Heimat: Herkunft – Wandel – Ankommen Heimat
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Heimat: Herkunft – Wandel – Ankommen Heimat: Herkunft – Wandel – Ankommen Katalogbuch zu den Ausstellungen des Kreiskunstvereins Beckum-Warendorf e.V. 2014 bis 2016 Mit Textbeiträgen von Hermann Ühlein Herausgegeben vom Kreiskunstverein Beckum-Warendorf e.V. Heimat Herkunft Basilius Kleinhans INHALT 7 Vorwort 9 Einleitung: Heimat 12 Herkunft – Suche nach Wurzeln 15 Erdgeschichte 18 Erinnerung(en) 24 Region und Familie 28 Elternhaus – Kindheit – Jugend 42 Übergang: Herkunft als treibende Kraft 46 Wandel – Suche nach Identität 49 Transformationen 54 Subjekt im Wandel 59 Gesellschaft im Wandel 68 Welt im Wandel 74 Übergang: Transformation als Prinzip 78 Ankommen – Suche nach Heimat 81 Mein Zuhause bin ich 88 Gehen und Suchen 97 Boote und Häuser 106 Himmel und Erde 112 Übergang: Ankommen in der Gegenwart der Kunst 116 Künstlerverzeichnis 117 Literaturhinweise 118 Dank Heimat – The aim Peer Christian Stuwe 4 | 5 VORWORT Der Begriff Heimat ist ein in den letzten Jahren unab- Wurzeln“, „Wandel – Suche nach Identität“ und „An- hängig vom jeweiligen regionalen Bezug viel disku- kommen – Suche nach Heimat“ nicht nur einen tie- tierter Begriff und angesichts tiefgreifender globaler fen und vielschichtigen Einblick in die Thematik ge- und gesellschaftlicher Veränderungen gerade in die- schaffen, sondern auch die Möglichkeit, Heimat neu sen Tagen hochaktuell. und anders zu sehen. Der künstlerische Ansatz war Als Gemeinschaft von Kunstinteressierten, Künst- frei wählbar und folgerichtig vielfältig: erdgeschicht- lerinnen und Künstlern fördert der Kreiskunstverein lich, historisch oder biografisch bis hin zu rein formal Beckum-Warendorf e.V. mit seinen jährlichen The- und abstrakt. menausstellungen den Dialog zwischen verschiede- Der scheinbar so verstaubte und sperrige Begriff nen Künstlergenerationen, der Künstlerschaft und Heimat entwickelte sich zu einer hoch komplexen dem kunstinteressierten Publikum. Angelegenheit und entfaltete über die drei Jahre der Welches Andere kann die Bildende Kunst zum Ausstellungen einen großen Bildreichtum, der viele Thema Heimat liefern, welche neuen Bilder kann Anreize gab, die eigene Position zu reflektieren und sie erschaffen, insbesondere da, wo Sprache an darüber in einen lebendigen Austausch zu treten. ihre Grenzen stößt? Welche Assoziationen kann die Wir, der Kreiskunstverein Beckum-Warendorf e.V., Kunst hervorbringen, welche unbeleuchteten Räume freuen uns, mit dem vorliegenden Katalogbuch diese zwischen den Bedeutungen des Begriffs Heimat umfangreichen Präsentationen im Wesentlichen zu sichtbar machen? dokumentieren und gleichzeitig einen wertvollen Ein- In drei aufeinander folgenden Ausstellungen in blick in das zeitgenössische, künstlerische Schaffen den Jahren 2014 bis 2016 haben insgesamt 52 zu geben. Künstlerinnen und Künstler des Kreiskunstvereins Beckum-Warendorf e.V. mit ihren jeweils aktuellen Silvia Fassel Geschäftsführerin des Kreiskunstvereins Arbeiten zu den Themen „Herkunft – Suche nach Beckum-Warendorf e.V. Ausstellung 2016, Museum Abtei Liesborn 6 | 7 EINLEITUNG HEIMAT: HEIMAT IN BEWEGUNG Kein Ausrufezeichen, kein Fragezeichen, kein Ge- Das polyzentrische hat längst das konzentrische Le- dankenstrich. Der Doppelpunkt ist wichtig. Da- bensmodell abgelöst. Berufliche und private Mobilität nach muss etwas kommen, eine kurze Erläuterung, lassen Merkmale von Heimat wie Orts- oder regionale eine differenzierende Aufzählung, etwas, das den Verbundenheiten und die Priorität familiärer Bindun- Begriff entfaltet und ausbreitet, das ihn begreif- gen in den Hintergrund treten oder zu einer temporä- bar (er) macht. „Heimat“ ist ein Begriff, der dies er- ren Erfahrung werden, die sich im Laufe des Lebens fordert, denn immer schon unscharf und diffus, an mehreren Orten machen lässt. Heimisch werden wurde und wird er politisiert (Konservative) und kann man zwar nicht überall, sicher jedoch vielerorts. ideologisch vereinnahmt (Neo-Nationalismen) so- Biographisch gesehen, erleben viele Menschen die wie kommerziell gelabelt (Tourismus, Film, Musik). Heimat sukzessive im Plural. Und es gab sie immer „Heimat“ galt lange als Begriff der Abgrenzung schon und gibt es auch heute, die „Weggeher“, wie und war in Teilen der Gesellschaft und bei vielen Edgar Reitz sie in einem Interview nannte1. Men- Menschen in Verruf geraten. Er ist inhaltlich offen und schen, die ihre Heimat bewusst und freiwillig verlas- ihn erschöpfend und abschließend zu definieren, ist sen (haben), in der klaren Erkenntnis, dass nur dieser nahezu unmöglich. Das macht diesen Begriff jedoch Schritt sie retten und zur Entfaltung bringen kann. überlebensfähig: „Heimat“ ist seit Jahren wieder Wenn heute auf der anderen Seite bei vielen jungen ins Gespräch gekommen, wohl weil er und das mit Menschen alle Formen der Sesshaftigkeit (Haus und ihm Bezeichnete nicht mehr selbstverständlich sind. Familie) wieder hoch im Kurs stehen, so dürfte auch „Heimat“ ist unter den aktuellen Bedingungen neu das eine Form der Suche sein nach eigener Identi- auszuloten. Der Doppelpunkt ist wichtig. Danach tät, nach Zugehörigkeit und Zusammenhalt in Zeiten muss etwas Neues (?) kommen. rasanten globalen Wandels. Ausstellung 2015, Museum Abtei Liesborn 8 | 9 HEIMATLOSE IN DER HEIMAT HEIMAT 4.0 HEIMAT: EIN KATALOGBUCH Nicht nur Flucht und Vertreibung, auch Grenzver- Die grundlegende Veränderung jedoch verbirgt sich Der Kreiskunstverein Beckum-Warendorf hat für drei Auf jedes Hauptkapitel folgt ein „Übergang“, in dem schiebungen schaffen Heimatlosigkeit. Eine solche hinter Begriffen wie „Industrie 4.0“ und „Internet der Jahresausstellungen das Thema „Heimat“ gewählt: jeweils ein über drei Jahre entwickeltes Kunstkonzept Grenz änderung, die Aufhebung einer Grenze, erleb- Dinge“. Alles, was „Heimat“ vermeintlich ausmacht Herkunft – Suche nach Wurzeln (2014), Wandel – zusammenhängend dargestellt ist. Die „Übergänge“ ten wir in Deutschland 1989. Die Wiedervereinigung – Sprache, kulturelle Identität, (analoge) Beziehun- Suche nach Identität (2015), Ankommen – Suche verbinden die Hauptkapitel und machen strukturell führte bei vielen (Ost-)Deutschen zu einem Verlust gen, Privatsphäre, Individualität, Überschaubarkeit, nach Heimat (2016). In den Ausstellungstiteln finden sichtbar, dass „Heimat“ ein Bedeutungsgeflecht ist, in von Alltagsroutinen, der, wenn auch temporär, nichts Abgrenzung –, wird digital pulverisiert, selbst aktiv be- sich die Ankerbegriffe zu Heimat: Herkunft, Wurzeln, dem jeder Aspekt mit jedem anderen verbunden ist. anderes ist als ein Synonym für Heimatverlust. Es trieben (Social Media, Internet-Shopping, Payback- Wandel, Identität, Ankommen und: Suche. Immer Der Doppelpunkt hinter „Heimat“ weitet den Blick kommt nicht von ungefähr, dass die ersten großen Re- Systeme) oder staatlich institutionalisiert (Digita- wieder ging und geht es um Suche nach Heimat, auf die in den Kunstwerken greifbare und zugleich flektionen über und Neubestimmungen von „Heimat“ lisierung von persönlichen, Steuer- und Gesund- denn in Heimatverlust und Heimatlosigkeit, in Fern- assoziative Sinnlichkeit eines immer fordernden und in die 1990er Jahre zu datieren sind2. Ein wei terer heitsdaten, Überwachung durch Geheimdienste) weh und Heimweh, im Nicht-Mehr und im Noch-Nicht sich immer wieder entziehenden Begriffs: Heimat. Themenkreis wird eröffnet durch die Zuwanderung und wirtschaftlich forciert (Industrie 4.0, Homeas- der Heimat erfahren wir sie am intensivsten. nach Deutschland in vielfältiger Form, jüngst und ak- sistent-Systeme). Wenn der Computer nicht mehr Zur Dokumentation der drei Ausstellungen liegt tuell durch die Aufnahme von Geflüchteten aus Syrien ein dem Menschen zur Verfügung stehendes Tool, dieses Katalogbuch vor. Es versucht, den Begriff und anderen Konflikt regionen. Letztendlich sind die sondern der Mensch – unter vielen andern – ein „Heimat“ auszudifferenzieren, und ist in drei Haupt- in diesem Zusammenhang geführten Diskussionen Element im digitalen Netz ist, einem Netz, das ihm kapitel gegliedert: Herkunft, Wandel, Ankommen. über Kontingente und Integration Debatten über zudem die eine oder andere oder alle Entschei- Nun finden sich jedoch in den Haupt- und ihren Un- einen neuen Heimat-Begriff: Wie und mit wem wol- dungen algorhythmisch vorbereitet oder gar ab- terkapiteln keine Abhandlungen, sondern Bildabtei- len wir leben? Wie wird sich die deutsche Sprache nimmt, dann dürfte eine Transformation bevorstehen lungen, die ausgewählte Kunstwerke thematisch verändern? Wie lassen sich religiöse und kulturelle oder schon im Gange sein, die eine fundamentale gruppieren. Das Inhaltsverzeichnis gibt keine begriff- Unterschiede friedlich und konstruktiv vermitteln? „Verwandlung der Welt“ bedeutet, wie Jürgen liche Einordnung der Kunstwerke vor – was widersin- 1 Heimat ist keine heile Welt. Ein Interview mit Edgar Reitz, in: Der Blaue Reiter. Journal für Philosophie, Wird die Gesellschaft in Deutschland ein Konglome- Osterhammel sie für das 19. Jahrhundert beschrie- nig wäre – , sondern es wurde von den Kunstwerken 23 (1/2007), 65-71, hier: 67. rat von Parallelgesellschaften, multiethnisch, multi- ben hat. Ob es dann auch Heimat 4.0 geben wird? her entwickelt: Die Kapitelüberschriften bringen ins 2 Will Cremer/Ansgar Klein (Hg .), Heimat. Band 1: Analysen, Themen, Perspektiven; religiös, multilingual? Wort, woran Kunstwerke sich auskristallisiert haben. Band 2: Lehrpläne, Literatur, Filme, Bonn 1990. 10 | 11 INHALT 15 Erdgeschichte 18 Erinnerung (en) HERKUNFT 24 Region und Familie 28 Elternhaus – Kindheit – Jugend Suche nach Wurzeln 42 Übergang: Herkunft als