Journal Für den Orchideenfreund Die kommende Revolution bei den Namen der Orchideen-Hybriden: Probleme und mögliche Lösungen

Alec PRIDGEON

Vorbemerkung der Redaktion: ist, um verlässlich zu sein (CHASE, 1987). Histo- Anlässlich der diesjährigen Weltorchideen- risch gesehen ist Laelia nicht durch gemeinsa- konferenz wurde an das Journal für den Or- me, abgeleitete Merkmale, sondern durch chideenfreund, offizielles Organ der VDOF, Merkmale der Vorfahren definiert worden. Mit vertreten durch Roland SCHETTLER, von Yoshi- anderen Worten, beim Subtribus taka UEDA, Japan, einem Mitglied aus der nicht dadurch was es ist, sondern dadurch APOR (Beratergruppe der Orchideenregist- was es nicht ist (VAN DEN BERG et al., 2000). rierung der RHS) die Bitte herangetragen, Das Resultat ist, dass genetisch ungleiche Ar- nachfolgenden Text in deutscher Überset- ten mit einer deutlichen geographischen Tren- zung abzudrucken, um unter Orchideenlieb- nung zwischen Zentralamerika und Brasilien habern, Züchtern und Wissenschaftlern die involviert sind. Diskussion über Namensänderungen bei Or- Ein überzogener Verlass auf solche traditionel- chideenarten und -hybriden als Folge von len Merkmale hat zu polyphyletischen oder pa- molekularen Untersuchungen zu eröffnen. raphyletischen Gattungen sowie einer totalen Schon in Heft 4/2002 hatte Karlheinz SENG- Konfusion der Verwandtschaft auf der unters- HAS am Beispiel der Gattung Dendrobium ten Ebene wie die der Arten und der obersten darauf hingewiesen, dass molekularbiologi- Ebene wie die der Subfamilie geführt. Die Ent- sche Untersuchungen zu einem völligen Na- wicklung der Molekulartechnologie und die menswirrwarr führen könnten. Wir bitten die der polyphyletischen Techniken der wenigen Leser uns ihre Meinung zu den geplanten letzten Dekaden hat in der ganzen Welt nichts oder schon vorgenommenen Namensände- weniger bewirkt als eine Revolution der biolo- rungen mitzuteilen. Wir werden diese Leser- gischen Klassifikation. Nicht nur, dass wir nun meinungen an die Kommission weiterleiten. in der Lage sind, eine genetische und größere objektive Basis für generische Konzepte und Da seit dem 18. Jahrhundert mehr und mehr die Verwandtschaft von der Subfamilie hinun- Orchideen entdeckt und beschrieben worden ter bis zur Basis der Populationsebene aller sind, ist das Verfahren künstliche Bestim- Lebensformen zu erstellen, sondern wir kön- mungsschlüssel für die Identifizierung ver- nen auch die entwicklungsmäßige Historie der schiedener Gattungen und höhere Ordnungen Hauptgruppen innerhalb der Familien rekon- herzustellen, komplexer geworden. Das Ergeb- struieren, ihre Entstehungen verfolgen und nis ist, dass bestimmte Blütencharaktere, die auch die entwicklungsmäßigen Wechsel ihrer der Bedeutung der heutigen Analysen nicht morphologischen Eigenschaften verstehen. standhalten können, als Kennzeichen diverser Obwohl solche Eigenschaften, die mit dem Gattungen aufrechterhalten werden. So zum bloßen Auge, durch ein Vergrößerungsglas Beispiel ist Oncidium ehemals von Odonto- oder mit einem schwachen Mikroskop zu se- glossum durch den Winkel zwischen der Lippe hen sind, für den Zweck der Identifizierung und der Säule (GARAY 1963) unterschieden und die Erstellung eines Bestimmungsschlüs- worden. Es gibt jedoch so viele inter- und intra- sels angewändet werden und immer noch ei- generische Überlappungen in der Spanne der ne Hauptrolle in der Orchideenklassifizierung Winkel zwischen den Arten dieser beiden Gat- spielen, haben die Daten der DNA-Sequenzen tungen, dass die Unterscheidung zu unscharf mehrfache Vorteile ihnen gegenüber. Erstens 140 Journal Für den Orchideenfreund

Lc. Schilleriana = Laelia purpurata x C. intermedia ; neu Sc. Schilleriana erlauben sie uns zu bestimmen, ob ähnliche Bank zugefügt und mit Analysen von verwand- Merkmale in unterschiedlichen Organismen ten Arten rund um den Globus vereinigt wer- das Resultat von gemeinsamen (gleichwerti- den können. Drittens haben die DNA-Daten ei- gen) Vorfahren, oder unabhängigen Ursprün- nen voraussagenden Wert. Wenn wir z. B. er- gen sind. Mit anderen Worten, sie zeigen uns, fahren, dass bestimmte Gruppen von Pflanzen welche morphologischen Merkmale gute Indi- biochemische Verbindungen mit antibakteriel- katoren für eine Verwandtschaft sind und wel- ler oder antiviraler Aktivität aufweisen, können che – als Resultat von ähnlichen Selektions- wir die genetische Verwandtschaft „nutzbar drücken (bei gleichen oder ähnlichen Bestäu- machen“, um das mögliche Vorkommen von bern, das Teilen des epiphytischen Habitus, gleichen oder ähnlichen Verbindungen in etc.) – lediglich Annäherungen sind. Das Er- Gruppen von Pflanzen vorherzusagen, die auf- gebnis ist eine brauchbarere, voraussagende- grund der Analyse der DNA-Sequenzen als re und präzisere Klassifizierung. Zweitens kön- verwandt anzusehen sind. nen Sequenzen schnell und im Übermaß – Vom gärtnerischen Standpunkt aus sind Or- Hunderte und sogar Tausende, jeweils herge- chideenzüchter in der Lage diese Information stellt werden. Genau so wesentlich ist, dass zu verwenden, um vorherzusehen, ob zwei Ar- sie leicht elektronisch übermittelt, anderen ten erfolgreich gekreuzt werden können und weltweiten Datenbanken, wie z. B. der Gen was als Kreuzung zu erwarten ist. Letztendlich 141 Journal Für den Orchideenfreund haben wir auf der Ebene der Arten und der Po- pulation die Möglichkeit, DNA-fingerprinting- Techniken zu benutzen, um die genetische Va- riation zu quantifizieren und unter Verwendung der Information des Genotypus zu bestimmen, ob Populationen einer bestimmten Art gene- tisch verwandt sind und einen speziellen Schutz- und Sicherungsstatus rechtfertigen. Als Ergebnis können wir eine Schutzstrategie für nicht nur geographisch sondern auch ge- netisch isolierte, gefährdete oder bedrohte Ar- ten entwickeln. Mit dieser Information können wir limitierte Managementkapazitäten kanali- sieren und sie dort einsetzen, wo sie am drin- gendsten benötigt werden. Wo es, wie z. B. bei den Frauenschuh-Orchide- Pot. Little Toshie= Sc. Beaufort x Blc. Toshie Aoki ; en, eine Übereinstimmung zwischen der Mor- neu Sbc. Little Toshie phologie und den Molekülen gibt, ist eine Än- derung der Gattungsnamen nicht nötig gewor- den. DNA-Sequenzdaten (COX et al., 1997, und können, wie z. B. Vanilla, Ophrys, Restrepia, nachfolgende größere Studien, die unter- Catasetum, Gongora. Unterschiede zwischen schiedliche Gen-Regionen benutzten) haben den Molekülen und der Morphologie haben gezeigt, dass Paphiopedilum, Phragmipedium, sich in den Gattungen ergeben, die eindeutig Cypripedium und Selenipedium alle stark un- polyphyletisch sind. Dies ist oft als ein Resul- terstützte monophyletische Gruppen sind (Me- tat eines historischen „Alles in einen Topf wer- xipedium hat nur eine Art). Das Gleiche gilt für fen“, in dem Eigenschaften eines Vorfahren ei- die Mehrheit von Orchideengattungen, die ner Gruppe herangezogen wurden, oder von leicht und erkennbar durch eindeutige mor- solchen, die aus anderen Gründen unzuverläs- phologische Eigenschaften definiert werden sig sind (z. B. Laelia, Pleurothallis, Epiden- drum, Orchis, Oncidium). Die meisten Orchideengruppen sind – unter Verwendung von bis zu fünf oder sogar sechs Gen-Regionen, die sich als informativ in zahllo- sen Studien von Samenpflanzen rund um die Welt gezeigt haben – zumindest zum Teil se- quenziert worden. Wo es bei den Basenabfol- gen eine Übereinstimmung bei diesen Gen-Re- gionen gibt und eine stabile Unterstützung durch die resampling-Technik, wie die der Bootstrap-Technik erfolgt, sind einige Arten der problematischen Gruppen umbenannt worden, um ihre Abstammung zu reflektieren. Die brasilianischen Arten und Naturhybriden von Laelia und einigen anderen sind zu So- phronitis, ihren nächsten Verwandten, transfe- riert worden (VAN DEN BERG, 2000; VAN DEN BERG Lc. Mariechen = L. esalqueana x C. Thospol Spot; et al., 2000; VAN DEN BERG & CHASE, 2000, neu Sc. Mariechen 2001). Auf der Basis derselben Studie trenn- 142 Journal Für den Orchideenfreund

C. Auranti-Media = C. aurantiaca x C. intermedia; neu Gc. Guaranthe aurantiaca x C. intermedia

ten DRESSLER & HIGGINS (2003) Cattleya skinne- doch nur ein Anteil der beträchtlichen nomen- ri, C. aurantiaca, C. bowringiana und C. patinii klatorischen Verlagerungen, die nach einem als Gattung ab und machten da- folgenden kontinuierlichen Sequenzieren in durch Cattleya zu einer natürlicheren Gruppe. den nächsten Jahren in der Oncidium-Gruppe Unter Verwendung von vier Gen-Regionen ei- zu machen sind. Odontoglossum selbst, das in ner Molekularstudie der Oncidiinae folgend, mindestens vier Untergattungen zerfällt (WILLI- wieder belebten und erweiterten WILLIAMS et AMS et al., 2001) könnte sogar zu anderen Gat- al. (2001) die Gattung Cyrtochilum um zwei tungen transferiert werden. Subgattungen und eine weitere Sektion von Mit diesen Erläuterungen als Hintergrund kön- Odontoglossum, Neodryas, Rusbyella, Dasy- nen wir nun betrachten, welche Bedeutung glossum und Trigonochilum (als auch Arten solche Namensänderungen wahrscheinlich bei der Oncidium Subgattung Cyrtochilum). auf das Internationale Orchideen Hybrid Re- Neben anderen Veränderungen transferierten gister der Royal Horticultural Society haben sie 1) die Eselsohr- und Rattenschwanz-Onci- werden. Zuerst werden wir uns kurz mit eini- dium Gruppen zu Trichocentrum, 2) Psygmor- gen verursachten Problemen (abgesehen da- chis und die Oncidium Sektionen Disticha und von, dass wir die Etiketten unserer Töpfe Rostarta zu Erycina, 3) die Oncidium Sektion wechseln!) der Nomenklatur der Hybriden der Serpentina zu Odontoglossum und 4) Miltonio- Vergangenheit und der Gegenwart beschäfti- ides, Mexicoa, Miltonia (zum Teil) und Odonto- gen und dann einige Lösungen vorschlagen, glossum (zum Teil) zu Oncidium. Dies ist je- die z. Zt. beim Advisory Panel on Orchid Re- 143 Journal Für den Orchideenfreund gistration (APOR / zu Deutsch: Beratergruppe nalis, L. gouldiana, L. rubescens, L. superbi- der Orchideenregistrierung) der RHS disku- ens, L. furfuracea) nicht ein. In diesen Fällen tiert werden. würde der nothogenerische Name jeweils zu Sc. oder Bsc. wechseln, wenn die Namen ge- Der Tunnel ändert werden müssten. Eine relativ einfache Genealogie, aber eine, Es wird schlimmer. Die Brassavola Art, die oft die nach wie vor nach Aufmerksamkeit ver- bei Cattleya Kreuzungen verwendet wurde, ist langt, ist die von Sophrolaeliocattleya Vallezac Brassavola digbyana. Mit Rhyncholaelia glauca (Lc. Golden Gate x Slc. Anzac). Vorausgesetzt, (früher Brassavola glauca) gehört sie aber nun dass bei Laelia, wie es augenblicklich verstan- der Gattung Rhyncholaelia an. Mit einer Abbit- den wird, die brasilianischen Arten ausge- te im Voraus an Ernest und Pamela, falls der schlossen sind und Schomburgkia (ausge- korrekte Name, sagen wir mal, für Blc. Pamela nommen die Arten bei Myrmecophila wie z. B. Hetherington angewendet würde, dann würde M. tibicinis) eingeschlossen ist, ist jede Laelia es Rhynchosophrocattleya Pamela Hethering- Art im Hintergrund beider Eltern der Kreuzung ton sein. Mit einem uneleganten Wort, das – L. tenebrosa, L. purpurata, L. cinnabarina – aber alles sagt, eklig. jetzt als Sophronitis Art publiziert worden (VAN Der Umkehrschluss mag eintreten, wenn eine DEN BERG & CHASE, 2000). In diesem Fall wird intragenerische Kreuzung aktuell bigenerisch der korrekte nothogenerische Name zu So- oder größer ist. Betrachten wir Cattleya Portia phrocattleya anstatt Sophrolaeliocattleya. Eine (C. bowringiana x C.labiata). Mit dem Transfer der Kreuzungen im Hintergrund von Slc. An- von C. bowringiana zu Guarianthe würde der zac, Sl. Psyche (L. cinnabarina x S. coccinea), neue Kreuzungsgattungsname vielleicht wie ist in der Tat einfach nur Sophronitis Psyche, Guaricattleya lauten. Nun denken Sie bei den wenn der neuen Nomenklatur gefolgt wird. Cattleya Kreuzungen an all die Grexe, bei de- Wie nun aufgefasst, schließen viele der Klassi- nen C. Portia verwendet wurde. Unmittelbar ker und unvergesslichen Lc., Slc. und Blc. können Sie auch hier den Umfang der nomen- Kreuzungen Laelia (z. B. L. anceps, L. autum- klatorischen Probleme ermessen. Probleme für eine zukünftige Nomenklatur sind möglicherweise sogar umfassender bei der Odontoglossum Verwandtschaft. Betroffen sind große Anteile, weil Arten von Odontoglos- sum, Cochlioda und Comparettia bald zu an- deren Gattungen transferiert werden mögen (pers. Mitteilung Mark CHASE) und einige neue Kombinationen bereits – wie oben erwähnt – gemacht wurden. Berüchtigt veraltet bleiben große Nothogenera wie Odontioda und Odon- tocidium. Aber am Ende dieses dunklen und anscheinend endlosen Tunnels da gibt es:

Das Licht Vier Optionen die taxonomische Revolution zu bewältigen, werden sich ergeben. Zunächst könnten wir nichts tun und die Namen der Hybriden als gärtnerische Äquivalente lassen wie sie sind. Kurzfristig mag die Verwaltung ei- Sl. Psyche = L. cinnabarina x S. coccinea ; neu S. nes dualen Klassifizierungssystems der leich- Psyche teste Ausweg sein, da eingewendet werden 144 Journal Für den Orchideenfreund könnte, wer wagt es zu sagen, dass die Na- wechselt werden müssen, gibt es mindestens men nach weiterem DNA-Sequenzieren nicht zwei Optionen. Die erste bedingt einen rück- wieder gewechselt werden. Das würde uns so- wirkenden Wechsel zu machen, sodass die gar noch tiefer in die nomenklatorische Pat- Registrierungen der Vergangenheit in notho- sche mit weiteren Synonymen für Bewerter, generischer Übereinstimmung mit zukünftigen Züchter und Gärtner bringen, die zu lernen Registrierungen sind. Entsprechend Julian und dann wieder zu verwerfen wären? Dies ist SHAW (Orchid Registrar) könnte die Software eine berechtigte Sorge, die die Wissenschaft- der Registrierungsdatenbank gewechselt wer- ler, die an dem weltweitem „Genera Orchida- den, um, wenn erforderlich, einen zusätzlichen cearum Projekt“ arbeiten, nicht leicht nehmen. Zugang für die generischen und die spezifi- Falls es unzureichende Daten für die Bestäti- schen Synonyme jedes Grex-Elternteils zu gung oder die Aufstellung einer Gattung oder schaffen, sodass beide Namen bei Prüfungen eines anderen Taxons gibt, halten sie den Sta- gebraucht werden können. So z. B. Lc. Tiny tus Quo – abhängig weiterer Studien – auf- World = C. luteola x L. gardneri könnte auch recht. als Sc. (Lc.) Tiny World = C. luteola x S. (L.) Langfristig können wir jedoch nicht eine sich crispata (gardneri) gelistet werden. In dem ständig erweiternde Verschiedenheit zwischen Protokoll des APOR-Treffens vom 6. Dezember einer botanischen und einer gärtnerischen In- 2001 zitierte SHAW als Vorteil dieses Systems anspruchnahme gewähren. Wie CRIBB et al. das leichte Erstellen der Liste der neuen Orchi- (1999) ausführten, wird die kontinuierliche Zu- deenhybriden, die günstige Gelegenheit sich nahme der Namen – neue Arten, neue Kombi- an die neuen Namen zu gewöhnen, die simul- nationen und neue Registrierung von Hybri- tane Verwendung beider Systeme, die Freiheit den – evtl. einen Punkt erreichen, wenn die das eine oder andere System zu verwenden Bereinigung der Zweiteilung für die späteren und lange Listen von konservierten Namen zu Generationen viel aufwändiger und mühsamer vermeiden. Die Möglichkeiten dessen sind je- sein wird, als es jetzt der Fall ist. Eine der vie- doch entmutigend und häufig mit Problemen len Vorteile der phylogenetischen DNA-Se- bei der Interpretation, insbesondere bei den quenzen ist die nomenklatorische Stabilität, frühesten Registrierungen als die Identifikation die zuvor bei den Orchideen niemals existiert oder die Elternschaft fehlerhaft oder manch- hat. Genetische Daten, wenn sie speziell von mal voreilig gewesen ist. übereinstimmenden mehreren Gen-Regionen Eine andere Variante würde ein Stichtag für stammen, ergeben die fundamentalsten mögli- die Registrierung von Hybriden unter der jetzi- chen Nachweise und sind schwierig umzusto- gen Nomenklatur sein. Daran anschließend ßen (und dann nur durch einen überwältigen- müsste bei den Registrierungen der neue Na- den Molekularnachweis). Die Mitglieder der me verwendet werden. Aber dies ist mit einem APOR haben die Verwendung der Taxonomie Risiko behaftet und lädt zu einer Doppelregist- der laufenden Serie der „Genera Orchidacea- rierung mit dem gleichen Grex ein. Dazu rum“ als langfristigen Ansatz zur Wahl ange- kommt das Problem der Grex-Homonyme. nommen. Die Ausgaben 1–3 sind bereits bei Während eines Treffens der APOR im Dezem- der Oxford University Press erschienen. Die ber 2001 in London bemerkte SHAW, dass es Ausgabe 4, die in 2005 erscheinen soll und 2466 Grex-Namen unter Odontoglossum und die nach letzter Zählung Beiträge von 34 Wis- 2129 Namen unter Oncidium geben würde. senschaftlern aufweist, enthält den ersten Teil Dabei seien 55 die gleichen und weitere fünf der und schließt den Tribus Namen würden sich nur durch den letzten Epidendreae ein (Cattleya und ihre Verwand- Buchstaben unterscheiden. Der gleiche Grex- ten, Pleurothallis, Coelogyne und Verwandte, Name könnte unter unterschiedlichen notho- etc.). genrischen Namen nebeneinander auf einem Für den Fall, dass nothogenerische Namen ge- Bewertungstisch liegen. Um Konfusionen in 145 Journal Für den Orchideenfreund solchen Fällen zu verhindern hat der „Interna- würden sich von vielen Arten Epithets die mit tional Code of Nomenclature of Cultivated -ana (z. B. sanderiana) enden unterscheiden, “ empfohlen das Jahr der Registrierung weil sie Großschreibungen sind. Die -ana Na- anschließend an den Grex-Namen anzuführen, men haben den Vorteil, dass sie leicht auszu- weil dies ein erfolgreicher Weg war Grex-Ho- sprechen und zu buchstabieren sind, leichter monyme in anderen Pflanzenregistern zu zu merken sind als eine Gruppennummer und handhaben. außerdem nicht mit Endungen, die einen hö- Es gibt aber auch einen Kompromiss, der bei heren Rang wie z. B. Tribus und Subtribus vielen Seiten Gefallen gefunden hat. Die Ver- (-eae bzw. -inae) anzeigen, kollidieren. Dies ist wendung einer Zuchtgruppe als Bezeich- nur ein Vorschlag, der jedoch mit der APOR nungsklasse anstelle des nothogenrischen Na- diskutiert und mit dem „International Code of mens (CRIBB et al., 1999; SHAW, 2003) bringt Nomenclature of Cultivated Plants“ überein- dadurch sofortige Stabilität gegen jetzige und stimmen muss. zukünftige Wechsel bei der generischen No- Die Mitglieder APOR erbitten Kommentare von menklatur. Beispiele schließen die Oncidium, allen, und insbesondere von kommerziellen Cattleya, Cymbidium, Paphiopedilum und Van- Züchtern, Bewertern und Gärtnern, die mit da-Zuchtgruppen ein. Weitere Zuchtgruppen dieser Angelegenheit befasst sind. Jeder ist sind auf den Seiten 50–52 der 4. Ausgabe des bemüht ein System zu entwickeln, das allen „The Handbook on Orchid Nomenclature and Gliederungen der Orchideengemeinschaft Registration“ aufgeführt, das von der „Interna- dient und eins, das mit wenigen Änderungen tional Orchid Commission“ 1993 veröffentlicht weit in die Zukunft bestehen kann. Interessier- wurde. Und viele weitere existieren bereits ge- te Beteiligte haben an einem Treffen der „Inter- mäß des „Orchid Registrar“. Das Problem der national Orchid Commission“ am 13. März Grex-Homonyme (wie z. B. Brassidum Parade 2005 während der 18. Weltorchideenkonferenz und Odontoglossum Parade) würde noch im- in Dijon, Frankreich, beigewohnt. Dort wurden mer in einer Zuchtgruppe verbleiben und der diese und andere nomenklatorischen Themen „Registrar“ würde diese Eintragungen in einer offen diskutiert. Die Leser können ihre Kom- eindeutigen und einfachen Maßnahme klären mentare auch per E-Mail an Julian SHAW abge- müssen, vielleicht wie bereits erwähnt, indem ben ([email protected]) das Registrierungsdatum dem Grex-Namen nachgestellt wird. Literatur Der Hybridname könnte durch eine Nummer Ausführliche Literaturangaben können von der in der Zuchtgruppe gekennzeichnet werden (z. Redaktion angefordert werden. B. ist Cattleya z. Zt. in Gruppe 7), oder, (mein Vorschlag) durch den Namen eines der Haupt- Über den Autor komponenten der Gattung, gefolgt von Nach- Alec PRIDGEON, PhD, ist ein Sainsbury Orchid silbe -ana (bedeutend “a collection“ oder “as- Fellow des Royal Botanic Gardens, Kew. Er ist sociated things“ wie bei Victoriana oder Ameri- gegenwärtig Mitredakteur der Genera Orchi- cana). Hypothetisch könnten wir infolgedessen dacearum, Mitglied des Advisory Panel on Or- Cattleyana Pamela Hetherington, Oncidiana chid Registration of the Royal Horticultural So- Parade [(1964) z. Zt. Brassidum Parade], Onci- ciety und Vorsitzender der Taxonomy and No- diana Parade [(1979) z. Zt. Odontoglossum Pa- menclature Committee of the International Or- rade] und Vandana John De Biase verwenden. chid Commission. In Orchideenfachkreisen ist Die -ana Endung würde den Namen von der er wahrscheinlich bestens bekannt als früherer Menge der -ara Namen der multigenerischen Redakteur des American Orchid Society Bulle- derzeitigen Hybriden unterscheiden, obgleich tin (heute: Orchids), Lindleyana, Proceedings die letzteren überflüssig und überholt in einem of the 14th World Orchid Conference und The Zuchtgruppen System werden würden. Sie Illustrated Encyclopedia of Orchids. 146 Journal Für den Orchideenfreund

Glossar der Redaktion monophyletisch = eindeutiger Stammbaumast Morphologie = Untersuchung der Gestalt im Basenabfolge = Abfolge der Basen Thymin, weitesten Sinne Adenin, Guanin und Cytosin multigenerisch = zusammengezogen aus bigenerisch = zwischen zwei Gattungen Teilen mehrerer Gattungen Bootstrap = Technik bei der DNA-Analyse nothogenerisch = ein nothogenerischer Name DNA = DesoxyriboNucleic Acid (deutsch: DNS ist eine zusammengezogene aus Teilen = Desoxy-Ribonuklein-Säure) = wesentl. zweier Gattungsnamen Bestandteil der Chromosomen, in denen paraphyletisch = ist eine Gruppe, die zwar ih- die genetischen Informationen verschlüs- ren gemeinsamen Vorfahren, nicht aber al- selt sind le dessen Nachkommen einschließt DNA-fingerprinting = DNA-Fingerabdruck phylogenetisch = abstammungsgeschichtlich GenBank = Datenbasis genetischer Sequen- polyphyletisch = eine polyphyletische Gruppe zierungen besteht aus zwei oder mehr phylogenetisch Genealogie = Familien- und Geschlechterkun- nicht zusammenhängenden Teilen eines de Stammbaumastes generisch = die Gattung betreffend re-sampling = Technik bei der DNA-Analyse genetisch = erblich bedingt Sequenz = Basenabfolge Genotypus = die Gesamtheit der Erbanlagen (Gene) Fotos: © W. SCHRAUT Grex = Gesamtheit aller Hybriden, die aus den selben Elternarten durch künstliche Be- Alec PRIDGEON, PhD fruchtung hervorgegangen sind Royal Botanic Gardens, Kew Homonym = gleichlautender Name, der ein an- Richmond, Surrey TW9 3AB deres Taxon bezeichnet Großbritannien intergenerisch = Zwischengattungen intragenerisch = innerhalb einer Gattung Übersetzung: Karl Heinz VESTWEBER

Cattleya aurantiaca var. alba; neu Guarianthe aurantiaca 147 Journal Für den Orchideenfreund Dendrobium ianthinum Schuit. & Puspita. – Eine neue Art aus der Sektion Grastidium aus Neuguinea A new species of section Grastidium from New Guinea

André SCHUITEMAN & Dwi Murti PUSPITANINGTYAS Zeichnung/Drawing: Mutsuko NAKAJIMA

Übersicht / Synopsis TYPUS: KEBUN RAYA BOGOR CULT. B Dendrobium ianthinum, eine neue Art aus In- 200009131 (leg. Entim Patimah 222), Indone- donesien wird beschrieben und illustriert. sien, Provinz Papua, Biak-Numfor Regierungs- Dendrobium ianthinum, a new species from bezirk, Insel Supiori, Nord Supiori Distrikt, Su- Indonesia, is described and illustrated. piori Naturschutzgebiet nahe dem Dorf Su- rendoderi, auf 100 m Höhe, blühend in Kultur Dendrobium ianthinum SCHUIT. & PUSPITA September 2003 (Holotypus BO!, Isotypus L!) spec. nov. TYPUS: KEBUN RAYA BOGOR CULT. B 200009131 (leg. Entim PATIMAH 222), Indone- Diagnose / Diagnosis sia, Papua Province, Biak-Numfor Regency, A Dendrobio exaltato Schltr. foliis fere dimidio Supiori Island, North Supiori District, Supiori brevioribus latioribusque, labello callo magno Nature Reserve near Surendoderi Village, at complexo in utrinque latere ad carinae centra- 100 m altitude, flowered in cultivation Septem- li basin vice dentis simplicis differt. ber 2003 (holotypus BO!; isotypus L!).

Der Kebun Raya in Bogor auf der Insel Java, The Kebun Raya in Bogor, on the island of Ja- Indonesien, wird als einer der schönsten Bota- va, Indonesia, is widely considered to be one nischen Gärten der ganzen Welt angesehen. of the most beautiful botanical gardens in the Neben seinen vielen sonstigen Schätzen gibt world. Among its many treasures is a fine coll- es eine ausgezeichnete Orchideensammlung ection of orchids assembled from all over In- aus ganz Indonesien, welche von den Mitar- donesia by staff members of the garden. Many beitern zusammen getragen wurde. Viele sel- rare, never before cultivated orchid species ha- tene, niemals zuvor kultivierte Orchideen Arten ve enriched the garden in this way. Once in a haben auf diese Weise den Garten bereichert. while these even include species that turn out Ab und zu beinhaltet dieser auch Arten, die to be unknown to science. One of these, a ra- sich als unbekannt für die Wissenschaft he- ther small-flowered but quite pretty Dendrobi- rausstellen. Eine von diesen, ein ziemlich klein- um, is described here. It was discovered by blütiges aber recht hübsches Dendrobium soll Ms. Entim PATIMAH on Supiori Island, which lies hier beschrieben werden. Es wurde von Frau near Biak Island, very close to New Guinea, Entim PATIMAH auf der Insel Supiori, die nahe and belongs to the Indonesian province of Pa- an der Insel Biak liegt, entdeckt. Biak wieder- pua. um liegt ganz in der Nähe von Neuguinea und gehört zur indonesischen Provinz Papua. Description: Rhizome short; roots thick, c. 0.3 cm diameter. Stems crowded, erect, at the ba- Beschreibung: Rhizom kurz, Wurzeln dick, se terete, slightly laterally compressed in the ca. 0,3 cm im Durchmesser. Triebe gebüs- upper part, 50–60 cm long, in the basal 18–28 chelt, aufrecht, an der Basis stielrund, leicht cm only covered with soon-decaying sheaths, seitlich zusammengedrückt im oberen Teil, in the upper 22–42 cm densely many-leaved; 50–60 cm lang, die unteren 18–28 cm sind von internodes 1.5–3 cm long, leaves 1–1.3 cm 165 Journal Für den Orchideenfreund

Verbreitung von Dendrobium ianthinum Distribution of Dendrobium ianthinum schnell zerfallenden Scheiden umhüllt, die apart. Leaf sheaths tubular, laterally compres- oberen 22–48 cm sind dicht vielblättrig, die In- sed, 0.35–0.45 cm wide, apex truncate. Lea- ternodien sind 1,5–3 cm lang, die Blätter sind ves at almost right angles to the stem, disti- 1–1,3 cm voneinander entfernt. Die Blattschei- chous, spreading in the same plane as the den sind röhrenartig, seitlich zusammenge- stem and facing the same side, narrowly ellip- drückt, 0,35–0,45 cm breit, an der Spitze gera- tic, 5.3–7.2 by 1–2 cm, base half-twisted, api- de. Die Blätter stehen immer rechtwinklig zum cal 0.4–0.6 cm rather abruptly narrowed, con- Trieb, zweizeilig, in der gleichen Ebene wie der duplicate and somewhat twisted, unequally Trieb ausgebreitet und die gleiche Seite zei- narrowly bilobed, the lobes obtuse. Inflore- gend, fast elliptisch, 5,3–7,2 cm x 1–2 cm scences arising laterally from the stem, usually groß, am Grund halb gedreht, im oberen 0,4– at or close to the leaf axil but also up to 1 cm 0,6 cm abrupt verschmälert, gefaltet und leicht above the leaf axil, very short, 2-flowered. gedreht, ungleich schmal zweilappig, die Lap- Spathe laterally compressed, 0.2–0.3 cm long, pen sind stumpf. Die Blütenstände erscheinen 0.3–0.5 cm wide, broadly rounded. Pedicel seitlich am Trieb, gewöhnlich in der Blattach- with ovary 1.5 cm long, terete. Flowers c. 1.5 sel, aber auch 1 cm über der Blattachsel, sehr cm across, apparently not fragrant, sepals and kurz, 2-blütig. Spatha seitlich zusammenge- petals reflexed in apical half. Median sepal drückt, 0,2–0,3 cm lang, 0,3–0,5 cm breit, breit ovate-oblong, 1.1–1.5 by 0.5–0.69 cm, 7-ner- abgerundet. Blütenstielchen mit Fruchtknoten ved, apex subacute. Lateral sepals obliquely 1,5cm lang, stielrund. Die Blüten sind ca. 1,5 ovate-triangular, 1.1–1.48 by 0.85–0.95 cm, 7- cm im Durchmesser, offenbar ohne Duft, die nerved, apex subacute; mentum 0.57 cm long, Sepalen und Petalen sind in der oberen Hälfte obtuse. Petals somewhat obliquely elliptic, zurück gebogen. Die mittlere Sepale ist eiför- 1.1–1.42 by 0.45–0.6 cm, 5-nerved, apex sub- mig, länglich, 1,1–1,5cm x 0,5–0,69 cm, 7-ner- acute. Lip near the middle 3-lobed, when flat- vig, die Spitze ist spitzlich. Die seitlichen Sepa- tened 0.97 by 0.74 cm, with a thick, plate-like, len sind schief eiförmig dreieckig, 1,1–1,48 x longitudinal basal keel extending to just bey- 0,85–0,95 cm groß, 7-nervig, an der Spitze ond the base of the midlobe, at the base on 166 Journal Für den Orchideenfreund

Dendrobium ianthinum, Typus Exemplar/type specimen Zeichnung/Drawing: Mutsuko NAKAJIMA

167 Journal Für den Orchideenfreund leicht gespitzt, das Mentum ist 0,57 cm lang, either side of the keel with an irregular, c. 0.18 stumpf. Die Petalen sind irgendwie schief ellip- cm long callus, along the margins of the lateral tisch, 1,1–1,42 x 0,45–0,6 cm groß, 5-nervig, lobes and on the basal part of the mid-lobe an der Spitze spitzlich. Die Lippe ist in der Nä- with irregular, transverse thickenings; lateral lo- he der Mitte 3-lappig, ausgebreitet ist sie 0,97 bes erect, almost rectangular, with irregularly x 0,74 cm groß, mit einem dicken, plattenarti- crenulate margins, apex rounded-truncate; gen, längs verlaufenden Kiel an der Basis, der midlobe much larger, broadly cuneate-rectan- sich etwas über die Basis des Mittellappens gular, 0.52 by 0.5–0.63 cm, with irregularly hinweg ausbreitet, am Grund von jeder Seite crenulate margins, apical part recurved, when des Kiels mit einem ungleichmäßigen, ca. 0,18 flattened with a projecting, triangular, acute cm langen Kallus, entlang der Ränder der seit- apex. Column broad, 0.45 cm long, apex trun- lichen Lappen und am basalen Teil des Mit- cate except for the short, rounded mid-lobe of tellappen mit ungleichmäßigen, quer verlau- the clinandrium; stigma large; rostellum short, fenden Verdickungen; die Seitenlappen sind swollen; column-foot at an acute angle to the aufrecht, meist rechteckig mit fein gekerbten ovary, 0.57 cm long, broadly linear, slightly in- Rändern, an der Spitze gerundet-gerade, der curved. Anther helmet-shaped, 0.2 cm wide, Mittellappen ist viel größer, breit keilförmig- front margin truncate, few-dentate; pollinia nar- rechteckig, 0,52 x 0,5–0,63 cm groß, mit unre- rowly oblongoid, 0.17 cm long. Fruit not seen. gelmäßig fein gekerbten Rändern, im oberen Colours: Roots white, tips green. Leaves Teil zurückgebogen, ausgebreitet mit einer green. Sepals and petals creamy yellow, inside hervorstehenden, dreieckigen, scharfen Spit- in apical two thirds with numerous fine red- brown spots arranged in four longitudinal bands. Lip whitish, lateral lobes with a dark bluish violet blotch on the front margin and with numerous fine irregular bluish violet spots and streaks inside, midlobe with dark bluish violet margins, in the basal half with a triangu- lar patch of fine irregular bluish violet spots, central keel whitish with two violet edges, ba- sal callosities yellow with red-brown markings. Column creamy yellow, dorsally tinged red- brown, column-foot inside with dark bluish vio- let markings; anther creamy white. Habitat: Epiphyte in lowland rainforest consis- ting of Barringtonia, Pometia pinnata, Calo- phyllum, Canarium, Palaquium, etc. Altitude 100 m above sea level. In cultivation at Bogor flowering in September. Distribution: Indonesia, Papua Province, Su- piori Island. Notes: Dendrobium ianthinum belongs to the section Grastidium, a very large and diverse group of about 180 species. The great majori- ty, about 125 species, are endemic to New Gui- Blühender Trieb von Dendrobium ianthinum, Typus nea. Within the section, several groups of al- Exemplar lied species can be delimited. One of these Flowering stem of Dendrobium ianthinum, type spe- was informally designated by SCHLECHTER cimen Foto: ©D. M. PUSPITANINGTYAS (1911–1914) as the subgroup Tridentifera, con- 168 Journal Für den Orchideenfreund

Blüten von Dendrobium ianthinum, Typus Exemplar Flowers of Dendrobium ianthinum, type specimen Foto: © D. M. PUSPITANINGTYAS ze. Die Säule ist breit, 0,45 cm lang, die Spitze sisting of species allied to D. tridentiferum ist gerade ausgenommen den kurzen, gerun- LINDL.. The members of this subgroup have a deten Mittellappen des Klinandriums; die Nar- number of things in common, including leaves be ist groß; das Rostellum kurz, geschwollen; that are patent and spread in the same plane der Säulenfuß steht im scharfen Winkel zum as the stem, facing the same side; stems with Ovarium und ist 0,57 cm lang, breit lineal, a long leafless basal part; inflorescences that leicht einwärts gebogen. Die Anthere ist helm- often arise close to the leaf axils; and flowers förmig, 0,2 cm breit, der Vorderrand ist gera- with a relatively simple lip without hairs. Many de, ein wenig gezahnt; die Pollinien sind species in this subgroup have attractive flo- schmal länglich, 0,17 cm lang. Früchte waren wers, often with bright colours, including oran- nicht vorhanden. ge and violet, e.g. D. igneum J.J.SM. and D. ful- Farben: Die Wurzeln sind weiß, an den Spit- gescens J.J.SM. (see SCHUITEMAN & DE VOGEL, zen grün. Die Blätter sind grün. Die Sepalen 2002). Unfortunately, as in almost all species und Petalen sind cremefarben gelb, innen in of sect. Grastidium, they last only a single day. den oberen 2/3 mit unzähligen kleinen rot The nearest relative of D. ianthinum appears to braunen Punkten, die in vier längsverlaufen- be D. exaltatum SCHLTR. This is a much larger den Streifen angeordnet sind. Die Lippe ist , with leaves twice as long and wide as weißlich, die Seitenlappen mit einem grossen those of D. ianthinum, with larger flowers, and dunkel blau violettem Fleck am vorderen Rand a lip that differs especially in that it lacks the und innen mit zahlreichen kleinen unregelmä- complicated basal callus on either side of the 169 Journal Für den Orchideenfreund

ßigen bläulich violetten Punkten und Streifen, central keel. Instead, D. exaltatum only has two der Mittellappen hat einen dunkel bläulich vio- small teeth at the base of the central keel. The letten Rand, in der unteren Hälfte ist er mit ei- flowers of D. exaltatum are described as cream nem dreieckigem Fleck von feinen, unregelmä- coloured with dark violet lateral lobes to the lip. ßigen bläulich violetten Punkten versehen, der CLEMENTS and JONES (1997: 81) provided a co- mittlere Kiel ist weißlich mit zwei violetten Rän- lour photograph of what they consider to be D. dern, die unteren Schwielen sind gelb mit rot- exaltatum. However, the habit of their plant, brauner Zeichnung. Die Säule ist cremefarben which they describe as Vanda-like, does not gelb, am Rücken rotbraun getönt, der Säulen- agree with D. exaltatum, while the flowers also fuß ist innen dunkelblau-violett gezeichnet. Die appear to be quite fleshy, a fact not noted by Anthere ist cremefarben weiß. SCHLECHTER. We believe therefore that their pic- Vorkommen: Epiphyt im Tieflandregenwald, ture is misidentified; it may rather represent D. der aus Barringtonia, Pometia pinata, Calo- horstii J.J.SM. or at least a close relative of that phyllum, Canarium, Palaquium etc. gebildet species. Possibly the same species was called wird. 100 m über NN. In Bogor blüht die Art im Dendrobium aff. ochranthum SCHLTR. by September. O’BYRNE (1994: 356), this also shows a plant Verbreitung: Indonesien, Provinz Papua, Insel with a Vanda-like habit, in contrast to the typi- Supiori cal habit in the Tridentifera alliance. Dendrobi- Anmerkungen: Dendrobium ianthinum gehört um ochranthum is another member of this alli- der Sektion Grastidium an, einer sehr großen ance and while discussing this species und vielfältigen Gruppe von etwa 180 Arten. SCHLECHTER remarked that the members of the Die überwiegende Mehrheit davon, ca. 125 Ar- Tridentifera group possess leaves spreading in ten, sind für Neuguinea endemisch. Innerhalb one plane (of course all facing the same side). der Sektion können verschiedene Gruppen Not at all like a Vanda! These remarks also im- von verwandten Arten abgegrenzt werden. Ei- ply that the real D. exaltatum is still only known ne von ihnen, deren Arten mit D. tridentiferum from the type specimen, which was destroyed LINDL. verwandt sind, wurde von SCHLECHTER in Berlin during World War II. (1911–1914) als Untergruppe Tridentifera be- The little-known D. steinii J.J.SM. is probably al- zeichnet, aber ohne sie formell zu beschrei- so a close relative of D. ianthinum. It differs ben. Die Mitglieder dieser Untergruppe haben from the latter in the much shorter lateral lo- einiges gemeinsam. Dazu gehört, dass die bes of the lip, in the absence of lateral calli at Blätter ausgebreitet und gespreizt in der glei- the base of the lip, in the longer leaves, and in chen Ebene wie der Trieb sind und sich zur the presence of a small tooth on the margin of gleichen Seite wenden. Triebe mit langem, the leaf-sheaths. Dendrobium steinii was di- blattlosen unterem Teil; Infloreszenzen, die oft scovered in 1931 by the German highschool nahe den Blattachsen entstehen und Blüten teacher and amateur naturalist Georg STEIN on mit einer relativ einfachen, haarlosen Lippe. Waigeo island. Unfortunately, the colours of Viele Arten dieser Untergruppe haben attrakti- this species are unknown, and all the type ma- ve Blüten, oft mit leuchtenden Farben, ein- terial was also destroyed in Berlin. schließlich orange und violett, wie z. B. D. ig- We know from an old colour slide in the slide neum J. J. SM. und D. fulgescens J. J. SM. (sie- collection of the Hortus Botanicus, Leiden, he SCHUITEMAN & DE VOGEL, 2002). Wie beinahe that D. ianthinum was once in cultivation in Lei- bei allen Arten der Sektion Grastidium halten den, probably around 1960. Regrettably, the die Blüten leider nur einen Tag. Die nächste plant has died long ago. No material was pre- Verwandte von D. ianthinum ist offensichtlich served, and since the slide was not annotated D. exaltatum SCHLTR. Es ist eine viel größere we have no idea where the photographed spe- Pflanze, deren Blätter doppelt so lang und cimen was collected. This was almost certainly breit sind als die von D. ianthinum. Sie hat grö- somewhere in West New Guinea, because ma- 170 Journal Für den Orchideenfreund

Blütenstand von Dendrobium ianthinum Flowering stem of Dendrobium ianthinum Foto: © Hortus Botanicus, Leiden ßere Blüten und ihre Lippe unterscheidet sich ny plants from New Guinea were presented to besonders dadurch, dass ihr auf beiden Sei- the Hortus Botanicus at that time. A close stu- ten des zentralen Kiels der komplizierte Kallus dy of this slide reveals some minor differences an der Basis fehlt. Stattdessen hat D. exalta- in coloration as compared with the type of D. tum nur zwei kleine Zähne an der Basis des ianthinum, especially in the central keel, but zentralen Kiels. Die Blüten von D. exaltatum we are convinced that it is the same species. sind als cremefarben mit dunklen violetten In the collection of the Nationaal Herbarium seitlichen Lappen der Lippe beschrieben. CLE- Nederland at Leiden there is a dried specimen MENTS und JONES (1997: 81) veröffentlichten ein collected by Zippelius (Zippelius 13), which is Farbfoto dessen, was sie für D. exaltatum hiel- indistinguishable from D. ianthinum. Unfortu- ten. Doch stimmt der Habitus ihrer Pflanze, die nately, it has no flowers, so without DNA stu- sie Vanda-ähnlich beschrieben haben, nicht dies we can not be sure of its identity. It was mit D. exaltatum überein, zumal die Blüten gathered somewhere on the southwest coast ziemlich fleischig erscheinen, eine Tatsache, of New Guinea in 1828. Alexander ZIPPELIUS (al- die von SCHLECHTER nicht erwähnt worden war. so spelt ZIPELIUS), who was born in Würzburg Wir glauben deshalb, dass hier eine Fehlbe- in 1797, was assistant curator at the Buitenz- stimmung vorliegt. Sie mag D. horstii J. J. SM. org Botanical Garden, now known as the Ke- oder zumindest eine enge Verwandte dieser bun Raya at Bogor (STEENIS-KRUSEMAN, 1950). Art repräsentieren. Möglicherweise ist die glei- He died on Timor in the same year in which he che Art von O’BYRNE (1994: 356) Dendrobium made his pioneering orchid collections in New aff. ochranthum genannt worden, diese zeigt Guinea, including the type specimen of Paphi- auch einen Vanda-ähnlichen Habitus, im Ge- opedilum glanduliferum BLUME and, perhaps, gensatz zu dem typischen Habitus der Triden- Dendrobium ianthinum. 171 Journal Für den Orchideenfreund tifera-Verwandtschaft. Dendrobium ochran- gangen. Es wurde kein Material aufbewahrt thum ist ein anderes Mitglied dieser Verwandt- und da das Dia nicht annotiert ist haben wir schaft und zu dieser Art hatte SCHLECHTER be- kein Ahnung davon, wo die fotografierte Pflan- merkt, dass die Mitglieder der Tridentifera- ze gesammelt worden ist. Fast sicher war das Gruppe Blätter aufweisen, die sich in einer irgendwo in Westneuguinea, denn zu dieser Ebene abspreizen (natürlich alle zur gleichen Zeit wurden viele Pflanzen von Neuguinea Seite zeigend). Überhaupt nicht zu vergleichen dem Hortus Botanicus übergeben. Eine ge- mit einer Vanda! Diese Anmerkungen beinhal- nauere Betrachtung dieses Dias im Vergleich ten auch, dass die eigentliche D. exaltatum im- mit dem Typus von D. ianthinum macht deut- mer noch nur durch das Typusexemplar be- lich, dass es kleine Unterschiede – speziell kannt ist, das während des 2. Weltkriegs in beim zentralen Kiel – in der Färbung gibt, aber Berlin vernichtet wurde. wir sind sicher, dass es die gleiche Art ist. In der Sammlung des Nationaal Herbarium Nahe verwandt zu D. ianthinum ist wohl auch Nederland in Leiden ist ein von ZIPPELIUS (ZIP- das wenig bekannte D. steinii J.J.SM. Es unter- PELIUS 13) gesammeltes und getrocknetes scheidet sich von D. ianthinum durch den viel Exemplar, welches von D. ianthinum nicht zu kürzeren Seitenlappen der Lippe, das Fehlen unterscheiden ist. Leider hat es keine Blüten, der seitlichen Schwielen am Grunde der Lip- sodass wir ohne DNA-Studien seiner Identität pe, die längeren Blätter, und das Vorhanden- nicht sicher sein können. Es wurde 1828 ir- sein von einem kleinen Zahn am Rande der gendwo an der Südwestküste von Neuguinea Blattscheide. Dendrobium steinii wurde im gesammelt. Alexander ZIPPELIUS (auch ZIPELIUS Jahre 1931 vom deutschen Schullehrer und geschrieben) war 1797 in Würzburg geboren Amateurforscher Georg STEIN auf der Insel worden und war Assistenzkurator im botani- Waigeo entdeckt. Leider ist von dieser Art die schen Garten zu Buitenzorg, heute bekannt Färbung unbekannt und das einzige Typuse- als die Kebun Raya in Bogor (STEENIS-KRUSE- xemplar wurde ebenfalls in Berlin vernichtet. MAN, 1950). Er starb auf Timor in dem Jahr, in Wir wissen von einem alten Dia aus der Dia- dem er seine bahnbrechende Orchideen- Sammlung des Hortus Botanicus in Leiden, sammlung in Neuguinea gemacht hatte, ein- dass D. ianthinum ehemals in Leiden kultiviert schließlich der Typusaufsammlung von Paphi- worden ist, wahrscheinlich um1960. Bedauerli- opedilum glanduliferum BLUME und, möglicher- cherweise ist die Pflanze vor langer Zeit einge- weise, D. ianthinum.

Literatur / References

CLEMENTS, M. A. & D. L. JONES. (1997). A preli- SCHUITEMAN, A. & E. F. de VOGEL. (2002). Flora minary taxonomic review of Grastidium Blu- Malesiana: Orchids of New Guinea, Vol. II; me and Eriopexis (Schltr.) Brieger (Orchidace- Dendrobium and allied genera. CD-ROM. ETI, ae). Lasianthera 1: 52–128. Amsterdam, and Nationaal Herbarium Neder- land, Leiden. O’BYRNE, P. (1994). Lowland orchids of Papua New Guinea. National Parks Board, Singapo- STEENIS-KRUSEMAN, M. J. van. (1950). Malaysi- re Botanic Gardens, Singapore. an plant collectors and collections, being a cyclopaedia of botanical exploration in Malay- SCHLECHTER, R. (1911–1914). Die Orchidaceen sia and a guide to the concerned literature up von Deutsch-Neu-Guinea. Repert. Sp. Nov. to the year 1950. Flora Malesiana series 1, Regni Veg., Beih. 1: 604. Vol. 1. Noordhoff-Kolff N.V., Djakarta.

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Danksagung: Dr. J.F. VELDKAMP übersetzte André SCHUITEMAN freundlicherweise die Diagnose ins Lateini- Nationaal Herbarium Nederland, Leiden, sche. The Netherlands Dwi Murti PUSPITANINGTYAS Acknowledgement: Dr. J. F. VELDKAMP very Kebun Raya, Bogor, Indonesia kindly translated the diagnosis into Latin. Übersetzung/Translation: Roland SCHETTLER

Die erstaunliche Orchideengattung Bulbophyllum THOU.

Rod RICE

Zusammenfassung gion empor. Viele Arten wachsen auf über Die Gattung Bulbophyllum mag sehr wohl die 1.000 m. größte und die umstrittenste Gattung der Fa- Etwa 80% der Gattung hat ihr Vorkommen in milie der Orchideen sein. Die Arten variieren Asien und Australasien mit der höchsten Kon- beträchtlich in ihrem Habitus und ihrem Blü- zentration in Neuguinea, wo etwa 600 Arten zu tenaufbau. Sie zeigen auch eine große Ver- finden sind. Weitere 600 Arten, oder sogar schiedenartigkeit in der Gestalt ihrer Rhachis noch mehr, kommen in Südostasien von Indi- (der Blüten tragende Teil der Infloreszenz) und en und dem südlichen China bis zu den Philip- wie sie ihre Blüten öffnen – nacheinander, pinen und Japan, Indochina, Thailand, Malay- oder gleichzeitig. Sie variieren ebenso bei der sia, Borneo, Indonesien, den pazifischen In- Größe ihrer Blüten. So z. B. von der ziemlich seln, Australien, den Fidschi Inseln, Neukale- winzigen 3 mm langen Blüte der australischen donien und Neuseeland vor. B. globuliforme NICHOLLS bis zu der viel größer Obwohl die Gattung in einer Anzahl von asiati- blühenden thailändischen Art, B. longissimum schen Ländern gut vertreten ist, zeigt sich (RIDL.) RIDL., deren Blüte 300 mm erreicht. Die nicht der gleiche Grad von Endemismus wie er Pflanzen können klein bleiben, aber auch in Neuguinea gefunden wird. Mit anderen Wor- ziemlich groß werden und dabei dicht zusam- ten: Arten, die in Thailand vorkommen, kön- menstehende Klumpen mit sehr kurzen Rhizo- nen z. B. auch in einem oder mehreren Län- men bilden wie z. B. B. patella, oder sie entwi- dern wie den Philippinen, China, Vietnam, ckeln sehr lange Internodien mit weit ausei- Myanmar, Borneo, etc. gefunden werden. nander stehenden Bulben die ihren Wirt über- Australien andererseits hat nur 28 Arten – von wuchern, wie bei B. blepharistes. denen 24 endemisch sind – und in Neusee- Die Gattung ist auch sehr weit verbreitet. Mög- land gibt es nur 2 Arten. licherweise ist sie die am weitesten verbreitete Mit über 200 Arten befindet sich die zweitgröß- aller Orchideengattungen. Mit der Ausnahme te Ansammlung von Bulbophyllum auf Borneo. von Europa und der Antarktis kommt sie auf Dann folgen einige andere asiatische Länder, allen anderen Kontinenten vor. Ihre Habitate in denen ebenso eine größere Anzahl von Ar- reichen vom dichten Regenwald bis zum hoch ten vorkommt wie Malaysia mit etwa 130 Ar- gelegenen Nebelwald. Vom offenen Tiefland, ten, Thailand schätzungsweise 137, die Philip- wo sie auf Ästen und Felsen wächst, steigt sie pinen ca. 120, Sumatra 136 und Java etwa 81 von Meereshöhe bis auf 2.500 m in die Bergre- Arten. Afrika hat 100–120 oder mehr (von de- 173 Journal Für den Orchideenfreund

Impressionen von der 18. Weltorchideenkonferenz in Dijon, Frankreich

Stand innerhalb der Florissimo

Paphiopedilum haynaldianum var. album 183 Journal Für den Orchideenfreund

Paphiopedilum emersonii x concolor Paphiopedilum micranthum

Bulbophyllum morphologorum Calanthe sieboldii Grand Champion 184 Journal Für den Orchideenfreund

Pararenanthera Dhanabalan

Vanda spec. 185 Journal Für den Orchideenfreund

Paphiopedilum Hybriden Bifrinaria silvana

Poroglossum spec. Paphiopedilum delenatii var. album 186 Journal Für den Orchideenfreund

Paphiopedilum hirsutissimum var. esquirolei Reserve Champion

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