (35,7%). Diese betreffen in 4 von 5 Fällen die Adduktoren und in den verbleibenden 20% die vordere oder hintere Oberschenkelmuskulatur. Im Gegensatz dazu entfallen 3/4 aller Rupturen des Oberschenkels auf die vordere oder hintere Oberschenkelmus- kulatur, während die Adduktoren in nur 1/4 der Fälle von Rupturen betroffen sind. Wei- tere 28% der gemeldeten Oberschenkelverletzungen sind Kontusionen. In der Literatur werden Muskelzerrungen und -rupturen separat erfasst. Dabei erwiesen sich Verletzun- gen der Adduktoren als wesentliches Problem dar, während Verletzungen der ischiocru- ralen Muskulatur (hintere Beinmuskulatur) sowie der Beinbeuger nur vereinzelt regist- riert wurden. Hinweise auf mögliche Verletzungsursachen fanden sich in der gesichteten Literatur hingegen nicht. Die in der aktuellen Erhebung befragten Eishockeyspieler gaben relativ häufig ein Stechen als Verletzungsmechanismus an. Dieser bezeichnet speziell die Entstehung einer Muskelzerrung oder -ruptur. Die verletzungsauslösenden Spielsitua- tionen waren u.a. Sprints/Antritte oder Richtungswechsel. Kontakte mit dem Gegner in Spielsituationen wie erlaubten und unerlaubten Checks oder der Arbeit in den Ecken wurden als Verletzungsursachen für Kontusionen genannt. Verletzungen des Oberschenkels führten in ca. 8% der Fälle und damit vergleichsweise selten zur stationären Ausnahme, dabei mit durchschnittlich 9,5 Tagen Aufenthalt aller- dings zu den am längsten stationär behandelten Verletzungen. Darüber hinaus fielen verletzten Spieler im Mittel für knapp über drei Wochen aus

Das Sprunggelenk ist die dritte Region der unteren Extremitäten, die relativ häufig von Verletzungen betroffen. Dabei sind Kontusionen mit 44,4% die dominante Verletzungs- art. Distorsionen (22,2%) und Frakturen (16,7%) sind aufgrund des Schutzes durch den Schlittschuh seltener zu beobachten. Die verletzte Struktur des Sprunggelenks ist im

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Detail von den betroffenen Eishockeyspielern in der Regel nicht näher beschrieben worden. Nur in einem Fall wurden die sich zu 11,1% ereignenden Rupturen des Sprunggelenks als Verletzung der Außenbänder konkretisiert. Die in der Literatur als eishockeytypische Sprunggelenksverletzungen bezeichneten Syndesmosedistorsionen konnten wurden der VBG in der Saison 2007/20008 nicht gemeldet. Der häufigste Verletzungsmechanismus des Sprunggelenks ist der Kontakt mit dem Puck bei der Arbeit im Slot oder dem Schussblock bzw. dem Angeschossen-werden. Hieraus resultieren vornehmlich die oben genannten Kontusionen und seltener auch die Frakturen. Das Umknicken deutet sich ebenfalls als Verletzungsmechanismus an, was aufgrund der durch den Schlittschuh gebotenen Stabilität verwundert. Im Hinblick auf die Prävention könnte sich eine Optimierung des durch den Schlittschuh gebotenen Schutzes sowie das korrekte Tragen der Schlittschuhe verletzungsminimierend auswir- ken.

Letztendlich stellen Rumpfverletzungen, die sich anhand eigener Daten und der Lite- ratur übereinstimmend als typische Kontaktverletzung darstellen, den letzten Verlet- zungsschwerpunkt im deutschen Profieishockey dar. Zu ca. 65% handelt es sich um Kontusionen des Rumpfes, welche sich im Detail wie folgt auf den Rumpf verteilen: 23,1% Brustkorb, 19,2% Brust-/Lendenwirbelsäule, je 11,5% stumpfes Bauchtrauma und Rumpf allgemein. Als konkrete Verletzungsmechanismen benennen die betroffenen Spieler überwiegend Kontakte mit dem Gegner, aber auch Kontakte mit der Bande oder dem Stock. Hierbei deuten sich Checks, Arbeit in den Ecken und im Slot, Zusammen- stöße, der Schussblock bzw. das Angeschossen werden sowie der Stockschlag als Ver- letzungssituationen an.

Zusammenfassend sind somit überwiegend Kontakte mit dem Gegner (25,6%), der Bande (20,0%), dem Stock (19,0%) und/oder dem Puck (12,8%) von den Profieisho- ckeyspielern als verletzungsauslösende Mechanismen für Verletzungen von Kopf, Kniegelenk, Schulter, Oberschenkel, Sprunggelenk und Rumpf angegeben worden. Dabei lassen sich aus den oben beschriebenen Kombinationen von Verletzungsmecha- nismen und eishockeyspezifischen Spielsituationen erste Ansätze für präventive Maß- nahmen ableiten, auf die im folgenden Kapitel eingegangen wird.

Weitere Erkenntnisse zum Unfallereignis Nachdem der Check des Gegners mit 41,0% als häufigste verletzungsauslösende Si- tuation von den Eishockeyspielern genannt wurde, verwundert es nicht, dass der über- triebene Einsatz des Gegners (43,2%) zugleich als Hauptunfallgrund von den Verletzten angeben wird. Im Zusammenhang mit dem relativ hohen Anteil an Verletzungen durch Gegnerkontakt wird in der Literatur vermutet, dass die Verbesserung der Ausrüstung die Hemmschwelle der Spieler für aggressiven Körpereinsatz in Wettkämpfen senke. Zudem werden das Fehlverhalten anderer (17,9%) und eine schlechte Technik des Ge- gners (6,8%) relativ häufig als ursächlich benannt, womit in insgesamt ca. 68% der Fäl-

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le die Schuld bei anderen Spielern gesehen wird. In ca. 15% der Fälle und damit relativ selten werden eigene Fehler von den Verletzten eingeräumt. Weitere 7% der Verletzten antworteten, ihre Verletzung sei Pech, Zufall bzw. Unglück, was suggeriert, dass diese Spieler Verletzungen als zu ihrer Sportart dazugehörig empfinden. Solange sich im Pro- fieishockey nicht die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass die Entstehung von Verletzun- gen auf vielfältige Faktoren zurückzuführen ist und auch eigene Unzulänglichkeiten, wie eine schlechte Technik oder Kondition bzw. Manipulation der Ausrüstung, grundsätzlich zu der Entstehung der eigenen Verletzungen beigetragen haben könnten, werden Prä- ventivmaßnahmen vermutlich nur unzureichend bzw. gar nicht akzeptiert. Wenn Prä- vention erfolgreich im Profieishockey integriert werden soll, scheint es unvermeidlich die Einstellung der Spieler sowie der Verantwortlichen mithilfe einer Wissensvermittlung hinsichtlich eishockeytypischer Verletzungen, der Entstehung und der Möglichkeiten ih- rer Prävention zu verbessern. Im Hinblick auf den Umgang der Spieler mit der jeweiligen eigenen Verletzung zeigte sich, dass über die Hälfte der Spieler (54,1%) nach dem Unfallereignis noch verletzt weiterspielte, wovon wiederum knapp die Hälfte prinzipiell arbeitsunfähig war, da sich im Nachhinein eine AU herausstellte. Es scheint bedenklich, dass ein relativ hoher An- teil an Spielern – wie bereits weiter oben angeführt – mit Gehirnerschütterungen wei- terspielte. Ebenso hatten 33,3% der Spieler, die trotz Knieverletzungen weiter am Wett- kampf teilnahmen, Bänderrupturen des Kniegelenks erlitten. Bei den am Sprunggelenk Verletzten spielten 25% mit einer Bänderrupturen und ca. 8% mit einer Fraktur weiter. In diesem Zusammenhang kommentiert ein Verantwortlicher der DEL, beim Kampf um die deutsche Meisterschaft in den Play Offs könne der Ausfall eines Leistungsträgers, z.B. aus einer der ersten beiden Sturmreihen, zum kompletten Zusammenbruch des Spiels einer Mannschaft und so zur Niederlage führen. Zudem würden Spieler, die die gesamte Saison auf die Play Offs hingearbeitet haben, einfach spielen wollen. So scheint sowohl ein unbedingter Leistungswille der jeweiligen Spieler als auch ein strik- tes Erfolgsdenken des Trainers bzw. der Verantwortlichen dazu zu führen, dass Eisho- ckeyspieler mit Verletzungen weiterspielen, die in anderen Mannschaftssportarten ver- mutlich zu einem sofortigen Beenden des Wettkampfs führen würden. Ein weiterer Hin- weis auf einen unterschiedlichen Umgang mit Verletzungen ergibt sich aus der Tatsa- che, dass der VBG aus dem Profieishockey nur etwa halb so viele Verletzungen gemel- det wurden, wie aus dem Profifußball; und dies nicht, weil sich die Eishockeyspieler sel- tener verletzten. Im Gegenteil ist die Verletzungsrate pro Jahr pro Spieler im Eishockey höher als im Profifußball. Vielleicht könnte man salopp formulieren, dass Eishockey- spieler als „harte Kerle“ mehr Verletzungen „wegstecken“, bevor z.B. eine Sportpause, eine ärztliche Konsultation oder eine Meldung bei der Versicherung erfolgt. Somit deutet sich ein relativ nachlässiger Umgang mit der Gesundheit der Spieler als generelles Problem im Eishockey an und sollte aus präventiver Sicht von den Verantwortlichen diskutiert werden. Hinzu kommt, dass ein derartig defizitäres Problembewusstsein auch im Zusammen- hang mit den Regeln, insbesondere deren Einhaltung sowie konsequenter Bestrafung seitens der Schiedsrichter zu sehen ist. Knapp 28% der Verletzten geben Regelverstö- ße als Grund für ihre Verletzung an. Laut Meinung der Schiedsrichter hat in 40% dieser

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Unfallereignisse ein Foulspiel vorgelegen. Insgesamt wurde in 19% aller Verletzungssi- tuationen ein Foul von den Schiedsrichtern beobachtet und damit etwa doppelt so häu- fig wie in der gesichteten Literatur (8-11%). Bei genauerer Betrachtung der Verlet- zungsaktionen zeigte sich, dass regelwidrige Aktionen mit insgesamt 58% an der Spitze der verletzungsauslösenden Aktionen im Eishockey stehen. Dabei gaben die Spieler Check von hinten (12,3%), Check gegen die Bande (11,3%), Stockschlag (10,3%), unerlaubten Körperangriff (5,9%), Hoher Stock (4,4%), Beinstellen (3,9%), Crosscheck (2,9%) und sonstige unerlaubte Checks (7,4%) an. Da diese Aktionen vom Regelwerk her zu bestrafen sind, wurden sie in einem nächsten Schritt im Zusammenhang mit den Schiedsrichterentscheidungen analysiert. In 77,3% der Fälle wurde bei einem Check gegen die Bande und in 81,0% der Fälle bei einem Stockschlag von den Schiedsrich- tern nicht auf Foul entschieden. Der Gesamtmittelwert für sämtliche oben genannten Aktionen zeigt, dass durchschnittlich 67,2% aller regelwidrigen Aktionen von den Schiedsrichtern nicht als Foul beurteilt wurden. Hieraus ergeben sich eindeutige Ansät- ze zur Prävention aller durch regelwidrige Aktionen verursachten Verletzungen im Pro- fieishockey. Angaben zum Verletzungsgeschehen in Abhängigkeit von den Spielkonstellationen, wie dem ’Power Play’ oder ’Penalty Killing’, also dem Über- und Unterzahlspiel, sind in der Literatur nicht zu finden. Aus der Analyse eigener Daten deutet sich an, dass sich Ver- letzungen der Schulter, des Oberschenkels und des Sprunggelenks überdurchschnitt- lich häufig im ‘Power Play‘, dem Überzahlspiel, ereigneten, während Verletzungen des Rumpfes häufiger im ’Even Strength‘ vorkamen. Knieverletzungen, als zweithäufigste Verletzung im Eishockey, scheinen vor allem im Unterzahlspiel, dem ‘Penalty Killing’ ein Problem darzustellen. Folglich scheint eine sich in Abhängigkeit von der Spielkonstella- tion verändernde Spielcharakteristik einen Einfluss auf die Entstehung der Verletzungen zu haben. Unabhängig von der Spielkonstellation zeigte sich ein Verletzungshoch zu Beginn des zweiten Drittels. So ereigneten sich knapp 27% aller Verletzungen in der 21.-30. Spiel- minute. Scheinbar sind die Spieler in dieser Spielphase, direkt nach der ersten Drittel- pause, nicht optimal auf das Spiel vorbereitet. Denkbar ist, dass sie nach der Pausen- ansprache des Trainers übermotiviert in das nächste Drittel starten, körperbetonter und aggressiver spielen, um das Spiel frühzeitig für sich zu entscheiden. Dies könnte die beobachtete Häufung von Verletzungen des Kopfes, Rumpfes und der Schulter in die- ser Spielphase erklären, da diese überwiegend aus Checks des Gegners resultieren. Da das Spiel der Mannschaften durch Vorschläge zur Prävention nicht beeinflusst wer- den soll, erscheint es sinnvoll, zumindest die psycho-physische Vorbereitung der Spie- ler vor allem vor diesem verletzungsträchtigen zweiten Spieldrittel zu optimieren. Bei Betrachtung des Verletzungsrisikos in Abhängigkeit von den Spielpositionen lieferte die Literatur widersprüchliche Ergebnisse hinsichtlich des Risikos für Angreifer und Ver- teidiger, übereinstimmend wurde allerdings das geringste Risiko für die Torhüter fest- gestellt. Im Unterschied hierzu deutet sich anhand mehrerer Untersuchungen und der eigenen Daten an, dass Angreifer häufiger von Verletzungen betroffen sind als Verteidi- ger und Torhüter. So waren Angriffsspieler – gemessen an der durchschnittlichen Ver- teilung der Spielpositionen in den drei Ligen – in den Stammkadern der Vereine stärker

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vertreten, was möglicherweise ein Indiz für eventuell höhere Verletzungsrisiken auf Sei- ten der Angriffsspieler ist. Darüber hinaus zeigte sich bei der Analyse der RUB-Daten, unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich bei den Befragten nur um ein Teil- kollektiv aller verletzten Profieishockeyspieler handelt, dass Angreifer häufiger von Ver- letzungen betroffen sind als Spieler auf den anderen Positionen. Während in der Litera- tur keine Unterschiede hinsichtlich der Verletzungslokalisation und der Art der Verlet- zungen zwischen den Positionen festzustellen waren, deutet sich anhand eigener Ana- lysen eine Abhängigkeit der Verletzungsregionen von der Spielposition an. Angreifer verletzten sich häufiger an der Schulter und am Sprunggelenk (je 66,7%), Verteidiger hingegen waren häufiger von Kopfverletzungen betroffen (40,0%). Torhüter verletzten sich überdurchschnittlich häufig am Kniegelenk (12,5%) und Oberschenkel (28,6%), während Schulter- und Sprunggelenksverletzungen auf dieser Spielposition von gerin- ger Relevanz zu sein scheinen. Bei der Analyse der Verletzungsregionen im Zusammenhang mit den Verletzungsaus- lösenden Spielsituationen deutete sich bereits an, dass die Arbeit in den Ecken sowie im Slot ein höheres Risiko darzustellen scheint. Daher wurde die Verletzungsverteilung auf dem Spielfeld insgesamt sowie positionsspezifisch analysiert. Um zu einer Ein- schätzung des Verletzungsrisikos in den jeweiligen Spielfeldabschnitten zu gelangen, wurde der Anteil der Unfälle pro Spielfeldabschnitt durch den entsprechenden Anteil der Fläche an der Gesamtspielfläche dividiert. Verletzungsraten <1 weisen auf ein relativ geringeres Verletzungsrisiko auf den entsprechenden Spielfeldabschnitten, Werte >1 signalisieren entsprechend höhere Verletzungsraten. Gemessen an einem mittleren Ri- siko von 1, ist das Verletzungsrisiko hinter dem eigenen Tor doppelt so hoch. Weiterhin deuten sich vereinzelt Zonen mit höherem Verletzungsrisiko an – siehe hierzu auch. Bei positionsspezifischer Betrachtung zeigt sich für Angreifer ein erhöhtes Verletzungsrisiko auf beiden Seitenabschnitten der Angriffszone sowie hinter dem gegnerischen Tor. Be- merkenswert ist das relativ hohe Verletzungsrisiko der Angreifer hinter dem eigenen Tor sowie das mehr als doppelt so hohe Verletzungsrisiko links in der eigenen Hälfte der neutralen Zone. Für Verteidiger ist das Verletzungsrisiko in der Verteidigungszone er- wartungsgemäß überdurchschnittlich hoch. Dabei kommt es auf der rechten Spielfeld- seite und hinter dem eigenen Tor besonders häufig zu Unfallereignissen. Es gilt typi- sche Spielsituationen in den genannten kritischen Spielfeldzonen zu ermitteln und mög- lichst sportartspezifische, Präventivmaßnahmen abzuleiten. Um die Zielrichtung für sinnvolle und an der epidemiologischen Realität ausgerichtete präventive Maßnahmen zu spezifizieren erscheint es neben einer Analyse der Verlet- zungsschwerpunkte und der sportartspezifischen Unfallereignisse sinnvoll, auch die an- fallende Gesamtbelastung durch Verletzungen im Profieishockey zu betrachten.

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Gesamtbelastung durch Verletzungen im Profieishockey Die Verletzungsproblematik im Profieishockey wird abschließend anhand der Arbeitsun- fähigkeit und der anfallenden Kosten dargestellt. Laut VBG-Daten resultieren ca. 45% der Verletzungen in einer Arbeitsunfähigkeit der Profieishockeyspieler. Zudem konnte in der Saison 2007/2008 eine Zunahme der Ge- samtausfalltage um ca. 3,2% im Vergleich zur vorherigen Saison ermittelt werden. Knapp ein Drittel aller Verletzungen führt zu maximal einer Woche Arbeitsunfähigkeit. In der Oberliga ist der Anteil solcher leichten Verletzungen mit 41% merklich höher als in den beiden höchsten Spielklassen. In der DEL und in der 2. Bundesliga hingegen fallen 27% bzw. 31% der verletzten Spieler über 3 Monaten aus. In der Saison 2007/2008 sind 43.958 AU-Tage angefallen. Bei Betrachtung der Summe der AU-Tage nach verletzten Körperregionen zeigte sich, dass Kopf-, Kniegelenks- und Schulterverletzungen an der Spitze liegen. Verletzungen des Kniegelenks machten bei einer Summe von 9.531 AU-Tagen 22% der Gesamtausfalltage aus. Aus den AU-Tagen, also den Tagen, an denen der Spieler aufgrund von Verletzungen nicht einsetzbar ist, resultieren sportliche und monetäre Belastungen, die von den Ver- einen selbst zu tragen sind. Darüber hinaus verursachen Verletzungen der unterschied- lichen Körperregionen auch Kosten der akuten Behandlung, Nachbehandlung und Re- habilitation in unterschiedlicher Höhe, für die die VBG als Versicherungsträger auf- kommt. In der Saison 2007/2008 verursachten 87,3% der Verletzungen Behandlungs- und Re- habilitationskosten. Insgesamt beliefen sich diese von der VBG zu tragenden Kosten auf ca. 2,5 Mio. €, wobei Verletzungen der Regionen Kopf, Kniegelenk und Schulter auch hierbei an der Spitze lagen. Zur Darstellung der finanziellen Gesamtbelastungen durch Verletzungen im Profieisho- ckey mussten zusätzlich zu den o.g. Behandlungskosten ebenfalls die Ausfallkosten be- rechnet werden, die den Vereinen entstehen, wenn Spieler verletzungsbedingt arbeits- unfähig werden. Dabei wurde auf Angaben der zuständigen Ansprechpartner innerhalb der DEL und der ESBG Bezug genommen. Obwohl die Angaben zum mittleren Spieler- gehalt/Tag aufgrund der großen Spannweiten der Gehaltszahlungen innerhalb der Li- gen und der variierenden Vertragslaufzeiten der Spieler nur als grobe Richtwerte gelten können, bieten sie dennoch einen Ausgangspunkt für die Berechnung der Ausfallkosten für verletzte Spieler. Bei Summierung der Behandlungskosten und der berechneten Ausfallkosten zeigte sich, dass die ökonomische Gesamtbelastung durch Verletzungen im Profieishockey bei knapp 12 Mio. € liegt. Verletzungen des Kniegelenks verursachten in der Saison 2007/2008 einen wirtschaftlichen Schaden von knapp 2,8 Mio. € (23,3%), wovon ca. 2 Mio. € auf die DEL entfallen. Die Gesamtbelastung der in der DEL registrierten Verlet- zungen beläuft sich auf 8 Mio. €. Darüber hinaus wurden die effektiven Einsatztage der Spieler kalkuliert. Es zeigte sich, dass von den möglichen Einsatztagen für Spieler der DEL 25,0% durch Verletzungen zu AU-Tagen wurden. In der 2. Bundesliga waren Spieler aufgrund ihrer Verletzungen

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zu 14,5% und in der Oberliga zu 10,5% arbeitsunfähig. Dabei sind die beiden letzt ge- nannten Zahlen vergleichbar mit denen im Fußball (12,0%). In der DEL sind Spieler ver- letzungsbedingt beinahe doppelt so häufig arbeitsunfähig. So scheint es nicht nur aus ethischen und medizinischen Gründen sinnvoll, Eishockey- spieler durch geeignete Präventivmaßnahmen bestmöglich vor Verletzungen und deren möglichen Spätfolgen zu schützen. Auch aus ökonomischen Gründen, vor dem Hinter- grund der wirtschaftlichen Situation der Vereine, scheint es dringend geboten, durch eishockeyspezifische Präventivmaßnahmen, zu einer Verbesserung der oben beschrie- benen Situation zu gelangen.

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6 ANSÄTZE ZUR SPORTUNFALLPRÄVENTION IM (PROFI-)EISHOCKEY Ausgehend von den Erkenntnissen zum Verletzungsgeschehen im Profieishockey und vor dem Hintergrund der Vorschläge, die auf nationaler und internationaler Ebene u.a. in der wissenschaftlichen Literatur diskutiert werden, werden im Folgenden Möglichkei- ten zur Prävention eishockeyspezifischer Verletzungen dargelegt. Dabei bietet es sich an mögliche Präventivmaßnahmen zu strukturieren. Dies erfolgt unterteilt in drei Berei- che, in denen Prävention im Eishockey stattfinden kann: • Persönliche Schutzausrüstung (PSA), • Regeln, Verhalten und Fair Play sowie • Training. Darüber hinaus ist eine Fokussierung auf die drei wesentlichen Verletzungsregionen Kopf, Kniegelenk und Schulter sinnvoll.

6.1 Schutzausrüstung „Ohne Schutzausrüstung ist die Sportart gar nicht durchführbar“, so ein deutscher Profi- eishockeyspieler, der zur persönlichen Schutzausrüstung im Eishockey befragt wurde 25. Die persönliche Schutzausrüstung (PSA) stellt einen elementaren Bestandteil der Sportart Eishockey und gleichzeitig eine wichtige Voraussetzung für die Reduktion von Verletzungen dar. In der Geschichte des Eishockey hat sich die persönliche Schutzausrüstung gemäß den Erfordernissen der Sportart und dem Regelwerk, nicht zuletzt auch mit Hilfe neuer Ma- terialien und Technologien, stetig gewandelt und qualitativ verbessert. In der Literatur wird eine weitergehende Optimierung der PSA zur Prävention von Verletzungen gefor- dert, da in einer Untersuchung 47% der Verletzungen an Körperteilen registriert wurden, die eigentlich durch Schutzausrüstung bedeckt gewesen waren 37. Daher wird z.B. die Verbesserung der Schulter-Pads als Möglichkeit zur Reduktion von Schulterverletzun- gen diskutiert. Zwar wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Op- timierung der Ausrüstung gleichzeitig die Hemmschwelle der Spieler für aggressiven Körpereinsatz in Wettkämpfen eventuell senkt und in der Folge die Anzahl der Verlet- zungen durch Gegnerkontakt steigt. Allerdings ist dies eher eine Problematik, die vor dem Hintergrund des Spielerverhaltens und konsequenter Bestrafung von Regelverstö- ßen diskutiert werden muss. Eine Optimierung der Schutzausrüstung erscheint unab- hängig davon sinnvoll, da sich in der vorliegenden Untersuchung einige Hinweise zur Verbesserung des durch einzelne Ausrüstungsgegenstände gebotenen Schutzes erge- ben: • Die häufiger verletzten Körperregionen Rumpf, Schulter und Kniegelenk sind durch die persönliche Schutzausrüstung geschützt, das Sprunggelenk im Wesent- lichen durch den Schlittschuh. • 25% der Kniegelenksverletzungen, je knapp 45% aller Schulter- bzw. Sprungge- lenksverletzungen und sogar 65% der Rumpfverletzungen waren Kontusionen; bei Sprunggelenksverletzungen handelte es sich in weiteren 17% um Frakturen.

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• Diese Verletzungen entstanden vornehmlich nach Stürzen auf das Eis, Kontakten mit dem Puck, der Bande oder dem Stock. • Der durch die Ausrüstung gebotene Schutz gegen Prellungen scheint somit nicht ausreichend.

Speziell für das Kniegelenk wird in der Literatur auch eine zusätzliche Schutzausrüs- tung in Form einer Kniegelenksorthese (KO) diskutiert. Allerdings sei die Widerstands- kraft solcher Orthesen gegen externe Krafteinflüsse, wie z.B. einen direkten Check ge- gen das Kniegelenk, als eher gering zu beurteilen. Da hierbei lediglich die möglichen Gelenkbewegungen auf eine Gelenkachse eingeschränkt und damit ein Verdrehen ver- hindert wird, ist der präventive Effekt bisheriger Kniegelenksorthesen eher fraglich. Dar- über hinaus gebe es keinen überzeugenden Beweis dafür, Spielern zu prophylakti- schem Tragen einer KO zu raten, um so Verletzungen des Kniegelenks vorzubeugen 53. Aufgrund der relativ großen Problematik dieser Verletzungen im deutschen Profieisho- ckey scheint jedoch insgesamt der Bedarf einer effektiven (prophylaktischen) KO zum Schutz des Kniegelenks zu bestehen. Hersteller sind hierbei zunächst gefordert, eine effektive, kostengünstige und gleichzeitig praktikable Variante zu entwickeln. Unabhän- gig davon ist im Zusammenhang mit Kniegelenksverletzungen die Problematik der wie- derholten Verletzungen dieser Region bekannt. Spieler, die sich bereits eine Kniege- lenksverletzung zugezogen haben, haben u.a. aufgrund der persistierenden Schädi- gungen des Gelenks nachweislich ein mehrfach erhöhtes Risiko eine erneute Verlet- zung dieser Körperregion zu erleiden. Bei diesen besonders prädisponierten Spielern könnte die Verwendung der bisher verfügbaren Orthesen das Risiko des Wiederauftre- tens einer Kniegelenksverletzung reduzieren. Neben einer Optimierung und ggf. Erweiterung der persönlichen Schutzausrüstung, kann bestmöglicher Schutz nur gewährleistet werden, wenn die Ausrüstung korrekt ge- tragen und nicht manipuliert wird. Vor diesem Hintergrund wurde im Juli 2007 eine Studie im Auftrag der VBG durchge- führt, in der die Motivation und Einstellung zur Nutzung der persönlichen Schutzausrüs- tung im deutschen Profieishockey untersucht wurden. Dabei wurde das gleiche Grund- kollektiv, wie in der aktuellen Erhebung, nämlich die Gesamtheit der in der DEL, 2. Bundesliga und Oberliga spielenden Profieishockeyspieler, zum Trageverhalten den Mängeln an der persönlichen Schutzausrüstung und resultierenden Verbesserungsvor- schlägen befragt 25. Ausgehend von den Angaben der Spieler tragen knapp 75% immer die korrekte Schutzausrüstung, während bei ca. 1/4 der Profis das Trageverhalten auf einer sechs- stufigen Skala von 1 (nie) bis 6 (immer) nicht dem höchstmöglichen Wert entspricht. Es sind Empfehlungen bekannt, die komplette Ausrüstung, aufgrund des Verschleißes bei intensiver Nutzung, mindestens zweimal pro Saison zu wechseln 49. Dabei scheinen in der Realität zum einen die anfallenden Kosten, die teilweise auch von den Spielern selbst übernommen werden müssen, und zum anderen der mangelnde Tragekomfort neuer Ausrüstung wesentliche Hinderungsgründe für das Auswechseln alter sowie un-

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tauglicher Ausrüstung darzustellen. Die Schutzausrüstung werde häufig erst dann ge- wechselt, wenn auch die Spieler einsähen, dass sie gar keinen Zweck mehr erfüllt 25. Neue Ausrüstungsgegenstände werden zur Erhöhung des Tragekomforts häufig mani- puliert. So zeigte sich nach Erfahrungen der betreuenden Ärzte der deutschen Natio- nalmannschaft beispielsweise im Zusammenhang mit Kopfverletzungen, dass diese trotz Verwendung eines Halb- oder Vollvisiers nicht nur auf unterschiedliche Qualität der Helme zurückzuführen seien, sondern auch darauf, dass Spieler die Helme nach per- sönlichem Geschmack veränderten. Zwar unterlägen die Helme einer Qualitätskontrol- le, diese beschränke sich allerdings auf die Phase nach Neuanschaffung. Spätere Ver- änderungen des Helmes, die häufig der Erhöhung des Tragekomforts dienten, würden nicht mehr kontrolliert bzw. bestraft 44. Obwohl das korrekte Tragen der Ausrüstung vorausge- setzt werden müsse, scheint dies vielfach eher Wunsch als Realität zu sein. So wird an anderer Stelle themati- siert, dass Spieler den Helm häufig nicht korrekt fixie- ren würden, sodass dieser bei bestimmten, insbeson- dere direkt gegen den Kopf gerichteten Aktionen ver- rutsche und keinen effektiven Schutz bieten könne (vgl. Abb. 43) 8. In einer Studie im schwedischen Profieisho- ckey wird genau dies als Erklärung dafür genannt, dass 26 von 41 Gesichtsverletzungen in einem Bereich loka- lisiert waren, der eigentlich durch ein Visier geschützt war 41. In diesem Zusammenhang wird in der Studie von Klei- nert und Jüngling (2007) zum Trageverhalten der Schutzausrüstung im deutschen Profieishockey, von einem Spieler erläutert, die Ausrüstung könne z.B. un- Abb. 43: Eishockeyhelme und das Trageverhalten ter Zeitdruck beim Anlegen oder nach Zusammenstoß der Spieler (aus im Spiel nicht oder nicht mehr korrekt sitzen. So käme Biasca et al., 2002) es vor, dass z.B. ein Schlittschuh zu locker sitze bzw. der Ellbogen- oder Rumpfschutz nicht geschlossen seien, was durchaus unangenehm sein könne. Als Grund dafür, dass Spieler den Sitz der Ausrüstung oftmals nicht korrigierten, wird darin gesehen, dass in dem Moment nur das Gewinnen zähle. Schließlich könne man ja auch mit der gut geschützten Seite in Zweikämpfe gehen, so ein anderer Spieler 25. In der eigenen Untersuchung verwundern Verletzungen des Sprunggelenks, die sich nach Angaben der Spieler durch ein Umknicken ereigneten. Prinzipiell sollte dieser Ver- letzungsmechanismus aufgrund der durch den Schlittschuh gebotenen Stabilität im Eis- hockey wenn überhaupt eine untergeordnete Rolle spielen. Daher ist fraglich, ob jene Spieler die Schlittschuhe korrekt geschnürt oder eher relativ locker sitzend trugen. Folglich deutet sich im Hinblick auf die Reduktion von Verletzungen eine defizitäre Ein- stellung zum korrekten Tragen einer qualitativ einwandfreien Schutzausrüstung an. Die Einstellung der Profieishockeyspieler hinsichtlich der Prävention von Verletzungen deu-

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tet sich ebenfalls in dem von einem Spieler beschrieben Ehrenkodex im Seniorenbe- reich an. Hier werde, obwohl man sich des höheren Risikos für Gesichtsverletzungen bewusst sei, kein Vollvisier sondern ein Halbvisier getragen. Dieses scheinbar relativ konsequente Tragen eines Halbvisiers trug vermutlich zumindest dazu bei, dass in der vorliegenden Erhebung keine Augenverletzung gemeldet wurden. Jedoch zogen sich die Spieler relativ häufig Hautverletzungen des Gesichts (ca. 25%) und Zahnfrakturen (ca. 18%) zu. Dabei könnten diese Verletzungen durch das verpflichtende Tragen eines Vollvisiers sowie eines individuell angepassten, durchaus erschwinglichen Mundschut- zes wesentlich reduziert oder ganz verhindert werden. In der eigenen Untersuchung gaben allerdings alle Spieler mit Zahnfrakturen an, einen Mundschutz getragen zu ha- ben. Entweder muss die Qualität des Mundschutzes grundlegend in Frage gestellt wer- den oder aber die Angaben entsprechen nicht der Wahrheit, da die Spieler hier eher gemäß eines gewünschten Verhaltens antworteten – ein insbesondere aus unpersönli- chen Befragungen bekanntes Phänomen. Der Gebrauch des Mundschutzes ist im deutschen Profieishockey nach wie vor fakulta- tiv. Als Problem stelle sich die Einschränkung der Ventilation insbesondere bei maxima- ler Belastung dar 38. Denkbar ist, dass einige Spieler auf den Mundschutz verzichten, damit ihnen ihren Gegnern gegenüber kein Wettbewerbsnachteil entsteht. Dieses Prob- lem scheint nur durch das verpflichtende Tragen eines Mundschutzes gelöst werden zu können. Ohne Verbindlichkeit scheint auch die Aussicht auf das Tragen eines Vollvi- siers gering. Übereinstimmend hiermit konstatiert ein Autor, es scheine wenig zu nüt- zen, dies der Vernunft und der Verantwortung der Spieler zu überlassen 25. Lediglich diejenigen Spieler, die eine eher hohe Wahrnehmung der Verletzungsrisiken im Eisho- ckey aufwiesen, plädierten dafür, weitere Schutzmaßnahmen verbindlich in den Regeln einzuführen 25. Letztendlich stellt sich die Frage, was das Trageverhalten der Spieler determiniert. Hierzu liefert die Untersuchung von Kleinert einige Erkenntnisse, aus denen sich Indika- tionen für die Verbesserung des Verhaltens der Spieler und damit auch für ausrüs- tungsbasierte Präventionsansätze ergeben. So erweist sich der Einfluss des sozialen Umfeldes als maßgeblich für die Einschätzung der Hinderungsgründe zum Tragen der Schutzausrüstung sowie für das Trageverhalten. Des Weiteren deutete sich an, dass sich Einstellungen und Werte von Führungspositionen bzw. dem Management innerhalb eines Vereins u.a. über Trainer und betreuendes Personal bis zu den Spielern durch- setzen und deren Einstellung zu sowie Umgang mit der persönlichen Schutzausrüstung beeinflussen.

Aus den vorangehenden Überlegungen lassen sich zusammenfassend die folgenden Empfehlungen für ausrüstungsbasierte Präventivmaßnahmen ableiten: ¾ Die Schutzausrüstung für die Regionen Schulter, Rumpf, Knie- und Sprunggelenk sollte optimiert werden ¾ Bei Spielern mit Vorverletzungen des Kniegelenks könnte eine individuell ange- passte Orthese das Risiko einer wiederholten Kniegelenksverletzung senken

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¾ Zur Reduktion der relativ hohen Anzahl an Zahnfrakturen und Hautverletzungen des Gesichts sollte eine verpflichtende Einführung des Vollvisiers oder zumindest des Mundschutzes in Erwägung gezogen werden ¾ Die Schutzausrüstung sollte dahingehend optimiert werden, dass Manipulation sei- tens der Spieler zur Erhöhung des Tragekomforts nicht notwendig ist ¾ Das Trageverhalten bzw. die Akzeptanz für persönliche Schutzausrüstung sollten verbessert werden, hierzu seien ergänzend die Vorschläge aus der Untersuchung von Kleinert et al. (2007) genannt 25. ¾ So sollten Maßnahmen eingeführt werden, die den sozialen Einfluss stärken, z.B. durch gegenseitiges Kontrollieren des korrekten Tragens der Schutzausrüstung zwischen je zwei Team-Kollegen, was gleichzeitig die Verantwortlichkeit der Spieler füreinander stärken könne, oder durch die Entrichtung einer „Geldstrafe“ in die Mannschaftskasse bei nicht korrektem Tragen der Schutzausrüstung. ¾ Zusätzlich erscheinen Maßnahmen zur Einstellungsänderung in den unterschiedli- chen Ebenen des Vereinsmanagements sowie auf Seiten der Trainer und weiteren betreuenden Personen hinsichtlich der Wichtigkeit der persönlichen Schutzausrüs- tung für die Prävention von Verletzungen notwendig.

6.2 Regeln – Verhalten – Fair Play In der Vergangenheit haben Regeländerung, wie die Einführung der Helm- und Visier- pflicht sowie u.a. der Regeln ‘Check von hinten‘ und ‘Hoher Stock‘, wesentlich zu einer Reduktion des Verletzungsrisikos, vor allem des Risikos schwerer Verletzungen der Wirbelsäule und des Kopfes beigetragen. Regeländerungen können jedoch auch eine Änderung der Spielcharakteristik zur Folge haben. Ein Verbot des Bodycheckings im Männer-Eishockey, als Konsequenz der Erkenntnis, dass die meisten Verletzungen aus Checks des Gegners resultieren, würde die Sportart grundlegend verändern und ver- mutlich auch die Attraktivität bedeutend reduzieren. Derartige Präventionsansätze er- scheinen im Sinne des Eishockeysports somit nicht sinnvoll zu sein. Bereits die Einfüh- rung der ’Zero Tolerance Regel’ im Jahr 2006, die „lediglich“ die konsequente Bestra- fung von Fouls, insbesondere Haken, Halten und Behinderungen, gemäß der beste- henden Regeln durch die Schiedsrichter fordert, zog Reaktionen z.B. seitens der Fans nach sich. So würden zu viele Aktionen abgepfiffen, bei denen Spieler ohne Puck noch gecheckt werden, das Spiel gleiche eher dem „Mädchen-Eishockey“ und sei dadurch langweilig. Dennoch belegen die hier erhobenen Daten die Notwendigkeit dieser Regel- auslegung, da annähernd 60% aller Verletzungen aus regelwidrigen Aktionen resultier- ten. Dabei entschieden die Schiedsrichter in 2/3 dieser Aktionen nicht auf Foulspiel, 4 von 5 der verletzungsauslösender Stockschläge wurden seitens der Schiedsrichter nicht geahndet. Obwohl die ’Zero Tolerance Regel’ auch die Attraktivität des Eishockey zu beeinträchtigen scheint, stellt sie die wahrscheinlich einzige Möglichkeit dar, auf die Ein- führung komplett neuer Regeln zu verzichten und dennoch zu einer notwendigen Re-

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duktion des Verletzungsrisikos beizutragen. Dabei scheint die geforderte letzte Konse- quenz seitens der Schiedsrichter derzeitig jedoch noch weitgehend zu fehlen. Dies zeigte sich in der aktuellen Erhebung auch bei Kopfverletzungen, die zu einem großen Teil aus unerlaubten Checks oder regelwidrigem Stockkontakt resultierten. Da- bei wurde in der Literatur deutlich herausgestellt, dass es keine Ausrüstung gebe, die gegen hohe auf den Kopf einwirkende Kräfte, vor allem Rotationskräfte, schützen kön- ne. So kann hier letztendlich nur eine strengere Durchsetzung der Regeln zunächst zu der Erkenntnis verhelfen, dass der Kopf im Eishockey keine Zielscheibe darstellt, und resultierend daraus zu einer Reduktion der das Verletzungsgeschehen dominierenden Verletzungen des Kopfes führen. Neben Kopfverletzungen stellen auch Verletzungen des Kniegelenks und hierbei insbe- sondere jene des Innenbandes ein relativ großes Problem im Eishockey dar. Der pro- phylaktische Einsatz von Kniegelenksorthesen zur Reduktion des hohen Risikos wurde im Zusammenhang mit der Schutzausrüstung bereits thematisiert. Dabei erwies sich die geringe Widerstandskraft von Orthesen gegen externe Stöße und Schläge als relativ gering, sodass selbst Orthesen bislang nicht hinreichend gegen den Gegnerkontakt von der Seite und damit vor allem Innenbandverletzungen schützen können. Somit er- scheint es notwendig, Aktionen, die sich von der Seite direkt gegen die Beine eines Spielers richten, gemäß der Regel ‘Check gegen das Knie‘ konsequent zu bestrafen, damit das Kniegelenk ebenso wie der Kopf zu einer Tabu-Zone für körperbetonte Aktio- nen im Eishockey wird. Von Seiten der Fans bzw. der Öffentlichkeit scheint, trotz aller Plausibilität der oben er- läuterten Forderungen, eine strengere Bestrafung nicht gewünscht zu sein. Es deutet sich an, dass Eishockey nach wie vor relativ stark durch Gewaltbeschönigung bzw. die Forderung nach harten Checks und spektakulären Aktionen bis hin zu Schlägereien dik- tiert wird. Zudem scheint mangelndes Problembewusstsein vor allem seitens der Spie- ler und Trainer dafür verantwortlich zu sein, dass sich Fair Play als Grundprinzip des Sports im Eishockey nur schwierig durchsetzen kann. Solange Spieler ihre Verletzung als ‘Berufsrisiko‘ bzw. Pech ansehen und Verletzungen seitens der Spieler, der Trainer sowie anderen Verantwortlichen bagatellisiert werden, wird die Notwendigkeit des ‘Fair Play‘ und der damit zusammenhängenden Reduktion von Verletzungen wahrscheinlich nur unzureichend bis gar nicht erkannt. Vor diesem Hintergrund wurden in den USA Maßnahmen zur Einstellungsänderung auf Seiten aller an der Sportart Beteiligten ent- wickelt. Die Präventionskampagne zielt darauf ab, die Sicherheit im Eishockeysport in- sgesamt zu verbessern sowie die Grundwerte sportlichen bzw. fairen Verhaltens als Eckpfeiler im Eishockey zu etablieren. Neben Informationsbroschüren und Lern-DVDs für Spieler und Eltern wird ein Programm zur Sensibilisierung für die Thematik ‘Sicher- heit im Eishockey‘ zur Verfügung gestellt. Hierbei werden 7 Grundwerte des Fairplay sowie jeweils ein Verhaltenskodex für Geschäftsführer, Trainer, Offizielle, Eltern, Spieler und Zuschauer propagiert, um letztendlich Verletzungen im Eishockey zu reduzieren 69. Obwohl bislang keine Evaluation dieser Maßnahmen dokumentiert ist, erscheint ein de- rartiger Ansatz zur Verletzungsprävention im Eishockey, insbesondere unter Berück- sichtigung der Erkenntnis, dass das soziale Umfeld einen erheblichen Einfluss auf die Einstellung und damit auch das Verhalten der Spieler hat, sinnvoll. In diesem Zusam-

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menhang deutet sich an, dass derartige Maßnahmen bereits frühzeitig im Jugendbe- reich beginnen sollten. Eine Studie, die die psychologische Komponente hinsichtlich der Aggression auf dem Eis bei 12- und 13-jährigen Eishockeyspielern untersuchte, deckte auf, dass 40% das Bedürfnis verspürten, ihren Gegner mindestens einmal pro Spiel zu verletzen und 78% den Drang hatten, den Gegner einzuschüchtern. Weiterhin bejahte die Mehrheit dieser Spieler die Frage, ob sie eine Verletzung des Gegners in Kauf nähmen, wenn dadurch ein Gegentor verhindert würde 32. Spieler, die schon im frühen Jugendalter die Erfahrung machen, dass Aggression und unfaires Verhalten zum Sieg der eigenen Mannschaft verhelfen können, und dies zu- dem von dem Trainer, den Eltern und Fans sowie dem weiteren sozialen Umfeld positiv bestärkt wird, könnten aus derartigem Verhalten möglicherweise eine Erfolgsstrategie entwickeln. Im deutschen Profieishockey konnte für die DEL-Mannschaften die Tabel- lenplatzierung nach der Hauptrunde mit der jeweiligen Platzierung bei der ’WestLB Fair Play Trophy’ für die Saison 2007/2008 gegenübergestellt werden. Hier fanden sich am fairsten spielenden Mannschaften auf den unteren Tabellenplätzen wieder. Die im obe- ren Tabellendrittel platzierten Teams waren zugleich diejenigen, die am unfairsten ge- spielt haben. (s. Anhang A7) Wird unfaires Verhalten somit letztendlich sportlich be- lohnt? Eine Untersuchung der ’Stanley Cup Championship Final Series‘ deutet in die entgegengesetzte Richtung. Hier hatten fair spielende Mannschaften höhere Aussichten auf Erfolg 32. Unfaires und aggressives Spiel wurde als eine relativ kurzlebige Erfolgs- strategie bezeichnet. So wurde zwar angemerkt, dass ein unfair spielendes Team bei einem wichtigen Wettkampf durch frühzeitiges Foulen der gegnerischen Leistungsträger eventuell das Spiel für sich entscheidet. Allerdings fehlt in diesem Zusammenhang ein langfristig angelegter, strategischer Aufbau der dauerhaft Erfolg bringenden, spieleri- schen Qualitäten der Eishockeyspieler. Es stellt sich jedoch die Frage, ob ein langfristi- ger Aufbau spielerischer Finesse oder eher der momentane Sieg für Trainer, Offizielle und die Spieler Priorität hat. So ist vermutlich ein unbedingter Leistungswille seitens der Spieler sowie der Ehrgeiz der Trainer dafür verantwortlich, dass ca. die Hälfte der deutschen Profieishockeyspie- ler trotz Verletzungen, wie z.B. Gehirnerschütterungen, Bänderrupturen des Kniege- lenks oder Frakturen des Sprunggelenks weiter am Wettkampf teilnahm. Dabei sind auch ein Verschweigen oder Verharmlosen der Verletzungen durch die betroffenen Spieler sowie eine defizitäre Sofortdiagnose der Verletzungen im Spiel als weitere Gründe für das Weiterspielen denkbar. Letztendlich deutet sich hieraus ein Nachlässi- ger Umgang mit der Gesundheit der Sportler an. Im Hinblick auf das Verhalten der Spieler scheint abschließend der Umgang mit Ju- gendspielern, die in die Seniorenmannschaften wechseln, problematisch. Anhand der eigenen Daten zeigte sich die Problematik der Jungprofis, die vermutlich aufgrund der ungewohnten Spielhärte, besonders häufig von Verletzungen betroffen waren. Die Überforderung der jungen Spieler wurde in der Literatur wie folgt kommentiert: Es wer- de von ihnen erwartet, die Checks ‘zu Ende zu bringen’, anstatt ihnen aus dem Weg zu gehen, ohne dass die dem gewachsen seien. Defizite in der Athletik als mögliche Ver- letzungsursache, werden im folgenden Kapitel ‘Präventive Trainingsmaßnahmen‘ the- matisiert. Im Zusammenhang mit Verhalten und Fair Play erscheint es sinnvoll ein Um-

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feld zu schaffen, welches verantwortungsvoll mit Jugendspielern umgeht und sie schrittweise heranführt, anstatt ihnen beweisen zu wollen, dass die körperlich noch un- terlegen sind.

Aus dem Vorgenannten ergeben sich die folgenden Vorschläge zur Prävention von Ver- letzungen in Bezug auf Regeln, Verhalten und Fair Play: ¾ Ausgehend vom Verletzungsgeschehen im Profieishockey gibt es keine Indizien für den Bedarf neuer Regeln oder Regeländerungen. ¾ Die Notwendigkeit für eine konsequente(re) sowie harte Bestrafung sämtlicher di- rekt zum Kopf oder gegen die Knie gerichteter Aktionen scheint gegeben. ¾ Im Rahmen der Schiedsrichterausbildung sollte darauf hingewiesen werden, dass immerhin 60% aller Verletzungen aus regelwidrigen Aktionen resultierten und zu- dem in nur durchschnittlich 40% die verletzungsauslösende Aktion von den Schiedsrichtern auch bestraft wurde. Schiedsrichter sollten Hinweise erhalten, wie sie angemessen und konsequent bestrafen können, um zu einer Reduktion von Verletzungen beizutragen. ¾ Es sollte darüber nachgedacht werden, aggressives bzw. unfaires und verletzungs- auslösendes Verhalten auf eine Weise zu bestrafen, die nicht nur einen einzelnen ersetzbaren Spieler betrifft, sondern den ganzen Verein sportlich oder sogar mone- tär empfindlich belastet. ¾ Es besteht der Bedarf einer optimierten Sofort-Diagnose von Verletzungen auf dem Spielfeld. Bei Kopfverletzungen kann das offiziell von der IIHF empfohlene ’Sideline Concussion Assessment Tool’ (SCAT) 33 (s. Anhang A1) dazu beitragen, Gehirner- schütterung direkt auf dem Spielfeld erfolgreich zu diagnostizieren. ¾ Die Integration von Jugendspielern in den Seniorenbereich sollte verantwortungs- voller erfolgen. ¾ Zur Verbesserung des defizitären Problembewusstseins für Verletzungen im Eisho- ckey sollte eine Wissensvermittlung über eishockeyspezifische Verletzungen und deren Ursachen, verletzungsbegünstigendes Verhalten sowie Möglichkeiten der Prävention stattfinden.

6.3 Präventive Trainingsmaßnahmen Vor dem Hintergrund des Verletzungsgeschehens im Profieishockey sind Forderungen nach ausrüstungs- und regeltechnischen Verbesserungen bzw. Veränderungen zur Re- duktion von Verletzungen im Profieishockey gerechtfertigt. Dennoch sollte als oberste Prämisse gelten, den Sportler mithilfe des Trainings besser auf die Anforderungen sei- ner Sportart vorzubereiten, und so zu einer Reduktion des Verletzungsrisikos zu gelan- gen. Hinweise auf trainingsbezogene Präventivmaßnahmen finden sich in der gesichte- ten Literatur relativ selten. Es werden allenfalls generelle Empfehlungen zum Athletikt- raining ausgesprochen. Sportartspezifische Präventionsansätze finden sich hingegen nicht. 116

Das Athletiktraining stellt im Eishockey definitiv eine wichtige Grundvoraussetzung zur Teilnahme an dieser Kontaktsportart dar. Dabei deuteten sich anhand der eigenen Da- ten Unterschiede im athletischen Ausbildungsgrad zwischen deutschen und ausländi- schen sowie jüngeren und älteren Profieishockeyspielern an. Von der Oberliga zur DEL sind die Spieler zunehmend älter, größer und schwerer. Demnach scheinen ältere und damit vermutlich erfahrenere sowie körperlich robustere Spieler eher in der höchsten Spielklasse eingesetzt zu werden, während die Oberliga vornehmlich jüngeren Spielern als Einstieg in die Profikarriere zu dienen scheint. Jungprofis, die in der DEL spielten, verletzten sich deutlich häufiger als die DEL-Spieler anderer Altersklassen. Darüber hi- naus sind ausländische Spieler in allen drei Ligen durchschnittlich 1 cm größer und 3,5 kg schwerer bzw. haben resultierend einen höheren BMI als die deutschen Spieler. Da ein hoher BMI bei (Profi-)Sportlern weniger ein Indikator für Übergewicht als ein Hinweis auf einen relativ hohen Muskelanteil am Gesamtkörpergewicht ist, ist es möglich, dass zum Einen die älteren Eishockeyspieler einen besseren athletischen Trainingsstatus aufweisen als die Jüngeren, und zum anderen die ausländischen Spieler athletischer sind als die Deutschen. Auch ein Vergleich der deutschen und kanadischen National- mannschaft zum Zeitpunkt der Weltmeisterschaft 2008 zeigte, dass die mit einer Aus- nahme gänzlich aus NHL-Profis bestehende kanadische Mannschaft im Durchschnitt 3 cm größer und 7,4 kg schwerer war als die deutsche. Dies lässt auf einen höheren Stel- lenwert von Athletik und Athletiktraining in Nordamerika und eine nicht optimale athleti- sche Ausbildung deutscher vor allem junger Profieishockeyspieler schließen. Im Eishockey erfolgt die Trainingsperiodisierung in der Regel derart, dass das Athletikt- raining üblicherweise in der Vorbereitung im sogenannten Dryland Training, d.h. nicht auf dem Eis, stattfindet. Ein DEL-Profi kommentiert dieses Sommertraining wie folgt: „Das ist mitunter die langweiligste Zeit des Jahres. Beim einen ist das Training länger, beim anderen kürzer. Ich selber fange Anfang Juni mit Laufen und Krafttraining wieder an. Mitte Juni kommen dann Schnelligkeitsübungen dazu. Immer von Montag bis Frei- tag“ 66. Insgesamt lassen sich aus den vorangehenden Ausführungen zwei wesentliche Aspek- te für das Training im Sinne der Verletzungsprävention ableiten: ¾ Die Akzeptanz für das grundlegende Athletiktraining sollte gesteigert werden. Hier- zu empfiehlt es sich überholte Trainingsmethoden durch zeitgemäße, am Beans- pruchungsprofil der Sportart orientierte sowie auch sportartspezifische Trainings- formen zu ersetzen bzw. zu erweitern. ¾ Insbesondere sollte die etwa 3 monatige Trainingspause von den Spielern zur Auf- arbeitung individueller genutzt werden. ¾ Über das Athletiktraining in der Vorbereitung hinaus müssen weitere Möglichkeiten eruiert werden, Spieler saisonbegleitend und sportartspezifisch auf die Anforderun- gen ihrer Sportart vorzubereiten. Derartige Maßnahmen sollten auf dem Eis erfol- gen und möglichst in das Training integrierbar sein, um kostbare Trainingszeit zu sparen, und so die Akzeptanz seitens der Trainer zu erhöhen.

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Empfehlungen für ein präventives Training, die sich aus dem Verletzungsgeschehen im Profieishockey ableiten lassen, werden im Folgenden unter Berücksichtigung der Hinweise aus der Literatur zusammengetragen. ¾ Die überwiegende Anzahl der Verletzungen im Eishockey resultiert aus Checks des Gegners. Auf den Rumpf einwirkende Kräfte können dabei nicht nur punktuell zu Verletzungen des Rumpfes führen. Der Körper stellt eine funktionelle Kette dar, so- dass sich auf den Rumpf ausgeübte Kraftimpulse auf weitere Körpersegmente übertragen. Dies erklärt z.B., warum relativ häufig reguläre Checks zu Bänderdis- torsionen oder -rupturen des Kniegelenks führten. So kann ein Stoß von der Seite bei mangelnder Rumpfstabilität eine verletzungsauslösende Valgusstellung des Kniegelenks begünstigen. Eine Verbesserung der Rumpfkraft sowie Körperkontrolle könnte daher zu einem sichereren Stand im In-Fight an der Bande oder im direkten Zweikampf um den Puck sowie zu einer stabileren Körperposition beim Checking führen, und so zu einer Reduktion von Rumpf- sowie weiteren durch Checks verur- sachten Verletzungen führen. ¾ Es erscheint sinnvoll, einen Schwerpunkt auf die sportartspezifische Schulung der Technik des Checkings zu legen. Insbesondere Jungendspieler scheinen beim Übergang in den Seniorenbereich sowohl beim Checken als auch beim gecheckt werden überfordert zu sein. Es sollten Möglichkeiten diskutiert werden, die Spieler adäquat an das körperbetonte Spiel heranzuführen. ¾ Schulterverletzungen ereignen sich im Eishockey in der Regel nach Checks bei Stürzen auf die Schulter oder den ausgestreckten Arm. In diesem Zusammenhang scheint der Bedarf einer verbesserten Schulung der Falltechnik zur Reduktion von Schulterverletzungen aber auch anderer aus Stürzen auf das Eis resultierender Verletzungen gegeben. Bei steigender Komplexität der Übungsanforderungen sol- len die Spieler lernen, eine optimale Sturztechnik zu automatisieren. ¾ Die Kräftigung der schulterstabilisierenden Muskulatur stellt einen weiteren Schwerpunkt zur Prävention von Schulterverletzungen dar. In Abb. 44 ist eine Aus- wahl an Übungen zusammengestellt, die zum Aufbau eines schützenden „Muskel- mantels“ betragen können.

Abb. 44: Exemplarische Übungen zur Kräftigung der Schultermuskulatur

¾ Eine Maßnahme zur saisonbegleitenden und sportartspezifischen Kräftigung der Schulter auf dem Eis könnte das Training mit schwereren Schlägern darstellen.

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Ähnlich wie in anderen Sportarten, in denen schwerere Bälle im Schuss- oder Wurf- training eingesetzt werden, könnte diese Maßnahme in das normale Schuss- oder Passspiel integriert werden und so relativ zeitsparend sowohl die Schulterstabilität als auch die Explosivkraft verbessern bzw. erhalten. ¾ Weiterhin gilt es im Hinblick auf Verletzungen des Kniegelenks sowie Muskelverlet- zungen des Oberschenkels die Beinkraft optimal auszubilden. So konnte im Eisho- ckey bislang nur im Zusammenhang mit Zerrungen und Rupturen der Adduktoren nachgewiesen werden, dass eine relativ geringe Kraft der Adduktoren vergleichen mit der Kraft der Antagonisten das Risiko dieser Verletzungen erhöhte. Aus der Li- teratur zu Risikofaktoren für Kniegelenksverletzungen gibt es zudem Hinweise dar- auf, dass Kraftmissverhältnisse zwischen der vorderen und hinteren Beinmuskula- tur bzw. konkret eine relativ schwache ischiocrurale Muskulatur eine Valgusstellung des Kniegelenks begünstigen können. Mögliche funktionelle Übungen die zuneh- mend in der Dynamik ihrer Ausführung gesteigert bzw. variiert werden sollten, sind in Abb. 46 exemplarische dargestellt.

Abb. 45: Exemplarische Übungen zur Kräftigung der Oberschenkelmuskulatur

¾ Bei der Prävention von Adduktorenzerrungen und -rupturen hat sich die Kombinati- on gezielter konzentrischer und exzentrischer Kräftigung dieser Muskulatur in Ver- bindung mit sportartspezifischen Kräftigungsübungen (Skating-Bewegungen) als ef- fektiv erwiesen. ¾ Zur Reduktion von Kniegelenksverletzungen, die aus der Valgusstellung des Knie- gelenks resultieren, wird neben einem Krafttraining ein propriozeptives Training empfohlen. Dabei kann eine sukzessive Steigerung des Schwierigkeitsgrades, an- gefangen bei einfachen Gleichgewichtsübungen im Stand, über dynamische Übun- gen auf labilen Untergründen bis hin zu Übungen auf dem Eis, zu einer verbesser- ten Stabilität des Kniegelenks beitragen. Dabei ist – unter der Voraussetzung, dass

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Basisübungen beherrscht werden – sportartspezifischen Übungen auf dem Eis der größte Stellenwert beizumessen. Unter der Berücksichtigung der Hauptverlet- zungsursachen für Bänderrupturen Kniegelenks im Eishockey, nämlich Check des Gegners sowie einem Verdrehen des Gelenks, sollten methodische Übungsreihen für das Training auf dem Eis entwickelt werden. Hierbei erscheint es besonders sinnvoll, seitliche Störeinflüsse durch einen (Gegen-)Spieler einzubauen, während der Übende versucht, auf dem inneren oder äußeren Bein fahrend, die Ganzkörper- sowie Kniegelenksstabilität aufrecht zu erhalten. ¾ Im Hinblick auf die Prävention von Kopfverletzungen und speziell Gehirnerschütte- rungen wurde das Training der Nackenmuskulatur grundsätzlich als wertvoll zur Reduktion der auf das Gehirn einwirkenden Kräfte erachtet 3. Biomechanischen Überlegungen zufolge würde die auf den Kopf einwirkende Energie bei angespann- ter Hals-/Nackenmuskulatur auf eine größere Masse verteilt. Obwohl es somit aus theoretischer Sicht sinnvoll erscheine, mittels kräftigerer Nackenmuskulatur einen schützenden ’Mantel’ zu schaffen, gebe es relativ wenige wissenschaftliche Nach- weise für die Effektivität solcher Trainingsmaßnahmen. Hinzu kommt die Diskre- panz zwischen dem zeitlichen Auftreten der Verletzung und einer Reflexantwort der Nackenmuskulatur, die erst wesentlich später als die Verletzung selbst erfolge. Obwohl die Effektivität von Trainingsmaßnahmen für die Prävention von Kopf- und Nackenverletzungen daher kritisch bewertet wird, erscheint es dennoch plausibel, dass eine größere Muskelmasse zu einer Erhöhung der Grundspannung dieser Muskulatur und damit gleichzeitig zur Dämpfung einwirkender Kräfte führt. In der Präventionskampagne ’Heads Up Hockey’ werden mögliche Übungen zur Kräfti- gung der Nackenmuskulatur vorgeschlagen (s. Abb. 46) 69.

Abb. 46: Exemplarische Übungen zur Kräftigung der Nackenmuskula- t

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¾ Weiterhin erscheint die Verbesserung der sportspezifischen Technik zur Prävention von Kopfverletzungen empfehlenswert 12. Als umfassendes Gesamtkonzept sei hierbei das Programm ’Heads Up Hockey’ von USA Hockey genannt 69. Dabei wird, neben der Aufklärung über die Risiken von Kopfverletzungen und Gehirnerschütte- rungen im Eishockey sowie die verletzungsauslösenden Mechanismen, erklärt, was ’Heads Up Hockey’ bedeutet. Es gelte, die sportartspezifische Technik zu verbes- sern, indem Spieler den Blick nicht senkten, sondern den Kopf heben, um so die gesamte Umgebung wahrzunehmen und einen bevorstehenden Check antizipieren zu können. Dies erfordert insbesondere beim Führen des Pucks ein erhöhtes Fer- tigkeitsniveau der Puck-Stock-Auge Koordination. Es werden sportartspezifische Trainingsvorschläge angeboten, um bspw. den Kontakt mit der Bande, das Che- cken und das gecheckt werden zu schulen. Die wichtigsten Botschaften sind auf ei- nem Poster zusammengestellt und können im Anhang eingesehen werden (s. An- hang A2) 70.

¾ Über die körperregionsspezifischen Präventionsvorschläge hinaus, werden ab- schließend noch einige Empfehlungen genannt, die sich aus dem Verletzungsge- schehen allgemein ableiten lassen. So konnte nachgewiesen werden, dass das Verletzungsrisiko im Wettkampf vielfach höher ist als im Training. Dies resultiert aus der Spielcharakteristik des Eishockey und der wesentlich höheren körperlichen Härte im Wettkampf. Naturgemäß agieren Spieler im Training nicht mit der gleichen Konsequenz und Aggression, wie sie es im Wettkampf tun. Hierdurch entsteht je- doch eine relativ große Diskrepanz zwischen den Anforderungen des Trainings und jenen des Wettkampfs, sodass Spieler, die in Wettkämpfen hart gecheckt oder gar gefoult werden, überfordert sind. Anders ausgedrückt, sie verfügen nicht über die notwendigen Bewegungskompetenzen, um derartige (ungewohnte) Aktionen ver- letzungsfrei zu überstehen. Es wird eindeutig davon Abstand genommen, zu mehr Foulspiel im Training zu raten. Es geht vielmehr darum, Trainingsformen zu entwi- ckeln, die zum einen die Komplexität des Wettkampfes möglichst gut nachstellen und zum anderen zugleich die Störeinflüsse durch andere Spieler integrieren. Me- thodisch sinnvoll aufeinander aufgebaut könnten derartige Übungsformen die Be- wegungserfahrungen der Spieler erweitern und sie somit besser auf die Anforde- rungen des Wettkampfs vorbereiten. ¾ Hinsichtlich der Spielkonstellation wurde ermittelt, dass sich Verletzungen der Schulter, des Oberschenkels sowie des Sprunggelenks relativ häufig im Überzahl- spiel, dem ’Power Play’ ereignen. Verletzungen des Rumpfes häufen sich im so genannten ’Even Strength’, dem 4:4 oder 3:3, während Verletzungen des Kniege- lenks im Unterzahlspiel entstehen. Wahrscheinlich hat die sich in Abhängigkeit von der Spielkonstellation verändernde Spielcharakteristik einen Einfluss auf die Ent- stehung der Verletzungen. Es gilt diese Besonderheiten zu eruieren und entspre- chende Trainingsformen zu entwickeln, die Spieler adäquater vorbereiten. ¾ Eine Analyse der Verletzungsverteilung in Abhängigkeit von den Spieldritteln liefer- te die Erkenntnis, dass die ersten 10 Minuten des 2. Drittels die verletzungsträch- tigsten im Eishockey sind. In diesem Zusammenhang wurde eine mögliche Über- 121

motivation der Spieler durch die erste Pausenansprache des Trainers sowie ein daraus resultierendes wesentlich körperbetonteres und aggressiveres Spiel disku- tiert. Vor diesem Hintergrund sollten Maßnahmen eruiert werden, um die Spieler in- sbesondere vor dem 2. Spieldrittel psycho-physisch besser bzw. optimal vorzube- reiten. ¾ Des Weiteren deutete sich eine Positionsspezifik an. Angreifer zogen sich häufiger Verletzungen der Schulter und des Sprunggelenks, Verteidiger mehr Kopfverlet- zungen und Torhüter eher Verletzungen des Kniegelenks und des Oberschenkels zu. Mögliche sportartspezifische Ursachen sollten diskutiert und positionsspezifi- sche präventive Trainingsmaßnahmen in Erwägung gezogen werden. ¾ Letztendlich konnten Spielfeldzonen mit relativ hohem Verletzungsrisiko aufgedeckt werden, wobei insbesondere das relativ hohe Risiko für Angreifer hinter dem eige- nen Tor verwunderte. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass Angriffsspieler mit der Übernahme von Abwehraufgaben überfordert sind und sich daher häufiger hinter dem eigenen Tor verletzen. Es erscheint sinnvoll, typische Spielsituationen in diesen Spielfeldabschnitten zu ermitteln und Übungsformen zu entwickeln, die Spieler auf die Anforderungen in diesen „Gefahrenzonen“ vorbereiten. Überdies sollten Spieler so ausgebildet werden, dass sie sowohl im Angriff als auch in der Verteidigung ohne ein erhöhtes Verletzungsrisiko agieren können.

6.4 Implementierung von Präventivmaßnahmen im (Profi-)Eishockey Vor dem Hintergrund des defizitären Wissens über eishockeyspezifische Verletzungen, deren Entstehung sowie Möglichkeiten der Prävention, erscheint es erstrebenswert, Strategien zu eruieren, die es ermöglichen, die Verletzungsthematik in die verschiede- nen Bereiche des Profieishockey bzw. des Eishockeysports allgemein zu transportieren. Dabei ist aufgrund des sich andeutenden mangelnden Problembewusstseins auf Seiten der Trainer und Spieler sowie vermutlich auch weiterer Instanzen damit zu rechnen, dass die Implementierung von Präventionsmaßnahmen im Eishockey auf relativ großen Widerstand stoßen könnte. Solange die Einstellung dominiert, dass Verletzungen als Berufsrisiko zum Eishockey dazugehören und das Auftreten von Verletzungen bagatel- lisiert wird, wird definitiv nicht die Notwendigkeit erkannt, etwas an der Verletzungsmise- re zu tun. Um die Verletzungsproblematik im Eishockey zumindest auf ein Maß zu re- duzieren, das anderen Mannschaftssportarten in Deutschland entspricht, muss sich die Erkenntnis durchsetzen, dass Aggression und unfaires Verhalten nicht zum Eishockey- sport dazugehören. Eine Sensibilisierung für die Verletzungsproblematik könnte dabei einen ersten Schritt in Richtung eines Umdenkens darstellen. An dieser Stelle seien zwei Möglichkeiten der Implementierung von Präventivmaßnah- men im Profieishockey vorgestellt: ¾ Ausgehend von einer Analyse der Verletzungsproblematik im Handball konnte im Rahmen der A-Trainer-Ausbildung ein ganztägiges Modul „Verletzungsprävention“ bestehend aus Theorie- und Praxiseinheiten erfolgreich und dauerhaft in die Aus-

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bildungsrichtlinien integriert werden. Im Eishockey wird dieses Thema im Rahmen der A-Trainer-Ausbildung bislang nicht im Detail behandelt. Dabei böte sich hierbei die Gelegenheit, angehende A-Lizenz-Trainer über die sportartspezifischen Verlet- zungsschwerpunkte, verletzungsbegünstigendes Verhalten sowie Möglichkeiten der Prävention zu informieren und die Thematik sowie Umsetzungsschwierigkeiten zu diskutieren. ¾ Eine weitere Möglichkeit stellt die Verbreitung von Informationsbroschüren dar. Diese können sich an verschiede Zielgruppen, wie beispielsweise Trainer, Spieler, Schiedsrichter oder Vereinsvorstände richten, um mit jeweils anderer Schwerpunkt- setzung für die Thematik zu sensibilisieren und gleichzeitig praktikable Empfehlun- gen zur Reduktion der Verletzungsproblematik zu geben.

Unter Berücksichtigung der vorliegenden Ergebnisse und Analysen sollten im Rahmen einer Diskussion mit Experten des Deutschen Eishockeybundes (DEB) und der Deut- schen Eishockey Liga (DEL) sowie der Trainerschaft präventive Trainingsinhalte und Maßnahmen speziell für das Profieishockey entwickelt werden.

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7 LITERATURVERZEICHNIS

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70 USA Hockey (2004). Heads Up Hockey poster. Zugriff am 25.07.2008 unter http://www.usahockey.com/uploadedFiles/USAHockey/Menu_Education_and_Traini ng/heads%20up%20hockey%20posters%202004.pdf 71 USA Hockey (2004). USA Hockey Safety Media Kit. Zugriff am 02.11.2007 unter http://www.usahockey.com/uploadedFiles/USAHockey/Menu_Education_and_Traini ng/safety%20media%20kit%202004.pdf

Sonstige Quellen: 72 Angaben der Deutschen Eishockey Liga (DEL) 73 RODI-DB, Mannheimer Weg 29, 40229 Düsseldorf (www.rodi-db.de)

129

130

ANHANG

A1 IIHF Sideline Concussion Assessment Tool (SCAT)

131

132

A2 ‘Heads Up Hockey’ Poster (USA Hockey)

133

134

A3 Fragebogen zur Erhebung von Verletzungen im Profieishockey (deutsch)

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136

A4 Fragebogen zur Erhebung von Verletzungen im Profieishockey (englisch)

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A5 Kodierungslisten für die Variable ‘Verletzungssituation detailliert‘

10 Skaten / Gleiten ohne Gegner 101 Skaten / Gleiten vorwärts ohne Gegner 102 Skaten / Gleiten rückwärts ohne Gegner 11 Skaten / Gleiten mit Gegner 111 Skaten / Gleiten vorwärts mit Gegner 112 Skaten / Gleiten rückwärts mit Gegner 12 Richtungswechsel / Abbremsen ohne Gegner 13 Richtungswechsel / Abbremsen mit Gegner 14 Sprint ohne Gegner 15 Sprint mit Gegner 16 Dribbling ohne Gegner 17 Dribbling mit Gegner 18 Im Eis hängen bleiben ohne Gegner 19 Im Eis hängen bleiben mit Gegner 20 Sturz aufs Eis ohne Gegner 21 Sturz aufs Eis mit Gegner 30 Zusammenstoß mit Gegner 31 Zusammenstoß mit Mitspieler 32 Zusammenstoß mit Goalie 40 Bulli 50 Abgefälschter Puck 60 Arbeit im Slot allgemein 61 Arbeit im Slot Angriff 62 Arbeit im Slot Verteidigung 70 Arbeit in den Ecken allgemein 71 Arbeit in den Ecken Angriff 72 Arbeit in den Ecken Verteidigung 80 Ausweichen vorm Gegner 81 Beinstellen 82 Haken 83 Hoher Stock

139

84 Schlägerei 85 Stockschlag 86 Sonstiges 87 Angeschossen 88 Schussblock 90 Erlaubter Check allgemein 91 Erlaubter Check von vorne 92 Erlaubter Check seitlich 93 Erlaubter Check von hinten 94 Unerlaubter Check allgemein 95 Unerlaubter Check von vorne 96 Unerlaubter Check seitlich 97 Unerlaubter Check von hinten 98 Check von hinten in die Bande Stand 99 Check von hinten in die Bande Bewegung

Goalie: 120 Schussabwehr allgemein 121 Schussabwehr im Torraum 122 Schussabwehr außerhalb des Torraums 123 Gedränge 124 Gedränge am Boden 125 Poke Check 126 Verlassen des Torraumes

140

A6 Kodierungslisten für die Variable ‘Verletzungsmechanismus‘

1 Kontakt Eis allgemein 2 Kontakt Eis – Kopf 3 Kontakt Eis – Hals 4 Kontakt Eis – Schulter 5 Kontakt Eis – Arm allgemein 6 Kontakt Eis – Oberarm 7 Kontakt Eis – Ellbogen 8 Kontakt Eis – Unterarm 9 Kontakt Eis – Hand allgemein 10 Kontakt Eis – Handgelenk 11 Kontakt Eis – Mittelhand 12 Kontakt Eis – Finger 13 Kontakt Eis – Daumen 14 Kontakt Eis – Hüfte/Rumpf 15 Kontakt Eis – Bein allgemein 16 Kontakt Eis – Oberschenkel 17 Kontakt Eis – Kniegelenk 18 Kontakt Eis – Unterschenkel 19 Kontakt Eis – Sprunggelenk 20 Kontakt Eis – Fuß allgemein 30 Kontakt Person allgemein 31 Kontakt Person – frontal 32 Kontakt Person – seitlich 33 Kontakt Person – von hinten 34 Kontakt Person - Kopf 35 Kontakt Person - Hals 36 Kontakt Person - Schulter 37 Kontakt Person – Arm allgemein 38 Kontakt Person - Oberarm 39 Kontakt Person - Ellbogen 40 Kontakt Person - Unterarm

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41 Kontakt Person – Hand allgemein 42 Kontakt Person - Handgelenk 43 Kontakt Person – Mittelhand 44 Kontakt Person – Finger 45 Kontakt Person – Daumen 46 Kontakt Person – Hüfte/Rumpf 47 Kontakt Person – Bein allgemein 48 Kontakt Person – Oberschenkel 49 Kontakt Person – Kniegelenk 50 Kontakt Person – Unterschenkel 51 Kontakt Person – Schlittschuh 60 Kontakt Schläger 61 Kontakt Schlittschuhkufe 62 Kontakt Puck 63 Kontakt Plexiglas-Kante 64 Kontakt Tür 65 Kontakt Tor 70 Umknicken 71 Verdrehen 72 Schneiden 73 Treten 74 Stechen 75 Quetschen 80 Kontakt Bande allgemein 81 Kontakt Bande – frontal 82 Kontakt Bande – seitlich 83 Kontakt Bande – von hinten 84 Kontakt Bande - Kopf 85 Kontakt Bande - Hals 86 Kontakt Bande - Schulter 87 Kontakt Bande – Arm allgemein 88 Kontakt Bande - Oberarm 89 Kontakt Bande - Ellbogen

142

90 Kontakt Bande - Unterarm 91 Kontakt Bande – Hand allgemein 92 Kontakt Bande - Handgelenk 93 Kontakt Bande – Mittelhand 94 Kontakt Bande – Finger 95 Kontakt Bande – Daumen 96 Kontakt Bande – Hüfte/Rumpf 97 Kontakt Bande – Bein allgemein 98 Kontakt Bande – Oberschenkel 99 Kontakt Bande – Kniegelenk 100 Kontakt Bande – Unterschenkel 101 Kontakt Bande – Sprunggelenk 102 Kontakt Bande – Fuß allgemein

143

A7 Tabellenrang der DEL-Teams und jeweiliger Rang bei der ’WestLB Fair Play Trophy’ in der Saison 2007/2008

21,82 21,82 19,91 25,79 22,78 27,95 21,67 21,50 18,76 24,38 19,56 17,66 18,00 17,27 25,18 17,45 Strafpunkte Strafpunkte 0 4 7 2 1 0 2 0 5 0 0 0 0 4 0 Spiel- sperren sperren Spiel 21,82 21,82 15,91 18,79 20,78 26,95 21,67 19,50 18,76 19,38 19,56 17,66 18,00 17,27 21,18 17,45 Ø Strafmin/ Ø Strafmin/ 61 61 70 70 68 63 61 64 59 69 59 56 56 56 56 56 nach Spieldauerdisziplinarstrafen oder 3. Disziplinarstrafe) oder 3. Disziplinarstrafe) Spieldauerdisziplinarstrafen nach Spiele gesamt gesamt 7 9 8 5 6 3 4 1 2 10 10 14 11 15 12 13 Rang Fair Play

hnittliche Strafminuten/Spiel + Anzahl der von der Ligagesellschaft gegen einen Spieler aus- Spieler einen gegen der Ligagesellschaft von Anzahl der + hnittliche Strafminuten/Spiel

dler Mannheim Panther ugsburger Mannschaft Mannschaft Eisbären Berlin Kölner Haie Lions Frankfurt Roosters Iserlohn A Freezers Hamburg Scorpions Hannover DEG Metro Stars ERC Ingolstadt Krefeld Pinguine A Wolfsburg Adams Grizzly Tigers Straubing Duisburg Füchse Sinupret Ice Tigers # # # # 7 8 9 1* 2* 3* 4* 5* 6* 11 11 12 13 14 15 10 Die Mannschaft hat die 1. Play-Off Runde erreicht hat die 1. erreicht Play-Off Runde Die Mannschaft Sperren automatischen (d.h. keine Spielsperren gesprochenen Rang Tabelle Tabelle Berechnung Strafpunkte: Strafpunkte: durchsc Berechnung * # erreicht hat das Play-Off Viertel-Finale Die Mannschaft