Offizielles Magazin für die Schiedsrichter im Deutschen Fußball-Bund 1/2016 Januar/Februar

Einer von 21 Nachwuchs-Schiedsrichtern beim U 18-Länderpokal: Luca Schlosser (22) aus Stahlhofen/Westerwald.

Titelthema Tagung Report Lehrwesen Sichtungsturniere Austausch in 24 Veranstaltungen Der Faktor Zeit: in Duisburg: Frankfurt: „Ömis“ in ganz Bayern: In welchen Förderung für bei den Obleuten „Zwei Blickwinkel – Situationen jede junge Talente und Lehrwarten ein Spiel“ Sekunde zählt Wenn aus aufladen genießen wird.

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Liebe Leserinnen und Leser, der mediale Druck auf unsere Unparteiischen der vorliegenden Ausgabe der Schiedsrich- in der ist in den vergangenen ter-Zeitung abgedruckt ist, spiegelt dabei Wochen und Monaten nicht kleiner geworden. die Auffassung der Kommission bis ins De- Bereits in der vorherigen Ausgabe unserer tail wider. Schiedsrichter-Zeitung hatte ich darauf hin- gewiesen, dass die zunehmende Fokussie- rung der Berichterstattung auf die Entschei- dungen unserer Schiedsrichter ein Umden- ken erfordert.

Titelthema Wir wollen nicht , Vorsitzender Spiele leiten lernen des DFB- Nachwuchsarbeit bei den nur zuschauen! Schiedsrichter- DFB-Sichtungsturnieren in Duisburg Ausschusses. 4 Panorama Wenn die Medien die Arbeit der Unpartei- Der Video-Beweis kann eine Hilfe sein, aber 9 ischen bis ins kleinste Detail mit allen tech- wir weisen auch auf die bislang unbeantwor- nischen Möglichkeiten analysieren, hinter- teten Fragestellungen hin. Lehrwesen fragen und kommentieren, ist der „Mensch Entscheidende Minuten Schiedsrichter“ – mit all‘ seinen mensch- Im Übrigen möchte ich zudem darauf hin- lichen Fehlern und Schwächen – wohl nicht weisen, dass wir die FIFA unmittelbar Anforderungen an den Schiedsrichter mehr in der Lage, diesen Anspruch zu erfül- darüber in Kenntnis gesetzt haben, dass während der Nachspielzeit 12 len. wir eine Erprobungsphase eines möglichen Video-Beweises hier in Deutschland gerne Regel-Test Der Manager des VfL Wolfsburg, Klaus Allofs, selbst durchführen und testen möchten. nannte dies in einem Interview treffend eine Ausnahmen im Regelwerk 15 Art „Beweissicherung“. Die Grundvoraussetzung für ein solches Projekt aber ist und bleibt eine Zustimmung Analyse Dabei wiederhole ich mich, wenn ich fest- der FIFA im März 2016. stelle, dass es die Aufgabe der Schiedsrich- Wenn „Gelb“ nicht ausreicht ter-Kommission ist, mögliche technische Dann wäre es an der Zeit, mit allen Vereinen Schiedsrichter-Entscheidungen unter der Lupe 17 Hilfen für die Schiedsrichter selbst unter die über ein solches Vorhaben zu sprechen und Lupe zu nehmen und fachlich zu hinterfragen. einen Test mit DFB, DFL sowie allen beteilig- Blick in die Presse 24 ten Klubs professionell abzustimmen. Es ist an der Zeit, deutlich zu machen, dass wir in Deutschland den modernen Entwick- *** Tagung lungen nicht nur zu- oder hinterherschauen, Gemeinsame Positionen finden sondern diese selbst mitgestalten wollen. Ihnen allen wünsche ich ein gesegnetes Ein Video-Beweis, in welcher Form auch Weihnachtsfest und einen guten Start in das Treffen der Obleute, Lehrwarte und immer, könnte ein Schritt nach vorne sein – neue Jahr 2016. Öffentlichkeits-Mitarbeiter 26 wenn wir klug vorgehen und alle notwendi- gen Fragen und Bedenken bis ins Detail Ihr Außenansicht 31 besprechen und aufarbeiten. Aus den Verbänden 32 Das Interview von in der „Sport Bild“ zum Thema Video-Beweis, das auch in Herbert Fandel Report Verschiedene Perspektiven Neue Schulungsreihe in Bayern 33

Vorschau 2/2016 34

Dieser Ausgabe ist ein Prospekt der Firma Allzweck-Sportartikel beigeheftet. Wir empfehlen, zur Durchsicht diesen Teil herauszunehmen. SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 3 Titelthema Spiele leiten lernen

nbeeindruckt zeigt sich das Was die DFB-Sichtungsturniere in Duisburg für talentierte Nachwuchs- UWetter vom großen fußballeri- schen Aufkommen, das auf dem fußballer bedeuten, gilt auch für junge Unparteiische: Sie sind eine Gelände der Sportschule Wedau Möglichkeit, sich zu präsentieren, vielleicht sogar ein Sprungbrett in Duisburg zusammengekommen ist. Von dem leichten Nebel, der für Aufgaben in höheren Spielklassen. SRZ-Reporterin Bianca Riedl den ohnehin grauen Himmel mit hat sich vor Ort angeschaut, wie Talentförderung an der Sportschule den Baumwipfeln verschmelzen lässt, nimmt keiner der Anwesen- Wedau aussieht. den Notiz. Ein großes Banner kün- digt an, was sich an diesem Sams- tagmorgen hinter dem eisernen Tor abspielen wird: Die Mann- schaften der DFB-Landesverbände treten gegeneinander an, um neben sportlichem Erfolg auch einen möglichst guten Eindruck vor den anwesenden Scouts der Vereine sowie den DFB-Sichtern zu hinterlassen. Es geht um nichts Geringeres als um „Ein- trittskarten“ in die U 18-Junioren- Nationalmannschaft.

Die bunten Fußballschuhe der um den Ball kämpfenden Spieler glänzen vom Tau des nass-kalten Wetters. Die Nebelschwaden geben langsam den Blick frei auf ein spannendes Szenario: Auf drei Plätzen finden Spiele statt, parallel und nur wenige Meter voneinander entfernt. Neben jedem Spielfeld ist ein hohes Podest aufgebaut, auf dem das Banner des Turniers prangt und von dem herab alle Spielszenen mit der Kamera festgehalten werden.

Und auch auf und neben dem Rasen herrscht emsige Betrieb- samkeit. Die jungen Spieler strotzen nur so vor Energie und feuern sich hoch motiviert gegenseitig an. Ihre lauten Rufe hallen über den Platz, immer wieder unterbrochen von den Kommandos der Trainer. Das Geräusch fester Ballkontakte mischt sich mit dem Quietschen des nassen Rasens. Das Spiel ist bestimmt durch Schnelligkeit und Die Turniere in Duisburg sind nicht nur eine Bühne für die besten Nachwuchs-Fußballer, Körperkontakt, die Atmosphäre sondern auch für talentierte Schiedsrichter (im Bild: Luca Schlosser).

4 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 gespannt. Auf den Bänken am Nach den Spielen am Vormittag Spielfeldrand sitzen Trainer und gibt es einen ersten Coaching- Scouts und kritzeln eifrig in ihre Block, zu dem sich alle Teilneh- Blöcke oder tippen Uhrzeiten mer des Lehrgangs im Sitzungs- in ihre Handys, um später saal einfinden. In diesem wird bestimmte Szenen auf Video vor allen Anwesenden jedes Spiel wiederfinden zu können. einzeln analysiert. „Das bietet die Gelegenheit, aus den Fehlern Zwischen ihnen hat sich auch anderer zu lernen“, resümiert Lutz Wagner einen Platz in der Wagner, „oder sich ihre Stärken Nähe der Mittellinie gesucht. abzuschauen.“ Am spielfreien Er betrachtet die Szenerie aus Sonntag wird zudem bei einem einem ganz anderen Blickwinkel. gemeinsamen Ausflug zur Go- „Wir nutzen dieses Sichtungs- Kart-Bahn der Gruppen- turnier für einen praxisnahen Zusammenhalt gestärkt. Schiedsrichter-Lehrgang“, erklärt der DFB-Lehrwart. 21 Unpartei- Gute Perspektiven ische nehmen daran teil. Gerade gilt Wagners Aufmerksamkeit für talentierte Luca Schlosser und seinen beiden Schiedsrichter Assistenten Felix Bahr und Jochen Gschwendtner, die kon- Das Ziel der Schiedsrichter-Beob- zentriert das Spiel Südbaden achter in Duisburg sei weniger, gegen Mecklenburg-Vorpommern Fehler der Unparteiischen zu fin- leiten. den, betont Wagner, „sondern es geht darum, dass der Schieds- Die Spieler warten ungeduldig Lutz Wagner bewertet vom Spielfeldrand, ob die Unpartei- richter aus dem Fehler lernt und auf den Pfiff, um einen Freistoß ischen „Fußball denken“ können. ihn nicht wiederholt.“ Wichtig sei, ausführen zu können. Der Druck, dass man eine Entwicklung bei unter dem sie stehen, ist förm- darauf, wie sie das Spiel antizi- einem Vergehen einen Spieler den Schiedsrichtern sehen könne. lich greifbar. Jeder Einwurf wird pieren. „Ein Schiedsrichter muss gezielt angesprochen und aus schnell ausgeführt. In dieser ein fußballspezifisches Denken dem Pulk herausgenommen habe. Sollte dies der Fall sein, seien die Talentschmiede gibt es kein haben, um präventiv zu agieren“, Auf diese Weise setze er auch sportlichen Perspektiven derzeit Zeitspiel. Schließlich birgt jede erklärt der Coach. „Diese Spiel- ohne das voreilige Ziehen der recht gut: „Viele Schiedsrichter Minute die kostbare Chance, sich intelligenz ist wichtig, da sie Gelben Karte ein Zeichen. Den- vor den Scouts zu empfehlen. einem instinktiv Hinweise gibt, noch werde die Signalwirkung wohin man schauen muss und für die übrigen Spieler erreicht. So verständlich die Ungeduld wo sich Konflikte entwickeln der Spieler auch sein mag, Luca könnten.“ Gefährlich seien bei- Aus den Spielen Schlosser lässt sie kalt. Zügig spielsweise immer Szenen, bei läuft er über den Rasen und denen der Ball wegspringe. der Kollegen bringt sich in eine geeignete „Spiele pfeifen ist eine Sache“, lernen Position - erst dann pfeift er an. resümiert Wagner, „Spiele leiten „Genau richtig“, kommentiert etwas anderes.“ Es sind Tipps wie dieser, die den Lutz Wagner anerkennend: „Hier Lehrgang praxisnah machen. darf der Schiedsrichter keine Luca, Felix und Jochen scheinen „Durch die intensive Betreuung Angst haben, das Spiel kurz auf- diesen Rat zu beherzigen, denn haben wir hier die Chance, auch zuhalten. Stellungsfehler im lau- sie treten souverän und bestimmt an Kleinigkeiten zu arbeiten, fenden Spiel passieren jedem, auf. Inzwischen sind 20 Minuten für die bei einer gewöhnlichen aber beim ruhenden Spiel darf gespielt, und Luca pfeift zur Besprechung keine Zeit ist“, so etwas einfach nicht vorkom- ersten Drittelpause. Während zeigt sich Wagner zufrieden. men. Du musst dir als Schieds- die beiden Teams zu ihren Trai- richter die Zeit nehmen, dich nern eilen, treffen sich auch die Während Luca zum zweiten vor dem Pfiff richtig zu positio- Unparteiischen mit ihrem Coach. Spieldrittel anpfeift, erklärt der nieren!“ DFB-Lehrwart den Ablauf des Auf Wagners Frage, wie Lucas Sichtungsturniers für die Un- Während Luca und sein Team Eindruck sei, antwortet dieser, parteiischen. Er führt aus, dass das Spiel leiten, beobachtet der er sei zufrieden. Der DFB-Lehr- jeder der Schiedsrichter zwei Fußball total: Sechs Spiele DFB-Lehrwart seine Schützlinge. wart bekräftigt diese Selbstein- Einsätze am Tag absolviere. am Vormittag und fünf Begeg- Er achtet auf unterschiedliche schätzung mit konkreten Beispie- Dabei schlüpfe er in die Rolle nungen am Nachmittag wer- Kriterien: beispielsweise auf die len. So habe Luca beispielsweise des Schiedsrichters und des den beim Länderpokal täglich Zweikampf-Bewertung oder richtig gehandelt, als er nach Assistenten. ausgetragen.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 5 Titelthema

mit professionellem Gesichtsaus- druck vom Platz gehen. „Sobald ihr dann in der Kabine seid“, ergänzt er lächelnd, „könnt ihr munter diskutieren.“ Weiterhin lobt er einzelne Szenen, äußert aber auch Kritik an der Gelben Karte, die nicht transparent genug gewesen sei.

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Nach dem Mittagessen treffen sich alle Unparteiischen und Coaches im Sitzungssaal. Die Stimmung ist gelöst: Die jungen Schiedsrichter spaßen miteinan- der, bedienen sich am Kuchen- büffet und nehmen an dem großen ovalen Tisch Platz. Unter den Beteiligten ist eine Vertraut- heit deutlich zu spüren. Keiner scheint nervös zu sein, obwohl jedem klar ist, dass seine Spiel- leitung gleich vor allen Anwesen- den unter die Lupe genommen werden wird.

Den Anfang macht das Spiel Mecklenburg-Vorpommern gegen Südbaden. Lutz Wagner wendet sich direkt an Luca und fragt ihn nach seiner Einschätzung. Luca resümiert das Spiel, erzählt den Die Unparteiischen zeigen sich während des Turniers anderen von der glücklosen Über- …als auch als Assistent sowohl als Schiedsrichter... legenheit Südbadens und dem (hier: Felix Bahr). damit zunehmenden Druck. und Assistenten im Elite-Bereich deutlich überlegen, kann aber Obwohl es ihre Premiere zusam- sei trotzdem in den Strafraum kommen bald an die Alters- keinen seiner Angriffe in eine men gewesen sei, habe sein hineingelaufen. Für den Spieler grenze, dort werden also Plätze Führung umwandeln. Ihr Trainer Team gut harmoniert. Allerdings, habe dieses Nachsetzen eine frei. Natürlich ist ein Aufstieg wird immer ungeduldiger, seine schiebt er ein, sei die Gelbe Karte deutliche Wirkung gehabt, da er dorthin von vielen Faktoren Kommandos immer harscher. nicht unbedingt nötig gewesen. den Schiedsrichter auf einmal abhängig - aber die Erfahrung im Strafraum direkt neben sich hat gezeigt, dass alle Bundesliga- Die Spannung steigt, es sind noch Dem stimmt der DFB-Lehrwart zu: wiederfand. „Nähe“, betont Lutz Schiedsrichter auf ihrem Karriere- zehn Minuten zu spielen, da foult „Mache dir nie Gedanken, was Wagner, „schafft Akzeptanz.“ weg auch einmal in Duisburg ein Spieler, und Luca zieht die andere gerne von dir sehen wür- Allerdings dürfe man diesen waren.“ Gelbe Karte. An der Mittellinie den, sonst wirst du zum Spielball Effekt nicht überstrapazieren, wird es unruhig, der Trainer zeigt von Interessen.“ Die Idee, die da sich bei ständigem Auftauchen Wo sonst hat man die Gelegen- sein Unverständnis über die Ent- dynamische Situation zu stoppen, die körperliche Präsenz auch heit, sich mit Schiedsrichtern scheidung. In der letzten Minute sei durchaus richtig gewesen. abnutze. Dennoch sei das Nach- gleichen Niveaus auszutauschen fällt ein Tor, und Luca pfeift ab. Durch die hohe Akzeptanz bei setzen in diesem konkreten Fall und zu messen? „Unser Ziel ist Während er über den Rasen läuft, den Spielern hätte jedoch auch perfekt gewesen. es“, unterstreicht Wagner, wäh- wechselt er ein paar Worte mit eine Ermahnung gereicht. „Lass´ rend sein Blick über den Rasen seinen Assistenten. die Gelbe Karte weg“, rät er, Lutz Wagner greift weitere As- schweift, „die Leute praxisbe- „wenn sie deplatziert ist. Manch- pekte des Spiels auf, wendet sich zogen weiterzubringen.“ Lutz Wagner begrüßt die drei mal ist weniger mehr.“ auch an die Assistenten und fährt direkt mit dem nächsten Rat- fort, praktische Tipps zu geben. In diesem Moment wirkt der schlag: „Egal, was in dem Spiel Gut sei jedoch sein Verhalten bei Als er fertig ist, löst ihn sein Lehrwart abgelenkt, seine Auf- vorgefallen ist, diskutiert niemals einer Situation im Strafraum Beobachter-Kollege Josef Maier merksamkeit gilt dem Spiel, auf dem Platz.“ Um die Außenwir- gewesen, lobt Wagner. Bei dieser ab und bespricht das Spiel Thü- das inzwischen etwas verbisse- kung zu wahren, sollten Schieds- Szene habe Luca schon wenige ringen gegen Schleswig-Holstein, ner wird. Südbaden ist zwar richter und Assistenten immer Meter danebengestanden und geleitet von Dennis Meinhardt

6 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 mit den Assistenten trifft. Das ist mal was anderes, denn während der Saison ist man immer alleine unterwegs.“

Im Vergleich zu anderen Spielen, erklärt Luca, liege die Heraus- forderung während des Turniers in Duisburg im Spieltempo: „Das ist höher als bei einem Spiel der Oberliga, da jeder Spieler sich hier bestmöglich präsentieren möchte und nicht auf Zeit spielt.“ Dafür habe das Turnier den Vorteil, dass die Ansprachen und der Umgang mit den Spielern sehr viel leichter seien, da sich die Spieler vor den Scouts nur mit gutem Benehmen zeigen wollen.

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Am Nachmittag geht es zur zwei- ten Runde zurück auf die Spielfel- der. Die Sonne ist rausgekommen, und schlagartig tummeln sich mehr Besucher am Spielfeldrand. Das Coaching-Gespräch beginnt bereits am Spielfeldrand... Der Wind trägt die Pfiffe des Spielfelds nebenan heran, an des- und seinen Assistenten Christian ermöglicht, in jeder Situation hilfreich macht: „Hier können wir sen Rand Rainer Werthmann sitzt Allwardt und Johannes Hamper. zügig einzugreifen. an solchen Feinheiten arbeiten“, und Denis Waegert mit seinen Auch Maier spricht Feinheiten an sagt er und nippt an seinem Ge- Assistenten Philipp Götz und Chris und gibt praktische Verbesse- Als die Besprechung nach einer tränk. „Wir beherrschen alle das Rauschenberg beobachtet. Sie lei- rungstipps, wie beispielsweise knappen Stunde vorüber ist, Offensichtliche und wissen, wie ten das Spiel Bremen gegen Saar- einen diagonalen Laufkorridor, bestätigt Luca, dass es genau man ein Spiel leitet, sonst würden land, bei dem es von Anfang an der es dem Schiedsrichter das ist, was den Lehrgang so wir nicht in der A-Junioren-Bun- temporeich hergeht. Kein Wunder, desliga pfeifen. Aber es sind die dass Denis schon früh zwei Fouls kleinen Tipps, die einen besser pfeifen muss. Beide Male war der werden lassen.“ Gegenspieler zu spät in den Zwei- kampf gegangen. Außerdem biete der Lehrgang die Möglichkeit, Schiedsrichter aus Auch Rainer Werthmann nutzt die 20 Landesverbänden kennenzu- Drittelpause, um dem Schiedsrich- lernen, sodass man auch länder- ter-Team Tipps mit auf den Weg zu übergreifend etwas lernen könne. geben. „Das ist ein großer Vorteil Die Teams werden bunt durchge- gegenüber anderen Turnieren“, mischt, sodass Assistenten und unterstreicht er, „denn so haben Schiedsrichter gezwungen sind, wir Coaches die Gelegenheit, Absprachen zu treffen und Team- Dinge anzusprechen und, noch work zu trainieren. viel wichtiger, können schauen, ob die Jungs in der Lage sind, Sein Kollege David Scheuermann, dies im nächsten Drittel auch der in diesem Moment vorbei- direkt umzusetzen.“ kommt, ergänzt, dass man zudem Erfahrungen mit anderen A-Junio- Dazu komme der Doppelcharakter ren-Schiedsrichtern austauschen des Lehrgangs: Zum einen biete könne: „Darüber, wie sich das er die Chance, die Schiedsrichter Pfeifen mit dem Privatleben ver- individuell zu coachen, und zum einbaren lässt, welche Erlebnisse anderen könne durch die gemein- man während der Saison hatte schaftliche Analyse jeder von ...und wird später in der Runde aller Schiedsrichter fortgeführt. oder welche Abstimmungen man jedem profitieren.

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Nach dem Abendessen ist genau zügige Linie der Zweikampf- dies der Fall: Erneut werden alle Bewertung gefahren, die hier Spiele vor allen Anwesenden noch akzeptiert wird“, merkt er analysiert. „Das Motto des Spiels“, an und warnt: „Sei vorsichtig fasst Rainer Werthmann für die mit dieser sehr großzügigen anderen Schiedsrichter zusam- Linie. Im Seniorenbereich, in men, „war das Setzen von Ruhe- dem die Spieler dich testen punkten.“ wollen, kann das schiefgehen.“

Denis Waegert ergänzt selbstkri- Für die Körperspannung des tisch, dass er bei einem Freistoß Assistenten Chris Rauschenberg früher hätte agieren sollen: „Der findet er lobende Worte, diese Spieler war sehr abgebrüht, und spreche für Konzentration und es war absehbar, dass er versu- Motivation und sehe klasse aus. chen wird, die schnelle Freistoß- Wichtig sei für die Assistenten, Ausführung zu verhindern.“ dass sie sich in der Halbzeit- pause darüber austauschen, Wenn man solchen Situationen wie die Spieler agieren, denn vorbeugen könne, solle man dies „in der zweiten Halbzeit sind Sechs Spielanalysen in einem Block: Das Meeting von Coaches tun, stimmt ihm Werthmann zu. die Situationen sozusagen (links: Josef Maier) und Schiedsrichtern dauert rund eine Stunde. „Insgesamt bist du eine groß- seitenverkehrt.“ In der Bundesliga sei es üblich, kommenden Jahren bei den sich im Vorfeld darauf vorzube- Schiedsrichtern bevorsteht. reiten, bei anderen Spielen müsse „Dies bietet eine große Chance man die Erfahrungen eben in für die jungen Leute“, betont der Pause untereinander weiter- er, „deswegen gilt es, sich zu geben. präsentieren und weiterzu- entwickeln, um sich letztendlich Nach der Besprechung löst sich zu empfehlen.“ die Runde auf, und die Schieds- richter gehen auf ihre Zimmer, Zu diesem Zeitpunkt sitzen die um sich für den gemeinsamen 21 Junioren-Schiedsrichter im Abend-Ausflug nach Düsseldorf Bus, freuen sich auf ihren ver- umzuziehen. Rainer Werthmann dienten „Feierabend“ und die bleibt als Letzter zurück. gemeinsame Zeit in Düsseldorf. Wen wir von ihnen in den nächs- „Solche Lehrgänge sind ein wich- ten Jahren in der Bundesliga tiger Schritt in der Entwicklung sehen werden, das wird sich jedes Schiedsrichters, das erfah- zeigen. ren wir oft durch Rückmeldungen ehemaliger Teilnehmer“, sagt er Für die Stimmung der Jungs an Durch die gemeinschaftliche Analyse – hier mit dem ehemaligen mit ruhiger Stimme. Und auch diesem Abend spielt allerdings Bundesliga-Schiedsrichter Uwe Kemmling – soll jeder aus den er denkt bereits an die Zukunft eine solche Überlegung keine Stärken und Schwächen des anderen lernen. und den Umbruch, der in den Rolle.

Hintergrund Auf die Kompetenzen kommt es an Insgesamt sechs Mal jährlich Bericht über seinen aktuellen - Soziale Kompetenzen: und Rainer Werthmann. Sie treffen sich junge talentierte Leistungsstand. Folgende persönliches Verhalten wäh- werden unterstützt durch die Schiedsrichter in Duisburg: Kompetenzen werden darin rend des Lehrgangs, Team- sich abwechselnden Coaches drei Mal bei Turnieren der mit „plus“ oder „minus“ fähigkeit, Lernbereitschaft, Egbert Engler, Bernd Domurat, Junioren, drei Mal bei den bewertet: Kritikfähigkeit Uwe Kemmling, Josef Maier, Juniorinnen. Karl-Heinz Schleier, Jörg - Fachspezifische Kompetenzen: Die Bewertung dieser Kompe- Toschek und Bern- Unabhängig von Geschlecht Persönlichkeit auf dem Spiel- tenzen erfolgt durch erfahrene hard Zerr. und Altersklasse des Lehr- feld, Fitness und Stellungs- DFB-Beobachter: Die Lehrgangs- gangs erhält jeder Schieds- spiel, Spielauffassung und leitung bei allen Lehrgängen richter zum Abschluss einen fußballerisches Verständnis haben Lehrwart Lutz Wagner

8 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 Kölner verkleiden sich ein wenig auf den Arm: Verkleidet alles dabei, nur das Freistoß- als Schiedsrichter beging das Spray nicht.“ als Unparteiische Trainer-Team der Geißböcke den Karnevalsauftakt. Der 49-Jährige hatte sich in Wenn aus einem nichtgeahndeten dieser Saison wiederholt kri- Handspiel ein Karnevalskostüm Zu seinem Kostüm meinte Trainer tisch über Schiedsrichter- wird, dann sind die Jecken nicht Peter Stöger: „Wir wollten uns Leistungen geäußert, schwor weit. Zum Beginn der Karnevals- selbst auf die Schippe nehmen, aber zuletzt, nichts mehr zu zeit nahm der 1. FC Köln nun nicht ein bisschen Verständnis zeigen den Entscheidungen der Un- nur die deutsche Schiedsrichter- und reinfühlen, wie es so ist als parteiischen zu Protokoll zu Zunft, sondern auch sich selbst Schiedsrichter. Pfeife, Karten – geben. Panorama

Ausweis gefälscht – Schiedsrichter bis Peter Stöger (in der Mitte des Fotos) und sein Team geben als Schiedsrichter eine gute Ende 2017 gesperrt Figur ab.

Eine der Pflichten eines Schieds- richters besteht darin, das Anse- Jubiläum für hen aller Referees zu wahren. Dr. Dagegen verstieß ein Unpartei- ischer aus Berlin, als er mit Hilfe eines gefälschten Schiedsrichter- FIFA-Schiedsrichter Dr. Felix Ausweises für eine Freundin eine Brych leitete mit der Begegnung Eintrittskarte für das Spiel Borus- zwischen dem VfL Wolfsburg und sia Dortmund gegen Borussia Mön- der TSG 1899 Hoffenheim (4:2) chengladbach erschleichen wollte. sein 200. Bundesliga-Spiel. Der Betrug wurde bemerkt, die Bei- den flüchteten – allerdings unter Der 40-jährige Münchner steht Zurücklassung ihrer Ausweise. seit 1999 auf der DFB-Liste. Sein Bundesliga-Debüt gab der Der Schiedsrichter gab in einer Jurist am 28. August 2004 bei Verhandlung vor dem Sportgericht der Partie zwischen Hertha BSC des Berliner Fußball-Verbandes die und dem 1. FSV Mainz 05. Manipulation zu. Ihm wurde im Rah- men einer sofortigen Sperre bis Im Jahr 2007 wurde Brych auf zum 31.Dezember2017 jegliche die FIFA-Liste berufen. Seit der Felix Brych betritt in Wolfsburg mit seinen Assistenten Vereins-, Verbands- sowie Schieds- Saison 2009/2010 gehört er der Mark Borsch (verdeckt) und Stefan Lupp zum 200. Mal als richter-Tätigkeit untersagt. Elitegruppe an. Schiedsrichter einen Bundesliga-Rasen.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 9 Panorama

Satire kommt gut an Von einer „kleinen Satire-Idee“ BSC und dem VfB Stuttgart durch mit „unglaublichem Feedback“ das Olympiastadion: „Schiri, wir Hat Deutschland seine ersten sprach Alex Raack, Redakteur wissen wo dein Auto stand, ist auf- Schiedsrichter-Ultras? Nicht des Fußball-Magazins, kürzlich getankt, ist aufgetankt!“ Adressat wirklich – oder doch? Bei der in einem Aufklärungsvideo. Bei war DFB-Schiedsrichter Tobias „Brigade Hartmut Strampe“ diversen Spielen von der Bundes- Stieler, der nach dem Spiel Lob auf handelte es sich ursprünglich liga bis zur Kreisklasse trat die der Facebook-Seite der Brigade um einen Spaß des Fußball- Brigade in Erscheinung. Hier riefen erhielt: „Der Mann hat einen groß- Magazins „11FREUNDE“. Schiedsrichter-Anhänger Schlacht- artigen Job gemacht.“ rufe wie „Unsere Qualität ist Neu- Mehrere Medien hatten bis da- tralität“ oder „Bester Mann, Schiri- Aus dieser Satire-Idee ist eine kleine hin über die vermeintliche neue Gespann“. Bewegung pro Schiedsrichter – Ultra-Gruppe für Schiedsrichter, Hartmut Strampe leitete wenn auch stets mit einem Augen- die nach dem ehemaligen Bun- zwischen 1991 und 2003 So hallte auch ein abgewandelter zwinkern – entstanden. Mehr als desliga-Schiedsrichter benannt insgesamt 170 Bundesliga- Schiedsrichter-Schmähruf beim 9.000 Menschen folgen der „Bri- ist, ausführlich berichtet. Spiele. Bundesliga-Spiel zwischen Hertha gade“ mittlerweile auf Facebook.

Schiedsrichter-Foto- lang alle DFB-Schiedsrichter, die nach Hamburg kamen, foto- graf Werner Wolken- grafiert und sich die Mühe hauer verstorben gemacht, ihnen diese Fotos zu- zuschicken. Es war einfach sein „Fans“ haben Schiedsrichter ja Hobby, und die Schiedsrichter eher selten. Mancher unter den aus allen deutschen Regionen Älteren erinnert sich noch an freuten sich, diesen ruhigen und Gotthard Dikty aus Düsseldorf, angenehmen Menschen immer der sich viele Jahre lang inten- wieder zu treffen. siv für das Wohl und Wehe der deutschen Top-Schiedsrichter Umso größer war die Betroffen- interessierte und aus seinem heit unter ihnen, als sie vom gesammelten Wissen sogar ein schweren Herzinfarkt Werner Buch verfasste. Wolkenhauers hörten, den er am 4. Oktober erlitt und nicht Nun ist leider ein weiterer dieser überlebte. Am 27. November besonderen Freunde verstorben. wäre Werner Wolkenhauer 64 Werner Wolkenhauer im Jahr 2007 mit der gerade in die Werner Wolkenhauer hat jahre- Jahre alt geworden. 2. Bundesliga aufgestiegenen Bibiana Steinhaus.

„Hackentrick“ des Der wurde an der Hacke getroffen Laut türkischen Medien wurden „Ich habe gesagt, dass sie die und leitete so den Ball an den am die Unparteiischen auf Anwei- Referees erst am Morgen gehen Unparteiischen Strafraum postierten Cristal- sung des Vereinspräsidenten lassen dürfen, wenn ich eintreffe. Spieler Irvan Avila zurück, der gegen ihren Willen in der Kabine Aber eine wichtige Person hat Dass der Schiedsrichter rein regel- freistehend den Ball zum 3:2 ins festgehalten. mich angerufen und gebeten, technisch Luft ist, mussten Spieler Tor schoss. nicht Schande über die Türkei in Peru nun schmerzlich feststel- Ibrahim Haciosmanoglu, Chef in der Welt zu bringen. Gleich- len: Bei einem Meisterschaftsspiel des türkischen Fußball-Erstligis- zeitig hat er mir versprochen, in der peruanischen Liga leistete ten Trabzonspor, war über dass der Vorfall untersucht wird“, der Unparteiische mit einem „Kabi- Trabzonspor schließt einen verweigerten Strafstoß erklärte Haciosmanoglu in nettstückchen“ unabsichtlich die so erbost, dass er nach dem 2:2 einem TV-Interview. Vorarbeit zum Siegtreffer für Spor- Schiedsrichter ein im Heimspiel gegen Gaziantep- ting Cristal gegen Juan Aurich. spor die vier Unparteiischen Der Türkische Fußball-Verband hat Gerne hätten der türkische Fuß- über Nacht in der Kabine fest- eine Untersuchung eingeleitet. Nachdem der Torwart der Gäste ball-Schiedsrichter Cagatay halten ließ. „Diese Ungerechtigkeit ist nicht eine harmlose Flanke im Strafraum Sahan (36) und sein Team nach mit einer fehlerhaften Schiedsrich- aus der Luft „gepflückt“ hatte, dem Spiel zwischen Trabzonspor Erst ein Telefonanruf von Präsi- ter-Entscheidung zu rechtfertigen wollte dieser das Spiel schnell und Gaziantepspor das Hüseyin- dent Tayyip Erdogan beendete und hat für Unbehagen in der gan- machen. Er schlug den Ball flach Avni-Aker-Stadion verlassen, nach vier Stunden den unfrei- zen Fußballwelt gesorgt“, teilte der nach vorne, der den rund 30 Meter doch Sicherheitskräfte des willigen Aufenthalt der Schieds- Türkische Fußball-Verband in einer vom Tor entfernten Referee fand. Vereins verhinderten die Abreise. richter. Erklärung mit.

10 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 Spieler sehen „Rot“ hob die Karte auf und wollte sie verhindern. Frustriert schmet- Als der Barcelona-Star nach dem dem Unparteiischen geben. Doch terte Nottbeck die Rote Karte Schlusspfiff des Qualifikations- und dann ein Tor der nächste Angriff des Bundes- wieder auf den Boden. Am Ende spiels gegen Peru (3:0) für die ligisten war bereits im Gang. fand sie jedoch mit Schiedsrich- WM 2018 in Russland dem Schieds- Es war eine kuriose Szene im DFB- Pellatz warf die Rote Karte wieder ter Cortus ihren Besitzer wieder. richter Hernando Buitrago sein Pokalspiel zwischen Viktoria Köln auf den Boden und eilte zurück Trikot schenken wollte, wies die- und Bayer 04 Leverkusen: Denn in sein Tor. ser den Ballkünstler zurück. Ney- bei Schiedsrichter Benjamin mar reagierte mit Unverständnis Cortus aus Röthenbach an der Viktoria-Spieler Lukas Nottbeck Schiedsrichter lehnt und warf sein Trikot schließlich Pegnitz saß der Rote Karton im ließ sich vom Spielgeschehen einem Betreuer zu. wahrsten Sinne des Wortes „locker“. jedoch nicht beirren und nahm Neymar-Trikot ab sich ebenfalls der Karte auf dem Der kolumbianische Schieds- Bayer führte in der 80. Minute Rasen an – ausgerechnet als ein Ein Trikottausch mit dem Schieds- richter hatte jedoch richtig bereits mit vier Toren Vorsprung, hoher Ball auf den Leverkusener richter ist eher ungewöhnlich. reagiert: Der Aufschrei in Süd- als der Referee in der Nähe des Stürmer Stefan Kießling gespielt Der brasilianische Nationalspieler amerika wäre wohl groß gewe- Kölner Strafraums seine Rote wurde. Mit der Roten Karte in der Neymar bot sein Dress dennoch sen, wenn ein Unparteiischer Karte verlor. Viktorias Torwart Nico Hand rannte Nottbeck Kießling Referee Hernando Buitrago an, vor laufenden Kameras ein sol- Pellatz bemerkte das zuerst, lief hinterher, konnte aber den fünf- der das Geschenk bestimmt ches Andenken angenommen sofort zum Ort des Geschehens, ten Gegentreffer nicht mehr ablehnte. hätte.

Die internationalen Spiele der Deutschen im September und Oktober 2015 FIFA-Schiedsrichter unterwegs

Name Wettbewerb Heim Gast Assistenten/Vierte Offizielle/Torrichter EM-Qualifikation Lettland Tschechien Kleve, Häcker, Beitinger, Welz, Siebert Deniz Aytekin Champions League Schachtar Donezk Paris Saint-Germain Kleve, Häcker, Achmüller, Siebert, Brand Deniz Aytekin U 17-Weltmeisterschaft Nigeria USA Kleve, Häcker Deniz Aytekin U 17-Weltmeisterschaft Guinea Brasilien Kleve, Häcker Felix Brych EM-Qualifikation Ungarn Rumänien Borsch, Lupp, Foltyn, Dankert, Fritz Felix Brych Champions League Dynamo Kiew FC Porto Borsch, Lupp, Häcker, Dankert, Fritz Felix Brych EM-Qualifikation Italien Norwegen Borsch, Lupp, Achmüller, Dankert, Fritz Christian Dingert Europa League AS Saint-Étienne Rosenborg BK Pickel, Bornhorst, Christ, Stieler, Brand Christian Dingert EM-Qualifikation Weißrussland Mazedonien Pickel, Bornhorst, Schiffner, Zwayer, Hartmann Christian Dingert Europa League Slovan Liberec (CZE) FC Groningen (NED) Pickel, Bornhorst, Willenborg, Dankert, Hartmann Swen Eichler Futsal-Cup FK EP Chrudim (CZE) FP Halle-Gooik (BEL) Swen Eichler Futsal-Cup Athina 90 (GRE) FK EP Chrudim Swen Eichler Futsal-Cup FP Halle-Gooik Athina 90 U 21-EM-Qualifikation Albanien Portugal Henschel, Pelgrim, Brand Riem Hussein EM-Qualifikation Frauen Moldawien Schweden Rafalski, Lohmeyer Riem Hussein Champions League Frauen Brøndby IF SK Slavia Prag Wozniak, Heimann Riem Hussein Frauen-Länderspiel Frankreich Niederlande Wozniak Marija Kurtes EM-Qualifikation Frauen Island Weißrussland Müller-Schmäh, Derlin Marija Kurtes Champions League Frauen FC PAOK (GRE) KIF Örebro DFF (SWE) Müller-Schmäh, Wacker Marija Kurtes U 23-Länderspiel Frauen Schweden Norwegen Telahr, Föhrdes Daniel Siebert U 21-EM-Qualifikation Spanien Schweden Henschel, Seidel, Stegemann Angelika Söder U 17-EM-Qualifikation Frauen Dänemark Israel Diekmann Angelika Söder U 17-EM-Qualifikation Frauen Ungarn Dänemark Diekmann Bibiana Steinhaus Champions League Frauen Glasgow City LFC Chelsea LFC Rafalski, Wacker Bibiana Steinhaus EM-Qualifikation Frauen Norwegen Wales Rafalski, Derlin U 19-EM-Qualifikation Serbien Estland Gittelmann Tobias Stieler U 19-EM-Qualifikation Serbien Tschechien Gittelmann EM-Qualifikation Färöer Nordirland Schiffner, Achmüller, Seidel, Stieler, Stegemann Felix Zwayer Champions League FC Chelsea Maccabi Tel Aviv Schiffner, Foltyn, Kleve, Welz, Hartmann Felix Zwayer Champions League FC Valencia KAA Gent Schiffner, Achmüller, Foltyn, Fritz, Stegemann

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 11 Lehrwesen Entscheidende Minuten Geht ein Fußballspiel in die Nachspielzeit, dann bedeutet das nicht nur für die Mannschaften, sondern auch für den Schiedsrichter zusätzliche Minuten voller Spannung und Konzentration. SRZ-Mitarbeiter Günther Thielking stellt den aktuellen DFB-Lehrbrief Nr. 64 vor, der den Faktor „Zeit“ zum Thema hat.

Spektakuläre Nachspielzeit beim Champions-League-Finale 1999: Manchester United drehte durch zwei späte Tore das Spiel gegen den FC Bayern München.

enn es ein Beispiel braucht, Nach zwei Beckham-Eckbällen Euphorie und Tragik. Da können oder bei der Behandlung verletz- Wwelch verrückte Dinge sich drehen die Engländer durch Tore auch plakative Aussagen wie ter Spieler den Spielfortgang. in der Nachspielzeit eines Fuß- von Sheringham und Solskjaer „Schluss ist erst, wenn der Die Stimmung auf dem Platz wird ballspiels ereignen können, dann kurz vor Schluss das Spiel. Man- Schiedsrichter abpfeift“ die dadurch unruhig, vielleicht sogar muss man nur ins Jahr 1999 zurück- chester United gewinnt das Finale betroffenen Fans nicht trösten. aufgeheizt. schauen: Im Finale der Champions mit 2:1, und die Journalisten auf League liegt Bayern München mit der Pressetribüne müssen tau- Dabei ist die Spannung und Dra- Dem Unparteiischen wird damit 1:0 in Barcelona gegen Manchester sende Zeilen Text der beinahe matik in der Nachspielzeit oft in den letzten Sekunden eines United in Führung, als der Unpar- fertigen Artikel löschen oder genug von einer der beiden betei- Spiels die Spielleitung deutlich teiische die drei-minütige Nach- umformulieren. ligten Mannschaften zu verant- erschwert. Jeder Referee muss spielzeit anzeigt. worten. Mal wollen deren Spieler wissen, dass dieser finale Spiel- So wie in diesem Endspiel ste- ein Unentschieden retten, mal abschnitt ein Höchstmaß an Was in diesen wenigen Minuten cken die wenigen Minuten der verzögern sie bei einer knappen Kondition und Konzentration noch passiert, ist bekannt: Nachspielzeit oft voller Dynamik, Führung beim Spielerwechsel von ihm fordert.

12 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 Mahnende Worte wie „Hören Sie der Spielerpässe. Darüber hinaus auf, auf Zeit zu spielen!“ helfen hat bei Einsätzen im Team eine da nur wenig. Stattdessen sind gewissenhafte Absprache mit den mehr denn je energisches Eingrei- Assistenten vor jedem Spiel zu fen, die unmittelbare Nähe zum erfolgen. Geschehen sowie eine bis zur letzten Sekunde klare, straffe In der Lehrarbeit ist zudem auf Linie gefordert. Auch darf der die Wartezeit hinzuweisen, die Schiedsrichter nicht zögern, vorgesehen ist, wenn ein Verein nötige Persönliche Strafen gegen nicht rechtzeitig am Spielort Spieler auszusprechen, die sich erscheint. Laut Regel 5 hat der provokativ zu viel Zeit lassen. Schiedsrichter mit dem bereits anwesenden Team 45 Minuten Doch nicht nur die Frage nach der auf das Eintreffen der Mannschaft Dauer des Spiels ist Inhalt des zu warten. Lehrbriefs 64 unter der Über- schrift „Vom Spielauftrag bis Eine weitere Frage, die oft auf zum Verlassen des Spielfeldes – Lehrabenden angesprochen wird, der Faktor ‚Zeit’“. betrifft die Länge einer möglichen Spielunterbrechung bei besonde- Zum zeitgerechten Ablauf eines ren Vorkommnissen. Im Regeltext Fußballspiels gehören ebenso die heißt es hierzu: „Der Schiedsrich- Pflicht zum pünktlichen Spielbe- ter kann ein Spiel wegen der ginn, die Frage nach der Dauer Witterungsverhältnisse oder aus Die Dauer der Nachspielzeit festzulegen, ist allein Sache einer möglichen Spielunterbre- einem anderen Grund unterbre- des Schiedsrichters – der Vierte Offizielle zeigt die zusätz- chung sowie die Verlängerung der chen. Die Dauer der Unterbre- lichen Minuten lediglich an. Spielzeit zur Ausführung eines chung soll 30 Minuten nicht über- Strafstoßes. schreiten. Ist jedoch abzusehen, unbedingten Vorrang vor allen rasch vom Platz transportiert dass das Spiel wenige Minuten anderen Entscheidungen hat. wird. Die Entscheidung hierüber Eine Arbeit der Lehrwarte zu die- nach dieser Zeit fortgesetzt wer- Der Faktor „Zeit“ darf dann keine treffen die Mannschafts-Verant- sem Thema muss darüber hinaus den kann, soll der Schiedsrichter Rolle spielen. wortlichen oder besser noch ein auch Hinweise zur rechtzeitigen großzügig verfahren.“ herbeigerufener Arzt. Anreise des Schiedsrichters ent- Ebenso verhält es sich bei einer halten. Denn schließlich gehören Dabei ist besonders zu betonen, schweren Verletzung eines Spie- Eine besondere Rolle spielt beim zu den administrativen Aufgaben dass bei einem aufziehenden Un- lers. Es ist nicht die Aufgabe eines Begriff „Zeit“ auch das Torwart- des Unparteiischen die Kontrolle wetter die Gesundheit der Spieler Schiedsrichters anzuordnen, dass spiel. Manch älterer Unpartei- des Platzes, des Spielberichts und und des Schiedsrichter-Teams ein solcher Spieler möglichst ischer wird sich noch gut an Tor- hüter erinnern, die nach einem Rückpass mit dem Ball in der Hand im Strafraum auf und ab liefen und so reichlich Zeit für ihre Mannschaft herausholten.

Die einzige Bedingung damals war, dass sie nach jeweils vier Schritten den Ball auf die Erde warfen, um ihn dann wieder auf- zufangen. Nach mehreren Regel- änderungen im Laufe der Jahre sagt der Regeltext heute, dass der Ball vom Torwart nach sechs Sekunden für das Spiel freizuge- ben ist, nachdem dieser ihn unter Kontrolle hat.

Diese Vorgabe im Regelwerk wird ebenso wie das Thema „Vorteil und verzögerter Pfiff“ an jedem Belehrungsabend für reichlich Diskussionsstoff sorgen. „Wie Verzögert insbesondere der Torhüter die Spielfortsetzung, muss der Schiedsrichter konse- lange darf ich eigentlich warten, quent einschreiten. um den verzögerten Pfiff noch

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 13 Lehrwesen einzusetzen, wenn der vermutete Schließlich hat der Lehrwart noch Vorteil nicht eintritt?“, lautet eine darauf hinzuweisen, dass die Spiel- oft gestellte Frage. zeit verlängert werden muss, wenn in den letzten Minuten eines Spiels Die Richtlinien der FIFA für ein Strafstoß gegeben wird. Schiedsrichter sagen dazu unter der Überschrift „Vorteil“, dass Für den Unparteiischen können bei jeglichem Vergehen die Vor- dies Momente voller Spannung teil-Bestimmung angewandt und Konzentration werden, wenn werden kann. Die Entscheidung es sich hierbei um einen umstritte- zur Ahndung des ursprünglichen nen Strafstoß handelt, der noch Vergehens ist innerhalb der nächs- dazu über Sieg und Niederlage ten paar Sekunden zu treffen – entscheiden kann. wobei es eine genaue Definition des Begriffs „paar Sekunden“ Da nützen auch keine langen Pro- in den Spielregeln nicht gibt. Die teste der betroffenen Mannschaft, Entscheidung liegt im Ermessen die den Schiedsrichter darauf des Schiedsrichters, muss aber hinweist, dass die Spielzeit längst im unmittelbaren Zusammenhang abgelaufen sei. Denn Schluss ist mit dem vorausgegangenen tatsächlich erst dann, wenn der In welchen Situationen der Blick auf die Uhr wichtig ist, steht Vergehen stehen. Schiedsrichter abpfeift. im aktuellen DFB-Lehrbrief Nr. 64.

Vier Fragen an Knut Kircher „Kommunikation verhindert Eskalation“

Die Fragen zum aktuellen zu sagen, lassen wir es gut sein Lehrbrief-Thema beantwortet und hören heute pünktlich auf. dieses Mal Bundesliga-Schieds- Oft sind auch schon bei verdien- richter Knut Kircher. ten Unentschieden und klaren Ergebnissen Spieler beider Mann- „Die Nachspielzeit ist der Tod schaften auf dem Platz an mich des Schiedsrichters“, hat ein herangetreten und haben gesagt: ehemaliger FIFA-Schiedsrichter „Schiri, heute reichen 90 Minu- einmal gesagt... Was steckt hin- ten!“ Warum sollte der Schieds- ter dieser Aussage und wie richter dann noch nachspielen Knut Kircher scheidet am groß ist die Gefahr, die die Kircher: Man muss sich einfach lassen, wenn nichts Weltbewegen- Saisonende aus Altersgrün- Nachspielzeit für den Unpartei- darauf einstellen, dass bei den des dagegen spricht? Auch hier den aus der Bundesliga aus. ischen tatsächlich birgt? Spielern nochmal Adrenalin gilt es, wie bei vielen anderen Din- freigesetzt wird. Und dennoch gen in einem Spiel, ein gewisses zu geben, dass wir da sind, Knut Kircher: In dieser ange- müssen wir die Ruhe und Souve- Bauchgefühl zu haben, was der um auch auf das Zeitspiel acht- zeigten Nachspielzeit, vor allem ränität des ganzen Spiels auch Begegnung noch guttun kann. zugeben. Allerdings dürfen wir am Ende der zweiten Spielhälf- in den letzten Minuten der Nach- uns nicht zum Instrument von te, wirft die bis dahin zurücklie- spielzeit bestätigen und beibe- Welche konkreten Tipps können reklamierenden Spielern, Offi- gende Mannschaft nochmal halten. Sie geben, wie man Spieler ziellen und Zuschauern machen, alles in die Waagschale. Lange bereits frühzeitig daran hindert, die meinen, sie seien die Zeit- Bälle, schnell das Mittelfeld Welche Rolle spielt neben verlo- auf Zeit zu spielen? wächter. Nein, wir haben unse- überbrückend, enge Abseits- rener und vergeudeter Zeit der ren Maßstab und ziehen diesen und Strafraum-Situationen sind Spielstand bei der Festlegung Kircher: Torhüter sind zum Bei- auch konsequent durch! Zur die Folge. Zudem sind die der Nachspielzeit? spiel immer wieder im Fokus, Erinnerung dieser Spieler gibt Spieler und der Schiedsrichter wenn ihre Mannschaft führt, beim es viele Möglichkeiten auf besonders gefordert, und vor Kircher: Ein klares beziehungs- Abstoß den Ball besonders lange dem Feld in Spielruhen, um an allem der Unparteiische muss weise von beiden Seiten am Ende zu platzieren. Aber von wegen! sie heranzutreten und ihnen hier nochmals all‘ seine Kon- akzeptiertes Ergebnis und die Es liegt an uns Schiedsrichtern, in freundlich, aber bestimmt zu zentration aufbieten. sichtbare Erkenntnis, dass hier den eigentlichen Ruhephasen des sagen, dass es das nächste Mal keiner mehr etwas „reißen“ Spiels hoch konzentriert zu sein, aber schneller gehen darf. Welche Schlüsse sollte man als möchte, sind in der Praxis auf um genau die Spieler früh anzu- Frühe Kommunikation verhin- Schiedsrichter daraus ziehen? dem Feld durchaus Indikatoren sprechen und ihnen zu verstehen dert oftmals späte Eskalation!

14 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 Regel-Test Fragen

ter fest, dass es sich nicht um den ihm bekannten Torwart handelt. Er Ausnahmen im Regelwerk unterbricht daher das Spiel. Der herbeigerufene Spielführer bestä- Gerade bei der Strafstoß-Ausführung muss der Schiedsrichter einige tigt, dass ein Feldspieler mit dem Torwart unmittelbar vor dieser auf den ersten Blick unlogische Sonderbestimmungen beachten, wie der Aktion, während des laufenden aktuelle Regel-Test von Lutz Wagner zeigt. Spiels, die Position gewechselt hat. Wie entscheidet der Schiedsrichter? Situation 1 Bei der Strafstoß-Ausführung wartet Situation 12 der ausführende Spieler den Pfiff Bei einem Zweikampf an der Straf- des Schiedsrichters nicht ab. Er raumgrenze kommen zwei Gegen- schießt den Ball aufs Tor. Der Torwart spieler zu Fall. Da der Schiedsrichter kann diesen jedoch zur Ecke abweh- nicht pfeift, nimmt der Abwehr- ren. Entscheidung des Schiedsrich- spieler, der außerhalb des Straf- ters? raums liegt, den Ball aus Verärge- rung in die Hand und wirft ihn dem Situation 2 Gegner, der knapp innerhalb des Ein Angreifer bringt im gegnerischen Strafraums liegt, heftig ins Gesicht. Vier Situationen im aktuellen Regel-Test befassen sich mit der Strafraum einen Verteidiger durch Daraufhin unterbricht der Schieds- Strafstoß-Ausführung. ein Beinstellen zu Fall. Der Schieds- richter das Spiel. Wie muss er ent- richter lässt das Spiel bewusst einem Mitspieler nach hinten. Dieser jedoch von den Zuschauerrängen scheiden? weiterlaufen, da ein weiterer Vertei- Spieler, der erst nach der Ausfüh- und wurde sowohl vom Schiedsrich- diger den Ball annehmen und zu rung in den Strafraum gelaufen war, ter als auch von den anderen Akteu- Situation 13 einem weiteren Mitspieler im Straf- schießt den Ball anschließend ins ren auf dem Spielfeld wahrgenom- In einem Verbandsliga-Spiel sprintet raum spielen kann. Nun sieht der Tor. Entscheidung des Schiedsrich- men. Jetzt erst unterbricht der der Torwart dem Ball bis zur Eck- Schiedsrichter, wie der zuvor ge- ters? Unparteiische das Spiel. Wie muss fahne hinterher und schießt ihn ins foulte Verteidiger seinem Gegner der Schiedsrichter entscheiden? Aus. Der Stürmer erkennt die Situa- mit dem Ellenbogen einen heftigen Situation 6 tion sofort und will den Ball schnell Stoß versetzt. Was unternimmt der In der 55. Minute verhindert der Tor- Situation 9 einwerfen. Ein Verteidiger stellt sich Schiedsrichter? wart des Heimvereins durch eine Der Spielführer der Gäste verletzt dabei demonstrativ etwa einen Faustabwehr ein Tor des Gastvereins. sich bei einer Abwehraktion in der Meter vor den einwerfenden Spieler. Situation 3 Vor der Ausführung des nachfolgen- 45. Minute. Der Schiedsrichter lässt Der wirft den Ball regelkonform, Kurz vor Spielende kommt es zu den Eckstoßes bemerkt der Schieds- diesen Spieler auf dem Platz behan- aber mit voller Wucht und in voller einem Zweikampf an der Torlinie. richter, dass plötzlich der Ersatz-Tor- deln. Da die Spielzeit der ersten Absicht, dem Abwehrspieler ins Dabei gerät der Angreifer über die wart im Tor steht, der in der Halbzeit Halbzeit ohnehin abgelaufen ist, Gesicht. Wie entscheidet der Torlinie. Anschließend will der Vertei- ohne Meldung an den Schiedsrichter pfeift der Schiedsrichter zur Pause, Schiedsrichter? diger, der innerhalb des Spielfelds eingewechselt worden war. Entschei- ohne das Spiel noch einmal fortzu- steht, den Ball zu seinem Torwart dungen des Schiedsrichters? setzen. Darf dieser Spieler zum Situation 14 spielen. Der Angreifer läuft nun wie- Anstoß der zweiten Halbzeit wieder Ein Spieler gerät bei einem Zwei- der ins Spielfeld, erreicht den Ball Situation 7 auf dem Platz stehen oder muss er kampf außerhalb des Spielfelds und erzielt ein Tor. Wie reagiert der Während des laufenden Spiels zeigt erst die Spielfortsetzung abwarten? hinter die Seitenlinie. Während das Schiedsrichter? der Schiedsrichter-Assistent ein „rot- Spiel weiterläuft, nimmt er dort würdiges“ Vergehen an. Der Schieds- Situation 10 eine Wasserflasche auf und wirft Situation 4 richter sieht das Zeichen nicht und Bei der Strafstoß-Ausführung diese heftig in Richtung eines auf Ein Spieler steht etwa zehn Meter unterbricht das Spiel wegen eines täuscht der Schütze den Torwart, dem Spielfeld befindlichen Gegen- von der Seitenlinie entfernt im anderen Vergehens. Der Freistoß wird indem er die Ausholbewegung beim spielers. Die Flasche verfehlt diesen Abseits. Der Ball fliegt auf ihn zu, mit seiner Zustimmung schnell aus- Schuss deutlich unterbricht, um die zwar knapp, aber der Wurf unter- allerdings kann ein gegnerischer geführt. Erst nach dieser Spielfort- Reaktion des Torwarts abzuwarten. bindet den Spielaufbau der geg- Spieler – der etwa fünf Meter vom setzung erkennt der Schiedsrichter Danach schießt er den Ball aufs Tor. nerischen Mannschaft. Wie muss abseits stehenden Spieler entfernt das Zeichen des Schiedsrichter-Assis- Der Ball prallt allerdings vom Pfos- der Schiedsrichter entscheiden? steht – den Ball mit der Brust abfan- tenten und unterbricht erneut das ten zurück und zwar zu einem Mit- gen, sodass er nun vor ihm liegt. Spiel. Wie muss der Schiedsrichter spieler des Schützen, der erst nach Situation 15 Jetzt greift der zuvor abseits ste- entscheiden? der Strafstoß-Ausführung in den Nachdem der Schiedsrichter den hende Spieler diesen Spieler an. Strafraum gelaufen war. Entschei- Ball zur Strafstoß-Ausführung mit Wie ist zu entscheiden? Situation 8 dung des Schiedsrichters? Pfiff freigegeben hat, läuft nicht Ein Spieler glaubt, nach einem Zwei- der vorgesehene Schütze mit der Situation 5 kampf mit seinem Gegenspieler Situation 11 Nr. 10, sondern sein Mannschafts- Bei der Strafstoß-Ausführung spielt einen Pfiff des Schiedsrichters Als der Torwart der Mannschaft A in kollege mit der Nr. 11 zum Ball und der Schütze den Ball nach dem Pfiff gehört zu haben. Daher hält er den der 70. Minute einen weiten Flanken- schießt diesen ins Tor. Wie entschei- des Schiedsrichters mit der Hacke zu Ball mit der Hand auf. Der Pfiff kam ball abfängt, stellt der Schiedsrich- det der Schiedsrichter?

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 15 Regel-Test Antworten Ausnahmen im Regelwerk So werden die auf Seite 15 beschriebenen Situationen richtig gelöst.

Situation 1 Wiederholung des Strafstoßes. Der Strafstoß gilt als nicht regelge- recht ausgeführt, da der Ball zwin- gend mit Pfiff freigegeben werden muss. Somit kann natürlich auch die „Vorteil“-Bestimmung nicht angewandt werden.

Situation 2 Der Schiedsrichter verhängt einen Strafstoß und den Feldverweis für den schlagenden Spieler. Aller- dings wäre es in diesem Fall bes- ser gewesen, das Spiel sofort zu unterbrechen, da im Strafraum der verteidigenden Mannschaft ein „Vorteil“ für diese äußerst zweifelhaft ist.

Situation 3 Tor, Anstoß. Da es sich um ein Bei der Strafstoß-Ausführung muss der Schiedsrichter auch diejenigen Spieler im Blick haben, unabsichtliches Verlassen des die möglicherweise zu früh in den Strafraum hineinlaufen. Spielfelds handelt, ist es diesem Spieler erlaubt, sofort wieder auf verein auf der Torraumlinie und auf dem Platz vorzubeugen. Da Vergehen für die Spielfortsetzung das Spielfeld zurückzukehren. Die Verwarnung für den eingewechsel- diese Behandlung keinen Einfluss relevant ist. Persönliche Strafe ist Zustimmung des Schiedsrichters ten Ersatz-Torwart. Ein Einwechsel- auf die Länge der Spielunterbre- der Feldverweis. ist hierfür nicht erforderlich. spieler behält so lange seinen chung hat – es ist Habzeitpause – Status als Ein- beziehungsweise ist das in diesem Fall nicht relevant. Situation 13 Situation 4 Auswechselspieler, bis der Schieds- Wiederholung des Einwurfs, Weiterspielen. Bei einer Entfer- richter dem Wechsel zugestimmt Situation 10 da das erste Vergehen die nung von fünf Metern liegt noch hat. Indirekter Freistoß. Da der Ball wie- Unsportlichkeit des Verteidigers kein Zweikampf um den Ball vor. der in den Besitz der ausführenden ist. Dafür wird dieser verwarnt. Im Anschluss an die Ballannahme Situation 7 Mannschaft gelangt, muss das Ver- Der Angreifer erhält einen spielt der Verteidiger bewusst Schiedsrichter-Ball, Feldverweis. gehen des ausführenden Spielers Feldverweis. den Ball und es kommt somit zu Für das „rot-würdige“ Vergehen ist bestraft werden. Achtung, Sonder- einer neuen Bewertung der die Persönliche Strafe noch mög- fall: Auch wenn das unsportliche Situation 14 Abseits-Situation. lich, eine Spielstrafe jedoch nicht Täuschen verübt wurde, bevor der Direkter Freistoß, Feldverweis. mehr, da das Spiel zwischenzeit- Ball im Spiel war, gibt es bei dieser Auch wenn der Spieler nicht Situation 5 lich unterbrochen und mit Zustim- Unsportlichkeit eine neue Spiel- getroffen wird, ist analog einem Indirekter Freistoß. Ein Strafstoß mung des Schiedsrichters wieder strafe. Treffer zu entscheiden. Spiel- muss immer nach vorne ausge- fortgesetzt wurde. fortsetzungsort ist dort, wo führt werden. Wird er nicht nach Situation 11 getroffen wird oder getroffen vorne gespielt, gilt die eigentliche Situation 8 Schiedsrichter-Ball. Beide Spieler werden sollte. Ausführung in dem Moment als Schiedsrichter-Ball. Maßgebend ist, werden verwarnt. Richtig wäre verwirkt, wenn der Ball nicht mehr dass auch der Schiedsrichter den gewesen, der Schiedsrichter hätte Situation 15 direkt ins Tor gelangen kann. Der Pfiff wahrgenommen hat und ihn in solch einem Fall das Spiel nicht Wiederholung und „Gelb“ für indirekte Freistoß ist dann die als störenden Einfluss wertet. sofort unterbrochen, sondern die Nr. 11. Da das Verhalten dieses nicht unbedingt logische, aber nächste Spielunterbrechung abge- Spielers als Täuschungsversuch regeltechnisch einzig richtige Situation 9 wartet. zu werten ist, wird er verwarnt. Entscheidung. Er darf zu Beginn der zweiten Halb- Unsportliches Täuschen ist das zeit sofort wieder mitspielen. Sinn Situation 12 einzige Vergehen bei der Aus- Situation 6 dieser Bestimmung ist es, einer zu Strafstoß, da bei zwei Vergehen führung des Strafstoßes, das Indirekter Freistoß für den Gast- langen Verletzungs-Behandlung einer Mannschaft das schwerere eine Verwarnung nach sich zieht.

16 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 Analyse Wenn „Gelb“ nicht ausreicht Wieder befassen sich Lutz Michael Fröhlich und Lutz Lüttig mit acht Szenen aus dem Profi-Fußball. Sie zeigen, dass die Devise, im Zweifelsfall zur geringeren Strafe zu greifen, manchmal nicht anwend- bar ist. Wenn es nämlich keine Zweifel geben kann.

Foto 1a Foto 1b

Foto 1c

Keine Frage: Wer so in einen Zweikampf geht, hat sich die Rote Karte und eine entsprechende Sperre wirklich verdient.

ie Fernsehsendung heißt betreiben. Deshalb hat man sich Zunächst muss er im Fall des Entschluss des Schiedsrichters, D„Hart aber fair“ und ver- auf die Installierung eines Unpar- Falles die Spielstrafe festlegen: ob er eine Persönliche Strafe spricht, ein aktuelles Thema teiischen geeinigt, der das Ver- Geht ein Spieler fahrlässig, aussprechen soll und wenn ja, kontrovers aber innerhalb der halten beurteilen und gegebe- rücksichtslos oder gar brutal welche, eine Rolle spielen: der Regeln des menschlichen nenfalls, wenn es eben nicht in einen Zweikampf, ist immer Charakter des bisherigen Spiel- Anstands zu diskutieren. Ent- mehr hart, sondern zu hart ist der direkte Freistoß die Folge. verlaufs zum Beispiel; die Erfah- liehen ist der Titel wie so vieles („übertrieben hart“, heißt es in Hier Einheitlichkeit herzustellen, rung des Unparteiischen mit in unserer Sprache aus dem Regel 12), sanktionieren muss. ist noch relativ einfach. Schwieri- ähnlichen Situationen; leitet er Bereich des Sports. Hart zu ger wird es da schon bei der grundsätzlich eher großzügig agieren, ist bei Frank Plasberg Um den Schiedsrichter in seiner Festlegung, ob eine Persönliche oder „eng“; ist er ein alter Hase also gestattet, dabei dürfen alleinentscheidenden Funktion Strafe notwendig ist: Reicht oder ein Neuling? aber die Grenzen der Fairness zu unterstützen, findet er im der Pfiff aus, oder muss der nicht überschritten werden. Regelwerk nicht nur den Text Spieler ermahnt oder verwarnt So viel erst mal zum Grundsätz- Diese Forderung schreiben viele der 17 Fußball-Regeln, sondern oder gar des Feldes verwiesen lichen und auch zur Erläuterung Sportarten in ihren Regeln fest, auch dessen Auslegung. Damit werden? von unterschiedlichem Verhal- so auch der Fußball. soll gewährleistet werden, dass ten in vordergründig „gleichen“ eine möglichst große Einheitlich- Diese vier Kriterien überlappen Situationen. Davon abgesehen Sie zu erfüllen, ist die Aufgabe keit der Entscheidungen aller sich, hier gibt es Interpretations- gibt es aber Szenen auf dem derjenigen, die das Spiel betrei- Schiedsrichter zustande kommt: Spielräume, die das Regelwerk Spielfeld, in denen Interpreta- ben wollen, also der Spieler. Nun gleiche Strafe für gleiches Ver- aber ausdrücklich einräumt: tions-Spielräume, Grauberei- ist es zugegebenermaßen im gehen. Dass hier immer nur der „nach Einschätzung“ oder „nach che oder persönliche Einstel- Eifer des Kampfs um Raum und Weg das Ziel sein kann, weiß Ansicht des Schiedsrichters“ lungen keine Rolle mehr spielen Ball praktisch unmöglich, das jeder, der sich ernsthaft und heißt es dann im Text. Das ist dürfen. Drei solcher Fälle aus Spiel in jedem Fall gerade noch guten Willens mit der Funktion sehr sinnvoll, denn es gibt der letzten Zeit wollen wir hier hart, aber doch nicht unfair zu des Unparteiischen beschäftigt. noch weitere Punkte, die beim beleuchten.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 17 Analyse

Foto 2a Es läuft die 80. Minute im Spiel auf den bereits umgeknickten Borussia Mönchengladbach Fuß seines Gegenspielers gegen Schalke 04 (10. Spieltag): (Foto 2b) – ein brutales und Die Gastgeber führen 2:1, es ist damit feldverweisreifes Foul. ein enges Spiel. Im Mittelfeld Nach einer sehr eindringlichen erhält der Gladbacher André Ermahnung zeigt der Schieds- Hahn den Ball. Er spielt ihn mit richter Peitz aber nur „Gelb“ – dem linken Fuß nach rechts zu wenig. (Foto 1a, Seite 17), als ihn sein Gegenspieler Johannes Geis mit Dass es sich bis zu diesem Zeit- gestrecktem Bein und offener punkt (17. Minute) um ein pro- Sohle genau am linken Knie blemloses und leicht zu leitendes trifft (Foto 1b). Spiel gehandelt hat, kann genauso Auch dieser Tritt kann nur „Rot“ zur Folge haben,… wie die vielleicht sonst ange- Geis ist durch seinen eigenen wandte Großzügigkeit kein Schwung gezwungen, sein Stand- Kriterium sein, in diesem Fall Foto 2b bein anzuheben, sodass die dar- unter der „Höchststrafe“ zu aus folgende Gewichtsverlage- bleiben. rung auf sein rechtes Bein die Auswirkung auf das Knie von *** André Hahn noch nachhaltiger macht (Foto 1c). Ein wenig anders verhielt es sich im Spiel Schalke 04 gegen Her- Schiedsrichter tha BSC (9. Spieltag), auch wenn steht optimal zu der Szene und der Vorfall sich fast in derselben zögert keine Sekunde mit der Minute (hier: 18.) abspielte. Roten Karte für den Schalker. Neben der Berechtigung der Der Berliner Stürmer Vedad Entscheidung sind das Tempo Ibisevic verfolgt Max Meyer weit …zumal er im nächsten Moment noch schmerzhafter wird. und die Entschlossenheit, mit in die Hälfte von Hertha BSC der er hier den Feldverweis (Foto 3a). Ein langer Sprint, bei anzeigt, sehr wichtig. Denn bei dem es dem Berliner trotzdem Foto 3a einem so brutalen Foul auf offe- nicht gelingt, den mit dem Ball ner Szene ist die Gefahr der davoneilenden Meyer einzuholen. „Rudelbildung“ noch höher als Im Fernsehbericht war später sonst. Da dämpft es die Emotio- von „53 Metern Anlauf“ die Rede, nen der Mitspieler des Gefoulten die Ibisevic genommen hätte. zumindest ein wenig, wenn sie sehen, dass der Schiedsrichter Ohne eine reelle Chance, den schnell und konsequent handelt. mehr als zwei Meter von ihm ent- fernten Ball spielen zu können, *** springt er schließlich dem Schal- ker mit hohem Tempo von schräg Nicht so problemlos zu erkennen hinten in die Beine (Foto 3b). ist der Ablauf in der zweiten Schiedsrichter Marco Fritz hat Übermotiviert: Nach einem langen Laufduell (Kreis) tritt… Szene. Beim Zweitligaspiel Karls- eine gute Sicht auf die Szene und ruher SC gegen den 1. FC Kai- zeigt sofort die Rote Karte. serslautern (12. Spieltag) Foto 3b kommt es im Mittelkreis zu Im Gegensatz zum gerade einem Zweikampf zwischen geschilderten Fall hatte der dem Karlsruher Dominic Peitz Schiedsrichter in diesem Spiel und Markus Karl. Der Lauterer zwei „Vorteile“: Zum einen hatte geht mit „langem Bein“ zum Ball er gerade (16. und 17. Minute) und spielt diesen auch, während zwei Gelbe Karten wegen Foul- Peitz einen Moment zu spät spiels zeigen müssen, sodass er kommt und seinem Gegner mit auf eine unfaire Gangart einge- durchgestrecktem rechten Bein stimmt war. Zum anderen konnte von oben heftig auf den Unter- der erfahrene Unparteiische das schenkel tritt (Foto 2a). Foul von Ibisevic schon ahnen: Wer einen so langen Sprint erfolg- Auch Peitz verlagert beim los hinter sich bringt, neigt je …Vedad Ibisevic seinen Gegenspieler von hinten um. Weiterlaufen kurz sein Gewicht nach Temperament durchaus

18 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 dazu, auch mit untauglichen Mit- „Rot“ für Bengtsson. Die Mainzer, Foto 4a teln zeigen zu wollen, dass er zu diesem Zeitpunkt 1:0 in Füh- das Duell doch noch „gewinnt“. rung, verlieren das Spiel am Ende mit 1:2. *** *** Ein anderes Thema: In der Aus- gabe 6/2015 der Schiedsrichter- In die Reportagen der TV-Repor- Zeitung lautete die Überschrift ter hat sich ein Wort einge- unseres Analyse-Textes „Kleiner schlichen, das ein wenig nach Schubser – große Wirkung“. „Deal“ klingt: „Handelsüblich“ Dabei ging es um einen leichten sei dieses oder jenes Verhalten Stoß in den Rücken eines zum inzwischen, sagen sie und mei- Kopfball hochgesprungenen nen, dass ein bisschen Halten Auf dem Weg, eine klare Torchance zu nutzen, wird… Spielers. Der fiel dadurch ins hier und ein wenig Zerren dort Kreuz, konnte den Ball mit dem schon „okay“ sei. Ist es aber Foto 4b Kopf nicht mehr erreichen, und nicht! die Torchance war dahin. Folge: Strafstoß! Nach wie vor steht in der Regel 12: „Halten liegt vor, wenn ein Spieler Hier wollen wir uns noch einmal seinen Gegner durch den Einsatz mit dieser Art „kleine“ Fouls von Händen oder Armen … daran beschäftigen, deren unange- hindert, an ihm vorbeizulaufen. nehme Auswirkungen sich vor Die Schiedsrichter sind angewie- allem auch in Persönlichen sen, das Halten von Gegnern früh- Strafen zeigen können. zeitig zu ahnden und entschlos- sen durchzugreifen.“ Im DFB-Pokalspiel FSV Mainz 05 gegen den TSV 1860 München Im Spiel Bayer 04 Leverkusen …der Angreifer von München 1860 unfair gestoppt. (2. Runde) wird der Ball in der gegen den 1. FC Köln (12. Spiel- 45. Minute in den freien Raum tag) kommt es in der 53. Minute Foto 5a halbrechts vor dem Mainzer Tor vor dem Leverkusener Strafraum gespielt. Der Münchner Krisztián zu einem Laufduell zwischen Kyria- Simon ist der Adressat dieses kos Papadopoulos (Leverkusen) Passes (Foto 4a). Er läuft mit und dem Angreifer Anthony hohem Tempo von rechts Rich- Modeste (Foto 5a). Den kleinen tung Ball. Vorsprung, den der Kölner hat, versucht Papadopoulos dadurch Als er dabei den Mainzer Pierre auszugleichen, dass er seinen Bengtsson als letzten Abwehr- linken Arm in Richtung Schulter spieler überläuft, wird er von und Kopf des Gegners ausfährt diesem mit dem rechten Bein und ihn dabei mit der Hand im an seinem linken Unterschenkel Gesicht berührt (Foto 5b). touchiert (Foto 4b). Nur eine Anthony Modeste (weißes Trikot) ist im Begriff, das Laufduell zu leichte Berührung, aber wegen Das macht der Leverkusener ja gewinnen. seiner großen Geschwindigkeit nicht, um das Gleichgewicht zu kommt der Münchner zu Fall. halten, sondern um Modeste Foto 5b Und auch wenn es noch fast daran zu hindern, im gleichen 30 Meter bis zum Tor sind, ist es Tempo weiterlaufen zu können. letztlich dieses Tempo, das die Jonathan Tah, als zweiter Abwehr- möglichen Zweifel ausräumt, ob spieler etwas seitlich hinter den hier ein Mainzer Abwehrspieler beiden Kontrahenten her lau- noch hätte eingreifen können. fend, besitzt keine Eingriffs- möglichkeit. Und da Modeste So hat das kleine, vermutlich trotz des etwas weit vorgelegten auch unbeabsichtigte Foul des Balls - aber er wäre ja ohne das Mainzers doch eine große Folge: „Eingreifen“ des Leverkuseners Schiedsrichter Harm Osmers weiter im Höchsttempo unter- spricht seine Einschätzung (klare wegs - binnen kürzester Zeit zum Torchance zunichtegemacht) Torabschluss kommen könnte, blitzschnell per Headset mit vereitelt Papadopoulos durch Kyriakos Papadopoulos benutzt seinen linken Arm, um dem Assistenten 1 ab und zieht sein Halten eine eindeutige Modeste zu halten.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 19 Analyse

Foto 6a Torchance der Kölner. Dement- körper in Richtung Flugbahn des sprechend spricht Schiedsrichter Balls. Da dies mit zwar angewin- Felix Zwayer hier zusätzlich zum keltem, aber praktisch komplett direkten Freistoß zu Recht einen angelegtem Arm geschieht (Foto Feldverweis aus. 6b), ist die Entscheidung von Sascha Stegemann, das Spiel Papadopoulos‘ Arm auf der weiterlaufen zu lassen, nachvoll- Schulter von Modeste und seine ziehbar. Denn ein angelegter Arm Hand in dessen Gesicht haben gehört zur normalen Körperflä- dort nichts verloren, selbst wenn che. Erst wenn der Arm vom Kör- mancher Zuschauer das als per weg bewegt wird, kann man „handelsüblich“ ansehen mag. von der Verbreiterung dieser Flä- Also auch hier: kleines Foul (aber che sprechen, was dann wiede- Die Geste von Schiedsrichter Sascha Stegemann ist eindeutig: eben Foul!) – große Wirkung. rum ein absichtliches Handspiel keine Regelwidrigkeit! nahelegt. *** Foto 6b *** Unser dritter Themenkomplex umfasst wieder einmal die Pro- Noch schwieriger zu beurteilen blematik absichtliches Handspiel war eine Szene aus dem Bundes- und seine Abgrenzungen. ligaspiel FC Augsburg gegen den FSV Mainz 05 (11. Spieltag). Nach dem Spiel FC Ingolstadt gegen Hertha BSC (10. Spieltag) Der Augsburger Paul Verhaegh äußerte sich der TV-Reporter zu schießt aus etwa 17 Metern auf einer brisanten Szene so: „Spätes- das Mainzer Tor. Innerhalb des tens bei der dritten Wiederho- Strafraums wirft sich Abwehr- lung ist uns allen klar, was spieler Pablo de Blasis in den Schiedsrichter Stegemann nicht Schuss, wobei er dem Schützen Links am Bildrand zu erkennen: Der Ball prallt gegen Per Skjelbreds angelegten Oberarm. wahrnehmen konnte, es hätte den Rücken zudreht (Foto 7a). Handelfmeter für Ingolstadt Der stramm geschossene Ball geben müssen.“ trifft den Mainzer Spieler am Foto 7a linken Unterarm (Foto 7b). Was dem Reporter beim Blick auf seine TV-Bilder allerdings ent- Der Schiedsrichter hat freie Sicht gangen war: Der Schiedsrichter auf die Szene und erkennt, dass hat die Situation sehr wohl wahr- der Ball gegen den Arm fliegt. genommen, denn er hatte zeit- Nun muss er in Sekundenbruch- gleich mit den Protesten der teilen abwägen: Wenn man sich Ingolstädter zwei Mal die Arme wie de Blasis in einen Schuss ausgebreitet (Foto 6a). Für Fach- wirft, hält man dann den Arm so? leute ein untrügliches Zeichen, Ist es also eine natürliche Bewe- dass der Schiedsrichter die Situa- gung, um den geplanten Sturz tion bewertet hat und dem Her- abfedern zu können? tha-Spieler hier keine Absicht Im Blickfeld des Schiedsrichters: Paul Verhaegh schießt aus unterstellt. Oder hat der Mainzer den Arm kurzer Distanz gegen den Arm… bewusst in den Raum gestreckt, Was war geschehen? Einen kurz in dem er die Schussbahn des Foto 7b abgewehrten Ball schießt Mathew Balls erwartet? Steckt hinter die- Leckie (Ingolstadt) rechts vom sem „Sich-in-den-Schuss-werfen“ Teilkreis des Strafraums volley in also die ABSICHT, den Schuss Richtung Berliner Tor. Hertha- aufs Tor so verhindern zu kön- Spieler Per Skjelbred steht am nen? Ein Schiedsrichter, der seine Strafstoßpunkt, bekommt den Wahrnehmung mit diesem letzten hart geschossenen Ball an den Gedanken verbindet, entscheidet rechten Oberarm. sich für Strafstoß, wie auch in diesem Fall geschehen. Von dort fliegt er zur Seite weg. Die genannte dritte Zeitlupe Die Interpretation, dass eine offenbart eine kurze, relativ natürliche Bewegung vorgelegen unscheinbare Bewegung des hat, legt hingegen die Entschei- …des sich wegdrehenden Mainzers Pablo de Blasis. Abwehrspielers mit dem Ober- dung „Weiterspielen“ nahe.

20 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 Eine schwierige Situation und größerung der Körperfläche Foto 8a weiß Gott kein klarer Fall, in dem (wie auch im Foto 8b deutlicher man den Schiedsrichter mit der zu sehen). Wird dann der Ball Aussage „Fehler!“ konfrontieren eindeutig mit dem Arm gespielt, kann. liegt Absicht zugrunde – dem- zufolge hätte es hier einen Hier zählt allein die Auffassung Strafstoß plus „Gelb“ geben des amtierenden Schiedsrichters, müssen. und genau deshalb ist – wie oben bereits erwähnt - im Regelwerk Für den Schiedsrichter aus sei- immer wieder die Formulierung ner Position links am Strafraum „nach Ansicht des Schiedsrich- ist das nicht einfach zu erken- ters“ zu finden. nen, weil Strobl ihm mit seinem Anthony Modeste köpft gegen den ausgestreckten Arm des Rücken den genauen Blick auf Hoffenheimer Abwehrspielers. *** den Arm verstellt. Hier hätte durchaus der Assistent 1 helfen Zum Schluss noch eine Situation können, der genau auf diese Foto 8b aus dem Spiel 1. FC Köln gegen Situation schauen muss und 1899 Hoffenheim (11. Spieltag). freie Sicht hat. Allerdings Nach einer Flanke köpft der Köl- brauchte auch das Fernsehen ner Anthony Modeste den Ball ein Standbild samt Lupe, um aus circa acht Metern Entfernung das Handspiel erkennbar zu auf das Hoffenheimer Tor. Der machen. hinter ihm stehende Tobias Strobl fährt beide Arme auf Schulter- Das hatte dann schon ein wenig höhe nach vorn aus und fälscht Symbolcharakter: Manchmal den Ball mit dem rechten Arm ab wird wirklich so lange mit der (Foto 8a), anschließend klärt Tor- Lupe gesucht, bis man einen wart Oliver Baumann zur Ecke. (Schiedsrichter)-Fehler gefunden hat. Aber damit muss man als Das, was Strobl hier gemacht Schiedsrichter leben – in der Aus anderer Sicht: Vor einem Sekundenbruchteil ist der Ball hat, ist nun wahrlich eine Ver- Bundesliga und auch anderswo. von Tobias Strobls Arm abgeprallt.

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Der besondere Fall Die Hand Andreasens Es war der 18. Oktober 2015, ein Foto 1 die Schiedsrichter, die ihre Tag, den weder der Spieler Leon Spiele allein leiten müssen, Andreasen noch der Schieds- sich also bei keinem Assis- richter Bastian Dankert jemals tenten vergewissern können. vergessen werden. Und das sind 95 Prozent aller tritt als Vorletzter beim 1. FC Spiele! Köln an, zu diesem Zeitpunkt auf Platz 5. Protestiert und reklamiert wird leider sehr häufig. Den- Die Lage für Andreasens Klub noch gibt es Situationen, in ist also prekär. 38 Minuten lang denen die Proteste über das steht es 0:0, dann fliegt der Ball Normalmaß hinausgehen. Sie nach einer Ecke in den Kölner zu erspüren bei gleichzeiti- Strafraum, Christian Schulz ver- gem Zweifel an der gerade längert ihn per Kopf Richtung selbst gefällten Entscheidung, „langen“ Pfosten. Kölns Torwart Foto 2 ist ein ernster Hinweis darauf, Timo Horn streckt sich vergeb- einen Spieler zu befragen. Tut lich, und Andreasen bugsiert man das, muss es dabei um den Ball über die Linie – mit eine entscheidende Situation dem Unterarm (Foto 1). 1:0 für gehen: Tor, Strafstoß, Feld- Hannover, zugleich der End- verweis. stand des Spiels. Eckstoß oder Abstoß, Einwurf Der Schiedsrichter zeigt zur für Blau oder für Rot, Abseits Mitte. Wie er später sagen wird, oder nicht – solche Entschei- ist er fest davon überzeugt, dungen muss der Schiedsrich- dass Andreasen den Ball mit ter selbst fällen, da fragt man dem Oberkörper über die Linie nicht nach. Schon gar nicht, gedrückt hat. Diese Überzeu- Foto 3 wenn es von einer Mannschaft gung wird auch deshalb nicht gefordert wird. Das nimmt erschüttert, weil weder seine sonst kein Ende und untergräbt Assistenten noch der Vierte die Autorität. Kommt allerdings Offizielle per Headset oder gar ein Spieler und räumt von sich „offener Fahne“ (wegen eines aus ein, dass er den Ball zuletzt unauslegbaren Handspiels) berührt hat, sagt man „danke“ intervenieren. und ändert die Entscheidung.

Nun ist es eine der wichtigen Will man nun einen Spieler Herausforderungen an das befragen, geht man zu ihm hin Können eines Top-Referees, und achtet darauf, dass man in jeder Phase den „Puls des nicht von anderen Spielern Spiels“ zu erfassen, die Reak- umgeben ist: „Haben Sie den tionen der Spieler aufzuneh- Ball mit der Hand ins Tor men und daraus für sich einen eine Befragung des Spielers in Unparteiische in dieser Situation geschlagen?“ Verneint er das, möglichen Handlungsbedarf der eingetretenen Spielunter- nicht auf das Naheliegende kom- bleibt es bei der Entscheidung abzuleiten. Ein zaghaft jubeln- brechung geradezu an. men, mag man höchstens damit des Schiedsrichters – Tor. der Spieler beim Torerfolg erklären, dass solche Situationen (Andreasen jubelt gar nicht! Zumal es um die alles entschei- eben sehr, sehr selten sind. Räumt er das unsportliche Foto 2), vehement reklamie- dende Frage geht: korrektes Tor Handspiel ein, gibt es nur den rende Abwehrspieler (Foto 3), oder nicht? Wenn der Schieds- Aber, und so hat es Schiedsrichter direkten Freistoß als Spielfort- dazu das Wissen um die eigene richter in einer Stress-Situation Bastian Dankert auch eingeräumt: setzung, als „Belohnung“ aber Position im entscheidenden nicht auf die Lösung „Ausschöp- „Auf diesem Niveau darf so etwas keine Gelbe Karte. Ein Hand- Moment (habe ich das Gesche- fung aller Mittel“ (und damit einfach nicht passieren.“ schlag verdeutlicht dann auch hen wirklich genau gesehen Nachfrage beim Spieler) kommt, noch die Anerkennung des oder mehr erahnt?) – ein sol- dann ist ein Hinweis von außen Was gilt es abzuleiten aus diesem Schiedsrichters für die letztlich ches Szenario bietet sich für notwendig. Dass auch drei weitere besonderen Fall? Gerade auch für sportliche Geste des Spielers.

22 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 Eine Marke der Daimler AG

Liebt steile Pässe. Der neue GLC. Auf jedem Gelände in seinem Element.

14 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 Blick in die Presse Video-Beweis – keine einfache Sache Wie viele offene Fragen zunächst Nach mehreren spielentscheidenden Fehlentscheidungen zu Saisonbeginn jedoch noch zu klären sind, wird in einem Interview deutlich, das wächst die Zahl der Befürworter eines Video-Beweises. Dass Deutschland Berries Boßmann für die „Sport bei Versuchen für eine Einführung dieser Technik als zahlenmäßig größtes Bild“ mit Hellmut Krug, Mitglied Schiedsrichter-Land der Welt eine wichtige Rolle spielen sollte, machten der DFB-Schiedsrichter-Kommis- sion Elite, führte. die Mitglieder der DFB-Schiedsrichter-Kommission Elite in verschiedenen Medien deutlich. Herr Krug, der Ruf nach dem Video-Beweis wird aus der Liga immer lauter, gerade vor Tor-Entscheidungen. Wie viele Fehler hätte er verhindert?

Hellmut Krug: Sicher eine ganze Reihe, zuletzt auf jeden Fall die beim Spiel Wolfsburg gegen Leverkusen und das „Hand-Tor“ Andreasens. Natürlich gibt uns das zu denken, wir diskutieren seit Langem in der Schiedsrich- ter-Führung auch, wie wir den Schiedsrichtern helfen und sie vor massiver Kritik schützen können. Ein sehr wichtiges Argu- ment, das uns veranlassen sollte, unsere Einstellung in Sachen Video-Beweis zu überdenken, besteht auch darin, dass auf- grund der technischen Möglich- keiten, anders als früher, kein Fehler mehr von Kameras unent- deckt bleibt. Die Schiedsrichter stehen so zwangsläufig häufiger in der Kritik, da sie nicht alles sehen können, was TV-Bilder in Zeitlupe, Superzeitlupe und Standbild aufdecken. Wir sind Bekommen die TV-Bilder bald noch mehr Bedeutung? uns der Vorteile, die ein Video- Beweis mit sich bringen würde, eine klare Fehlentscheidung Was bereitet den Schiedsrichtern theatralisch fallen, um einen Elf- durchaus bewusst. Wir weisen handelt? Es gibt immer Über- aktuell das größte Problem in meter herauszuholen. Das machen aber auf die vielen ungelösten gänge von klar hin zu weniger dieser Grauzone? sie dann mitunter so geschickt, Fragen hin. klar und Grenzfall. Bei einer sehr dass selbst nach Sichtung der TV- hohen Anzahl von Entscheidun- Krug: Die vielen „Schwalben“. Bilder der Fall nicht klar ist. Was für Probleme im Detail? gen handelt es sich um Grenz- Seitdem wir die Schiedsrichter fälle: Wann ist zum Beispiel ein vor Saisonbeginn dazu angehal- Welche Probleme sehen Sie noch Krug: Der Ruf nach dem Video- Halte-Vergehen strafwürdig? ten haben, bei Halte-Vergehen beim Video-Beweis? Beweis wird immer nach klaren Zwischen klarem Halten und stärker durchzugreifen, lässt Fehlentscheidungen laut. Doch einem harmlosen Zupfer besteht sich eine Reihe von Spielern Krug: Bei welchen Entscheidungen wer definiert, wann es sich um eine große Variationsbreite. schon bei minimalem Kontakt schreitet der Video-Assistent

24 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 überhaupt ein? Beim Pilot-Projekt Zeitdruck die richtige Entschei- Wären die technischen Voraus- Krug: Was Aus-, Fort- und Weiter- in Holland könnte ein Video-Assis- dung des Schiedsrichters in eine setzungen für den Video-Beweis bildung der Schiedsrichter an- tent, der im Van sitzt, theoretisch falsche umwandelt? schon in der nächsten Bundes- geht, sind wir in Europa sicher- bei drei Szenarien eingreifen: Bei liga-Saison vorhanden? lich führend. Ein Mehr ist kaum einer Regelwidrigkeit rund um Krug: Diese Gefahr ist sicher möglich und sinnvoll. Und auch Tor-Entscheidungen, Foul, Hand- nicht auszuschließen. Auch ist Krug: Möglich wäre es sicher. vier Augen mehr schützen nicht spiel und Abseits. Bei einer Straf- damit zu rechnen, dass später Die Herausforderung ist weniger unbedingt vor Fehlentscheidun- raum-Situation, wenn der die Frage gestellt wird, weshalb eine technische, sondern viel- gen, wie man in der Champions Schiedsrichter unberechtigt Elf- der Video-Assistent nicht ein- mehr eine personelle. Wer sitzt League immer wieder beobachten meter pfeift. Und bei Vergehen, gegriffen hat. Mit Sicherheit dann im Van? Einfach einer unse- kann. Hinzu kommt die Gefahr, die zu einer Roten Karte führen stünde dann auch der Video- rer 22 Bundesliga-Schiedsrichter? dass die gleiche Situation aus oder führen sollten. Aber: Ein Assistent in der Kritik. Umgang und Interpretation von unterschiedlichen Blickwinkeln Spieleingriff ist nur möglich, unterschiedlich interpretiert wenn das Spiel vom Schiedsrich- wird. ter unterbrochen wurde. Der Video-Assistent darf selbst von Also ist der Video-Beweis alterna- außen keine Spielunterbrechung tivlos? veranlassen. Bedeutet: Ein klares Foul im Strafraum, das nicht Krug: Wir wissen um keine Alter- gepfiffen wird, bliebe weiterhin native. Wenn man den Schieds- ungeahndet. Auch das ist sicher- richtern spontan helfen will, wird lich diskussionswürdig. es über eine andere Möglichkeit kaum gehen. Menschen machen Was sind noch offene Fragen? Fehler, also führt der Weg an der Technik kaum vorbei – wenn alle Krug: Was ist mit einem nicht offenen Fragen gelöst sind. geahndeten Foul an der Mittel- linie, das erst 30 Sekunden später Fußball-Debatte: Schiedsrichter-Chef Herbert Fandel nutzte Vorher müsste die FIFA im März zum Tor führt? Was ist mit defini- die Sendung „Sky90" dazu, auch öffentlich Stellung zu 2016 nach weiteren Anträgen tiv falschen Entscheidungen, beziehen zur Einführung des Video-Beweises. Wenn die aus Brasilien und den USA ihre etwa Freistößen oder Eckstößen Entscheidungen der Schiedsrichter aus allen Kamera-Per- Zustimmung für den Video- vor einem Tor? Was ist mit zu spektiven analysiert und hinterfragt werden, dann dürften Beweis geben. Unrecht ausgesprochenen Ver- sich auch die Unparteiischen dieser möglichen technischen warnungen und Gelb/Roten Kar- Hilfe nicht verschließen. Außerdem appellierte Fandel an Krug: Das ist die Grundvoraus- ten, die auch spielentscheidend die Moral der Spieler: „Man darf einen gewissen morali- setzung. Und zudem sind, wie sein können? Was mit falschen schen Anspruch an alle Beteiligten in der Bundesliga haben: schon erwähnt, absolut verlässli- Abseits-Entscheidungen, die nicht Trainer, Spieler und Schiedsrichter. Auch wenn es um Milli- che Technik und Personal mit in unmittelbarem Zusammenhang onen geht, sollte ein Spieler es zugeben, wenn er den Ball ebenso hoher Qualität erforder- mit der nachfolgenden Torerzie- mit der Hand ins Tor geschlagen hat." lich. Sollte all‘ dies erfüllt sein, lung stehen? Nehmen wir diese werden wir uns sicher nicht hin- für jeden klar ersichtliche Fehl- In Holland läuft seit zwei Jahren Video-Bildern ist etwas völlig ten anstellen, dann werden wir Entscheidung dann einfach hin? das Pilotprojekt, der Video-Assis- anderes, als Entscheidungen auf tätig, soviel steht fest. Mal ins tent darf aber noch nicht mit dem Platz zu treffen. Das ist ohne Unreine gesprochen und auch Und wenn der Video-Assistent bei dem Schiedsrichter auf dem Schulungsmaßnahmen nicht zu wenn wir wissen, dass es kaum einer Unterbrechung eingreift? Platz kommunizieren. Was hat leisten. Ich selbst habe bei einem realistisch ist: Am besten wäre, das Projekt für einen Wert? Innovationsspiel in Wolfsburg die man würde nach einer sinnvollen Krug: Wie lange darf die Unterbre- Rolle des Video-Assistenten ein- Erprobungszeit, Auswahl und Ein- chung dann dauern? Nach den Krug: So sinnvoll und interessant genommen und den Druck ge- arbeitung des notwenigen Perso- Erfahrungen in Holland reichen der Test der holländischen Kolle- spürt – den Zeitdruck und den nals sowie Klärung der offenen elf Sekunden, bis eine Entschei- gen auch ist: Klare Ergebnisse Druck, der entsteht, weil die Fragen den Video-Beweis mal ein dung evaluiert ist. Kann man wirk- und Erfahrungen wird man erst Änderung der Entscheidung des Jahr lang in der Bundesliga lich in einer solch kurzen Zeit sammeln können, wenn der Schiedsrichters definitiv ist: Darf testen – mit allen Gefahren und Videobilder ausreichend studie- Video-Beweis voll umfänglich im ich eingreifen? Ohne die Auswahl möglichen Problemen, die sich ren? Kann man in dieser Zeit tat- Wettbewerbs-Spielbetrieb der geeigneter Personen und deren daraus ergeben würden. Darauf sächlich immer das richtige Urteil höchsten Spielklasse getestet Schulung ist der Einsatz eines müssten sich alle Beteiligten ver- erwarten? Wie viele Zeitlupen wird. Alles andere ist sehr theo- Video-Assistenten nicht möglich. ständigen und akzeptieren, dass braucht es manchmal im TV, bis retisch. Denn die Kern-Erfahrung, es zu Startproblemen kommen ein verbindliches Urteil gefällt wie es ist und was passiert, wenn Gibt es Alternativen zum Video- kann. Und nach einem Jahr könn- wird! Entscheidungen des Schiedsrich- Beweis, um Fehler zu minimieren: ten sich alle an einen Runden ters auf Intervention des Video- bessere Ausbildung oder zwei Tisch setzen und diskutieren: Bedeutet: Es besteht die Gefahr, Assistenten geändert werden, zusätzliche Torrichter wie im Macht der Video-Beweis Sinn? dass der Video-Assistent unter steht dadurch aus. Europacup? Oder lassen wir es bleiben?

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 25 Tagung Gemeinsame Positionen finden Erstmals trafen sich in Frankfurt am Main die Obleute, Lehrwarte und Funktionär. Auch das Vertrauen in „altgediente“ Kameraden könne Öffentlichkeits-Mitarbeiter („Ömis“) aus den Schiedsrichter-Ausschüs- sich zukünftig noch besser nieder- sen der 21 DFB-Landesverbände am selben Wochenende. SRZ-Mitarbeiter schlagen, etwa in weniger Beob- achtungen für Schiedsrichter, die Bernd Peters besuchte alle drei Veranstaltungen, die parallel zueinander bereits in einer Leistungsklasse liefen, und zeigt die geplanten Aktionen und Fortschritte auf. pfeifen. Darüber hinaus wurden Alternati- ven zur reinen Quotenregelung für Spielklassen diskutiert. Die Rege- lung wurde zwar prinzipiell bestä- tigt, soll aber durch Überhang- plätze, eine Mindestanzahl an Spie- len sowie „Spiele für besondere Fälle“ und den Erhalt von Leis- tungsklassen auch bei einem Wechsel in einen anderen Landes- verband noch flexibler gestaltet werden.

Auch die Vereinsbindung der Schiedsrichter soll bleiben – und nicht etwa durch eine reine Ver- bandszugehörigkeit ersetzt wer- den. Über ein Bonussystem sollen allerdings in den Vereinen finan- zielle Anreize für ein Übersoll oder eine Ausbildungsprämie (etwa nach einer Zugehörigkeit von drei Jahren) für den Erhalt von Schiedsrichtern geschaffen wer- Die Schiedsrichter-Mitarbeiter der Landesverbände nutzten das Treffen in Frankfurt zum den. Ein Schiedsrichter-Beauf- Meinungsaustausch. tragter im Verein könnte darüber hinaus auf das Schiedsrichter- ass sich Obleute, Lehrwarte dern gezielt und flächendeckend Bereichs kam dabei genauso auf Soll und die Qualität der Anwärter Dund „Ömis“ gemeinsam treffen, zu entwickeln. Für den Schieds- den Prüfstand wie die Zusammen- achten. ergibt Sinn, denn viele Aufgaben- richter-Bereich ist der ‚Masterplan‘ arbeit mit anderen Gruppen inner- Bereiche der Schiedsrichter-Ver- die Chance, für wichtige Themen halb des DFB. In der Schiedsrichter-Bewertung treter haben Schnittmengen. eine Umsetzung in allen Verbän- steht die Transparenz von Auf- Dies spiegelte sich auch in den den und ihren Schiedsrichter- Im Mittelpunkt steht bei den Plä- und Abstieg auf dem Prüfstand – Tagesordnungen wider, bei denen Gruppen nicht nur zu verabreden, nen eines der größten Probleme sowohl in Sachen Beobachtungs- es getrennte, aber auch einige sondern diese Umsetzung auch der Schiedsrichterei: der Erhalt System als auch darüber hinaus. gemeinsame Punkte gab. mit Hilfe des jeweiligen Landesver- von Spielleitern. Symposium und So sollen zukünftig möglichst flä- bandes transparent zu steuern“, Obleute-Tagung stellten sich des- chendeckend Qualitäts-Richtlinien Die Themen resümierte DFB-Direktor Willi Hink. halb die Frage, welche Perspektive vor der Saison bekannt gegeben Die Obleute forderten unisono: erfahrenen Schiedsrichtern gege- werden – das wünschten sich der Obleute „Die finanzielle und materielle ben werden kann. „Auch und ge- neben den Symposiums-Mitglie- Unterstützung muss dabei gewähr- rade über Aufstiege hinaus“, wie dern auch die Obleute. Als weitere Was bringt uns der „DFB-Master- leistet sein, damit wir unsere Ziele es Obmann Peter Oprei vom Fuß- Aspekte neben Beobachtungen plan 2016 bis 2019“? Auf diese erreichen können.“ Dabei könnte ball-Verband Mittelrhein auf den und der Leistungsprüfung nannte Frage konnte die Obleute-Tagung der „Masterplan“ aber auch auf Lan- Punkt brachte. Hier wurden neben Bernhard Gutowski aus dem Kom- vielfältige Antworten geben. „Der desebene Hilfestellungen liefern. einer stärkeren Wertschätzung auf petenz-Team in seinem Vortrag ‚Masterplan‘ ist das gemeinsame Kreisebene diverse Aufgabenfelder auch „Verfügbarkeit, Persönlich- Steuerungs-Instrument der Lan- Wo genau, wurde in der Diskus- herausgearbeitet – etwa als Coach, keit, Talentförderung und Perspek- desverbände, um den Fußball im sion deutlich. Die Organisation Futsal- oder Beachsoccer-Schieds- tive sowie Verhalten und Auffällig- DFB in ausgewählten Themenfel- und Struktur des Schiedsrichter- richter, Assistent, Beobachter oder keiten während der Saison“.

26 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 Die Beobachtungs-Rankings sollten Der Einsatz von Videos und digita- zur Halbserie und am Ende der lisierten Medien bei den Lehraben- Saison veröffentlicht werden – den soll erhöht werden. Lutz Wag- ohne Namensnennung. Einzelge- ner stattete die Teilnehmer dafür spräche sowie ein Perspektiv- direkt vor Ort mit Material aus. und Karrieregespräch rechtzeitig „Wichtig sind dabei direkt einsetz- vor und während der Saison soll- bare, praxistaugliche Videos und ten geführt werden – negativ wie Medien, die weniger Einführung positiv. Auch ein gemeinsamer bedürfen“, betonte Lehrwart Lehrgang für Spielleiter und Beob- Michael Beitzel vom Fußball-Ver- achter wurde gewünscht. „All‘ das band Mittelrhein. „Sie sollten schafft kommunikative Transpa- direkt eingesetzt werden können.“ renz“, betonte Gutowski. Das gilt auch für E-Learning-Platt- Die herrschte auch auf der Tagung – formen, die „möglichst intuitiv wie Helmut Geyer, der Vorsitzende bedienbar sein müssten“, wie der Schiedsrichter-Kommission Karsten Jonsson vom Fußball- und Amateure und Organisator der Wie man erfahrene Schiedsrichter langfristig für ihr Hobby Leichtathletik-Verband Westfalen Obleute-Tagung, am Ende zufrie- motivieren kann,... betonte, „damit Anwärter sie auch den bilanzierte. „Die Veranstaltung eigenständig benutzen können“. hat einen harmonischen Verlauf Die Themen da waren sich Symposium und Im Rahmen der Tagung wertete genommen. Wichtig dabei waren Lehrwarte-Tagung einig. Lutz Wagner eine Umfrage zum auch die persönliche Begegnung, der Lehrwarte Thema E-Learning aus, da dieser die Gespräche und der Austausch Die Lehrabende könnten „ziel- Bereich zukünftig im gesamten unter den Teilnehmern.“ Auch die Lehrwarte beschäftigten gruppenorientierter“ gestaltet DFB-Gebiet weiter ausgebaut wer- sich mit dem „DFB-Masterplan“ – werden, um sowohl das Niveau der den soll. Robert Schröder von Auch Kritikpunkte wurden offen in Sachen Ausbildung, Weiterbil- Schiedsrichter als auch das Inter- „DFB-Medien“ gab den Verbands- angesprochen – und Lösungsan- dung und Informations-Bereitstel- esse an den Abenden zu steigern. Lehrwarten außerdem adminis- sätze konstruktiv diskutiert, so lung. So soll der Plan genutzt wer- Mögliche Maßnahmen dafür: eine trative Unterstützung sowie Hilfe- Geyer weiter. „Die Themenauswahl den, um die Ausbildung attraktiver Qualifizierung der Lehrwarte, eine stellung im Rahmen einer Praxis- war gut gewählt, hat interessiert zu gestalten, wie Lehrwart Lutz Definition der Zielgruppen im Aus- übung. und unterstützt die Arbeit in den Wagner ausführte. „Eine Auswei- schuss sowie ein attraktives örtli- Verbänden. Dabei konnten die Teil- tung der Ausbildung kann den ches Umfeld. „In der Ausbildung Verlief die Tagung wunschgemäß? nehmer ihre ganz persönliche Mei- sogenannten Praxis-Schock ver- sollten wir Qualität vor Quantität „Ein klares Ja!“, erklärte Lutz nung aus ihrer täglichen Arbeit in meiden oder zumindest eindäm- setzen und im Wissenstransfer Wagner am Ende. „Das Treffen die Beratungen einbringen. Es men“, sagte er. neue Wege geschult und kontrol- der Verbands-Lehrwarte ist ein wurden keine fertigen Konzepte liert beschreiten“, so Wagner. Auch unabdingbarer Baustein in der präsentiert, die Teilnehmer konn- Geplant sind hier ein 30-minüti- Rollenspiele wurden hierfür als Zusammenarbeit mit den Landes- ten selbst an der Erstellung dieser ges Einstiegs-Interview für An- geeignetes Mittel betrachtet, vor verbänden. Die Zeit wurde mit den Ausarbeitungen mitwirken.“ wärter, das E-Learning als „unter- allem für Jung-Schiedsrichter. drei Blöcken ‚Informationen aus stützenden Part“ sowie eine Art den Kompetenz-Bereichen’, ‚Pro- Die Diskussion über die Ergebnisse „Probezeit“ für Neulinge. Quali- Neben dem „Masterplan“ wurden jektarbeit E-Learning’ sowie ‚Regel- des Symposiums, das im Septem- fizierte Paten sollten möglichst auch die Talentförderung und die auslegung beziehungsweise -um- ber im Sportzentrum Kaiserau in jeden Anwärter begleiten – Lehrwarte-Zertifizierung diskutiert. setzung’ effizient genutzt.“ In allen Kamen stattfand, und die Vor- wichtigen Fragen und Auslegungen schläge der Arbeitsgemeinschaft sei zudem ein Konsens unter den Schiedsrichter-Entwicklung mit Lehrwarten erzielt worden. „Einzi- Blickrichtung auf den „DFB-Master- ges Manko“, ergänzte Lutz Wagner, plan 2016 bis 2019“ seien wichtige „letztendlich war die Zeit wieder Erkenntnisse für die kommende etwas knapp.“ Arbeit der Schiedsrichter-Kom- mission Amateure. Die Themen Dazu gehörte auch das positive der „Ömis“ Feedback zur Pilotveranstaltung „Weiterbildung der Obleute“, die Wer sind wir – und wenn ja, wie Wolfgang Mierswa vorstellte. „Der viele? Dabei stand die Selbstre- Wunsch, im kommenden Jahr wei- flexion im Mittelpunkt der „Ömi- tere Termine in den Regionalver- Tagung“. Gemeinsam mit den Ob- bänden anzubieten, ist eines der leuten hinterfragten sie ihr eige- wichtigsten Ergebnisse der ...war eine der Fragen, die Helmut Geyer mit den Obleuten nes Aufgabenprofil – und damit Tagung“, betonte Geyer. diskutierte. am Ende sogar ihren Namen.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 27 Tagung

richterschaft heraus aufbaut. „Wir sollten Hilfestellungen in der Öffentlichkeitsarbeit der Kreise und Bezirke geben, die dortigen Öffentlichkeits-Mitarbeiter auch schulen und beraten“, betonte Carsten Byernetzki, der im Ham- burger Fußball-Verband in Perso- nalunion Schiedsrichter-„Ömi“ und Verbandssprecher ist.

Eine weitere Aufgabe des „Ömis“ erfüllt er damit quasi automatisch: den wichtigen Kontakt zur Presse- stelle des Landesverbandes. „Da muss ich quasi nur mit mir selbst Lutz Wagner sprach mit den sprechen“, erklärte Byernetzki Wegen der Schnittmengen in ihren Tätigkeits-Bereichen gab Verbands-Lehrwarten über schmunzelnd. es erstmals eine gemeinsame Tagung für Obleute, Lehrwarte eine zielgruppengerechte und „Ömis“. Aus- und Weiterbildung. Nach außen soll der Öffentlich- keits-Mitarbeiter für eine mög- Der „Ömi“ steht darüber hinaus für „Hier haben vier Landesverbände Der Hintergrund: Das Aufgaben- lichst positive Darstellung des die Verbands-Kommunikation in zu den Schwerpunktthemen ‚Arbeit Profil der Öffentlichkeits-Mitarbei- Schiedsrichter-Wesens im Landes- Schiedsrichter-Fragen zur Verfü- mit der Website der Verbände’, ter ist in den einzelnen Verbänden verband sorgen, auch das beton- gung, er verantwortet die Schieds- ‚Zusammenarbeit mit den Kreisen’ seit Jahren sehr heterogen gere- ten die Tagungs-Teilnehmer. richter-Gewinnung und -Erhaltung. und ‚Vorstellung von Materialien gelt. „Das fängt schon dabei an, Er gestaltet dafür den Schieds- „In diesen drei Bereichen gibt es aus dem Landesverband’ ihre ob sie Teil des Ausschusses sind“, richter-Auftritt im Internet (auch am wenigsten Handlungsbedarf, Arbeit vorgestellt und dabei nützli- betonte Boris Guzijan vom Fußball- in sozialen Medien). Er informiert sie sind weitgehend einheitlich che und nachahmenswerte Inhalte verband Niederrhein. „Und es geht Print- und Online-Medien sowie geregelt“, sagte Tagungsleiter Udo angeboten. Diese Reihe wird bei über die Zusammenarbeit mit den TV- und Radiosender und steht Penßler-Beyer von der Schieds- den nächsten Zusammenkünften hauptamtlichen Verbandsspre- diesen als Ansprechpartner zur richter-Kommission Amateure. auf jeden Fall fortgesetzt.“ chern bis zur Sprecherfunktion.“ Verfügung. In manchen Landesverbänden ist Auch einheitlich, aber umstritten: Die breite Selbstreflexion habe der „Ömi“ zudem in Satzungen „Idealerweise spricht auch nur er die Abkürzung „Ömi“ an sich. außerdem Früchte getragen, sagte beziehungsweise Ordnungen ver- mit Journalisten, nach Absprache Stephan Brause, DFB-Abteilungs- Udo Penßler-Beyer weiter. „Wir ankert, in anderen nicht. mit den anderen Entscheidungs- leiter für Public Relations, stieß in haben für die Funktion des Verant- trägern im Verband“, betonte Lars seinem Referat zum Thema „Kom- wortlichen für Öffentlichkeitsar- Da die Strukturen nicht nur von Albert vom Sächsischen Fußball- munikationsmodell Schiedsrich- beit eine Aufgabenbeschreibung den Schiedsrichter-Ausschüssen Verband. „Das verhindert, dass ter“ die Namensdiskussion an. gefunden, die auch in Zukunft eine geschaffen wurden beziehungs- unterschiedliche Aussagen zum „Wenn ich meinen Kollegen sage, sinnvolle inhaltliche Gestaltung weise verändert werden können, gleichen Thema gemacht werden.“ dass ich zu den ‚Ömis‘ gehe, ver- der jährlichen Arbeitsberatungen ist ein komplett einheitliches stehen die das nicht – und lachen ermöglicht – und vor allem deren Aufgaben-Profil aber illusorisch. eher darüber“, sagte Brause. Stellung in den Schiedsrichter- „Trotzdem können und sollten Letztlich einigte man sich darauf, Ausschüssen der Landesverbände wir uns an dieses Ideal möglichst die Abkürzung beizubehalten. soweit wie möglich vereinheit- weit annähern“, betonte „Ömi“ „Der Name hat sich eingeprägt licht.“ Sven Körfer vom Fußball-Verband und ist griffig“, findet etwa Marco Mittelrhein. Haase vom Niedersächsischen Dazu sei es notwendig gewesen, in Fußballverband. die im Vorjahr begonnene Diskus- In Gruppen erarbeiteten Obleute sion auch die Obleute aus den Lan- und „Ömis“ deshalb Profile, die Udo Penßler-Beyer sah viele Fort- desverbänden einzubeziehen. „Es danach auf Gemeinsamkeiten schritte. „Die Tagung verlief sehr geht zum Teil auch um die Umver- abgeklopft und zusammengefasst konstruktiv“, betonte er am Ende. teilung von Aufgaben und Zustän- wurden. Die „Ömis“ sollten ihre „Es wurden genau die Themen digkeiten“, betonte Udo Penßler- Aufgabenfelder demnach vor allem angesprochen, die nach der Vor- Beyer. „Zwar wurde auch an dieser in der internen wie externen Kom- jahrestagung von den Teilneh- Stelle deutlich, dass es nicht mög- munikation sehen. mern gewünscht wurden, um sie lich ist, eine für ganz Deutschland in der täglichen Arbeit vor Ort zu einheitliche Aufgabenbeschrei- Der „Ömi“ sollte die interne Kom- unterstützen.“ Besonders positiv bung zu finden, aber mit dem munikation koordinieren, indem Udo Penßler-Beyer bewertete wurde von den Teilnehmern auch Ergebnis als kleinstem gemeinsa- er ein Netzwerk von Öffentlich- vor allem den Ideen-Austausch der Block „Aus den Verbänden“ men Nenner können alle Verbände keits-Mitarbeitern aus der Schieds- unter den Verbänden positiv. bewertet, stellte er fest. gut leben.“

28 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 Neues zur „Danke, Schiri!“-Aktion Fortsetzung ist ein „Wunsch der Basis“

Werbung, Mitarbeit bei Lehrgän- gen und Lehrabenden, beson- ders positives Team-Verhalten, soziales Engagement und son- stige besondere Leistungen.

Wichtiger Unterschied: Im Gegen- satz zu 2011 soll diesmal kein Selbstvorschlag möglich sein. Die Einbeziehung der Vereine bei der Wahl auf Kreisebene ist kein Muss, aber willkommen. Die Ehrenamts-Beauftragten und DEKRA werden auf Landesebene einbezogen. „Mit dieser Aktion wollen wir die Wertschätzung für die Menschen ausdrücken, die sich in ihrer Schiedsrichter- Bei der Premiere der „Danke, Schiri!“-Aktion 2011 trug das Team um Wolfgang Stark beim Gruppe für eine werteorientierte Bundesliga-Einsatz die Namen aller Gewinner auf dem Trikot. Eine Wiederholung des Wett- Gemeinschaft engagieren.“, bewerbs ist beschlossene Sache. sagte DFB-Direktor Willi Hink.

Das geplante Comeback der in Zusammenarbeit mit seinen 21 in diesem Spieljahr die Aktion neu Auch Helmut Geyer begrüßt, Aktion „Danke, Schiri!“ beschäf- Landesverbänden und mit Unter- aufzulegen, um für die Chance zur dass die Aktion wieder auflebt: tigte alle drei Arbeitstreffen – die stützung von DEKRA 2011 erstmals positiven Darstellung des Schieds- „Wenn uns dies bereits in der Entscheidung für einen straffen die Aktion „Danke, Schiri!“. richter-Amts in der Öffentlichkeit laufenden Saison gelingt, be- Zeitplan trafen hier am Ende und die Ehrung verdienstvoller reits heute mein Kompliment an Obleute und „Ömis“ gemeinsam In den drei Kategorien „Schieds- Sportler nicht noch ein weiteres alle Beteiligten. Wir können die und einvernehmlich. „Es war der richterin“, „Schiedsrichter 20 bis Jahr zu vergeben“, betonte Udo Aktion ,Danke, Schiri!‘ dazu nut- ausdrückliche und wiederholt 45 Jahre“ und „Oldie“ wurden Penßler-Beyer. zen, um uns auf Kreis-, Bezirks-, geäußerte Wunsch aller Landes- damals erstmals in jedem Landes- Landesverbands- und auf DFB- verbände, diese in der Vergan- verband drei Aktive geehrt, die Wie sieht das aus? Der Ball wurde Ebene darzustellen und ein genheit sehr erfolgreiche und sich seit vielen Jahren überdurch- auf der Tagung zunächst den Lan- positives Image der Schieds- nachhaltige Aktion fortzuset- schnittlich im Schiedsrichter- desverbänden und den Kreisen richterinnen und Schiedsrichter zen“, betonte Udo Penßler-Beyer. Wesen engagieren und sich darü- zugespielt. Zuerst sollen nämlich zu präsentieren.“ Allerdings ber hinaus durch soziales Engage- Kreissieger ausgewählt und muss die Ehrungsgala auf DFB- Nicht zuletzt sprach sich auch ment und Teamfähigkeit ausge- geehrt werden. Falls Bezirke vor- Ebene noch abschließend DEKRA als langjähriger Partner zeichnet haben. Alle 63 Sieger handen sind, wiederholt sich dort besprochen beziehungsweise des Schiedsrichter-Wesens für wurden im Rahmen des Bundes- das Prozedere. Die Verbands- geplant werden. „Das werden eine Fortsetzung aus. „Nach liga-Spiels Hannover 96 gegen Schiedsrichter-Ausschüsse wäh- wir schnellstmöglich aufgreifen. ausführlichen Beratungen in den FC Schalke 04 im November len und ehren danach die jeweili- Ich bin überzeugt, dass wir den verschiedenen Gremien 2011 vom Vorsitzenden des DFB- gen Landessieger, die an den DFB zusammen mit DEKRA eine tolle steht inzwischen ein zukunfts- Schiedsrichter-Ausschusses, Her- gemeldet werden. Zielgruppe sind Veranstaltung auf die Beine fähiges Konzept zur Fortführung bert Fandel, und FIFA-Referee die Spielleiter bis einschließlich stellen werden“, betonte Geyer. dieser Aktion, welches darauf Wolfgang Stark geehrt. Letzterer Regionalliga sowie die Schieds- ausgerichtet ist, die damit ver- trug bei seiner Spielleitung ein richterinnen bis einschließlich Lutz Wagner ist der gleichen bundene Anerkennung und Trikot, auf dem die Namen aller 63 2. Bundesliga. Meinung: „Die Aktion ,Danke, Würdigung des Ehrenamts „Danke, Schiri!“-Sieger standen. Schiri!‘ war bei ihrer Premiere Schiedsrichter jährlich deutsch- Die für alle Ebenen verbindlichen ein absoluter Volltreffer. Noch landweit durchzuführen.“ Das wird nun wieder aufgegriffen – Auswahl-Kriterien sind die Anzahl heute werde ich immer wieder was die Teilnehmer aller drei Ta- geleiteter Spiele, die Dauer der auf diese tolle Veranstaltung Zur Erinnerung: Um die Leistun- gungen begrüßten. Sie einigten Zugehörigkeit, das Engagement in angesprochen. Die jetzt geplante gen gerade jener Unparteiischen sich auf ein neues Konzept. „Alle der Gruppe, die Helfer-Tätigkeit Fortsetzung ist die logische in den Kreisen zu würdigen, star- Verbände waren sich darin einig, für junge Schiedsrichter, Unter- Konsequenz der Wünsche der tete der Deutsche Fußball-Bund auch bei verkürzten Fristen schon stützung für die Schiedsrichter- Basis.“

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 29 EROBERT BÄLLE IM MITTELFELD. UND HERZEN IM STURM. Anna-Maria, Spielerin beim FC Viktoria 1889 Berlin. Eine von 1,1 Millionen Spielerinnen, die täglich beweisen, wie ernst es ihnen mit diesem Spiel ist. Mehr über Anna-Maria und den Amateurfußball in Deutschland auf kampagne.dfb.de

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SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016

14:06 Außenansicht Im „Land des ernsten Fußballs“ Cary Nathenson kommt aus Evanston, Illinois. Das liegt in der Nähe von Chicago. Der 52-Jährige pfeift für den SV Berliner Brauereien im Junio- ren-Bereich. Im folgenden Text schildert er, wie er die deutsche Fußballkultur in Berlin erlebt.

ann, Schiri, eh!“ brüllt es „Klinsi“ bei der WM 2014 sorgte für „Mvon der Seitenlinie. Dem einige neue Fans des „beautiful Trainer steigt die Wut rot ins game“, aber für die meisten Ame- Gesicht auf. Seine Mannschaft der rikaner bleibt Fußball ein wenig C-Junioren stöhnt genervt auf, verstandenes und kaum ernst zu er streckt die Arme wie betend nehmendes Kinderspiel. empor. „Bist du verrückt?“ fragte mich Was ist eigentlich passiert? Foul meine deutsche Frau, als ich von und direkter Freistoß. Nicht einmal meinem Vorhaben erzählte, in Ber- Strafstoß ist es; nur ein normaler lin Schiedsrichter zu werden. Es Freistoß aus großer Entfernung war keine Frage, sondern eine Fest- vom Tor. Und dennoch regt sich stellung. „Warum tust du dir so was die bestrafte Mannschaft so auf, an? Die Deutschen und ihr Fußball: als hätte man ein Todesurteil Die verstehen keinen Spaß!“ gefällt. „Mann“ bin ich übrigens: der „Schiri, eh“! Es mag etwas Wahres daran sein, zumindest kommt es mir manch- Als neuer Berliner Schiedsrichter mal so vor. Käme ein Unbeteiligter aus den USA ist es für mich unge- bei einem Spiel in Berlin vorbei, Cary Nathenson wird als Schiedsrichter bei Junioren-Spielen in wohnt, dass fast jede Entschei- hätte er es schwer festzustellen, Berlin angesetzt. dung lautstark reklamiert wird. welche Mannschaft führt und wel- Ich leitete schon einige Jahre lang che im Rückstand liegt. Die Trainer amerikanische Leichtherzigkeit Fußballfeldern und in Vereinshei- Spiele für die American Youth strahlen ständige Unzufriedenheit noch nicht zu Weltmeistern ge- men zu schätzen! Soccer Organization (AYSO) und aus, die Spieler schreien sich ge- macht. Für einen Schiedsrichter die United States Soccer Federa- genseitig an. im „Land des ernsten Fußballs“ Ich bin dennoch überzeugt, dass tion (USSF), ehe ich im Herbst gibt es nicht nur Gebrüll, sondern den jugendlichen Spielern ein biss- beruflich nach Berlin zog und Auch nach dem Spiel sind die Mie- auch manche Vorteile, wie zum chen mehr Freude am Spiel guttun vom BFV Erlaubnis bekam, mein nen aller Beteiligten oft so ernst, Beispiel den durch und durch gut würde. Dafür bräuchte man viel- Hobby hier weiter zu betreiben. dass ich mehrmals auf meine Spiel- organisierten Spielbetrieb durch leicht etwas mehr amerikanische berichtskarte schauen muss, um Vereine und Verbände. Lockerheit. Mag sein. Klar ist aber, Zwar hörte ich in Amerika ab und sicher zu sein, welche von diesen dass der ernstere deutsche Fußball zu ein „Hey ref!“ von meist unre- todunglücklich aussehenden Jungs Oder die Kunstrasenplätze überall. diesem amerikanischen Schieds- gelfesten Eltern, aber in den USA gewonnen haben. Meine Frage „Hat In meiner Heimatstadt spielt man richter guttut. nimmt man das alles nicht so es euch denn überhaupt Spaß ge- auf unmöglichen Schlammfeldern ernst. Es geht ums Mitmachen macht“, löst Verwirrung aus. Mir oder kaum markierten, überwucher- Ich erlebe meine Zeit als Berliner und Spaß haben. Der Fußball ist, tun die Spieler manchmal echt leid. ten Rasenplätzen, denn die meisten Schiedsrichter als eine Herausfor- wie man bei AYSO immer wieder Städte haben weder Geld noch derung, die mich weiterbildet. Ich betont, „nur“ ein Spiel. Aber mein Mitleid ist vielleicht Interesse daran, uns angemessene bin jetzt ein besserer Schiedsrich- fehl am Platz. Wer eine neue Kultur Spielstätten zu verschaffen. ter. Längst noch nicht gut genug, Vielleicht liegt das auch am etwas kennenlernt, darf sie nur be- aber immerhin besser als zuvor. minderwertigen Status vom Fußball schränkt mit einer anderen ver- Und dann gibt es die Schiedsrich- in Amerika. Unsere Frauen sind gleichen. Sonst läuft man Gefahr, ter-Kabinen. Ja, so banal es klin- Das wird man wohl nicht an den zwar Weltmeisterinnen, sonst aber alles Neue zu vereinheitlichen gen mag: die Kabinen! Wer sich ewig genervten Trainern und ent- spielen Erwachsene kaum Fußball und zu vereinfachen. auch nur einmal im Auto am täuschten Spielern sehen, die mich in dem Land, wo Baseball und Ame- Rande des Platzes umziehen die Hälfte der Zeit für einen „Taub- rican Football Könige des Profi- Die Deutschen nehmen vieles ernst, musste, wie es bei uns in den USA Blinden“ halten. Aber, Mann eh, das sports sind. Der bescheidene Erfolg auch den Fußball, aber vielleicht üblich ist, weiß es, die kleinen muss auch ich doch nicht so ernst der Nationalmannschaft unter zu Recht. Immerhin hat uns die Umkleidekabinen an deutschen nehmen.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 31 Aus den Verbänden

Fünfkampf, um den Sieg. Der Dritt- Im Vorfeld des Spiels zwischen Hamburg liga-Schiedsrichter vom SC Oster- Rheinland den Reserve-Teams der SG Biers- bek leitete einige Begegnungen im dorf und der SG Mettendorf Schult bei Military-WM Herren-Turnier und war auch als Mit 85 noch auf Ballhöhe wurde er kürzlich von Kreis- Vierter Offizieller im Einsatz. Schiedsrichter-Obmann Dieter Tolles Erlebnis für Patrick Schult. Einer der ältesten Schiedsrichter Jardin für seine langjährigen Der Hamburger DFB-Schiedsrichter Größte Highlights waren die Ope- Deutschlands feierte jüngst Geburts- Dienste geehrt. war Teilnehmer bei den CISM Mili- ning Ceremony – Einlaufen aller tag: Martin Wagner aus dem Kreis tary World Games („Olympiade der teilnehmenden Sportler plus Eifel im Fußballverband Rheinland „Mir macht es Spaß, und ich Armeen“) in Mungyeong/Süd- Schiedsrichter im Stadion bei wurde 85 Jahre alt – und pfeift komme mit allen zurecht. Auch korea. Dies war seine zweite Teil- 30.000 Zuschauern in Mungyeong – noch immer Woche für Woche mit den jüngeren Spielern, gegen- nahme bei diesen Spielen, zuletzt und der Besuch der „Entmilitari- Spiele im Meisterschaftsbetrieb über denen ich zwei- bis dreimal war er 2011 in Rio de Janeiro im sierten Zone“ zwischen Nord- und der Senioren. älter bin, habe ich schöne Gesprä- Einsatz. Vom 28. September bis Südkorea. che“, sagt der ehemalige Schlos- zum 14. Oktober kämpften über Dass er im Jahr 1974 mit dem Hobby ser- und Schmiedemeister Wagner. 7.000 Teilnehmer aus 117 Nationen Die nächsten CISM Military World Schiedsrichter begann, war eher in allen olympischen Disziplinen Games finden 2019 in China statt. Zufall: „Deutschland spielte im WM- Mehrmals die Woche fährt der plus militärische Sportarten, wie Finale gegen Holland und ich wet- Rentner mit dem Fahrrad durch beispielsweise Militärischer Carsten Byernetzki tete im Vorfeld mit einem Freund, die Region oder sucht sich neue dass ich bei einem deutschen Titel- Wanderstrecken aus. „So bleibe gewinn Schiedsrichter werde“, ich fit“, erklärt er stolz und will berichtet der für den SV Ring- noch so lange Spiele pfeifen, wie huscheid pfeifende Wagner. Er hielt es sein Körper mitmacht. sein Wort, legte wenige Wochen später erfolgreich die Prüfung ab und ist heute immer noch dabei. Fabian Mohr

Patrick Schult (Zweiter von rechts) vor dem Spiel Korea – Frankreich.

ihren alljährlichen Lehrgang durch- Niederrhein zuführen.

Vorbereitet hatte der Schiedsrich- FVN-Schiedsrichter in Berlin ter-Lehrstab ein sehr vielseitiges und ausgewogenes Programm, Kürzlich machten sich 20 junge durch das die Teilnehmer nicht Für seine langjährige Schiedsrichter-Tätigkeit wurde Martin Wagner von Schiedsrichter aus verschiedenen nur ihr Fachwissen aufbessern Kreis-Schiedsrichter-Obmann Dieter Jardin geehrt. Verbandskadern des Fußballver- konnten, sondern auch Berlin und bandes Niederrhein (FVN) sowie seine Geschichte näher kennenler- einige Mitglieder des Verbands- nen durften. So gab es neben einem oder der Umgang mit sozialen Kulturelle Programmpunkte, wie Schiedsrichter-Ausschusses obligatorischen Regeltest auch Medien wurden durch interessante eine Führung durch den Reichstag von Duisburg aus auf den Weg in Gruppenarbeiten und Referate. Referate von Boris Guzijan einge- oder die Besichtigung der Hacke- die Bundeshauptstadt, um dort Themen wie die richtige Motivation bracht. Um auch das Schiedsrichter- schen Höfe, boten den Unpartei- Wesen des Berliner Fußball-Verban- ischen viel Abwechslung und einen des (BFV) kennenzulernen, gab der Einblick in die Historie Berlins. Schiedsrichter-Obmann des BFV, Bodo Brandt-Chollé, durch einen Auch wenn ein solcher Lehrgang interessanten Vortrag Einblicke in zum ersten Mal außerhalb des FVN- die Strukturen seines Verbandes. Gebiets stattfand, ist die Resonanz Zu den weiteren Referenten des jedes Einzelnen durchweg positiv Lehrgangs gehörte auch Drittliga- ausgefallen, und die Sportschule Referee Lasse Koslowski. am Wannsee wird mit Sicherheit auch in den kommenden Jahren Selbstverständlich kam auch der wieder Gastgeber für die Spitzen- sportliche Aspekt nicht zu kurz. Schiedsrichter vom Niederrhein Jeden Morgen trafen sich die Lehr- sein. Zum Erinnerungsfoto trafen sich die Schiedsrichter vom Niederrhein am gangsteilnehmer zu Laufeinheiten Brandenburger Tor. am Wannsee. Boris Guzijan

32 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 Report

Und man müsse jungen Unpartei- ischen Zeit und Ausbildungs-Mög- Verschiedene Perspektiven lichkeiten geben, gerade in einer Region wie Ostbayern, in der die Vereine und auch die Schiedsrich- Spieler und Vereinsfunktionäre sollen mehr Verständnis für die Entschei- ter-Gruppen stärker als in Ballungs- dungsfindung des Schiedsrichters bekommen – das ist das Ziel einer neuen gebieten unter der demografischen Schulungsreihe in Bayern. SRZ-Mitarbeiter Andreas Allacher berichtet. Entwicklung leiden. Die überwiegende Zahl der Spiele Plötzlich stoppt der Video-Mit- verbessern und durch Praxisbei- „Viele Spieler, aber auch manche bringen die Schiedsrichter problem- schnitt. „Entscheidung?“, fragt spiele für mehr Verständnis wer- Schiedsrichter, wissen beispiels- los über die Bühne. Doch gerade, Florian Fleischmann. Er ist Schieds- ben“, sagt der bayerische Verbands- weise gar nicht, dass beim Abstoß wenn es einmal nicht so rund gelau- richter in der Regionalliga Bayern Schiedsrichter-Obmann Walter das Abseits aufgehoben ist“, sagt fen ist, sind die Vereine nach dem und an diesem Abend Referent bei Moritz zu dem neuen Schulungsan- ein ehemaliger Unparteiischer, der Schlusspfiff gefordert: Der Schutz der neuen Schulungsreihe „Zwei gebot des BFV in allen 24 Fußball- sich heute als Jugendspielleiter des Unparteiischen steht an obers- Blickwinkel – ein Spiel“ des Bayeri- kreisen des Freistaats. engagiert. ter Stelle. Darüber hinaus freuen schen Fußball-Verbandes. Die Zuhö- sich gerade oftmals ältere Schieds- rer im Sportheim des FC Schlicht im Konkret gibt Florian Fleischmann Die Vereinsvertreter sehen dabei richter über eine Unterstützung Landkreis Amberg/Sulzbach – vom den Vereinsvertretern Tipps, wie sie zwar das Bemühen der Schiedsrich- beim elektronischen Spielbericht Vereinsvorsitzenden über Trainer vor, während und nach dem Spiel zu ter-Organe, die Unparteiischen auf oder über eine Einladung auf ein bis hin zum Betreuer der Frauen- einer Entspannung des oftmals ihre Aufgabe optimal vorzubereiten, Getränk im Sportheim. und Mädchen-Mannschaft – bitten belasteten Verhältnisses zu den doch kommen in der Diskussion um die Wiederholung, am besten Schiedsrichtern beitragen können: auch Klagen über Schiedsrichter Hier könnte sich auch ein Vereins- aus einem anderen Blickwinkel – Dies beginnt beim Smalltalk zur auf, „die mit zu viel Arroganz immer Schiedsrichter-Beauftragter positiv aber die hat der Schiedsrichter ja Begrüßung, setzt sich mit einer wieder selbst Probleme ins Spiel einbringen. Zur Installierung dieses auch nicht, wenn er in Sekunden ordentlichen Umkleidekabine und bringen“. Ein Spielertrainer bedau- Bindeglieds zwischen Verein und entscheiden muss. dem korrekten Spielfeldaufbau fort, ert, dass in einer Begegnung trotz Schiedsrichter-Organen läuft der- umfasst auch die rechtzeitige Frei- aller Bemühungen der Weg zum zeit ein Pilotprojekt in der Gruppe Über Freistoß ist man sich einig, gabe des elektronischen Spielbe- Spielabbruch wie ein Selbstläufer Schwandorf, deren Obmann Fleisch- eine Gelbe Karte würden einige richts und die eigenständige Klä- war. Mit seinem Amberger Obmann- mann ist. Diese Unterstützung spontan geben. Erst die dritte Per- rung der Trikotfrage. „Kleinigkeiten Kollegen Tobias Bauer fordert könnte auch dazu beitragen, das spektive zeigt die tatsächliche Bru- bereiten oft die größten Probleme“, Fleischmann, solche Geschehnisse Ziel des Obmanns zu realisieren: talität des Fouls, der Fuß knickt zur betont der Referent und weist auf mit den Schiedsrichter-Organen zu „Vereine und Schiedsrichter-Gruppe Seite. „Offene Sohle, hohe Intensität, die große Bedeutung des Leiters des besprechen. „Wer soll uns denn kämpfen derzeit um jeden Mann Volltreffer über dem Knöchel: Das Ordnungsdienstes als Ansprechpart- sagen, dass da etwas nicht gepasst beziehungsweise um jede Frau. sind klare Parameter für eine Rote ner des Schiedsrichters hin. hat, wenn nicht die Vereine!“ Aber solange es möglich ist, werden Karte“, sagt Florian Fleischmann, wir alle Spiele wie bisher besetzen“, und alle stimmen ihm zu. Längst Während des Spiels sei das Regel- Gleichzeitig müsse man aber auch sagt Fleischmann, der die Vereins- nicht so einhellig ist die Meinung bei wissen gefragt, wobei von der Basis lernen, Fehler von Schiedsrichtern vertreter aber auch darauf hinweist, anderen Problemfeldern, vor allem große Defizite berichtet werden: zu akzeptieren, vor allem in einem wie zu verfahren ist, wenn einmal bei der Unterscheidung von aktiver Umfeld, in dem auch Spieler viele kein Schiedsrichter kommt. und passiver Abseitsstellung und Fehler machen. beim Handspiel erhitzen sich die Dass dieser Fall nicht eintritt, dazu Gemüter. kann die neue Schulungsreihe „Zwei Blickwinkel – ein Spiel“ des Bayeri- Und eines wird schnell deutlich: In schen Fußball-Verbandes sicherlich der Bundesliga wird zwar nach den ein Beitrag sein. Denn in einem gleichen 17 Regeln gespielt, und Umfeld, das Verständnis für die die Profis haben im Amateurfuß- Entscheidungsfindung des Schieds- ball viele Nachahmer – aber richters hat, können sich Talente nicht alles ist übertragbar und wesentlich besser entwickeln als vergleichbar. So kann der Spieler- im Kreuzfeuer der Kritik. trainer eines Kreisligisten über die Linie, die im Fernsehen eine knappe Zwei Dinge hat der Abend in je- Abseitsstellung beweisen soll, nur dem Fall deutlich gemacht: Der lächeln, wenn er an die „älteren Schiedsrichter steht unter Druck - Herren“ denkt, die die Spiele seiner von der Bundesliga bis in die Mannschaft leiten. unterste Spielklasse. Und: Ihm ist Zwei Blickwinkel: Schiedsrichter (hier Florian Fleischmann) und egal, wer gewinnt. Sein Ziel ist „Wir wollen das Miteinander von Trainer (Matthias Bösl vom Bayernligisten ASV Burglengenfeld) es, das Spiel problemlos über die Vereinen und Schiedsrichtern bewerten Situationen schon mal unterschiedlich. Bühne zu bringen.

SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 33 Impressum Spielplan

Herausgeber: Deutscher Fußball-Bund, Otto-Fleck-Schneise 6, 60528 Frankfurt/Main, Telefon 069/6788-0, Vorschau 2/2016 www.dfb.de Die Ausgabe erscheint am 16. Februar 2016. Verantwortlich für den Inhalt: Ralf Köttker Koordination: Titelthema David Bittner, Thomas Dohren Die nächste Mitarbeiter dieser Ausgabe: Andreas Allacher, Lutz Michael Fröhlich, Generation Florian Götte, David Hennig, Martin Moers, Bernd Peters, Bianca Riedl, Günther Thielking, Lutz Wagner Lektorat: Klaus Koltzenburg Konzeptionelle Beratung: Lutz Lüttig Während viele ehemalige Schiedsrichter und Assistenten der Bundesliga längst ihre Karriere Bildnachweis: Andreas Allacher, David Bittner, Thomas Fähn- beendet haben, machen sich ihre Söhne auf den Weg, in die Fußstapfen ihrer Väter zu treten. rich/1. FC Köln, firo, Amac Garbe, getty images, Wolfram Kämpf und Sven Winterschladen stellen erfolgreiche Schiedsrichter-Familien vor, in Udo Gottschalk, imago, Wolfram Kämpf, Michael denen es nicht nur der Vater, sondern inzwischen auch der Sohn auf die DFB-Liste geschafft Körner, Hans Krämer, Bernd Peters, Sky hat (im Bild: Georg Dardenne mit Niklas).

Gestaltung, Satz und Druck: AWD Druck + Verlag GmbH, Tagung Otto-Brenner-Straße 7, 52477 Alsdorf, Telefon 0 24 04/2 2071, Trainingslager Fax 0 24 04/8 1822, E-Mail: [email protected] auf Mallorca Anzeigenverwaltung: AWD Druck + Verlag GmbH, Manfred Kuper Erscheinungsweise: Zweimonatlich. Jahresabonnementspreis 15,– Euro. Lieferung ins Ausland oder per Streifband auf Anfrage. Abonnements-Kündigungen sind sechs Wochen vor Ablauf des berechneten Zeitraums Deutschlands Spitzen-Schiedsrichter nutzen bereits im dritten Jahr in Folge die Winterpause, dem Abonnements-Vertrieb bekannt zu geben. um auf Mallorca die Hinrunde aufzuarbeiten und die Weichen für eine erfolgreiche Rückserie zu stellen. David Bittner begleitet die Elite-Schiedsrichter in den Süden Europas und berichtet Zuschriften, soweit sie die Redaktion betreffen, über die Ergebnisse des Trainingslagers in Llucmajor. sind an den Deutschen Fußball-Bund, Otto-Fleck-Schneise 6, 60528 Frankfurt/Main, [email protected], zu richten. Lehrwesen Vertrieb: AWD Druck + Verlag GmbH, Otto-Brenner-Straße 7, 52477 Alsdorf, Das Team der Telefon 0 24 04/2 2071, Fax 0 24 04/8 1822, Schiedsrichter E-Mail: [email protected] Nachdruck oder anderweitige Verwendung der Texte und Bilder – auch auszugsweise und in elektronischen Systemen – nur mit schriftlicher Genehmigung und Urhebervermerk.

Die DFB-Schiedsrichter-Zeitung wird auf PEFC-zertifiziertem Papier gedruckt. In den Verbandsklassen besteht ein Schiedsrichter-Team aus drei Unparteiischen, ab der 2. Bundesliga kommt ein Vierter Offizieller hinzu, international auch noch zwei Torrichter. ABO Worauf es bei der Zusammenarbeit im Schiedsrichter-Team – unabhängig von der Spiel- bequem per E-Mail: klasse – ankommt, damit befasst sich der aktuelle DFB-Lehrbrief Nr. 65. Günther Thielking [email protected] stellt ihn vor.

34 SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 1/2016 Leistung, die Respekt verdient.

Schiedsrichterin zu sein, ist ein harter Job. Und doch bringen über 70.000 Frauen und Männer Woche für Woche Fairplay ins Spiel – mit Neutralität, Sachverstand und einer großen Portion Leidenschaft. Genau wie DEKRA: Seit 90 Jahren sorgen wir dafür, dass auch abseits des Rasens alles im grünen Bereich ist. www.dekra.de #BETHEDIFFERENCE

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