USA „Americans Never Quit”
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ROLAND REGNER USA „Americans never quit”1 Rolle und Funktion des USOC im olympischen Sport In den USA gehört Leistungssport nicht zu den originären Staatszielen. Deshalb gibt es hier, anders als in anderen Ländern, auch kein Sportministerium oder eine ver- gleichbare staatliche Einrichtung und darüber hinaus gibt es auch keine direkte fi- nanzielle Unterstützung (außer für ausgewählte paralympische militärische Pro- gramme und bei einem drohenden Bankrott des USOC) für den Leistungssport. Das United States Olympic Committee (USOC) wurde 1978 mit der Verabschiedung des „Ted Stevens Olympic and Amateur Sports“-Gesetzes als föderale gemeinnüt- zige Körperschaft mit der Führung des olympischen Sports beauftragt. Dafür erhielt das USOC das Recht zur landesweiten Vermarktung der olympischen Symbole und Wortmarken. Die Verantwortung des USOC erstreckt sich auch auf den paralympischen Sport. Mit der zunehmenden Bedeutung der Paralympics hatten die USA 2010 ein „Warrior- Games“ genanntes Wettkampfformat für Kriegsversehrte installiert. Die jährliche Ausrichtung der Wettkämpfe ist jedoch inzwischen in die inhaltliche und finanzielle Verantwortung des Verteidigungsministeriums übergegangen. Die Frage, ob es sich beim USOC um eine privatrechtliche oder staatlich gesteuerte Organisation handelt, ist, genau wie die Position der Studentensportorganisationen (wie NCAA, NAIA), schon mehrfach Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzun- gen gewesen. Besonders augenscheinlich wird dieses juristische Dilemma, wenn sich Sportler, denen Dopingvergehen vorgeworfen werden, unter Berufung auf ihre verfassungsmäßig garantierten Grundrechte gegenüber staatlich finanzierten und kontrollierten Einrichtungen, wie dem USOC oder der Antidoping-Agentur USADA, zur Wehr setzen. Die weitere Öffnung der Olympischen Spiele für Profisportler (z. B. die Aufnahme von Golf und Rugby in das olympische Programm, die Freigabe des Boxturniers für Profiboxer, Basketball, Fußball, Tennis) bietet Stoff für völlig neue und im Zusammenhang mit Olympia eher nicht bekannte Konfliktstoffe, wie den Rückzug hoch dotierter Profis mit Alibibegründungen, z. B. im Golf und Basketball, die Nichtfreistellung von vertraglich gebundenen Spielern für die Nationalmannschaf- ten oder auch Boykottdrohungen ganzer Mannschaften wegen Lohndiskriminierung (wie im Fall der USA-Fußballerinnen [2]) u. a. m. 1 Ein Ausspruch, den der Fünf-Sterne-General Douglas MacArthur als Präsident des amerikanischen Olym- pischen Komitees, dem Manager des amerikanischen Boxteams zu den Olympischen Spielen 1928 mit auf den Weg gab, als dieser vorschlug, das Team wegen einer unfairen Entscheidung gegen einen amerikani- schen Boxer zurückzuziehen (berichtet in der New York Times vom 09.08.1928, S. 13) und der noch heute auf der Website des Team USA zu finden ist [1]. 18 REGNER: USA Das USOC ist weder ein Sportverband mit eigenen Sportlern noch eine Forschungs- einrichtung, die leistungsrelevante trainingsmethodische oder technologische Pro- jekte bearbeitet. Die Zielstellung des USOC besteht vielmehr darin, alle am Leis- tungssport beteiligten Interessenvertreter und Akteure zu einem leistungsfähigen Team zusammenzufügen und dessen internationales erfolgreiches Auftreten finan- ziell, materiell und organisatorisch zu unterstützen. Zur Lösung spezieller Aufgaben- stellungen werden funktionale Einheiten von in Abhängigkeit vom jeweiligen Inhalt dauerndem oder zeitlich begrenzten Bestand gebildet, die aus Angestellten, freien Mitarbeitern und externen Spezialisten bestehen. Unter Geschäftsführer (CEO) Scott Blackmun und dem Verwaltungsratsvorsitzenden Larry Probst ist es dem USOC gelungen, sich auch äußerlich sichtbar mit seinem neuen Markenzeichen „Team USA“ [3] in den letzten 10 Jahren von seinem durch organisatorische Instabilität, diverse Skandale und internationale Isolation beschä- digten Ruf zu befreien. Eine ausgeprägte Reisediplomatie und die Einigung mit dem IOC über die Neuaufteilung der Einnahmen aus den Rechten des USOC an den olympischen Symbolen trugen zu einer Renaissance olympischer Ideale in den USA bei. Die Erinnerung an die Olympischen Spiele 1984 von Los Angeles ist noch wach und das Trauma gescheiterter Bewerbungen um die Ausrichtung Olympischer Spiele gerät über eine neuerliche Bewerbung von Los Angeles für 2024 langsam in Verges- senheit. Sowohl in der nationalen Presse als auch in der internationalen Sportöffent- lichkeit werden die USA heute als ein Global Player im internationalen Sportgeschäft wahrgenommen, der das Potenzial hat, eine führende Rolle im Weltsport einzuneh- men, und der leistungsmäßig grundsätzlich in der Lage sein sollte, der immer stärker werdenden Konkurrenz, vor allem aus China, erfolgreich entgegenzutreten. Dabei ist die Sicht der Führungsriege des USOC keinesfalls ausschließlich auf nationale Inte- ressen beschränkt. Als ehemalige und zum Teil aktive Repräsentanten der Leitungs- etagen international agierender Konzerne befinden sich die obersten Funktionsträger des amerikanischen Leistungssports mit den Spitzen von Wirtschaft und Politik auf Augenhöhe. Sie verstehen es, sich als Mitglied der internationalen olympischen Fa- milie zu präsentieren und die Bedingungen für die Verwirklichung eigener Ziele zu optimieren, ohne ihren Sonderstatus aufzugeben. Die neue Strategie des USOC verfolgt in diesem Zusammenhang folgende Richtun- gen Entwicklung eines leistungsorientierten Fördersystems, Unterstützung kleiner, weniger leistungsfähiger Sportarten und deren Verbände, Stärkung der internationalen Präsenz im IOC und in den internationalen Sport- verbänden, Arbeit an den verkaufsfördernden Attributen des Leistungssports (Teamgeist, sportliche Fairness, Persönlichkeit, Spitzenleistung, Vorbildwirkung, mediale Prä- senz), Stärkung der Basis, Erschließung personeller und finanzieller Ressourcen, Vermeidung finanzieller und „ansehensschädigender“ Risiken. Olympiaanalyse Rio de Janeiro 2016 19 In der praktischen Umsetzung dieser Strategie bietet das UOSC keine Grundfinan- zierung für leistungssportliche Karrieren, sondern fördert gezielt und mit entspre- chender Kontrolle Projekte, die existenziell abgesichert sind. Es gibt dabei „Anschub- finanzierungen“, in die sich das USOC stärker einbringt, es ist jedoch immer daran interessiert, Partner zu finden, die den Routinebetrieb absichern. Struktur und personelle Führung des USOC De facto werden die großen US-Sportverbände und deren olympische Repräsen- tanz, das USOC, von Personen geführt, deren finanzieller Hintergrund und soziale Weltsicht sich in den Chefetagen global agierender Konzerne der Entertainmentin- dustrie entwickelt haben. Larry Probst ist seit Oktober 2008 Vorsitzender des Ver- waltungsrats des USOC. Er ist größter persönlicher Anteilseigner und seit März 2013 Executive Chairman des US-amerikanischen Computerspielverlags Electronic Arts (EA), eines weltweit agierenden Unternehmens mit einem Jahresumsatz von mehr als drei Milliarden USD (etwa 2,67 Mrd. €), für das er bereits von 1991-2007 als CEO und Präsident tätig war [4]. Probst ist seit 2013 persönliches Mitglied des IOC und steht dort an der Spitze eines 16-köpfigen Gremiums, welches das 600-Millionen- Dollar-Projekt eines Olympic Channel, dessen Start mittlerweile am 21.08.2016, dem Abschlusstag der Rio-Spiele erfolgte, vorantreiben soll. Zu den vom IOC eingesetz- ten Spezialisten für Unterhaltung und Kommunikation gehört neben dem ehemaligen NBC-Sportchef Dick Ebersol auch Randi Zuckerberg, die Schwester des Facebook- Gründers Mark Zuckerberg. Die unter www.olympicchannel.com erreichbare eng- lischsprachige NBC-eigene Streaming-Media-Plattform mit Untertiteln in neun Spra- chen soll das Interesse an den Olympischen Spielen und den Sportarten des olym- pischen Programms ganzjährig aufrecht erhalten. Dem ehrenamtlichen Verwaltungsrat des USOC gehören neben Probst fünf weitere unabhängige Mitglieder, drei Vertreter des Athletes Advisory Council (AAC), drei Ver- treter des Rates der nationalen Sportverbände (National Gouverning Bodies Council – NGBC) sowie ex officio die US-amerikanischen IOC-Mitglieder und der Geschäfts- führer des USOC an. Anita L. DeFranz gehört dem Gremium seit Juli 2004 an. Die Bronzemedaillengewin- nerin im Rudern bei den OS 1976 ist Vizepräsidentin der internationalen Ruderföde- ration, Mitglied des IOC seit 1986 und gehört seit 2013 zum wiederholten Male dem IOC Executive Board an, dem u. a. die Auswahl der Kandidatenstädte für die Olym- pischen Spiele obliegt. Sie ist außerdem Mitglied der Koordinierungskommission für die Spiele 2020 in Tokio. Der Name DeFranz hat auch in Juristenkreisen einen guten Klang, seit 1980 ihre Klage gegen das USOC wegen des auf Druck der Carter-Ad- ministration verfügten Olympiaboykotts vor dem Obersten Gerichtshof verhandelt wurde. 20 REGNER: USA Der stellvertretende Chef des Verwaltungsrats, Robert Bach, war bis 2010 Microsoft- Präsident für Unterhaltung und Geräte, eine Position, in der er mit weltweit 9.000 Mit- arbeitern einen Umsatz von 8 Mrd. USD (7,11 Mrd. €) realisierte. James Benson ist CEO der Finanzdienstleistungs- und Investmentfirma Benson Botsford LLC und war zuvor CEO der John Hancock Life Insurance Company, einem ehemaligen Olympiasponsor. Ursula M. Burns ist seit 2009 CEO der Xerox Corporation und darüber hinaus Vor- standsvorsitzende der American Express Corporation, der Exxon Mobil Corporation und der Ford Foundation. Daniel L. Doctoroff, der dem Gremium seit 2015 angehört, war Gründer der NYC2012 Bewerbungsgesellschaft und von 2011-2014 CEO von Bloomberg L.P., der Firma des Bürgermeisters