März 1963

VII/VIII

Sukkulentenkunde

Jahrbücher der Schweizerischen Kakteen-Gesellschaft

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Städtische Sukkulenten-Sammlung Zürich 2 Schutzsammlung der Internationalen Organisation für Sukkulentenforschung (I. O. S.) Mythenquai 88 (beim Strandbad), Tel. (051) 23 75 71 Gegründet: 1931

Zurzeit über 3000 Arten in Kultur

Hauptvertreter: Cactaceae, Crassulaceae, Mesembryanthe- maceae, Asclepiadaceae, Liliaceae, Euphorbiaceae usw. Viele Raritäten — Grosse Schauhäuser — Moderne Kasten- anlagen Umfangreiche Kakteensamen-Sammlung für For- schungszwecke (über 3000 Arten) — Samen- und Jungpflan- zen-Tauschverkehr mit privaten und öffentlichen Sammlun- gen in allen Ländern (kein Verkauf!) — Ansichtskarten (Photo-Postkarten) — Katalog — Führungen von Schulen, Vereinen und Gesellschaften bei Voranmeldung.

Pflanzensammlung bei f r e i e m Zutritt täglich geöffnet: Werktags 8—12 und 14—17 Uhr Sonntags 10—12 und 14—17 Uhr Sukkulentenkunde VII/VIII

Jahrbücher der Schweizerischen Kakteen-Gesellschaft März 1963

HERAUSGEGEBEN VON H. KRAINZ . ZÜRICH

INHALT Seite Stauffer, H. U. Zur Lage der systematischen Botanik in der Schweiz . 3 Buxbaum, F. Die phylogenetische Stellung der Gattung Corryo- Britton et Rose einschließlich Erdisia Britton et Rose. 6 Cullmann, W. Die Gattung Haageocereus...... 17 Ritter, F. R. Islaya krainziana Ritter spec. nov.. 31 Austrocactus hibernus Ritter spec. nov. . 34 Gymnocalycium glaucum Ritter spec. nov.. 37 Buining, A. F. H. Matucana mirabilis Buin. spec. nov. . 39 Haageocereus multicolorispinus Buin. spec. nov.. 41 Kladiwa, L. Das Toumeya-Problem und die eingezogenen Genera Navajoa und Turbinicarpus...... 42 Franck, G. Das Genus Pediocactus (Britton et Rose) . . . . 61 Simon, W. Neues und Strittiges . 69 Cullmann, W. Gibt es bei cephalienbildenden Kakteen eine strenge Trennung in cephaloide (fertile) und vegetative Zonen? ...... 75 Buxbaum, F. Konfusion um Cactus chlorocarpus H. B. K.. . . 76 Variabilität und Kakteen...... 82 Schmid, E. Beobachtungen über Phototropismus bei Kakteen. 89 Herre, H. Kakteen- und Mesembryanthemum-Forschung, ein Vergleich...... 92 Giftige Kakteen und giftige Mesembryanthemen Buining, A. F. H. Echinocactus famatimensis Speg...... 94 Buining, A. F. H. und Donald, J. D. Die Gattung Rebutia K. Schum. . 96 Herre, H. Hinweis zur Kultur der Lithops-Arten im Win- ter. 107 Rauh, W. Über einige interessante Sukkulenten aus Kenia . 108 Janse, J. A. Bemerkungen zu einigen sukkulenten Euphor- bien...... 127 Uitewaal, A. J. A. Bemerkungen zur Unterteilung der Gattung Adromischus Lemaire...... 130 Schattat, L. Zum heutigen Stand der Kenntnisse der Gattung Kalanchoe . 134 Buchmann- Der VI. Kongreß der Internationalen Organisa- Felber E. tion für Sukkulentenforschung (I. O. S.) vom 5. bis 9. Juni 1961 in Barcelona. 138 Rupf, E. Buchbesprechung ...... 141 SCHWEIZERISCHE KAKTEEN-GESELLSCHAFT

(Gegr. 1930)

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In Hochschulkreisen und wissenschaft- der systematischen Botanik und ihre Ab- lichen Gremien wird nicht selten die Mei- grenzung gegenüber andern Teilgebieten nung vertreten, die Systematische Botanik der Botanik an einem Schema (Seite 4) er- sei als Wissenschaft weitgehend abgeschlos- läutert werden, wobei allerdings manche sen, es seien in dieser Disziplin keine funda- sich durchdringenden Beziehungen zwi- mentalen Probleme mehr zu lösen, sondern schen den einzelnen Disziplinen nicht zum höchstens noch einige bescheidene Lücken Ausdruck gebracht werden können. zu füllen. Tatsächlich lassen sich gerade in unse- Das Objekt jeglicher botanischer For- rem Lande manche äußerlichen Zeichen schung ist die Pflanze, die uns immer als eines Rückganges beobachten: einzelnes Individuum entgegentritt. Eine erste Aufgabe besteht darin, diese Indivi- Vor einigen Jahrzehnten gab es an allen Profes- duen in ihren Eigenschaften in jeder Bezie- su- -> unsern Hochschulen ordentliche Professo- hung zu erfassen, zuerst unabhängig, spä- Professo- ren für systematische Botanik. Davon sind ter auch in ihrer Verknüpfung mit der Um- gegenwärtig noch zwei vorhanden — beide welt. Dabei handelt es sich einerseits um in Zürich —, alle übrigen sind durch Lehr- Eigenschaften der Form, andererseits um stühle für allgemeine Botanik abgelöst wor- solche der Funktion, die wir entweder sta- den. tisch, als seiende, oder dynamisch, als wer- Die Zahl der Studenten, die das Gebiet dende im Verlauf einer Entwicklung, ver- als Hauptfach wählen, geht stark zurück. folgen können. Die Erfassung kann zugleich So wurden beispielsweise im Dezennium in ganz verschiedenen Größenbereichen er- 1904 bis 1914 am Institut für systematische folgen, was sich etwa an der Reihe der Mor- Botanik der Universität Zürich 24 Disser- phologie — Anatomie — Zytologie ablesen tationen ausgearbeitet, während im Zeit- läßt, die mit der weitern Verfeinerung des raum 1951 bis 1961 nur neun vorgelegt Instrumentariums bei der submikroskopi- wurden. Dabei hat die Zahl der Studierenden schen Morphologie ihren vorläufigen End- an der Fakultät im allgemeinen stark punkt erreicht hat. zugenommen, so daß der relative Rückgang noch deutlicher hervortritt. Auf das Erfassen folgt das Ordnen, und Dieser Rückgang bedingt als Folge auch, eben dies ist die Aufgabe der systematischen daß die Zahl der Biologielehrer, die syste- Wissenschaft. Dabei kann das Ordnungs- matische Botanik im Hauptfach studiert prinzip ganz beliebig gewählt werden, und haben, sehr zurückgeht und damit das Fach- es resultiert ein künstliches System, oder gebiet auch an den Mittelschulen mehr und aber es wird auf den Erkenntnissen eines mehr abgebaut wird. So haben neuerdings Werdens im Verlaufe einer Entwicklung einzelne Gymnasien das bisher obligato- aufgebaut und nähert sich dann einem na- rische Anlegen eines Schülerherbars aus türlichen System realer Verwandtschaft. dem Biologiepensum ausgeschlossen. Die- Dabei ist wesentlich, daß Benennungen und ser Abbau des Faches an den Mittelschulen Schaffung abstrakter Kategorien nicht wirkt sich wiederum ungünstig auf die Selbstzweck, sondern praktische Voraus- Zahl der Studierenden aus, da ja oft die setzung für den Vorgang des Ordnens sind. entscheidenden Anregungen für den Stu- Betrachten wir nun die Systematische dienentschluß in die Mittelschule fallen. Botanik weltweit und gehen wir einmal Man kann sich demnach füglich die Frage aus von den Publikationen der letzten Jahre stellen, ob die systematische Botanik als — wobei wir uns auf die Gefäßpflanzen Wissenschaft denn überhaupt noch zeit- beschränken wollen —, so fällt sogleich gemäß sei. die ungeheure Produktion von Floren in Bevor wir an die Beantwortung dieser allen Ländern und Kontinenten auf. Kaum Frage herangehen wollen, soll die Aufgabe ein Staat, in dem nicht solche Werke in

3 Vorbereitung, im Erscheinen oder kürzlich tung der Systematischen Bota- herausgekommen sind, kaum eine größere nik heute wohl größer ist denn je. Region, für die nicht entsprechende Pla- Wie aber steht es mit den rein wissen- nungen aufgenommen oder schon verwirk- schaftlichen Belangen? Gibt es noch we- licht sind! Aus der Fülle seien wenige Bei- sentliche ungelöste Fragen? Und wenn es spiele herausgegriffen, so für Mitteleuropa sie gibt, besteht irgendwelche Aussicht, die neu in Bearbeitung stehende Flora von ihrer Lösung näher zu kommen? Hegi, als Muster für die vielen Landesflo- ren, die vorzüglich redigierte Flora Neer- Es ist wissenschaftsgeschichtlich interes- landica, als Werke, die sich über Konti- sant, daß zu Anfang dieses Jahrhunderts nente oder Subkontinente erstrecken, die verschiedene Lehrschulen und Standard- Flora der UdSSR, von der bereits 25 Bände werke mehr oder weniger deutlich den An- vorliegen, die Flora Malesiana, wohl das spruch auf «abschließende Darstellung» er- hoben und damit viele völlig offene Frage- bedeutendste Floren-Unternehmen der Ge- stellungen in den Hintergrund gedrängt genwart, die in Vorbereitung stehende Flora wurden. Daß dabei allzuvieles gerade in Europaea und die geplante Flora Austra- großen Hauptwerken auf mit Autoritäts- liens. glaube verknüpfter Kompilation beruhte, Diese gewaltige Produktion kostspieliger wurde mehr und mehr klar, seitdem der Werke ist nur aus einem großen praktischen Ruf amerikanischer Biologen: «Study nature, Bedürfnis heraus zu verstehen. Alle Zweige not books» auch in der Systematik der reinen und angewandten Botanik sind stärker Gehör fand. auf Bestimmungsbücher und deren Infor- Als Beispiel seien aus Engler-Prantl. mationen angewiesen; dazu kommen in vol- Pflanzenfamilien, die Angaben über den ler Entwicklung begriffene Nachbargebiete, Bau der Plazenten der Santalaceae heraus- wie Agronomie, Gartenbau, Forstwissen- gegriffen, wie sie Pilger für die zweite schaft, Naturschutz (besonders auch Bo- Auflage zusammengestellt hat. Unter total den- und Gewässerschutz), Biochemie und 29 Gattungen sind die Angaben bei 13 mehr Pharmazie. Von hier aus ist deutlich zu er- oder weniger richtig, bei fünf unvollstän- kennen, daß die praktische Bedeu- dig, bei sieben falsch, bei vier fehlend. Da-

Objekt: Pflanze (als Individuum) I. Erfassen 1. als solche a) Sein Form . Morphologie (Anatomie-Zytologie) Funktion . Physiologie im Individualleben. . . . . Entwicklungsgeschichte b) Werden von Generation zu Generation. Genetik über viele Generationen hinweg hylogenie 2. in Beziehung zur Umwelt a) zur toten Umwelt. Ökologie b) zur lebenden Umwelt...... Biologie, Soziologie c) in der räumlichen Verteilung ...... Arealkunde (horizontal und vertikal)

II. Ordnen . Systematik oder Taxonomie (Ordnungsprinzip beliebig: künstliches System; Ordnungsprinzip auf Entwicklungsgrundlage: Annäherung an das natürliche System realer Verwandtschaft; Benennung und Schaffung [abstrakter] Kategorien als praktische Voraussetzung für das Ordnen)

4 bei darf gerade die Pilger’sche Bearbei- aus einer Gesamtschau, einseitige Beurtei- tung als eine der besseren angesehen wer- lungen sind mit viel Vorsicht anzustellen den, da sie immerhin zum Teil auf eigenen und würden oft besser ganz unterbleiben. Untersuchungen und nicht nur auf Kompi- Neben diesen methodischen Fortschritten lation beruhte. Es geht aus diesem Beispiel, hat etwas weiteres die Situation der Syste- das sich beliebig durch weitere vermehren matik neu belebt: eine unerwartete Flut ließe, hervor, wie wenig eine Wissenschaft, von Entdeckungen, die bedingt war durch die solche Angaben für Schlüsse allgemei- enorme Sammeltätigkeit und durch den ner Art herbeizieht, als abgeschlossen gel- Aufbau von Herbarien in allen Weltteilen, ten darf und wie fragwürdig solche Schlüsse besonders seit dem Zweiten Weltkrieg. Im herauskommen müssen. Zeitraum 1951 bis 1955 wurden nach Aus- Die Konsequenz aus dieser Situation wird weis des Kew-Index für die Phanerogamen von all den Forschern gezogen, die nach drei neue Familien, etwa 450 neue Gattun- dem Prinzip: «Weniger, dafür gründlicher» gen und nahezu 15 000 neue Arten aufge- vorgehen, die sich also der monographi- stellt, und man braucht nur Namen wie schen Bearbeitung beschränkter taxonomi- Degeneria oder Stylites zu nennen, um die scher Einheiten zuwenden. Die Zahl solcher Bedeutung mancher dieser neuen Taxa für Wissenschafter ist bezeichnenderweise in die Phylogenie zu erkennen. vielen Ländern im Steigen begriffen und Neben den Neufunden rezenter Pflanzen rekrutiert sich besonders aus der Jüngern treten aber ebensosehr die Fortschritte un- Generation. Man glaubt, daß es das beste serer Kenntnisse über Fossilien hervor, für die Gesamtentwicklung unserer Wis- die sich noch viel weniger einem Abschluß senschaft sein wird, wenn in beschränkten nähern als diejenigen der rezenten Ge- Bereichen zuverlässigere Angaben erarbei- wächse und die oft die Ansichten über tet werden können, die sowohl der Beur- verwandtschaftliche Zusammenhänge ent- teilung der Phylogenie im kleinern Rah- scheidend beeinflussen. Man denke nur an men dienen können, als auch für praktische die noch immer nicht abgeschlossene Dis- Zwecke nützlich sind. Nur so lassen sich kussion um die Psilophyten, die seit etwa Bausteine für zukünftige Schlüsse mehr 1920 bekannt und seither an mehreren allgemeiner Art gewinnen, für die gegen- neuen Stellen gefunden worden sind. wärtig der Zeitpunkt nicht da ist. So steht gerade im wissen- Als weiteres Moment kommt das Bestre- schaftlichen Erkenntnis bereich ben hinzu, die Basis für die Beurteilung zu viel offen, es gibt spannende Aufgaben verbreitern. Zwar liegt der Schwerpunkt über Merkmalsphylogenie in engern Berei- immer noch bei den morphologischen Kri- chen, und es ist eine dynamische Periode terien, es wird aber deutlich versucht, auch erst noch zu erwarten, wenn vermehrt die funktionelle Beziehungen in die Betrach- Einbeziehung von Lebensvorgängen in die tung aufzunehmen. Alle möglichen Krite- Klassifikation gelingt, so wie es bei der rien werden so herangezogen. Man verwer- Verwertung der tierischen Verhaltenswei- tet die Merkmale der Blüten-, Holz-, Kno- sen für die zoologische Systematik der Fall ten- und Blattanatomie, studiert die Kei- war. Hier sind bei den Pflanzen erst be- mungsgeschichte; große zusammenfassende scheidene Anfänge geleistet. Man kann da- Werke über Pollenmorphologie und Em- her mit ausländischen Forschern überein- bryologie erlauben mehr und mehr auch stimmen, die von einer weltweiten Blüte deren Berücksichtigung bei Fragen der Sy- der Systematischen Botanik in der Gegen- stematik. Ganz besonders aber gewinnt das wart sprechen. Stoffinventar, das die Biochemie liefert, Um so merkwürdiger nimmt sich die große Bedeutung für die Beurteilung der Lage dieser Wissenschaft in der Schweiz Verwandtschaft. Hinzu kommen weiter aus. Unser Land hätte sehr günstige Vor- ökologische, soziologische, biologische und aussetzungen, diese Disziplin zu pflegen. arealkundliche Faktoren, so daß alle Ein- Es besitzt eine Tradition, die aus der Nen- zelbereiche der allgemeinen Botanik wie- nung von Namen wie Bauhin, Haller, der in den Dienst der Systematik gestellt Gaudin, De Candolle, Meissner, Mül- werden können. Schlüsse sind nur möglich ler Argoviensis, Boissier, Christ, Thel-

5 lung, Schinz, Hegi mächtig anklingt; es ten, die sich bei der umfassenden prak- verfügt auch heute über einen weiten Kreis tischen Bedeutung unserer Wissenschaft von Liebhabern und Laien, die sich um die eigentlich bei jeder Forschung erzielen las- Systematik interessieren. Das Gebiet erfor- sen. dert für eine wirksame Forschung viel klei- Dazu aber ist notwendig, daß man unsere nere Mittel als manche Zweige experimen- Institute und Herbarien und mit diesen die tierender Wissenschaften, weil ein beschei- Botanischen Gärten gründlich ausbaut, daß denes Instrumentarium ausreicht. Manche man bereit ist, Mittel und Räumlichkeiten als typisch schweizerisch angesehene Eigen- zu einer modernen Arbeitsweise zur Ver- schaften sind günstige Voraussetzungen zur fügung zu stellen und das Forschungsper- Arbeit als Systematiker: Gründlichkeit, sonal von jeglicher administrativer Be- Präzision, sauberes Beobachten, klares Dar- lastung freizuhalten. Und wenn man dazu stellen und besonders vorsichtiges, abge- noch vermehrt das Teamwork einführt, wogenes Urteilen. statt weitgehend isoliert als Einzelforscher So glauben wir denn, daß man Anstren- zu arbeiten, wird man in kurzer Zeit ge- gungen machen sollte, das Gebiet an unsern nügend junge Kräfte finden, mit denen sich Hochschulen wieder vermehrt zu seinem unser Land auch weiterhin im internatio- Recht kommen zu lassen. Nebenbei sei da- nalen Rahmen wird beteiligen können. ran erinnert, daß — sofern die noch viel weniger ausgeschöpfte Tropenbotanik in Anschrift des Verfassers: Zukunft bevorzugt angepackt wird — auch Dr. H. U. Stauffer, wertvolle Beiträge an eine Entwicklungs- Institut für Syst. Botanik, hilfe auf lange Sicht geleistet werden könn- Zürich 39

Die phylogenetische Stellung der Gattung Corryocactus Britt. & Rose einschließlich Erdisia Britt. & Rose

Von Franz Buxbaum

Als Britton und Rose 1920 die Gat- anth-segments obtuse or sometimes with tungen Corryocactus und Erdisia aufstell- acute tips; filaments numerous, white, ten, war aus der Beschreibung der Blüten about half the length of the inner perianth- — wie gewöhnlich — praktisch nichts über segments; style stout, a half longer than the den tatsächlichen Bau der Blüten zu ent- stamens; ovary tuberculate, bearing minute nehmen: ovate scales with spines and felt in their Corryocactus Britton and Rose, The Cac- axils . . .» taceae, Bd. 2, S. 66: Diese Beschreibungen sind so unvollkom- «. . . flowers diurnal (?), rather large with men, daß sie auch auf viele andere Gattun- a broad open throat, the tube proper very gen passen würden. Aus dem Gattungs- short; perianth-segments yellow or orange; schlüssel entnimmt man weiter, daß bei filaments numerous, stiff, short, scattered Corryocactus: «Corolla short campanulate» all over the throat, much shorter than the bei Erdisia «Corolla short funnelform» sei. lobes; ovary and flower-tube bearing nu- Nur bei Erdisia phillippii findet man eine merous conspicuous areoles with brown or Angabe über die Verteilung der Staub- black wool and subtended by minute sca- blätter: «stamens in two distinct series, the les . . .» outer arising from the base of the Segments, Erdisia Britton and Rose, l. c., S. 104: the inner series united into a tube.» «. . . flowers small, funnelform-campanu- Die beigegebenen Abbildungen von Cor- lata, the tube short; throat short, funnel- ryocactus brevistylus und C. brachypetalus form, covered with stamens; outer peri- vermitteln bestenfalls einen Gesamtein-

6 druck, lassen aber das wesentlichste Merk- mal nicht erkennen: die akrotone Förde- rung der Areolen am Receptaculum. Jeden- falls gaben sie aber infolge der wohlaus- gebildeten Areolen am Receptaculum — im Zusammenhang mit dem Habitus der Pflan- zen — den Eindruck einer noch recht pri- mitiven Gattung. Die Abbildung zu Erdisia squarrosa, die nach einer photographischen Aufnahme von Pflanzenteilen wiedergegeben ist, ist in- folge des Rasters in bezug auf Details nur undeutlich. Unverkennbar ist aber die aus- geprägte Akrotonie der Blüte, die sich da- rin äußert, daß die schlundnahen Recepta- culum-Areolen lange Borsten tragen. Die- ser Bau ließ die Vermutung entstehen, daß eine Beziehung zu den bestehen könnte. Daß die Blüten von Corryocactus und Erdisia praktisch vollkommen gleich sind, konnte weder aus diesen noch aus den «Beschreibungen» späterer Autoren ange- Abb. 1: Blüte (unmittelbar vor der Anthese) von nommen werden. Blüten von Corryocactus Corryocactus melanotrichus, BGUC Nr. 53 509. standen aber nicht zur Untersuchung zur Verfügung1. vermittelt breit glockenförmig( Abb. 1). Das Erst anläßlich meines Aufenthaltes an Pericarpell ist von mächtigen Podarien der University of California konnte ich skulpturiert, die aber bei dieser Art, beson- eine Corryocactus-Blüte selbst untersuchen ders im unteren Teil, nur kleine Stachel- (Corryocactus melanotrichus BGUC Nr. spitzchen tragen. Im obern Teil des Pericar- 53 509), später auch eine solche aus der pells schon kleine, krallenförmige Schüpp- Sammlung Marnier, Les Cèdres, und chen, sind die Blattorgane des Receptacu- die von Erdisia squarrosa aus eigener lums bereits gerundet dreieckig mit auf- Sammlung. gesetzten Spitzchen und lang herablaufen- Die erstere (BGUC Nr. 53 509) ist auffal- dem Podarium. An Länge zunehmend, lei- lend gedrungen. Aus dem rundlichen Peri- ten sie schließlich in die breiten, gerunde- carpell erweitert sich das Receptaculum un- ten Blütenhüllblätter über, die nur ein leicht übersehbares, winziges Spitzchen tra- 1 Als mit der ersten Lieferung von K r a i n z, «Die Kakteen», die Notwendigkeit an mich herangebracht gen. Alle Schuppenblätter tragen in der wurde, eine Gruppierung der Gattungen zwecks Ein- Achsel eine dichthaarige Areole; die des ordnung der Lose-Blatt-Monographie zu erstellen, hatte ich meine Untersuchungen zur phylogeneti- Perikarpells, von unten her zunehmend, schen Einteilung noch lange nicht abgeschlossen und auch noch keine Gelegenheit gehabt, Blü- stechende junge Stachelanlagen, die erst ten von Corryocactus und Erdisia zu untersuchen. Da- an der Frucht die volle Größe erreichen; her stellte ich zufolge der wahrscheinlichen Primi- tivität, Corryocactus mit «?» an den Schluß der, die die Areolen des Receptaculums anstelle die- vermutlich ursprünglichsten Cereoideae umfassenden, ser Dornenanlagen lange, ziemlich breite, provisorischen Tribus «Archicereidineae»; Erdisia aber, zusammen mit anderen noch fraglichen Gattungen, etwas flache, gewundene, braunschwarze wegen der Akrotonie der Blüten ebenfalls mit «?» in Anschluß an die, damals provisorisch als «Pseudo- Borstenstacheln, die, an der Receptaculum- trichocereidineae» bezeichneten Notocacteae. Dies wur- Basis noch kurz, bis zum Schlund an Länge de von Rauh (1957) — oder Backeberg? — dahingehend ausgelegt, als ob ich trotz Kenntnis sehr zunehmen. — Die Staubblätter ste- der Pflanzen, die Verwandtschaft nicht erkannt hätte, indem beim Zitieren das «?» bei Corryocactus hen in auffallender Weise in zwei Gruppen verschwiegen wurde. Auch durch Weglassen einer (Abb. 2). Die untere, aus nur etwa 2—3 Spi- Kleinigkeit kann man ein Zitat verdrehen! In der zugleich mit Rauhs Buch (1958) erschienenen, ralgängen bestehende Gruppe, die offen- schon 1956 in Druck gegebenen «Phylogenetic Divi- sion of the Cereoideae» (B u x b a u m 1958) habe ich sichtlich die Primärstaubblätter repräsen- aber Erdisia bereits zu Corryocactus gestellt, was tiert, steht bei dieser Art dicht an der Ba- Rauh infolge des gleichzeitigen Erscheinens der beiden Arbeiten noch nicht wissen konnte. sis des Receptaculums, so daß nur eine

7 R a u h (1958) bildet in Außenansicht und Schnitt die Blüte von Corryocactus brachy- petalus und C. puquiensis Rauh et Backe- berg2 ab, die sich hauptsächlich darin von den hier beschriebenen unterscheiden, daß sie eine sehr tiefe Nektarrinne haben. Wenn auch die Blüten von Erdisia Britt. et Rose manchmal schlanker sind als jene der «typischen» Corryocactus (B r i t t o n und R o s e: «flowers funnelform»), so zeigt doch bereits die Abbildung 155 auf S. 105 in «The Cactaceae», Bd. 2, von Erdisia squarrosa Blüten von sehr ungleicher Ge- stalt. Auch die Form der Perianthblätter ist keineswegs immer gerundet (Abb. 4). Im Aufbau sind die Erdisienblüten aber voll- kommen jenen von «typischen» Corryocac- tus gleich. Darum hat Hutchison (münd- liche Mitteilung) auf Grund von Standort-

Abb. 2: Corryocactus melanotrichus im Längs- schnitt. kaum 1 mm hohe Nektarrinne freibleibt; ihre Filamente sind merklich dicker als die der weiteren, wandständigen Staubblätter. Sie stehen, steil von der Receptaculum- wand entspringend, zunächst annähernd parallel zum Griffel und wenden sich dann in scharfem Bogen nach außen. Die weite- ren (Sekundär-) Staubblätter entspringen der Receptaculumwand fast anliegend und wenden sich dann nach innen. Der sehr kurze und überaus dicke Griffel ist hohl und trägt die aus zahlreichen Narbenästen gebildete, auffallend regelmäßig geformte, geradezu kronenähnliche Narbe. Die Blüte von Corryocactus melanotri- chus (Sammlung Marnier) unterscheidet sich von der ersteren durch die schlankere, eher trichterförmige Gestalt (Abb. 3) und darin, daß alle Schuppen, auch die im un- Abb. 3: Corryocactus melanotrichus (Sammlung tersten Teil des Pericarpells, krallenförmig, Marnier) in Außenansicht. aber nicht stachelspitzig sind; weiter darin, daß stechende Dornenanlagen auch noch in 2 R i t t e r (1958) bestreitet die «Rauh et Backeberg»- den Achseln der untersten Receptaculum- schen «species novae» von Corryocactus. Tatsächlich Schuppen stehen und nur die schlundnahen betonten schon B r i t t o n und R o s e (l. c. S. 66), daß die drei von ihnen anerkannten und am Standort ge- Schuppen, die bei dieser Art kürzer sind, sammelten Arten von Corryocactus «individually diffe- rent in habit, armament, and in shades of color and size of die gewundenen Borstenstacheln tragen. Im flowers» sind. Von den «neuen» Erdisia-Arten aner- inneren Bau gleicht sie der ersteren voll- kennt Ritter nur Erdisia quadrangularis Rauh et Bak- keberg, die er aber zu Corryocactus überstellt, obwohl kommen. er sonst die Gattung Erdisia beibehält.

8 ordnung in eine der beiden in Frage kom- menden Tribus, Leptocereae und Notocac- teae, muß jedoch zuvor das Wesen der Tri- bus Leptocereae aufgezeigt werden. Ohne Zweifel haben wir in der Gattung Leptocereus die primitivste heute lebende Gattung der Cereoideae vor uns, was sich sowohl im Äußeren der Blüte als auch in der Wuchsform (Leptocereus quardicosta- tus, L. assurgens) ausdrückt. Das Wesent- liche an dieser Blüte ist der noch sehr aus- geprägte Achsencharakter von Pericarpell und Receptaculum. Da man auch bei an- deren Gattungen mit so ausgeprägtem Ach- sencharakter Beziehungen zu leptocereus- ähnlichen Ahnen annehmen muß, werden diese — wahrscheinlich! — altertümlichen Gattungen in diese Tribus eingereiht, der ich ursprünglich den provisorischen Na- men «Archicereidineae» gab, eben, um die Ursprünglichkeit auszudrücken. Da man bisher von fast keiner der unter die Lepto- cereae gezählten Gattungen den Innenbau der Blüten kennt und auch der oberflä- chliche Bau überaus mangelhaft beschrieben Abb. 4: Corryocactus squarrosus, Form mit spit- war, konnte man wohl gewisse Beziehun- zen Perianthblättern. (Sammlung Buxbaum.) gen zu abgeleiteten Tribus vermuten — aber nicht beweisen. Jedenfalls liegt es im Untersuchungen die Gattung Erdisia nie Wesen einer Tribus primitiva, daß der Ur- anerkannt, und auch R a u h (1958) betont, sprung der Tribus progressivae irgendwo daß die Gattungen zu vereinigen sind. Cor- innerhalb dieser Tribus liegen muß. ryocactus wird also hier weiter in diesem Corryocactus ist, zufolge der primitiven Sinn, einschließlich Erdisia, gebraucht wer- Charaktere der Blüte, ohne Zweifel eben- den3. falls eine sehr alte Gattung, wobei zunächst Nach der endlich vollständigen Klärung mangels brauchbarer Beschreibungen die des Blütenbaues ist es nunmehr möglich, Frage offen bleiben mußte, ob die Gattung die phylogenetische Stellung der Gattung zu den Trichocereae oder zu den Notocac- Corryocactus definitiv festzulegen. Zur Ein- teae überleitet. Bei Erdisia war im Gegen-

3 Da Hutchison die Bearbeitung seiner chile- 3. Corryocactus squarrosus (Vaupel) P. C. Hutchison comb. nischen und peruanischen Expeditionssammlungen nov. noch nicht abgeschlossen und publiziert hat, stellt er Cereus squarrosus Vaupel, Bot. Jahrb. 50, Beibl. 111:21, mir seine Neukombinationen zur Veröffentlichung 1913. an dieser Stelle wie folgt zur Verfügung: Erdisia squarrosa Britton et Rose, Cact. 2:104, 1920. 4. Corryocactus apiciflorus (Vaupel) P. C. Hutchison 1. Corryocactus aureus (Meyen) P. C. Hutchison comb. nov. comb. nov. Cactus aureus Meyen, Reise 1:447, 1834. Cereus apiciflorus Vaupel Bot. Jahrb. 50, Beibl. 111:15, Cereus aureus Meyen, Allg. Gartenz. 1:211, 1833 non 1913. Salm Dyck, 1828. Ertlisia apiciflora Werdermann, Kakteenkunde 1940:6. Echinocactus aureus Meyen in Pfeiffer, Enum. Cact. 1940. 68, 1837. 5. Corryocactus tenuiculus (Backeberg) P. C. Hutchison Cleistocactus aureus Weber, Bull. Mens. Soc. Nice 44; comb. nov. 39, 1904. Erdisia tenuicula Backeberg, Descr. Cact. Nov. 12, Erdisia meyenii Britton et Rose, Cact. 3:105. 1920. 1956. Meyens Benennung «aureus» ist zwar ein Homonym 6. Corryocactus maximus (Backeberg) P. C. Hutchison bei Cereus, sie ist aber rechtsgültig in Cactus, Echino- comb. nov. cactus und Cleistocactus. Daher ist der von Britton und Erdisia maxima Backeberg, Fedde’s Repert. Sp. Nov. Rose als Ersatz für «aureus» geprägte Namen über- 51:62, 1952. flüssig. Bezüglich der übrigen sogenannten Erdisien stellt Hutchison keine Neukombinationen, da er noch 2. Corryocactus spiniflorus (Philippi) P. C. Hutchison nicht sicherstellen konnte, ob es gute Arten sind comb. nov. oder nicht. Opuntia spiniflora Philippi, Linnaea 30:211, 1859. Bezüglich Erdisia philippii (Regel et Schmidt) Britton Ertlisia spiniflora Britton et Rose, Cact. 2:106, 1920. et Rose siehe unten Seite 11.

9 satz hiezu dank der immerhin brauchbaren nach der Literatur und Abbildung dieser Abbildung bei Britton und Rose, die Art aufgestellt. Spegazzini (1923), der bei Erdisia squarrosa die für die Notocac- die Gattung Austrocactus nicht anerkannte, teae charakteristische Akrotonie in der sondern bei Cereus beließ, unterscheidet Blüte bekannt, die nun als ausgeprägter drei Arten: C. patagonicus Weber (Malaco- Charakter der Gesamtgattung Corryocac- carpus bei Britton und Rose), C. du- tus festgestellt ist. seni Weber (den Britton und Rose als Akrotonie in der Blüte ist jedoch unter Synonym zu Malacocarpus patagonicus den Gattungen der Leptocereae gleichfalls stellen) und C. bertinii Cels. Ohne eine ge- verbreitet, so bei Leptocereus, Samaipati- nauere Beschreibung der Gattung zu geben, cereus, Armatocereus und Eulychnia. Da hat Backeberg diese Erkenntnisse Spe- Corryocactus habituell eher zu den Lepto- gazzinis ausgenützt und die drei Arten — im eigenen Namen! — zu cereae paßt als zu den Notocacteae, ist dem- Austrocactus überstellt, wobei er die Unterschiede der nach seine Stellung nur auf Grund der Ge- drei Arten von Spegazzini abschrieb. samtheit der Merkmale zu entscheiden. Erst Castellanos und Lelong (1938), Backeberg, dem jedes Verständnis die das Artproblem in dieser Gattung als für stammesgeschichtliche Zusammenhänge «nicht so einfach als es aussieht» bezeich- fehlt — schon darum, weil er die Morpho- nen, geben eine emendierte, genaue Dia- logie der Blüte nicht versteht —, hat in sei- gnose der Gattung und vorzügliche Abbil- ner «Semitribus Austrocereae»4 Subtribus dungen der Blüte, des Blütenlängsschnit- «Austrocereinae»4 eine «Natio 3 Corryo- tes, des Samens und später (in Descoles 4 1953 -> cerei» aufgestellt, die er noch in die «Sub- 1943) auch der Frucht. 1943 natio Heliocorryocerei» mit den Gattungen Bereits der Vergleich dieser Abbildung Corryocactus, Erdisia und Neoraimondia der Blüte in Außenansicht mit der Abbil- und «Subnatio Nyctocorryocerei» mit Ar- dung der Blüte von Erdisia tenuicula Rauh matocereus und Brachycereus unterteilt. et Backeberg (Rauh 1958, S. 252, Abb. Obwohl Rauh — leider — Backe- 115 II) zeigt eine so verblüffende Ähnlich- b e r g s Einteilung anwandte und es strikte keit, daß die Blüten verwechselt werden ablehnte, Systemfragen zu erörtern, für die könnten. Der innere Bau (Abb. 5) zeigt aber, er sich nicht zuständig erklärte, spricht er sich doch selbst gegen eine Verwandtschaft von Corryocactus mit Neoraimondia aus (R a u h, 1958, S. 240), allerdings nicht auf Grund des völlig anderen Blütenbaues, son- dern mehr wegen der habituellen Sonder- stellung von Neoraimondia. Tatsächlich ent- behrt Backebergs Einteilung ja jeden phylogenetischen Inhalts und ist daher wertlos. Die Frage der Zugehörigkeit von Corryo- cactus — Leptocereae oder Notocacteae — ist jedoch zu klären, wenn man die Gattung Austrocactus mit in Betracht zieht. Austrocactus wurde von Britton und R o s e monotypisch auf Cereus bertinii Cels

4 Alle diese «Kategoriebezeichnungen» Backe- b e r g s sind nach Artikel 19 des Internationalen Ko- dex, nach dem der Name einer Kategorie über der Gattung aus dem Namen der Leitgattung zu bilden ist, ungültig und zu verwerfen, da es keinen «Austro- cereus», keinen «Corryocereus», keinen «Heliocorryo- cereus» und keinen «Nyctocorryocereus» gibt. Abgese- hen davon, daß sie sachlich vollkommen falsch sind; beispielsweise hat Brachycereus nicht das mindeste mit Armatocereus zu tun, sondern ist eng verwandt mit Nyctocereus und gehört daher in die Tribus Hylocereae Abb. 5: Blüte von Austrocactus spec. nach Ca- F. Buxbaum, Subtribus Nyctocereinae F. Buxbaum. stellanos und Lelong.

10 deren Arten nur eine Verdickung der Fila- mentbasen hervorruft, ähnlich wie bei Ce- phalocereus. Eine solche Staubblattstellung gibt es aber nicht bei Corryocactus, sondern nur bei Austrocactus. Castellanos und Le- l o n g (1938) schreiben in ihrer emendier- ten Diagnose von Austrocactus: «stamina ∞ in dua series collocata: infera numero- sissima basin styli cingentia, caetera su- pera ad fauces tubi perianthii minus nu- merosa.» Zieht man weiter in Betracht, daß diese Art eine aufrechte, wenig oder gar nicht verzweigte, zirka 3 cm dicke Säule bildet, und vergleicht man weiter die Beschreibung der Blüte bei Schu- m a n n (1898, S. 427 bis 428, unter Echino- Abb. 6: Blütenlängsschnitt von Austrocactus spec. cactus philippii K. Schumann), so ist ein- nach Castellanos und Lelong. deutig klar, daß diese chilenische Art — leider fehlt eine genauere Herkunftsbe- daß dies nicht nur eine konvergente Ähn- zeichnung! — nicht zu Erdisia, d. h. Cor- lichkeit, sondern eine volle Übereinstim- ryocactus, gehört, sondern ein Austrocac- mung im morphologischen Typus ist. Das tus ist. Sie muß daher heißen: Receptaculum ist glockig, wie bei Abb. 2. Austrocactus philippii (Regel et Schmidt) Wichtig ist aber die Verteilung der Staub- F. Buxbaum comb. nov. blätter. Aus dem — im Vergleich mit Cor- Synonyma: ryocactus auffallend breiten Grund des Re- ceptaculums — ragen, von der Griffelbasis Cereus philippii Regel et Schmidt in Gar- durch eine breite, aber seichte Nektarrinne tenflora 31, 1892, S. 98. getrennt, mehrere Reihen von Staubblät- Echinocactus philippii K. Schumann in Ge- tern (die Primärstaubblätter) in einem erst samtbreschr. der Kakteen, 1898, S. 427. gegen den Griffel und dann nach außen ge- Echinopsis philippii Nicholson in Dict. Gard. wendeten Bogen. Diese Stellung entspricht Suppl., 1901, S. 331. vollkommen jener der Primärstaubblätter Erdisia philippii Britton et Rose in The Cac- von Corryocactus. Während aber bei Cor- taceae, Bd. 2, 1920, S. 105. ryocactus, soweit bisher untersucht, die ganze Receptaculumwand mit Sekundär- Damit ist Corryocactus in eine klare staubblättern bedeckt ist, ist sie bei Austro- und enge Verbindung mit Austrocactus ge- cactus bis auf einen Schlundkranz, der sich bracht, die durch den Säulenwuchs von — ebenfalls genau wie die Sekundärstaub- Austrocactus, dessen Arten immerhin etwa blätter von Corryocactus — nach innen 60 cm Höhe erreichen können, sowie durch wendet, frei von Staubblättern und nur von den Bau des Samens noch weiter gefestigt den herablaufenden Basen der Schlund- wird. kranzstaubblätter strukturiert. Diese An- Der in Abbildung 7A gezeigte Samen von ordnung kommt allerdings auch bei Erdisia Corryocactus brachypetalus zeigt größte philippii (Regel et Schmidt) Britton et Übereinstimmung mit der bei Castel- Rose vor, deren Staubblattanordnung B r i t - lanos und Lelong gegebenen Zeich- ton und Rose beschreiben: «stamens in nung des Samens von Austrocactus spec. two distinct series, the outer arising from (Abb. 7B). Beide sind im Umriß gleich, the base of the Segments, the inner series haben eine sehr runzelige Testa, deren Zel- united into a tube around the style». In len etwas warzig vorspringen. Bei Corryo- dieser «Vereinigung zu einer Röhre» han- cactus ist sie mehr oder weniger von Haut- delt es sich natürlich um eine Beteiligung resten bedeckt, die vom verbreiterten Funi- des inneren Achsenvorsprunges, der bei an- culus der Samenanlage herrühren — eine

11 Abb. 7A Abb.7B Abb. 7C

Abb. 7: A: Samen von Corryocactus brachypeta- lus FR Nr. 122; B: Samen von Austrocactus spec. nach Castellanos und Lelong; C: Hilum des Sa- mens von Corryocactus tarijensis (Kaktimex, 1953); D: Samen von Corryocactus ayopayanus (Kaktimex 1953) nach Entfernen der äußeren Testa; E: Embryo von Corryocactus spec. aus Tacna, Peru (Johnson). Abb. 7D Abb. 7E

sehr verbreitete und bisher kaum be- bus Notocacteae sichergestellt. Der Blüten- achtete Homologie zum Arillusmantel der bau verbindet aber nicht nur mit Austro- Opuntioideae. Ob diese bei Austrocactus cactus, sondern auch mit den anderen Gat- fehlt oder der Samen zum Zeichnen nur tungen der Tribus. Denn die charakteri- «gereinigt» wurde, läßt sich nicht entschei- stische Sonderstellung der Primärstaub- den, ist aber auch ohne Belang. Wie bei blätter tritt — zusammenhanglos, also als allen primitiven Gattungen variiert der Sa- typisches «Tendenzmerkmal» — wieder- men bei Corryocactus sehr in der Gestalt; holt in anderen Gattungen der Notocacteae häufig ist er weniger, mitunter noch stär- ker gekrümmt. Das Hilum (Abb. 7C) ist sehr vertieft und wird durch eine mehr oder weniger deutliche Scheidewand in zwei Abschnitte zerlegt, deren apical gelegener das sehr unregelmäßige, tiefe Mikropylar- loch, deren ventraler das meist sehr große und sehr tiefe Abrißloch des Funiculus ent- hält. Dieser Bau ist sehr wichtig zur Be- urteilung des Anschlusses an die Leptoce- reae. Nach Entfernen der äußeren Testa erkennt man, daß kein Perisperm vorhan- den ist (Abb. 7D). Der Embryo (Abb. 7E) ist unter den ansehnlichen Keimblättern ha- kenförmig gekrümmt. Die Darstellung der Hilumansicht bei Castellanos und Le- 1953 -> 1943 long (1938 und in Descoles 1943) ist leider unklar, und über den inneren Bau liegen keine Angaben vor. Durch die Übereinstimmung in Blüten- bau und Samen mit Austrocactus ist die Abb. 8: Schnitt durch die Blüte von Notocactus enge Beziehung von Corryocactus zur Tri- mammulosus var. pampeanus.

12 auf, wofür nur einige Beispiele gegeben seien. Bei Notocactus herteri können die zwei Gruppen von Staubblättern nicht ganz so deutlich unterschieden werden, da beide Gruppen sich nach innen wenden; doch ist die Innengruppe deutlich gesondert inner- viert. Bei Notocactus mammulosus (Abb. 8), dessen Receptaculum sehr verkürzt und durch eine echte (Verwachsungs-) Blumen- kronröhre ersetzt ist (vgl. Buxbaum, Morphologie S. 61 in Krainz, «Die Kak- teen») ist nur die Innengruppe ausgebildet. Weniger deutlich, doch durch die Art des Ansatzes unverkennbar, ist auch die Diffe- renzierung in zwei Gruppen bei Copiapoa Abb. 10: Nektarkammer und unterer Teil des coquimbana. Die schönsten Beispiele lie- Receptaculums mit den Primärstaubblättern von fert aber die Gattung Gymnocalycium. Bei Gymnocalycium sutterianum. G. baldianum ist nur eine Reihe von Pri- märstaubblättern, diese aber in der typi- G. mihanovichii var. stenogonum (Abb. 11), schen auswärts gewendeten Stellung aus- bei dem um den Griffel ein Kranz sehr kur- gebildet, der zwar unmittelbar die wand- zer, am Filament behaarter Primärstaub- ständigen Sekundärstaubblätter folgen; blätter steht, dem erst im Schlund ein aus diese sind aber durch die Einwärtskrüm- zwei Reihen bestehender Schlundkranz mung sofort zu unterscheiden (Abb. 9). Bei folgt. Es ist dies also die Staubblattanord- G. sutterianum (Abb. 10) liegt überdies zwi- nung, wie sie bei Austrocactus auftritt. schen den ebenfalls einreihig stehenden Durch diese Übereinstimmungen gewinnt Primärstaubblättern und den untersten auch die Tatsache, daß der so regelmäßige, Reihen von Sekundärstaubblättern ein wei- ter, staubblattfreier Zwischenraum. Beson- ders auffällig ist aber die Anordnung bei

Abb. 9: Blütenschnitt von Gymnocalycium bal- Abb. 11: Blütenschnitt von Gymnocalycium mi- dianum. hanovichii v. stenogonum.

13 kronenähnliche Bau der Narbe von Corryo- sind. Einen solchen Wuchs zeigt auch Sa- cactus und Austrocactus auch für andere maipaticereus corroanus5. Gattungen der Notocacteae charakteristisch Die Blüte von Samaipaticereus, die äußer- ist, die Bedeutung eines zusätzlichen Argu- lich jener von Neoabbottia sehr ähnlich ist, mentes für die Zugehörigkeit von Corryo- hat aber einen anderen morphologischen cactus zu den Notocacteae. Diese kann Typus als Corryocactus. Wohl sind auch bei durch die angeführten Beweise nicht mehr ihr die beiden untersten Staubblattreihen angezweifelt werden (Abb. 12). etwas dicker und kürzer als die weiteren, doch entspringen alle einer vollkommen gleichförmig zylindrischen Röhre. Nach der Photographie des Längsschnittes bei R a u h (1958) zu urteilen, könnte auch Neoraimon- dia wohl mit Samaipaticereus nahe ver- wandt sein, keinesfalls aber mit Corryo- cactus. Hingegen zeigt die Blüte mancher Ar- matocereus-Arten (A. laetus, A. matucanen- sis), soweit man aus den photographischen Schnittbildern bei R a u h (1958) entnehmen kann, einesteils in ihrer außerordentlich starken, akroton geförderten Bestachelung der Blüte eine enge Beziehung zu Lepto- Abb. 12: Narbe von Malacocarpus fricii. cereus, andererseits manche Arten in der Staubblattanordnung eine Annäherung an Es ergeben sich aber noch zwei wesent- Corryocactus. Bei Armatocereus matuca- liche Fragen: 1. Wo der Anschluß an die nensis stehen die Primärstaubblätter auf «Tribus primitiva», die Leptocereae, zu su- einem Diaphragma — das allerdings sehr chen ist, wobei — wenigstens aus Gründen verschieden von dem von Stenocereus ist! des Habitus — auch zu untersuchen ist, ob —, wodurch sie sich wesentlich von den nicht doch eine ebenso enge Verwandt- Sekundärstaubblättern differenzieren. Eine schaft mit den Leptocereae besteht, was solche «Vereinigung» der Primärstaubblät- bei der Bindeglied-Stellung von Corryo- ter wird aber auch von Austrocactus phi- cactus denkbar wäre, und 2. welche Stel- lippii (siehe oben Seite 11) angeführt. lung nun der Gattung Eriosyce zukommt, Ohne die Gliederung in Zuwachseinhei- die wegen der ausgeprägten Akrotonie der ten wären die vom Boden aufstrebenden Blüte bisher als sehr isolierte Seitenlinie Säulen des Armatocereus laetus durchaus bei den Notocacteae geführt wurde. mit Corryocactus zu vergleichen. Beson- ders beachtenswert ist aber Armatocereus Leider fehlt uns noch immer eine aus- humilis (Lemaireocereus humilis bei B r i t - reichende Kenntnis der morphologischen t o n und R o s e, 1920, Abb. 149 auf S. 100) Verhältnisse der meisten Leptocereae. Den- aus Columbia, der habituell mit seinen nur noch scheint es, daß wenigstens die erste drei- bis vierrippigen schlanken, wenig ver- dieser Fragen mit ausreichender Sicherheit zweigten Säulen noch sehr an Leptocereus geklärt werden kann. anschließt und in der Außenansicht der Aus den den Kakteenhabitus beherr- Blüte (Britton und Rose, l. c., S. 101 schenden Entwicklungsgesetzen (vgl. auch [der innere Bau ist leider nicht abgebildet]) Buxbaum 1956) geht eindeutig hervor, durchaus mit Corryocactus in Beziehung daß weder Kandelaberbäume, wie die mei- steht. Bei Corryocactus würde diesem Habi- sten Armatocereus-Arten, noch die stamm- tus der von Rauh entdeckte C. quadran- losen Kandelaber von Neoraimondia als dularis (R a u h, 1958, S. 254, Abb. 116 I) wirklich primitiv anzusprechen sind, son- dern nur vielästige, relativ dünntriebige 5 Ein mächtiger Strauch dieser Art steht seit B r i t - ton und Roses Zeit, unbenannt, nur mit der Be- und armrippige Sträucher oder Bäume, wie zeichnung «Rose Nr. 20093» als Nr. 1-276 in den Hun- sie in der Gattung vertreten tington Botanical Gardens. Zu Roses Zeit war er noch Leptocereus nicht identifizierbar gewesen.

14 durchaus entsprechen. Wie Armatocereus dicke (zirka 0,3 mm) äußere Samenschale, humilis — aber auch A. churinensis R a u h die glänzend schwarz, in der Hilumregion et Backeberg — bei Armatocereus, ist meist etwas bräunlich ist. Die Testazellen C. quadrangularis bei Corryoactus als wohl sind kaum gewölbt und stehen in recht un- primitivste Art anzusprechen, zumindest in regelmäßiger Anordnung in teils etwas bezug auf den Wuchs. wulstigen Reihen, zwischen denen oft grö- Die Annahme einer Verbindung zwi- ßere und kleine Gruben liegen. Eine Bezie- schen Armatocereus und Corryocactus fin- hung zu der runzeligen Testa von Corryo- det im Samenbau von Armatocereus zwar cactus ist jedenfalls nicht klar festzustel- keine so klare Bestätigung wie die Ver- len. Hingegen zeigt das Hilum (Abb. 13E) bindung zu Austrocactus, aber zumindest den gleichen morphologischen Typus. Auch auch kein Gegenargument. hier umfaßt es, sehr tief versenkt, auch das Die sehr großen (zirka 2 mm) Samen von Mikropylarloch; im Gegensatze zu Corryo- Armatocereus sind — wie bei sehr primi- cactus ist allerdings der dieses umfassende tiven Gattungen gewöhnlich — innerhalb Teil kleiner und schmäler, was ebenfalls derselben Art sehr variabel (Abb. 13A bis individuell variiert. Zwischen dem das Mi- D). Sie haben eine ungewöhnlich harte und kropylarloch enthaltenden und dem größe-

Abb. 13: Samen von Armatocereus cartwrightia- nus. A: Außenansicht einer mittleren Samen- form; B, C, D: Umrißzeichnungen verschiedener Samenformen; E: Durchschnittsform des Hilums; F: Nach Entfernen der harten Testa; G: Embryo.

Abb. 13A

Abb. 13B Abb. 13C Abb. 13D

Abb. 13E Abb. 13F Abb. 13G

15 ren, das tiefe Abrißloch des Funikulus ent- baum in Buxbaum 1959 b), nicht mehr haltenden Teils liegt auch bei Armatoce- als ursprüngliche Gattung dieser Tribus an- reus eine deutliche Scheidewand. gesehen werden. Da sie im Blütenbau sehr Nach Entfernen der harten äußeren Testa nahe Eulychnia steht, deren phylognetische zeigt der Samen von Armatocereus und Stellung gleichfalls noch nicht geklärt ist, Corryocactus einen vollkommen gleichen anderseits auch Eulychnia noch eine sehr Perispern -> primitive Gattung ist, ist es zweckmäßig, Perisperm Bau; bei beiden fehlt ein Perisperm, was angesichts der Primitivität von Armato- Eriosyce im Anschluß an Eulychnia vorerst cereus jedenfalls auffällig ist (Abb. 13F). provisorisch unter den fraglichen Der freigelegte Embryo (Abb. 13G) ist bei Leptocereae einzuordnen. Die Möglichkeit, Armatocereus nur ein wenig schlanker und daß die beiden Gattungen doch als abgelei- seine Cotyledonen ein weniges größer als tete Seitenlinie zu den Notocacteae zu stel- bei Corryocactus. len sein könnten, wenn ihre Morphologie Wenn auch feststeht, daß dieser sehr ein- einmal geklärt sein wird, bleibt dennoch fache Bau des Hilums keineswegs auf diese offen. Gattungen beschränkt, sondern im Gegen- Literatur teil ziemlich weit verbreitet ist, so ist doch die Übereinstimmung im Innenbau so groß, Backeberg C., 1935. Die Gattung Austrocactus. daß eine nähere Verwandtschaft der bei- Kakteenkunde 1935, S. 135. den Gattungen zumindest wahrscheinlich — 1938. Neubearbeitung der systematischen Übersicht. Blätter für Kakteenforschung, ist. Selbstverlag, 1938—6. Jedenfalls geht aus diesen Feststellungen — 1942. Cactaceae Lindl. Systematische Über- hervor, daß einesteils eine Entwicklungs- sicht (Neubearbeitung) in «Cactaceae». Jahr- linie Leptocereus—Armatocereus—Corryo- buch der Deutschen Kakteen-Gesellschaft, cactus sehr wahrscheinlich ist — wobei na- 1942. Backeberg C. und Knuth F. M. 1935. Kaktus- türlich nicht die rezenten Arten, sondern A-B-C. Gyldendal, 1935. der morphologische Typus gemeint ist! —, Britton N. L. and Rose J. N. 1920. The Cactaceae, anderseits aber die Verbindung von Cor- Bd. II. ryocactus zu den Notocacteae sehr viel Buxbaum F., 1956. a) Das Gesetz der Verkür- klarer und enger ist als zu den Lepto- zung der vegetativen Phase in der Familie cereae. Daher ist C o r r y o c a c t u s der Cactaceae. Österr. Bot. Zeitschr. 103, S. 353 trotz seiner Bindegliedstellung bis 362. — 1956. b) Die systematische Einteilung, in z u d e n Notocacteae z u s t e l l e n, Krainz H.: Die Kakteen. Stuttgart ab 1956. wo er als Genus primitivum mit — 1958. c) Morphologie, in Krainz H.: Die Kak- Austrocactus eine eigene Sub- teen. Stuttgart 1956—1960. tribus bilden dürfte. Castellanos A. und Lelong H. V. 1938. Los Gé- Nachdem nun der Ursprung der Tribus neros de las Cactáceas Argentinas. Annal. Mus. Notocacteae und ihr «genus primordioides» Argent. de Ciencias Naturales, 39, 383—420. 6 — 1943. Cactaceae in Descole H. R. Genera et erkannt sind, kann Eriosyce ceratistes , die Species Plantarum Argentinarum. Tucuman ich seinerzeit provisorisch wegen der Akro- 1943. tonie der Blüte als sehr isolierten Ast zu Rauh W., 1958. Beitrag zur Kenntnis der peru- den Notocacteae stellte (vgl. den Stamm- anischen Kakteenvegetation. Sitzungsber. Hei-

Eriosye korre- 6 Backeberg stellte zu Eriosyce ursprünglich sichtigend . . .» einer Ungenauigkeit verdächtigt. throides -> Erio- (1935) auch «Eriosyce korethroides» und «E. bruchii». Erst Werdermanns sehr genaue Abhandlung zu zi- syce korethroides nachdem W e r d e r m a n n (1938) eindeutig bewiesen tieren vermeidet er. Da er aber Werdermann hatte, daß diese beiden Arten nichts mit Eriosyce zu nennt, mußte er auch seine vorzüglichen und tun haben und in engster Verwandtschaft zu Lobivia beweiskräftigen Abbildungen kennen und selbst stehen, wandelte Backeberg seine Eriosyce Unter- wissen, daß die Lobivienblüte von Soehrensia absolut gattung Soehrensia in eine Gattung Soehrensia um (Bak- nichts mit Eulychnia zu tun hat, die Erwähnung dieser keberg 1938) mit dem Bemerken, sie stehe «sicher Gattung also in diesem Zusammenhang völlig sinnlos Eriosyce sehr nahe» und «Werdermann bezweifelt ist. Aber wir kennen diese immer wieder gebrauchte ihre Zusammengehörigkeit, wohl nicht die Charak- Methode Backebergs, Wissenschafter durch sol- tere berücksichtigend, die man bei Eulychnia beob- che Redewendungen wie «wahrscheinlich» und «wohl» achten kann». Daß die beiden Arten reine Lobivia- zu verdächtigen, um sich selbst als den «Unfehlba- Blüten haben, wie Werdermann mit Photogra- ren» hinzustellen, schon längst, ebenso wie seine phien belegte, verschwieg er (und verschweigt es wortreichen, aber inhaltslosen «Begründungen», wie noch heute), um sich aus der Affäre zu ziehen und eben die Soehrensia betreffende, die als Punkt 12 in gleichzeitig Werdermann «eins auszuwischen», den «Anmerkungen zur systematischen Übersicht» indem er ihn mit den Worten «wohl nicht berück- (Backeberg 1938—6) erscheint.

16 delberger Akad. Wiss. Math.-Naturw. Kl. Jg. Spegazzini C., 1923. Breves Notas Cactológicas. 1958, 1. Abhandlung. Anal. Soc. Cientif. Argent. 96, 1923, S. 61—75. Ritter F., 1958. Die von Curt Backeberg in «Des- Werdermann E., 1938. Beiträge zur Nomenklatur criptiones Cactacearum novarum» veröffent- und Systematik, 13. Eriosyce Phil. Kakteen- lichten Diagnosen «neuer» peruanischer Kak- kunde 1938, S. 27—30. teen nebst grundsätzlichen Erörterungen über taxonomische und nomenklatorische Fragen. Anschrift des Verfassers: Selbstverlag. Hamburg 1958. Univ.-Doz. Prof. Dr. F. Buxbaum, Schumann K., 1898. Gesamtbeschreibung der Judenburg (Steiermark), Sackgasse 13/I, Kakteen. Neudamm 1898. Österreich

Die Gattung Haageocereus Backeb. Von Willy Cullmann

Über die Gattung Haageocereus habe ich manchen Arten so groß, daß man die Ex- bereits einmal in «Sukkulentenkunde IV» treme der Formen schon bei 5 bis 10 cm vom Dezember 1951 berichtet. Inzwischen großen Pflanzen für ganz verschiedene sind eine große Zahl weiterer Haageoce- Arten halten könnte. Dieses Variieren tritt reen neu entdeckt worden, und manche bei den verschiedenen Verwandtschafts- andere haben in der Kultur in den letz- gruppen in verschieden starkem Ausmaße ten Jahren erstmals geblüht, so daß es an- auf, fehlt bei einzelnen Arten aber auch gebracht erscheint, wieder einmal eine Zwi- gänzlich. Die Verwandtschaftsgruppen von schenbilanz aufzustellen. Ich betone dabei, Haageocereus pacalaensis, versicolor, pseu- daß es sich dabei nur um eine Zwischen- domelanostele und chosicensis z. B. variie- bilanz handeln kann, denn bei vielen der ren nach den von mir vorgenommenen um- neu beschriebenen Arten ist sogar die Blüte fangreichen Aussaaten am meisten, wäh- noch unbekannt, auf Grund der in erster rend ich bei Haageocereus decumbens und Linie die Einordnung in die verwandt- seinen nächsten Verwandten überhaupt schaftlichen Gruppen erfolgen muß. Auf kein Variieren feststellen konnte. Hier glei- Grund des Aussehens hat man sich schon chen die Sämlinge einander wie ein Ei dem oft in Fällen getäuscht, wo man sich abso- anderen. Bei den vielen nahe verwandten lut sicher glaubte, und die Blüte ergab dann Arten ist auch mit dem Vorkommen vieler sogar eine andere Gattung. Der Forscher ist Naturhybriden zu rechnen (worauf schon an den heimatlichen Standorten in den sel- Ritter hinweist), die das taxonomische tensten Fällen in der Lage, Beobachtungen Problem noch mehr komplizieren, nachdem über längere Zeiträume anzustellen und sie als Hybriden normalerweise nicht er- etwa auf Blüten zu warten. Andererseits kennbar sind. Es wäre nun falsch, aus dem haben die meisten der Neufunde, die natur- Mangel intensiver Kenntnis der Gattung gemäß nur als kleinere Pflanzen importiert schließen zu wollen, man solle erst die Gat- werden können, in unseren Gewächshäu- tung gründlich durchforschen und dann sern noch nicht geblüht. So erhebt meine erst die Ergebnisse publizieren. Wollte man nachstehende Übersicht weder Anspruch sich auf diesen Standpunkt stellen, dann auf Vollständigkeit noch auf Endgültigkeit, blieben viele Forschungsergebnisse der we- und es sind nach weiteren Jahren der Be- nigen Spezialisten auf Jahrzehnte und evtl. obachtung, insbesondere wenn einmal alle für immer in der Schreibtischschublade Blüten bekannt sind, noch allerhand Um- verborgen. Es ist wesentlich besser, sie lau- stellungen und Berichtigungen zu erwar- fend allen interessierten Kreisen durch Pu- ten, namentlich wird sich die große Zahl blikationen verfügbar zu machen und da- der Arten nicht aufrecht erhalten lassen, mit zu weiterer Forschung anzuregen. zumal die Aussaaten der Mehrzahl der Haa- Bezüglich der Abgrenzung der Gattung geocereen aus Importsamen eine sehr große vermag ich Ritter nicht zu folgen, der Variabilität erkennen lassen. Diese ist bei 1958 in seiner Schrift über u. a. taxono-

17 mische Fragen eine Gruppe von Loxantho- teenvegetation», Heidelberg 1958, wonach cereen, die im nichtblühenden Zustand den ich die Aker’sche neue Gattung Peruvo- Habitus von Haageocereen zeigen, in die cereus «zu retten versucht» habe, beruht Gattung Haageocereus einbezieht und für also auf Irrtum und auf Unkenntnis meiner sie die Untergattung «Faustocereus» auf- Veröffentlichung von 1957, denn ich hatte stellt. Diese Pflanzen haben die typischen von Anfang an die Gattung Peruvocereus zygomorphen Blüten von Loxanthocereus1, für falsch gehalten und das Material für sind also bei letzterer Gattung besser un- ihre Widerlegung gesammelt. Ich hatte tergebracht als bei der an sich gut abge- Rauh lediglich von meiner Entdeckung grenzten Gattung Haageocereus. Kenntnis gegeben, daß eine Reihe von Haa- geocereus-Arten Blüten mit oben und un- Durch einen Vortrag am IOS-Kongreß ten leicht flachgedrückter Röhre besitzen, in Den Haag 1957 — siehe «Kakteen und während bei anderen die Röhre völlig rund andere Sukkulenten» 1957, Seite 177 — ist, ohne jedoch aus dieser Beobachtung hatte ich unter Billigung wohl aller Kenner irgendwelche Schlüsse zu ziehen. Ich unter- der Gattung bereits nachgewiesen, daß die suchte damals, welche Röhrenformen bei Abtrennung einer Gattung Peruvocereus den von Akers zu Peruvocereus gezogenen von Haageocereus durch Akers abwegig Arten vorkommen, und konnte dann auch ist. Die in Frage kommenden Arten wer- feststellen, daß bei ihnen beide Röhrenfor- den demgemäß nachstehend mit aufgeführt. men zu finden sind. Die Feststellungen Rauh’s in Rauh: «Bei- Ich gebe nachstehend eine alphabetische trag zur Kenntnis der peruanischen Kak- Übersicht der bisher bekanntgewordenen 1 Jetzt zu Borzicactus gestellt. Arten.

Die angeführten Autorenbezeichnungen bedeuten jeweils: Akers: John Akers, der lange Jahre in Peru lebte und hauptsächlich Haageocereen be- obachtete und sammelte. Bckbg.: Curt Backeberg, der bekannte Kakteensammler und Kakteenforscher, Ham- burg-Volksdorf. Rauh: Prof. Dr. Werner Rauh, Heidelberg, der 1954 und 1956 Studienreisen nach Peru unternahm. Ritter: Friedrich Ritter, der in Chile lebt und laufend Reisen u. a. zu den Kakteen- standorten Perus unternimmt; Werd.: Prof. Dr. Erich Werdermann †, Berlin-Dahlem, langjähriger Vorsitzender der Deutschen Kakteengesellschaft und Kakteen-Autor.

Haageocereus acanthocladus Rauh et Bckbg. Bis 70 cm hoch, bis 6 cm dick, mit 17 Rippen, stark gelbbestachelt, Blüte grünweiß mit abgeflachter Röhre, Frucht weinrot, vereinzelt Staminodialhaare. Nördliches Mittel-Peru, Churintal bei 900 m. Haageocereus achaetus Rauh et Bckbg. Bis 1,2 m hoch, 15 cm dick, auffallend durch große Areolen von 1 cm ∅, gelblich be- stachelt, meist ein derber, bis 5 cm langer, zonig ockergelb getönter Mittelstachel; Blüte unbekannt. Ebenfalls Churintal bei 1200 m. Haageocereus acranthus (Vaupel) Bckbg. in Backeberg, Kaktus-ABC 1935. 2 bis 3 m hoch, bis 10 cm ∅, kräftig gelblich oder bräunlich bestachelte, starke Säu- len, Blüten außen grünlich, innen weiß mit Staminodialhaaren, Frucht rot. In Zentral-Peru weit verbreitet, in 400 bis 600 m.

18 Mit Varietäten: a) crassispinus Rauh et Bckbg. Niedriger und buschiger, mit bis zu 4 cm langen, dicken Mittelstacheln. Cañete-Tal, bis 1000 m. b) metachrous Rauh et Bckbg. Bis 1,5 m hoch und 10 cm ∅, dunkelbräunlicher Scheitelfilz, dichtere braune Be- stachelung, Blüte weiß bis hellkarminrosa, postfloral sich bis karminrot verfärbend. Pisco-Tal bei 2000 m. c) fortalezensis Rauh et Bckbg. Bis 1,5 m hoch 10 cm ∅, aber liegende Triebe, Blüte unbekannt. Rio Fortaleza, 800 bis 1400 m hoch.

Haageocereus akersii Bckbg. Bis 1 m hoch und bis 7 cm ∅, leicht keulig, 18 Rippen, mit dichter, bräunlichgelber Bestachelung, pseudomelanostele nahestehend, Blüten außen rötlich schokoladefarbig, innen tief bläulichrosa, Frucht rot. Mittel-Peru bei Cajamarquilla. Es ist dies die Pflanze, die Akers für den nicht mehr identifizierbaren Haageocereus multangularis Willdenow hielt.

Haageocereus albidus Ritter n. n. ? Dicht und zart blaßgelb bestachelte Säulen, Blüte rot.

Abb. 1: Haageocereus albisetatus (Akers) Bckbg. Abb. 2: Haageocereus chosicensis (Werd. et Photo: W. Cullmann. Bckbg.) Bckbg. Photo: W. Cullmann

19 Haageocereus albisetatus (Akers) Bckbg. Bis 2 m Höhe bei bis zu 10 cm ∅, 25 Rippen, dicht blaßgelblich bis silberweiß besta- chelt mit weißen Haarborsten, Blüte grünlichweiß bis trübrot, außenseits grünlich bis rötlichbraun, Frucht lachsrosa. Mittel-Peru, Eulaliatal, bei 1000 m (Abb. 1).

Haageocereus albispinus (Akers) Bckbg. 1 m hoch bis 8 cm ∅, 25 Rippen, dichte, blaßgelbe, feine Bestachelung mit weißen Haarborsten, Blüten außen rötlichbraun, innen rot, orange oder bläulich getönt, Frucht orange. Mittel-Peru, Eulaliatal.

Haageocereus ambiguus Rauh et Bckbg. Liegender Wuchs, 80 cm lang bei 4 cm ∅, 16 Rippen, Bestachelung bräunlich bis grauviolett getönt, Blüte und Frucht unbekannt. Küstenwüste von Süd-Peru bei Atico. Varietät: reductus Rauh et Bckbg. 18 Rippen, kürzer bestachelt.

Haageocereus aureispinus Rauh et Bckbg. (identisch mit viridiflorus Akers?). Bis 80 cm hoch, bei 8 cm ∅, 19 Rippen, dicht leuchtendgelb bestachelt, engtrichte- rige Blüte, außen grün, innen weiß, Staminodialhaare, Frucht weinrot. Zentral-Peru, Cantatal, bei 800 bis 1200 m. Mit Varietäten: a) fuscispinus Rauh et Bckbg. Braun bestachelt. b) rigidispinus Rauh et Bckbg. Weniger dicht und gröber bestachelt.

Haageocereus australis Bckbg. in Jahrbücher der DKG, Band 1, für 1935 bis 1936. Bis 1 m lange, gegliederte Triebe von bis zu 6 cm ∅, 14 Rippen, bräunlich bestachelt, die Stacheln am Grunde schwach zwiebelig verdickt, Blüte außen grünlich schoko- ladebraun, innen weiß, Frucht rot bis rosa. Küstenwüste von Süd-Peru bei Tacna. Die Pflanze hat bei mir bereits geblüht; es handelt sich zweifellos um eine derber bestachelte Varietät von Haageocereus decumbens mit kräftigeren Trieben. Hierzu Varietät: acinacispinus Rauh et Bckbg. Mit säbelförmig nach oben gebogenen Mittelstacheln, Frucht rot. Ebenfalls Süd-Peru.

Haageocereus cephalomacrostibas (Bckbg.) Ritter. Dieser Backeberg’sche Trichocereus ist nach Ritter ein Haageocereus; mir selbst ist die Pflanze außer nach der Literatur unbekannt, so daß ich selbst nicht Stellung hierzu nehmen kann.

Haageocereus chalaensis Ritter n. n. ? Liegende, decumbensähnliche Pflanze mit starker brauner und schwarzer Bestache- lung.

20 Haageocereus chosicensis (Werd. et Bckbg.) Bckbg. 1,5 m hoch und bis 7 cm ∅, 20 Rippen, dicht und fein, weißlichgelblich oder fuchsrot bestachelt, mit weißen Borstenhaaren, Blüte engtrichterig, schmutzig karminrot, teil- weise mit Staminodialhaaren, Früchte grünlichrot bis weinrot (Abb. 2). Zentral-Peru bei Chosica. Varietät: rubrospinus (Akers) Bckbg. = die rot bestachelte Varietät oder Form.

Haageocereus chrysacanthus (Akers) Bckbg. Bis 1 m hoch und bis 7,5 cm ∅, 17 Rippen, dicht fein goldgelb bestachelt, mit gelb- lichweißen Borstenhaaren, Blüte außen grünlich bis rötlichbraun, innen grünlich- weiß, Frucht grünlichrot. Zentral-Peru, nördlich Lima. Haageocereus chryseus Ritter n. n. ? Dicht goldgelb bestachelte Säulen.

Haageocereus clavispinus Rauh et Bckbg. Bis zu 1 m hoch und bis zu 10 cm ∅, derb gelblich und bräunlich bestachelt mit sehr starken, bis 5 cm langen Mittelstacheln, Blüte weiß mit dicker, fleischiger, abgeflach- ter Röhre. Mittel-Peru, östlich Lima, bei 200 m.

Haageocereus crassiareolatus Rauh et Bckbg. 1 m hoch bei 6 cm ∅, 18 Rippen, dichtstehende, dicke Areolen von bis 7 mm ∅, gelb- lich bestachelt, Blüte grünlichweiß, Frucht weinrot. Nördliches Zentral-Peru, Churintal, bei 1200 m. Varietät: smaragdisepalus Rauh et Bckbg. Mit außen lebhaft smaragdgrünen, innen blaßgrünen Blüten.

Haageocereus comosus Rauh et Bckbg. Bis 1,30 m hoch und bis 10 cm ∅, 20 Rippen, dicht gelb bestachelt mit dichtstehenden, langen, weißen Borstenhaaren und einem 3 cm langen Mittelstachel, Blüte engtrich- terig, außen schokoladebraun, innen rot, Frucht grünlichrot. Mittel-Peru, Eulalia-Tal, bei 1000 m.

Haageocereus decumbens (Vaupel) Bckbg. Liegender Wuchs, Triebe bis zu 1 m lang und 3 bis 4 cm ∅, 15 bis 20 Rippen, dicht kurzbestachelt, Blüte außen schokoladebraun, innen weiß, Frucht kräftig rot bis purpur. Südperuanische Küstenwüste. Varietät: spinosior Bckbg. Mit bis zu 10 cm langen Mittelstacheln. Südperuanische Küstenwüste.

Haageocereus deflexispinus Rauh et Bckbg. 1,5 m hoch und bis zu 12 cm ∅, bernsteingelb bestachelt, v-Furche über den Areolen, ein bis 8 cm langer starker, nach abwärts gerichteter Mittelstachel, Blüte unbekannt.

21 Nördliches Zentral-Peru, Churin-Tal, bei 1200 m. Nach der in «Die Cactaceae», Seite 1185,, gegebenen Abbildung handelt es sich um eine Stachel-Varietät eines im übrigen typischen Haageocereus acranthus.

Haageocereus dichromus Rauh et Bckbg. 1 m hoch, bei bis 8 cm ∅, 20 Rippen, dicht gelblich bis rot bestachelt, mit weißen, kurzen Borstenhaaren und fuchsrotem Scheitel im Neutrieb, offene Blüte unbekannt, die Knospe zeigt weinrote Sepalen. Nördliches Zentral-Peru, Churin-Tal. Varietät: pallidior mit kürzeren, feineren Stacheln und kupferrotem Scheitel. Es dürfte sich um chosicensis-Varietäten handeln (gleicher Meinung Ritter).

Haageocereus divaricatispinus Rauh et Bckbg. 1,20 m hoch und bis 10 cm ∅, 18 Rippen, gelb bis rötlich lang bestachelt, bis 3 cm lange, weiße Borstenhaare, bis 4 cm lange Mittelstacheln, sehr stark verzweigend, Blüte purpur, mit Staminodialhaaren, Frucht blaß karmin. Mittel-Peru, Lurin-Tal südlich Lima, bei 800 bis 1200 m. Ritter hält diese Pflanze für eine Naturhybride.

Haageocereus elegans Ritter. Schlanke, dicht und fein, gelblich bis rötlich bestachelte Säulen, Haageocereus versi- color nahestehend, nach Ritter aber keine Varietät.

Haageocereus horrens Rauh et Bckbg. 1 m lang und bis 10 cm ∅, 19 Rippen, dicht gelblich bestachelt, mit bis zu 4 cm lan- gen, aufwärts und abwärts gerichteten Mittelstacheln, Blüte außen grünlichrot, innen weiß, Röhre grün, Frucht weinrot. Nord-Peru bei Trujillo. Varietät: sphaerocarpus Rauh et Bckbg. Bis 1,30 m lang, 22 Rippen, mit runder Frucht.

Haageocereus icosagonoides Rauh et Bckbg. Schlanke Säulen von 1,5 m Höhe und 5 cm ∅, bis 20 Rippen, sehr dicht und kurz gelb bestachelt, Blüten weiß, Blütenreste und nicht entwickelte Blütenanlagen eta- genförmige, Wollflockenzonen bildend, Frucht unbekannt. Sana -> Saña Nord-Peru, Rio Saña, bei 500 m. Die Pflanze ist bei mir im Gewächshaus bereits 3/4 m hoch, hat den gleichen Habitus wie versicolor, nur ist die Bestachelung noch dichter und etwas mehr abstehend; es dürfte sich um eine versicolor-Varietät handeln (gleicher Meinung Ritter).

Haageocereus lachayensis Ritter et Bckbg. Nur zirka 60 cm hoch, bis 8 cm ∅, mit 12 Rippen, V-Kerbe über den Areolen, zirka 50 strahliggestellte Stacheln, Blüte und Frucht unbekannt. Zentral-Peru, 90 km nördlich Lima. Nach der Abbildung in «Die Cactaceae», Seite 1177, dürfte es sich um eine acrantus- Varietät handeln.

22 Abb. 3: Haageocereus laredensis Bckbg. Abb.4: Haageocereus multicolorispinus Buin. sp. n. Photo: W. Cullmann. Photo: W. Cullmann.

Haageocereus laredensis Bckbg. 1935. Bis über 2 m hoch und 7 cm ∅, 18 Rippen, honiggelb bestachelt. Nord-Peru bei Laredo, 600 m hoch. Varietät: longispinus mit bis zu 6 cm langen Mittelstacheln. Die Pflanze zog ich aus Importsaat von Backeberg seit über 20 Jahren; es handelt sich um eine pacalaensis-Varietät mit dichterer, zarterer und längerer Bestachelung, aber mit der gleichen außen grünlichen und innen weißen Blüte wie pacalaensis, und die Frucht ist grün bis rötlich, rundoval, 3,5 cm lang, bis 3 cm breit (Abb. 3).

Haageocereus limensis (Salm-Dyk) Ritter. Ritter hat Haageocereus olowinskianus in limensis umbenannt und gibt dazu die Varietäten: a) andicolus = acranthus b) zonatus = Haageocereus zonatus Rauh et Bckbg. c) metachrous = Haageocereus acrantus var. metachrous Rauh et Bckbg. Ich kann hier Ritter nicht folgen, nachdem es sich auch bei limensis um eine nicht mehr identifizierbare Art handelt.

23 Haageocereus litoralis Rauh et Bckbg. Von liegendem Wuchs, 80 cm lang und bis 8 cm ∅, 16 Rippen, alle Stacheln gelblich mit dunklerer Spitze, Mittelstacheln bis 2 :m lang, Blüte und Frucht unbekannt, Röhre der Knospen grün. Küstenwüste von Süd-Peru. decumbens verwandt?

Haageocereus longiareolatus Rauh et Bckbg. 1 m lang und bis 6 cm ∅, 20 Rippen, auffällig dichtstehende, länglich-ovale Areolen, kurz blaßgelb bestachelt mit kurzen weißen Borstenhaaren, Blüte und Frucht unbe- kannt. Zentral-Peru, Eulalia-Tal, bei 1000 m.

Haageocereus mammillatus Rauh et Bckbg. Von liegendem Wuchs, nur 50 cm lang und 3 cm ∅, 16 Rippen, Areolen auf hoch- gewölbten Mammillen, Blüten und Früchte unbekannt. Süd-Peru in 400 m Höhe zwischen Camana und Arequipa. Varietät: brevior, die nur 20 cm lang, aber 4 bis 5 cm stark wird, mit 18 Rippen, Blüte und Frucht ebenfalls unbekannt. Diese Art wird sich vielleicht noch als Loxanthocereus herausstellen.

Haageocereus multangularis Willdenow. Eine jahrelang umstrittene und nicht mehr identifizierte Art. Ritter hat den Namen im Sinne von Britton und Rose wieder aufgenommen und setzt ihn für die Haageoceren chosicensis mit Varietäten aureus, dichromus, pseudo- melanostele mit Sub-Varietät chrysacanthus, turbidus.

Haageocereus multicolorispinus Buining. Eine Pflanze aus der decumbens-Verwandtschaft, niederliegende, über 1 m lange und 4 bis 5 cm starke Triebe, 15 Rippen, mehr als 40 zum Teil weiße, feine und zum Teil kurze, stärkere, rötliche Randstacheln, 2 kräftige, schräg nach oben und unten ge- richtete Mittelstacheln von 2 bis 3 cm Länge. Alle Stacheln sind im Neutrieb sehr bunt, rot, weiß und bräunlich, die Mittelstacheln später grauweiß mit dunkler Spitze, Blüte außen rötlichbraun, innen weiß, Frucht karminrosa, äußerst blühwillig. Die Publikation dieser Art steht bevor (Abb. 4).

Haageocereus olowinskianus Bckbg. in «Blätter für Kakteenforschung», 1937. Zirka 2 m hoch und bis zu 10 cm ∅, 13 Rippen, gelbliche bis dunkelbraune Bestache- lung, V-Kerbe über den Areolen, Blüte weiß. Südlich Lima. Die Art steht acranthus sehr nahe, so daß Ritter sie als Varietät des letztgenannten führt (Abb. 5). Mit Varietäten: a) repandus Rauh et Bckbg. Mit 1 m Höhe und 16 Rippen. Kann keine Varietät von olowinskianus sein, da sie einen anderen Blütentypus auf- weist, selbst wenn man berücksichtigt, daß die in Backeberg «Die Cactaceae», Band II, Seite 1213 abgebildete Blüte nicht voll entwickelt sein könnte. Man vergleiche die Blütenaufnahmen mit der Sub-Varietät.

24 a) erythranthus, die rot blüht. b) rubriflorior Rauh et Bckbg. Schlanker mit kleineren Areolen und schwächerer Bestachelung und ebenfalls roten Blüten, bei Pachacamac. c) subintertextus Rauh et Bckbg. Ebenfalls schlanker mit feiner, borstenartiger, seitwärts unter sich verflochtener Randbestachelung; ebenfalls bei Pachacamac.

Abb. 5: Haageocereus olowinskianus Bckbg. Abb. 6: Haageocereus pacalaensis Bckbg. Photo: W. Cullmann.

Haagcocereus pacalaensis Bckbg. in «Kakteenfreund», 1933, berichtigt im «Kaktus-ABC», 1935. Starke Säulen von über 2 m Höhe bei 10 cm ∅, 19 Rippen, kräftig reingelb bestachelt, Blüten außen grünlich, innen weiß, Röhre grün, Frucht grasgrün, lang-oval, bis 5 cm lang und bis 3 cm breit. Nord-Peru bei Malabrigo (Abb. 6 und 7).

Haageocereus pachystele Rauh et Bckbg. 80 cm hoch und bis zu 15 cm ∅, 15 Rippen, kurze, weiße Randstacheln, gelbliche, braungespitzte, 3 cm lange Mittelstacheln, wenige weiße Borstenhaare, Blüte un- bekannt, Knospe grün, Frucht blaßweinrot. Mittel-Peru, Churin-Tal bei 900 m.

25 Abb. 7: Haageocereus pacalaensis Bckbg. mit Abb. 8 Haageocereus pluriflorus (Rauh et Frucht. Photo: W. Cullmann. Bckbg.) Bckbg. Photo: W. Cullmann.

Haageocereus peniculatus Rauh et Bckbg. 50 cm hoch und 4 cm ∅, 18 Rippen, abstehende, feine Borstenstacheln, weißlich bis rötlichbraun, Blüte unbekannt. Mittel-Peru, Eulalia-Tal, bei 1000 m; — Loxanthocereus?

Haageocereus piliger Rauh et Bckbg. 70 cm hoch bei bis zu 20 cm ∅, 16 Rippen, gelbliche Bestachelung, stark weiß be- haart mit Haarschopf im Scheitel, ähnelt Haageocereus setosus var. longicoma; Blüte unbekannt, ebenso Frucht unbekannt. Mittel-Peru- südlich Lima bei Pachacamac, in 100 m Höhe.

Haageocereus platinospinus (Werd. et Bckbg.) Bckbg. Mehr oder weniger liegende Triebe, zirka 1 m lang und bis 8 cm ∅, 13 Rippen, im Neu- trieb dunkelbraune, platingrau werdende kräftige Bestachelung, Blüten weiß. Süd-Peru bei Arequipa, bis 2400 m hoch aufsteigend.

Haageocereus pluriflorus Rauh et Bckbg. 0,8 m hoch und bis zu 10 cm ∅, 11 Rippen, wenige derbe, graue und dunkelgespitzte Stacheln, Blüte außen braunrot, innen cremeweiß mit grünlichen Mittelstreifen, mit Staminodialhaaren, Frucht unbekannt. Süd-Peru, bei 1000 m (Abb. 8).

26 Haageocereus pseudoacranthus Rauh et Bckbg. Bis 1,5 m hoch und 10 cm ∅, 12 bis 13 Rippen, blaßgelb bestachelt, V-Kerbe über den Areolen, Blüte unbekannt. Zentral-Peru, Lurin-Tal, bei 1000 m.

Abb. 9: Haageocereus pseudomelanostele (Werd. Abb. 10: Haageocereus pseudomelanostele var. et Bckbg.) Bckbg. Photo: W. Cullmann. clavatus (Akers) Bckbg. Photo: W. Cullmann

Haageocereus pseudomelanostele (Werd. et Bckbg.) Bckbg. 1 m hoch bei 10 cm ∅, 22 Rippen, hellgelb bestachelt, mit Borstenhaaren, Blüte außen grünlich, innen weiß. Zentral-Peru, Rimac-Tal, bei 500 m (Abb. 9). Mit Varietäten: a) clavatus (Akers) Bckbg. Mit nur 18 Rippen und außen dunkelbraunroter, innen tiefrosa Blüte (Abb. 10). b) carminiflorus Rauh et Bckbg. Bis 1,20 m hoch werdend, mit karminroter Blüte. Haageocereus pseudoversicolor Rauh et Bckbg. 1,2 m hoch und bis 10 cm ∅, 18 Rippen, gelb bis gelbbraun bestachelt, Blüte weiß, Frucht grünlichrot. Nord-Peru, Rio-Saña-Tal, in 100 bis 200 m Höhe. Ritter hält die Pflanze für eine pacalaensis-Varietät. Das dürfte stimmen, denn meine 10 bis 12 cm großen Sämlinge aus Importsamen von Rauh sind von pacalaen- sis-Sämlingen nicht zu unterscheiden.

27 Haageocereus repens Rauh et Bckbg. Liegend und meist halb mit Sand zugeweht, 2 m lang und bis 8 cm ∅, 19 Rippen, dicht bestachelt, Blüten außen schokoladebraun mit Grünlich und Rötlich, innen weiß, Frucht unbekannt. Nord-Peru bei Trujillo. Haageocereus rubrospinus (Akers) Bckbg. Bis 1,5 m hoch und 6 cm ∅, bis 22 Rippen, dicht gelb mit Rot bestachelt, mit weißen Haarborsten, Blüte außen dunkelrot bis rotbraun, innen karminrosa, Frucht rötlich. Zentral-Peru, Eulalia-Tal, in etwa 300 m Höhe. Es dürfte sich um eine chosicensis-Varietät handeln. Haageocereus salmonoides (Akers) Bckbg. 1 m hoch und bis zu 10 cm ∅, 22 Rippen, dicht blaßgelb bestachelt und beborstet, mit weißen Haarborsten, Blüte außen gelblichbraun, innen fleischrosa, Röhre gelbgrün, Frucht grün. Zentral-Peru, Rimac-Tal, 15 km oberhalb Chosica. Auch diese Pflanze kann man nur als Varietät von chosicensis betrachten. Haageocereus seticeps Rauh et Bckbg. 1 m hoch und 5 cm ∅, 19 Rippen, stark filzige, große Areolen, dünne, gelbliche Sta- cheln, 1 bis 4 cm langer, borstenartiger Mittelstachel, Wollhaare, Blüte unbekannt, Frucht weinrot.

Abb. 11: Haageocereus setosus (Akers) Bckbg, Abb. 12: Haageocereus superbus n. n. ? var. longicoma (Akers) Bckbg. Photo: W. Cullmann. Photo: W. Cullmann.

28 Zentral-Peru, Eulalia-Tal, bei 1000 m. Varietät: robustispinus Rauh et Bckbg. mit stärkeren Mittelstacheln, Blüte und Frucht weinrot.

Haageocereus setosus (Akers) Bckbg. 1 bis 3 m hoch, 20 bis 21 Rippen, dicht rötlich, gelblich, silberweiß und grau besta- chelt und beborstet, Blüte rot bis rosascharlach, Röhre rot. Zentral-Peru, in Küstennähe südlich Lima. Varietät: longicoma mit nur 30 cm hohen Trieben, gelben und grauen Stacheln, rötlich- braunen, vergrauenden Mittelstacheln und langen, silbergrauen Borstenhaaren, Blüte rot, Frucht grün, oben mit rosa Schein. Ebenfalls südlich Lima in den Caracol-Bergen (Abb. 11). Backeberg und Rauh halten letztere Pflanze für eine pseudomelanostele-Varietät.

Haageocereus smaragdiflorus Rauh et Bckbg. 50 cm hoch bei bis zu 5 cm ∅, 20 Rippen, zahlreiche borstenartige, blaßgelbe bis weiß- liche Stacheln, weiße Borstenhaare, Blüte smaragdgrün mit abgeflachter Röhre und mit Staminodialhaaren. Mittel-Peru, Eulalia-Tal, bei 1300 m.

Haageocereus superbus n. n. ? Eine ganz kurzbestachelte decumbens-Varietät mit besonders schöner, weitgeöffneter weißer Blüte (Abb. 12).

Haageocereus symmetros Rauh et Bckbg. 1,20 m hoch bei bis zu 10 cm ∅, 21 Rippen, Areolen wie bei Mammillaria in Spiralen gleichmäßig angeordnet, dick und kurz gelblich bestachelt, kurze, weiße Borsten- haare, Blüte außen weinrot, innen weiß, Röhre grün, Frucht unbekannt. Mittel-Peru, Churin-Tal, bei 120 mm.

Haageocereus tenuispinus Rauh et Bckbg. 60 cm hoch und bis zu 8 cm ∅, bis 18 Rippen, dicht und fein gelblich bestachelt, mit bis zu 5 cm langen Mittelstacheln, Blüte und Frucht unbekannt. Nord-Peru bei Trujillo.

Haageocereus turbidus Rauh et Bckbg. 1,2 m hoch bei bis zu 8 cm ∅, 19 Rippen, gelbe bis fuchsrote Bestachelung, bis zu 8 cm lange, biegsame, nicht stechende Mittelstacheln, einzelne weiße Borstenhaare, Blüte außen weinrot mit Grün, innen weiß, Frucht weinrot. Mit Varietäten: maculatus mit stärker entwickelten und stark dunkler gefleckten Mittelstacheln. Ritter hält die Art für identisch mit marksianus n. n.? und für eine Varietät von Haageocereus chosicensis (es handelt sich um die durch ihre wunderschöne Bestache- lung bekanntgewordene Pflanze Nr. FR 182). Südliches Zentral-Peru, Nazca-Tal, bei 600 bis 800 m.

Haageocereus versicolor (Werd. et Bckbg.) Bckbg. 1931. Schlanke Säulen bis über 1,50 m hoch und 5 cm ∅ erreichend, bis 22 Rippen, dicht gelblichrötlich oder braun bestachelt, Blüte außen grünlich, innen weiß, Frucht röt- lichgrün.

29 Abb. 13. Haageocereus versicolor (Wcrd. et Abb. 14: Haageocereus versicolor var. catacanthus Bckbg.) Bckbg. Photo: W. Cullmann. Rauh et Bckbg. Photo: W. Cullmann.

Nord-Peru bei Morropon, ab Küstennähe (Abb. 13). Mit Varietäten: Bckbg -> Bckbg. a) lasiacanthus (Werd. et Bckbg.) Bckbg. ohne Mittelstacheln und mit mehr borsten- artiger Bestachelung. b) aureispinus Bckbg., goldgelb bestachelt. c) fuscus Bckbg., fuchsbraun bis dunkelbraunrot, mit violettem Schein bestachelt. d) catacanthus Rauh et Bckbg. mit derberen, schräg nach unten gerichteten, milch- kaffeebraunen Mittelstacheln (Abb. 14). e) xanthacanthus Bckbg., blaßgelblich bestachelt, mit nur bis zu 14 Rippen. f) humifusus (Werd. et Bckbg.) Bckbg., halbliegend, fein bestachelt.

Haageocereus viridiflorus (Akers) Bckbg. 1 m hoch bei 7 cm ∅, 19 Rippen, dicht und kurz gelb bestachelt, Blüte grünlich mit grüner Röhre, Frucht rot. Zentral-Peru, Canta-Tal.

Haageocereus zehnderi Rauh et Bckbg. 1,2 m hoch und bis zu 8 cm ∅, 18 Rippen, dicht und lang honiggelb bestachelt, die Stacheln borstenartig bis haarfein, die Blüte unbekannt, Frucht weinrot. Peru, bei Huallanca, 1300 m.

30 Haageocereus zonatus Rauh et Bckbg. 1,5 m hoch und bis zu 10 cm ∅, 14 Rippen mit besonders auffallenden Querzonen von Wollflocken mit vertrockneten Knospen an den blühbaren Areolen, Blüte und Frucht unbekannt, strahlenförmige Randstacheln. Nördliches Zentral-Peru, Churin-Tal, bei 2000 m Höhe.

Die von Akers beschriebenen Pflanzen empfindliche, kulturwürdige Gattung han- wurden publiziert im amerikanischen «Cac- delt. Sofern man ein Gewächshaus oder tus and Succulent Journal» 1947/48, die von wenigstens einen sonnigen Garten zur Ver- Rauh und Backeberg beschriebenen, so- fügung hat, um einen Cereenkasten auf- weit nichts anderes bemerkt, in Rauh’s stellen zu können, kann man sich nicht nur «Beitrag zur Kenntnis der peruanischen am mühelosen Gedeihen und den lebhaften Kakteenvegetation», Heidelberg 1958, und Farben dieser Cereengruppe erfreuen, son- in Backeberg’s «Die Cactaceae», Band 2, dern wird auch bei der Mehrzahl der Arten 1959, in Verbindung mit Backeberg’s die Blüten erleben. Zur Kultur will ich nur «Descriptiones Cactacearum novarum», 1956. noch folgende Kernpunkte anführen: Die von Werdermann und Backeberg Leichte, aber lehmhaltige Erde, viel beschriebenen Pflanzen sind veröffentlicht Sonne und Wärme, Dunggüsse mit stick- in Backeberg’s «Neue Kakteen» 1931. stoffarmen Kakteen-Volldüngern und wäh- Seit meinem Aufsatz von 1951 hat sich rend des Wachstums genügend gießen mit die Zahl der Haageocereen gewaltig ver- kalkfreiem oder mittels Säure enthärtetem mehrt. Es sind stark behaarte Arten und Wasser, nicht zu kalte und helle Überwin- noch intensiver rot oder gelb bestachelte terung. Arten oder Varietäten dazugekommen. Ein Anschrift des Verfassers: weiteres Jahrzehnt an Kulturerfahrung hat Dr. Willy Cullmann, bestätigt, daß es sich um eine äußerst un- Marktheidenfeld/Main

Islaya krainziana Ritter spec. nov. Von Friedrich Ritter

Simplex vel paullum prolifera, cineras- centi glaucescens, dura, hemisphaerica, dein elongata, fere procumbens, apice tomentoso, costis 16—23, tuberculatis, obtusissimis; areolis magnis, 1—11/2 cm longis, 7—10 mm latis, tomentosis, confertis; aculeis validis, brevibus, stramineis, dein cinerascentibus, rectis deorsum directis,marginalibus 8—12, centralibus 4—8; floribus 3—31/4 cm longis, limbo 21/2—3 cm lato; receptaculo 12-14 mm longo, inferne tubiformi, superne infundi- buliformi; camera neetarifera 1 mm diametro semiaperta; filamentis flavidis; antheris Islaya krainziana Ritter spec. nov. mit typisch luteis; fructibus dispersis per ven- liegendem Wuchs; dem Standort entnommenes tura, rubidis, cavis, floccis magnis et setis Exemplar mit einer offenen und einer abgeblüh- ten Blüte, einer Knospe und alten Blütenresten. mollibus et reliquis floribus setigeris la- Photo: Friedr. Ritter, Nr. 927 (nach einer Farb- nosissimis instructis, funiculis glutinosis; aufnahme). seminibus nigris, minime tuberculatis, ven-

31 traliter sinuatis, hilo ventrali; locus typi eine Öffnung von zirka 3/4—1 cm; außen Poconchile, Chile borealis. grünlich oder rötlichgrün, mit schmalen, Körper etwas graugrün (nach Din. rötlichen Schuppen, starken, weißen Flok- 6164 etwa Farbe 22, Sättigung 3, Dunkel- ken und weichen, gelblichen, nicht stechen- stufe 3), hart, jung halbkugelig, im Alter den Borsten. sehr verlängert und halbliegend, wind- Staubfäden blaßgelb, unten heller, abgewandt wachsend, bis über 70 cm lang die unteren zirka 1 cm, die obersten zirka werdend, nach dem Ende zu etwas keulen- 5—7 mm lang. Insertionen gleichmäßig ver- förmig, manchmal ein wenig sprossend, teilt, bis nahe zum Schlundrand. Staub- 5—12 cm dick, mit flachem, grauem Woll- beutel dottergelb. scheitel. Reichliche, oberflächliche Faser- wurzeln, ohne Rübe. Der Wüstenboden, Griffel weiß, zirka 13/4 cm lang, mit auf dem diese Art wächst, bleibt in weni- etwa 5—9 weißen, 2—3 mm langen Nar- gen Zentimetern Tiefe stets trocken, wes- benlappen, welche so hoch oder meistens halb die Art nur Oberflächenwurzeln ent- höher als die Staubbeutel stehen. wickelt. Hüllblätter mäßig ausgebreitet, 13 Rippen 16—23, durch tiefe Kerben bis 16 mm lang, 4—5 mm breit, oben kurz über den Areolen höckerig, mit Falten vom zugespitzt, goldgelb oder tief zitronengelb, Grunde der Kerben in die Längsfurchen am Grunde blasser; die äußersten rot oder hinab. Rippen 10—12 mm hoch, am Grunde mit rotem Mittelstreif, in die oberen Röh- ebensobreit, oben sehr stumpf. Längsfur- renschuppen überhöhend. chen eng, etwas geschlängelt. Areolen junger Pflanzen klein, alter Pflanzen sehr groß, 1—11/2 cm lang, 7—10 mm breit, nur 1—3 mm voneinander ent- fernt, stark befilzt. Der junge Filz weiß oder gelblich, vergrauend. Stacheln derb, pfriemlich, fast ge- rade, meist hellgelb, zuweilen mehr braun, im Alter infolge der Nebel vergrauend; die meisten Stacheln abwärts gerichtet, alle kurz, die randlichen etwa 8—12 von meist 1/2—1 cm Länge, die untersten am läng- sten, zuweilen bis 11/2 cm. Mittelstacheln 4—8, kaum stärker und länger. Islaya krainziana Ritter spec. nov. Standortsauf- Blüten nur tags geöffnet, am späten nahme. Wuchs immer windabgewandt. Vorderstes Exemplar mit einer abgefallenen Frucht davor Nachmittage schließend, duftend, 3—31/4 cm und oben mit einer Blüte. Photo: Friedr. Ritter, lang, mit 21/2—3 cm weiter Öffnung; mit Nr.922 (nach einer Farbaufnahme). äußerer Einschnürung im Bereiche der Nektarkammer. Die Angaben wurden von sechs Blüten verschiedener Exemplare ge- Frucht wächst bei der Reife lang aus, nommen. 11/2—3 cm lang, 1—13/4 cm breit, fast ton- nenförmig. Farbe purpurn, nach Din. 6164 Fruchtknoten grünlich, mit röt- Farbe 10, Sättigung 3—5, Dunkelstufe 2—3, lichen, schmalen Schuppen, weißen Flok- nach oben hin öfters bräunlich von Farbe 5, ken und oben etwas borstig. Sättigung 4 und Dunkelstufe 3—4. Frucht Nektarkammer mit reichlich Nek- zu 1/4 bis 1/2 bedeckt mit starken, weißen tar, nur 1 mm hoch, bildet eine 1 mm weite Wollflocken, mit sehr schmalen, 1—2 mm Hohlkehle um die Griffelbasis; halb offen, langen, bräunlichroten Schuppen und we- da sie an ihrem oberen Ende durch eine nigen bis zahlreichen, mehr aufrechten als ringförmige Wandverdickung eigeengt wird. abstehenden, blaß bräunlichgelben bis fast Röhre 11—14 mm lang, unten fast tu- weißen, weichen, geraden oder verboge- bisch und nur zirka 2 mm weit, die obe- nen, 1/2—1 cm langen Borsten; die unteren ren 3/4 cm, trichterig sich erweiternd, auf Areolen der Frucht sind borstenlos. Fest

32 aufsitzender Blütenrest, dichter bewollt einmal nässende Nebel, welche den Boden und abstehender beborstet. Kleiner, ver- nur oberflächlich befeuchten. Der Boden, tiefter Fruchtnapf; kreisrundes, 2—3 mm auf dem diese Art wächst, ist feinster, lo- weites Bodenloch. Samenleisten nur etwa ser Sand und Verwitterungsstaub, welcher in der oberen Hälfte der ausgewachsenen mangels Regen überall liegen bleibt und in Frucht, untereinander verwachsen, kaum welchem der schreitende Fuß tief einsinkt. oder nicht als gesonderte Leisten erkenn- Hier ist Islaya krainziana die einzige Blü- bar, weil nur gering entwickelt. Samen- tenpflanze auf einer Fläche von wenigen stränge unverzweigt, etwa von doppelter Hektaren. Rings herum ist Vollwüste ohne Länge der Samen. Der Boden des Frucht- jegliches Leben. An Wüstenresistenz wird napfes ist flach oder nur geringfügig in den diese Art, wie es scheint, von keiner ande- Hohlraum der Frucht vorgewölbt. Bei der ren Kakteenart übertroffen. Die Pflanzen Reife erweichen und schmieren die Samen- sind sehr gesund und erreichen in Anbe- leisten, Samenstränge und die Hohlraum- tracht des sehr langsamen Wachstums und seite der Fruchtnapfes und halten die Sa- der großen Länge — bis 3/4 m, ganz un- men fest. Beim Austrocknen der Frucht gewöhnlich bei Islaya — wohl ein höheres können sich die Samenleisten gelegentlich Alter als alle übrigen Islaya-Arten. etwas von der Wand ablösen und so ein Stellung im System: Diese Art loses Körbchen im Fruchtinnern bilden, das wird wahrscheinlich mit der südlichsten den Samen enthält. Typische Windver- Islaya aus Peru am nächsten verwandt sein, wehungsfrucht. Während die Frucht vom der Islaya unguispina Ritter nom. nud. Is- Winde verweht wird, trocknet sie aus und laya krainziana ist die südlichste Islaya- gibt die Samen nach und nach frei, die auf Art und die einzige aus Chile. Die Verbrei- diese Weise durch das kleine Bodenloch tung dieser Gattung erstreckt sich demnach über die Wüstenfläche ausgestreut werden. auf wenigstens 630 km der Pazifikküste An Stellen, an denen der Wind sich bricht, entlang. I. bicolor ist die nördlichste Art finden sich dann gelegentlich zu vielen und zeigt in der Bestachelung Anklänge Tausenden die leeren Fruchthüllen ange- an I. krainziana, was nur auf einer Konver- häuft. genzerscheinung beruhen kann. Samen zirka 11/2 mm lang, 3/4 mm breit, Diese Art wurde von mir im Januar 1954 2/3 mm dick, schwarz, sehr fein gehöckert. gefunden und erhielt meine Nummer FR Dorsalseite stark gewölbt, ungekielt; Ven- 200, unter der sie von mir im April 1954 an tralseite in der Mitte eingebuchtet, so daß die Städtische Sukkulentensammlung in der Samen fast nierenförmig und am Grund Z ü r i c h gesandt wurde. Ich benenne diese verschmälert ist. Hilum vom basalen Pole interessante Art nach dem verdienten, aus ventralwärts gelegen, weiß, kurzoval. langjährigen Vorsitzenden der Schweizeri- Typstandort: Poconchile in Chile, schen Kakteengesellschaft und Vorsteher südlich der Grenze gegen Peru. Die Pflan- der Stadt. Sukkulentensammlung, Herrn zen wachsen in einer Wüste, welche nie- Hans Krainz in Zürich. mals Regen empfängt, sondern nur selten Holotypus Nr. FR 200.

33 Austrocactus hibernus Ritter spec. nov. Von Friedrich Ritter

Fructus viridis, dolitformis, mollis, 1—2 cm longus, iisdem appendicibus ac pericarpel- lum obsitus. Pulpa mucosa. Semina 2,25 mm longa, 1,75 mm lata, 0,75 mm crassa, basi acuminata. Testa nigra, ± tenuissime ver- rucosa. Hilum parvum, rotundum, album, ventraliter infra apicem situm.

Holotypus hinterlegt im Botanischen Mu- seum und Herbarium von Utrecht, Nieder- lande. Diese Art wurde von mir im Fe- bruar 1954 gefunden und erhielt meine Nummer FR 226. Austrocactus hibernus Ritter spec. nov. am Typ- standort. Photo: Friedr. Ritter Nr. 331 (nach einer K ö r p e r grün, sehr weichfleischig, säu- Farbaufnahme). lenförmig, am Boden kriechend und auf- steigend, stark vom Grunde sprossend. Son- Radix non napiformis. Caulis viridis, nentriebe zirka 10 cm lang und 2—3 cm prostratus et ascendens, 2—3 cm crassus, dick; Schattentriebe kaum 1 cm dick und ca. 10 cm longus, basi gemmascens. Costae bis 40 cm lang. Nur Faserwurzeln; liegende 7—8, ca. 4—6 mm altae, satis gibbosae. Triebe treiben Seitenwurzeln. Areolae pallide flavae, 2—3 mm longae, R i p p e n 7—8, etwa 4—6 mm hoch, ziem- 1,5—2 mm latae, 6—8 mm inter se remotae, lich weitgehend in rundliche oder längliche inveniles folia minima gerentes. Spinae Höcker aufgelöst, mit weiten Zwischen- marginales 5—8 basales, plerumque tenuis- rippenfurchen. Rippen der dünnen Triebe simae, rectae, albidae, 3—10 mm longae, viel niedriger. superiores multo crassiores, aciculiformes, rectae, 1,5—2 cm longae, flavo-fuscae, in- A r e o l e n mit blaßgelblichem Filz, oval, terdum paene omnes aequicrassae. Spinae etwa 2—3 mm lang und 11/2—2 mm breit, centrales 1—4, 1—3 cm longae, sicut spi- auf den Höckern und deren Oberseite 6 bis nae marginales validiores. 8 mm voneinander entfernt. Im Neutrieb Flores apicales, 4—5 cm longi, plerique findet sich am unteren Areolen-Ende ein saepe masculi vel feminei. Pericarpellum etwas abgeflachtes Blättchen von weniger ca. 1 cm longum, 7,5 mm latum, squamis als 1 mm Länge, was ein primitives Merk- parvis, floccis albis, setis mollibus, arcua- mal ist. Die Areolen der dünnen Triebe tis obsitum. Caverna nectarifera parva, in sind rundlich, nur etwa 1 mm breit und floribus masculis maior, 6 mm longa et stehen näher beieinander. lata, filamentis clausa. Receptaculum pa- Stacheln: Randliche 5—8, die unte- telliforme, 8—11 mm longum, superne ren meist sehr fein nadelförmig, gerade, 11—16 mm latum, interne album vel ro- seitlich strahlend, weißlich, etwa 3—10 mm seum, externe pericarpello aequale. Fila- lang, die oberen viel stärker, nadelförmig, menta in 2 series disposita, albida. Anthe- gerade, seitlich, 11/2—2 cm lang, hellgelb- rae florum femineorum facile caduca et braun, vom Aussehen der mittleren, manch- stamina partim rudimentariae. Stylus us- mal auch fein nadelförmig wie die unteren; que ad 2 cm longus, exsertus, inferne al- anderseits können die feinen Stacheln fast bus, superne rubellus. Stigmata 7—10, fehlen und die wenigen, stärkeren Rand- aurea. Flores masculi stylo carentes. Peri- stacheln bis unten gehen. Mittelstacheln anthii phylla 2—3 cm longa, 10—15 mm nicht scharf gesondert, 1—4, von 1—3 cm lata, superne rotundata vel acuminata, lu- Länge, gerade, derb nadelförmig, starr, ste- teo-fusca, basin versus pallidiora ad aurea. chend, unter sich stark divergierend. Die

34 dünnen Triebe haben nur sehr feine, kurze, Hüllblätter 2—3 cm lang, 10—15 mm weißliche Stachelchen. breit, unten auf zirka 7 mm verschmälert; B l ü t e n dicht am Scheitel, 4—5 cm lang, größte Breite bei etwa 3/4 der Länge, oben geruchlos, mit schlüsselförmiger Öffnung gerundet oder zugespitzt, mit gezähnelten Rändern. Farbe goldbraun bis hellbraun goldbaun -> von 4—5 cm Weite, dauern etwa 2 Tage an, goldbraun öffnen sich nur tags und schließen sich be- oder etwas rötlichbraun, nach der Basis hin reits am Nachmittag. Neben Pflanzen mit blasser, von gleicher Farbe oder auch gold- Blüten, die vorwiegend weiblich sind, fan- gelb. den sich Pflanzen mit rein männlichen Blü- Frucht grün, tonnenförmig, weich, ten. Die Angaben wurden hauptsächlich 1—2 cm lang, mit anhaftendem Blütenrest. von vier Blüten verschiedener Exemplare Außenbedeckung wie beim Fruchtknoten. am typischen Fundort entnommen. Die Schuppen scheinen abgefallen zu sein. Fruchtknoten 3/4—11/2 cm lang, Frucht innen mit sehr schleimigem, wohl- zirka 3/4 cm breit, dunkelbräunlichgrün, schmeckendem, grünem Fruchtfleisch, das glänzend, mit kleinen, schmalen, rötlichen nach Melonen duftet. Schüppchen, weißen Wollflöckchen und Samen etwa 21/4 mm lang, 13/4 mm weichen, etwas krausen Borsten; bei den breit, 3/4 mm dick, also flach; die Flachsei- männlichen Blüten fehlen die Samenanla- ten im Zentrum etwas genabelt. Same im gen. Umriß gerundet, mit basal ausgezogener Nektarkammer bildet eine hohle Spitze. Hilum klein, rund, weiß, in einer Rinne um die Griffelbasis, mit honiggelbem Einbuchtung ventralwärts der Spitze ge- Boden; halbgeschlossen durch die unteren legen. Testa mattschwarz, sehr fein und Staubfäden. Dies ist die normale Ausbil- flach gehöckert; dazu sekundär größere dung der vorwiegend weiblichen Blüte. Höcker, die sich fast zu radiär um das Zen- Nektarkammer der männlichen Blüte viel trum angeordneten Rippen zusammenschlie- größer, becherförmig, 6 mm lang und breit, ßen. rosa, durch die Staubfäden abgedeckt. Typstandort: Gebirge über Mina Röhre darüber fast schüsselförmig, Dolomita, Maule-Schlucht, Chile, 8—11 mm lang, oben 11—16 mm weit, innen 36. Breitengrad (Süd), etwa bei 2000 Meter weiß oder etwas rosa, außen wie der Frucht- Meereshöhe und etwas tiefer. knoten. Stellung im System: Verwandt Staubfäden in zwei Serien; über der mit Austrocactus spiniflorus (Philippi) Rit- Nektarkammer zeigen die untersten 2 bis ter comb. nov. (synonym: Opuntia spiniflora 3 mm des Schlundes dichte Insertionen an Philippi in Linnaea XXX 1859, S. 211); 7—10 mm langen, weißlichen oder blaßrosa Erdisia spiniflora (Phil.) (Britton N. L. et und stark nach innen geneigten Staubfäden; Rose J. N. Cactaceae II 1920, S. 106, 107); außerdem befindet sich am Schlundrande diese Kaktee gehört in Wirklichkeit zur ein Ring von 3—4 mm langen, gegen die Gattung Austrocactus, wie es die von mir Hüllblätter zu geneigten Staubfäden. Staub- gründlich untersuchte Blüte zeigt. Noch beutel groß, goldgelb, ockergelb oder etwas näher ist vielleicht die Verwandtschaft mit rosa. Bei den vorwiegend weiblichen Blü- einer Kakteenart, die nach Körper, Besta- ten fallen die Staubbeutel sehr leicht von chelung und Blüten ebenfalls ein Austro- den Staubfäden ab, und oft sind viele der cactus ist, nämlich Austrocactus philippii oberen Staubfäden des unteren Staubblatt- (Regel et Schmidt) Ritter comb. nov. (syno- kreises steril, sehr dünn und kraus, wie nym: Cereus philippii Regel et Schmidt in Wolle. Gartenflora XXXI 1882, S. 98); Erdisia phi- lippii (Regel et Schmidt) (Britton N. L. et Griffel zirka 2 cm lang, die Staubbeu- Rose J. N. Cactaceae II 1920, S. 105). Die letz- Cactacea -> tel weit überragend, unten mehr weiß, oben Cactaceae tere Art, von A. Philippi in Chile ent- meist rötlich oder gelblichrötlich, mit 7 bis deckt und 1882 beschrieben, ist nie wieder 10 goldgelben, mehrere Millimeter langen, ziemlich stumpfen, spreizenden, rings be- gefunden worden. zotteten Narbenlappen. Männliche Blüten Ökologie: Die Maule-Schlucht bil- ohne Griffel. det in den chilenischen Kordilleren unge-

35 fähr die Südgrenze der Verbreitung höhe- haben nur eine ganz kurze Zeit des som- rer Kakteen, nur die primitive Maihuenia merlichen Wachstums, Blühens und Fruch- dringt noch weiter südlich vor. Winterliche tens zur Verfügung, und selbst während Kälte und Nässe setzen ihnen hier eine dieser Zeit stehen sie nachts im gefrorenen Schranke nach Süden zu. Im tiefsten und Boden. Viele Monate sind sie vom Schnee wärmsten Teile der Schlucht ist noch der zugedeckt; aber es gibt auch Pflanzen auf südlichste, chilenische Pyrrhocactus als Sel- Felsengraten, wo der Wind keine Schnee- tenheit örtlich anzutreffen. Weiter schlucht- bedeckung zuläßt; hier finden sie keinen aufwärts, bei der Mina Dolomita, fehlen Schutz gegen die extremen Wechsel von Kakteen bereits vollkommen. Von da mach- Nachtkälte und Tageswärme durch die in- te ich einen schwierigen Aufstieg, mir einen tensiv wirkende Höhensonne. Bekanntlich Weg durch Gestrüpp und Zypressenwald ist das Abwerfen des Laubes bei Pflanzen bahnend, bis in die alpine Region hinauf. höherer Breitengrade weniger ein Schutz Wenn schon in dem gemäßigteren Klima gegen den Frost als gegen die Ausdörrung, weiter unten Kakteen keine Anpassungs- weil die Pflanzen dem gefrorenen Winter- möglichkeiten mehr gefunden hatten, so boden kein Wasser zu entnehmen vermö- erwartete ich erst recht nicht, eine höhere gen. Kaktee in der alpinen Region mit extremen Diese Kaktee hat eine eigenartige Anpas- Frösten und hohen Niederschlägen noch sung erfahren, nämlich eine xerophytische anzutreffen, allenfalls schien hier eine an den Frostboden, dem sie monatelang Maihuenia möglich. Um so erstaunter war keine Feuchtigkeit entnehmen kann, d. h. ich, als ich hier auf Felsengräten eine kleine die Sukkulenz war bereits vorhanden, Kaktee vom Aussehen etwa eines Echino- wurde aber bei dieser Art für ihr Fortkom- cereus antraf. Zunächst glaubte ich, eine men auf dem Frostboden ausgenutzt, in neue Kakteengattung gefunden zu haben, einer Region hoher Niederschläge, ein Fall, später ergab sich, daß ein chilenischer Ver- wie ich ihn sonst bei keiner Kakteenart an- treter der Gattung Austrocactus vorlag. Es getroffen habe. war im Sommer, in der regenärmsten Zeit des Jahres; der Boden, in welchem meine K u l t u r: Austrocactus hibernus ist in Kakteen standen, war gleichwohl naß, zu- Deutschland absolut winterhart. Exem- dem sehr aufgelockert, denn er friert jede plare, die ich 1954 sandte, sind seitdem in Nacht ein, während ihn die Tageswärme Deutschland im Freien gehalten worden, wieder auftaut. Ich glaube, es gibt hier ohne Frostschäden zu erfahren. Außerdem restistent sind sie resistent gegen Winternässe oder -> resist- überhaupt keine frostfreien Nächte; ich be- ent fand mich in einer Höhe von etwa 2000 Me- nasse Kälte; ich habe an Exemplaren, die ich naß gehalten hatte, nie Fäulnis ange- tern über dem Meere. Diese Kaktee steigt troffen. Der pH-Wert des Bodens, in wel- bis etwa 2200 Meter hoch, und hier liegen chem sie wachsen, wurden wir etwa 6 er- wit -> wir an den Schattenseiten der Berge bereits 1/2 mittelt. Leider kann man dieser Art in Fetzen des ewigen Schnees. Man muß dabei Deutschland nicht ihr extremes Heimat- in Betracht ziehen, daß die pazifische Seite klima geben; im Sommer sollte man sie je- der chilenischen Anden und deren Vorland doch möglichst vor warmer Luft schützen. infolge des kalten Humboldt-Stromes der Anderseits verlangt sie viel Licht, sonst be- Meeresküste ein viel kühleres Klima auf- kommt sie geile, dünne Triebe. Wurzelecht weisen, als es der geographischen Breite kommt sie in Kultur schlecht voran. Bak- entspricht. An einer Stelle fand ich einige keberg teilt mit, daß sich Austrocactus Exemplare dieser Kaktee, und 20 Meter leicht pfropfen läßt. Da diese Art im Winter unter ihnen lag noch ein Fetzen Altschnee jedoch im Freien gehalten werden sollte, vom vergangenen Winter. Das war am so müßte sie auf winterharte Unterlagen 18. Februar, was auf der Nordhalbkugel gepfropft werden und möglichst auf solche, dem 18. August entspricht, also dem Spät- welche wenig nässeempfindlich sind. sommer, der Zeit der größten Abschmel- zung des Schnees. Diese höchst gelegenen Anschrift des Verfassers: Exemplare stehen den weitaus größten Teil Fr. Ritter, es Jahres im Schnee und Bodeneis und Correo Olmue, Chile

36 Gymocalycium glaucum Ritter spec. nov. Von Friedrich Ritter

Pflanzen 5—12 cm dick. Harte, konische, weiße Rübenwurzel von 10—12 cm Länge. Rippen 10—16, stumpf und breit, an den Areolen verdickt, 3/4—11/2 cm hoch, unter den Areolen höckerig vorgezogen, über ihnen mit Querfurchen. Areolen stark weißfilzig, 3/4—11/2 cm lang, 1/2—3/4 cm breit, bei älteren Exem- plaren doppelt oder nahezu doppelt so lang als breit, erhaben, etwa 11/2 cm vonein- ander entfernt. Stacheln jung rötlichbraun, vergrau- Gymnocalycium glaucum Ritter spec. nov. am end, kammförmig gestellt, in 2—3, selten Standort. Photo Friedr. Ritter (nach einer Farb- 4 Seitenpaaren, dazu ein unpaarer unten; aufnahme). alle stark, starr, pfriemlich, halb nach außen gerichtet und etwas gegen den Kör- per zu gebogen, meist 2—4 cm, zuweilen Radix longa, napiformis. Caulis glaucus, bis 7 cm lang, das mittelste Paar am läng- semiglobosus, 5—12 cm crassus. Costae sten, der unterste meist der kürzeste. Sel- 10—16, obtusae, 7,5—15 mm altae, infra ten dazu am oberen Areolenende noch ein areolas subgibbosae, supra illas transverse unpaarer, abstehender, kürzerer Stachel. sulcatae. Areolae albae, 7,5— 15 mm lon- gae, 5—7,5 mm latae, ca. 1,5 cm inter se re- Blüten nahe am Scheitel, geruchlos, motae. Spinae 5—9, 2—7 cm longae, rubro- 31/2—51/2 cm lang, mit einer 21/2—41/2 cm fuscae, laterales, validae, subarcuatae. weiten Öffnung, öffnet sich erst mittags. Die Angaben wurden von zwei Blüten ver- Flores 3,5—5,5 cm longi, aperti 2,5—4,5 schiedener Exemplare des Typstandortes cm lati. Pericarpellum 15—22 mm longum, genommen. superne 8—10 mm crassum, squamis latis Fruchtknoten 15—22 mm lang, oben rotundatis obtectum. Caverna nectarifera 8—10 mm dick, unten auf 3 mm verschmä- tubiformis, 3 mm longa, purpurea, filamen- lert, mit Farbtönungen von Rötlich, Grün- tis clausa. Receptaculum infundibuliforme, lich, Bräunlich und Bläulich, nach unten 7—12 mm longum, superne 6—13 mm la- mehr rot, mit fast ebensofarbigen, schmal- tum, interne purpureum. Filamenta fusco- weiß gerandeten, gerundeten Schuppen von purpurea, inferiora 3—4 mm longa, secun- 2—4 mm Länge und 3—5 mm Breite, mit dum totum tubi parietem inserta, 5—8 mm aufgesetztem, winzigem, dunklem Spitz- longa. Stylus pallide viridis, 12—18 mm chen. longus. Stigmata 9—12, pallide flava. Peri- anthii phylla 13—21 mm longa, 5—8 mm Nektarkammer tubisch, 3 mm lang, lata, inferne auguste linearia, purpurea, su- 1/2 mm weit um den Griffel herum, purpur- perne rotundata, alba. Fructus 2,5—3 cm rot, oben geschlossen durch einen ein- longus, 1,5—2 cm crassus, inferne ruber, fachen Ring verdickter Staubfäden, die sich superne viridiusculus. Semina 1 mm longa, am Griffel anlehnen. 0,75 mm lata, nigra, tenuiter gibbosa. Hi- Röhre unten trichterig, die obersten lum album, basale, longum, prominulum. 2—3 mm ohne Erweiterung, 7—12 mm lang, oben 6—13 mm weit, innen purpurn, Körper aschgraugrün; der Grauton außen gefärbt wie der Oberteil des Frucht- überwiegt stark die Grünfärbung; ziemlich knotens, mit gleichartigen Schuppen zu flach, im Alter halbkugelig. Blühbare zirka 1/4 bedeckt.

37 Staubfäden braunpurpurn, der un- Samen reichlich, 1 mm lang, 3/4 mm tere Ring 3—4 mm lang, die anderen 5 bis breit, 1/2 mm dick. Testa schwarz, fein ge- 8 mm lang. Insertionen auf ganzem Kelche höckert, am Hilumrande etwas nach außen oberhalb der Nektarkammer, am dichtesten umgekrempelt. Hilum weiß, basal, lang, oben. Staubbeutel nach innen gerichtet, ventralwärts etwas nach unten verlängert, cremebraun bis rosa, oval. Pollen weiß. etwas hervorstehend. Griffel blaßgrün, am Grunde rötlich, Typstandort südöstlich von Tino- über 11/2 mm dick, 12—18 mm lang, wovon gasta in der Provinz Catamarca, nahe der 2—3 mm auf die 9—12 blaßgelben, gespreiz- Grenze gegen die Provinz La Rio ja, Argen- ten, ziemlich stumpfen Narbenlappen ent- tinien. fallen, welche zwischen den Staubbeuteln Stellung im System: Nahe ver- stehen. wandt mit Gymnocalycium mazanense Bak- Hüllblätter 13—21 mm breit, die un- keb. Die wesentlichen Unterschiede sind: tersten 3—4 mm lang, fast linealisch und starke Graufärbung des Körpers; die Areo- 11/2—3 mm breit, oben gerundet, mit oder len sind länger, später meist doppelt so ohne Spitzchen; größte Breite bei zirka lang als breit (G. mazanense nahezu rund), 3/4 cm Länge; unten aufrecht, oben nach die Stacheln sind mehr zurückgekrümmt, außen ausgebreitet; der unterste Teil pur- und Mittelstacheln fehlen stets. (Etwas öst- purn, nach oben sich in einen schmalen licher beginnt das Gebiet von G. mazanense Mittelstreifen fortsetzend, sonst weiß; die mit Formen, die im Alter stets ein bis meh- äußeren Hüllblätter kürzer und breit, am rere Mittelstacheln tragen.) Die Blüten- Grunde kaum verschmälert, mehr grün- röhre ist innen purpurrot, Staubfäden pur- lich, rosa gerandet, in die Schuppen über- purbräunlich. (G. mazanense, beides blaß), gehend. Griffel blaßgrün; Hüllblätter nach unten purpurn, oben weiß. F r u c h t 21/2—3 cm lang, 11/2—2 cm dick, Basis 1/2 cm dick und rötlich, nach Holotypus hinterlegt im Botanischen oben graugrün oder braungrün, wie der Museum und Herbarium, Utrecht, Nieder- Fruchtknoten beschuppt. Blütennarbe 11/4 lande. Diese Art wurde von mir im Fe- bis 11/2 cm breit, vertieft. Frucht platzt bruar 1959 gefunden und hat meine Num- bei der Reife der Länge nach auf. mer FR 961.

38 Matucana mirabilis Buin. spec. nov. Von A. F. H. Buining

werden. Randstacheln ± 12 abste- hend gespreizt, ± 1 cm lang, glasartig farb- los, später grau. Mittelstacheln ± 3, 2 oben und 1 unten am Areole, die obersten bis 13 mm lang, die unterste viel kräftiger, bis 2 cm lang, alle glasartig farblos mit einer braunen Spitze, später grau mit dunk- ler Spitze. An der Oberseite der Areole er- scheint die haarige Blütenknospe.

Matucana mirabilis Buin. spec. nov. (nach Farb- aufnahme). Photo: Buining.

Corpus caespitosus, clavatus, ad 60 cm longus et 12 cm diam.; costae ± 12; Spinae radiales ± 12, ad 1 cm longae, hyalinae apice brunneae, centralium 2 superiores ad 13 mm longae, una inferior ad 20 mm longa; flos ad 8,5 cm longus, 4 cm diam., subzy- gomorphus; tubus ad 15 mm diam., subap- planatus, squamarum axillis pilosis, camera nectifera clausa, anello nullo; tepala ovalia, rosea, margine violacea; stamina ± 4 cm longa, filamentis albis, apice roseis; fruc- tus orbicularis fissuris triangularibus de- hiscens. M. aurantiaco (Vpl.) Ritter affinis, habitu clavato, fructu fissuris triangulari- bus dehiscenti differt.

Vom Grunde aus Gruppen bildend, keulenförmig, einzelne Triebe bis 60 cm lang und bis 10 cm breit, frischgrün, sieht aus wie ein dicker Echinocereus. Blüte von Matucana mirabilis Buin. Photo: Akers. Rippen 12, bis 2 cm auseinander, zu- erst von einer ziemlich tiefen, wellenför- mig verlaufenden Furche voneinander ge- Blüte bis 8,5 cm lang, ausgebreitete trennt, später verflachend. Areolen bis Blütenkrone bis 4 cm breit, etwas zygo- 1,5 cm auseinander, oval, 8 mm lang und morph; Röhre Receptaculum bis 15 mm 5 mm breit, mit etwas sehr kurzem gelb- breit, etwas flach und deshalb unten bis lichem Filz, später weiß; an die obernseits 6 mm, nach oben bis 12 mm dick; Schup- der Areolen eine etwas nach oben zur Seite pen mit der Röhre verwachsen und dort des Rippens laufende Einkerbung, wodurch eine Verdickung bildend, nur das äußerste die Rippen mehr oder weniger aufgeteilt Spitzchen frei, bis 5 mm breit, aus den Ach-

39 sein etwas Haare bildend; die Schuppen Die äußerst seltene Pflanze wurde auf gehen nach oben allmählich über in die 3000 bis 3300 m Höhe zwischen Churin und ellipsenförmigen äußeren Blüten- Oyon in der Provinz Cajatambo, Departe- hüllblätter, welche von Grün ins ment Lima, in Peru gefunden. — Der Kopf Grün mit violettem Rand übergehen; die meiner Pflanze wird als Holotypus hinter- inneren Blütenhüllblätter sind legt im Herbar der Städtischen Sukkulen- etwa 22 mm lang und zirka 9 mm breit, tensammlung in Zürich (Schweiz). hellrot mit violettem Rand. Diese Pflanze wurde 1943/44 entdeckt Nektarkammer bis 4 mm hoch und von meinem Freunde John Akers, breit, geschlossen von der ziemlich dicken heute in Los Angeles, USA. Er schickte mir und kräftigen Basis der Staubfäden (Dia- im Jahre 1951 ein Stück mit der Mitteilung, phragma bildend), gefüllt mit Nektar, sie sollte gepfropft werden, da sie sogar in Röhre ohne Haar-Ring. Staubfäden Kalifornien schlecht wachsen würde. Schon zahlreich; Röhrenwand von der Nektar- seit mehreren Jahren blüht sie bei mir im kammer bis zum Saum regelmäßig besetzt Spätherbst, wie viele Matucana-Arten. Sie mit Staubfäden, diese unten farblos weiß, ist verwandt mit Matucana currundayensis nach oben zu rosarot, zirka 4 cm lang, die Ritter, Matucana aurantiaca (Vpl.) Ritter, am Blütensaum entspringende Gruppe Matucana ritteri Buin. und Matucana cal- zirka 17 mm lang, Staubbeutel bis zur glei- vescens (Kimm. et Hutch.) Ritter. Sie unter- chen Höhe reichend, wie die Spitze der Blü- scheidet sich von diesen Arten durch ihren tenhüllblätter, gelb; Griffel zirka 7 cm Habitus, speziell was die Länge und die lang und zirka 1 mm dick, die obersten Staubbeutel erreichend, farblos weiß, oben etwas rosa, mit 8 gelbgrünen geschlosse- nen Narbenstrahlen. Frucht ± kreisför- mig, hellgelb, mit einigen Härchen in den Achseln der Schuppen; die reife Frucht öffnet sich in dreieckigen Spalten, nicht wie normalerweise bei Matucana durch Längsrisse oder wie bei Arequipa durch ein rundes Loch an der Basis. Samen bis jetzt unbekannt.

Frucht und Samen von Matucana mirabilis Buin. Photo: Akers.

Keulenform betrifft, und weiter durch die Frucht; außerdem durch ihr Vorkommen. Die Fundorte der anderen vier Arten sind viel weiter im Norden, in den Provinzen Santigo Otusco und Santiago de Chuco. -> San- tiago Backeberg schaffte für diese Arten Aufplatzende Frucht von Matucana mirabilis die neue Gattung Submatucana. R i t t e r Buin. Photo: Akers. hat aber gezeigt, daß eine Abtrennung die-

40 ser Arten von Matucana verfehlt ist. Am nes Erachtens zu groß, um Kimnach und natürlichen Standort wachsen die Pflanzen Hutchison zu folgen und die Art zu mit und ohne behaarten Röhren und Früch- Barzicactus zu stellen. ten durcheinander. (Siehe «Succulenta» 1959, Seite 4.) Diese Beschreibung erfolgt in Überein- stimmung und mit Genehmigung meines Nach langem Zögern habe ich diese Freundes John Akers. Pflanze als Matucana beschrieben. Arequi- pa hat ganz andere Früchte, und die Unter- Anschrift des Verfassers: schiede gegenüber Borzicactus sind mei- A. F. H. Buining, Hamersveld, Holland

Haageocereus multicolorispinus Buin. spec. nov. Von A. F. H. Buining

strahlig gestellte feine, weiße Rand- stacheln (die obersten davon oft hell- bräunlich), bis 5 mm lang; ein starker, bis 2,5 cm langer, leicht nach unten geneigter Mittelstachel, ausnahmsweise ein weiterer schräg nach oben stehender, schwarz gespitzt und am Grunde dunkler, größtenteils hellgelbrot, im Alter grauweiß, am Grunde zwiebelig verdickt; zwischen Rand- und eigentlichen Mittelstacheln noch 4—8 schwache Stacheln gleicher Farbe von etwa 5 mm Länge, die den Mittelstacheln zuzuzählen sind; Blüten aus den jüngeren Teilen der Triebe; nächtliche Blüte lang- trichterig, 8 cm lang, 6,5 cm breit; R ö h r e Haageocereus multicolorispinus Buin. spec. nov. Nach einer Farbaufnahme. Photo: Buining. (Receptaculum) rötlichbraun mit olivem Anflug, schwach gereift (?), wenige win- zige Schüppchen mit spärlichen, bis 2 mm Planta anguste cylindrica, basi ramosa, langen Wollhaaren aus den Achseln; äuße- ad 1 m longa et 3,5 cm diam.; costae ± 15; re Blütenhüllblätter spatelig mit spinae radiales ± 30, setaceae, albae, ad stumpfer Spitze, bis zu 21, schmutzig 5 mm longae, centrales 4—8, albae, apice bräunlich-purpur mit dunklerem Mittel- nigrae, basi aurantiacae, adultes griseae, streifen, nach unten umschlagend, in- ad 5 mm longae, una ad 25 mm longae e nere Blütenhüllblätter etwa 16, basi bulbosa; flos nocturnus, infundibuli- weiß, abgerundet, bis 12 mm breit, ein- formis, 8 cm longus, 6,5 cm diam., tubo ander überlappend; Griffel die Staub- rubro-brunneo, tepalis exterioribus brun- fäden überragend, 6,6 cm lang, einschließ- neo-purpureis, interioribus albis; fructus lich der zehn 5,5 mm langen, gelblichen ovatus, carmineus vel purpureus; semina Narbenstrahlen, die sich nur wenig öff- mitriformia. H. decumbenti valde affinis, nen. Griffel grünlichweiß, Nektarkammer spinis tricoloribus, spina longissima basi schmutzigweiß, gereift, 15—16 mm lang bulbosa differt. und 3—4 mm breit; Staubfäden unten Körper schlank säulenförmig, vom hellgrün, oben in Weiß übergehend, in ver- Grunde verzweigt, etwa 1 m lang und schiedener Höhe der Röhrenwand entsprin- 3,5 cm Durchmesser; ± 15 abgerundete gend, unterste dicht aneinander dem Grif- Rippen, Epidermis mattgrün; Areolen fel anliegend, aber nicht verwachsen; 5 mm lang und 4 mm breit, mit sehr wenig Staubbeutel blaßgelb, 2 mm lang und 1 mm kurzem, hellgräulichem Wollfilz; zirka 30 breit; Schlund hellgrün, am Grunde grün-

41 lichweiß; Frucht fast eiförmig, das Mein Freund Akers schickte mir vor spitze Ende an der Pflanze, Blütenrest fest Jahren diese Pflanze, die er nur an einer anhaftend, karmin bis hell-purpurrot, bis Stelle bei etwa drei Viertel des Weges von 38 mm lang und bis 31 mm breit, nach der Nasca zum Ozean Richtung Lomas gefun- Reife weichwerdend und faulend; Frucht- den hat. Dieser Weg führt in die Provinzen wandung fleischig, außen nur vereinzelt Nasca und Caraveli in die Departemente winzige Schüppchen; verhältnismäßig we- Ica und Arequipa in Peru. Sie wächst dort nig Samen, diese hoch mützenförmig, auf sandigen Dünen von sehr leichtem zirka 1,5 mm lang und 1 mm dick, mit läng- Schlamm, dort wahrscheinlich rund um die lichovalem, hellbräunlichem Hilum mit Pflanzen vom wehenden Staubsand auf- vertieft sitzendem Mikropylarloch, Samen- gebaut, fast ohne Wasser. Die Pflanzen schale mattschwarz, engwarzig. sahen sehr schlecht aus, aber wie fremd es aussieht, während des Wachstums neh- Die seltene Pflanze wurde von John men sie recht gerne Wasser, wachsen gut A k e r s auf sandigen Dünen zwischen Nas- und werden schöne Kakteen mit den drei- ca und dem Ozean in Peru gefunden. farbigen Stacheln. Holotypus, Frucht und Samen im Herbar der Städtischen Sukkulentensamm- In unseren Kulturen liebt sie lehm- lung in Zürich unter Nr. S. S. Z. 2029. enthaltende, lockere Erde und sonnigen, heißesten Sommerstand. Während des Die Pflanze ist nahe verwandt mit Haa- Wachstums benötigt sie reichlich Wasser geocereus decumbens (Vpl.) und Haageo- und soll wenn möglich morgens auch be- cereus australis Bckbg. Sie unterscheidet spritzt oder benebelt werden. sich u. a. durch die dreifarbigen Stacheln, wovon ein Mittelstachel am Grunde zwie- Herrn Dr. W. Cullmann, der zuerst belartig verdickt ist. Obwohl Haageocereus einen Sproß dieser Pflanze bekam, ver- australis Bckbg. auch diese verdickte Basis danke ich viele Angaben für die Beschrei- hat, unterscheidet sich Haageocereus mul- bung. ticolorispinus Buin. durch den Habitus, die Die Erstbeschreibung dieser blühwilligen viel größere Zahl der Randstacheln und Pflanze erfolgt mit Zustimmung von J o h n besonders durch die Blütenform, die Frucht A k e r s. und die Samen. Der isolierte Fundort von Haageocereus multicolorispinus Buin. ist Anschrift des Verfassers: zirka 320 km von demjenigen der anderen A. F. H. Buining, Hamersveld, Holland drei Arten entfernt.

Das Toumeya-Problem und die eingezogenen Genera Navajoa und Turbinicarpus

Von Leo Kladiwa

In der französischen Zeitschrift «Cactus» Man war sich klar, daß die Gattungen 4:5, 1946, emendierte W. T. Marshall, Toumeya, Navajoa und Turbinicarpus mor- das Genus «Toumeya», das von Britton phologisch und entwicklungsdynamisch und Rose in «Cactaceae» III: 91, 1922, für eine enge Verwandtschaf t zeigen, und W. T. Engelmann’s Echinocactus papyracanthus Marshall und mit ihm Helia Bravo aufgestellt wurde. Engelmann hatte 1849 schufen für diese Gattungen eine Sammel- in «Plantae Fendlerianae» eine Mammilla- gattung (1946). ria papyracantha beschrieben, die er 1883 Mit dem Erscheinen von F. Buxbaum’s in «Transactions of the St. Louis Academy» «Morphology of Cacti» (1950,1953 und 1955) 2:198 zu Echinocactus stellte. wurden nähere morphologische Einzelhei-

42 Abb. 1: UG. Toumeya: T. papyracantha (Eng.) Abb. 2a: UG. Toumeya: T. papyracantha (Eng.) Br. et R. (gepfropft), starke Sprossung infolge Br. et R. am Fundort bei Albuguerque, New Scheitelverletzung. Photo: L. Kladiwa. Mexiko. Photo: A. B. ten über die nordamerikanischen Echino- So könnte man auch P. Fearn’s «Consi- kakteen bekannt. derations and Emendations of the Classi- fication of Buxbaum’s Tribe Echinocacteae» Dank seinem fundierten Wissen und sei- bezeichnen, das mit Jahresende 1961 im ner intensiven Studien um die Familie der «Nat. Cactus et Succ. Journal» von Groß- Cactaceae stellte F. Buxbaum erstmals britannien 4:16, 196, erschien. eine Grundlage in Form eines Stammbaum- schemas der Echinocacteae zur Diskussion Es ist jedenfalls unmöglich, eine Samen- und folgenden Weiterarbeit auf. Sowohl unterteilung in «short pitted», «tall pitted» der Autor als auch die meisten Wissen- und «short reticulate» vorzunehmen, wenn schafter wußten, daß im Verlauf der nun diese drei Typen, was sicher bewiesen ist, anfallenden Untersuchungen sich die eine zum Beispiel schon bei einem Subgenus oder andere Umstellung im «System» und (Chilita), vorkommen. Man kann diese «Dif- neue Erkenntnisse ergeben würden. Denn ferenzierung» auch bei anderen Subgenera welcher Forscher in Europa hat zu gleicher finden und würde, wollte man Fearn fol- Zeit und geschlossen das gesamte Unter- gen, ein schönes Durcheinander hervor- suchungsmaterial sofort zur Hand? rufen. Weiter verwechselt Fearn die feine Linienzeichnung von Zellgrenzen (die bei Viele Laien, weniger Versierte, aber auch einzelnen Genera zwar eine gut sichtbare nicht wenige, wahrscheinlich dem For- Felderung bewirkt) mit der Netzstruktur scher und Autor Buxbaum mißgünstig Ge- großer Zellen (oder Zellgruppen), wie bei- sinnte benützen dieses vorläufige «System» spielsweise bei Corypantha. Er berücksich- manchmal aus Ignoranz zu persönlichen tigt nicht die Qualität der Testa (fein, zäh, und teilweise ungehörigen Angriffen. lederartig, spröde oder hart usw.). Völlig übersieht er, was jedem Amateur bereits Es wurde daher in unbeabsichtigter oder bekannt ist, nämlich die keulig verdickten beabsichtigter Unkenntnis der Situation da- Jungstacheln bei Epithelantha und Ence- mit der Forschung und Wissenschaft kein phalocarpus (infolge Sekretabsonderung), guter Dienst erwiesen! die ein wichtiges Merkmal in der Entwick- In der Folgezeit zeigte es sich jedoch, daß lung darstellen. alle sogenannten «Neuen Systeme» in Wirk- Die «Dimorphic Areoles», die Boke vor- lichkeit nichts «Neues» brachten, sondern erst falsch deutete, jedoch kurz darauf rich- Ergebnisse von fehlerhaften Voraussetzun- tig als einfache Serialspaltung erkannte, gen und nicht selten mißverstandenen mor- weisen auch hier bei Fearn in eine falsche phologischen Studien jener Autoren waren. Richtung. Oft wurden Buxbaum’s Ergebnisse falsch ausgelegt, und im Stammbaum-Schema Es kann daher nicht verwunderlich sein, wurde mit Gattungen wie mit Schachfigu- wenn seine Arbeit schon einer falschen und ren jongliert! irreführenden Grundeinteilung zum Opfer

43 fällt und daher alle weiteren Ableitungen In F. Buxbaum’s «Kakteenpflege bio- und Linien mit seinem Schema unrichtig logisch richtig» steht Toumeya im Schema sind. im Sinne Marshall’s. Von hier gehen Backeberg’s Arbeiten sind zu sehr in zwei Linien ab, die Strombocactus-Azte- ein starres Schema gepreßt und berücksich- kium- und die Lophophora-Linie. tigen nicht die dynamische Entwicklung der 1 Cactaceae. Übrigens wurde hierzu schon Die letzten Untersuchungen des Tou- von berufener Stelle berichtet, so daß ich meya-papyr.-Samens zeigen, daß Toumeya mir eine weitere Stellungnahme ersparen sich sehr nahe an Sclerocactus anschließt. kann. Denn Toumeya papyr. hat noch einen Peri- spermrest, Sclerocactus bekanntlich ein sehr großes Perisperm. Weiterhin bilden Pediocactus, Utahia, Ancistrocactus, aber auch Echinomastus gewissermaßen eine Primitivgruppe, die mit Sclerocactus wie- derum eine Basis finden.

Abb. 2b: UG. Navajoa: Toumeya peeblesiana (Croiz.) Marshall. Wildpflanze gepfropft. Kopie von Farbdia. Photo: L. Kladiwa.

Daß F. Buxbaum’s Arbeiten, wie er sie in Madrono, Vol. 14, Nr. 6:1—206, und spä- ter in der ersten Auflage seines Kakteen- buches 1959 darstellt und von der Wissen- schaft als richtig angesehen werden, be- Abb. 3: UG. Navajoa: Toumeya fickeisenii weist die Übernahme in die Neuauflage (Bckbg.) Kladiwa comb. nov. Wildpflanze. des berühmten Engler’schen Syllabus der Photo: R. Subik, Bot. Garten Prag. Pflanzenfamilien, die der Veröffentlichung harrt. Toumeya papyracantha ist zweifellos in Es soll aber damit nicht gesagt sein, daß der Sammelgattung die primitivste Art, sich gewisse Änderungen innerhalb der wenn wir die Arten Navajoa und Tur- Subtribus ergeben werden, die sich im binicarpus im Sinne Marshall’s und Stammbaumschema, aber nicht in der Ein- H. Bravo’s betrachten. teilung zeigen werden. Auch das Pelecy- phora-Problem wird seine endgültige Klä- 1 Herrn Doz. Dr. F. Buxbaum danke ich ganz rung erfahren, nachdem nun P. valdeziana besonders für die freundliche Überlassung seiner Skizzen über Toumeya und Sclerocactus sowie für die diagnostiziert ist. mir zur Verfügung gestellte Literatur.

44 Über Toumeya papyracantha und die Ar- morphologische Details (an Blüte und Sa- ten des früheren Genus Turbinicarpus wis- men) übergangen und das Hauptgewicht sen wir dank Buxbaum’s Arbeiten gut auf die Habitusbeschreibung gelegt. Bei Bescheid. Navajoa, deren Samen ich vor dem heutigen Stand der Botanik müssen kurzem einer äußerlichen Begutachtung aber alle Teile einer Pflanze, wozu eben unterzog (die Untersuchung des Samen- auch Blüte und Samen gehören, untersucht innern erfordert längere Zeit), ist noch und möglichst mit Skizzen oder photogra- weitgehend morphologisch nicht bekannt. phisch festgehalten werden. Nur so können Nach den bisherigen Ergebnissen kann man wir den Angaben des Autors vollen Glau- aber schon aussagen, daß diese frühere ben schenken, und nur so wird der Beweis Gattung zwischen Toumeya Br. et R. und erbracht, daß der Autor auch wirklich ge- Turbinicarpus gut hineinpaßt. sehen hat, was er behauptet. Buxbaum’s T. papyracantha-Blüte in seiner Blüten-Morphologie (Seite 144) ist sehr primitiv. Buxbaum erhielt diese aber- rante Blüte von C. Backeberg, als er bei den Untersuchungen dieser Gattung war. Backeberg unterließ es, Buxbaum auf die atypische Blüte aufmerksam zu machen, was umso merkwürdiger erscheint, da er als berühmter «Kakteenjäger» und routine- mäßig bestimmt nicht diese atypische Blüte als erste je gesehene Toumeyablüte zur Verfügung hatte. Es kam daher zur Be- schreibung einer nicht normalen Blüte, was in der Folgezeit etwas Verwirrung verur- sachte. Abb. 4a: UG. Turbinicarpus: Toumeya. schmie- dickeana (Boed.) Bravo et Marsh. Wildpflanzen. Die normale Blüte, wie ich sie nach Kopie von Farbdia. Photo: L. Kladiwa. Durchsicht der Literatur auf manchmal sehr guten Photos sah (bei mir kam die Pflanze leider nie zur Blüte), hat eine große Eine weitere Bitte an die Autoren: Man Ähnlichkeit mit den Turbinicarpusblüten, verwende doch fachliche Bezeichnungen wenn auch manchmal Schuppen am Recep- und Ausdrücke. Backeberg zum Beispiel taculum deutlich sichtbar sind. bezeichnet das Pericarpell immer mit Ova- rium, die Nektarfurche als Nektarium, alte Auch W. T. Marshall erklärte in einem Gespräch über die Toumeya-Blüte, daß Ausdrücke wie Sepalen und Petalen für diese wie eine Turbinicarpus macrochele- äußere und innere Blütenhüllblätter (ob- Blüte aussehe (briefliche Mitteilung Bux- zwar schon lange bekannt ist, daß beide baum’s). homolog sind!). Beim Studium der Literatur fiel mir auf, Vor näherem Eingehen auf die einzelnen wie nachlässig manche Autoren bei Neu- Arten möchte ich eine übersichtliche Dar- beschreibungen und taxonomischen Än- stellung der Sammelgattung W. T. Mar- derungen vorgehen. Es werden wichtige shall’ und H. Bravo’s geben.

Toumeya (Br. et R. 1922) emend. W. T. Marshall in Cactus, Paris, 4:5, 1946. — papyracantha (Eng. Mammillaria 1849; Echinocereus p. 1863); Marshall, Saguaroland Bulletin XII./1956. — peeblesiana (Croiz. Navajoa 1943, C. et S. J. Am. XV. 88/1943); Marshall, Saguaroland Bulletin XII./1956. — schmiedickeana4 (Böd. Echinocactus 1927; Buxb. et Backeb. Turbinicarpus 1937); H. Bravo et Marshall Saguaroland Bulletin XII./1956.

45 — macrochele2 (Werd. Echinocactus 1931; Backeb. Strombocactus 1936; Buxb. et Backe- berg Turbinicactus 1937; Cactaceae, Jahrb. DKG 1937); H. Bravo et Marshall, Sa- guaroland Bulletin XII./1956. — lophophoroides (Knuth Strombocactus 1935; Werd. Echinocactus 1934; Buxbaum et Backeberg Turbinicactus 1937); H. Bravo et Marshall, Saguaroland Bulletin XII./ 1956. — pseudomacrochele3 (Backeb. Strombocactus B. f. K. 1936; Buxb. et Backeb. Turbini- cactus 1937); H. Bravo et Marshall, Saguaroland Bulletin XII./1956. — schmiedickeana var. klinkeriana (Backeb. et Jacobs.) (Turbinicactus klinkerianus 1948. Strombocactus Buining 1951; H. Bravo et Marshall Toumeya 1956); Krainz comb. nov. «Die Kakteen» 1959. — schwarzii (Strombocactus Shurly C. et S. J. of. Gr. Brit. 1948); H. Bravo et Marshall, Saguaroland Bulletin XII./1956. — krainziana G. Frank «Kakteen und andere Sukkulenten» XI/1960, S. 167—170 und Abb. S. 168, 169. Hinzu kommen noch Backeberg’s Navajoa fickeisenii spec. nov. 1960 im Brit. Journ. und Turbinicarpus polaskii 1961 in Band V des «Cactaceae». Turbinicarpus sphacelatus n. n. Beide Arten stehen in der Sukkulentensammlung Turbinicarpus cirrhiferus n. n. Zürich und kamen von F. Schmoll / Cadereyta / Mexico ohne Standortangabe. Neukombinationen:

Toumeya fickeisenii (Backeberg) Kladiwa comb. nov. (syn.: Navajoa fickeisenii Backeberg italic! C. in Cact. Succ. Journ. GB. XXII./3 1960, S. 49 und Abb. S. 54). Toumeya schwarzii (Shurly) Bravo et Marshall var. polaskii (Backeberg) Kladiwa comb. nov. (syn.: Turbinicarpus polaskii Backeberg C. Die Cactaceae V 1961, S. 2883—2885 und Abb. S. 2884, 2885).

Backeberg spaltet die Gattung Toumeya in Cactaceae, Band V, 1961, wieder in die Kleingattungen Toumeya, Navajoa und Turbinicarpus auf, ohne eine wissenschaftlich einwandfreie Begründung zu geben.

Toumeya papyracantha (Eng.) Br. et R. seitlich zusammengepreßten Warzen zei- gen nach oben und unten eine rippenartige, Eine wegen ihrer papierartigen Stacheln feine Verlängerung, die noch gut die Ab- charakteristische Pflanze, die aus zahlrei- stammung von rippentragenden Vorfahren chen Beschreibungen sehr gut bekannt ist, anzeigt. Die in Arizona gefundenen Pflan- so daß ich nur auf die Besonderheiten ein- zen sollen auf der Oberseite des vorge- gehen möchte. streckten dünnen Papierstachels eine Rippe, Der Körper ist kleinkugelig, im Alter die von zwei Längsfurchen begleitet ist, zylindrisch werdend, im bläulich-grünen aufweisen, wogegen die Santa-Fé-Pflanzen Gramagras wegen der ähnlichen Färbung statt der Rippen nur einen helleren Strei- der Epidermis nur schwer zu finden. Die fen zeigen. Dieses Merkmal mag zwar ge- ringe Bedeutung haben, doch könnte es, Fehlerhafte Schreibweisen im Saguaroland Bulle- was die Herkunft betrifft, für den Spezia- tin XII., 1956. 2 «macrohele» recte macrochele. listen interessant sein. Die echte Toumeya- 3 «pseudomacrohele» recte pseudomacrochele. Blüte soll, wie bereits erwähnt, der T.-ma- 4 «schmiedichiana» recte schmiedickeana. In Kakteen und andere Sukkulenten 11:168, 1960: crochele-Blüte sehr ähnlich sein. Nach den macrohele und pseltdomacrohele. Photos zu schließen dürfte sie jedoch eher

46 glockig-trichterig sein, das Pc (= Pericar- Albuquerque in New Mexico, wo sie auf pell) war auf den Bildern nicht sichtbar, den Hochebenen «Mesa’s» zwischen Gras- jedoch das Rpt (= Receptaculum), das ver- büscheln und Büschen auf einem rötlich- einzelt hellberandete Schuppen zeigt, ist sandigen Boden, der aber fruchtbar sein frei von Haaren oder Areolenwolle in den soll, wachsen. Achseln der Schuppen. Ein weiterer Fundort war bei Snowflake (nahe bei Taylor). Die Pflanze kommt in Höhen um 1000 m herum vor (siehe Karte). Im gleichen Areal, bei Holbrook im Na- vajo-County, bei Joseph City, bei Snow- flake bis zum Grand-Canyon-Nationalpark wurde auch die Toum. peeblesiana gefun- den. Mr. S h e r m a n fand sie 1957 im Gra- magras auf einer Kalk-Sandsteinformation in der Marcou Mesa zwischen Holbrook und Joseph City.

Abb. 4b: UG. Turbinicarpus: Toumeya schmie- dickeana var. klinkeriana (Bckbg. et Jacobs.) Krainz. Die Messerspitze zeigt auf eine Pflanze, eine weitere befindet sich links darunter. Am Fundort beiPresa deGuadalupe, SanLuis-Potosi. Kopie von Farbdia. Photo: A. B.

Der Samen, dessen morphologisches Un- tersuchungsergebnis ich kürzlich von Dr. Buxbaum erhielt, ist kugelig, seitlich et- was abgeflacht, Größe 2,5�2 mm (Backe- berg hat in seinem Band V nur die sehr vage Bezeichnung «ziemlich groß»!), Testa fein-warzig, d. h. Zellwände nach außen ge- wölbt, im Gesamteindruck glatt-schwarz. Hilum subbasal, das an seinem Rand ein deutliches Mikropylarloch aufweist. Im Sameninnern ein Perisperm-Rest, der etwas Stärke enthält, Speicherung im Embryo: Öl. Blütenfarbe und Frucht bei Bespr. von Navajoa. Das Areal des Vorkommens liegt in dem viel größeren von Echinocactus s. str. In diesem Areal ist aber auch Sclerocactus, Pediocactus und Utahia daheim, was eine Aussage für die verwandtschaftlichen Zu- sammenhänge geben könnte. Abb. 4c: UG. Turbinicarpus: Toumeya schmie- dickeana var. klinkeriana (Bckbg. et Jacobs.) Gefunden erstmals östlich von Santa-Fé Krainz. Wildpflanze. Kopie von Farbdia. in New Mexico. 1935 auch von Perbles Photo: L. Kladiwa. in Arizona bei Showlow, das am südlichen Rand der Navajo-Reservation liegt. Unser T. peeblesiana (CROIZ) MARSHALL Gewährsmann, den ich mit den Anfangs- buchstaben des Alphabets A. B. in der Folge Die meist nur im Habitus bekannten nennen möchte, fand sie in der Nähe von kleinkugeligen Pflanzen, die bis zu zwei Taylor. Mr. A. B. fand sie weiter auch bei Dritteln im Boden verborgen sind, eben-

47 falls eine grünbläuliche Epidermis zeigen, breitblätterige Form, mit winzigen Spitzen, haben zylindrisch-konische Warzen. Die manchmal gezähnelt, weiß getönt mit einem Areolen tragen merkwürdige, an Eidech- schwach rosafarbenen Mittelstreifen. senfüße erinnernde, weichelastisch-korkige Bei der weiteren Beschreibung der Tou- Stacheln, die querrissig sind und leicht ab- meya-fickeisenii-Blüte hat diese plötzlich Kröper -> brechen, zum Körper gerichtet, gekrümmt, Körper eine Röhre, denn er schreibt neun Zeilen oft ein kreuzständiges Bild ergeben. Ein darunter: Staubblätter am ganzen Röhren- Mittelstachel ist meist nach oben gerichtet, innern! Die Narbe ist weiß. bis 14 mm lang über den Scheitel gebogen.

Backeberg’s neue Art «fickeisenii» kommt nach seinen Angaben 300 Meilen Luftlinie vom Typstandort der peeblesiana (also Holbrook) in zirka 1500 m Höhe auf den südlichen Hängen niedriger Berge im Gebiet der Nordseite des Grand Canyon vor (siehe Karte). Der Boden soll ein Ge- misch von Sand- und Kalksteingeröll sein, von grasiger Vegetation bedeckt. Eine An- gabe von Mr. Sherman im C.- et S.-Jour- nal der USA besagt, daß diese Pflanze am Rande des Kaibab-Plateaus im House- rock-Valley) also im Grand-Canyon-Natio- nalpark), dort, wo der Little Colorado in Abb. 5: UG. Turnbinicarpus: Toumeya macro- den Colorado mündet, vorkommen soll. chele (Werd.) Bravo et Marsh. Kulturpflanze, Dort wurde auch der ominöse (Pilocanthus) aus Samen gezogen. Photo: L. Kladiwa. = Pediocactus paradinei gefunden. Backe- berg’s neue Art hat einen ähnlichen Kör- Die Früchte der beiden Toumeya-(Nava- per wie die bisher bekannte gleiche Epi- joa-)Arten sind kreiseiförmig, in der Größe dermisfarbe, gleiche Warzenform (bei grö- gleich, rötlich-grün mit manchmal kleinen ßeren Pflanzen sind natürlich auch die Schuppen am Oberrand. Sie reißen längs Warzen größer!). Die Bestachelung ist im auf. Größe: 8 mm zu 6 mm (bei peeblesiana). Grunde genommen ähnlich, nur daß die Randstacheln viel feiner sind, vielleicht die Die Samen von Toumeya papyracantha Anzahl um zwei vermehrt, ebenso korkig; und der Toumeya-Arten peeblesiana und der Mittelstachel ist bis zu 35 mm lang, da- fickeisenii waren bis vor kurzem nicht ein- her auch schlanker erscheinend, jedoch deutig beschrieben. aufgerichtet, abstehend, zum Körper ge- F. Buxbaum sandte mir nach vorge- bogen und über dem Scheitel zusam- nommener Untersuchung eine Skizze des mengekrümmt. Die Blüte, deren Längen- T.-papyracantha-Samens. Die Warzen in angabe Backeberg vergaß, soll 3 cm breit der Testastruktur sind fein, das Innere ent- sein. Nach seinen Angaben soll eine Röhre hält einen Perispermrest mit Stärke, die fehlen (?) (wahrscheinlich ist diese kurz), Speicherung im Embryo ist Öl. Die Größen- die äußeren Hüllblätter breit bis ovoid, bis maße: 2,5 mm zu 2,00 mm. 5 mm lang, braunrot mit hellgrünem Rand. Zur Untersuchung des T.-peeblesiana- Innere Hüllblätter 1,2 cm lang, nach Bak- Samens standen mir Samen von drei ver- keberg in zwei Reihen, wobei die äußeren grünlichgelb und gerundet, die inneren spa- schiedenen peeblesiana-Formen zur Ver- telig zugespitzt sein sollen. Dagegen die fügung. Blüte von Toumeya papyracantha: 2 bis Der aus der Sukkulenten-Sammlung Zü- 2,6 cm lang, Farbe weiß bis gelblich. Die rich stammende Samen war der größte: Blüte von Toumeya peeblesiana: bis 1,7 cm 3,5 mm zu 2,5 mm. Die Testastruktur zeigt lang, glockig, die äußeren Hüllblätter breit- große neben mittleren und kleinen War- oblong und braunrot, die inneren haben zen, die unregelmäßige Runzeln und ge- manchmal eine schmale, manchmal eine hirnartige Windungen bilden. Die Testa-

48 Der dritte Samentyp, der von einer auch im Habitus anders aussehenden Form stam- men soll, ist in der Form mehr länglich- schmal, dem Utahia-sileri-Samen sehr ähn- lich, auch was die Form des Hilums und Hilumsaums betrifft (Größe des Hilums: 1,5 mm zu 1,2 mm). Das Mikropylarloch steht ebenfalls an der gleich aussehenden Fläche, die eine Kante aber nur andeutet. Farbe mehr dunkelbraun. Das Innere wur- de noch nicht untersucht. Die Größe des Samens beträgt 2,8 bis 3,00 mm zu 2,00 mm bis 2,2 mm (entspricht zirka Backeberg’s Angabe über T. fickeisenii). Die Testastruk- tur zeigt wieder Runzeln mittelgroßer War- zen, seitlich erscheint der Samen wie ein- gedellt (teilweise auch grubige Punktie- rung!).

Abb. 6: UG. Turbinicarpus: Toumeya macro- chele (Werd.) Bravo et Marsh. Normale Habitus- form. Photo: R. Subik. Bot. Garten Prag. färbe ist braun. Der Hilumsaum ist klein- zellig und mehr dunkelrotbraun. Die Hilum- ansicht zeigt an der Funiculusabrißstelle eine deutliche Vertiefung. Oberhalb dieser am Rande des Hilumsaumes auf einer vor- springenden dreieckigen Fläche befindet sich das buchtig vertiefte Mikropylarloch. Das Innere konnte noch nicht untersucht werden, da nur ein Same als Leihgabe zur Verfügung stand.

Der aus den USA von Mrs. Cowper stammende Samen, der von zwei Fundstel- len der Pflanze stammen soll, ist bei dem einen Typ mehr rundlich (papyracantha- ähnlich), kleiner: 2,1 mm zu 2,00 mm. Die Abb. 7: UG. Turbinicarpus: Toumeya macro- Testa zeigten wiederum die Gehirnstruk- chele (Werd.) Bravo et Marsh. Kulturpflanze, eine Form mit sehr flachen, nur angedeuteten tur (Runzeln), allerdings sind die Warzen Warzen. Photo: R. Subik, Bot. Garten, Prag. mehr mittelgroß, die Farbe braun, eher etwas dunkler als bei vorigem Typ. Das Die letzten Untersuchungen des zweiten Hilum ist von gleicher Form, das Mikro- Samentyps zeigten, daß ebenfalls ein Rest- pylarloch befindet sich auf der gleichen dreieckig erscheinenden vorgewölbten Flä- perisperm vorhanden ist. che, die aber hier deutlich eine Kante in Wie man aus diesen Feststellungen er- der Mitte zeigt (bei vorigem Typ ist diese sehen kann, scheint sich das frühere Ge- nur angedeutet). nus Navajoa deutlich im Samenäußern von

49 Toumeya im monotypen Sinn zu unter- scheiden. Es paßt vielleicht noch besser in eine Entwicklungslinie, die direkt von Scle- rocactus ausgeht. Mir stand auch Pediocactus-Samen zur Verfügung. Der neue Pediocactus knowl- tonii zeigt eine annähernd kugelig-mützen- artige Form; Größe 2,00 mm zu 1,6 mm (gegenüber P. simpsonii mit 2,00 zu 2,5 mm, also größer). Seine kleinwarzige Testastruktur, Form des Hilums, Testafarbe, Anordnung des Mikropylarloches würden diese Pediocac- tus-Art sehr gut in den Formenkreis Tou- meya papyracantha-Turbinicarpus hinein- einstellen. Auch der Habitus der Pflanze (Blüten habe ich noch nicht gesehen) würde gut dazu passen. Ob diese Pflanze ein Ver- bindungsglied zwischen Toumeya papyra- cantha und den Turbinicarpi darstellen könnte, werden die nun folgenden Unter- suchungen ergeben; denkbar wäre dies aber schon. Der Formenkreis des früheren Genus Turbinicarpus wurde mit allen Arten von H. Bravo und W. T. Marshall zur Gat- Abb. 8: UG. Turbinicarpus; Toumeya lophopho- tung Toumeya eingezogen (siehe «Saguaro- roides (Werd.) Bravo et Marsh. Kulturpflanze, land Bulletin» XII./ 1956). aus Samen gezogen, gepfropft. Photo: L. Kladiwa.

Zu diesem Zeitpunkt waren aber F. Bux- gewissermaßen als Endglied einer Entwick- baum’s Untersuchungsergebnisse in sei- lungslinie anzusehen. nen «Morphologie of Cacti» bereits ver- öffentlicht, und es erscheint verwunder- Buxbaums ausgezeichnete morpholo- lich, daß zwei so berühmte Autoren vor- gische Arbeiten zeigen die nicht zu über- eilig handelten. sehenden Unterschiedsmerkmale deutlich auf. Der Formenkreis der mexikanischen Ar- ten kommt in einem gut abgrenzbaren und Der Samen der mexikanischen Arten ist verhältnismäßig engen Areal, nämlich in nahezu um die Hälfte kleiner, die Testa den Staaten San Luis Potosi und Tamau- zeigen deutliche und ausgeprägte Warzen- lipas vor. Das Mannigfaltigkeitszentrum struktur, das Pigment ist bei einigen Arten dürfte nach den letzten Expeditionen unse- deutlich weniger dicht (Testa erscheint res Gewährsmannes Mr. A. B. die Gegend rotbraun), der Funiculusansatz ist wie zu um Matehuala-Guadalupe-Presa in SLP einem Kragen ausgebildet, das Samen- 5 und Miquiahuana (auch Miquihuana) in innere ist frei von Perisperm. Bei Toumeya Tamaulipas sein. Die vorgesehenen Expe- pap. dagegen: größerer Samen, die Warzen- ditionen werden darüber weiteren Auf- struktur noch sehr fein, aber bereits vor- schluß erbringen. handen, pigmentreicher, der Funiculus- Wenn man Toumeya s. str. und Turbinicar- ansatz ist nur verbreitert, ein Rest von pus genau betrachtet, so ist letzterer For- stärkehaltigem Perisperm ist vorhanden. menkreis zweifellos höher abgeleitet und Weniger deutlich sind die Unterschiede an den Blüten. Das Pericarpell ist zwar bei beiden nackt, doch die auftretenden Schup- 5 Beide Ortsbezeichnungen werden auf verschiede- nen Landkarten vermerkt! pen sind bei den mexikanischen Arten viel

50 seltener und dann meist an den oberen ten des mexikanischen Formenkreises nach Pedicellarand gestellt. Das Rpt. erscheint eben angeführten Merkmalen phylogene- bei Toumeya (im monotypischen Sinn) und tisch eine höhere Stellung ein und daher Navajoa mehr glockig; bei den mexikani- eine Sonderstellung innerhalb des Genus schen Arten ist es ausgesprochen trichterig, Toumeya Marshall. Eine Stellung als eige- und nur bei voll geöffneter Blüte wird eine nes Genus für die mexikanischen Arten glockig-trichterige Form vorgetäuscht. Die würde meines Erachtens gerechtfertigt er- Samenhöhle ist bei Toumeya pap. niedrig scheinen. Andererseits ist aber die enge mit noch horizontal verlaufenden Inser- Verwandtschaft, die sich auch im Samen- tionssträngen des Androeceums; die Narbe typ zeigt, nicht zu übersehen. Wie sich die zeigt eine undeutliche Begrenzung ihrer beiden Arten der früheren «Navajoa» in papillösen Zonen; bei den mexikanischen bezug auf samenmorphologische Merkmale Arten ist sie viel höher entwickelt. verhalten, werden erst die Untersuchungen nach Abschluß ergeben. Um Zusammenhänge nicht zu trennen und doch die Stellung der mexikanischen Arten in ihrer einmütigen Geschlossenheit hervorzuheben, ist es angezeigt, diese zu einem Subgenus zusammenzufassen und im Genus Toumeya zu belassen.

Abb. 9: UG. Turbinicarpus: Toumeya lophopho_ roides (Werd.) Bravo et Marsh. Intensive Woll- haarbildung der Areolen bei sehr sonnigem Stand. Photo: R. Subik, Bot. Garten, Prag.

Was den Habitus betrifft, sind einwand- freie Indizien nicht so zahlreich festzustel- len. Die Warzen von Toumeya pap. sind je- doch mit feinen rippenartigen Verlängerun- gen versehen, was bei dem anderen For- menkreis nie zu beobachten ist. Die Aus- bildung von papierähnlichen Stacheln ist bei Toumeya pap. auffallend, doch tritt diese bei der Art macrochele auch auf, wenn auch nicht so prägnant. Die Besta- chelung kann aber nie als vollwertiges In- diz angesehen werden, denn sie ist wie auch andere Habitusmerkmale den Einflüssen der Umwelt zu stark unterworfen. Für die höhere Entwicklung der mexikanischen Abb. 10: UG. Turbinicarpus: Toumeya pseudo- macrochele (Bckbg.) Bravo et Marsh. Arten spricht auch meine Beobachtung an Photo: R. Subik, Bot. Garten Prag. einer ihrer Arten (T. krainziana). Ich konn- te einwandfrei eine Reduktion der Staub- Ich stelle daher die mexikanischen Arten blätter und deren Umwandlung in Blüten- auf den Grad eines Subgenus Turbinicar- blätter, die allerdings noch schmal, aber pus (wo sie bereits 1936 von C. Backeberg, bereits petaloide Färbung zeigten, feststel- allerdings beim Genus Strombocactus wa- len. Meiner Ansicht nach nehmen die Ar- ren) in bezug auf oben genannte Beweise.

51 Über die Artmerkmale von Turbinicar- pus möchte ich auf die Übersichtstafel ver- weisen. Lediglich eine Klärung der Arten schwarzii, polaskii Backeberg und macro- chele sowie der Arten pseudomacrochele und krainzianus soll vorgenommen werden. T. schmiedickeanus und die von H. Krainz zur Varietät zurückgestellte Art klinkerianus sind sich im Habitus und Blüte sehr ähnlich, wenn man auch noch geogra- phische und Gesichtspunkte der adaptiven Variabilität berücksichtigt. Meine Unter- suchungen des Samens zeigten jedoch eine Differenz in der Testastruktur, bei der Va- rietät klinkerianus eine deutliche großwar- zige, beim Typ eine sehr kleine Warzen- struktur (Testazellen klein) und eine sehr feine Runzelung, wie ich sie beim Samen asseliformis -> von Pelecyphora aselliformis beobachtete. aselliformis Beide haben eine Mützenform, sind auch, was die Größe betrifft, die kleinsten Tur- binicarpussamen. Hilum und Mikropylar- loch sind bei beiden von großer Ähnlich- keit. Von T. pseudomacrochele und krainzia- nus fehlen die Standorte; lediglich von er- sterem ist der Staat SLP bekannt. Die Habi- tusunterschiede sind gering, nur die Blüten Abb. 11: UG. Turbinicarpus: Toumeya schwarzii sind eindeutig in Größe und Farbe ver- (Shurly) Bravo et Marsh. Wildpflanze, normaler schieden. Dazu kommt die Reduktion und Typus. Kopie von Farbdia. Photo: L. Kladiwa. Umwandlung von Staub- in Blütenhüll- blätter, die ich bei T. krainzianus, jedoch noch nie beim pseudomacrochele beobach- keit im Habitus aufweisen, konnte auf An- tete. Den Samen von letzterem konnte ich hieb nicht sofort vorgenommen werden. leider trotz größter Bemühungen nicht er- Man muß bei diesen Arten morphologisch- halten. phylogenetische Merkmale beachten, denn die Variabilität ist bei diesen von allen T. krainzianus hat eine ausgefallene Sa- Arten im Habitus am größten. menform, annähernd kugelig mit einem aufgesetzten Hilumteil. Das Hilum selbst ist Meine Untersuchungen des Samens von verhältnismäßig klein, längs-oval mit einem T. schwarzii und polaskii zeigen keinen großen, wulstigen Hilumsaum. Das Mikro- Unterschied. Auch Größe (schwarzii: 1,1 bis pylarloch entspricht der Stellung bei den 1,2 zu 0,9 mm, polaskii: 1,1 bis 1,2 zu 0,8 bis andern Samenarten am Rande des Hilums. 0,9 mm), Form und Testastruktur und Farbe Die Testastruktur ist eher großwarzig, re- (schwarz bis dunkelrotbraun) sind gleich. gelmäßig, gegen das Hilum zu kleinwar- Die Blüten beider Arten sind nach meinen ziger. Die Farbe schwarz bis dunkelrot- Beobachtungen gleich (Backeberg gibt braun, glänzend. Sollte bei späterer Unter- seine T.-schwarzii-Blüten in zu großen Di- suchung der die glei- T. pseudomacrochele mensionen an, die nicht der Norm entspre- chen Merkmale zeigen, müßte T. krainzia- chen). Nach seiner Angabe soll die schwar- nus zur Varietät zurückgeführt werden. zii-Blüte dreiserig, was die inneren Hüll- Die Abgrenzung der Arten T. macrochele, blätter betrifft, sein. Sollte es sich bei die- schwarzii und Backeberg’s neuer Art ser Beobachtung, die ich niemals machte, polaskii, die alle eine frappante Ähnlich- aber doch möglich ist, ebenfalls um eine

52 Umwandlung von Staub- in Blütenhüll- blätter handeln? Die inneren Hüllblätter sind weiß mit rosa Hauch. Die Narbe wird von Backe- berg bei T. schwarzii als weiß mit feiner purpurner Rückenlinie angegeben. Ich sah ausgesprochen rosagefärbte Narben, wie bei Backeberg’s T. polaskii. Übrigens gleicht Backeberg’s T.-polaskii-Blüte und -Pflanze in allen Einzelheiten meinen T. schwarzii. Backeberg gibt in beiden Beschreibungen keine Angaben; über die Früchte und polaskii-Samen ist nichts be- schrieben. Ich sah die T.-schwarzii-Frucht beerenartig, selten mit feinen wenigen Schüppchen. Die Körperform kann ausge- sprochen flach, kugelig bis ovoid sein. (Vergleiche Backeberg’s Abbildungen in Band V T. polaskii mit den Abbildungen 2712 und 2713.) Ich hatte in meiner Samm- lung ausgesprochen flache neben kugeligen Formen von T. schwarzii. Sprosse der fla- chen Form, die auf C. jusbertii gepfropft wurden, gingen in einigen Jahren in aus- gesprochen kugelige und ovoide Formen Abb. 12: UG. Turbinicarpus: Tonmeya schwarzii über, wobei die anfangs spärliche Bestache- (Shurly) Bravo et Marsh. Auf Eriocereus jus- lung (ein bis zwei Stück) der flachen Form bertii gepfropfter Sproß von einer Wildpflanze, die ausgesprochene Flachwarzen zeigte. Man be- in eine kräftigere und längere Bestachelung achte die lange Bestachelung und die vorgewölb- überging. Die Blüten von diesen waren grö- ten Warzen. Kopie von Farbdia. ßer als die der wurzelechten Wildpflanzen. Photo: L. Kladiwa. Auch während den Vegetationsperioden wurden flache, wurzelechte Pflanzen mehr testen bis zu völligen Nudaformen sehen, kugelig. und doch sind alle Pflanzen immer Astro- phytum myriostigma. Die gepfropften Pflanzen wurden aber T. macrochele auch in der Warzenform Es würde zu weit führen, wollte ich auf ähnlich (also von ausgesprochenen Flach- diese Bildung näher eingehen. Auf jeden warzen zu vorgewölbten Warzen). In der Fall sind aber Faktoren, wie Bestrahlung, Abbildung ist die flache Warzenform von Standort, Bodensubstrat in Erwägung zu T. polaskii und macrochele (einer Form, die ziehen und diese Bildung an der Epidermis im Botanischen Garten Prag steht), ein- vielleicht in Richtung einer adaptiven Va- ander in der Blüte sehr ähnlich, was die riabilität zu deuten. Man sollte aber nicht Kakteenfreunde in der CSSR veranlaßte, dem Irrtum verfallen, solche Kennzeichen T. polaskii als Varietät von T. macrochele zur Grundlage von Neubeschreibungen bei anzusehen. Gattungen oder Arten zu machen. Shulry fand angeblich auf der Epider- Eine große Habitusähnlichkeit ist auch mis von T. schwarzii feine Flöckchen, die zwischen manchen T.-macrochele- und T.- Backeberg als Unterscheidungsmerkmal schwarzii-Formen zu beobachten. Doch zu seiner neuen Art anführt. Diese Be- zeigt T. macrochele sehr flache Stacheln, obachtung habe ich niemals machen kön- die den Papierstacheln von Toumeya papy- nen, doch sollte man zur Klärung dieser racantha etwas ähnlich sind und bei keiner Flöckchenbildung an die Astrophyten den- anderen Turbinicarpus-Art zu sehen sind. ken. Bei Astrophytum myriostigma können Doch kann dieses Kennzeichen nicht un- wir alle Übergänge von den dichtbeflock- bedingt für eine Differenzierung verwen-

53 det werden. Der Samen ist jedoch in Form, sind, tief in die Geldtasche greifen muß. Größe und Pigmentierung sehr ähnlich. Letzten Endes bringen derartige Machen- Man könnte also eine enge Verwandtschaft schaften nur dem kommerziell Interessier- von schwarzii mit seinen Formen und ma- ten auf Kosten der Liebhaberei Gewinn! crochele annehmen. Leider ist der nähere Auch wird man sich in Zukunft jene Standort von T. macrochele nicht bekannt, Literatur mit den nicht hieb- und stich- nur der Staat SLP. festen Diagnosen merken müssen, will man In seinem Band V der Cactaceae bringt nicht sein Geld zum Fenster hinauswerfen. Der heutige Kakteenfreund ist jedenfalls Backeberg leider keine Abbildung des T. schwarzii (absichtlich?), obzwar er genü- weit davon entfernt, nur in einem schönen gend Bildmaterial oder selbst Wildpflanzen Bilderbuch zum Zeitvertreib zu blättern! hätte auftreiben können! Auf Grund meiner Untersuchungen des sogenannten Turbinicarpus polaskii, deren Die Tatsache, daß unser Gewährsmann Ergebnis eindeutig ist, stelle ich diese Art Mr. A. B., der als Fachbotaniker an einer als Synoym zu Turbinicarpus schwarzii. amerikanischen Universität tätig ist und In der Sämlingsform sind die Turbini- mit dem Problem der Gattungen der Linea carpi nur schwer unterscheidbar; alle haben Strombocacti gut vertraut ist, am Stand- weiße, kammartig gestellte feine Stacheln. ort von eindeutig diagnostizierte T. polaskii Die letzte noch zu besprechende Art T. schwarzii fand, bekräftigte mich in mei- T. lophophoroides kommt ebenfalls im ner Überzeugung, daß beide Pflanzen iden- Staate San Luis Potosi vor, und zwar beim tisch sind. Den -Standort erfuhr T.-polaskii Ort Las Tablas (zirka 22° N. Br. und 100° Mr. A. B. übrigens von Mr. Polaski selbst, westl. L.), das ist nordwestlich von Car- und zwar ist dieser bei Matehuala in SLP. denas, angeblich auf etwas sumpfigem Bo- den. Diese Gegend liegt im Bewässerungs- In Backeberg’s Neubeschreibung feh- gebiet des Rio Verde und ist der am weite- len übrigens auch Angaben über die Frucht sten südlich gelegene -Fund- und Samen, was nach den internationalen Turbinicarpus ort. Nomenklaturregeln T. polaskii als «nomen nudum» kennzeichnet. Diese Art ist im Habitus gewissen Thelo- cactus-Arten sehr ähnlich, auch die Quali- Nicht nur den Wissenschafter hemmen tät der Stacheln ist anders als bei den übri- derartige mangelhafte Beschreibungen in seiner Forschungsarbeit, sondern auch den Kakteenfreund werden sie verärgern, wenn er für sogenannte neue Arten, die keine

Abb. 13: UG. Turbinicarpus: Toumeya schwarzii (Shurly) Bravo et Marsh. Am Fundort bei Mate- huala, San Luis Potosi. Pflanzen mit flachen und Abb. 14: UG. Turbinicarpus: Toumeya schwarzii vorgewölbten Warzen zusammen in einer Kolo- var. polaskii (Bckbg.) Kladiwa comb. nov. Wild- nie! Kopie von Farbdia. Photo: A. B. pflanze. Photo: R. Subik, Bot. Garten Prag.

54 gen Turbinicarpi. Der Samen ist richtig mützenförmig, also mehr rundlich mit brei- tem Hilum. Dem Samentyp nach paßt er je- doch sehr gut in das Subgenus Turbinicar- pus. Auch die Blüte ist ihrem Bau entspre- chend eine Turbinicarpus-Blüte. Soviel mir bekannt ist, wurden nach dem letzten Krieg niemals mehr Wildpflanzen eingeführt, und alle Untersuchungen und Beobachtun- gen wurden an Kulturpflanzen vorgenom- men. Da diese Art sogar etwas empfindlich ist, was die wurzelechte Kultur betrifft, muß sie am besten gepfropft gepflegt wer- den. Abb. 15: UG. Turbinicarpus: Toumeya krainziana Ich muß aber den Kakteenfreund drin- Frank. Wildpflanze. Photo: L. Kladiwa. gend darauf aufmerksam machen, daß ge- pfropfte Turbinacarpi ihren Habitus sehr Bei Gattungen, die eine starke Variabili- stark verändern und dann oft nicht mehr tät zeigen und insbesondere bei Arten von differenziert werden können. Wurzelecht Untergattungen, die ökologisch verschiede- sind sie jedenfalls sehr gut zu kultivieren, nen Außenfaktoren ausgesetzt sind, wird wenn man sie während der Vegetations- man mit besonderer Sorgfalt Entscheidun- periode an die frische Luft stellt, Prallsonne gen zu treffen haben, besonders auch dort, abhält und in der Ruhezeit Temperaturen wo verschiedene Klimate aneinandergren- um 5° C bei absoluter Trockenheit beach- zen oder sich überschneiden. Meist ist in tet. Bei hochsommerlichen Temperaturen solchen Arealen die Mannigfaltigkeit sehr stellt sich schnell die Vegetationsruhe ein. groß, und es sind dann vielerlei Entwick- Gewächshausklima ist ihnen nicht sehr zu- lungslinien gegeben. Es kann dann mei- träglich. stens nur ein Fachmann und Botaniker, der Die Blütengröße kann manchmal sehr eine große Übersicht besitzt, in diesem Spe- stark an ein und derselben Pflanze variie- zialgebiet wirklich «Echtes» von Gekün- ren, ebenso die Blütenfarbe, besonders was steltem in der Einteilung unterscheiden. die mehr purpurblühenden Arten betrifft. Nur ein Fachmann wird unterscheiden So pfropfte ich einen T. pseudomacrochele können, ob es sich bei Merkmalen nur um auf C. bridgesii, und er brachte eine große, nahezu bläulich-violette Blüte, wo er als eine adaptive Variabilität der Veränderun- wurzelechte Pflanze vorher kleinere, nur gen handelt oder bereits um mutative Va- mit zartem violettem Streifen gezeichnete riabilität, also echte Mutationen. Blüten gebracht hatte. Auch die Warzenbil- Gerade die kakteenreichen Südstaaten dung erfährt meist eine Formänderung. der USA und das klassische Kakteenland Meistens werden die vorgewölbten Warzen Mexiko mit verschiedenen geologischen flach und flache Warzen wieder vor- Formationen und verschiedenen Klimaten gewölbt, wenn man die Pflanzen pfropft. (siehe die Klima-Karten in Buxbaum’s Die Bestachelung wird in der Regel bei «Kakteenpflege biologisch richtig») lassen Pfropfungen schwächer, doch konnte ich zwischen Gattungen und Untergattungen (siehe T. schwarzii) auch eine längere Sta- alle möglich fließenden Übergänge im chelbildung feststellen. Alte Pflanzen nei- Habitus und (seinen) einzelnen Pflanzen- gen zu starker Sprossung, gepfropfte zu teilen zu (Blüte, Frucht und Samen). feister Entartung. Man kann also daraus ersehen, das man niemals Normen für den Es ist daher niemandem gedient, mög- Habitus aufstellen darf. Die Differenzie- lichst schnell, wie in einem Wettrennen, rung und Beurteilung von Arten sollte nur Beschreibungen vorzunehmen, nur um mit an Wildpflanzen vorgenommen werden, da einem schönen Namen, der an einen guten man sonst leicht zu unangenehmen Fehl- Freund erinnern soll, jede «anders aus- bestimmungen gelangen wird. sehende» Art zu belegen. Die Folgezustände

55 haben wir alle miterlebt, und jeder Kak- stimmt ihre Würdingung finden kann und teenfreund muß sich vor Augen halten, wie wird. schwierig es ist, heute nach vielen Jahr- zehnten nach dem Verlust kostbaren Her- Herrn H. KRAINZ möchte ich sehr für seine Hilfe bei der Beschaffung von Samenmaterial barmaterials dieses Durcheinander, das als danken. Ebenso Herrn R. SUBIK vom Botani- Erbe übernommen wurde, zu ordnen und schen Garten Prag, der in kürzester Zeit mir so einzureihen, daß es den Anforderungen Samen- und Bildmaterial zur Verfügung stellte. einer ernsten Wissenschaft, wie es die Bo- Ebenso danke ich Herrn Dipl.-Ing. FRANK und Herrn Dozent Dr. ROLLER, Wien, für das Sa- tanik ist, entspricht! menmaterial. Allen Kakteenfreunden, die mir Für den Amateur kann es daher keine bei der Beschaffung von T.-pseudomacrochele- Samen helfen wollten, sei Dank gesagt. größere und schönere Aufgabe geben, als Die Samenphotos wurden unter dem Mikros- mitzuhelfen, dem Fachbotaniker dringend kop bei 32facher Vergrößerung gemacht und sind benötigtes Untersuchungsmaterial zur Ver- auf dem Farbfilm wesentlich besser. Herrn Dr. fügung zu stellen, mitzuhelfen bei Unter- med. R. PLASUN, der mir mit seiner großen Er- suchungen und Anfertigung von Skizzen fahrung beim Photographieren half, besten Dank. und photographischen Aufnahmen, Stu- (Anmerkung: Die Samen-Macroaufnahmen waren leider für die Reproduktion ungeeignet. dium der Literatur und vielerlei mehr. So Krainz.) wird auch der fortgeschrittene und inter- Anschrift des Verfassers: essierte Kakteenfreund eine Erfüllung fin- Univ.-Med. Dr. Leo Kladiwa, den, die im Rahmen der Forschung be- Wien IX, Porzellangasse 48/20

Abb. 1: Sclerocactus polyancistrus (Eng. et Big.) Abb. 2: Toumeya (UG. Toumeya) papyracantha Br. etR. A: Samen, Seitenansicht, (Länge 3,5 mm, (Eng.) Br. et R. A: Seitenansicht, Testastruktur Höhe 2,5 mm); B: Hilumansicht. Testastruktur nicht berücksichtigt; B: Halbseitliche Hilum- nicht berücksichtigt. Beschreibung: Testa glän- ansicht, Mi: Das Mikropylarloch; C: Nach Ent- zend schwarz, gleichmäßig dicht und fein war- fernen der äußeren Testa, P: Perispermrest, der zig. Mikropylarloch (Mi) in einer trichterartigen noch etwas Stärke enthält. Beschreibung: Testa Vertiefung. Embryo schlank mit ansehnlichen schwarz, glänzend, im ganzen glatt erscheinend, dreieckigen Keimblättern, fast zum Kreis um ein jedoch durch leichte Vorwölbung der Testazel- großes Perisperm gewickelt. (Original F. Bux- len fein und kleinwarzig. Abrißstelle des Funi- baum.) culus ein tiefes Loch. (Original F. Buxbaum.)

56 Abb. 3a: UG. Navajoa: Toumeya peeblesiana (Croiz.) Bravo et Marshall. Typ I, links Testa- struktur angedeutet. (Original F. Buxbaum.)

Abb. 3b: UG. Navajoa: Toumeya peeblesiana (Croiz.) Bravo et Marshall. Obere Reihe: Typ II, rechts ziuäußerst: Nach Entfernen der äußeren Samenschale, P: Perispermrest; untere Reihe: Typ II. (Original F. Buxbaum.)

Abb. 4a: UG. Turbinicarpus: Toumeya lophopho- Abb. 4b: UG. Turbinicarpus: Toumeya macro- roides (Werd.) Bravo et Marshall. (Original chele (Werd.) Bravo et Marshall. (Original: F. Buxbaum.) F. Buxbaum.)

57 Abb. 4c: UG. Turbinicarpus: Toumeya schmie- Abb. 4d: UG. Turbinicarpus: Toumeya schmie- dickeana (Boed.) Bravo et Marshall. (Original dickeana var. klinkeriana (Bckbg. et Jacobs.) F. Buxbaum.) Krainz. (Original F. Buxbaum.)

Abb. 4e: UG. Turbinicarpus. Unten: Toumeya Abb. 4f: UG. Turbinicarpus: Toumeya krainziana schwarzii (Shurly) Bravo et Marshall; oben: Frank. (Original F. Buxbaum.) T. schwarzii var. polaskii (Bckbg.) Kladiwa comb. nov. (Original F. Buxbaum.)

58 59 / Größe =

Gr. Las Tablas Testa Nördlich bei Matehuala San Luis Potosi Mexiko In der Literatur keine nähere Angabe, nur San Luis Potosi Mexiko Standort und Staat unbekannt Kam von F. Schmoll bei ca. (22° N, 100° W) (östlich vom Ort Cardenas) San Luis Potosi Mexiko Angeblich auf etwas sumpfigem Boden Standort bei Miquiihuana Tamaulipas/ Mexiko bei Presa de Guadalupe San Luis Potosi Mexiko In der Literatur keine nähere Angabe, nur San Luis Potosi Mexiko =

T. Griffel =

Gri. : 1,1:0,8 mm : 1,5:1,0 mm : 1,2:0,8 mm : 1,0:0,6 mm : 1,2:0,8 mm : Struktur zeigt größere : warzig : warzig : warzig : warzig schwarz bis d’rotbraun (bei Mikroskop-Beleucht.) T. Warzen als beim schmiedickeanus Gr. schwarz bis d’rotbraun T. Gr. schwarz bis d’rotbraun T. Gr. (1,2:0,9 mm) Hilum abstehend, aber vertieft Form: birnförmig schwarz bis dunkelbraun- rotbraun T.: kleinwarzig, feinge- runzelt Gr.: 1,0:0,6 mm schwarz bis d’rotbraun T. Gr. Samen Hilum vertieft, gelblich schwarz T. Gr. (1,3:0,9 mm) Blütenblätter =

Bl. bl. beerenartig, eiför- mig bis kugelig, grün, später röt- lichbraun, mit anhaftendem Blü- tenrest, nackt. Senkrecht aufrei- ßend, 25—30 Samen enthaltend beerenartig, mit Schuppenspuren, hellgrün beerenartig, mit vereinzelten Schuppen beerenartig, manchmal mit vereinzelten Schuppen, grünlich bis bräunlich beerenartig, nackt mit Schuppen- spuren grünlich bis rot- braun-grün winzige Beere, nackt, mit Wollscheitel grünlich bis bräunlich Frucht beerenartig Receptaculum äuß./inn. breitem dun- =

± Rpt. : weißlich mit dunkelrosa : rötlichbraun mit schma- : grünlich, mit dunkelgrü- : grünlich mit dunkelbrau- : rein weiß, selten mit trü- : trübrosa mit bräunlichen : blaß-grün-gelblich bis : grünlich mit dunkelbrau- : weiß, rosa getönt : weiß mit : schmal, hellcrem, gelblich : breit, mit wolligem Saum, : zartrosa mit violettem : reinweiß, manchmal rosa Bl. bl. Pericarpell

: olivgrün bis rötlichbraun : glatt, grün, dünnwandig : grün, glatt : grünlich, kurz, vereinzelte : hell-olivgrün, glatt : kurz, dünnwandig, glatt : grün bis rotbräunlich, dünn- : zartrosa, Narbe weißlich mit : weiß, Narbe weiß : Narbe weiß : zartrosa, Narbe weiß : rosa, Narbe weiß : rosa, Narbe weiß : dunkelrosa, Narbe weiß bis zart- nackt, manchmal Schuppen am : nackt, mit vereinzelten Schuppen : nackt, selten Schuppenspuren am : nackt, manchmal vereinzelte : nackt, selten Schuppenspuren : nackt, manchmal Schuppenspuren = : nackt, grün

Gri. rosa Rückenlinie, oft nur bis rosa 30 mm lang,Pc. trichterig am ob. Ped.-Rand Rpt. äuß. Bl. Mittelstreifen bl. inn. Bl. bl. bis 20 mm lang,Pc. trichterig ob. Ped.-Rand Rpt. äuß. Bl. nem bl. Mittelstreifen inn. Bl. bl. mit manchmal grünlicher Gri. Tönung bis 35 mm lang,R. trichterig Rpt. äuß. Bl. bl. oliv-bräunlich mit helleminn. RandBl. bl. weiß im Schlund Gri. rosa Tönung kurztrichterig, bis 2,5 Pc. mm lang Schuppen am ob. Rpt. Ped.-Rand Schuppen äuß. Bl. lem grünlichweißem bl. Rand inn. Bl. bl. kelrosa bis violettem Gri. Mittelstreilen Blüte bis 20 mm lang,Pc: trichterig ob. Ped.-Rand Rpt. äuß. Mittelstreifen inn. Bl. bl. Mittelstreifen Gri. bis 14 mm lang,Pc. kurz-trichterig Rpt. äuß. Bl. nem bl. Mittelstreifen inn. Bl. bl.bem Mittelstreifen, auchGri. Schlund trüb bis 30 m lang, Pc. kurz-trichterig am ob. Ped.-Rand Rpt. wandig, glatt äuß. Bl. bl. nem Mittelstreifen, Randinn. weißlichBl. bl. Schlund Gri. rosa Pc.

Stacheln =

Gepfropfte St. Warzen =

W. : St. länger, W. länger : konisch, manchmal an der Basis : kantig-kegelig, bis 4 mm lang : polygonal, oft stark abgeplattet, : schlank, kantig-kegelig : mehr breit als lang, bis breit- : breit, sehr flach, rundlich bis : mehr breit als lang, kantig-kegelig : bis 8, dünn, steif, borstig : bis 8, dünn, steif aber biegsam, : bis 4, kurz, oft kreuzartig, ein : bis 5, gebogen bis verflochten, : bis 2, bald abfallend, zum K. ge- : bis 3, flach-spiralig, der unterste : kugelig bis eiförmig : kugelig bis kurz-zylindrisch : kugelig, im Alter auch eiförmig : verkehrt eiförmig bis zylindrisch : mehr breit als hoch, kugelig : kugelig bis flach : gedrückt-kugelig, auch dichoto- : grün, in der Sonne rötlichbraun : lebhaftgrün bis dunkelgrün : hell- bis dunkelgrün : lebhaft grün bis mattgrün : matt-graugrün, in der Sonne rot- : blaß-grau-grün bis graubraun : matt-graugrün bis matt-hellgrau K. E. W. leich kantig St. bis 35 mmter grau, lang, untereinander und anfangs verkrümmt verflochten, gelblich, den deckend. Scheitel spä- Im ver- Alter stark K. sprossend E. W. St. borstig, bis 30 gelblichbraun, mm lang, später im grau Neutriebklen mit Spitzen, dun- den deckend, Scheitel verkrümmt über- und verflochten K. E. W. abgeflacht St. mittlerer gerade aufgerichtet,bis 10 mm lang,Spitze, weiß vergrauend. mit dunkler Scheitel,manchmal aber auch Areolen wollig stark weiß- Habitus K. E. W. St.: widderhornartig, 3—4,der der längste, unterste bis bis 2,5 schwarz, cm lang, spitz, Scheitel graubraun Überdeckend mit dunkler bogen, doch Spitze, nicht verdeckend K. zum ScheitelE. ge- bräunlich W. schuppig, rundlich bis St. schwachkantig fast papierartig, bis fangs 40 gelb, mm später lang, Scheitel dunkelgrau, an- gebogen, zum überdeckend K. E. W. polygonal, oft lophophoraSt. ähnlich bogen, bis 20 mmgrauweißlich lang, mit gelbbraun dunkler Scheitel bis Spitze, nicht verdeckend.Pflanze K. misch E. W. St. länger als die anderen bis 9 mm, grau Epidermis =

E. klinkeriana Körper =

Toumeya pseudomacrochele Toumeya krainxiana Toumeya lophophoroides Art Toumeya schmiedickeana Toumeya schmiedickeana var. Toumeya macrochele Toumeya schwarzii K. Der südliche Formenkreis (Turbinicarpus)

60 Das Genus Pediocactus Britton et Rose Von G. Frank

Die bis vor wenigen Jahren noch mono- Kakteen aus den Bergtälern und Hoch- typische Gattung Pediocactus war den mei- steppen der Rocky Mountains brauchen sten Kakteenliebhabern hier nicht einmal zum guten und richtigen Gedeihen den vom Hörensagen her bekannt. In erster Rhythmus eines kontinentalen Hochgebirgs- Linie wohl deshalb, weil Pediocactus simp- klimas, das heißt kalte, längere Schneewin- sonii aus den Rocky Mountains nur sehr ter mit verhältnismäßig raschem Übergang selten und vereinzelt zu uns nach Europa in den Frühsommer. Dieser stellt für den gelangte und weil sich diese wenigen Im- Großteil der Flora, hier insbesondere auch portpflanzen kaum lange in Kultur hielten. für Pediocactus, eine kurze Hauptvege- Eigentlich verwundert diese Tatsache fürs tationsperiode dar. In diese enge Zeitspanne erste, zumal ja Pediocactus in seiner Hei- fallen Blüte und Fruchtreife sowie auch mat unter klimatischen Bedingungen lebt, das stärkste Körperwachstum. Während wie sie etwa auch unsere Alpenländer zei- des Sommers, der ziemlich trocken und gen. Aber gerade dieses ausgesprochene heiß ist, tritt dann eher eine Vegetations- Hochgebirgsklima ist vom durchschnitt- ruhe ein, zumal ja auch die verstärkte UV- lichen Kakteenliebhaber unserer Breiten gar nicht so leicht nachzuahmen. Die Ein- Strahlung dieser Jahreszeit bremsend auf haltung der heimatlichen Bedingungen aber das Wachstum wirkt. Im Herbst gibt es ist bei Pediocactus überaus wichtig für ein dann nochmals eine gewisse Wachstums- Gedeihen in Kultur. Dies trifft ja übrigens und vor allem Ausreifungsperiode, wobei auch für den Großteil unserer Alpenflora im Scheitel bereits die Knospen vorgebildet zu. und im Spätherbst dann zum Teil schon sichtbar werden. Stauende Hitze oder gar gespannte Glashausluft behagen der Gat- tung Pediocactus durchaus nicht; sie will im Gegenteil viel frische Luft bei freier Sonnenbestrahlung. Alle bekannten Arten des erweiterten Genus sind, soweit mir bis- her bekannt ist, nur bei möglichster Ein- haltung der heimatlichen Klimabedingun- gen erfolgreich zu kultivieren und über- haupt nur wurzelecht zur Blüte zu bringen. Die Leitart und bis vor wenigen Jahren noch einzige Art der Gattung ist Pediocac- tus simpsonii, den Engelmann zu Ende des vergangenen Jahrhunderts als Echino- cactus simpsonii beschrieben hat. Britton und Rose schlugen dafür 1913 dann die Aufstellung einer eigenen Gattung unter dem Namen Pediocactus vor und nahmen diese 1922 ins Sammelwerk Cactaceae auf. Die Typart sowie die beiden Varietäten var. minor und var. robustior sind Bewohner der Rocky Mountains und ihrer Vor- berge, beginnend in Washington und Ore- gon im Norden und bis nach Arizona und Neu-Mexiko im Süden reichend. Die Stand- Pediocactus simpsonii var. minor (Eng.) Boiss. et orte liegen in Höhen zwischen 1800 und Davids. Importpflanze. Abb. 1:1. Photo: G.Frank. 3000 Metern.

61 züglich der gattungsmäßigen Trennung der beiden nicht anschließen. Die Unterschiede zwischen beiden Pflanzen reichen gerade für eine klare und gute Artentrennnung aus, behalten jedoch keine Kriterien für eine Gattungsbegrenzung. Ganz abgesehen von der großen Ähnlichkeit im Habitus und in der Körperstruktur, konnte ich weder bei Knospe, Blüte, Blütensitz, Frucht und Same irgendwelche wesentlichen Unter- schiede feststellen. Daß die Blüten bei P. simpsonii mehr breitglockig, bei P. para- dinei mehr radförmig sind, daß bei letzte- rem die Bedeckung der Blüte und Frucht schon stärker reduziert ist und nur mehr gelegentlich auftritt, das sind geringe und nur graduelle Differenzen, die wohl kaum die Aufstellung einer eigenen Gattung rechtfertigen. Ebensowenig können auch die bei P. paradinei sich im Alter bilden- den langen Haarborsten als beweiskräf- tiges Argument herangezogen werden.

Pediocactus simpsonii var. minor (Eng.) Boiss. et Davids. Importpflanze. Abbildung etwas vergrö- ßert.

Bis zum Jahre 1957 blieb die Gattung Pe- diocactus monotypisch. Da erschien im Heft 5/1957 des amerikanischen «Cactus and Suc- culent Journal» eine Pflanzenneubeschrei- bung von B. W. Benson, die, allerdings mit Fragezeichen versehen, der Gattung Pedio- cactus zugeordnet wurde. Es war dies der kleine lang-weißborstige P. paradinei, der von Mr. N. A. Paradine in Hochsteppen- arealen von Nord-Arizona entdeckt wurde. Pediocactus simpsonii (Eng.) Br. et E. R. Rasen- bildende Form. Photo: G. Frank. Backeberg hat dann in «Kakteen und an- dere Sukkulenten», 8/1957, für diese Art die neue Gattung Pilocanthus aufgestellt und Nur wenig später, im Frühjahr 1958, fand die Abtrennung von Pediocactus begründet. Mr. Fred G. Knowlton im Grenzgebiet Vor einem Jahr brachte nun Dr. Lyman von Neu-Mexiko und Colorado winzige, Benson, Botanikprofessor am Pomona Col- bis heute unbekannte Pflänzchen, die Dr. lege in Kalifornien, eine recht interessante L. Benson 1960 im «Cactus and Succulent Revision und Erweiterung der Gattung Pe- Journal», S. 133, beschrieb und ebenfalls diocactus im «Cactus and Succulent Jour- der Gattung Pediocactus zuordnete. Er be- nal» 2/1961. Unter anderem hat er dabei nannte die Art nach dem inzwischen auf Backeberg’s neue Gattung Pilocanthus tragische Art tödlich verunglückten Ent- eingezogen und Paradine’s Neufund wie- decker Pediocactus knowltonii. der zu Pediocactus gestellt. Ich persönlich In dem begrenzten, sehr abgeschiedenen halte diese Eingliederung auch für richtig, Fund-Areal waren damals gerade umfang- denn ich konnte mich nach eingehendem reiche Erdarbeiten für einen Staudamm Vergleich von P. paradinei mit P. simpsonii begonnen worden, als Mr. Knowlton. den Argumentationen Backeberg’s be- auf einer Sammelreise zufällig vorbeikom-

62 Wasser gesetzt werden sollte, entschloß sich die obengenannte Gruppe von Kak- teenfreunden aus Albuquerque, N. M., unter Führung von Mr. Prince Pierce, der den Standort gut kannte, zu einer botanischen Rettungsaktion. Über ein Wochenende fuh- ren sie in das immerhin ziemlich weit ent- fernte Gebiet und sammelten alle Pflänz- chen ein, die sie finden konnten. An Freun- de und botanische Gärten wurden dann reichlich Exemplare abgegeben, so daß an- genommen werden kann, daß die Art er- halten bleibt, selbst wenn sie am natür- lichen Standort durch die Überschwem- mung nun ausgerottet sein sollte. Es ist nur zu hoffen, daß sie sich in Kultur hält und darüber hinaus weiter vermehrt werden kann.

Pediocactus knowltonii B. Bens. Gruppe frisch eingetroffener Importpflanzen mit Knospen und Blüten, die Scheitel etwas durchgetrieben. Abb. 1,5:1. mend, auf den zusammengeschobenen Erd- haufen einige der winzigen Pflänzchen ent- deckte und einsammelte. Durch die Klein- Pediocactus knowltonii B. Bens. Importpflanzen. heit des oberirdischen Pflanzenkörpers Abb. 1,5:1. Die Frucht der schwächeren Pflanze waren sie am Standort zwischen den Stei- zeigt deutlich zwei kleine Schüppchen, die mitt- nen vollkommen getarnt gewesen und wur- lere Frucht der großen Pflanze eines am oberen den erst durch das Aufreißen und Aufschie- Rand. Photo: G.Frank. ben der Erdoberfläche durch die Katerpil- lar freigelegt und sichtbar. Fred Knowl- P. knowltonii ist die kleinste Art der Gat- ton sandte die ersten Exemplare, die er tung. Erwachsene Pflanzen werden durch- fand, an L. Benson zur Bestimmung. An- schnittlich nur 2 cm bis maximal 3,8 cm fänglich schien es nicht ganz klar, ob es groß und sind, wenn nicht gerade in Blüte, sich hierbei um erwachsene und somit be- auf dem sandig-steinigen Boden völlig un- stimmbare Pflanzen handelte, oder ob viel- sichtbar. Nur so ist es erklärlich, daß diese leicht nur Jugendformen von Pediocactus gut definierte Art bisher unentdeckt blieb, simpsonii vorlagen. Im Frühsommer 1960 ähnlich übrigens wie der kleine P. paradi- konnten Kakteenfreunde aus Neu-Mexiko nei, der mit seinen langen Haarborsten im vom Standort neues Pflanzenmaterial mit Hochsteppengras auch vollkommen getarnt Blütenresten und Früchten beschaffen und ist und daher auch so lange unbekannt war. Benson zur Verfügung stellen. Nun war Der etwas weichfleischige und nur mit ganz es endgültig erwiesen, daß es erwachsene kurzen, dünnen Borsten bewehrte P. knowl- Pflanzen einer neuen guten Art waren, die tonii erinnert sehr an Toumeya, und zwar richtig beschrieben werden konnte. an die ebenfalls erst in letzter Zeit auf- Da 1961, nach Fertigstellung des Stau- gefundenen und dort einbezogenen Arten dammes, das gesamte Fund-Areal unter Navajoa peeblesiana und N. fickeisenii. Ob

63 hier vielleicht verwandtschaftliche Bezie- haupt, dann nur im Orginalsubstrat des hungen bestehen oder ob es sich nur um Standortes weiterkultiviert werden kön- Konvergenzen handelt, das bedarf noch nen. U. sileri soll am Typort schon sehr sel- näherer Vergleichsuntersuchungen. ten sein, zumal sie auch von Käferlarven stark angefressen und dadurch vielfach Erstaunlich ist an Benson’s Neufassung vernichtet wird. der Gattung Pediocactus die Einbeziehung der bislang monotypischen Gattung Utahia Während Benson’s Einziehung der Gat- (Br. et R.) mit der Art Utahia sileri. Im Ha- tung Pilocanthus durchaus gerechtfertigt bitus stellt diese lang- und dichtbestachelte erscheint, könnte die Eingliederung von Art, die bis doppelfaustgroß wird, ein ex- Utahia in die Gattung Pediocactus mög- tremes Gegenstück zu dem fast stachellosen licherweise etwas verfrüht sein. Wesent- Zwerg P. knowltonii dar, mit dem sie nun liche genetische Merkmale, auf die noch in einer Gattung vereinigt wurde. Utahia später eingegangen wird, deuten darauf sileri dürfte sicherlich eine der empfind- hin, daß Utahia vielleicht sogar einer an- lichsten und schwierigsten Arten der ge- deren Entwicklungslinie angehört. Ein- samten Kakteenfamilie in Kultur sein. Am gehendere Untersuchungen der Gattung recht begrenzten Heimatstandort bei Pipe Pediocactus in Verbindung mit Utahia so- Spring in Nordarizona (der Gattungsname wie auch etlichen anderen Arten müßten Utahia, der sich vom Staate Utah ableitet, noch systematisch durchgeführt werden, war daher danebengegriffen) wächst diese um gewisse Zusammenhänge aufzuzeigen. Art in reiner Gipsformation. Kakteen- freunde aus den USA berichteten mir, daß Inzwischen sind zwei neue Fortsetzun-) diese empfindlichen Pflanzen, wenn über- gen der Erweiterung des Genus Pediocac- tus publiziert worden. Im Heft 1/1962 be- schrieb Benson einen Neufund, den er vor- läufig hier einreihte und den er nach dem Entdecker, Major G. L. Brady, Pediocac- tus bradyi benannte. Es wurden nur ganz wenige Exemplare gefunden, und Benson. der den Fundort selbst aufsuchte, schreibt, daß die Pflanzen selbst am Typstandort überaus selten seien. Diese neue Art zeigt etwas Ähnlichkeit mit P. knowltonii, ist aber in allem viel derber. Blüten konnten bisher noch nicht beobachtet werden. Im Heft 2/1962 publizierte Benson auch die Einbeziehung von Toumeya und Navajoa in die Gattung Pediocactus. Er unterteilt die so erweiterte Gattung jedoch in drei Sektionen: 1, Pediocactus, 2. Navajoa, 3. Toumeya, was etwa einer Anerkennung von Untergattungen gleichkommt. Auf Grund brieflicher Mitteilung soll Benson auch die Einbeziehung der monotypischen Gattung Coloradoa mesae verde gegenwär- tig in Arbeit haben. Ich selbst war nach Beschäftigung mit der letzteren, ebenfalls sehr schwierigen und seltenen Art eben- falls der Meinung gewesen, daß eine Ver- wandtschaft zu Pediocactus gegeben sei.

Sowohl aus Benson’s Publikationen als auch einem Briefwechsel mit ihm und sei- Pediocactus paradinei B. Bens. Links Jugend- form, rechts erwachsene Pflanze mit dem typi- nem Mitarbeiter Dr. E. F. Anderson habe schen langen Borstenkleid. Photo: G. Frank. ich den Eindruck gewonnen, daß Benson

64 diese Erweiterung der Gattung Pediocactus dann kommt man wohl zwangsläufig zur primär als Arbeitshypothese gedacht hat. Ansicht, daß nur sehr klare, eindeutige und Er betont immer wieder, daß noch vieles beständige Merkmale genetischer Natur klärungsbedürftig sei und näher untersucht zur Gattungsdifferenzierung herangezogen werden müßte und daß die bisherige Erwei- werden dürfen. Wo nun in den einzelnen terung mehr oder weniger einen Rahmen Fällen die Grenzen gezogen werden sollen, darstelle für eine Zusammenfassung offen- wird vielfach selbst dann noch bis zu einem sichtlich näher verwandter Arten bzw. bis- gewissen Grad Ansichtssache sein und blei- heriger Gattungen. ben und sollte nicht Anlaß zu unüberbrück- baren Feindschaften werden. Vielleicht ist es auch gar nicht so wesentlich, sofern die großen Zusammenhänge, Entwicklungs- linien und Entwicklungstendenzen erkannt und akzeptiert sind.

Pediocactus paradinei B. Bens. Importpflanze. Abb. 1:1. Photo: G.Frank.

Die Festlegung klarer, gültiger Gattungs- merkmale bei den Kakteen ist noch immer ein mehr oder weniger ungelöstes und so- mit sehr umstrittenes Problem. Während die einen auf Grund minutiöser Unter- schiede für die Beibehaltung von Klein- und Kleinstgattungen eintreten, sind an- dere wieder für eine großzügigere Zusam- menfassung nahe verwandter Arten. Im allgemeinen läßt sich sagen, daß die Bo- taniker unter den Kaktologen mehr zur zweiten Auffassung neigen, zumal sie auch viel eher der Praxis und Gepflogenheit der Utahia sileri (Eng.) Br. et R. Importpflanze. Abb. 1:2. Photo: Frank. allgemeinen botanischen Systematik ent- spricht. Die Aufstellung von Kleingattun- gen hatte aber zweifellos den Vorteil mit Auf die erweiterte Gattung Pediocactus sich gebracht, daß ein sehr genaues Beob- angewandt, möchte ich sagen, daß mir fol- achten verlangt und somit auch geschult gende Entwicklungsrichtung vorzuliegen werden mußte, um allerkleinste Merkmale scheint: P. sileri als primitivste Art (falls und Differenzen zu erkennen und festzu- sie wirklich hier hereingehört), dann P. simp- halten. Ob diese sich dann auch tatsächlich sonii, P. paradinei und schließlich P. knowl- als maßgeblich für Art- oder Gattungs- tonii als der höchstentwickelte Pediocactus. differenzierung erwiesen haben, steht auf In dieser Reihenfolge tritt habituell eine einem anderen Blatt. Wenn man nun viele Verkürzung der vegetativen Achse sowie Kakteen am Heimatstandort oder auch grö- starke Reduktion der Bestachelung ein, ßere Importsendungen gesehen und dabei während sich gleichzeitig auch eine deut- die unglaubliche Variabilität bzw. Unbe- liche Tendenz zur allmählichen Verkah- ständigkeit vieler Merkmale erkannt hat, lung von Blüte und Frucht zeigt. Während

65 P. sileri an Blütenröhre und Frucht noch weisen sehr detaillierte Samendiagnosen breite Schuppen trägt, mit längeren Woll- aller hier besprochenen Arten sowie auch haaren in den Schuppenachseln, ist dieses die im Text abgebildeten, ganz hervor- Merkmal bei P. simpsonii schon wesentlich ragenden Samenzeichnungen. Daraus er- schwächer entwickelt. Bei P. paradinei sind gibt sich, daß der Samenbau von P. sileri nur noch kleine, unbehaarte Schüppchen doch noch recht unterschiedlich gegenüber an der Blütenröhre und spärlich am obe- den Samen der drei anderen Arten ist. Der ren Rand der Frucht vorhanden, während langgestreckte Embryo im mehr flach- P. knowltonii völlig nackte Früchte hat. gedrückten Samen besitzt noch ein Nähr- Ich fand an einer Frucht meiner Pflanzen gewebe (Perisperm) mit Stärke-Inhalt, das zwei kleine Schuppen, während alle ande- als besonders primitives Merkmal anzu- ren Früchte völlig nackt waren. Diese Merk- sehen ist. Die Samen von P. simpsonii, male der Blütenverkahlung nehmen also P. paradinei und P. knowltonii sind etwa graduell von Art zu Art zu, sind allerdings um die Hälfte kleiner, mehr kugelförmig, innerhalb der Art oft recht ungleichmäßig absolut einheitlich im Typ, und der Peri- ausgeprägt, so daß man sie in systemati- spermrest besitzt keinen Stärke-Inhalt scher Hinsicht wohl nur bedingt verwen- mehr. Sie zeigen somit eine viel höhere den kann. Ableitungsstufe als der Samen von P. sileri. Nach Prof. Buxbaum wäre bei der Beurtei- Ein ganz wesentliches Merkmal für die lung aller Samenmerkmale die Reihenfolge systematische Einteilung sind die Samen. der drei Arten: P. paradinei, P. simpsonii, Hier verdanke ich nun Herrn Professor Dr. P. knowltonii. Auf Grund äußerer Merk- F. Buxbaum neben andern wervollen Hin- male sowie des Verkahlungsgrades der Blüte müßte hingegen, wie wir gesehen haben, P. paradinei über P. simpsonii ge- stellt werden. Hier dürften noch weitere Untersuchungen am Platze sein. Wesent- lich ist jedenfalls, daß die sehr eingehen- den Samenuntersuchungen von Prof. Bux- baum die Richtigkeit der Zusammenzie- hung der drei obgenannten Pediocactus- arten bestätigt haben. Andererseits zeigten sie aber auch wiederum eine deutliche Differenzierung der von Benson einbezo- genen Utahia sileri. Auch die bei Utahia auftretende Bewimperung der Sepalen, die bei Pediocactus nicht aufscheint, verstärkt die Vermutung, daß hier noch genauere Untersuchungen notwendig sind, ehe über- schnelle Einbeziehungen oder Trennungen gemacht werden.

Alle Arten der Gattung Pediocactus sind Frühjahrsblüher. Die Knospenansätze wer- den schon im Herbst unmittelbar oberhalb der jüngsten Scheitel-Areolen vorgebildet und zum Teil schon als violettrote, kleine Kappen sichtbar. Mit der ersten Frühjahrs- sonne, wobei oft nur die Pflanzenscheitel aus dem Schnee herausschauen, zeigt sich schon frischer Trieb, und die Knospen ent- wickeln sich bei vielfach noch kalter Witte- rung rasch zur Blüte. Die kurztrichterigen Utahia sileri (Eng.) Br. et R. Importpflanze mit tiefen Fraßkanälen von Käferlarven. Abb. 1:2. Blüten von P. simpsonii sind sehr verschie- Photo: G.Frank. denartig im Farbton; sie variieren von

66 rend sie so kaum je zur Blüte kommen. Alle Arten der Gattung Pediocactus sind zwar winter- bzw. frosthart, jedoch trotzdem in Kultur auf eigenen Wurzeln rechte Sorgen- kinder. Um sie bei uns mit Erfolg zu pfle- gen, gehört dazu viel Einfühlungsvermö- gen in die Heimatbedingungen und in die Eigenart dieser Hochgebirgspflanzen. Sie aber zur Blüte zu bringen, ist schließlich ein Erfolg, der für anfänglich teures Lehr- geld und jahrelang aufgewendete Mühe sich dann reichlich lohnt.

Anschrift des Verfassers: Dipl. Ing. Gerhart Frank, Wien 19, Springsiedelung 30

Utahia sileri (Eng.) Br. et R. Sämlingspflanze. Abb. 1,5:1. Photo: G. Frank. Samen von Utahia sileri (Eng.) Br. et R. Original F. Buxbaum. Schmutzigweiß über Gelblich nach Blaß- aprikosen- bis Pfirsichfarben. Bei P. para- dinei sind sie weiß bis hellcremegelb, bei P. knowltonii rosa und bei Utahia sileri gelb. Bemerkenswert ist auch der einheit- liche zarte Duft aller Pediocactusblüten (von Utahia ist er mir nicht bekannt). Die Frucht- und Samenreife erfolgt rasch, so daß zweifellos schon im späten Frühjahr die ersten Sämlinge am Standort keimen.

In Kultur zeichnen sich alle Arten der Gattung Pediocactus dadurch aus, daß sie schwierig und meist auch recht kurzlebig sind. Sie wachsen auch durchaus nicht wil- lig als Pfropfungen. Alle treibenden Unter- lagen, wie z. B. Trichocereus pachanoi und T. macrogonus sind ungeeignet, da die Pfröpflinge darauf nach starkem Antrei- ben bald trockenschwammig werden. Am besten bewährt sich noch T. spachianus bzw. Eriocactus jusbertii. Gepfropfte Pflan- zen dienen allerdings nur der Erhaltung Utahia sileri (Eng.) Br. et R. Hilumansicht. und eventuell Vermehrung der Arten, wäh- Mi = Mikropylarloeh. Original F. Buxbaum.

67 Utahia sileri (Eng.) Br. et R. Embryo, links ohne äußere Testa. Original F. Buxbaum.

Samen von Pediocactus simpsonii (Eng.) Br. et R. Pediocactus simpsonii (Eng.) Br. et R. Psp. = Mi = Mikropylarloch. Original F. Buxbaum. Perisperm ohne äußere Testa. Original F. Bux- baum.

Pediocactus simpsonii (Eng.) Br. et R. Embryo. Original F. Buxbaum.

Pediocactus simpsonii (Eng.) Br. et R. Pediocactus knowltonii B. Bens. Mi = Mikropylar- Mi = Mikropylarloch. Original F. Buxbaum. loch. Original F. Buxbaum.

68 Samen von Pediocactus paradinei B. Bens. Mi = Pediocactus paradinei B. Bens. Hilumansicht. Mi = Mikropylarloch. Originalzeichnungen F. Buxbaum Mikropylarloch. Originalzeichnungen F. Buxbaum

Neues und Strittiges

Von Wilhelm Simon (nach einem Vortrag, gehalten am 9. September 1962 in Bregenz)

Will man sich als Liebhaber mit dem Stu- Lage gewesen wäre, eine von einem dium der Kakteen befassen, so wird man Gymnocalycium zu unterscheiden. Da gibt sich zunächst in der Literatur umtun und es nun Autoren, die vom Gegenteil aus- wird dann einer verwirrenden Fülle oft gehen und in dem 1924 von Vaupel be- sich widersprechender Angaben gegenüber- schriebenen Gymnocalycium lafaldense die stehen, im Vergleich zu denen das eigene genannte Frailea bruchii zu sehen glauben. Wissen aus unmittelbarer Erfahrung nur So war dann das Gymnocalycium bruchii bruchstückhaft sein und sich nur auf ein entstanden. eng begrenztes Gebiet beziehen kann, und zwar zwangsläufig um so enger, je sorgfäl- Daß dies nicht so sein konnte, bewies tiger die Beobachtungen vorgenommen wer- Oehme schon 1941 (Cactaceae, 1941). Er be- den. Bei der unübersehbaren Vielfalt der schrieb den Formenreichtum des Gymno- Erscheinungen in der Natur im allgemei- calycium lafaldense und gab einzelnen mar- nen und bei unseren Kakteen im besonde- kanten Formen eigene Namen. Sein Haupt- ren, ist es unmöglich, Genauigkeit und Mas- argument, das Oehme anführte, waren die senproduktion zu vereinigen. Man wird also Haarbüschelchen und Börstchen am Peri- um so weniger bearbeiten, je genauer die karpell oder Fruchtknoten der fraglichen Einzelstudien sind. Frailea. Ein Gymnocalycium mit Haar- büscheln am Fruchtknoten ist aber ein Un- 1. Gymnocalycium lafaldense Vpl. ding, und das Gymnocalycium lafaldense war bis auf weiteres gerettet. Ich möchte das am Beispiel eines Gym- nocalycium zu erklären versuchen. 1923 be- Nun greift Backeberg den Fall wieder schrieb Spegazzini eine Frailea bruchii. auf, nennt die Pflanze wieder Gymnocaly- Da die Gattung Frailea von Spegazzini cium bruchii und begründet das damit, daß selbst eingehend bearbeitet wurde, hätte sowohl er selbst wie auch Cardenas bei man wohl annehmen können, daß er in der Rebutia Filzflocken und Börstchen gesehen

69 habe. Damit ließe sich nicht das Gegenteil 2. Frailea asterioides Werd. Titre/title beweisen, daß bei Gymnocalycien nicht auch Börstchen vorkommen könnten. Die- Oft ist es so, daß man lange vergeblich ser Argumentation kann man entgegenhal- eine Frage zu klären versucht und daß sich ten, daß viele Kakteen, besonders solche, —wird das Thema beiseitegelegt — nach die leicht zum Sprossen neigen, einen Sproß einer gewissen Ruhezeit die Lösung fast in eine Blüte umwandeln können. Je nach von allein einstellt. So ging es mir mit der dem Zeitpunkt, wann diese Umwandlung Frailea asterioides, von der man lange Zeit erfolgt, entstehen dann Blüten mit bebor- nicht wußte, ob sie mit der Frailea castanea steten Röhren. Besonders häufig bei Rebu- Bckbg. identisch sei oder ob es sich um tien und den Gymnocalycien, die nicht aus- zwei verschiedene, nahe miteinander ver- gesprochen aus dem Scheitel blühen, wie wandte Arten oder Formen handelte. etwa dem Gymnocalycium anisitsii. 1935 beschrieb Backeberg seine Frailea castanea mit 15 Rippen, 8 seitlich und Weiter kann man dem die große Ähnlich- nach unten anliegenden Rand- und einem keit entgegenhalten, die zwischen dem Mittelstachel, bräunlichrote Frucht. Im Gymnocalycium lafaldense und manchen gleichen Buch, dem in dänischer Sprache Formen der Frailea pygmaea besteht. Diese erschienenen Kaktus-ABC, erscheint auch Ähnlichkeit ist so groß, daß man die beiden die lateinische Diagnose, in der die Frucht Pflanzen erst dann auseinanderhalten kann, als mit graubraunen Haaren bedeckt be- wenn man Knospen oder Blüten gesehen schrieben wird. Zwei Jahre darauf benennt hat. Ein Beispiel dafür wird im Bild ge- Werdermann seine Frailea asterioides mit 9 bis 11 Rippen, 7 bis 11 dem Körper an- gedrückte Stacheln, kein Mittelstachel, gelblichgrüner Frucht. Dabei betont Wer- dermann ausdrücklich, daß ihm die Be- schreibung der castanea bekannt gewesen sei, daß er aber eine Übereinstimmung nicht habe feststellen können. Betrachten wir die einzelnen unterschied- lichen Merkmale genauer, so können wir feststellen, daß die Rippenzahl unerheblich ist. Die Sämlinge fangen mit 8 bis 11 Rip- pen an, um je nach Wüchsigkeit weitere Rippen einzuschieben; besonders gepfropfte Stücke vermehren ihre Rippenzahl bald. Die Art des Kulturzustandes wie auch die Art der Pfropfunterlage hat einen großen Einfluß auf die Anzahl der Rippen und die Körperfarbe. Auch die Körperfarbe wurde ja beobachtet, um möglicherweise die casta- Bild 1: Form der Frailea pygmaea, etwa andert- nea von der asterioides zu unterscheiden. halbmal vergrößert. Im Gegensatz zu den meisten sonst bekann- ten Kakteen, die hart gezogen mehr bräun- zeigt (Bild 1). Nur die behaarte und bebor- lich, in gepfropftem Zustand aber schön stete Knospe weist auf die Zugehörigkeit grün werden, bleiben bei der asterioides zu Frailea hin. Die Frailea pygmaea, von hart gezogene, wurzelechte Stücke grau- Spegazzini schon 1905 beschrieben, ist grün; stärker wüchsige, gepfropfte Exem- viel variabler als aus der bisherigen Lite- plare werden kastanienbraun. ratur ersichtlich. Es kann kein Zweifel dar- Nun zu der Bestachelung. Als Sämling über bestehen, daß das Gymnocalycium la- hat die Pflanze die von Backeberg be- faldense zu Recht besteht. Die Frailea bru- schriebenen, seitlich anliegenden Stacheln, chii ist entweder in der Verwandtschaft der von denen man manchmal einen für eine pygmaea zu suchen oder der Name ist als Art Mittelstachel halten könnte (Bild 2). In dubios zu löschen. diesem Jugendstadium kann die Pflanze

70 mit den reingelben Blüten soll es auch solche mit rotschlundigen Blüten geben. Da weder Backeberg noch Werdermann den roten Blütenschlund erwähnen, müßte es sich hier um eine noch unbekannte und unbeschriebene Form oder Varietät han- deln. 3. Frailea chiquitana Card. Es ist leider oft so, daß der Finder einer Pflanze oder der Erstautor der Beschrei- bung als einer untergeordneten Sache nicht die Bedeutung beimißt, die ihr eigentlich Bild 2: Jugendform der Frailea asterioides mit zukommt. Zunächst gilt es für ihn, den Na- abstehenden Stacheln, etwa zweimal vergrößert. men und die Autorschaft zu sichern. Damit ist dann für ihn die Angelegenheit erledigt, schon blühen und tut es auch. In zuneh- nicht aber für seine Epigonen, die, an sei- mendem Alter kommt je nach dem Kultur- nen ersten Angaben herumrätselnd, durch zustand ein Zeitpunkt, bei dem sich die Sta- Umkombinationen ihren eigenen Namen cheln nach unten anlegen (Bild 3). Nach dazusetzen oder gar durch eine andere Aus- einiger Zeit liegen sie alle an. Jetzt ent- legung eine Neubeschreibung fertigbrin- spricht die Pflanze der Beschreibung der gen. Was durch eine andersartige Aus- legung entstehen kann, soll das Beispiel asterioides von Werdermann (Bild 4). Frailea chiquitana zeigen. Die Lösung unseres Problems lautet also: Backeberg hat seine Diagnose nach einer Diese Frailea wurde 1951 von Cardenas gepfropften Jugendform verfaßt, während in «The National Cactus and Succ. Journal», Werdermann Originale ein- und dersel- Nr. 3, S. 8/9, beschrieben; eine gute Auf- ben Pflanze vorgelegen haben. Es soll ja nahme wurde beigegeben. Es wurden auch bereits des Ehrgeizes genug sein, wenn man bald Pflanzen unter dieser Bezeichnung sich damit abgibt, nur das Gerumpel bei- nach Europa geschickt, die dieser Beschrei- seite zu fegen, das der Erkenntnis im Wege bung ähneln, ihr aber nicht vollauf entspre- liegt — habe ich irgendwo gelesen. chen. Vergleichen wir das Original mit der Allerdings ist damit das Thema noch Beschreibung im Backeberg, Band 3, nicht ganz beendet. Außer den Pflanzen Seite 1659, so stellen wir fest, daß es sich

Bild 3: Frailea asterioides. Die unteren Stachel- Bild 4: Altersform der Frailea asterioides, etwa bündel zeigen noch die Jugendform, von der anderthalbmal vergrößert. Körpermitte ab legen sich die Stacheln nach unten an. Etwa dreimal vergrößert.

71 hier um eine gekürzte Übersetzung handelt, die durch die Kürzung einen anderen Ak- zent bekommen hat. Über die Rippen heißt es in der lateini- schen Diagnose: . . . in tubercula globosa 2 mm diam. dissolutae. Im englischen Text: . . . and with round tubercles 2 mm in dia- meter. Diese runden Höckerchen vermissen wir in der Übersetzung. Und noch etwas vermissen wir, und zwar bei den Stacheln. Hier heißt es: Aculeis, setiformis, pecti- natis, omnia atrobrunneis; radiales 8—10, divaricatae 3 mm longae, centrales 2 (1—3)… Und im Englischen: Radial spines 4 to 5 at each side of the areole, bristle like, white hyaline, 3 mm long. Central spines 1—3, mostly 2, . . . 3 mm long, dark brown in colour. Die Stachelfarbe wird also in der lateinischen Diagnose allgemein mit Dun- Bild 6: Frailea chiquitana Card, mit runden Hök- kelbraun angegeben, im Englischen wird kerchen und dunkelbraunen Mittelstacheln, unterschieden in Randstacheln hyalinweiß, natürliche Größe. Zentralstacheln dunkelbraun. Schreibung paßt nun genau auf die Pflan- Bei Backeberg heißt es: Randstacheln zen, die zunächst unter der Bezeichnung kammförmiger spreizend, 4—5 nach jeder bei uns im Handel waren Seite, borstig, hyalinweiß, bis 3 mm lang; Frailea chiquitana Mittelstacheln 1—3 mm lang, alle an der (Bild 5). Es sind zweifellos Fraileen, die der Basis verdickt. Es fehlt jeder Hinweis auf chiquitana sehr nahe stehen. Sie haben die dunkelbraunen Stacheln oder Mittel- durchlaufende Rippen ohne die runden stacheln, und man steht unter dem Ein- Höckerchen mit überwiegend heller Besta- druck, hellbeborstete Pflanzen vor sich zu chelung. Diese Pflanzen — ob es eine neue haben. Art, eine Varietät oder Form der chiqui- tana ist, sei zunächst offen gelassen — wer- Das Bemerkenswerte daran ist nun fol- den eines Tages bearbeitet werden müssen. gendes: Die auf diese Art gekürzte Be- Die richtige chiquitana mit runden Höcker- chen und dunkler Bestachelung sei auch im Bild gezeigt (Bild 6).

4. Lobivia schieliana Bckbg. Der Finder einer Pflanze, der Gelegen- heit hatte, sowohl die Umwelt wie auch die benachbarten und verwandten Arten ken- nenzulernen, sollte nach Möglichkeit auch die Unterlagen für die Beschreibung be- schaffen. Was bei der Erstbeschreibung übersehen wurde, muß später bei uns durch mühsame Kleinarbeit zusammengetragen werden. Lobivia schieliana ist ein Fall, in dem uns eine voreilige Beschreibung einen zusam- menfassenden Überblick über eine formen- reiche Pflanzengruppe vorenthalten hat. Ritter fand Lobivien, die der Lobivia tie- Bild 5: Frailea, als chiquitana im Handel, natür- geliana nahestehen, denen er seine Feld- liche Größe. nummer FR 334 und 334a gab. Wenn die

72 der bis zu 3 cm, in Einzelfällen bis zu 5 cm lang werden kann (Bild 7); ferner das Ge- genstück mit ganz kurzen, derben, zurück- gekrümmten Krallenstacheln (Bild 8). Auch eine Form mit kurzen, dunkelbraunen Sta- cheln ist bekannt. Nicht nur die Stacheln variieren, auch die Blütenfarbe ist sehr unterschiedlich. Backeberg gibt nur Leuchtendrot an — die korrekte Farbbezeichnung wäre wohl Leuchtendkarmin, soweit ich das an mei- nen Pflanzen beurteilen kann. Darüber hin- aus sind Blütenfarbtöne bis Bräunlichzinn- ober bekannt. Bild 7: Zur Lobivia schieliana gehörend. Natür- Fassen wir noch einmal zusammen, dann liche Größe. müssen wir die bedauerliche Feststellung treffen, daß durch die Beschreibung zweier wenig typischer Exemplare dem Formen- Beschreibung wie vorgesehen von ihm reichtum dieser Pflanzengruppe in keiner selbst verfaßt worden wäre, hätten auch Weise Rechnung getragen wurde und daß die zahlreichen Formen und Variationen eine Neubearbeitung erforderlich ist. Viel- eine entsprechende Würdigung gefunden. leicht wäre es das beste, diese Gruppe als Backeberg sah diese Pflanzen bei unse- Variationen zur Lobivia tiegeliana zu stel- rem Freund Schiel in Freiburg und be- len, wie es Cullmann mit der var. nannte sie nach ihm Lobivia schieliana, diste- eine nur wenig davon unterschiedene Form fanoiana bereits getan hat. mit weißen Stacheln nannte er var. albes- cens. 5. Sulcorebutia Backbg. Die eigentlichen markanten Unterschiede Die Kakteen wurden zunächst in wenige sah Backeberg nicht, und deshalb blieben große Gattungen eingeteilt; diese wurden diese auch unerwähnt. Da sind — um nur mit der fortschreitenden Zunahme unserer die wichtigsten zu zeigen — die Pflanzen Kenntnisse über diese Pflanzenfamilie in mit dem auffallend langen Mittelstachel, absteigender Richtung in immer kleinere Gattungen zergliedert. Gegen diese Me- thode der Deduktion ist so lange nichts ein- zuwenden, wie sie den Beobachtungen und Forschungen standhält, die an den ein- zelnen Gattungen und Arten angestellt wer- den. Die Methode kommt aber in Mißkre- dit, wenn unnötige Gattungen aufgestellt werden, die sich auf die Dauer nicht halten lassen.

1936 beschrieb Werdermann eine Pflan- ze, die er wegen ihrer kahlen Blütenröhre zu Rebutia stellte und die er Rebutia stein- bachii nannte. Cardenas hat über unsere Kleingattungen seine eigene Meinung, und wir finden seine Arten manchmal unter Gattungsnamen, den wir ihr nicht so ohne weiteres vergeben hätten. Immerhin folgte Cardenas Werdermann’s Beispiel und stellte ähnliche Arten, nämlich seine arena- Bild 8: Zur Lobivia schieliana gehörend, natür- cea, glomeriseta, tiraquensis und totorensis liche Größe. zu Rebutia. Erst die kruegeri ordnete er un-

73 ter Aylostera ein, unerfindlich warum, der Epidermis durch einen Schnitt (cut = denn das Merkmal der Aylostera, die mit Backeberg). Im Alter glättet sich an den dem Stempel verwachsene Blütenröhre, unteren Seitenteilen des Körpers die Falte fehlt dieser Pflanze. mehr und mehr und verliert sich völlig. Die gleiche Erscheinung zeigen auch andere 1951 stellt Backeberg für die Rebutia Kakteen, zum Beispiel die meisten Wein- steinbachii die Gattung Sulcorebutia auf; gartia, bei denen die Areole ebenfalls bis er erkannte aber nicht, daß die Cardenas’- halbwegs zur Längsfurche hinabreicht und schen Rebutien ebenfalls in diese Gattung eine Epidermisfalte von da bis zum Grunde gehören. Nun muß ich Ritter das Wort hinabgeht. Aber auch nach Streichung die- erteilen (private Mitteilung). Er nimmt zu ser illusorischen Sonderheit glaube ich, daß der Gattung Stellung und Sulcorebutia die Art hinreichend von allen Arten ver- sagt: «Als merkwürdigstes Charakteristikum wandter Gattungen abweicht, so daß man dieser Gattung bezeichnet Backe- sie als neue Gattung auffassen muß.» So- berg die Furche. Nach ihm handelt es sich weit Ritter. Ich glaube, daß diese Ausfüh- um eine schnittartige Furche auf den Hök- rungen inzwischen irgendwo publiziert kerchen, aus welchen die Areolen erschei- worden sind. nen. Dies wesentlichste Merkmal für die Aufstellung der neuen Gattung ist falsch Ritter hat selbst einige Pflanzen gefun- und kann nur auf mangelhafter Beobach- den, die in diese Verwandtschaft gehören. tung beruhen. Die Höckerchen tragen keine Benannt wurden bisher Sulcorebutia lepida schnittartige Furche, aus welchen die Areo- sp. n. Ritter (FR 369) (Bild 9) und Sulco- len hervorkämen, sondern die Areolen sind rebutia verticillacantha sp. n. Ritter (FR ganz so gebildet und sitzen in völlig glei- 752 und 752 a). Die oben genannten Rebu- cher Weise auf den Höckern wie bei son- tien von Cardenas wurden zu Sulcorebu- stigen Kakteengattungen. Die Blüten er- tia umkombiniert. Eine weitere wurde von scheinen auf dem Blütenteil der Areolen Cardenas als Rebutia menesesii beschrie- oberhalb der Stachelbündel, ganz so wie bei ben; auch sie wird man zu Sulcorebutia anderen Kakteen auch. Entsprechend ent- umkombinieren müssen. Dazu kommen we- hält auch die erste Publikation dieser Art nigstens fünf weitere neue Arten, die noch von Werdermann keinerlei Angabe über in Beobachtung sind (Bild 10). Die hartflei- diese Eigenart, erst Backeberg glaubte schigen Körper dieser Pflanzen sind lobi- eine solche zu sehen. Was auffällt, ist ledig- vienartig, und die relativ kurzen, kahlröh- lich folgendes: Die Areolen sind sehr lang rigen Blüten ähneln denen einer hobivia und gehen auf der Oberseite der Höcker oder Weingartia. schief hinab; vom dortigen Areolen-Ende geht eine Falte der Epidermis bis in die be- Abgesehen von der mißglückten Begrün- zeichnete Längsfurche hinunter. Es handelt dung für die Aufstellung der Gattung und sich um eine Falte, keine Unterbrechung der Tatsache, daß selbst der Autor die ty-

Bild 9: Sulcorebutia lepida Ritter, natürliche Bild 10: Sulcorebutia, gelbblühend, noch unbe- Größe. nannt, natürliche Größe.

74 pischsten Arten dieser Gattung nicht als der verwandtschaftlichen Zusammenhänge dazugehörig erkannt hat, handelt es sich sind wir aber noch weit entfernt. hier um echte Neuheiten. Sie zeigen, daß Anschrift des Verfassers: auch die «Steinbachii» zu einer artenrei- Wilhelm Simon, Ing., chen Gruppe gehört. Von einer Klärung Hilden/Rhld., Ellerstr. 1a

Gibt es bei Cephalien bildenden Kakteen eine strenge Trennung in cephaloide (fertile) und vegetative Zonen?

Von W. Cullmann

Nach der wohl überwiegenden Meinung einer Espostoa (Facheiroa) blossfeldiorum, der Fachleute ist das Cephalium nur eine einer etwa 175 cm hohen, zirka 18 Jahre fertile Zone der Pflanze, die zu keinem alten Pflanze, ein normaler Seitensproß er- vegetativen Wachstum mehr fähig ist, son- schien. Er entwickelte sich in einem voll- dern nur Blüten und Früchte hervorbrin- entwickelten Cephalium 18 cm oberhalb gen kann. Um so erstaunter war ich, als des Beginns des Cephaliums und zirka im Jahre 1958 mitten aus dem Cephalium 70 cm unterhalb des Pflanzenscheitels. Letz- terer war nicht etwa verletzt, woran man etwa denken könnte, sondern es handelt sich um eine normal entwickelte, kern- gesunde Pflanze, die seit Sommer 1961 nun- mehr auch vom Grunde einen Sproß treibt. Bei etwa 8 cm Höhe begann der Sproß be- reits mit der Entwicklung eines eigenen Cephaliums und blüht seit 1959 regelmäßig und ebensoreich wie der Hauptsproß.

Prof. Rauh, Heidelberg, der das von amerikanischen Forschern entdeckte große blossfeldiorum-Vorkommen von vielen Tau- senden Exemplaren im Gebiet des Mara- ñon besuchte, hat dort ebensowenig wie non -> ñon bei anderen Espostoas derartiges gesehen. Das Erscheinen eines Sprosses aus Cepha- lien-Areolen ist demnach zwar ganz außer- gewöhnlich, zumal bis jetzt auch kein zwei- ter Fall bekanntgeworden ist, beweist aber, wie Prof. Buxbaum richtig erkannt hat, (Vortrag am IOS-Kongreß in Barcelona 1961), daß vegetatives Wachstum aus Ce- phalien-Areolen nicht unmöglich ist.

Zur Wachstumsform der obigen Art ist noch zu bemerken, daß die Säulen norma- lerweise einzeln wachsen und nur äußerst selten, dann aber vom Grunde aus sprossen.

Espostoa (Facheiroa) blossfeldiorum (Werd.) Anchrift des Verfassers: F. Buxb. Dr. W. Cullmann, Marktheidenfeld/Main

75 Konfusion um Cactus chlorocarpus H.B.K. Von Franz Buxbaum

Cactus chlorocarpus Humboldt, Bon- has not been identified. It is evidently not pland et Kunth wurde 1823 mit folgen- a true Cereus» enthalten. der Beschreibung aufgestellt: 1931 beschreiben Werdermann und «8. Cactus (Cereus) chlorocarpus. Backeberg eine neue «Cereus»-Art, die C. erectus (?); ramosus; ramis fastigiatis, Backeberg «unterhalb von Canchaque 10—12-angularibus; angulis tuberculatis; am Huancabamba-Einschnitt» entdeckt tuberculis stellulato-spinosis; fructibus vi- hatte, ohne Kenntnis der Blüte als «Cereus ridibus. microspermus Werd. et Backeb.». Im glei- chen Buch erscheint auch erstmalig unter Piscol verde incolarum (ob fructum viri- den von Backeberg neu- bzw. wieder- dem). entdeckten Arten: «Cereus chlorocarpus Crescit con Cacto lanato, prope Guanca- (H. B. K.) De Candolle, und zwar unter Le- bamba et Sondorillo, alt. 1000 hex. (Regno maireocereus. Doch darauf wird noch zu- rückzukommen sein. Quitensi.) ♄ Fructificat Augusto. Caulis 2-orgyalis, ramosus, ramis fasti- In Backeberg-Knuth, Kaktus-ABC, 1935, giatis, subcylindaceus, 10—12-angularis, S. 210 und 211, schließt Backeberg den glaberrimus, satiate viridis; angulis tuber- Cereus microspermus Werd. et Backeb. culatis; spinis stellatim ex quocunque tu- u n d den Cereus chlorocarpus P. DC. an berculo nascentibus, apice rubescentibus; Jasminocereus an und gibt folgende Be- 1 spina centrali (rarius 2—3) reliquis quadru- schreibungen: plo longiore. Fructus viridis. Humb. mes.» «Cereus microspermus Werd. et Backeb. P. de Candolle hat diese Art 1828 zu 1931: Steht vielleicht Jasminocereus nahe; Cereus gestellt, dabei die Beschreibung von er wird auch ein großer Baum; die Sprosse H. B. K. gekürzt, indem er «fructibus viri- haben viele kleine Rippen; der Stamm ist dibus» wegließ und aus der ergänzenden bei alten Pflanzen ganz glatt. Dunkelgrün; Beschreibung nur «aculeo centrali caeteris Areolen etwa 1 cm voneinander entfernt; quadruplo longiore» übernahm, sonst aber bis 30 Stacheln, manchmal mehr, prächtig den Wortlaut unverändert ließ. fuchsbraun, ganz fein, von ungleicher Angaben über die Blüte wurden keine Länge, die längsten 2,5 cm und abwärts ge- gegeben. richtet. Blüte unbekannt. Früchte kugel- förmig um den Scheitel sitzend. Ziemlich Beachtlich in dieser Erstbeschreibung ist kleine Samen. — Östliches Despoblado die sehr genaue Standortangabe, die An- (Nord-Peru), im Walde. gabe des Eingeborenennamens «Piscol ver- de» sowie die sehr genau Beschreibung der Cereus chlorocarpus P. DC. — Cactus Stellung Areolen auf den Warzen der Rip- H. B. K. 1823 — gehört möglicherweise auch pen («ex quocunque tuberculo nascen- hieher. Im Wuchs z. B. dem mexikanischen tibus»). Ferner auch, daß von einer Behaar- Lemaireoc. stellatus ähnlich; er bildet bis rung der Früchte keine Rede ist, obwohl 2,5 hohe, dichte Kronen, deren Glieder sich eine solche, wenn vorhanden, wohl sicher etwa von ihrer Mitte oder bisweilen von erwähnt worden wäre. einer Stelle zwischen der Mitte und dem Gipfel verzweigen. 10 runde Rippen, 1 cm K. Schumann führt Cereus chlorocar- breit, 7 mm hoch. Sprosse bis 10 cm dick, pus P. DC. nur in der Liste der «Arten», graugrün; Areolen 4 mm breit, mit weißem welche beschrieben, aber gegenwärtig nicht Filz. 8—9 strahlig gestellte, weißliche Rand- bekannt sind» (S. 166). Ebenso ist bei Brit- stacheln, bis 1 cm lang, mit dunkleren Spit- ton und Rose der Cereus chlorocarpus nur im «Appendix» zum 2. Band, S. 224, mit den 1 Ich verdanke die Übersetzung aus dem Dänischen Worten: «. . . which originally came from Herrn K. J e n s e n. B. A. der Botanischen Bibliothek des Botanischen Laboratoriums der Universität Ko- the Peruvian and Ecuadorian boundary, penhagen.

76 zen. Die mittleren Stacheln zuerst goldig- zu prüfen. Die Blüte ist rötlich-orange, die braun, bald aber silbergrau, am häufigsten Frucht kugelig, grun, mit schwarzem Blü- anfangs 1—2 an der Zahl, später 3—4, schief tenrest, das Fleisch orange verfärbend, so- kreuzweise gestellt, ungleich lang, der un- bald sich die Frucht öffnet. Nach Wuchs terste bis 4 cm. Von den oberen Areolen der Pflanze, der dem eines Myrtillocactus der Pflanze werden einige wenige, etwa ähnelt, sowie nach dem eigenartigen Blü- 1 cm lange, weiße, krause Haare gebildet (!). tenbau eine Gattung, die unter den nord- Die Blüten sitzen um den Scheitel; ihre peruanischen Arten eine sehr abgesonderte Farbe ist unbekannt. — N.-Peru, Huanca- Stellung einnimmt.» bamba.» Damit ist der Gattungsname Gymnantho- Es muß auffallen, daß Backeberg eine cereus rechtsgültig publiziert und Beschreibung des Cereus chlorocarpus gibt, untrennbar mit Cactus chlorocarpus die keine Abschrift jener von Humboldt- H. B. K. verbunden. Bonpland-Kunth ist, mit ihr allerdings Auch hier gibt es wieder einige «Merk- — zur Not! — übereinstimmen könnte. Von würdigkeiten!» Backeberg führt nur die den Blüten gibt er zwar die Stellung an der H. B. K.’sche und die P. De Candolle’sche Pflanze an, doch sonst nichts. Diagnose als Literatur an. In diesen ist, wie Die entscheidende Veröffentlichung bringt eingangs zu sehen, kein Wort von der Blüte Backeberg in seinen «Blätter für Kak- gesagt. Wieso kommt er dann zur Behaup- teenforschung», Nachtrag 15, Blatt 1937, -7. tung: «In der Literatur werden Borsten an Ich hatte anläßlich eines Besuches bei ihm der Röhre angegeben»?! Das Zustandekom- eine vertrocknete Blüte aufgeweicht und men dieser Angabe (Backebergs!) wird skizziert, die er als Cereus chlorocarpus noch näher beleuchtet werden, um die Her- ansprach, ferner auch eine Areole mit einer kunft Backeberg’scher Angaben zu über- sehr jungen Knospenanlage, um die herum prüfen. einige Haardornen standen. Diese Skizzen Weiter: Im Kaktus-A-B-C, 1935, be- bringt Backeberg (ohne Nennung meines schreibt er den Wuchs «dem mexikanischen Namens!) nebst einer Skizze der Frucht, Lemaireocer. stellatus ähnlich», hier «dem des Samens und eines sehr mangelhaften eines Myrtillocactus». Lem. stellatus ver- Längsschnittbildes zu seiner Aufstellung zweigt sich aber vom Grund aus (strauch- der neuen Gattung Gymnanthocereus förmig), Myrtillocactus dicht kronenförmig Backeberg. Der Text dieser Veröffent- aus einem Stamm! Es scheint, daß diese lichung muß hier wörtlich wiedergegeben Daten — beide — nur aus der «Erinnerung» werden: stammen! Und wohl auch andere, wie z. B. «Gymnanthocereus Bckbg. n. g. die Blütenfarbe. Er kannte ja nur trockene Blüten! — Die Beschreibung von 1935 zi- Plantae valde ramosae; floribus infundi- tiert er nicht, und über die vegetativen buliformibus, tubo squamis longis, nudis; Teile schreibt er nichts! jructus squamosus nudus. Species typicalis: 1941 veröffentlichte Backeberg in Gymnanthocereus chlorocarpus (H. B. K.) «Kakteenkunde» eine Blüte von Cereus Bckbg. microspermus, die an einem von einer spä- Literatur: Diagnose des Cactus chloro- teren Expedition mitgebrachten Ast im carpus H. B. K. in Knuth, Nova Genera et Glashaus zur Entwicklung gekommen war, species 6 (1823), S. 67, und De Candolle ohne weiteren Kommentar, ohne Feststel- Prodr. III 466. lung einer Neukombination, einfach als Gymnanthocereus microspermus Backeb. Die eigentümlich geformten Blüten die- Er verschweigt damit also, daß diese Art ser Pflanze sind mit ziemlich freistehen- bereits als Cereus microspermus Werd. et den Schuppen versehen, die weder Wolle Backeb. beschrieben wurde. noch Borsten tragen. In der Literatur wer- den Borsten an der Röhre angegeben, die Immer noch, obwohl er nun die dicke ich jedoch an einer großen Zahl von Früch- Blüte des C. microspermus kennt, hält er ten und Blüten nicht feststellen konnte; das daran fest, daß es eine nahe Verwandte von Zustandekommen dieser Angabe ist noch Jasminocereus sei. Allein die Abbildung

77 dieser Blüte bei Britton und Rose hätte teengesellschaft», Backeberg’s «Systema- zeigen müssen, daß diese überaus engröh- tische Übersicht (Neubearbeitung) mit Be- rige Blüte nichts mit der dicken Blüte von schreibungsschlüssel». Darin taucht nun als Gymnanthocereus zu tun haben kann. Doch Gattung 55 (S. 27) auf: «Gymnanthocereus er brauchte ein «Bindeglied». Er schreibt: Backbg. (1938)» — die Publikation war aber «Ihm gegenüber (gemeint ist Jasminocereus 1937 erfolgt! — mit: «Typus Cereus micros- auf den Galapagos. Der Verf.) in den feuch- permus Werd. et Backbg./Gymnanthocereus ten Bergbusch unterhalb von Canchaque microspermus (Werd. et Backbg.) Backbg. am Huancabamba-Einschnitt kommt als er- n. comb. (1931).» stes Festlandbindeglied der von mir 1931 Ein Kommentar fehlt. Es wäre aber auch entdeckte Gymnanthocereus microspermus vor, dessen nächster Verwandter der Gym- überflüssig, denn eine Änderung der nanthocereus chlorocarpus in Huancabam- Leitart ist absolut unzulässig! ba ist.» Und weiter: «Abgeblühte Blüten Auch 1944, in seinen «Verbreitungskar- des C. chlorocarpus ergaben beim Aufwei- ten», bleibt er nun bei G. microspermus chen gleiche Merkmale . . . eine wichtige als Leitart und verschweigt den G. chloro- Gattung war damit festgestellt.» Und: «Die carpus, die wirkliche Leitart überhaupt, großen anstehenden Schuppen lassen so- indem er von ihr auch keine Standort- fort die nächstverwandte Stufe erkennen: angabe gibt und als «Typ-Standort» (der Browningia candelaris.» Woher also die Gattung!) nur den des microspermus an- «Kenntnis» der Blütenfarbe 1937, wenn er führt. jetzt, 1941, zugibt, nur «abgeblühte Blüten . . . aufgeweicht» zu kennen?! Erst neun Jahre später gibt er hiezu eine «Erklärung»: In der Liste seiner neuen Die Beschreibung, die Backeberg zu Gattungen, Arten usw., Teil II im Cactus dieser Abbildung der Blüte gibt, ist — wie and Succ. Journ. of Amer., XXIII, 1951, immer — kümmerlich. Die Aufnahme selbst bringt Backeberg auf S. 18 unter Nr. 61: aber ist sehr gut und läßt sofort erkennen, «Gymnanthocereus Backeb. . . . Type: Ce- daß es sich tatsächlich um eine enge Ver- reus microspermus Werd. et Backeb., cho- wandte der 1937 veröffentlichten Blüte sen by Backeberg 1942 a: 27, against the (G. chlorocarpus) handelt; während aber earlier choice Cereus chlorocarpus H. B. K., choise -> die G.-chlorocarpus-Blüte auffallend runde which is known only from the literature.» choice Schuppen hatte, sind sie bei G. microsper- mus breitoval und zugespitzt. Also zweifel- Von 1935 bis 1942 schrieb er immer wie- los zwei verschiedene Arten. der von Cereus (Gynanthocereus) chloro- carpus, 1937 bringt er Gattungsdiagnose 1942 erschien Backeberg’s «Stachlige und von «G. chlorocarpus» Abbildungen — Wildnis» (Vorwort verfaßt 1941). Hier steht und nun plötzlich ist er «nur aus der Lite- auf S. 156 (als Antwort auf die Frage eines ratur bekannt»?! Woher sind dann die Be- Indios, ob die das letzte Mal gesammelten schreibungen von 1935 und 1937?! Piscoles geblüht hätten): «Die Stücke, die er aus der Schlucht holte, zeigten mir im Im systematisch beschreibenden Teil von Treibhaus, daß es sich um eine neue, nacht- Rauh’s «Beitrag zur Kenntnis der peru- blühende Gattung handelt, die den Namen anischen Kakteenvegetation», die Rauh in Gymnanthocereus erhielt. Ihre Artver- Zusammenarbeit mit Backeberg verfaßte, wandten sind die Cereus chlorocarpus von taucht 1957 (erschienen 1958) unvermittelt Huancabamba.» Hiezu noch auf S. 406 un- und ohne jeden Kommentar auf S. 283 auf: ter Anmerkung 20: «. . . scheinen die am «Gymnocereus Backeb. (= Gymnanthocereus Ost- und Westzugang des großen nordperu- Backeb.)» «bisher als monotypische anischen Anden-Einschnittes beheimateten Gattung mit der einzigen Art G. micros- Gymnanthocereus chlorocarpus und micro- permus Backeb. (= Cereus microspermus spermus, letzterer an der pazifischen Seite, Werd. et Backeb.).» den Jasminocereen jenes Archipels nahe- Ohne jede Erläuterung! Eine vollkom- zustehen.» men unbegründete und unberechtigte Neu- Im gleichen Jahre, 1942, erschien in benennung einer seit 1937 beschriebenen «Cactaceae, Jahrbuch der Deutschen Kak- Gattung!

78 Dafür finden wir auf S. 326: «Seticereus tungsname für eine Art dieser Gattung chlorocarpus (H. B. K.) Backeb. (syn. Cactus wäre. Das heißt: alle Seticereus mit ihren chlorocarpus H. B. K.)» mit einem — un- behaarten Blüten müßten nun in Gymnan- verständlichen — Fußnotenhinweis: «Bak- thocereus, «der nacktblütige Cereus», um- keberg und Werdermann, Neue Kakteen, benannt werden! Eine schöne comb.-nov.- 1931, S. 77.» Arbeit für Backeberg! Ich überlasse es ihm gerne! secti- Rauh selbst traut der Einteilung zu cereus -> Seticereus keineswegs. Denn er schreibt Zum Glück ist es aber nicht wahr, und seticereus (Rauh, 1957, S. 161): «Backeberg range secti- -> man sieht, wie enorm wichtig es ist, immer seti- le Cereus chlorocarpus dans le genre Seti- auf die Originaldiagnosen zurückzugrei- cereus, parce qu’il aurait observe que les fen! Denn in der Originalbeschreibung von poiles aréoles florales sont munies, avant la flo- Humboldt, Bonpland und Kunth heißt -> poils raison d’une petite quantité de poils blancs es ausdrücklich: «angulis tuberculatis, spinis ondulés de 1 cm de long. Comme nous stellatim ex quocunque tuberculo nas- n’avons pas trouvé de fleurs ni de débris centibus.» (Rippen warzig, Dornen stern- de fleur, il ne nous a pas été possible de förmig aus jeder einzelnen Warze ent- contrôler des indications de Backeberg.» springend.) In der Beschreibung dieses (Backeberg stellt den Cereus chlorocar- «neuen Seticereus chlorocarpus» heißt es pus in die Gattung Seticereus, weil er be- aber, daß die Areolen «etwas eingesenkt» obachtet hatte, daß die blühfähigen Areo- sind, und auch die Aufnahme einer Trieb- len vor der Blütezeit mit einer geringen spitze zeigt deutlich die Versenkung der Anzahl von weißen gewundenen Haaren Areolen in die Rippenkante — also genau von 1 cm Länge besetzt sind. Da wir weder das Gegenteil von der Diagnose des Cactus Blüten noch Überreste von Blüten gefun- chlorocarpus H. B. K. Dazu kommt noch den haben, war es uns nicht möglich, die ein zweiter, sehr gewichtiger Unterschied Angaben Backeberg’s zu überprüfen.) gegenüber der Diagnose von H. B. K.: Dort Und weiter im Zusammenhang mit Seti- heißt es von der Körperfarbe: «. . . satiate cereus humboldtii und S. icosagonus: «La viridis . . .» Dieser Ausdruck bedeutet aber formation des poils sur les pousses suscep- ein lebhaftes, sattes Tiefgrün, das den Erst- dan -> tibles de fleurir est beaucoup plus visible autoren jedenfalls darum aufgefallen ist — dans que dans le cas de Cereus chlorocarpus.» es wäre sonst nicht so betont hervorgeho- (Die Ausbildung von Haaren an den blüh- ben worden. Bei Backeberg’s «Seticereus fähigen Trieben ist sehr viel sichtbarer als chlorocarpus» wird die Farbe aber beschrie- im Falle des Cereus chlorocarpus.») Also ben als «von mattgrüner, grau punktierter wieder nur eine unkontrollierte Behaup- Farbe» — also wieder das Gegenteil! Dieser tung Backeberg’s und wieder die 5—6 «Seticereus», dessen Blüte auch wieder Haare, die auf dem «anderen chlorocarpus» nicht bekannt ist (wie weiß man dann also auftreten. so sicher, daß es ein Seticereus ist?! Haare Nun ist — für Backeberg — plötzlich aus der caulinen Zone haben auch andere die rechtsgültig veröffentlichte Leitart von Gattungen!), ist also bestimmt nicht der Gymnanthocereus — ein Seticereus! Humboldt’sche «Piscol verde», auch wenn Das gibt nun die prächtigsten Konfusio- er grüne Früchte hat (haben soll!). nen! Denn Gymnanthocereus wurde mit Diese Farbangabe Backeberg’s erklärt Leitart Cereus chlorocarpus 1937 rechts- aber auch seine oben beanstandete An- gültig publiziert. Die Gattung Seticereus gabe: «In der Literatur werden „Borsten ist aber rechtsgültig erst mit der Ver- an der Röhre“ angegeben, die ich jedoch öffentlichung einer lateinischen an einer großen Zahl von Früchten und Diagnose 1942 publiziert; frühere Blüten nicht feststellen konnte.» Diese Nennungen des Namens zählen nicht! Farbangabe erscheint nämlich erstmalig in Demnach muß, wenn Cactus chlorocar- Backeberg’s «Neue Kakteen» (1931), S. 77, pus H. B. K. wirklich zu dieser Gattung in der Werdermann’schen Bearbeitung gehören sollte, der Name Seticereus i n bzw. Zusammenstellung der neuen bzw. die Synonymik zu Gymnanthocereus wiederentdeckten Kakteen. Dort steht «Ce- verwiesen werden, da dies der ältere Gat- reus chlorocarpus (H. B. K.) DC» unter Le-

79 maireocereus, und in dieser Beschreibung im Jahrbuch der DKG, «Cactaceae», Mai heißt es: «Körperfarbe mattgrün, fein punk- 1937, Blatt 25, unter Backeberg «Die Gat- tiert» und weiter: «Früchte grün mit Bor- tungen der Loxanthocerei» ein Vegetations- sten in den Areolen» — also nicht «an der bild mit der Unterschrift «Cereus chloro- Röhre!» — Diese Pflanze wird auch als carpus Vpl. (Cereus chotaensis?)»2 und hochwüchsig, in der Ausbildung der Krone einen kurzen weiteren Text: «Aufnahme an C. geometrizans erinnernd» geschildert. des interessanten und in seiner Zugehörig- Wenn Werdermann Borsten an den Früch- keit noch zweifelhaften Cereus aus Nord- ten beschrieben hat, so hat er sie auch ge- peru, am alten Fundort der Pflanzen, die sehen. Doch es ist heute, nach Werder- H. B. K. von dort beschrieben haben . . . Die mann’s Tod, nicht mehr feststellbar, wie- Kronenbildung des C. chlorocarpus erinnert viel von dieser Beschreibung er auf Grund an Erscheinungen mexikanischer Lemai- eigener Feststellungen machen konnte und reocereen, wie z. B. des Lemaireoc. stellatus was ihm nur von Backeberg darüber mit- oder Myrtillocactus geometrizans . . .» Auf geteilt wurde. Ganz analog erging es, wie der vorherigen Seite aber bringt er eine unten gezeigt wird, bei derselben Art auch Aufnahme Hertling’s von seinem neuen Rauh. Es ist aber jedenfalls sicher, daß die «Clistanthocereus hertlingianus Backeb. n. Pflanze, die Backeberg Werdermann sp.» nebst lateinischer Diagnose, und auf als C. chlorocarpus gab, nicht dieselbe ge- der folgenden Seite unter Clistanthocereus wesen sein kann, deren Blüte er bei der in Klammer «(Die Blüte von Clistantho- Aufstellung der Gattung Gymnanthocereus cereus hertlingianus ist orange)» und dazu abbildet. Da ich diese Blütenzeichnung als Fußnote: «Vielleicht gehört hierher auch selbst machte, steht außer Zweifel, daß tat- C. chotaensis!» In der Diagnose eben dieser sächlich keine Borsten vorhanden waren Art, Clistanthocereus hertlingianus, steht und daß diese Blüte auch tatsächlich kei- aber «flore . . . rubido-aurantiaco . . .» — nesfalls eine Seticereusblüte sein kann, Daher also kommt die rätselhafte An- sondern in den Verwandtschaftskreis von gabe in der Beschreibung der neuen Gat- Browningia gehört, was ja auch Backe- tung Gymnanthocereus in Blätter für Kak- berg anführte. Bei dieser Blüte aber teenforschung 1937-7 «Die Blüte ist röt- sind die «oft 5—6 wollartig gekrümmten lich-orange»! hellgelben Borsten» . . . «aus den obersten Areloen» zu sehen gewesen (deren Be- Aber auch die Blütenfarbe des «Clistan- deutung übrigens heute völlig klar ist: Es thocereus hertlingianus» stimmt nicht! Dar- sind Borsten der «kaulinen Zone» der Blüte über schreibt Rauh (1958) auf Seite 278: — charakteristisch für die Browningia- «Backeberg waren diese großen inter- Gruppe) —, die in der Beschreibung in peruanischen Kakteen schon von seinen «Neue Kakteen» erscheinen, nicht aber an Reisen her bekannt. Ohne Kenntnis der dem dort abgebildeten Sproßstück! Die in Blüten und Früchte und allein auf Grund Backeberg 1931 als «Cereus chlorocar- der starken Höckerung der Rippen, wie sie pus» geführte Pflanze ist also keinesfalls auch bei dem rot blutigen (Tagblüher) dieselbe gewesen, die Backeberg später Clistanthocereus fieldianus zu beobachten (1937) als Gymnanthocereus chlorocarpus ist (s. S. 287), die engröhrige, kurzsaumige zur Leitart der Gattung erhebt, wenn er Blüten mit behaarter Röhre besitzen, auch bei dieser Gelegenheit wieder den ordnete er diese Pflanzen der Gattung myrtillocactusähnlichen Wuchs in seine Clistanthocereus zu. Die Beobachtungen kümmerliche Beschreibung aufnimmt. von Akers und Johnson haben indessen ergeben, daß diese großen Cereen Nacht- Die graugrüne Farbe übernimmt Backe- blüher sind, weiße Blüten und eine berg auch in die Beschreibung des Cereus kahle, schuppenblättertragende Röhre chlorocarpus im «Kaktus-ABC», ebenso die besitzen. Auch die reifen, vom abgetrock- «krausen Haare» der «oberen Areolen», neten Blütenrest gekrönten Früchte sind nicht aber den myrtillocactusähnlichen Ha- mit auffälligen, am Rand gezähnten Schup- bitus. pen besetzt. Auf Grund dieser Merkmale Backeberg’s Bocksprünge aufzuklären ist oft wirklich nicht einfach! So findet man 2 Vaupel (!) als Autor des Cereus chlorocarpus!

80 können die Pflanzen nicht zu Clistantho- Das Problem wird sich übrigens schließ- cereus gestellt werden, so daß die Gattung lich einfacher lösen, als es aussieht. Denn Azureocereus zu Recht besteht ...... Der Seticereus wird neuerdings wieder mit Typus der Gattung ist nach Akers und Borzicactus vereinigt, und Gymnantho- Johnson Azureocereus nobilis Akers3. cereus (Gymnocereus ist a u f j e d e n F a l l ungültig!) hat bereits W. T. Marshall Soweit Rauh. Backeberg h a t aber in (1945 und 1947) mit Browningia Britt. et seiner Artdiagnose des Clist. hertlingianus Rose vereinigt. Die Berechtigung dieser Zu- bereits 1937 die Blüte beschrieben, die er sammenlegung wurde nunmehr von P. C. gar nicht kannte: «. . . flore ad 8 cm longo, Hutchison auf Grund seiner Standort- 5 cm diametiente rubido-aurantiaco; fructu studien und von mir mittels genauer mor- globoso, pubescente.» Diese Blütenbeschrei- phologischer Analysen und auf Grund che- bung ist also frei erfunden (in der mischer Befunde als richtig erkannt. Artdiagnose!) Das geht auch — verschleiert — aus dem weiteren Satz Bakeberg’s her- Diese Zusammenstellung Backeberg- vor: «Nach allen Kennzeichen dürfte sie bei scher Veröffentlichungen im Wortlaut zeigt Clistanthocereus richtig untergebracht sein, aber deutlich die «Verläßlichkeit» seiner wenn man Rose’s Abbildung des Clistan- Publikationen, bei denen er sich allzuoft thocereus (Borz.) fieldianus betrachtet, der auf die Vergeßlichkeit der Leser verläßt. genau solche Früchte macht und auf denen Verfolgt man so einen einzigen Fall anhand die Blütenreste genau so haften, bei dem seiner eigenen Worte, so bricht jede Glaub- auch die Rippen die gleiche starke Höcker- würdigkeit seiner Publikationen in sich zu- bildung zeigen und dessen Blüte, auch im sammen. Entstehen, der vorstehenden Art gleicht.»

Da die Aufnahme von Hertling stammt, Literatur fragt man sich, ob Backeberg die Pflanze Humboldt, Bonpland, Kunth, Voyage de Hum- überhaupt wirklich selbst kannte oder ob boldt et Bonpland, Sixième Partie. Botanique. er nicht die Art vielleicht nur nach dieser Nova Genera et Species Plantarum, ex sche- Aufnahme aufgestellt hat. Die total falsche dis . . . in ordinem digessit C. S. Kunth. Tom. Beschreibung von Blüte und Frucht beweist 6. Paris 1823. jedenfalls, daß diese frei erfunden De Candolle P. Prodromus, III. 1828, S. 466. sind! Die Formulierung «Wenn man Roses Schumann K. Gesamtbeschreibung der Kakteen. Abbildung . . . betrachtet» (die übrigens Neudamm 1903 (2. Auflage). nicht die entfernteste Ähnlichkeit mit Azu- Britton N. L. und Rose J. N. The Cactaceae, Bd. 2, reocereus hertlingianus hat!) läßt sogar die Washington 1920. Meinung aufkommen, daß Backeberg Backeberg C. und Knuth F. M. Kaktus-ABC. auch diesen nur aus Britton und Rose, Kopenhagen 1935. Band IV, kannte! Backeberg C. Zwei wichtige Gattungen des Hu- ancabamba-Distriktes in Backeberg, Blätter Ein solcher Autor wagt es, die Berufs- für Kakteenforschung, 1937-7. wissenschaft bei jeder Gelegenheit anzu- — Die Gattungen der Sippe Loxanthocerei. Cact- greifen! aceae, Jahrbuch der Deutsch. Kakt.-Ges., Mai 1937, Blätter 24 und 25. Daß der Cactus chlorocarpus H. B. K. — Seltene Cereen der Westandinen Südameri- wieder gefunden ist, und zwar offenbar mit kas. III. Gymanthocereus microspermus Bak- der zuerst für ihn angesprochenen Art iden- keberg. Kakteenkunde 1941, S. 25. Kennner tisch sein dürfte, geht schon daraus hervor, — Stachlige Wildnis. Neudamm-Berlin 1942. -> Ken- daß der beste Kenner Perus und seiner — Cactaceae Lindley. Systematische Übersicht ner Kakteen, Friedrich Ritter, schon seit (Neubearbeitung) mit Beschreibungsschlüssel in «Cactaceae», Jahrbuch der Deutsch. Kakt.- Jahren Samen des Gymanthocereus chlo- Ges., 1942. rocarpus in den Handel bringt, die dem — Verbreitung und Vorkommen der Kakteen. von Backeberg abgebildeten gleichen. «Cactaceae», Jahrbruch, der Deutschen Kak- teen- Gesellschaft 1944. — Some Results of twenty Years of Cactus Re- 3 Da dieser aber schon 1937 von B a c k e b e r g als Clistanthocereus hertlingianus publiziert Worden ist, search. Edited by E. Yale Dawson. II. An muß er Azureocereus hertlingianus heißen. annotated list of my new genera, species,

81 varieties and combinations. Cactus and Succu- und Rauhocereus Backeb. Beitr. zur Biologie lent Journ. of America, XXIII., 1951, S. 13. der Pflanzen 38, 1963, S. 383^119. Marshall W. T. und Bock T. M. Cactaceae, Nach- Rauh W. Images de la Vegetation des cactées Péruviennes (suite). Cactus, Rev. Périod. As- Period -> trag in Cactus and Succulent Journal Americ. Périod XVII./8., S. 114, 1945. soc. Franc. Cactophiles, Nr. 53, 1957, S. 158 ff. Marshall W. T. Revisions in the and — Beitrag zur Kenntnis der peruanischen Kak- some New Combinations in Cactaceae, Part. teenvegetation. Sitzber. Heidelberger Akad. III. Cactus and Succulent Journal Americ. Wiss., math.-naturw. Kl. Jahrg. 1958/1. Heidel- XIX., 1947, S. 75. berg 1958. Buxbaum F. Die systematische Einteilung, in Werdermann E. und Backeberg C. Cereus mi- Krainz H., Die Kakteen, Stuttgart 1955. crospermus in Backeberg C., Neue Kakteen, — The phylogenetic Division of the Subfamily 1931. Cereoideae, Cactaceae, Madrono, 14, 1958, Anschrift des Verfassers: S. 177. Univ.-Doz. Prof. Dr. F. Buxbaum, — Morphologie und phylogenetische Stellung Judenburg (Steiermark), der Cactaceen-Gattungen Castellanosia Card. Sackgasse 13/I (Österreich)

Variabilität und Kakteen Von Franz Buxbaum

Werdermann hat einmal die Kakteen- von Dilettanten, unzählige «Arten» aufge- phytographie mit einem «Hexenbesen» ver- stellt, die keine sind. glichen, der als Wucherung mit verworre- Durch die marktschreierische Art, in der ner Verzweigung einem normal und regel- gewisse «Artfabrikanten» ihre Weisheit mäßig gewachsenen Fichtenast aufsitzt. Die ausposaunen und die Berufswissenschaft Gesetzmäßigkeiten, die den Baum beherr- herabsetzen, lassen sich aber viele Lieb- schen, werden bei diesem durch einen Scha- haber düpieren, zumal diese Leute Zwi- denpilz zerstört. Dieser Vergleich ist nicht schenformen verschweigen oder «ausmer- von der Hand zu weisen. Denn tatsächlich zen» (wörtlich!). Genau wie die Sensations- ist auch die Gesetzmäßigkeit der Phyto- presse immer ein breites kritikloses Publi- graphie bei den Kakteen zerstört durch kum findet, genau so finden es auch diese einen Schädling: Dieser ist eine Hybride Marktschreier der Pseudowissenschaft. Für aus mangelnder Sachkenntnis und krank- den Laien ist es natürlich oft nicht leicht, haftem oder kommerziellem Ehrgeiz. Ge- echte und Pseudowissenschaft zu unter- nährt wird er aber durch die Tatsache der scheiden. Variabilität. Bei mesophilen Pflanzen, d. h. Es erschien mir daher notwendig, die Er- solchen mittelfeuchter, gemäßigter Zonen, scheinungen der Variabilität, die im ganzen sind die Erscheinungen der Variabilität Bereich der Blütenpflanzen dieselben sind, weniger augenfällig, bei Xerophyten, und in einer für jedermann verständlichen überhaupt bei Pflanzen extremer Lebens- Weise klarzulegen und ihre Auswirkungen bedingungen, spielt sie aber eine sehr große auf die Kakteenphytographie aufzuzeigen. Rolle, umsomehr, als sich die Areale über Naturgemäß kann dies hier nur in sehr ge- große Räume erstrecken und daher zumin- drängter Weise erfolgen1. dest mikroklimatisch verschiedene Stand- Am Nordrand der Sahara, nächst der orte umfassen. Gerade die durch den xero- Oase Gafsa (Tunesien) fand ich einen win- morphen Wuchs der Kakteen bedingte Ver- zigen Kreuzblütler, 1—5 cm hoch, mit we- einfachung des Pflanzenkörpers läßt auch geringfügige Unterschiede sehr auffallend 1 Wer sich näher interessiert, kann sich darüber in hervortreten und täuscht Artverschieden- meinem Buch «Grundlagen und Methoden einer Er- heit vor, wo kaum von Varietäten gespro- neuerung der Systematik der Höheren Pflanzen», Springer-Verlag, 1951, informieren, das auch für Laien chen werden kann. So wurden, besonders verständlich gehalten ist.

82 nigen Blättchen und nur einer bis wenigen, Kakteen?! Auch beim Ackerveilchen vari- 2 cm großen Blüten. Dieselbe Art, Loncho- iert auch die Blütengröße von zirka 1 cm phora capiomontana, war, wenige Kilo- bis gut 2,5 cm, und die Blütenblätter sind meter weiter, in den Gärten der üppigen bald breiter, bald schmäler! Oase zu fast einen halben Meter hohen, Wie die Blüte, so können auch die Wuchs- dicht verzweigten und vielblütigen Exem- form, Blattgestalt usw. innerhalb der Art plaren entwickelt. Weniger kraß können erbfest recht verschieden sein. In einer wir auf jedem Ausflug an unserer heimi- Baumschule in Kalifornien zieht man Klo- schen Flora dieselbe Erscheinung wahrneh- nen (erbreine Linien) verschiedener Wuchs- men, besonders an Anuellen (Einjahrspflan- formen derselben Arten für gartenarchi- zen). Es handelt sich eben um eine Folge tektonische Zwecke. Bedenkt man, daß die verschiedener Lebensbedingungen, also um Areole nur ein vorentwickelter und dann eine wirkliche «Anpassung» an die Lebens- gehemmter Seitensproß ist, dessen Blatt- möglichkeiten. Wir nennen dies «adaptive organe in Dornen («Stacheln» sollte man Variabilität». nicht sagen!) umgewandelt sind, so ist leicht Auch bei Kakteen ist sie leicht feststellbar die oft enorme Variabilität der Bestache- und oft sehr auffällig. Schon 1935/36 habe lung in Länge, Gestalt und Farbe, aber auch ich z. B. die Einwirkung von humosen und Anzahl der Dornen verständlich, die wir rein mineralischen Böden, mit und ohne selbst bei Individuen derselben Aussaat be- Volldüngung experimentell untersucht und obachten können. Man studiere doch ein- feststellen können, daß die humosen Böden mal die Vielfalt der Dornen des Sauer- zwar üppigere, aber dafür mastigere und dorns (Berberis vulgaris), der auch Blatt- krankheitsanfälligere, die mineralischen dornen entwickelt. dafür schöner bestachelte Individuen her- Hutchison hat an den Standorten in vorbringen. Von Prof. Boke der Universi- Chile Untersuchungen an Copiapoa cine- tät von Oklahoma erhielt ich seinerzeit rea angestellt. Er fand 1 bis 2 Mittelsta- eine größere Anzahl von am Standort ge- cheln von 1,3 bis 3,3 cm Länge mit 0 oder sammelten Exemplaren des Echinocereus 1 bis 7 Randstacheln, die von 0,5 bis 2 cm baileyi. Die Bestachelung variierte von schwanken. Näher der Küste und in ge- Weiß über Gelbbraun bis zu einem pracht- ringer Höhe überwogen im allgemeinen vollen dunklen Fuchsrot. Es schien sich Individuen mit kürzeren Dornen, und dort also wirklich um auffallende Farbvarie- treten auch die Individuen mit nur 1 bis 2 täten zu handeln. Der in Kultur entstan- Mittelstacheln ohne Randdornen auf; an dene Neutrieb aber war bei allen Indivi- den nebeligen Quebrada-Hängen aber war duen einheitlich weißlich. Auch dies war die Bestachelung stärker und kräftiger, also adaptive Variabilität. Sie kann, wie und es treten dort wenigstens 2 Mittel- und dieses Beispiel zeigt, bei Ankauf von noch 4 bis mehr Randdornen auf. Abgesehen da- nicht angetriebenen Importen zu großen von, variieren die Individuen aber in Zahl Enttäuschungen führen. Phytographisch ist der Rippen, Blütengröße (von 2,0 bis 3,5 cm sie aber belanglos! Durchmesser und 1,7 bis 3,5 cm Länge), Etwas anderes ist die Variabilität, die Blütenfarbe, Frucht usw. Absolut konstant wir z. B. an den Blütenfarben des Acker- ist aber, neben anderem, der innere Bau der Stiefmütterchens (Viola tricolor) oder den Blüte in allen Einzelheiten. (Hutchison, Blattzähnen unseres Löwenzahns (Tara- P. C., Studies of South American Cactaceae, xacum) ebenfalls auf jedem Ausflug beob- 3. Variation in Copiapoa cinerea [Philippi] achten können. Diese ist unabhängig von Britton et Rose. Cact. and Succ., Journal der Außenwelt, weil sie auf tatsächlichen Americ., XXV, 1953, S. 63—72.) Erbverschiedenheiten beruht (mutative Va- Eine andere sehr interessante Studie riabilität). Trotz der Erbkonstanz würde machte Mieg besonders an Echinocereus es gewiß niemandem einfallen, aus diesen fendleri, der, wie Echinocereen überhaupt, Farbspielarten «neue Arten» zu machen, eine durch alle Übergänge verbundene ja nicht einmal Varietäten. Denn das Acker- enorme Variabilität der Bestachelung zeigt. Stiefmütterchen hat keinen Handelswert! (Mieg, C. E., On Species and genera, Nat. Soucc. -> Aber bei Rebutien, Lobivien und anderen Cact. and Succ. Journ. 7, Nr. 3, S. 43—46.) Succ.

83 Ich konnte seine Sammlung in Phoenix, vikarierende Rassen können, wenn man die Ariz., selbst sehen und muß gestehen, daß Übergangsformen nicht kennt — oder ver- ich selbst überrascht war. Nur die Varia- schweigt — leicht für wirklich verschie- tionsstatistik und insbesondere die Beob- dene Arten gehalten und als solche be- achtung am Standort kann entscheiden, in- schrieben werden. wieweit eine Verschiedenheit von Merk- malen bzw. Merkmalskomplexen (denn ein Dadurch aber werden schließlich — das einzelnes Merkmal ist nie ein Artcharak- ist gerade bei den Kakteen der Fall — die ter!) und das Fehlen von Übergängen eine «Artunterschiede» schließlich so minimal, Arttrennung erlauben. Auch Leptoclado- daß jedes wirkliche Artmerkmal schon zum dia elongata ist ja ein sehr viel kultiviertes «Gattungsunterschied» gemacht wird. Und Musterbeispiel hiefür. so entstand der «Hexenbesen».

Es gibt aber noch eine mutative Varia- ✳ bilität, die unsichtbar bleibt, da sie nur Auf einem Ausflug sehen wir an einem in physiologischen Merkmalen, manchmal sonnigen Hang die tiefvioletten Blüten der allerdings auch gepaart mit habituellen, Wiesensalbei (Salvia pratensis) mit ihren besteht, z. B. größerer oder geringerer Wi- hochgewölbten Oberlippen. In einem Bau- derstandsfähigkeit gegen gewisse Außen- erngarten sehen wir dann den seit Karl faktoren (Temperatur, Trockenheit oder dem Großen als Heilpflanze regelmäßig ge- Nässe usw.). Man denke z. B. an die beiden zogenen echten Salbei. Salvia officinalis, Lebensformen der Mistel (Viscum album), mit seinen winzigen, fast röhrigen Blüt- der gewöhnlichen Laubholzmistel und der chen und vielleicht auch die scharlach- Nadelholzmistel, die streng an den bestimm- roten Büsche des Feuerballes, Salvia splen- ten Wirt gebunden sind! Gerade solche Va- dens. Während die Wiesensalbei Hummeln riabilität kann aber bei Klimaänderungen den Zutritt zum Nektar erlaubt, besuchen oder bei Wanderung in neue Invasions- die echte Salbei Bienen. Den Feuerball gebiete sehr bedeutungsvoll werden, näm- lassen beide unbeachtet; für diese Farbe lich dann, wenn ein solcher Außenfaktor sind sie blind, und auf die vorgespreizte das Minimum oder das schädliche Maxi- Unterlippe können sie nicht anfliegen. Es mum erreicht. Nach dem «ökologischen ist dies eine typische Kolibriblume, die aus Relativitätsgesetz» ist die relative Wirk- Mexiko stammt. So verschieden aussehende samkeit eines Außenfaktors nämlich im Blüten und doch eine Gattung? Doch, denn Optimumgebiet am geringsten, im Mini- alle drei zeigen den gleichen Aufbau, den mum- oder Maximumgebiet aber am größ- gleichen «morphologischen Typus», der sie ten. Unter den extremen Lebensbedingun- von den anderen Lippenblütlern unter- gen der Trockengebiete kann die Wirksam- scheidet. Verschiedenheit in den Dimensio- keit daher auch extreme Werte erreichen nen ist ebensowenig maßgeblich wie Ver- und daher sehr auslesend wirken. Das heißt, schiedenheit im äußerlichen Anblick. Viel- daß im Optimumgebiet alle ökologischen leicht viel stärker noch fällt uns diese Tat- (und morphologischen) Varianten neben- sache bei den vielgestaltigen Blüten der einander auftreten und sich vermischen Gattung Ceropegia auf. können (Mannigfaltigkeitszentrum), bei Be- siedelung neuer Invasionsgebiete aber ein- Auf den Siskiou-Mountains, hart an der zelne ökologische Rassen sich verschie- Grenze zwischen Kalifornien und Oregon, denen Außenbedingungen einpassen und sah ich von weitem typische Schwarzbeer- daher verschiedene Gebiete besiedeln wer- sträucher. Doch anstatt Heidelbeeren tru- den, wo sie dann weitere Erbänderungen gen sie — Eicheln! Es war Quercus myr- (Mutationen) durchmachen können. Geht tillifolia, die Schwarzbeereiche. Oder: Wäh- dann noch das Ausgangsgebiet verloren, rend wir gewohnt sind, unter Weiden an- so findet man ökologisch und morpholo- sehnliche bis große Sträucher oder Bäume gisch verschiedene Varianten, die einander zu verstehen, finden wir in den Hochalpen mehr oder weniger ausschließen, in den niedrige, auf dem Boden kriechende Randgebieten aber ineinander übergehen, Sträuchlein (z. B. Salix retusa u. a.) oder sogenannte «vikarierende Rassen». Solche gar ein aus einem Wurzelstock sprießendes

84 krautiges Pflänzchen, die Salix herbacea unsinnig, als wenn man unter den Men- oder krautige Weide. So verschieden der schen gewohnheitsmäßige Nachtarbeiter Habitus innerhalb einer Gattung! und Frühaufsteher als zwei Menschengat- tungen trennen wollte. Zu den physiologi- Die Gattung Silene, das Leimkraut, um- schen Variationen gehören auch die Öff- faßt Arten mit weißen, rosenfarbigen oder nungsbewegungen der Blüte, d. h. die wei- roten Blüten, solche mit hängenden und tere oder geringere Öffnungsstellung. Un- solche mit aufrechtstehenden Blüten, Tag- sere Wasserschwertlilie, Iris pseudacorus, blüher und Arten, die ihre Blüten erst um tritt in zwei Varianten auf, deren eine die 18 bis 20 Uhr öffnen und morgens schlie- Blütenorgane flacher ausbreitet, so daß sie ßen. nur von Schwebefliegen besucht werden In all diesen Fällen, ob Eichen, Weiden, kann, während die andere eine steilere Leimkräuter - niemandem würde es einfal- Stellung der Blütenorgane einnimmt und len, wegen dieser doch sehr auffälligen Ver- daher nur von den dicken Hummeln be- schiedenheiten die Gattungen aufzuteilen. stäubt werden kann. Auf die Verschieden- Erstens, weil eben doch der morphologische heit der Entfaltungsstellung der Blumen- Typus innerhalb dieser Gattungen immer krone von Salvia wurde ja schon hingewie- derselbe ist und — wohl auch —, weil sie sen. keinen Handelswert besitzen! Das aber ist das Entscheidende: Nicht das Die Variabilität innerhalb einer Gattung «Aussehen» ist maßgeblich, sondern der kann also auch sehr groß sein — der Bau- Aufbau; diesen zu erkennen genügt es frei- plan, der morphologische Typus allein ist lich nicht, die Blüte von außen zu betrach- maßgeblich. Wir bezeichnen die Variabili- ten. Diese Tatsache gilt aber insbesondere tät innerhalb einer höheren systematischen für die Kakteenblüte. Denn diese ist, im Kategorie (Gattung und höhere) meist als Gegensatze zu allen landläufigen Blüten, «Mannigfaltigkeit». Im Prinzip ist es je- nicht ein aus drei bis fünf Kreisen von doch dasselbe wie die Variabilität inner- Blattorganen aufgebautes Endorgan, son- halb der Art, nur natürlich in sehr viel dern ein aus ± zahlreichen Internodien breiterem Umfang. (= Sproßgliedern) bestehender Hohlsproß, der daher auch von der Gestaltung der Welche Verschiedenheit im Aussehen vegetativen Teile, z. B. deren Divergenz- schon die Variabilität innerhalb einer fest- zahlen, beeinflußt wird. Wie bei jedem stehenden Art nur durch die Variation Kurztrieb kann die Zahl der zur Ausbil- der gegenseitigen Dimensionen annehmen dung gelangten Internodien variieren, z. B. kann, insbesondere, wenn die schützende infolge von verschiedenen Außenbedingun- Hand des Menschen auch in der freien gen, aber oft auch erblich (kurz- und lang- Natur lebensuntaugliche Mutationen er- röhrige Formen mancher Gymnocalycium- hält, zeigen schon die mannigfachen Kohl- Arten). Dies kann auf ein- und demselben gemüse, alles Formen der Brassica napus. Individuum zu erheblichen Verschieden- Würde es jemand einfallen, Apfelsorten mit heiten der Blüten führen. Was sich aber roten und solche mit gelben Früchten als niemals ändert, das ist der Bauplan — der verschiedene Arten anzusprechen? Gewiß morphologische Typus der betreffenden nicht! Und ?! Rebutia xanthocarpa Blüte. Unterschiede von Art zu Art innerhalb einer Gattung werden daher umso größer Backeberg ist anderer Meinung. Nach sein müssen, da innerhalb der Gattung auch seiner Darstellung in der Kritik meiner Be- der morphologische Typus sich gemäß den arbeitung der Gattung Espostoa hat die Blüte ihm innewohnenden Gesetzmäßigkeiten im «Hochstand» einen anderen Blütenbau fortschreitend entwickelt (Gesetzmäßigkeit als die (im Hochstand) in Alkohol fixierte, der Progressionen). nach der ich meine Zeichnungen anfertigte. Wie er sich diese plötzliche Verwandlung Physiologische Verschiedenheiten, wie wohl erklären mag?! Wie er es in seinem etwa die Tag- und Nachtblütigkeit als Gat- Buch bei den Angriffen gegen mich dar- tungsunterschiede zu werten, ist ebenso stellt, müßten nämlich die Blüten erst beim

85 Fixieren den gleichen Blütenbau angenom- familien betrachtet. Die Kakteen sind ge- men haben. Merkwürdige Erscheinung!2 wiß eine recht «eigenwillige» Familie, wenn man so sagen darf, doch sie folgen genau Damit kommen wir aber noch zu einem den gleichen Naturgesetzen wie alle ande- weiteren Punkt des Variabilitätsproblems. ren. Auch die Variabilität folgt ganz bestimm- Anhang ten Gesetzmäßigkeiten, die jeder Familie, Gattung, Art als Wesensbestandteil ihres C. Backeberg benützt sein «Handbuch» morphologischen Typus innewohnen. Diese «Die Cactaceae» dazu, meine Forschungs- Gesetzmäßigkeit der Progression bedingt arbeit zu verunglimpfen, wobei er vor be- einerseits, daß in jeder Familie, Gattung wußten Entstellungen und ähnlichen Me- oder Art nur ganz bestimmte Variationen thoden nicht zurückschreckt. Einen beson- ders krassen Fall habe ich bereits ander- möglich sind, anderseits aber auch, daß 5 innerhalb einer Familie dieselbe Progres- weits veröffentlicht . sion, d. h. dasselbe Merkmal in verschiede- Eine weitere Reihe von Versuchen, meine nen Entwicklungslinien konvergent auftre- wissenschaftlichen Arbeiten schlecht zu ten kann, was oft zu Irrtümern führte. Dies machen, leistet er sich in Band V bei seiner ist z. B. bei den cephaloiden Bildungen der «Sippe Cephalocerei» im Zusammenhang 3 Cereoideae der Fall , so daß sie in mehre- mit meiner Veröffentlichung: «Die behaart- ren Tribus auftreten, aber unter nahen blutigen Cephalienträger Südamerikas», Verwandten auch fehlen kann. Es hat sich «Österr. Bot. Zeitschrift» Nr. 106, 1959. Sei- erwiesen, daß das Cephalium ein zwar recht ten 138 bis 1586. auffälliges, aber systematisch gegenüber anderen sehr untergeordnetes Merkmal ist4. Da diese neuen Versuche Backeberg’s den Leser dadurch zu düpieren suchen, daß Gewiß, das Variabilitätsproblem ist nicht sie immer wieder das «Aussehen» der Blü- einfach; noch schwieriger, es so kurz ge- ten in den Vordergrund stellen, damit er faßt darzustellen. Doch der Kakteenlieb- vom Wesentlichen, dem einheitlichen Bau haber soll ja mit diesen Ausführungen nur der Blüten, abgelenkt werde, fallen sie ge- angeregt werden, selbst nachzudenken und rade in den Rahmen dieser Arbeit. nicht allen marktschreierischen Lärm (mit viel pseudowissenschaftlichen Tönen) zu Backeberg’s Angriffe sind am leich- glauben. Variabilität kann man, wenn man testen zu entkräften, indem ich seine «Be- die Augen offen hält, auf Schritt und Tritt weisführung» dem Leser vorführe. Jeder- beobachten. Auch die Mannigfaltigkeit mann kann sich dann leicht selbst ein Bild innerhalb einer Gattung muß jedem Beob- machen, sowohl über die «Stichhaltigkeit» achter auffallen, wenn er nicht nur die seiner «Beweise» als auch über die frag- Kakteen, sondern auch andere Pflanzen- würdige Art und Weise, mit der er vorgeht. ackeberg 2 Ohne die «viel-seitigen» pamphletischen Angriffe Wenn B meint (S. 2524 bis gegen mich, wäre es wohl auch mit 5 Bänden ab- 2525), daß mein «unbeständiges Vorgehen»… gegangen, und hätte er nur eigene Bilder gebracht, so hätten auch 3 genügt. «unweigerlich zu einer Sammelgattung Ce- Aber — und damit komme ich auf einen sehr ern- phalocereus senso latiore führen muß, wo- sten Punkt, so ernst, daß ich mich genötigt sehe, die- ser Arbeit noch einen bezüglichen Anhang anzu- bei auch vor Espostoa nicht Halt gemacht schließen, der ja auch zur Behandlung der Variabili- tätsprobleme paßt: In seinen langatmigen Ausfüh- werden kann», so kann man nur sagen: rungen hat er nicht ein einziges Mal sachlich und «Si tacuisses prudenter fuisses» (= «Wür- annähernd fachlich meine Beweisführungen wider- legt. Mit den Worten «ganz anders» und der Behaup- dest Du geschwiegen haben, so wärest Du tung, daß meine Zeichnungen «mehr verwirrend als klärend» seien, ist kein Gegenbeweis erbracht, um so klug gewesen»). Denn Cephalienträger tre- weniger als sich jeder Anfänger aus meinen von ten konvergent in verschiedenen Tribus und ihm reproduzierten Zeichnungen des Innenbaues von der vollkommenen Identität desselben bei B a c k e - b e r g s «Gattungen» Thrixanthocereus und Vatricania 5 Buxbaum, F. Die Entwicklungslinien der Tribus überzeugen kann. Pachycereae F. Buxbaum (Cactaceae — Cereoideae). Botanischen Studien, Heft 12. VEB, Gustav-Fischer- 3 Eine ausführliche und vollständige morphologische Verlag, Jena 1961. Arbeit über die cephaloiden Bildungen ist eben in Ausarbeitung. Eine vorläufige Mitteilung erschien 6 Sonderdrucke dieser Arbeit befinden sich in den in den Berichten über den X. Internationalen Kon- Büchereien der Deutschen Kakteen-Gesellschaft, der greß der IOS 1961 in Barcelona. Schweizerischen Kakteengesellschaft und der Gesell- schaft österreichischer Kakteenfreunde, wo sie für 4 Auch hiezu siehe den Anhang. jedermann zugänglich sind.

86 Subtribus der Cereoideae auf, die spielend Meine zu dieser Abbildung korrespondie- leicht am Blütenbau zu unterscheiden sind. rende Abb. 2 von Espostoa guentheri (Va- Er hätte sich also die Blamage ersparen tricania Backeberg) reproduziert er vor- können, zu zeigen, daß er davon keine sichtshalber erst 19 Seiten später als seine Ahnung hat. Freilich, er zieht ja — mit Abb. 2375 a, damit man nicht so schnell ver- Ausnahme jener Arten um Cephalocereus gleichen soll. Sonst würde nämlich jeder- senilis, deren Zugehörigkeit zu den Pachy- mann die absolute Identität des Blüten- cereae sogar er bemerkt hat — in seine baues sofort erkennen. Obwohl er sonst «Sippe Cephalocerei Backeberg» alles, was überaus freigebig mit Bildern anderer Cephalien hat, zusammen, was im Prinzip Autoren ist (deren Namen er sehr oft auf dasselbe herauskommt. Denn diese verschweigt!), hat er es unterlassen, die «Sippe» umfaßt in seiner jetzigen Fassung in meiner Beweisführung zitierten aus- Vertreter der Tribus Cereae, Trib. Tricho- gezeichneten Längsschnitt - Photographien cereae-Trichocereinae, Trichocereae-Borzi- Rauh’s von der Blüte der «Espostoa lati- cactinae, Trib. Pachycereae und Trib. Noto- cornua var. typica» und von «Espostoa pro- cacteae. Nur nicht die Gattung Cephaloce- cera» (in Rauh, Beitrag zur Kenntnis der reus, weshalb der Name der «Sippe» nach peruanischen Kakteenvegetation, Heidel- Artikel 19 des International Code ungültig berg 1958, S. 525) und die Schnittphoto der und zu verwerfen ist, was übrigens für die Blüte von «Thrixanthocereus blossfeldio- meisten Backeberg’schen Kategorie-Be- rum» (richtig Espostoa) (Rauh l. c., S. 513) zeichnungen gilt. wiederzugeben, weil auch diese die Iden- Die Angriffe wenden sich in erster Linie tität des Blütenbaues eindeutig erkennen gegen meine Einbeziehung seiner Gattun- lassen. Kupper’s Aufnahme eines Cepha- gen Thrixanthocereus und Vatricania zu- liums von Espostoa guentheri (bei Backe- sammen mit Britton’s und Roses’s Gattung berg Vatricania) mit einer vor dem Erblü- Facheiroa zu Espostoa Br. et R., zu der auch hen stehenden Knospe und die diesem Bild seine Pseudoespostoa gehört. Wie führt nun entsprechende Aufnahme Rauh’s von Es- Backeberg den «Gegenbeweis»? Als seine postoa procera reproduziert er zwar, aber Abb. 2360 b reproduziert er (verkleinert und mit einem Abstand von 39 Seiten (S. 2492 durch die zur Verkleinerung nötig gewor- und S. 2531) und ungleich groß. (Die Ori- dene Verdickung der Strichdicke recht ginalabbildungen sind zufällig fast genau schlecht!) die obere Hälfte meiner Abb. 1 gleich groß!) Sonst würde wieder jeder- aus der zitierten Arbeit (S. 142), die die mann erkennen, daß diese beiden Bilder Blüte von Espostoa blossfeldiorum (bei sich fast überdecken ließen, so gleich sind Backeberg «Thrixanthocereus») nebst In- sie, worauf ich gleichfalls hingewiesen nendetails zeigt und erklärt hiezu: «Wahr- hatte. Auch die Aufnahmen der Außen- scheinlich wurde Buxbaum’s Darstellung ansicht von Blüten von Espostoa und von nach der Farbtafel Werdermann’s in blü- «Thrixanthocereus» Rauh’s reproduziert hende Kakteen u. a. Sukk., Tafel 134, ge- Backeberg nicht. Sie würden ebenfalls macht.» Dabei fällt ihm gar nicht auf, daß meiner Beweisführung zu sehr zugute kom- auch der primitivste Laie erkennen muß, men! Wenn er dann noch — nach diesen daß ich die Schnittzeichnung und die «Weglassungen» — erklärt (beim Abbil- Details des Innenbaues — und auf diese dungstext zu «Vatricania» guentheri, Seite allein kommt es an —, wie schon oben 2494): «Solche idealisierte Darstellungen… ausgeführt wurde, nicht nach einem Farb- sind mehr verwirrend als klärend», so muß bild der Pflanze gezeichnet haben kann, ich darauf hinweisen, daß meine Original- nicht zu reden von den drei weiteren Blü- abbildungen keineswegs «idealisiert», son- 7 tendetails, die er «wegließ» . dern mit Präparierlupe und Mikroskop sehr genau gezeichnet sind und nur Backe- 7 Ich muß hier noch hinzufügen, daß auch die Zeich- berg’s Reproduktionen schlecht sind. Er nung der Außenansicht der Blüte, die Backe- berg in Blätter für Kakteenkunde, Nachtrag 15, hätte ja schließlich als «Gegenbeweis» Mi- 2. Seite, 1937—7, veröffentlichte, nicht er gezeichnet hat, sondern ich, was er bei der Veröffentlichung krophotos der betreffenden Blütenschnitte verschwieg. Da ich die Zeichnung für ihn machte, machen und die von Rauh dazustellen kön- habe ich darüber bisher geschwiegen. Dieser Takt erscheint nun nicht mehr angebracht. nen, wenn das, was er schreibt, wahr wäre!

87 Warum also bringt er meine Zeichnungen? rial beim Brand des Botanischen Institutes in Dahlem vernichtet wurde, so sind doch Zu behauptet er, die Blü- Facheiroa ulei genug Argumente für die Einbeziehung ge- tenform sei «wesentlich abweichend» und geben, wie ich ja auch in meiner Publi- ich hätte die Einbeziehung «ohne überzeu- kation ausführlich darlegte. Jedenfalls ist gende Begründung» vorgenommen. Nun, meine Begründung wesentlich genauer als die Zusammenfassung von Thrixantho- Backeberg’s «Gegenbeweis» insbeson- cereus Backeb. zu Facheiroa Britt. et Rose dere, wenn man seine «Beweis»-Methoden hat schließlich schon Marshall vor- zu seinen «Gattungen» Thrixanthocereus genommen. Woher aber will Backeberg und Vatricania zum Maßstab seiner Glaub- überhaupt wissen, daß die Blüte von Fa- würdigkeit macht. cheiroa ulei «wesentlich abweichend» sei? Der Ausdruck Gürke’s «röhrig» kann ohne So ist der von Backeberg Herrn Fricke Esopostoa -> (Präsident der DKG) schon vor einigen Espostoa weiteres auf Espostoa blossfeldiorum an- gewendet werden, da diese sehr eng «trich- Jahren angekündete «Gegenangriff» zum terig» ist (die Stellung der Blütenblätter Bumerang geworden; denn er ist mit un- zählt nicht bei der Blütenform mit!). Daß sauberen Waffen geführt worden, und der Backeberg Werdermann’s Wiedergabe Leser ist auch bei weitem nicht so leicht der präparierten Blüte besser zu deuten hinters Licht zu führen, wie man an ge- imstande sein könnte als ich, erlaube ich wissen Orten zu glauben scheint. mir zu bezweifeln. Jedenfalls sind die auf Alles weiß, daß ich meine Zeichnungen diesem einzigen existierenden Bild der nach Originalmaterial mit Präparierlupe Innen- und Außenseite der Blüte erkenn- und Mikroskop anfertige. Anders wäre es baren Unterschiede gegenüber Espostoa ja schade um die Arbeit, weil sie sinnlos keineswegs größer, als dies gemeiniglich wäre. Ich mache es nicht so wie Backe- innerhalb der Variationsbreite einer Gat- berg, der seine Gattung «Haseltonia» ohne tung normal der Fall ist. Im ubrigen kennt eigene Kenntnis der Blüte nur nach einer Backeberg die Facheiroa ulei so wenig, fremden Photographie, ohne Erlaubnis des daß er unter Abb. 2358 als Facheiroa ulei Autors derselben, aufstellte. Daß er die eine typische Zehntnerella squamulosa ab- Blüte des Cephalocereus hoppenstedtii bildet (ohne den Autor zu nennen!), die selbst nicht gesehen hatte, hat er dadurch noch dazu am Typstandort der Zehntne- bewiesen, daß er Krainz’ Photographie rella, Joazeiro, Bahia, aufgenommen ist. falsch gedeutet und daher eine total falsche Man vergleiche die Abbildung von Zehnt- Beschreibung gegeben hat. nerella squamulosa in Britton und Rose, Ich «konstruiere» auch keine Blüten- Bd. 2, Abb. 249, auf S. 176, und dazu Ule’s zeichnungen nach Beschreibungen, wie Standortaufnahme seines «Cephalocereus Backeberg die von Escontria lepidantha ulei» (in Ule E. Catinga und Felsformatio- (auf S. 2227, Abb. 2126, als Anisocereus lepi- nen in Bahia. Ber. üb. d. 5. Zusammenk. d. danthus), die er sich hätte ersparen können, Freien Ver. d. syst. Bot. und Pflanzengeogr., da eine photographische Aufnahme dieser 1907, Tafel IX). Die Verwechslung ist ihm Blüte von außen und im Schnitt schon wahrscheinlich passiert, weil Zehntnerella 1923 von Britton und Rose in The Cacta- in Bahia «facheiro preto» genannt wird. ceae, Bd. 4, S. 272, Fig. 245, veröffentlicht Zur Ergänzung meiner Beweisführung sei wurde, die natürlich sehr wesentlich an- noch erwähnt, daß auch der basale Borsten- ders aussieht als Backeberg’s zweck- schopf der Sämlinge von «Thrixantho- bestimmte Konstruktion. cereus» blossfeldiorum, der nach Rauh (wohl inspiriert durch Backeberg) bei Soweit die Tatsachen. Man könnte sie Facheiroa fehlen soll, im Botanischen Gar- noch ausweiten. Ich überlasse es dem Le- ten der Univ. of Calif. in Berkeley an Espo- ser, zu urteilen, ob man mit solchen Metho- stoa ulei einwandfrei festgestellt worden ist den wirkliche wissenschaftliche Arbeiten (briefliche Mitteilung). Wenn auch also eine «widerlegen» kann. gleich detaillierte Untersuchung der Blüte Anschrift des Verfassers: von Espostoa (Facheiroa) ulei bisher noch Univ.-Doz. Prof. Dr. F. Buxbaum, nicht möglich war, da das Ule’sche Mate- Judenburg (Steiermark), Sackgasse 13/I

88 Beobachtungen über Phototropismus bei Kakteen Von Ed. Schmid

In seiner Publikation «Aufgaben der Suk- kulentenkunde» weist J. A. Huber (Sukku- lentenkunde IV, 1951) auf die weiten Ge- biete in Morphologie, Ökologie und Physio- logie hin, die noch einer eingehenderen Er- forschung harren. Wenn auch gewisse Fra- gen mehr oder weniger als gelöst erschei- nen, so gibt es doch noch zahlreiche andere, die noch kaum in Angriff genommen wor- den sind. 1957 gelang es Elie Elchenber- ger (Sukkulentenkunde VI) in zwei ein- gehenden Untersuchungen: «Über das Wachstum von Bryophyllum daigremon- tianum» und «Wachstumsversuche mit Ce- reus horridus und Lemaireocereus monta- nus» in verschiedenen Temperatur- und Lichtbedingungen interessante Tatsachen über den Einfluß dieser Faktoren auf Suk- kulentenarten festzustellen. Sie verweist dabei auch auf bereits vorliegende Arbei- ten amerikanischer Forscher. Im Folgenden sollen einige Beobachtungen über die Wir- kung einseitiger Belichtung auf gewisse Kakteen kurz beschrieben werden. 18 Tage später, nach einer Drehung um 180 Grad.

Bei meiner kleinen Kakteensammlung, die sich an dem Südsüdwest-Fenster mei- nes Wohnzimmers befindet, war mir immer aufgefallen, wie gewisse Arten langsam ihre Stellung veränderten, indem sie sich dem Lichte zuneigten, während andere von gleicher Form und Größe ihre Stellung un- verändert beibehielten. Zu den erstem, die also deutlich eine positive phototropische Bewegung ausführten, gehören vor allem Notocactus leninghausii (K. Sch.) Backeb. und Mammillaria potosina Hort., während z. B. bei Cleistocactus strausii Vaup. keine Stellungsveränderung zu beobachten war. Ich entschloß mich daher, diese auffallend verschiedene Sensibilität einer näheren Untersuchung zu unterziehen, soweit dies ohne entsprechende Apparaturen möglich war. Wie Figur 1 (Aufnahme vom 8. März 1960) zeigt, haben sich beide Pflanzen nach et- lichen Wochen unveränderter Stellung am Mammillaria potosina und Notocactus lening- selben Ort deutlich dem Lichte zugewen- hausii, dem Lichte zugewendet. det, zeigen also positiv phototropische

89 Krümmung. Dabei fällt auf, daß die Abbie- gung bei Notocactus ganz am Grunde er- folgt — zwar oben begann — und der Stamm beinahe die Richtung einer schief- stehenden Geraden erreicht hat, während Mammillaria potosina erst in halber Höhe eine deutliche Krümmung zeigt. Beide Pflanzen wurden nun um 180 Grad gedreht, so daß die Krümmung jetzt vom Lichte ab- gewendet war. Am 26. März 1960 befand sich Mammilla- ria wieder in normaler Lage, d. h. ihr Kör- per war wieder senkrecht aufgerichtet. Es hatte also eine Rückbewegung der obern Hälfte stattgefunden. Bei Notocactus war die Reaktion bedeutend stärker. Die 18 Tage hatten bewirkt, daß der Körper sich nicht nur bis zur senkrechten Stellung zurück- bewegte, sondern sich in der obern Hälfte bereits über diese hinaus wieder dem Lichte zugewendet hatte. Beide Pflanzen wurden weiterhin in dieser Stellung belassen. Bis 13. April 1960, also nach weiteren 21 Tagen, hat sich die Zuwendung nach dem Lichte noch verstärkt; auch bei Mammilla- Notocactus leninghausii hat sich mit dem obern ria hahniana machte sich eine leichte Nei- Teil bereits wieder dem Lichte zugewandt, wäh- gung bemerkbar, vor allem bei der Schei- rend die untere Hälfte noch in der früheren Stel- telfläche, die zu dieser Zeit einen ganzen lung ist. Die Veränderungen bei Mammillaria Kranz von Blüten trug. potosina sind nur gering. Notocactus und Mammillaria potosina wur- den wieder um 180 Grad gedreht. Diesmal brauchte es aber nur sechs Tage, bis die erstgenannte Pflanze wieder in lotrechter Stellung war, während sich bei Mammillaria nur schwache Veränderungen zeigten. Die größere Lichtstärke im Monat April war also bereits wirksam. Noch rascher erfolgte die Reaktion bei Versuchen, die ich in der ersten Hälfte August anstellte. Innerhalb vier Tagen hatte sich Notocactus lening- hausii aus einer Neigung von 40 Grad mit seiner oberen Hälfte bereits wieder dem Lichte zugewendet, während die untere Hälfte noch in der frühern Stellung ver- harrte. Es zeigte sich also wiederum deut- lich, daß die Reaktion oben beginnt und dann nach unten weitergeleitet wird. Mam- millaria potosina blieb auch bei dieser som- merlichen Lichtstärke in bezug auf Reak- tionsgröße bedeutend hinter Notocactus zu- rück. Nach weiteren zehn Tagen befand sich Notocactus wieder in völlig gekrümm- Mammillaria hahniana. Der Scheitel zeigt eine ter Stellung, während Mamillaria potosina leichte Neigung gegen das Licht. erst mit der obern Hälfte die Lotrechte er-

90 (Beiträge zur Sukkulentenkunde und -pflege, 1942) macht BR. Schaff auf die Schiefstellung der Scheitelflächen gewisser Arten aufmerksam, wobei stets die Son- nenseite tiefer, die Schattenseite höher liegt. Er vermutet, daß die Erscheinung mit der verschiedenartigen Entwicklung des Wuchsstoffes Auxin auf der Licht- und der Schattenseite in Zusammenhang stehe. Wir haben es tatsächlich mit den Erscheinungen verschiedener Lichtempfindlichkeiten zu tun, wie ich sie für Mammillaria und Noto- cactus beschrieben habe. Es darf heute wohl mit Sicherheit an- genommen werden, daß es sich bei der pho- totropischen Krümmung um das Wirken eines Wuchsstoffes — Auxin — handelt, der auf der Schattenseite das Wachstum för- dert, auf der Lichtseite hemmt. C. W. Ruh- land: Handbuch der Pflanzenphysiologie, Bd. XVII, Teil 1, 1959.) Hingegen ist es bei dem heutigen Stand unserer Kenntnisse Notocactus leninghausii wieder völlig gekrümmt, noch nicht möglich, eine allgemeingültige Mammillaria potosina aufgerichtet. Erklärung der Einzelheiten der phototro- pischen Bewegungsmechanik zu geben. reicht hatte und der Scheitel wieder ziem- Anschrift des Verfassers: lich waagrecht stand. Prof. Dr. Ed. Schmid, Bei allen Versuchen betrug die Tempe- Gümligen/Bern, Lerchenweg 7 ratur 19 bis 23 Grad. Es zeigte sich immer, auch bei stärkerer Belichtung, ein auffal- lender Unterschied in der Reaktionszeit der beiden Arten. Bei Versuchen, die Ende Mai 1961 vorgenommen wurden, verlief die Re- aktion bei Notocactus noch schneller. Schon in zwei bis drei Tagen erfolgte der Über- gang aus der gebogenen Stellung in die lot- rechte. Umgekehrt konnte während der Wintermonate November, Dezember und Januar keinerlei Stellungs-Veränderung wahrgenommen werden, die Lichtintensi- tät war zu gering. Die Versuche wurden im Frühling 1961 wiederholt und bestätigten die früheren Er- gebnisse. Notocactus reagierte immer be- deutend schneller als Mammillaria. Aus einer Neigung von 40 Grad ging die Pflanze schon in zwei bis drei Tagen in die lot- rechte Stellung, und in weiteren zwei Ta- gen neigte sie sich bereits wieder 40 Grad dem Lichte zu.

In seiner Abhandlung «Der schiefköp- Mammillaria potosina und Notocactus leninghau- fige Wuchs bei Notocactus leninghausii sii nach drei Monaten (Mai, Juni, Juli) einseitiger (K. Sch.) Backeb. und verwandten Arten» Belichtung

91 Kakteen- und Mesembryanthemum-Forschung, ein Vergleich.

(Giftige Kakteen und giftige Mesembryanthemum-Arten)

Von H. Herre

Wenn man als Mesembryanthemum-Ken- und 161 Varietäten. Bei einem Vergleich ner die Entwicklung der Kakteenforschung darf nicht vergessen werden, daß die Kak- betrachtet, so fällt immer wieder die Ähn- teen über einen riesigen Kontinent verbrei- lichkeit der Entwicklung bei diesen beiden tet sind. Sie wachsen von dem südlichsten Pflanzengruppen auf, die ja auch nahe ver- Teil der Anden in Chile bis zu den nörd- wandt miteinander sind. Die Kakteen sind lichen Gebirgen von Nord-Amerika, d. h. natürlich in Europa schon viel länger be- von den Eiswüsten des Südens über sub- kannt als die Mesembryanthema, von de- tropische und tropische Länder hinweg bis denen die ersten Pflanzen Europa erst um fast wieder zu den eisigen Gebieten des 1670 erreicht haben mögen. Mit dem weite- Nordens. Demgegenüber sind die Mesem- ren Vordringen der Weißen in den Heimat- bryanthemum nur innerhalb eines verhält- ländern der beiden Gruppen wurden immer nismäßig kleinen Gebietes verbreitet, näm- mehr Arten bekannt, und viele der interes- lich in Südafrika, und auch da hauptsäch- santesten sind erst in den letzten Jahrzehn- lich im Kaplande mit seiner Karroo, Klei- ten gefunden worden. Bei beiden Gruppen nen Karroo und Namaqualand sowie vor spielte dabei die Entwicklung des Kraft- allem im südlichen Südwest-Afrika als auch wagens eine entscheidende Rolle. Erst mit im Orange-Freistaat, Transvaal und Natal, seiner Hilfe konnten die Sammler größere wo aber ihre Zahl schon wesentlich ver- Entfernungen schneller zurücklegen und mindert ist. Natürlich werden bei beiden auch tiefer in die weit abgelegenen Gebiete Gruppen noch neue Arten und Gattungen eindringen. Infolge der oft sehr schönen gefunden werden, aber die größte Anzahl Funde wurde das Interesse der Liebhaber ist wohl nun bekannt. sehr gesteigert, und durch den Verkauf von In der Gestalt der beiden Pflanzengrup- Samen und Pflanzen konnten die Forschun- pen gibt es nicht viel Ähnlichkeiten. Baum- gen entsprechend weiter vorgetrieben wer- artige Mesembryanthemum gibt es nicht, den. Das gilt vor allem für die Kakteen, höchstens hohe Sträucher, die wie einige während den Mesembryanthemen weniger Ruschia-Arten in Namaqualand Brennholz Beachtung geschenkt wurde. Ihre eigen- liefern. Stachelige Arten gibt es auch nur artige Schönheit fand aber auch immer wenige, wie z. B. gewisse Ruschia- und mehr Bewunderer, und die Schriften von Eberlanzia-Arten. Dinter und Schwantes trugen ein gut Eine gewisse Ähnlichkeit besteht aber Teil dazu bei, den Liebhabern die Augen bei beiden Pflanzengruppen, soweit es die zu öffnen, so daß sich manche ganz auf sie giftigen Arten angeht; denn beide haben umstellten. Das uns heute vorliegende End- nur verhältnismäßig wenige giftige Arten, ergebnis dieser Entwicklung zeigt bei bei- und das Gift findet sich bei beiden in der den Gruppen auch wieder eine gewisse Form von Alkaloiden. Bei den Kakteen ist Ähnlichkeit. Nach dem neuesten Buche von ja der «Peyote»-Kaktus (Lophophora willi- C. Backeberg: «Wunderweit der Kak- amsii) und seine Verwandten als Erzeuger teen», das jedem Leser nur empfohlen wer- des Meskalin-Rausches, eines Farbenrau- den kann, wird auf Seite 170 mitgeteilt, daß sches, am bekanntesten. Curt Backeberg bisher rund 228 Gattungen mit ungefähr berichtet in seinem oben genannten Buche 2700 Arten und annähernd 650 Varietäten ausführlich darüber. Dieser Kaktus enthält bekannt geworden sind. Demgegenüber neun Alkaloide, von denen das Meskalin sind es bei den Mesembryanthema etwa (C 11 H 17, O3 N) vor allem für den Rausch- 130 Gattungen mit ungefähr 2400 Arten zustand verantwortlich ist.

92 Bei den Mesembryanthema handelt es maß genossen, bewirkt es Trunkenheit. Ir- sich vor allem um die Gattung Sceletium, gendwelche Halluzinations-Zustände, die so genannt nach ihren im Vergehen ske- dadurch entstehen könnten, sind bisher lettierten Blättern. Es gibt davon etwa 21 nicht beobachtet worden. Schon ehe die Arten und zwei Varietäten, die sich im Aus- Weißen Südafrika besiedelten, war das sehen alle sehr ähnlich sind. Es sind kleine, Priemen dieses so vorbereiteten Materials dem Boden aufliegende Sträuchlein, die für den Farbigen bekannt, und zwar sowohl den Schaffarmer wichtig sind, da sie durch in der Karroo als auch in Namaqualand, ihren Wuchs die Samen aller möglichen wo es heute noch in den Eingeborenen- Futterbüsche, der durch den Wind verbrei- Läden zum Kaufe angeboten wird. Sie tet wird, auffangen und festhalten, so daß nennen es «Kougoed» (= Zeug zum Kauen) dadurch fortlaufend eine Verjüngung der oder auch «Channa». Die wissenschaft- Weide erfolgt. Die Farmer sind daher gegen liche Erforschung des wirksamen Stoffes, ein übermäßiges Sammeln dieser Büsche, «Mesembrin» genannt, wurde zuerst von die durch die meist etwa gelblich gefärbten E. Zwicky (Dissertation der Technischen Blätter leicht zu erkennen sind. Die Blüten Hochschule in Zürich 1914) untersucht und sind ebenfalls gelblichweiß. Diese Büsche in den letzten Jahren durch das Forschungs- werden nun während ihrer Wachstums- laboratorium der Firma C. F. Boehringer & Söhne GmbH, Mannheim. Das Alka- loid Mesembrin hat als Base die Formel C17 H23 O3 N und ist verwandt mit der Crinan-Gruppe der Amaryllidaceen-Alka- loide. In gewissem Sinne steht es auch dem Alkaloid Kokain nahe (C17 H21 NO4), hat aber keine schmerzstillende Wirkung wie dieses. Es ist nicht ausgeschlossen, daß es in der Medizin noch einmal Bedeutung be- kommt. Auch in den Vereinigten Staaten von Nordamerika werden diesbezügliche Untersuchungen angestellt. Wie so mancher andere Stoffe auch, wird Mesembrin bei Kulturpflanzen in Europa nicht gebildet. In Südafrika sind Mesembryanthemen der Sceletium strictum L. Bol. Willowmore. verschiedensten Gattungen auf ihren Me- sembrin-Gehalt untersucht worden. Bei periode im Winter gesammelt, in Blech- einigen, im Verhältnis wenigen Arten ist kanister gepackt, um zu schwitzen oder zu aber Mesembrin festgestellt worden. Das fermentieren. Sie werden noch in Säcke ge- sind bisher die folgenden: Zunächst einmal wickelt und in voller Sonne aufgestellt. Mesembryanthemum crystallinum L. und seine Verwandten. Es sind etwa 52 Arten, Durch Entnahme von Proben wird ihr Zu- die aber noch nicht alle untersucht wurden. stand von Zeit zu Zeit festgestellt, und dann In Südafrika wurden sie treffend «Souts- wird im richtigen Zeitpunkt der Inhalt aus- laai», d. h. Salzsalat, genannt. Die Farmer geschüttet und getrocknet. Diese an alte schichten frisches Material davon auf ihre Blätter erinnernde, nicht sehr appetitlich Felle, die dann nach einiger Zeit die Haare aussehende Masse wird nun von den Män- verlieren. Der Mesembringehalt ist aber bei nern meist gepriemt, aber es kann auch ein ihnen höchstens halb so groß wie bei Scele- Aufguß hergestellt werden, der selbst für tium! Kleinkinder bei Magenbeschwerden ausge- zeichnet wirken soll. Gepriemt ist es dem Weiterhin enthalten Mesembrin: Aptenia Kauen der Cocablätter in Südamerika cordifolia (L. f.) Schwant.; Delosperma coo- (Erythroxylon coca) zu vergleichen, denn peri (Hook, f.) L. Bol.; D. ecklonis (S. D.) es läßt wie dieses den Betreffenden Hunger Schwant.; D. lehmanii (Eckl. et Zeyh.) und Durst vergessen und befähigt ihn zu Schwant.; D. subincanum (Haw.) Schwant. größeren körperlichen Leistungen. Im Über- — Drosanthemum floribundum (Haw.)

93 Schwant.; D. hispidum (L.) Schwant.; Glot- R. tumidula (Haw.) Schwant.; Trichodia- tiphyllum lingueforme (L.) N. E. Br.; Lam- dema intonsum (Haw.) Schwant.?; T. stella- pranthus glomeratus (L.) N. E. Br.; L. sca- tum (Mill.) Schwant. ber (L.) N. E. Br.; Mestoklema tuberosum Sceletium expansum (L.) L. Bol., Sc. na- (L.) N. E. Br.; Nycteranthus splendens (L.) maquanum L. Bol. und Sc. tortuosum (L.) Schwant.; N. umbelliflorus (Jacq.) Schwant.; N. E. Br. sind die besten Lieferanten des Oscularia caulescens (Mill.) Schwant.; Pre- Mesembrin. nia relaxata (Willd.) N. E. Br.; Ruschia con- Anschrift des Verfassers: gesta (S. D.) L. Bol.; R. multiflora (Haw.) H. Herre, Botanischer Garten, Schwant.; R. rubricaulis (Haw.) L. Bol.; Stellenbosch (Süd-Afrika)

Echinocactus famatimensis Speg. Von A. F. H. Buining

Am IOS-Kongreß in Barcelona (Juni dasselbe. Der Samen ist schief eiförmig, 1961) hielt ich über Echinocactus famati- mit basalem Hilum. Am Hilumende ist er mensis Speg. einen Vortrag, der im näch- nicht gerade abgestutzt, sondern die Testa sten IOS-Bericht wörtlich wiedergegeben ist an den seitlichen Rändern dreieckför- wird. mig vorgezogen, so, wie wenn das Hilum mit zwei gegeneinander in einem Winkel Ich kam zu den nachstehenden Schluß- geführten Schnitten abgestutzt wäre. Der folgerungen: Samen ähnelt dem von Lobivia pseudo- 1. Fric hatte recht, als er darauf hinwies, cachensis und L. wrightiana, deren Samen daß die Pflanzen der Gruppe Hymeno- jedoch ein gerades, niemals in zwei schrä- rebutia nichts zu tun haben mit Echino- gen Schnitten abgestutztes Hilum aufweist. cactus famatimensis Speg. Dagegen stimmen die Samen nicht mit je- 2. Werdermann und Dölz bemerkten nem von Lobivia famatimensis (Hymeno- richtig, daß Echinocactus famatimensis rebutia) überein.» Soweit Prof. Buxbaum, Speg. und Echinocactus reichei Hort. der sicher auf diese Samen noch näher ein- Heese identisch sind. treten wird. 3. Friedrich Ritter fand vor einigen Es ist also soweit abgeklärt, daß Echino- Jahren Echinocactus famatimensis Speg. cactus famatimensis Speg. folgende Syno- wieder in der Nähe des Dorfes Fama- nyme aufweist: tima im Famatima-Massiv in Argen- Echinocactus reichei Hort. Heese (non tinien. K. Schumann). Es gelang mir 1961 folgende Samen zu Reicheocactus pseudoreicheanus Backe- gewinnen: berg C. in Cactaceae Jahrb. DKG (II) 1942, S. 78. A. Von Originalpflanzen Ritter’s, die un- tereinander bestäubt wurden. Deshalb müssen nun die Pflanzen aus der Hymenorebutiagruppe, die bis jetzt von vie- B. Von Echinocactus reichei Hort. Heese, der len Autoren (darunter vor allem Backe- mit Pollen von Ritter’s Pflanzen be- berg) als Echinocactus famatimensis Speg. stäubt wurde. synonym zu Lobivia famatimensis (Speg.) C. Dr. Hilberath gelang es durch Irrita- Br. et R. betrachtet wurden, umbenannt tionsbestäubung mit fremden Pollen, Sa- werden, worauf früher bereits Werder- men von Echinocactus reichei Hort. Heese mann hinwies. zu gewinnen. Die älteste beschriebene Art, die zur «fa- Diese drei Samenarten schickte ich an matimensis» gerechnet wird, ist Echinop- Prof. Dr. F. Buxbaum, der mir folgendes sis (Lobivia) densispina Werdermann. Des- darüber schrieb: «Alle drei sind unstreitig halb gelange ich zur folgenden Aufstellung:

94 Lobivia densispina Werdermann

I. var. densispina Werdermann Syn.: Echinopsis densispina Werdermann E. in Kakteenkunde (1934), S. 142, 143. 1. f. sanguinea (Wessner) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia densispina var. sanguinea Wessner in Cactaceae Jahrb. DKG II (1940), S. 18. 2. f. blossfeldii (Wessner) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia densispina var. blossfeldii Wessner l. c. 3. f. leucomalla (Wessner) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia leucomalla Wessner in Beitr. zur Sukkulentenkunde und -pflege I (1938), S. 1 bis 3. Lobivia leucomalla var. rubrispina Wessner l. c. 4. f. setosa (Backeberg) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia famatimensis var. setosa Backeberg C. Descr. Cact. Nov. (1956), S. 29.

II. var. rebutioides (Backeberg) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia rebutioides Backeberg C. Blätter für Kakteenforschung (1934), 16. 1. f. rebutioides. 2. f. citriniflora (Backeberg) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia rebutioides var. citriniflora Backeberg C. Blätter für Kakteenforschung (1934), 12. 3. f. sublimiflora (Backeberg ex Wessner) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia sublimiflora Backeberg ex Wessner in Cactaceae, Jahrbuch DKG II (1940), S. 17, 18. 4. f. wessneriana (Fritzen) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia wessneriana Fritzen in Kakteenkunde (1940), S. 34. 5. f. kraussiana (Backeberg) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia rebutioides var. kraussiana Backeberg in Deutscher Garten (1949), S. 7. 6. f. chlorogona (Wessner) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia chlorogona Wessner in Cactaceae, Jahrbuch DKG II (1940), S. 16. 7. f. rubroviridis (Wessner) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia chlorogona var. rubroviridis Wessner l. c. 8. f. cupreoviridis (Wessner) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia chlorogona var. cupreoviridis Wessner l. c., S. 17. 9. f. versicolor (Wessner) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia chlorogona var. versicolor Wessner l. c. 10. f. purpureostoma (Wessner) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia chlorogona var. purpureostoma Wessner l. c.

III. var. kreuzingeri (Fric ex Buining) Buining comb. nov. Syn.: Hymenorebutia kreuzingeri Fric ex Buining in Succulenta (1939), S. 104 bis 106. 1. f. kreuzingeri. 2. f. pectinifera (Wessner) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia pectinifera Wessner in Cactaceae, Jahrbuch DKG II (1940), S. 13. 3. f. albiflora (Wessner) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia pectinifera var. albifora Wessner l. c., S. 14.

95 4. f. eburnea (Wessner) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia pectinifera var. eburnea Wessner l. c., S. 15. 5. f. sufflava (Wessner) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia pectinifera var. sufflava Wessner l. c. 6. f. citriflora (Wessner) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia pectinifera var. citriflora Wessner l. c. 7. f. aurantiaca (Wessner) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia pectinifera var. aurantiaca Wessner l. c. 8. f. haematantha (Backeberg ex Wessner) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia pectinifera var. haematantha Wessner l. c. 9. f. cinnabarina (Backeberg ex Wessner) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia pectinifera var. cinnabarina Wessner l. c. 10. f. subcarnea (Wessner) Buining comb. nov. Syn.: Lobivia pectinifera var. subcarnea Wessner l. c., S. 16. 11. f. albolanata (Buining) Buining comb. nov. Syn.: Hymenorebutia albolanata Buining in Succulenta (1941), S. 57 bis 60.

Anschrift des Verfassers: A. F. H. Buining, Hamersweld, Holland

Die Gattung Rebutia K. Schumann Von A. F. H. Buining und John D. Donald

Die Gattung Rebutia, die Prof. Dr. Karl letzt diese Gattungen sehr weit auseinan- Schumann mit der Leitart Rebutia minus- dergestellt, was nicht befürwortet werden cula K. Sch. in der Monatsschrift für Kak- kann; denn verwandtschaftlich stehen sich teenkunde V (1895), S. 102, beschrieb, hat die oben genannten Gattungen sehr nahe seither viele Federn in Bewegung gesetzt. und gehen ineinander über, weshalb wir In Anal. Soc. Cient. Argent. 96 (1923), versuchen, die Pflanzen dieser Gruppen S. 75, stellte Spegazzini mit dem Typus einfacher und systematischer zu ordnen. Speg. (Anal. Echinocactus pseudominuscula Aus unseren Studien geht hervor, daß Mus. Nac. Buenos Aires 11 [1905], S. 488) die diese Gruppen als Gattungen nicht halt- Gattung Speg. auf. Später kam- Aylostera bar sind. Die unterscheidenden Merkmale en noch folgende Gattungen hinzu, die haben keine generische Bedeutung. Auch sehr nahe verwandt sind mit Rebutia K. Sch.: zeigten unsere Untersuchungen, daß es Mediolobivia Backeberg in Blatt, f. Kak- notwendig ist, mehrere Arten und Varie- teenforschung 2 (1934), Typus Rebutia täten einzuziehen und als Formen zu füh- aureiflora Backeberg in Der Kakteenfreund ren, ja daß sie in einigen Fällen sogar in die 1 (1932), S. 124. Synonymie zu verweisen sind. Auf der Ta- Digitorebutia Fric et Kreuzinger ex Bui- belle sind die Merkmale der verschiedenen ning in Succulenta 22 (1940), S. 51, mit dem Gruppen angegeben. Die Unterschiede sind Typus Rebutia haagei Fric et Schelle in so gering, wie die Differenzialanalyse zeigt, Kaktusar 1 (1930), S. 88 und 89. daß innerhalb des Genus Rebutia nur die beiden Untergattungen Rebutia und Aylos- Alle diese Gattungen wurden vom Ge- tera aufrecht erhalten werden können. Alle nus Rebutia K. Schumann abgetrennt. anderen Untergattungen bzw. Gattungen Verschiedene Autoren haben bereits ver- im Sinne von Backeberg sind gegenseitig sucht, mehr Klarheit in diese Kakteengrup- durch Übergänge miteinander verbunden. pen zu bringen, und Backeberg hat zu- Was die weitere Einteilung anbetrifft, er-

96 gibt die Differenzialanalyse, daß die Unter- Die Blütenfarbe der Sectio Aylostera ist gattungen Rebutia und Aylostera in Sek- ein vorherrschendes Rot, das von einer be- tionen gegliedert werden müssen. merkenswerten Stabilität ist, wobei keine anderen Blütenfarben auftreten, was auf eine ältere, langandauernde Entwicklung schließen läßt. Im Süden finden sich Pflan- zen mit rebutioiden Merkmalen, die der Sektionen Rebutia und Setirebutia, im Nor- den und Nordosten solche mit ayloste- roiden Merkmalen, die der Sektionen Digi- torebutia und Mediorebutia. Die hoch- andinen Pflanzen der Cylindrorebutia zei- gen zylindrische, bronzefarbene Körper, diejenigen der mittelandinen Formen der Sectio Rebutia und Mediorebutia flach- kugelige, grüne Körper, die sich auch durch ihre Größe voneinander unterscheiden. Bei den Mediorebutia sind sie bis 6 cm hoch und 10 cm breit, bei den Rebutia bis 6 cm hoch und ebenso breit.

Rebutia K. Schumann emend. Buining et Donald Die geographische Verbreitung gliedert sich in drei Hauptgruppen, nämlich Rebu- Beschreibung der Gattung: tia, Aylostera und Digitorebutia. Aylostera Pflanzen verhältnismäßig klein, flach- im engeren Sinne kann als «Proto»-Rebu- gedrückt-kugelig bis kugelig oder zylin- tia aufgefaßt werden, aus der im Süden die drisch, einzeln bis mehr oder weniger Sectio Rebutia, im Nordosten die Sectio sprossend, Sprosse ohne Adventivwurzeln; Mediorebutia Buin. et Don. und im Nord- Rippen wenig entwickelt, spiralig oder westen Digitorebutia Buin. et Don. ver- senkrecht angeordnet, meist in kleine, mittels «peterseimii» und «hahniana» ent- runde oder sechseckige Wärzchen aufge- standen sind. Setirebutia Buin. et Don. löst; Areolen rund bis etwas oval, in der und Cylindrorebutia Buin. et Don. kom- Mitte der Warze, mit Filz, im Anfang ohne men nur örtlich beschränkt vor und sind Stacheln; Stacheln stets gerade, nie ha- wahrscheinlich verhältnismäßig junge Ent- kig, borstig, anliegend oder spreizend, oft wicklungen innerhalb der Gattung Rebu- kammförmig gestellt; Blüten trichterig, tia, worauf auch ihre starke Formenman- selten glockig erscheinend, nur an den Sei- nigfaltigkeit hindeutet. Sie sind von der ten und am Grunde der Pflanze, jedoch nie- Sectio Rebutia abzuleiten. mals auf ihrem Scheitel; Blütenröhre schlank, bisweilen sehr kurz und dann Was die Unterschiede zwischen den Sa- breiter, an der Außenseite mit Schuppen, men betrifft, läßt es sich annehmen, daß die Schuppenachseln kahl bis wollig und oben Setirebutia Buin. et Don. und die Sectio borstig; Samen klein, bis 2 mm mal 1,5 mm Rebutia eine parallele Entwicklung durch- groß, schwarz oder braun, glänzend oder machten wie diejenigen der Sectio Aylos- matt, mützenförmig. tera. Nehmen wir beispielsweise zwei Pro- torebutien-Eltern aus der Sectio Aylostera, Heimat: Südamerika, in den östlichen nämlich AI mit schwarzen und AII mit Anden zwischen 1500 und 5000 m ü. M., braunen Samenformen. Von ersterer lassen von Nordwestargentinien bis Südbolivien. sich die Samen der Sectio Rebutia im Sü- den und der Sectio Mediorebutia im Nor- Die Gattung Rebutia K. Sch. läßt sich in den, von letzterer die der Setirebutia im zwei Untergattungen aufteilen: Süden und der Digitorebutia im Nord- 1. Untergattung Rebutia mit Rebutia mi- westen ableiten. nuscula K. Sch. als Leitart.

97 2. Untergattung Aylostera mit Echinocac- Die Blütenröhre, der Stempel und die tus pseudominuscula Speg. als Leitart. Staubfäden sind ganz oder teilweise mit- Die Untergattung Rebutia K. Sch. um- einander verwachsen; Schuppenachseln mit grenzen wir wie folgt: Haaren oder Borsten; Blütenröhre verhält- Blütenröhre, Stempel und Staubfäden nismäßig eng. Die Einteilung der Untergat- nicht miteinander verwachsen; Schuppen- tung erfolgt in drei Sektionen: achseln kahl oder mit Haaren, jedoch ohne 1. Sectio Aylostera. «Flores steriles vel fer- Borsten; Blütenröhre verhältnismäßig breit. tiles a se ipsis; axillae squamarum in ovario tuboque pilosae setaceaeque; cor- Sie läßt sich in drei Sektionen untertei- pus globosus vel applanatus.» len: 1. Sectio Rebutia. «Flores infundibulifor- Blüten selbstfertil; Schuppenachsel mes, fertiles a se ipsis; axillae squama- des Pericarpells und der Röhre mit Haa- rum in ovario tuboque glabrae vel sub- ren und Borsten; Körper kugelig oder glabrae, interdum cum pilosis sed sem- flachkugelig. per sine setis; tubus latior; corpus glo- bosus vel applanatus.» 2. Sectio Digitorebutia Buin. et Don. «Flo- res steriles a se ipsis; axillae squamarum Blüten trichterförmig, selbstfertil; in ovario tuboque pilosae; corpus breve- Schuppenachseln am Pericarpell und an cylindricus, saepe lilacino-pictus.» der Röhre kahl oder fast kahl, manch- mal behaart, aber immer ohne Borsten; Blüten selbststeril; Schuppenachseln Röhre erweitert; Körper kugelig oder des Pericarpells und der Röhre mit Haa- flachkugelig. ren; Körper kurzzylindrisch, oft lila ge- färbt. 2. Sectio Setirebutia Buin. et Don. «Flores infundibuliformes, steriles a se ipsis; 3. Sectio Mediorebutia Buin. et Don. «Flo- axillae squamarum in ovario tuboque res steriles a se ipsis; axillae squamarum pilosae; corpus globosus.» inovario tuboque nonnullis pilis brevissi- mis obsitis; corpus globosus vel appla- Blüten trichterförmig, selbststeril; natus.» Schuppenachseln am Pericarpell und an der Röhre mit Haaren; Körper kugelig. Blüten selbststeril; Schuppenachseln 3. Sectio Cylindrorebutia Buin. et Don. der Pericarpells und der Röhre mit eini- «Flores campanulati; corpus cylindricus, gen sehr kurzen Haaren; Körper kugelig ± violaceo-pictus.» oder flachkugelig. Blüten glockenförmig; Körper zylin- Bestimmungsschlüssel drisch, mehr oder weniger violett ge- färbt. Die Untergattung Aylostera (Speg.) Buin. A. B l ü t e n r ö h - et Don. zeigt folgende Merkmale: re, Stem-

pel und Staubfäden nicht miteinander ver- wachsen; Schuppenachseln kahl oder behaart, aber ohne Borsten; Blütenröhre verhältnismäßig breit . Subgenus: Rebutia B. Blüten trichterig; Körper kugelig bis flachkugelig. C. Schuppenachseln kahl oder fast kahl; Blüten selbstfertil; Körper kugelig bis flachkugelig, bis 6 cm hoch und ebenso breit...... Sectio: Rebutia CC. Schuppenachseln mit Haaren; Blüten selbststeril; Kör- per kugelig...... Sectio: Setirebutia BB. Blüten glockenförmig; Körper stark zylindrisch, mehr oder weniger violett gefärbt. Sectio: Cylindrorebutia AA. Blütenröhre, Stempel und Staubfäden teilweise oder

98 gänzlich miteinander verwachsen; Schuppenachseln mit Haaren und Borsten oder mit Borsten; Blütenröhre verhältnismäßig eng...... Subgenus: Aylostera D. Schuppenachseln mit Haaren und Borsten; Blüten selbstfertil; Körper flachkugelig bis kugelig . Sectio: Aylostera DD. Schuppenachseln mit Haaren (oft nur wenige); Blüten selbststeril; Körper flachkugelig bis kugelig bis kurz zylindrisch. E. Körper kurz zylindrisch, klein, oft lila gefärbt; Samen braun. Sectio: Digitorebutia EE. Körper mehr flachkugelig bis kugelig, verhältnismäßig groß, bis 6 cm hoch und bis 10 cm breit, nicht oder sel- ten lila gefärbt; Samen schwarz . Sectio: Mediorebutia

Übersicht der Arten, Varietäten und Formen:

I. Sectio Rebutia 1. Rebutia minuscula K. Schumann in Monatsschrift für Kakteenfreunde V (1895), S. 102. Leitart der Sectio. 1. var. minuscula 1. f. minuscula 2. f. violaciflora (Backeberg) Buin. et Don. nov. comb. Syn.: Rebutia violaciflora Backeberg in B. f. K. (1935), S. 8. Rebutia carminea Buining in Succ. 23 (1941), S. 27. 3. f. knuthiana (Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Rebutia knuthiana Backeberg in Kaktus ABC (1935), S. 416. 2. var. grandiflora (Backeberg) Marshall et Bock Cact. (1941), S. 124. Syn.: Rebutia grandiflora Backeberg in Kaktus ABC (1935), S. 416. 2. Rebutia senilis Backeberg in Kakteenfreund I (1932), S. 123. 1. var. senilis 1. f. senilis Syn.: Rebutia senilis var. aurescens Backeberg in Kaktus ABC (1935), S. 416. 2. f. lilacino-rosea (Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Rebutia senilis var. lilacino-rosea Backeberg in Kaktus ABC (1935), S. 416. 3. f. stuemeri (Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Rebutia senilis var. stuemeri Backeberg in Kakteenfreund I (1932), S. 131. 2. var. chrysacantha (Backeberg) Donald in Cactus 9 39/40 (1954). Syn.: Rebutia chrysacantha Backeberg in Kaktus ABC (1935), S. 416. 1. f. chrysacantha 2. f. elegans (Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Rebutia xanthocarpa var. elegans Backeberg in C. et S. J. Amer. 23 (1951), S. 83. 3. f. iseliniana (Krainz) Bin. et Don. comb. nov. Syn.: Rebutia senilis var. iseliniana Krainz in Schweizer Garten (1946), S. 284. 4. f. kesselringiana (Bew.) Buin. et Don. comb. nov.

99 Syn.: Rebutia senilis var. kesselringiana Bewerunge in Sukkulentenkde. I, Jahrb. Schweiz. Kakt.-Ges. (1947), S. 9.

3. Rebutia xanthocarpa Backeberg in Kakteenfreund I (1932), S. 131. 1. f. xanthocarpa 2. f. citricarpa (Fric ex Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Rebutia xanthocarpa var. citricarpa Fric ex Backeberg in C. et S. J. Amer. 23 (1951), S. 83. 3. f. dasyphrissa (Werd.) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Rebutia dasyphrissa Werdermann Blüh. Kakt. u. a. sukk. Pfl. Tafel 103 (1935). Rebutia xanthocarpa var. coerulescens Backeberg Descr. Cact. Nov. (1956), S. 31. 4. f. salmonea (Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Rebutia xanthocarpa var. salmonea Backeberg in C. et S. J. Amer. 23 (1951), S. 83. 5. f. violaciflora (Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Rebutia xanthocarpa var. violaciflora Backeberg Descr. Cact. Nov. (1956), S. 31.

II. Sectio Setirebutia Buin. et Don.

4. Rebutia aureiflora Backeberg in Kakteenfreund I (1932), S. 124. Leitart der Sectio. 1. var. aureiflora 1. f. aureiflora Syn.: Mediolobivia aureiflora var. albiseta Backeberg B. f. K. (1934) 2. Mediolobivia aureiflora subvar. leucolutea Backeberg Descr. Cact. Nov. (1956), S. 30. Mediolobivia aureiflora subvar. lilacinostoma Backeberg Descr. Cact. Nov. (1956), S. 30. Mediolobivia boedekeriana Backeberg B. f. K. (1934) 2. Mediolobivia duursmaiana Backeberg B. f. K. (1934) 9. 2. f. rubelliflora (Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Mediolobivia rubelliflora Backeberg in Kaktus ABC (1935), S. 415. 3. f. rubriflora (Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Mediolobivia rubriflora Backeberg in Kaktus ABC (1935), S. 415. Rebutia blossfeldii Werdermann in Fedde Repert. 39 (1936), S. 273. Mediolobivia blossfeldii var. compactiflora Wessner in Kakteenkde. (1940), S. 32. Mediolobivia blossfeldii var. nigrilongiseta Wessner in Kakteenkde. (1940), S. 32. Mediolobivia kesselringiana Cullmann in Sukkulentenkde. II (1948), S. 26. 4. f. sarothroides (Werd.) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Rebutia sarothroides Werdermann Blüh. Kakt. u. a. sukk. Pfl. Tafel 106 (1936).

2. var. elegans (Backeberg) Buin. et Don. Syn.: Mediolobivia elegans Backeberg B. f. K. (1934) 9.

100 III. Sectio Cylindrorebutia Buin. et Don. 5. Rebutia einsteinii Fric in Moellers Deutsch. Gärtnerzeitung 63 (1931), S. 23 u. 267. Leitart der Sectio. 1. var. einsteinii 1. f. einsteinii 2. f. schmiedcheniana (Köhler) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Lobivia schmiedcheniana Köhler in Beitr. Sukkulentenkunde und -pflege (1939), S. 37. 2. var. columnaris (Wessner) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Lobivia columnaris Wessner in Beitr. Sukkulentenkunde und-pflege (1940), S. 4. 3. var. conoidea (Wessner) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Lobivia conoidea Wessner in Beitr. Sukkulentenkunde und -pflege (1940), S. 3. 4. var. rubroviridis (Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Mediolobivia schmiedcheniana var. rubroviridis Backeberg Descr. Cact. Nov. (1956), S. 30. 5. var. steineckei (Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Mediolobivia schmiedcheniana var. steineckei Backeberg Descr. Cact. Nov. (1956), S. 30. 6. Rebutia auranitida (Wessner) Buin. et Don. comb. nov. 1. f. auranitida Syn.: Lobivia auranitida Wessner in Kakt. u. a. Sukk. 9 (1937), S. 130 u. 207. Mediolobivia auranitida var. flaviflora Backeberg Descr. Cact. Nov. (1956), S. 31. 2. f. gracilis (Wessner) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Lobivia auranitida var. gracilis Wessner in Kakt. u. a. Sukk. 9 (1937), S. 130.

IV. Sectio Aylostera Buin. et Don. 7. Rebutia deminuta (Weber) Britton et Rose in «Cactaceae», Vol. 3, S. 48 (1922). Syn.: Echinopsis deminuta Weber in Bull. Mus. Hist. Nat. Paris (1904), S. 386. 1. f. deminuta 2. f. pseudominuscula (Speg.) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Echinocactus pseudominusculus Spegazzini in Anal. Mus. Nac. Buenos Aires 3 (1905), S. 488. Leitart der Sectio. 8. Rebutia fiebrigii (Gürke) Britton et Rose, in «Cactaceae», Vol. 3, S. 46 (1922). Syn.: Echinocactus fiebrigii Gürke in Notiz. B. G. 4 (1905), S. 183. 1. f. fiebrigii 2. f. densiseta Cullmann in Sukk. 6 (1957), S. 25. 9. Rebutia pseudodeminuta Backeberg in Kakteenfreund II (1933), S. 7. 1. f. pseudodeminuta Syn.: Rebutia pseudodeminuta var. schumanniana Backeberg in Kakteenfreund II (1933), S. 7. 2. f. albiseta (Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Aylostera pseudodeminuta var. albiseta Backeberg in C. et S. J. Amer. 23 (1951), S. 82.

101 3. f. grandiflora (Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Aylostera pseudodeminuta var. grandiflora Backeberg in C. et S. J. Amer. 23 (1951), S. 82. 4. f. schneideriana (Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Aylostera pseudodeminuta var. schneideriana Backeberg in C. et S. J. Amer. 23 (1951), S. 82. 5. f. rubrifilamentosa Buin. et Don. forma nova. «A typo filamentis purpureis differt.» 10. Rebutia kupperiana Boedecker in Monatsschr. DKG (1932), S. 276, 277. 11. Rebutia spegazziniana Backeberg in Kakteenfreund II (1933), S. 6. Syn.: Aylostera spegazziniana var. atroviridis Backeberg in C. et S. J. Amer. 23 (1951), S. 82. 12. Rebutia spinosissima Backeberg in B. f. K. (1935), 8. 13. Rebutia steinmannii (Solms), Britton et Rose, in «Cactaceae», Vol. 3, S. 47 (1922). Syn.: Echinocactus steinmannii Solms in Bot. Zeitschr. 55 (1907), S. 133.

V. Sectio Digitorebutia Buin. et Don. 14. Rebutia brachyantha (Wessner) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Lobivia brachyantha Wessner in K. u. a. S. (1937), S. 207. 15. Rebutia costata Werdermann in Notizbl. Berlin 12 (1934), S. 225. 1. f. costata 2. f. eucaliptana (Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Lobivia eucaliptana Backeberg in Kaktus ABC (1935), S. 414. 3. f. pilifera Buin. et Don. forma nova. «A typo costis subacutis, spinis luteolis, flore purpuero, tubo breviore dif- fert.» 16. Rebutia euanthema (Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Lobivia euanthema Backeberg B. f. K. (1934) 2. 1. f. euanthema 2. f. fricii (Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Mediolobivia euanthema var. fricii Backeberg Descr. Cact. Nov. (1956), S. 30. 3. f. neopygmaea (Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Mediolobivia neopygmaea Backeberg Descr. Cact. Nov. (1956), S. 30. 4. f. oculata (Werdermann) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Rebutia oculata Werdermann Blüh. Kakt. u. a. sukk. Pfl. Tafel 99 (1935). 17. Rebutia haagei Fric et Schelle in Kaktusar (1930), S. 180. Leitart der Sectio. 18. Rebutia pygmaea (R. E. Fries) Britton et Rose, in «Cactaceae», Vol. 3, S. 47 (1922). Syn.: Echinopsis pygmaea R. E. Fries in Nov. Act. Soc. Sei. Upsala 4, 1/1 (1905), S. 120. 1. f. pygmaea Syn.: Lobivia digitiformis Backeberg in Kaktus ABC (1935), S. 414. Lobivia orurensis Backeberg in Kaktus ABC (1935), S. 415. Lobivia pectinata Backeberg in Kaktus ABC (1935), S. 416. 2. f. atrovirens (Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Lobivia atrovirens Backeberg in Kaktus ABC (1935), S. 414. 3. f. flavovirens (Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Mediolobivia haagei var. flavovirens Backeberg in C. et S. J. Amer. 23 (1951), S. 82.

102 4. f. fuauxiana (Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Mediolobivia fuauxiana Backeberg Descr. Cact. Nov. (1956), S. 31. 5. f. haefneriana (Cullmann) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Mediolobivia haefneriana Cullmann in Kakt. u. a. Sukk. VI (1955), S. 119. 19. Rebutia ritteri (Wessner) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Lobivia ritteri Wessner in Beitr. zur Sukkulentenkunde und -pflege (1938), S. 3. 1. var. ritteri 2. var. nigricans (Wessner) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Lobivia nigricans Wessner l. c., S. 51. 1. f. nigricans 2. f. peterseimii Buin. et Don. forma nova. Unterscheidet sich vom Typus durch längere, nicht kammförmig gestellte Stacheln, die gelb bis kupfergelb sind, durch die größere, purpurrote Blüte und die stärkere Verwachsung der Blütenröhre. «Differt a typo spinis longioribus non pectinatis cupreato-luteis vel luteis; flore purpureo, parte tubi adnata longiore.» 3. f. hahniana Buin. et Don. forma nova. Unterscheidet sich vom Typus durch größere Körper und Warzen, dun- kelbraune Stacheln, orangerote, sehr kurze Blüten und einer 3—4 mm lan- gen Verwachslung der Blütenröhre. «Differt a typo corpore maiore, tuberculis maioribus, spinis atro-brunneis. flore aurantiaco, tubo brevissimo parte adnata 3—4 mm.»

VI. Sectio Mediorebutia 20. Rebutia marsoneri Werdermann in Kakteenkunde (1937), S. 2. 1. f. marsoneri 2. f. sieperdaiana (Buin.) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Rebutia sieperdaiana Buining in Succulenta 23 (1941), S. 15. 21. Rebutia calliantha Bewerunge in Sukkulentenkunde II (1948), S. 25. Leitart der Sectio. 1. var. calliantha 1. f. calliantha 2. f. hyalacantha (Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Rebutia senilis var. hyalacantha Backeberg in Kakteenfreund (1932), S. 131. Rebutia wessneriana Bewerunge in Sukkulentenkunde II (1948), S. 24. Rebutia hyalacantha (Backeberg) Backeberg Die Cactaceae III (1959), S. 1551, ist regelwidrig (Art. 11, 3 Glied. I. O. B. N. 1961). 2. var. krainziana (Kesselring) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Rebutia krainziana Kesselring in Sukkulentenkunde II (1928), S. 23. 3. var. beryllioides Buin. et Don. var. nov. Unterscheidet sich vom Typus durch die glänzend grünen, flachen Körper, gelben bis goldbraunen, kürzeren und weniger zahlreichen Stacheln und die scharlachroten Blüten. Diese Varietät wächst am meisten südlich. «Differt a typo corpore nitido-viride applanatiore, spinis brevioribus minoribus pallide luteis vel aureobrunneis, flore coccineo.»

103 1. f. beryllioides 2. f. breviseta (Backeberg) Buin. et Don. comb. nov. Syn.: Rebutia senilis var. breviseta Backeberg in Kaktus ABC (1935), S. 416.

Bemerkung: Rebutia senilis var. schieliana Bewerunge ist im Charakter und Habitus zu variabel, um sie mit Sicherheit einreihen zu können. Sie ist wahrscheinlich eine Hybride.

Die folgenden Pflanzen gehören nicht zur Gattung Rebutia, sondern zu Sulcorebutia: Sulcorebutia arenacea (Card.) Ritter in Nat. C. et S. J. 16 (1961), S. 81. Syn.: Rebutia arenacea Cardenas in C. et S. J. Amer. 23 (1951), S. 94. Sulcorebutia candiae (Card.) Buining et Donald comb. nov. Syn.: Rebutia candiae Cardenas in C. et S. J. Amer. 33 (1961), S. 112. Sulcorebutia glomeriseta (Card.) Ritter in l. c. Syn.: Rebutia glomeriseta Cardenas in C. et S. J. Amer. 23 (1951), S. 95. Sulcorebutia kruegeri (Card.) Ritter in l. c. Syn.: Rebutia kruegeri Cardenas in Cactus Fr. (1958), S. 260, 261. Sulcorebutia menesesii (Card.) Buining et Donald comb. nov. Syn.: Rebutia menesesii Cardenas in C. et S. J. Amer. 33 (1961), S. 113. Sulcorebutia steinbachii (Werdermann) Backeberg in C. et S. J. GB. 13 (1951), S. 96. Syn.: Rebutia steinbachii Werdermann in Notizbl. Bot. Gart. u. Mus. 11 (1931), S. 268. Sulcorebutia tiraquensis (Card.) Ritter in l. c. Syn.: Rebutia tiraquensis Cardenas in Cactus Fr. (1958), S. 257, 258. Sulcorebutia totorensis (Card.) Ritter in l. c. Syn.: Rebutia totorensis Cardenas in l. c., S. 259, 260.

Anschriften der Verfasser: A. F. H. Buining, Hamersveld, Holland; John D. Donald, Wicklands Av., Saltdean Nr., Brighton, Sussex, England

Nachtrag:

Fr. Ritter beschrieb folgende neuen Rebutia der Sectio Aylostera in «Taxon», Januar 1963, Vol. XII, Nr. 1, p. p. 28/29: rubiginosa -> tuberosa 1 Rebutia tuberosa Ritter...... = FR 770 2. Rebutia rubiginosa Ritter...... = FR 767 3. Rebutia albipilosa Ritter...... = FR 754 4. Rebutia muscula Ritter et Thiele. = FR 753 5. Rebutia albiflora Ritter et Buining. = FR 766a 6. Rebutia pulvinosa Ritter et Buining. = FR 766

104 S. se ster. selbst F. FERTIL FERTIL se fert. selbst süd mer. centr. zentr. PATRIA VORKOMMEN nord sept. braun fulvum SEMEN SAMEN nigrum schwarz aptus invalid anhäng schwach FRUCHT FRUCTUS valid stark aptus anhäng. axillae achsel borstig setosae haarig axillae achsel pilosae kahl axillae glabrae achseln SQUAMAE SCHUPPEN MEDIO REBUTIAE AYLOSTERA klein parvi REBUTIA gross grandes peterseimii hahniana R. R. angust schmal DIGITO REBUTIAE breit latus Unterscheidungsmerkmale BLÜTENRÖHRE SETI REBUTIAE RECEPTACULUM ver. connat. wachsen semi halbf. STYLUS GRIFFEL CYLINDRO REBUTIAE frei liber. Rebutiae Aylostera Rebutiae Aylostera Aylostera R. glockig campan. FLOS BLÜTE infund trichter. < 1 < 1 KÖRPER CORPUS > 1 > 1 SETI MEDIO DIGITO REBUTIA HAHNIANA REBUTIAE REBUTIAE REBUTIAE REBUTIAE CYLINDRO PETERSEIMII AYLOSTERA

105 Rebutia minuscula fa. violaciflora (Bckbg.) Buin. et Don.

Rebutia calliantha Bewerunge.

Rebutia calliantha var. beryllioides fa. breviseta (Bckbg.) Buin. et Don.

Rebutia euanthema fa. fricii (Bckbg.) Rebutia calliantha var. beryllioides Buin. et Don. Buin. et Don.

106 Rebutia pseudodeminuta fa. rubrifilamentosa Rebutia ritteri fa. hahniana Buin. et Don. Buin. et Don.

Hinweis zur Kultur der Lithops-Arten im Winter

Von H. Herre

Es war mir eine große Freude und Ge- gefegt werden, bevor man sie sehen und nugtuung, im Mai 1959 auf dem sozusagen sammeln konnte. Das teilte einmal der ver- pseu- historischen Boden der Farm Lichtenstein storbene alte Herr Rusch seinem Freunde dotranc- bei Windhoek in Südwestafrika zum ersten Dr. Schwantes mit, der es dann später atella -> Male auch Lithops pseudotruncatella (Ber- einmal veröffentlichte. Man braucht also in pseu- dotrunc- ger) N. E. Br. sammeln zu können. Nach- Europa usw. die Lithops während der Ruhe- atella dem der englische Reisende Burchell das zeit im Winter gar nicht so hell und son- erste Lithops turbiniformis (Haw.) N. E. Br. nig zu halten, wie das meist der Fall ist, 1811 in Sandvlei bei Prieska gesammelt hat. sondern kann diese helleren Plätze ande- war diese Art die zweite, die schon früh in ren in dieser Beziehung anspruchsvolleren den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts Arten einräumen. Dieser Hinweis sollte von den deutschen Schutztrupplern bekannt allen Pflegern dieser so interessanten Ge- war, die sie «Hottentotenpoppos» nannten. wächse beachtet und befolgt werden. Ich hatte das Glück, von Herrn E. Rusch Als ich im Januar 1961 wieder bei Freund zu dem Fundort gebracht zu werden, der Rusch auf Lichtenstein war, erlebte ich diese Art dort schon als Kind gesammelt dort die ersten Regenfälle mit, und wir fan- hat. Sie war, wie er mir sagte, früher viel den in den darauffolgenden Tagen nach häufiger gewesen, als sie heute ist. Starke, einigem Suchen auch Stellen, an denen aus mehrköpfige Pflanzen sind wohl gar nicht dem aufgeplatzten Boden die Lithops-Kör- mehr zu finden. Es muß sehr viel davon per herausschauten und sich auf diese Art nach Europa gesandt worden sein. Diese und Weise Luft gemacht hatten. Lithops Art wächst mit den Sommerregen ab De- bildet dann auch sofort Knospen und blüht, zember bis März/April und ist dann leicht teils noch halb vom Boden bedeckt. zu finden. Nachher zieht sie sich, wie die Die Lithops-Pfleger sollten das beherzigen! anderen Arten auch, ganz in den Boden zu- rück und wird oft vollkommen zugeweht. Zum Schluß noch eine Anekdote über Wenn daher während jener Zeit Pflanzen diesen schönen Lithops aus Südwestafrika, davon gewünscht wurden, mußte erst ein- die ich in meiner Kinderzeit öfters hörte: mal mit einem Besen der Sand hinweg- Danach sollen diese Lithops eine besondere

107 Delikatesse für die dort heimischen Affen den «dummen» Affen zu schützen. Leider sein, die ihnen sehr nachstellen. Wenn dann kommen letztere dort kaum vor und ist die während ihrer Blütezeit die Blüten weit ge- schöne Geschichte wohl nur eine Erfindung öffnet sind, so sind sie natürlich am besten eines Schutztrupplers. zu finden. Da das aber meist kurz nach dem heißen Mittag der Fall ist, wo die Affen Anschrift des Verfassers: ihren Mittagsschlaf zu halten pflegen, so H. Herre, Botanischer Garten, wissen sich also die «klugen» Lithops vor Stellenbosch K. P. (Südafrika)

Über einige interessante Sukkulenten aus Kenia Von Werner Rauh, Heidelberg

Vorbemerkung: Es ist allgemein Auch unter diesen befinden sich noch bis- bekannt, daß Südafrika reich an merkwür- her unbeschriebene Arten. digen und auffälligen Sukkulenten ist, die den verschiedensten systematischen Ver- Kurze Bemerkungen zur pflanzen- wandtschaftskreisen angehören. Viele von geographischen Gliederung Ostafrikas ihnen haben Eingang in die Kultur gefun- Auf Grund seiner geographischen Lage den und erfreuen sich nicht nur in Botani- beiderseits des Äquators sollte man eigent- schen Gärten, sondern auch bei Privat- lich erwarten, daß Ostafrika, insbesondere sammlern größter Beliebtheit; es ist jedoch Kenia, ein rein äquatoriales Klima besitzt kaum bekannt, daß auch die Vegetation mit zwei ausgeprägten Regenzeiten, unter- Ostafrikas, vor allem Kenias, eine Reihe brochen durch kurze Trockenzeiten. Jedoch interessanter Sukkulenten beherbergt, von das Gegenteil ist der Fall; die jährliche denen die wenigsten in Europa kultiviert Niederschlagsmenge östlich der ostafrikani- werden. schen Seen ist viel geringer als im benach- In jüngster Zeit ist es das Verdienst von barten Kongobecken. Demzufolge erreicht Peter R. O. Bally gewesen, in seiner Eigen- auch das Gebiet des immerfeuchten tropi- schaft als Regierungsbotaniker am Coryn- schen Regenwaldes bereits an der Westseite don Museum, Nairobi, auf zahlreichen Rei- des großen zentralafrikanischen Grabens sen die Sukkulenten Ostafrikas zusammen- seine Ostgrenze. Fast die gesamte Fläche getragen und zum Teil bereits monogra- Ostafrikas trägt deshalb ein Vegetations- phisch1 bearbeitet zu haben. Zahlreiche Ar- kleid von ausgesprochen xerophytischem ten wurden von Bally neu beschrieben, Charakter. Vom eigentlichen Küstengebiet aber ebensoviele harren noch der Beschrei- abgesehen, ist die nach Westen ansteigende bung, denn auf jeder Sammelfahrt werden Abdachung bis zu einer Meereshöhe von immer noch weitere entdeckt. rund 1500 bis 1700 m von einem lichten, parkartigen Trockenwald bestanden (Abb. 1 Auf unserer im Frühjahr 1960 durch- oben, Abb. 2 bis 3), während weite Flächen geführten Studienreise durch weite Gebiete des im Durchschnitt 1800 bis 2000 m hohen Kenias hatten wir Gelegenheit, die dortige Hochlandes von einer Steppenlandschaft Sukkulenten-Vegetation aus eigener An- eingenommen werden, der kleine Gehölz- schauung kennenzulernen und viele Arten gruppen eingestreut sind (Abb. 1 unten). lebend nach Europa zu bringen, wo sie seit- Die klimatischen Bedingungen in Ostafrika, her mit Erfolg im Botanischen Garten der in erster Linie die geringe Höhe von Nie- Universität Heidelberg kultiviert werden. derschlägen, begünstigen nun auch die Ent- wicklung von Sukkulenten, die in ihrer 1 P. R. O. B a l l y: The Genus Monadenium, Benteli- Verbreitung zum allergrößten Teil auf den Publishers, Bern, 1961; z. Zt. wird von Bally eine Trockenwald lokalisiert sind, aber auch der Monographie der ostafrikanischen Euphorbien vor- bereitet. Hochsteppe nicht fehlen; reich an Sukku-

108 lenten sind auch die Grabenbruchtäler, des werden von der laubwerfenden deren Sohlen infolge geringer Niederschlä- Dornbusch-Steppe (= Dornbusch- ge gleichfalls eine offene Dornbuschvege- savanne) eingenommen; in ihr sind dornige tation tragen (Abb. 2). Bäume und Sträucher tonangebend, vor Innerhalb des Trockenwaldes sind natür- allem Akazien, die mit ihren schirmförmi- lich eine Reihe von Formationen zu unter- gen Kronen das Landschaftsbild beherr- scheiden, von denen hier nur die wichtig- schen (Abb. 3 oben). Es ist ein sehr offener sten aufgeführt werden sollen. Wir folgen und lichter Pflanzenverein, dem viele Suk- dabei der Gliederung, die A. Engler in kulenten, baumförmige Euphorbien (Abb. 3 seinem Standardwerk: «Die Pflanzenwelt unten) und Aloes beigemischt sind. Es fehlt Afrikas» gegeben hat. Weite Teile des Lan- aber auch nicht an sukkulenten Schling-

Abb. 1: o b e n: Dornbusch-Steppe bei Amboseli; im Hintergrund der Gipfel des Kilimandscharo; u n t e n: Hochlandsteppe bei Eldoret.

109 Abb. 2: Grabenbruchtal von Markuweit mit Dornbuschvegetation pflanzen, die mit ihren saftig-fleischigen Unter der immergrünen Dorn- Sprossen, vielfach mit Hilfe von Ranken busch-Steppe versteht Engler das ge- (Cissus cactiformis, C. quadrangularis, C. häufte Auftreten baumförmiger Kandela- rotundifolia, die interessante blattlose Va- ber-Euphorbien, wie Euphorbia nyikae, E. nilla roscheri, Cucurbitaceen u. a.), in die grandicornis, E. quinquecostata, E. kibwe- Baumkronen emporsteigen. Im Schatten zensis u. a. In besonders schöner Ausbil- der Bäume und unter Buschwerk siedeln dung stockt diese Pflanzenformation auf sich kleinere Sukkulenten aus der Ascle- Schalengneishügeln, so zwischen Ikutha piadaceengruppe der Stapelieen (Caralluma, und Kitui (Abb. 7), wo E. quinquecostata Huernia, Duvalia, Echidnopsis, Edithcolea) regelrechte Wälder bildet; ferner bei Loito- an. Lichte Stellen werden von ausgedehn- kitok — hier ist es E. nyikae, die die Gneis- ten Trupps verschiedener Sansevieria-Arten köpfe besiedelt — und am Fuße des Taita- beherrscht, unter ihnen morphologisch be- Gebirges bei Voi, wo sich zu E. grandicor- merkenswerte Arten, wie die zweizeilig be- nis die größte Aloë Ostafrikas, Aloë ballyi blätterte S. ehrenbergii und die stammbil- (Abb. 5) gesellt. Auch sonst sind die Scha- dende S. powellii. lengneishügel reich an Sukkulenten, klei- nen Euphorbien, wie E. uhligiana, E. hete- Eine besondere Form der laubwerfenden rochroma, Plectranthus-, Kalanchoë-Arten, Dornbuschsavanne ist die Obstgarten- Asclepiadaceen (Sarcostemma, Ceropegia), savanne, wie sie in der Umgebung von Stapelieen (Caralluma, Huernia, Duvalia), Kibwezi und im Tsavo-Game-Park auf Cucurbitaceen (Gerrardanthus), Aloë-Arten weite Strecken vorherrschend ist (Abb. 6). u. a. Der Ausdruck stammt von Hans Meyer und nimmt Bezug auf den Wuchs und die An Orten, an denen die Baum- und Verteilung der Bäume, vorwiegend 2 bis Strauchvegetation völlig zurücktritt, so auf 4 m hohe, dornige Commiphora-Arten (Bur- sandigen, aschenbedeckten Flächen, auf seraceae), die mit ihren knorrigen, schirm- vulkanischen Laven und dort, wo die Nie- förmigen Kronen und ihrer lockeren Grup- derschläge so gering sind, daß auch der pierung an einen ungepflegten Obstgarten Wald verschwindet, kommt es zur Ausbil- erinnern. Begleitpflanzen sind auch hier dung der Sukkulentensteppe. Nach viele sukkulente Gewächse. Volkens ist es «das dürrste und unfrucht-

110 Abb. 3: o b e n: Dornbusch-Steppe mit Schirmakazien bei Amboseli; u n t e n; Dornbusch-Steppe mit Euphorbia candelabrum und Dracaena spec. (Ketong-Escarpment).

111 Abb. 4: Sansevieria ehrenbergii Abb. 5: Immergrüne Dornbusch-Steppe bei Voi (Dornbusch bei Voi). mit Euphorbia grandicornis und Aloë ballyi.

Abb. 6: Grasreiche Obstgartensavanne; Tsavo-Game-Park.

112 barste Gebiet, welches man sich denken gestaltiger sind allein die Gattungen Caral- kann, aber gerade darum von einer Vege- luma und Echidnopsis. Hingegen fehlt in tation bedeckt, wie sie mir in ähnlicher Südafrika die Gattung Edithcolea, die in Ausbildung nur in den trockensten Wüsten- Kenia mit E. grandis (Abb. 8 oben) weit ver- strichen Ägyptens begegnet ist» (Volkens, breitet und mit E. sordida auch von Soko- 1897, S. 17). Vorherrschend in diesen Suk- tra und Tanganjika her bekannt ist. kulentensteppen, wie wir sie in typischer Die Familie der Euphorbiaceen wird re- Ausbildung am Salzsee bei Magadi ange- präsentiert durch die Gattung Euphorbia troffen haben, sind die großen ostafrikani- selbst mit einer jedoch wesentlich gerin- schen Carallumen, wie C. speciosa, C. re- geren Artenzahl als in Südafrika, wäh- , die hier in weiten Abständen trospiciens rend die in Ostafrika zum Teil weit ver- quadratmetergroße Bestände bilden (Abb. 8 breiteten Euphorbiaceen-Gattungen Mo- unten). Verglichen aber mit den ausgedehn- nadenium, Synadenium und Stenadenium ten, riesige Flächen einnehmenden Sukku- wiederum den südafrikanischen Raum lentensteppen Südafrikas, sind diese in Ost- nicht erreichen. Relativ artenarm sind auch afrika immer nur auf kleinere Bezirke be- die Blattsukkulenten aus den Gattungen schränkt, wie überhaupt die Sukkulenten- Cotyledon, Crassula, Kalanchoë, Sedum vegetation Ostafrikas gegenüber jener Süd- und Aloë. afrikas als verarmt bezeichnet werden muß. So ist die in Südafrika weitverbreitete gat- Trotz der zu Südafrika bestehenden Be- tungs- und artenreiche Familie der Aizoa- ziehungen trägt die Sukkulentenvegetation ceae (= Ficoidaceae) vertreten durch die Ostafrikas ihre eigene Note, und die Zahl einzige Art Drosanthemum nakurense der Sukkulenten ist immerhin noch so groß, Herre, die artenreiche Gattung Stapelia daß der hier zur Verfügung stehende Raum durch die einzige Art St. semota, Duvalia keineswegs ausreicht, sie alle in Wort und und Huernia durch nur je zwei Arten. Viel- Bild vorzustellen. Es kann deshalb im fol-

Abb. 7: Schalengneishügel bei Ngomeni mit immergrüner Dornbusch-Steppe, gebildet von Euphorbia quinquecostata.

113 Abb. 8: oben: Editcolea grandis im Dornbusch zwischen Voi und Mombasa; unten: Caralluma retrospiciens in der Sukkulentensteppe am Lake Magadi.

114 genden nur auf einige morphologisch inter- und Blüten während der Trockenperiode essante und wenig bekannte Typen anhand ermöglicht. von Standortsaufnahmen hingewiesen wer- A. digitata ist ein Charakterbaum der den. grasreichen, lichten, laubwerfenden Baum- Spezieller Teil und Strauchsteppen (Baumgrassteppen n. Die größten und mächtigsten Sukkulen- Engler), und seine Verbreitung erstreckt ten Ostafrikas sind ohne Zweifel die Affen- sich von der sudanesischen Provinz durch ganz Ostafrika hindurch — hier bis zu brotbäume, auch Baobabs (Adansonia digi- einer Meereshöhe von rund 1200 m aufstei- tata L.) genannt, die durch ihre gewal- gend — bis zum nördlichen Transvaal (Lim- tigen Ausmaße immer wieder den Reisen- popo). den aufs neue faszinieren. Einem kurzen, oft nur 2,5 m hohen, aber nicht selten 3 bis Das gehäufte Vorkommen des Affenbrot- 4 m dicken, glatt-graurindigen, säulenför- baumes, vor allem in der Nähe von Ort- migen Stamm sitzt eine reich verzweigte, schaften, rührt von seinem vielfachen Nut- rundliche Krone auf, deren Äste oft bis zen her: Der Bast der Rinde dient zur Her- zum Boden herabreichen. Obwohl es sich stellung von Säcken und Stricken; die Blät- um baumförmige Gewächse handelt, kön- ter werden vielerorts als Heilmittel benutzt; nen wir die Affenbrotbäume bedenkenlos die fett- und schleimhaltigen Samen wer- der Gruppe der Sukkulenten zuordnen, den gegessen, und die kugeligen Frucht- denn der aus weichem Holzparenchym be- schalen liefern den Eingeborenen Wasser- stehende Stamm stellt ein gewaltiges Was- kalebassen. serreservoir dar, das sich zur Regenzeit an- Nur selten findet man Jungpflanzen, da füllt und so die Entwicklung der Blätter die Sämlinge sofort zugrundegehen, wenn

Abb. 9: Pyrenacantha malvifolia, zirka 60 cm großes Exemplar im Trockenwald an der Grenze Tanganjika und Kenia.

115 Abb. 10: Adenia globosa; jüngere Pflanze mit zirka 50 cm großer Knolle (Maktau). sie von Kräutern, Gräsern oder vom Baum sten Arten sind unscheinbare Lianen, wie selbst beschattet werden, denn der Baobab P. scandens Haw. aus Südafrika, P. undu- ist eine lichtliebende Pflanze, die nur im lata Engler aus Togo, P. acuminata Engler offenen Gelände zur Entwicklung kommt. aus Liberia und Südkamerun. Abweichend Am häufigsten beobachtet man Jungpflan- aber verhält sich P. malvifolia, eine Begleit- zen auf nicht kultivierten Plätzen in der pflanze der offenen Dornbusch-Steppe und Nähe menschlicher Siedlungen. Obstgartensavanne. Sie wurde von uns in Nicht minder eindrucksvoll, wenn auch zahlreichen Exemplaren im Grenzgebiet weitaus geringere Ausmaße erreichend, zwischen Tanganjika und Kenia angetrof- sind die «Klotz- oder Felspflanzen», ein fen, wo sie in Gesellschaft anderer Sukku- Ausdruck, der auf ihre merkwürdige lenten, wie Euphorbia candelabrum, E. he- Wuchsform Bezug nimmt. Ihre Stamm- terochroma, E. grandicornis, Dorstenia hil- basen bilden sich nämlich zu mächtigen, debrandtii, Vanilla roscheri u. a. erscheint. halb aus der Erde ragenden Knollen um, Nicht selten ist die Pflanze auch im Tsavo- die hinsichtlich Form und Farbe, von der Game-Park am Fuße des Kilimandscharo. Ferne gesehen, abgerundeten Felsblöcken Pyrenacantha malvifolia besitzt im Alter nicht unähnlich sind (Abb. 9). eine unförmige, bis 1,50 m dicke und bis Am ausgeprägtesten wird dieser Wuchs- 1 m hohe, abgeplattete, tief im Lateritboden typ von der Icacinaceae Pyrenacantha mal- steckende, von einer hellgrauen Rinde be- vifolia Engler vertreten. Die Gattung ist in deckte, wasserspeichernde Knolle (Abb. 9). hrer Verbreitung auf Afrika beschränkt, An ihrem Scheitel entwickeln sich einige und ihre Vertreter gehören sowohl dem tro- dünne, windende Sprosse, die in das Ge- pischen Regenwald als auch den offenen, äst der umgebenden Bäume und Sträucher grasreichen Dornbusch-Steppen an. Die mei- emporsteigen. An ihnen entfalten sich zur

116 Abb. 11: Adenia globosa; links: junge Pflanze in der Kultur; rechts: Zweig mit Früchten.

Für Somaliland gibt Engler auf sandi- gen, trockenen Plätzen im Ued Ruspoli noch eine weitere Art, P. ruspoli Engl., vom gleichen Wuchs an; sie dürfte aber wohl mit P. malvifolia identisch sein. Die auf sandigem Lateritboden bei Witu, um Kibwezi, in den Savannen bei Usa- ramo, in den Ebenen von Moschi am Kili- mandscharo und auf den Parebergen in Tanganjika wachsende P. vitifolia Engl, Regenzeit schwach gelappte, malvenähn- soll nach Engler keine oberirdische liche Blätter, deren Ränder Hydathoden Knolle, sondern ein dickes, unterirdisches (Wasserspalten) tragen. Die eingeschlecht- Rhizom besitzen, dem lange windende lichen Blüten sind klein und unscheinbar. Stengel mit tief 5-lappigen, unterseits be- haarten Blättern entspringen. Obwohl P. malvifolia oft in einer großen Zahl von Individuen auftritt (so im Tsavo- Dem gleichen Wuchstypus, jedoch viel Game-Park), konnten wir nur wenige Jung- bizarrer in ihrem Aussehen — Volkens pflanzen sammeln. Es wird deshalb vermu- spricht direkt von einer «pflanzlichen tet, daß sich die Knollen zunächst hypo- Karrikatur» —, gehört auch Adenia glo- gäisch entwickeln und erst nach Erreichen bosa Engl. an. Daß dieses Gewächs mit einer gewissen Größe über den Erdboden den aus Amerika stammenden, ihrer herr- treten. Die kleinsten von uns gesammel- lichen Blüten wegen als Zierpflanzen kul- ten Knollen hatten immerhin schon einen tivierten Passionsblumen verwandtschaft- Durchmesser von 15 bis 20 cm. liche Beziehungen aufweisen soll, erscheint

117 zunächst völlig absurd. Die Pflanze hat auf Hat man sich aber mit dem Haumesser den ersten Blick nichts gemeinsam mit den durch das Gewirr von Zweigen hindurch- allgemein bekannten Passifloraceen; sie be- gearbeitet, so stellt man mit Erstaunen fest, sitzt weder Blätter noch Ranken, dafür daß diese alle dem apikalen Abschnitt einer starrt sie aber von Dornen (Abb. 10, 11). mächtigen, bis 2 m großen, weit aus dem Erst die Analyse der kleinen, grünen Blü- Boden herausragenden Knolle entspringen. ten deutet auf genetische Beziehungen zu In der Jugend ist diese regelmäßig kugelig dieser Familie hin. (Abb. 10), im Alter aber häufig deformiert; ihre grüne Rinde ist mit kurzen Warzen be- bildet ein dichtes, un- Adenia globosa setzt. durchdringliches, bis 4 m Durchmesser gro- ßes Gewirr und Geflecht bogig herabhän- Wie die Entwicklungsgeschichte lehrt, gender oder aufsteigender und im Gebüsch geht die Knolle nicht allein aus der Keim- klimmender graugrünrindiger Äste. Nicht achse hervor, sondern auch die Basis des selten erreichen diese eine Länge bis zu Primärsprosses wird in die Verdickung ein- 4 m und sind dicht mit bleistiftdicken, 2 bis bezogen. Auf Jugendstadien bietet sich die 5 cm langen, in eine scharfe Spitze auslau- Sproßbasis in schlank-zylindrischer Form fenden Dornen besetzt (Abb. 10, Abb. 11 (Abb. 11 links), später aber durch Ausbil- rechts). «Wehe dem Unglücklichen», schreibt dung eines mächtigen Wassergewebes in G. Volkens sehr drastisch, «der, vom Pfer- kugeliger Gestalt dar (Abb. 10). Bereits vor de oder Esel geschleudert, in dieses Gewirr Aufnahme des Dickenwachstums stirbt die von allseitig starrenden Marterwerkzeugen Spitze des Primärschosses ab, und die Fort- fallen sollte; er würde sicherlich nicht ohne führung des Sproßsystems wird von Seiten- die schwersten Wunden davonkommen.» sprossen übernommen (Abb. 11 links), die (1897, S. 18.) langtriebartig und bogig auswachsen. Zur

Abb. 12: Adenia äff. globosa im Trockenbusch der Lake Magadi Road; die Länge des Haumessers beträgt 70 cm.

118 Regenzeit tragen diese kurzlebige, kleine, fleischige, schildförmig 3-lappige Blätter. In deren Achseln entwickeln sich schon sehr früh die Dornen (Abb. 11 rechts), die wohl den Ranken anderer Passifloraceen gleich- wertig sind. Nach Bally (1941) ist der Wassergehalt der Knollen so groß, daß diese den Einge- borenen in niederschlagsarmen Jahren als Wasserspender dienen. Die Knollen werden zu diesem Zwecke angebohrt und etwas ausgehöhlt; dadurch sammelt sich im Innern das aus dem Parenchymgewebe austreten- de Wasser an, das sich monatelang frisch hält. Damit es von den Tieren nicht getrun- ken wird, verstopft man die Öffnung mit einem Holzpflock (s. Abb. 11 bei Bally, 1941). Adenia globosa wurde von Hildebrandt zwischen Durama und Taita entdeckt; sie ist aber ein ebenso häufiger Begleiter der Dornbuschsteppen zwischen Voi und Ta- veta. Auf unserer Fahrt von Nairobi zum Lake Magadi fanden wir eine im Wuchs von der typischen A. globosa abweichende Pflanze, Abb. 13: Adenia keramanthus, fruchtende Pflanze (Dornbusch bei Taveta). von der mangels Blüten nicht festgestellt werden konnte, ob es sich lediglich um eine Varietät des Typus oder um eine neue Art bosa abweichen. Von diesen seien die fol- handelt. Jedenfalls bestehen sowohl hin- genden genannt: sichtlich des Wuchses als auch der Organ- bildung erhebliche Unterschiede, auf die Adenia veneata Forsk., eine den Trok- im folgenden kurz hingewiesen sei: Der kengebieten von Abessinien bis Ostafrika einen Durchmesser bis zu 1,50 m erreichen- angehörige Art, steht hinsichtlich ihres de knollenförmige Stamm ist weniger regel- Wuchses der madagassischen A. firingala- mäßig gestaltet und besitzt keine warzige, vensis sehr nahe. Sie besitzt einen säulen- sondern eine glatte, grüne Rinde; die mit förmigen, fleischigen, grünrindigen, 1 bis breiter, sockelförmiger Basis der gesamten 1,5 m hohen Stamm, der sich spitzenwärts Knollenoberfläche aufsitzenden, reich ver- peitschenartig verjüngt und lianenartig im zweigten, bis zu 1,50 m hohen, rutenförmi- Geäst der umstehenden Bäume emporsteigt. gen Langtriebe sind straff aufrecht (Abbil- Im Gegensatz zu A. globosa trägt A. veneata dung 12) und schließen in ihrer Gesamt- Ranken, die sich in den Achseln der 5-lap- pigen Blätter entwickeln. heit mit ihren Spitzen zu einer halbkuge- ligen, fast polsterförmigen Oberfläche zu- Rankenlos hingegen ist A. keramanthus sammen (Abb. 12). Schließlich sind die Dor- Harms, eine Begleitpflanze der offenen nen wesentlich dünner und kürzer und ste- Dornbuschsteppen und der Obstgarten- hen nicht waagrecht von den Langtrieben savannen von Kenia und Tanganjika. Sie ab, sondern sind schräg aufwärts gerich- entwickelt aufrechte, 50 bis 80 cm hohe, tet. fleischige, grünrindige, behaarte Stämm- Die Gattung Adenia, deren Verbreitung chen, die einen Schopf langgestielter Blät- sich von Somaliland bis nach Südwest- ter mit herzförmigen, stark behaarten Afrika und Madagaskar erstreckt, ist in Spreiten tragen (Abb. 13). Einen recht de- Ostafrika noch mit weiteren Arten vertre- korativen Anblick bieten die weiblichen ten, die in ihrem Habitus stark von A. glo- Pflanzen zur Zeit der Fruchtreife, wenn

119 sie mit den leuchtend korallenroten, fast hühnereigroßen Früchten geschmückt sind (Abb. 13). Der gleichen Sektion gehört auch die weniger sukkulente, jedoch mit einer lan- gen, rübenförmigen, fleischigen Wurzel versehene, sehr giftige A. volkensii Harms an, die sich von der vorigen durch den Be- sitz fiederschnittiger Blätter unterscheidet. Ihre Standorte sind die lichten Trocken- wälder, vor allem am Fuße des Kilimand- scharo. Dem Wuchstypus der Klotzpflanzen im weitesten Sinne können auch einige Kür- bisgewächse (Cucurbitaceae) zugeordnet werden. Die Vertreter dieser Familie, dem Laien zumeist nur als krautige oder schwachhol- zige, mit Ranken klimmende Schlingpflan- zen bekannt, sind hinsichtlich ihrer Wuchs- formen recht vielgestaltig, so daß es nicht wundernimmt, wenn diese Familie auch sukkulente Vertreter hervorbringt. Die we- nigsten von ihnen werden allerdings in der Kultur angetroffen. Die größten Ausmaße erreicht der auf der Insel Sokotra beheimatete Dendrosi- cyos socotrana Balf. f. Mit seinen säulen- Abb. 14: Gerrardanthus macrorhizus, ältere förmigen, fleischigen, bis 6 m hohen und Pflanze mit 30 cm im Durchmesser großer Knolle 1 m dicken Stämmen, denen eine spärlich (Sammlung: Botanischer Garten Heidelberg). verzweigte Krone aufsitzt, erinnert diese Art gewissermaßen an eine «verkleinerte Ausgabe» des madagassischen Affenbrot- zu einer bis 60 cm im Durchmesser dicken, baumes Adansonia grandidieri. fleischigen, regelmäßig kugeligen bis vasen- förmigen, graurindigen Knolle umbildet Nicht minder interessant ist der im (Abb. 14). An deren apikalem Ende ent- Küstengebiet Südwest-Afrikas verbreitete, springen mehrere dünne, verlängerte und aber sehr schwierig zu kultivierende Acan- schwach verholzende Triebe, die zur Re- thosicyos horrido, Welw., der hinsichtlich genzeit mit dekorativen, 3- bis 7-lappigen, seiner Wuchsform der Adenia globosa oberseits silbergrauen Blättern besetzt sind, gleicht. Doch tragen die Sprosse in der in deren Achseln einfache Fadenranken ent- Achsel eines jeden Blattes die Dornen in stehen. Die getrenntgeschlechtlichen Blü- paariger Anordnung. ten sind klein und unscheinbar; die 3kanti- Auch in Ostafrika sind die Cucurbitaceen gen Früchte öffnen sich am Scheitel, um mit einigen Sukkulenten aus verschiedenen die wenigen geflugelten Samen zu entlas- Gattungen vertreten. sen. Hier ist vor allem Gerrardanthus macror- Von ähnlichem Wuchs ist auch Momor- hizus Haw., eine Pflanze des Dornbusches, dica rostrata A. Zimm., eine in Kenia nicht zu nennen. Sie wächst aber auch auf Schal- seltene Pflanze. Man trifft sie überall, halb engneisen (zwischen Ikutha und Kitui) im verborgen im Unterwuchs von Trockenwäl- Unterwuchs von Gebüsch. Gleich Pyrena- dern, wo sie mit ihren rankentragenden cantha malvifolia ist G. macrorhizus eigent- Sprossen hoch in das Geäst der Bäume em- lich eine Liane, deren Sproßbasis sich aber porsteigt. In Übereinstimmung mit Gerrar-

120 danthus bildet sich deren Sproßbasis, ein- ist. Die stattlichste, Adenium socotranum schließlich der Keimachse, zu einer bis Vierh., stammt wiederum von der an merk- 25 cm langen und an der Basis ebenso dik- wüdigen Pflanzengestalten reichen Insel ken, mit tiefen Längsfurchen versehenen Sokotra. A. socotranum besitzt dicke, flei- Knolle um. Diese verjüngt sich spitzen- schige und spärlich verzweigte Stämme von wärts und geht allmählich in die dünneren, 3 bis 4 m Höhe bei einem Durchmesser bis lianenartigen Triebe über. Die gleichfalls zu 2 m. getrenntgeschlechtlichen Blüten sind grö- Geringere Ausmaße und demzufolge den ßer als die von Gerrardanthus, von lebhaft gelber Farbe und dunkelbraunem Schlund. Sukkulentenliebhaber mehr ansprechend, erreichen die aus Ostafrika bekannten Ar- Gerrardanthus und Momordica lassen ten A. somalense Balf. und A. obesum Balf. sich in warmen Sukkulentenhäusern rela- (syn.: A. coëtanum Stapf). Die Unter- tiv leicht kultivieren. Ihre Vermehrung er- schiede zwischen beiden sind allerdings so folgt ausschließlich aus Samen; zum erfolg- gering, daß es späteren Untersuchungen reichen Fruchtansatz benötigt man aber vorbehalten bleiben muß, die Frage zu klä- beide Geschlechter. ren, ob es sich nicht nur um Varietäten ein Stammsukkulente Arten sind ferner aus und derselben Art handelt. Die in der Lite- den Gattungen Melothria, Kedostris und ratur angegebenen Unterschiede basieren Corallocarpus bekannt; doch sind deren vor allem auf der Form und Behaarung der Sproßbasen weniger auffällig verdickt als Blätter: Bei A. obesum ist die Spreite rund- bei den oben aufgeführten Cucurbitaceen. lich bis länglich-oval, an der Spitze abge- rundet, jedoch in eine kurze Stachelspitze Bemerkenswerte und zur Blütezeit präch- auslaufend, in der Jugend behaart, im Alter tige Stammsukkulenten liefert die Apocy- verkahlend; bei A. somalense sind die Blatt- naceen-Gattung Adenium, die mit rund spreiten viel länger, länglich-linealisch, zu- zwölf sich sehr nahestehenden Arten von gespitzt und stets kahl. Beiden Arten aber Arabien bis Südwest-Afrika verbreitet ist gemeinsam der Besitz einer ± großen, wasserspeichernden Knolle, an deren Bil- dung sich sowohl Primärwurzel, Keimachse als auch Sproßbasis beteiligen. In der Ju- gend bietet sich die Knolle, speziell bei A. obesum, in regelmäßig kugeliger Form (Abb. 15) dar — wie bei vielen madagassi- schen Pachypodien —, im Alter aber nimmt sie oft unregelmäßige Formen an und kann bei A. somalense einen Durchmesser von 1 m und mehr erreichen. Dem apikalen Knollen-Abschnitt entspringen mehrere dünnere, infolge terminaler Infloreszenz- stellung sympodial verzweigte, bis 2 m lange (A. somalense) Äste. Die in gedrängten Dichasien angeord- neten Blüten erscheinen zur Zeit der Be- laubung und an alten Pflanzen in so großer Zahl, daß diese davon über und über be- deckt sind und sich schon aus weiter Ferne als flammendrote Farbkleckse aus dem ein- tönigen Graubraun des ansonst unbelaub- ten Trockenwaldes herausheben. Nicht zu Unrecht wird Adenium in Kenia auf Grund seiner prächtigen Blüten als «desert-rose» bezeichnet. Diese besitzen eine weit-trich- Abb. 15: Adenium obesum. Die Knolle der terförmige Korolle und lebhaft karminrote, Pflanze ist zirka 20 cm im Durchmesser. gegen den behaarten Schlund verblassende

121 Es ist jedoch kaum bekannt, daß dieser Gattung auch Sukkulenten angehören, die in ihrer Verbreitung auf niederschlagsarme Gebiete lokalisiert sind. Die größte Art, Dorstenia gigas Schweinf., ist wiederum ein Endemismus der Insel So- kotra, wo sie auf offenen, felsigen Abhän- gen gedeiht. Im Wuchs einem Pachypodium vom Typus P. rosulatum nicht unähnlich, bildet die Pflanze einen tonnenförmigen. sich basalwärts verjüngenden Stamm von etwa 1 m Länge und 50 cm Dicke, dem eine kleine Krone gabelig verzweigter Äste auf- sitzt, die an ihren Spitzen Rosetten lanzett- licher, hinfälliger Blätter tragen (Abb. 16). Wesentlich kleinere Ausmaße erreicht die in Somaliland beheimatete Dorstenia crispa Engl., die in Kenia mit der var. lancifolia Engl. vertreten ist. Sie ist zwar

Abb. 16: Dorstenia socotrana (nach einer Zeich- nung von Schweinfurth aus A. Engler).

Kronzipfel. Die der Röhre angewachsenen Staubblätter haben kurze Filamente; die Staubbeutel lange, haarige, aus der Röhre herausragende Anhängsel. Die Samen tra- gen im Gegensatz zu denen von Pachy- podium nicht nur an ihrer Spitze, sondern auch an der Basis ein langes Haarbüschel. Das Verbreitungsgebiet von Adenium somalense erstreckt sich von Somaliland durch Kenia hindurch bis Nordtanganjika, das von Adenium obesum von Uganda bis Kenia. Größere Bestände wurden von uns im Tsavo-Game-Park bei Mzima Springs festgestellt, wo Adenium obesum in Spal- ten von Felsköpfen und Gneisplateaus wächst. Zu den bemerkenswerten Stammsukku- lenten Ostafrikas gehören weiterhin einige Dorstenien aus der Familie der Moraceen. Die meisten Arten dieser Gattung sind krautige oder halbstrauchige Pflanzen der feuchteren Gebiete. Infolge ihrer bizarren, ± scheibenförmigen, mit sterilen Anhäng- seln (Brakteen) versehenen Blütenstände haben viele von ihnen Eingang in die Sammlungen Botanischer Gärten gefunden, Abb. 17: Dorstenia crispa var. lancifolia, 25 cm wo sie in Tropenhäusern kultiviert werden. große Pflanze (Dornbusch bei Voi).

122 auch hier selten; wo sie aber wächst, so im hildebrandtii Engl. an. Einer kleinen, flei- Trockenbusch der näheren Umgebung von schig-saftigen oberirdischen Knolle ent- Voi, erscheint sie stets in größeren Trupps. springen mehrere, ihrerseits spärlich ver- D. crispa var. lancifolia besitzt im Alter ein zweigte, bis 30 cm lange und am Grund schlankes, seltener leicht tonnenförmiges, bis 2 cm dicke fleischige Stämmchen, die bis 25 cm langes und bis 4 cm dickes, zu- im Gegensatz zu den oben aufgeführten meist unverzweigtes Stämmchen, das dicht Arten meist von der Basis bis zur Spitze von den spiralig angeordneten Polstern der belaubt sind (Abb. 19, I). Die leicht sukku- hinfälligen Laubblätter bedeckt ist (Abbil- lenten, sitzenden, bräunlich-grünen Blätter dung 17). Diese treiben jeweils zu Beginn der Regenzeit aus und stehen rosettig in der Scheitelregion des Stämmchens beisammen. Ihre kurzgestielte, bis 15 cm lange, läng- lich-lanzettliche Spreite ist oberseits silber- grau gefleckt, am Rande kraus gewellt, seicht gebuchtet oder kurz gezähnt. Die in den Achseln der Blätter sich entwickeln- den langgestielten Infloreszenzen besitzen ein scheibenförmiges, ± kreisrundes, 2 bis 4 cm im Durchmesser großes Receptacu- lum, das von 5 bis 7, schmal-lanzettlichen, 1 bis 2 cm langen behaarten Anhängseln überragt wird. Diese im belaubten Zustand sehr deko- rative Sukkulente wäre eine wertvolle Be- reicherung der Sammlungen, wenn sie nicht so hohe Anforderungen an die Kultur stel- len würde. Dorstenia crispa verlangt nicht nur einen sonnigen Standort mit viel Bodenwärme, sondern auch hohe Luft- feuchtigkeit. Obwohl unsere Pflanzen bei Fremdbestäubung einen reichen Frucht- ansatz zeigen, ist es uns noch nicht ge- lungen, die Samen zur Keimung zu brin- gen, ganz im Gegensatz zu der viel kleine- ren und unscheinbareren Dorstenia barni- miana Schweinf. Bei dieser sind die Sproß- achsen so stark verkürzt, daß sie als ein- fache oder wenig verzweigte, bis 4 cm im Durchmesser große oberirdische Knollen in Erscheinung treten (Abb. 18). Die bis 8 cm langgestielten Infloreszenzen entwik- keln sich vor der Belaubung. Ihr unterseits kahles, schokoladenfarbiges Receptaculum ist von länglicher Gestalt und wird von 2 bis 7 ungleich langen Brakteen überragt. Die zu wenigen in terminaler Rosette er- scheinenden Laubblätter sind kurz gestielt und besitzen eine herzförmige, am Rande buchtig gekerbte, kahle Spreite (Abb. 18). Einem anderen Wuchstyp gehört die in den Trockenwäldern des Küstengebietes zwischen Tanga und Mombasa sowie in der Abb. 18: Dorstenia barnimiana (Sammlung Bota- Umgebung von Voi wachsende Dorstenia nischer Garten Heidelberg).

123 haben eine länglich-ovale, 4 bis 6 cm lange, gegen den Grund verschmälerte, am Rande buchtig gekerbte Spreite. Das Receptacu- lum der achselständigen, fast über die ge- samte Sproßachse verteilten, kurz gestiel- ten Infloreszenzen ist von rundlicher Ge- stalt, dunkel-purpurfarbig und wird von 5 bis 7 linealischen, gleichfalls purpurfar- bigen Brakteen überragt (Abb. 19, II)2. D. hildebrandtii wächst meist im tiefen Schatten von Gebüsch. Knolle und Sprosse schrumpfen während der Trockenzeit stark ein, füllen sich aber mit einsetzendem Re- gen rasch wieder auf. In der Kultur ver- langt die Pflanze viel Feuchtigkeit. Aus Ost- und Zentralafrika sind noch weitere knollenbildende sukkulente Dors- tenien bekannt, von denen sich aber kaum eine in Kultur befindet. Zu nennen sind: D. benguellensis Welw. (Angola, Rhodesien, Tanganjika), D. braunii Engl. (Tanganji- ka), D. caudata Engl. (Tanganjika), D. de- beerstii De Wild. (Kongo, Rhodesien. Tan- ganjika), D. foetida Schweinf. (Abessinien), D. homblei De Wild. (Kongo), D. katangen- sis De Wild (Katanga), D. mirabilis R. E. Fr. (Rhodesien), D. rhodesiana R. E. Fr. (Rhodesien), D. ruahensis Engl. Tanganji- ka), D. sessilis R. E. Fr. (Rhodesien). D. zan- zibarica Oliv. (Zanzibar, Tanganjika). Von den zahlreichen Blattsukkulenten I aus den Gattungen Aloë, Sansevieria, Coty- Abb. 19: Dorstenia hüdebrandtii. I: Habitus ledon, Crassula, Kalanchoë, Aeolanthus (Größe 30 cm); II: am natürlichen Standort und Sedum sei in diesem Zusammenhang (Tanga) zur Trockenzeit gesammelte Pflanzen. allein auf die kaum bekannte Sansevieria singularis N. E. Br. hingewiesen. Die Gat- Nähe von Voi am Fuße des Taita-Gebirges tung, von der auch heute immer noch rela- aufgesucht wurde. Sie wächst hier auf har- tiv wenige Arten als Zierpflanzen kulti- tem Lateritboden in Gesellschaft von Mona- viert werden, ist in Ostafrika mit einer denium guentheri (Typstandort), Adenia größeren Anzahl von Arten, von zum Teil globosa, A. keramanthus, Cissus quadran- recht auffälligem Wuchs vertreten: Sanse- gularis, C. rotundifolius, Aloë lateritia u. a. vieria arborescens Cornu, S. caulescens und bildet quadratmetergroße, undurch- N. E. Br., S. conspicua N. E. Br., S. ehren- dringliche Bestände, deren starr aufrechte bergii Schweinf. (Abb. 4), S. gracilis N. E. Br., Blätter gleich Dolchen aus der Erde ragen S. intermedia N. E. Br., S. parva N. E. Br., (Abb. 20, I). In Übereinstimmung mit vielen S. powellii N. E. Br., S. robusta N. E. Br., anderen Arten ist auch S. singularis eine S. suffruticosa N. E. Br. u. a. Zu den bemer- Rhizompflanze mit dicken, unterirdisch kenswertesten gehört aber S. singularis, die kriechenden, sympodial verzweigten Rhi- von uns am Typstandort bei Maktau in der zomen. Deren Endknospen treten alljähr- lich mit einem einzigen, zirka 1 m langen, 2 Bei der im «Handbook of succulent » von an der Basis bis 4 cm dicken, in eine harte H. J a c o b s e n in Band 1, Abb. 367, wiedergegebenen Pflanze handelt es sich wohl um Dorstenia hildebrandtii Stachelspitze auslaufenden, graubräunlich- und nicht um die gleichfalls leicht sukkulente Dorste- grünen und mit Längsrillen versehenen nia braunii, da diese länglich elliptische Infloreszenzen besitzt. Laubblatt über die Erde. S. singularis ge-

124 hört demzufolge der Gruppe der «mono- zoms 5 bis 10 cm lang, spitzenwärts ein phyllen» Arten an, die weiterhin durch kräftiges Erstarkungswachstum aufweisend S. stuckyi Godefr. Leb. (Angola), S. sulcata und im Blütenbereich einen Durchmesser Boyer ex Baker (Ostküste von Südafrika, bis zu 5 cm erreichend, sich gegen das In- Comoren) und S. canaliculata Carr. (Heimat floreszenz-Ende wieder rasch verjüngend; unbekannt, heute verbreitet in Somaliland Internodien des blütenfreien, basalen Ach- und Nordmadagaskar) vertreten ist. senabschnittes zirka 1 cm lang, an den Kno- Während bei allen übrigen rhizombilden- ten mit breit-dreieckigen, zugespitzten Nie- den, acaulen Sansevierien die traubig- derblättern besetzt; Internodien im flora- rispigen Infloreszenzen weit über den Bo- len Bereich so stark verkürzt, daß die Blü- den treten und deren Achsen sich mehr ten dicht gedrängt und kopfig beisammen- oder weniger stark verlängern, bleiben stehen (Abb. 20, III); diese zu mehreren an diese bei S. singularis so stark gestaucht mehr oder weniger langen, bis 4 mm dicken (Abb. 20, III), daß die Blüten nicht nur Seitenästen erster Ordnung; Blütenstiele kopfig beisammenstehen (Abb. 20, III), son- an diesen herablaufend und teilweise mit dern lediglich ihre Perigonröhren über die ihnen verwachsen; Tragblätter der Einzel- Erdoberflächen ragen (Abb. 20, II), ein von blüten häufig, 3 bis 5 mm lang, zirka 3 mm den übrigen Arten völlig abweichendes breit, bespitzt; Perigonröhre je nach Stel- Verhalten. Da in der Literatur keine An- lung der Blüten in der Gesamtinfloreszenz gaben über Infloreszenz und Blütenbau 2 bis 5 cm lang, weißlich, zuweilen violett vorliegen3, sei hierauf im folgenden kurz überlaufen; Perigonzipfel 0,5 bis 1 cm lang. eingegangen: Infloreszenzachse an der Ba- 2 mm breit, an der Spitze kapuzenförmig sis von 3 bis 4 großen, häutigen, bräunlich- zusammengezogen, kurz papillös, weiß, un- weißen Niederblättern umscheidet (Abbil- terseits mit violetten Mittelnerven; Staub- dung 20, III), je nach Tiefenlage des Rhi- blätter unmittelbar unterhalb der freien Perigonzipfel der Röhre angeheftet, mit 0,5 cm langen, etwas abgeflachten, weißen 3 In der Monographie von N. E. Brown: «Sanse- Miscel- viera, a monograph of all the known species», Royal Filamenten und gelben Antheren; Griffel laneus -> Botanical Garden Kew. Bull. of Miscellanous Infor- bis 6 cm lang, weit aus der Perigonröhre Miscel- mation, 1915, heißt es noch auf S. 222 «flowers un- lanous known». herausragend, mit stumpf-dreikantiger,

II

125 I

III Abb. 20: Sansevieria singularis bei Maktau (I); II: blühend; III: blühender Trieb.

röhriger Narbe; Fruchtknoten klein, zirka 5 mm lang, nur wenig vom Griffel abge- setzt; Früchte unbekannt. Die Aufblühfolge der kopfigen Inflores- zenzen erfolgt von außen nach innen, d. h. von der Basis zur Spitze (akropetal). Nach der Blüte setzt eine starke Verlängerung der Blütenstiele ein, wodurch die Frucht- knoten über den Erdboden gebracht wer- den. Eine postflorale Verlängerung der In- floreszenzachse erfolgt nicht. Fruchtansatz wurde bei keiner Pflanze beobachtet. S. singularis steht der S. stuckyi zweifels- ohne sehr nahe. Da aber auch von dieser keine Angaben über Infloreszenz- und Blü- II tenbau vorliegen, können keine Angaben

126 über den Grad der verwandtschaftlichen Engler A. Die Pflanzenwelt Afrikas, insbeson- Verhältnisse beider Arten gemacht werden. dere seiner tropischen Gebiete. 1. Bd., Teil I. In «Die Vegetation der Erde», herausg. von Auf unseren Reisen durch Kenia konnten A. Engler und O. Drude, Leipzig, 1910. wir noch einige bisher unbekannte Sanse- Jacobsen H. A handbook of succulents plants. vierien sammeln. Infolge ihrer Kleinheit 3 Bände, London, 1960. und ihres zum Teil polsterförmigen Wuch- Thiselton W. T. und Dyer K. C. Flora of tropical ses dürften gerade diese das Interesse des Africa, 8 Bände, London, 1868—1917. Liebhabers erwecken. Über sie wird zu ge- Volkens G. Der Kilimandscharo, Berlin, 1897. gebener Zeit an anderer Stelle berichtet werden. Anschrift des Verfassers: Benutzte Literatur Prof. Dr. W. Rauh, Bally P. R. O. East african succulents, Teil I—V. Institut für System. Botanik Journal of the East Africa and Uganda Natural der Universität Heidelberg History Society, Bd. XV—XVII, 1940—1943.

Bemerkungen zu einigen sukkulenten Euphorbien

Von J. A. Janse

Eine recht seltene Pflanze ist Euphorbia phillipsiae N. E. Br. (in Gard. Chr. [1903], 33, 370) aus Britisch Somaliland, die 1898 nach dem Botanischen Garten von Cam- bridge gesandt wurde. Es ist eine Art der Untergattung Diacanthium, welche durch den Besitz von gepaarten Stipulardornen gekennzeichnet ist. Ob diese Art sich heute überhaupt noch in Kultur befindet, vermag ich nicht zu sagen. Vor vielen Jahren besaß ich aber eine Pflanze dieser Art, und ich bringe davon eine Abbildung, die deshalb wertvoll ist, weil sie bisher fast nirgends abgebildet worden ist. Am nächsten ver- wandt ist E. phillipsiae mit E. fruticosa Forsk., die aus dem gegenüberliegenden Arabien stammt und ebenfalls zu den sel- teneren Arten gehört. Diese Art wächst kräftiger und hat schlankere, leicht gebo- gene Dornenpaare.

Die Originalbeschreibung Brown’s von E. phillipsiae lautet wie folgt: «Eine blatt- lose, bestachelte Sukkulente, ungefähr Euphorbia phillipsiae N. E. Br. Bild: Janse 15 cm hoch. Stamm und Äste (ohne die Dornen) 2—3 cm dick, 9-kantig, glatt, frisch In den Sukkulentensammlungen trifft man tiefgrün, nicht blaugrün. Kanten mit wenig die sukkulenten Euphorbien nur in einem hervorragenden Höckern, 2—4 mm vonein- beschränkten Sortiment an; im Gegensatz ander entfernt, die 2 kastanienbraune, zu vielen anderen Gruppen nimmt die Zahl spreizende Dornen tragen, welche 1—4 mm der sich in Kultur befindlichen Arten kaum lang sind und auf kleinen Schildchen der- zu. Viele dieser Arten sind schon sehr lange selben Farbe stehen, die fast zusammensto- in Kultur, und oft ist die Geschichte ihrer ßen, ohne jedoch ein vollkommenes Horn- Einführung nur lückenhaft bekannt. band zu bilden.» E. phillipsiae ähnelt sehr

127 kantig, mit ziemlich flachen Seiten, Rippen mit sehr vielen gezähnten Höckerchen, Dornen in Paaren, dünn, spreizend . . .» Decan- dolle -> Auch in de Candolle’s «Regni Vegetabi- de Can- lis», l. c. p. 84, gibt Boissier dieselben dolle Merkmale, fügt aber noch hinzu: «Dornen schwarz . . .» N. E. Brown beschreibt E. polyacantha in «Flora Trop. Africa», VI, 1, 578 (1925), wie folgt: «Ein sukkulenter, blattloser, be- stachelter Strauch, 5 Fuß hoch. Zweige ungefähr 11/2—2 cm dick, wenn getrocknet. 4—5-kantig, gewöhnlich mit schwachen Ein- Euphorbia spec? Kew. Gardens, Mai 1946. schnürungen, 2—3 cm entfernt, glatt. Bild: Rol. 3/4 Rippen zusammengedrückt, mit kleinen, rundlichen Zähnen oder Höckerchen und der Artengruppe von Nordafrika, wie z. B. fortlaufendem dunkelgrauem Hornbande. E. baumieriana und E. echinus. Dornen 2—5 mm lang, in Paaren, ungefähr Eine andere Art, die ziemlich allgemein 4 mm entfernt, weit spreizend, oft aufwärts in den Kulturen vorkommt, ist E. polya- gebogen, dunkelgrau . . .» cantha Boiss. Die unter diesem Namen weit Aus obenstehenden Beschreibungen er- verbreitete Art stimmt genau überein mit gibt sich wohl, daß die Pflanzen, welche für der Beschreibung, die Berger in «Sukku- lente Euphorbien» (1907, S. 62) gegeben hat: «Niedriger, reich verzweigter Strauch. Äste aufsteigend, 4-5-kantig, grau- grün, in Jahrestrieben etwas gliederig ab- gesetzt. Die Rippen an den jüngeren Glie- dern scharf hervortretend, die Flächen et- was rinnenförmig vertieft, im Alter immer flacher werdend, mit undeutlichen, bogen- förmigen Nerven nach den Stachelpaaren hin. Die Kanten mit fortlaufendem, brau- nem, bald vergrauendem Hornbande, sehr dicht, in zirka 5 mm weiten Zwischenräu- men bestachelt, Stacheln weit spreizend und quer waagrecht, fast kammartig ab- stehend, grau, mit schwarzen Spitzen, schlank, 5—8 mm lang.» Es ist aber interessant, nachzuprüfen, in- wieweit diese Pflanze in ihren Merkmalen übereinstimmt mit der Urbeschreibung, die der Autor Boissier uns hinterlassen hat. Boissier hat die Art zuerst 1860 in einem seltenen Büchlein, «Centuria Euphorbia- rum», S. 25, das er seiner Bearbeitung der DeCandolle -> Euphorbien in de Candolle’s «Regni Ve- de Candolle getabilis» (1862) vorausschickte, kurz um- schrieben nach Herbarstücken, gesammelt von Schimper und Quart in Dillon, bzw. bei Djelajeranne und Quedjerate in Abes- sinien. Boissier schrieb: «Strauchartig, Euphorbia polyacantha Boiss., die Kulturpflanze, aufrecht, fleischig, wenig verzweigt, 4- wie sie allgemein vorkommt. Bild: Janse.

128 diese Beschreibungen gedient haben, we- sentlich verschieden waren. Berger spricht von einem niedrigen, reich verzweig- ten Strauch; das entspricht genau der Pflanze, die wir als E. polyacantha in den Kulturen haben. Die Urbeschreibung sagt aber unzweideutig sparsam verzweigt (parcè ramosa). Brown gibt als Höhe 5 Fuß an, was sicher nicht auf eine niedrige Pflanze hinweist. Die Herbarstücke, die ich Gelegenheit hatte, im Herbar zu Florenz anzuschauen, weichen erheblich von unserer Kultur- pflanze ab. Die Dornen sind dünner, nicht grau, mit schwarzen Spitzen, die Äste nicht oder nur in größeren Abständen einge- schnürt. Sie gleichen stark der von N. E. Brown beschriebenen Pflanze. Ich bilde eine Pflanze aus der Sukkulen- tensammlung des Kew Gardens ab, die dort in der Sammlung als Euphorbia spec.? be- zeichnet war. Diese Pflanze sieht unserer kultivierten E. polyacantha sehr ähnlich. Weil wir leider keine Importpflanzen von E. polyacantha besitzen, bleibt die Frage noch unbeantwortet, ob unsere Kultur- pflanze wirklich E. polyacantha heißen soll. Die genaue Bestimmung dieser Formen wird noch dadurch erschwert, daß unsere Pflanzen so selten blühen. Aus diesem Grunde habe ich auch die Blütenbeschrei- bungen vorläufig fortgelassen. Es wäre eine schöne Aufgabe, diese Formen in einem günstigeren Klima, wie z. B. an der Riviera oder in Spanien, weiterzuzüchten und dann nähere Beobachtungen zur Lösung dieser Fragen anzustellen. Anschrift des Verfassers: J. A. Janse, Bennebroek, van Ittersumlaan 32 Euphorbia fruticosa Forsk. Bild: Uitewaal. (Holland)

129 Bemerkungen zur Unterteilung der Gattung Adromischus Lemaire

Von A. J. A. Uitewaal †

Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich meinerseits — was vielleicht als Lehre die- die Zahl der Arten in der Gattung Adro- nen kann — aufmerksam zu machen. mischus allmählich vergrößert. Vor allem Die Gattung Adromischus wurde von hat Dr. Karl von Poellnitz mehrere neue Arten und Varietäten beschrieben, Charles Lemaire (1852 in Jardin Fleu- denen ich noch einige hinzufügte. Ebenso riste) von Cotyledon abgetrennt, was bis 1900 gänzlich übersehen wurde, als Ber- veröffentlichte Paul C. Hutchison in einer amerikanischen Zeitschrift weitere ger jene wieder von neuem einführte. Die Arten, so daß deren Anzahl dadurch be- älteren Arten sind deshalb fast immer als trächtlich vermehrt wurde und sich in zu Cotyledon gehörig beschrieben worden. nächster Zukunft wohl noch vergrößern Die wichtigsten Merkmale der Gattung wird. Auch das Interesse an dieser bis an- Adromischus sind: Meist unverzweigte oder hin zu wenig bekannten Gattung ist im An- gegabelte (bei typischen Arten traubige, steigen begriffen und wird weiter zuneh- fast ährige), endständige Blütenstände; men, wenn diese zum Teil schönen und selt- meist aufrechte oder abstehende, kurz ge- samen Sukkulenten einmal besser bekannt stielte Blüten mit kurzen Kelchzipfeln; eine und geschätzt sind. enge, schlanke, wenig oder nicht erweiterte Kronröhre, deren Zipfel zuerst abstehen Verständlicherweise wächst mit zuneh- und später umgebogen oder der Kronröhre mender Artenzahl auch das Verlangen, die anliegend sind. Gattung wenn möglich auf natürliche Weise in Gruppen zu gliedern. Eine solche Unter- Zunächst sei einmal bemerkt, daß sämt- teilung legte Hutchison dem Kongreß in liche Autoren — vor nicht allzu langer Zeit Kiel vor. Dazu wäre einiges zu bemerken; auch ich — übersehen haben, daß Lemaire da diese Arbeit jedoch seither nirgends ver- die neu aufgestellte Gattung gleichzeitig in öffentlicht wurde, soll hier nicht näher dar- zwei Sektionen unterteilte. Allerdings grün- auf eingetreten werden. Aber es wäre mei- den sich diese zwei Sektionen auf vegetati- nes Erachtens vielleicht nützlich, die heu- ven Merkmalen; es sind die Suffruticuli tigen Kenntnisse über diese Gattung kurz (Halbsträucher) und die Herbae (Kräuter). zusammenzufassen und auf einen Irrtum Die letztgenannte Gruppe mit Adromischus

Adromischus trigynus (Burch.) Poelln. (= Adr. Adromischus maculatus (S.-D.) Lern., echt! rupicola Smith = Adr. maculatus Hort.!) Photo: Uitewaal. x 0,5. Photo: Uitewaal.

130 cristatus als Leitart nimmt wegen ihrer vegetativen Merkmale eine Sonderstellung innerhalb der Gattung ein. Diese Merkmale sind: mit Luftwürzelchen versehene Ach- sen, stielförmig verschmälerte und (mit einer Ausnahme) weich behaarte Blätter. Unter dem regelwidrigen, von E. Schön- land veröffentlichten Namen Cristati hat sich diese Gruppe bis jetzt erhalten.

Harvey faßte 1862 in der «Flora Capen- sis» die Pflanzen mit Adromischus-Merk- malen innerhalb der Gattung Cotyledon zu einer eigenen Sektion, den «Spicatae», zu- sammen, weshalb also dieser Name als Synonym zu Adromischus aufzufassen ist. Adromischus cooperi (Bak.) Berger, Kulturform. Photo: Uitewaal. x 0,8. Schönland ließ 1915 in «Rec. Albany Mus.» einige der heute unter Adromischus auf, in die «Hemisphaerica-group» (Blät- bekannten Arten als «Caryophyllaea-group» ter und Stamm glatt) und die bereits er- in der Gattung Cotyledon bestehen, wäh- wähnte «Christati-group» (Stamm mit Luft- rend er die übrigen, heute Adromischus zu- würzelchen, Blätter weich behaart). gehörigen Arten zu deren Sektion Spica- tae Harvey stellte. Letztere unterteilte Dr. Karl von Poellnitz befaßte sich Schönland weiterhin in zwei Gruppen neben seinen Haworthia-Arbeiten beson-

Links: Typische Blüten der Sect. Incisilobatae Uitew. (Segmente freistehend). Rechts: typische Blüten der Sect. Connatilobatae Uitew. (Segmente verwachsen). Photo: Uitewaal. 2mal verg- rößert.

131 ders mit der Gattung Adromischus. In ob sie als eigene Sektion zu betrachten sei. Fedde’s Repertorium 1940 versuchte er Werden die Merkmale des Blütenstandes erstmals eine Unterteilung der Gattung taxonomisch denen des Perianths gleich- anhand von natürlichen Merkmalen unter gestellt oder sogar vorgezogen, so zerfällt besonderer Berücksichtigung der Länge die Gattung Adromischus in drei Sektionen, des Blütenstiels. Etliche unter den Adro- d. h. es müßte eine andere Einteilung als mischus-Arten blühen mit einem auffallend bisher vorgenommen werden. Nach unserer kurzen Stiel, andere dagegen mit einem Ansicht sollten nicht die Merkmale des verhältnismäßig langen Stiel, und dazwi- Blütenstandes, wohl aber diejenigen des schen sind alle Übergänge vorhanden, was Perianths maßgeblich sein; in diesem Sinne übrigens schon aus von Poellnitz’s Dia- wurde die Gattung bereits von Lemaire gnosen hervorgeht. Dabei ist es wohl nicht gekennzeichnet. Dafür spricht auch die sehr verwunderlich, daß seine Brevipedun- Auffassung aller späteren Autoren, welche culati, die die «plantae perparvae» — also die Pflanzen dieser Gruppe trotz ihres sehr kleine Pflanzen — umfaßt, auch klei- cotyledonähnlichen Blütenstandes zu Adro- nere Blütenstände besitzen dürften! mischus stellten auf Grund der Blüten- merkmale. Nun sei noch die Arbeit von C. A. Smith 1939 in «Bothalia» erwähnt, in der er einige der älteren Arten abklärte. Dabei bespricht Smith ausführlich die Merkmale von Blü- tenständen und Blüten, glaubt aber, anhand der Blattstellung und -form, eine Eintei- lung der Gattung einfacher und klarer vor- nehmen zu können. Smith hat insofern recht, daß bei einer Gattungseinteilung immer noch die vegetativen Merkmale mit- berücksichtigt werden müssen. Schließlich trennte ich selbst 1952 in «Nat. Ca. S. Journ.» die Gattung Adromischus in zwei deutlich erkennbare Sektionen, und zwar auf Grund der Kronsegmente. Diese sind bei der Sektion «Incisilobatae» (Leit- art: A. maculatus) ganz oder fast bis zum Schlunde der Blüte frei, wogegen sie bei der Sektion «Connatilobatae» (Leitart: A. mammillaris) verwachsen sind und einen meist wellig gebogenen Saum bilden. Eine weitere Unterteilung plante ich un- ter Beiziehung von Lemaire’s Sektion Her- bae, die ich in die Sektion Incisilobatae ein- Adromischus festivus Smith. Photo: Uitewaal. zugliedern gedachte, und von Schönland’s x 1,0. Caryophyllaea-group, in welcher der von mir beschriebene A. grandiflorus beson- Was den heutigen Stand der Kenntnis ders in Frage kam. Wegen ihrer unregel- der Unterteilung der Gattung Adromischus mäßig rispenförmigen Blütenstände beließ anbelangt, so ließe sich in dieser auf Grund Schönland die Pflanzen letzterer Gruppe von Blütenmerkmalen eine oder mehrere bei Cotyledon; später folgende Autoren Gruppen aufstellen, die in den bereits be- stellten sie ihrer Blütenmerkmale wegen stehenden Sektionen untergebracht werden jedoch zu Adromischus, was meines Erach- könnten. tens berechtigt war. Diese kleine Gruppe dürfte eine Zwischenstellung einnehmen. Zum Schlüsse möchte ich noch auf einen Fraglich ist es, ob diese Gruppe in einer Irrtum meinerseits aufmerksam machen. meiner beiden Sektionen einzuordnen oder Diesen Irrtum zu berichtigen, muß ich lei-

132 der auf einen späteren Zeitpunkt verschie- ben. Einer meiner beiden Sektionsnamen ist nämlich regelwidrig! Denn für die Gat- tung Adromischus besteht bis heute noch kein nomenklatorischer Typus! Den Regeln der Botanischen Nomenklatur zufolge (we- nigstens der von 1954) soll die Untergat- tung, welche die Leitart der Gattung ent- hält, den Gattungsnamen unverändert bei- behalten (Art. 32). Den neuesten Bestim- mungen gemäß soll dies auch auf die Sek- tionen zutreffen. Da nun der noch auszu- wählende Typus — des Lectotypus — auf eine meiner beiden Sektionen entfällt, muß eine von ihnen eine Namensänderung auf «Sektion Adromischus» erfahren. Die Wahl eines Lectotypus ist nicht ganz einfach, er soll womöglich aus dem Originalmaterial ausgewählt werden. Ist dieses verloren ge- gangen, so muß ein Ersatz dafür gewählt werden. Soviel ich weiß, ist Herr Hutchi- son gegenwärtig mit der Lösung dieser Fragen beschäftigt. Während seiner Euro- Adromischus cristatus (Haw.) Lern. Photo: Uite- pareise hatte er Gelegenheit, sich in den waal. Natürliche Größe. Herbarien über das noch vorhandene Ma- terial zu unterrichten. Im übrigen durfte zum Teil unbekannten und noch unbe- ich, als Hutchison in Europa weilte, seine schriebenen Materials, das ihm im Botani- zahlreichen, sorgfältig gemachten und ge- schen Garten von Berkeley zur Verfügung ordneten Notizen über die Gattung Adro- steht, erregte mein größtes Interesse. Aus mischus einsehen, ebenso seine Bilder, die diesem allen darf man schließen, daß das in seinem Auftrag verfertigten Zeichnun- letzte Wort über die Gattung Adromischus gen, Skizzen usw. Die große Menge des noch nicht gesprochen ist!

133 Zum heutigen Stand der Kenntnisse der Gattung Kalanchoe

Von Lothar Schattat

Verglichen mit anderen sukkulenten Gewäch- tiana hort. (sollte mit ihrem richtigen Namen sen in den verschiedensten Pflanzenfamilien, K. longiflora var. coccinea heißen) sowie noch stellen wir fest, daß die Gattung Kalanchoe als einige andere Arten, die kaum je eine wirtschaft- Sammelobjekt recht stiefmütterlich behandelt liche Bedeutung erlangen werden. Die Züchtun- wurde, und zwar sowohl von den Botanischen gen werden auch bei Kalanchoe nicht abbrechen, Gärten als auch von den Liebhabern. Im Gegen- und obwohl fast jährlich Neues davon auf dem satz zu den anderen Gattungen in der Familie Markte erscheint, können wir doch sagen, daß der Crassulaceae — zu der Kalanchoe ja auch wir bei dieser Gattung erst am Anfang der Zucht- gehört —, wie z. B. Crassula, Sedum und vor arbeit stehen. allem Echeveria, deren Arten bei vielen Lieb- Wenden wir uns den natürlichen Arten von habern anzutreffen sind, werden solche von Ka- Kalanchoe zu. Die letzte Bearbeitung der Crassu- lanchoe weitaus seltener kultiviert. Meist han- laceae erfolgte in A. Engler «Die natürlichen delt es sich dabei um die gleiche kleine Arten- Pflanzenfamilien» (1930) durch A. Berger. Er zahl, die Eingang in unsere Sammlungen gefun- teilt sie in sechs Unterfamilien ein, deren zweite den hat. So sind, nebst einigen weiteren Arten, die der Kalanchoideae ist, die er wiederum in besonders die durch ihre Brutknospenbildung be- drei Gattungen gliedert. Letztere bilden als drei kannten K. daigremontiana und K. tubiflora weit Untergattungen oder Sektionen zusammen die verbreitet. Doch im Vergleich zur Formenfülle Gattung Kalanchoe im heutigen Sinne. Ihre dieser Gattung sind die dem Liebhaber bekann- nächsten Verwandten finden sich einerseits in teren Arten sehr gering. Dies ist gewiß auf den der Gattung Cotyledon und anderseits in der Umstand zurückzuführen, daß die meisten Ka- Unterfamilie der Crassuloideae. Die Blüten der lanchoes nicht zu den kleinsten Sukkulenten ge- letzteren sind meist fünfteilig, mit stets nur hören und deshalb für den Liebhaber mit be- einem Staubblattkreis, d. h. mit immer so vielen schränktem Platz zu groß werden. Botanische Staubblättern wie Petalen. Die Kalanchoideae Gärten begnügen sich im allgemeinen ebenfalls besitzen zumeist vierteilige Blüten. Bei Arten mit einigen typischen Vertretern der Gattung. aus Ostafrika konnten wir jedoch Ausnahmen Dazu stellt sich noch das Problem, wie und beobachten, die vielleicht sog. Rückschläge (Ata- woher neues Material einführen. Mit welchen vismen) sind. Deren Blüten waren teilweise Schwierigkeiten dies verbunden ist, weiß jeder, fünfteilig mit je fünf Sepalen, Petalen und nor- der sich mit dem Import von Kakteen oder an- mal ausgebildeten Karpellen. Die Staubblätter deren Sukkulenten befaßt. Ja, es ist fast so, daß (jeweils acht) sind in einer oder zwei Serien an- die in den letzten 15 Jahren entstandenen Kalan- geordnet. Bei der Sektion Kalanchoe sind die choe-Hybriden weitaus bekannter sind als die Sepalen frei, bei der Sektion Bryophyllum und ganze Schar der Wildpflanzen. Spricht man mit Kitchingia dagegen ± röhrig miteinander ver- einem Zierpflanzengärtner über diese Gattung, wachsen, in den meisten Fällen zu einer vier- so ist ihm ihr Name nicht unbekannt. Er denkt kantigen Blütenröhre. Die Blätter sind im all- aber sofort an die verschiedenen Züchtungen gemeinen gegenständig angeordnet. Eine Aus- (cultivar), wie z. B. Tom Thumb, Tetra, Alfred nahme mit wechselständigen Blättern bildet Ka- Gräser, Feuerblüte, Sönke Carstens, Blütenzau- lanchoe tomentosa. Sehr nahe verwandt schei- ber u. a. m. In den letzten Jahren entstanden sie nen die Kalanchoideae mit der Gattung Coty- vor allem durch die Zuchtarbeit von A. Gräser ledon zu sein. Diese zeigt stets fünfteilige Blü- in Nürnberg, dem Schweizer Kalanchoe-Züchter ten, zwei Staubblattkreise und ± röhrig ver- Adolf Grob in St Gallen, Johannes Carstens wachsene Petalen. Bemerkenswert ist ferner, in Husum und andere mehr. Durch Kreuzungen daß das Verbreitungsgebiet der Kalanchoideae von Kalanchoe blossfeldiana, Kalanchoe globuli- sowohl dasjenige der Crassuloideae als auch das fera und Kalanchoe obtusa untereinander er- der Gattung Cotyledon berührt. Früher wurden hielt man Hybriden, die meist in roten Farb- daher einige Kalanchoe-Arten erst als Cotyledon tönen blühen. Beim Einkreuzen mit K. schuma- beschrieben. So z. B. Kalanchoe insignis (N. E. cheri ergaben sich Pflanzen mit orange oder Br.) N. E. Br., das später noch zwei weitere Na- gelblich getönten Blüten, sogenannte «Goldhybri- men erhielt, das eine Mal den von K. elizae durch den». Ferner denkt jeder Gärtner beim Wort Berger und das andere Mal den von K. lauren- Kalanchoe an die Kurztagsbehandlung, ein Ver- sii durch R. Hamet. Dies nur, um zu zeigen, daß fahren, das besonders in Deutschland erprobt es auch in dieser Pflanzengruppe genügend Sy- wurde und die Kultur dieser Pflanzen weitaus nonyme gibt und daß noch lange nicht alle Un- rentabler gestaltet. Auf diese Probleme soll hier klarheiten beseitigt wurden. Berger kein Be- nicht weiter eingegangen werden. Es sei nur fürworter von Sammelgattungen, teilte seine U.- noch darauf hingewiesen, daß Sukkulentengärt- Familie II Kalanchoideae in die drei Gattungen nereien einige dekorative Kalanchoes in ihre Kalanchoe, Kitchingia und Bryophyllum auf. Die Pflanzensortimente aufgenommen haben, so z. B. Gattung Kalanchoe wurde von Adanson 1763, K. marmorata, K. tomentosa, K. pumila, K. peti- Bryophyllum von Salisbury 1806 und Kitchin-

134 gia von J. G. Baker 1881 aufgestellt. Im Jahre lanchoe, behalten diese jedoch als Sektionen bei, 1907 veröffentlichte Raymond Hamet im «Bul- die dann weiter in Untersektionen aufgeteilt letin de l’Herbier Boissier» (2me Série), Genève, werden. Von ihnen erhält Kitchingia deren zwei, die bisher einzige Monographie der Gattung Ka- Bryophyllum sieben und Kalanchoe fünf betreffs lanchoe. In dieser Arbeit vereinigt Hamet die der auf Madagaskar beheimateten. Arten. Für drei obigen Genera zusammen zur Gattung eine zukünftige Monographie der Gattung wird Kalanchoe Adanson. Bereits 1885 überführte man sich zu entscheiden haben, ob, wie bei M. Baillon die Arten von Kitchingia, die er Boiteau und Mannoni, die Einteilung in Sek- als Sektion beibehielt, in das Genus Kalanchoe. tionen erfolgen soll oder ob die Sektionen zu Hamet seinerseits gibt keinerlei Einteilung in Untergattungen erhoben werden müssen. Eigent- Untergattungen oder Sektionen, was naheliegend lich ist dieses verhältnismäßig kleine Problem gewesen wäre, sondern er gliedert die Gattung in eine persönliche Ansicht. Wichtiger ist es, klar 13 Gruppen, deren Bezeichnung nur aus den Zif- herauszustellen, daß es innerhalb der Gattung fern 1 bis 13 besteht. In seiner monographischen drei ± in sich abgeschlossene Entwicklungslinien Bearbeitung behandelt Hamet 61 Arten, wovon gibt. Welchen Grad man diesen drei Linien bei- zehn als ungenügend bekannt angegeben sind, mißt, ist von sekundärer Bedeutung. Es scheint und eine Hybride. jedoch, daß man besonders in Deutschland immer Für die damalige Zeit mag diese Arbeit zu- noch an den Kleingattungen festhält. Denn Prof. friedenstellend gewesen sein, obwohl sie nach Dr. Huber, der den größten Teil der Crassu- dem heutigen Stand der Kenntnisse betreffs der laceae in «Parey’s Blumengärtnerei» verfaßte, dort behandelten Arten recht fehlerhaft war. hält dort noch an der Trennung der drei Gattun- R. Hamet widerspricht sich leider oft selbst. gen fest. Boiteau und Mannoni berücksich- Gewiß ist das Problem der Abtrennung von Gat- tigen in ihrer Arbeit, soweit diese bereits er- tungen und Arten ein rein künstliches, von uns schienen ist, sämtliche bis dahin beschriebenen Menschen erdachtes Hilfsmittel, um uns im gro- Arten und Formen. Diese konnten sie zum Teil ßen Geheimnis der Mutter Natur und Wirrwarr nach lebendem Material im Botanischen Garten von Formen und Übergängen, kurz allem, was von Tananarivo sowie in der Natur nachprüfen die Evolution hervorbringt, zurechtzufinden. Es und bestimmen. Außerdem beschrieben sie selbst braucht einen starken Charakter, eine scharfe, eine Anzahl neuer Arten, Unterarten und Varie- kritische Beobachtungsgabe und ein umfassen- täten. Obwohl — wie schont erwähnt — gewisse des Material dazu, um sich durch ein solches Arten sehr variabel sind, wurden die typischen «Chaos» der vielen Verwandtschaftszweige und Vertreter herausgegriffen, beschrieben und je- durch die sich noch in voller Entwicklung be- weils mit Bemerkungen über die mögliche Va- findenden Gattung Kalanchoe einen Weg zu bah- riationsbreite versehen. Deshalb stellt diese Ar- nen, der allen natürlichen Gegebenheiten ent- beit wirklich einen wichtigen Beitrag zur Kennt- spricht. Wenn Hamet in seiner Arbeit (1907) nis der madagassischen Kalanchoes dar. Nach den z. B. bei Gruppe I (der Gattung Kitchingia von gegebenen Bestimmungsschlüsseln und Beschrei- Berger entsprechend) Kalanchoe pandurifor- bungen ist es verhältnismäßig einfach, Pflanzen mis, K. campanulata, K. parviflora und K. ample- zu bestimmen. Alle Ergebnisse bekannter Auto- xicaulis als Arten aufstellt, die in Wirklichkeit ren und Sammler, die auf Madagaskar waren und nur einige der vielen Formen von K. campanu- dort arbeiteten, sind berücksichtigt worden, so lata sind und er dagegen eine Riesenart wie diejenigen von Humbert, Baron, Decary u. a. K. laciniata schafft, in der er grundverschiedene sowie besonders diejenige von H. Perrier de Kalanchoe-Arten vereinigt, so zeugt dies weder la Bathie, der in verschiedenen Artikeln und von einer präzisen Arbeit, noch von irgendeiner Schriften eine Reihe interessanter Neufunde ver- logischen Ansicht des Artproblems. —Wir wissen öffentlichte und damit viel zur Kenntnis der nur zu gut, wie variabel manche Kalanchoe- madagassischen Kalanchoes beitrug. Arten sind, aber man darf davor nicht kapitulie- Betrachten wir nun die Unterschiede zwischen ren und sogenannte Großarten entstehen lassen, den, wie oben erwähnt, drei Sektionen, Untergat- denn in der Regel ist damit nichts gewonnen. Es tungen oder Gattungen. Die am schärfsten um- ist auf alle Fälle zu hoffen, daß in der geplanten rissene Entwicklungsgruppe scheint Kitchingia zweiten Kalanchoe-Monographie durch R. Hamet darzustellen. Die Karpelle sind hier stets aus- und J. Marnier-Lapostolle die Großarten einanderspreizend (divergent), die Staubfäden kritischer bearbeitet werden und eine Grenze (ähnlich den eigentlichen Kalanchoes) in der zwischen Phytographie und Phylogenie gezogen Mitte oder im oberen Teil der Blumenröhre ein- wird. gefügt und die Blüten stets hängend. Bryophyl- Machen wir einen Sprung ins Jahr 1947, in lum — eine weitaus artenreichere Entwicklungs- dem P. Boiteau und O. Mannoni in der fran- gruppe — kennzeichnet sich durch zusammen- zösischen Zeitschrift «Cactus» die drittwichtigste geneigte Karpelle, am Grunde der Blüten- zusammenhängende Arbeit über Kalanchoes un- röhre eingefügte Staubfäden, oberhalb der Kar- ter dem Titel «Les plantes grasses de Madagas- pelle verschmälerte Blütenröhre, meist zu einer kar-> car car — Le genre Kalanchoe» zu veröffentlichen zylindrischen, glockigen bis bauchigen Röhre begannen. Dieses Werk, das nur die madagassi- verwachsenen Sepalen, deren Segmente oft kür- schen Kalanchoes behandeln sollte, wurde leider zer sind als die Kelchröhre selbst, durch den durch zeitbedingte Ereignisse nicht beendet, was Griffel, der länger als die Karpelle ist, und die sehr zu bedauern ist. Die Autoren schließen sich hängende Blüte. Betrachten wir nun die arten- der Ansicht R. Hamet’s an und vereinigen die reichste Entwicklungsgruppe, nämlich Kalanchoe Gattungen Kitchingia und Bryophyllum mit Ka- im eigentlichen Sinne. Die Karpelle sind stets

135 zusammengeneigt (konvergent), die Staubfäden men möchte, daß sie eine Hybride von K. tubi- über der Mitte der Blütenröhre eingefügt. Der flora mit einer Art aus dieser Entwicklungs- Griffel ist meist kürzer als die Karpelle, manch- gruppe sei. mal gleich lang oder sehr selten ein wenig länger als diese. Die Blütenröhre verschmälert sich Der Blütentypus der schlingenden Arten der nicht, zeigt auch keinen Einschnitt über den Gruppe a) ist sehr einheitlich. Die Autoren einer Karpellen, und in den meisten Fällen stehen die künftigen Monographie werden sich entscheiden Blüten aufrecht. müssen (wie in vielen anderen Gruppen der Gat- Die Sektion Kitchingia (benannt nach L. Kit- tung), ob diese Arten aufrecht erhalten oder ver- ching, englischer Botaniker) besteht bis heute eint werden sollen als Varietäten, Formen oder aus vier Arten und einigen Varietäten, nach- geographischen Rassen. K. schizophylla stellt eine dem Kalanchoe parviflora, K. panduriformis und gut umgrenzte Art dar, während bei K. rechingeri K. amplexicaulis in die Synonymie von K. cam- noch zu untersuchen wäre, ob sie hybridärer panulata verwiesen worden waren. Hamet (1907) Abkunft ist oder nicht. Interessant zu erwähnen anerkannte noch sechs verschiedene Kitchingia- ist noch, daß besonders die schlingenden Arten Arten (= Kalanchoe, Gruppe I). Alle sind auf der Gruppe a) sich mit Hilfe ihrer zurückgeboge- Madagaskar endemisch und Stauden, die im all- nen Blattspitzen an anderen Pflanzen bzw. deren gemeinen Halbschatten bevorzugen. Eine davon, Teilen festhalten und «hochziehen». nämlich K. gracilipes, lebt epiphytisch. Interes- Wenden wir uns abschließend den eigentlichen sant ist, daß die in ihrem Habitus so völlig ver- Kalanchoes zu. Der Name Kalanchoe soll chine- schiedenen K. gracilipes und K. peltata sich in sischen Ursprungs sein, jedoch scheint keine Si- der Blüte kaum voneinander unterscheiden, cherheit darüber zu bestehen. Jene liefern die wenn man die Blütenlänge außer Betracht läßt. größte Artenzahl innerhalb der Gattung und Es zeigt sich eindeutig, daß die Sektion Kitchin- werden bei einer monographischen Bearbeitung gia mit der Sektion Bryophyllum weitaus näher am meisten Schwierigkeiten bieten. Viele dieser verwandt ist als mit der Sektion Kalanchoe. Arten wurden beschrieben und sind nun in einer Die Sektion Bryophyllum (gr. bryo = ich keime Unzahl verschiedener botanischer Schriften und und phyllon = Blatt) umfaßt zirka 25 Arten mit Werken zerstreut. Sehr kompliziert wird sich zahlreichen Varietäten und Formen, die sich aus auch die Identifizierung des manchmal sehr lük- Stauden und zweijährigen Pflanzen zusammen- kenhaften Herbarmaterials gestalten, das sich oft setzen. Bis auf eine Art, die auch außerhalb Ma- in einem sehr schlechten Zustand befindet. Denn dagaskars vorkommt, sind sonst alle dort be- Kalanchoes lassen sich als sukkulente Pflanzen heimatet. Dieser Außenseiter in seiner Verbrei- herbarmäßig nur schlecht präparieren. Eine etwa tung ist Kalanchoe pinnata (Lam.) Pers. (syno- annähernd exakte Artenzahl für diese Sektion nym dem berühmten Bryophyllum calycinum, anzugeben, ist zurzeit noch unmöglich. Jacob- das J. W. v. Goethe zu seiner «Metamorphose der sen führt in seinem Handbuch zirka 75 Arten Pflanze» inspirierte), welches in den Tropen der auf, aber es sind gewiß weitaus mehr. Je nach- Alten und Neuen Welt anzutreffen ist. Diese dem, ob man sich entscheiden wird, Großarten, Sektion ist gekennzeichnet durch die Bildung wie z. B. K. crenata, K. lateritia, K. macrantha, von Brutknospen oder Brutpflänzchen und er- K. laciniata und K. lanceolata, aufzuteilen oder hielt auch ihren Namen davon. Unter ihnen gibt nicht, wird die Artenzahl weitaus höher liegen es wiederum zwei Gruppen, nämlich diejenigen als bis jetzt, oder sie wird sich vermindern, wenn Bryophyllum-Arten, deren Brutknospen im Blü- mehrere Arten zusammengezogen werden. Viele tenstand entstehen, oder solche, die jene an Blät- Sammelarten rufen geradezu nach einer Auf- tern und meist in deren Einkerbungen entwik- spaltung, so z. B. K. laciniata, K. crenata und keln. Bei den bereits erwähnten Kalanchoe tubi- K. lateritia, da die Unterschiede zwischen den flora und K. daigremontiana lassen sich zwischen einzelnen «Formen» der gleichen Art oft genug den normalen Blattzähnen spezielle, kleine Brut- Artwertigkeit beanspruchen. Die Kalanchoes im zähne beobachten, welche die Erzeugung der engeren Sinne sind weit verbreitet im tropischen Brutpflänzchen übernommen haben. Auch in und südlichen Afrika, auf Madagaskar, den be- dieser Sektion entwickeln sich Epiphyten. Da- nachbarten Inseln (Komoren-Sokotra), in Ara- zu gehören K. porphyrocalyx, eine sehr viel- bien und Indien. Weitere Arten von ihnen sol- gestaltige Art, die eine wahre Perle unter den len auf Ceylon, in China, Indochina, auf Java kleineren Kalanchoe-Arten und recht leicht zu und Formosa vorkommen. Diese sind meines kultivieren ist, sowie die ebenfalls etwas vari- Wissens jedoch zurzeit in Europa nirgendswo in able K. uniflora. Damit hat die Natur ihr Spiel Kultur, und es bleibt näheren Untersuchungen noch nicht beendigt. Als Kuriosum gibt es schließ- vorbehalten, ob es sich wirklich um eigene Arten lich auch schlingende Kalanchoes in dieser Sek- handelt oder ob es sogenannte vagabundierende tion. Nach den Blattmerkmalen kann man unter Spezies sind. So konnten wir z. B. feststellen, daß ihnen drei verschiedene Gruppen unterscheiden: K. schumacheri (die eingekreuzt wurde, um gelb- oder orangeblühende Rassen zu erhalten), die a) Solche mit fast ganzen, nur leicht gezähnten aus Java stammen soll, sehr ähnlich der K. ger- Blättern (K. beauverdi, K. scandens, K. constantini, manae R. Hamet ist, die der Schweizer Botani- K. juelii, K. guignardi). ker P. R. O. Bally in Kenya sammelte. Die bei- b) Eine Art mit fiederschnittigen Blättern = den Arten unterscheiden sich zwar in einigen K. schizophylla. Punkten, immerhin ist es auffällig, wie zwei sehr c) Eine Art mit fast stielrunden Blättern = nahe verwandte Arten so weit voneinander ent- K. rechingeri, von der man beinahe anneh- fernt vorkommen können. Vielleicht handelt es

136 sich um eine Verschleppung der K. schumacheri Vielleicht ist die Autogamie eine den Kalanchoes nach Java? von Natur aus gegebene Einrichtung zu einer ge- Die Verbreitung von Kalanchoe außerhalb des sicherten Arterhaltung. Kalanchoes, die sich afrikanisch-madagassischen Florengebietes stellt nicht selbst bestäubt haben, gaben trotzdem sowieso noch einige, vielleicht nie zu lösende einen reichlichen Samenansatz und eine kräf- Probleme. Auf alle Fälle stehen wir hier vor tige Nachkommenschaft. Wir haben dies auf einer ähnlichen Tatsache, wie die des altwelt- breiter Basis erprobt und alle Arten (außer sol- lichen Rhipsalis-Vorkommens. Da Kalanchoe chen der Sektion Bryophyllum, von denen wir s. str. besonders in Afrika und auf Madagaskar keine Aussaaten vornahmen) kamen hundert- zu finden ist, läßt vermuten, daß diese Sektion prozentig artrein und kräftig aus den Samen die älteste und ursprünglichste ist. Die Entwick- hervor. Natürlich lassen unsere Versuche — ver- lung der Sektionen Bryophyllum und Kitchingia glichen mit dem Artenreichtum der gesamten dürfte sich erst nach der Separation der Insel Gattung — noch keine Verallgemeinerungen zu. Madagaskar vom afrikanischen Kontinent voll- Nur langjährige Beobachtungen an einer mög- zogen haben. Hierfür werden jedoch andere lichst großen Artenzahl — oder noch besser — Hilfswissenschaften der Botanik vielleicht exak- Untersuchungen an den natürlichen Standorten, tere Antworten geben können. werden hierin aufschlußreich sein. Aus all dem können wir ersehen, wie lückenhaft und Berger verwendete in seinem Werk über die minimal unser Wissen auch über diese Pflanzen Crassulaceen für seine Gattung Kalanchoe fast ist. Wir fanden Kolanchoe-Arten (zum K.-laciniata- die gleiche Einteilung wie R. Hamet. Indem Komplex gehörend), deren Geschlechts- Berger zwei der Hamet’schen Gruppen zusam- organe so tief in der Blütenröhre saßen, daß menfaßte, erhielt er zehn eigene, denen er Namen eine Xenogamie (Fremdbestäubung) nur von nach lateinischen Adjektiven gab. Es sei noch- langrüsseligen Insekten, wie z. B. Schmetterlin- mals kurz zusammengefaßt: Hamet’s Gruppe I gen, bewerkstelligt werden konnte. Dennoch = Sekt, oder U.-Gattung Kitchingia; Hamet’s gaben diese Pflanzen einen gut keimfähigen Sa- Gruppen 5 und 9 = Sekt, oder U.-Gattung Bryo- men und einen einwandfreien, artgleichen Nach- phyllum; alle andern Nummern der Hamet’schen wuchs. In Kaltwetterperioden kommt es vor, daß Gruppen bilden die Sekt, oder U.-Gattung Ka- verschiedene Arten ihre bereits bis zur Knospe lanchoe. Inwieweit diese Gliederung beibehalten entwickelten Blüten überhaupt nicht öffnen; werden kann, wird uns die Zukunft lehren. dennoch brachte eine Art keimfähige Samen. Einige dieser Gruppen scheinen recht natürlich Damit hätten wir bereits einen Fall von Kleisto- zu sein, andere wiederum weisen einen künst- gamie zu verzeichnen. — Grisebach hat einst lichen Charakter auf. Die eigentlichen Kalan- gesagt; «Die Natur ist einfach in ihren Grund- choes sind ein- bis zweijährige Pflanzen, Stau- zügen, aber unerschöpflich in den Erscheinun- den oder Halbsträucher. K. beuarensis aus Mada- gen, die aus dem Zusammenwirken der Kräfte gaskar kann strauchig bis fast baumförmig wer- hervorgehen.» So wird eine auch nur einiger- den und dürfte die größte Art der gesamten Gat- maßen zufriedenstellende Monographie tausen- tung darstellen. Viele Arten sind völlig kahl, an- derlei Schwierigkeiten bieten für eine derart dere dagegen sind in allen ihren Teilen mit ein- polymorphe, noch in voller Entwicklung be- fachen oder dreiteilig verzweigten Haaren be- griffene Pflanzengruppe, wie es die Kalanchoes deckt, die das Tomentum noch dichter erschei- sind. Das Spiel der Natur ist größer als alle nen lassen. Besonders bei zweijährigen, aber menschliche Einbildungskraft. Wenn wir z. B. auch bei ausdauernden Arten konnte beobachtet oben erwähnten, daß Kitchingia-Arten stets di- werden, daß sie während ihrer vegetativen Phase vergierende Karpelle aufweisen und dann fest- völlig kahl sind. Sobald aus der vollentwickel- stellen, daß eine Bryophyllum-Art, nämlich Ka- ten Pflanze die Infloreszenz zu wachsen beginnt, lanchoe rolandi-bonapartii, Rassen hervorbringt, entsteht am ganzen Körper eine dichte Behaa- die entweder ± divergierende oder zusammen- rung. Ob sich aus dieser Tatsache entwicklungs- geneigte, also konvergierende Karpelle, zeigten, geschichtliche Schlüsse ziehen lassen, sei dahin- anderseits Boiteau und Mannoni eine Bryo- gestellt. Die Blütenstände sind meist terminal; pyllum-Art beschrieben (Kalanchoe pseudo-cam- lateral, jedoch bei K. synsepala Bak. und viel- panulata), die habituell von K. campanulata (Kit- leicht auch bei anderen, bis anhin noch nicht chingia) nicht zu unterscheiden ist und zudem entdeckten Arten. Die Blätter, im allgemeinen konvergierende Karpelle besitzt, dann sehen wir gegenständig angeordnet, sind bei K. tomentosa anhand dieser «Brückenpflanzen», wie künstlich — wie bereits erwähnt — wechselständig. Die ein menschliches Schema ist. Blütenstände sind bei den eigentlichen Kalan- Erschwert werden Studien über Kalanchoe choes meist rispig-trugdoldig, bei den beiden durch die recht zerstreute Literatur, den oft viel Sektionen Bryophyllum und Kitchingia dagegen zu kurzen und mangelhaften Beschreibungen, fast immer als Dichasien ausgebildet. die kein klares Bild von den betreffenden Arten Über die Bestäubungsverhältnisse bei Kalan- geben. Der Mißstand bezüglich der Herbarien choe im allgemeinen scheint wenig bekannt zu wurde schon erwähnt. Nur durch internationale sein. Nach unseren Beobachtungen und nach Be- Zusammenarbeit wird man ein befriedigendes merkungen von Boiteau und Mannoni kom- Werk schaffen können, wobei rezente Sammel- men in allen drei Sektionen eine Reihe von Ar- ergebnisse mehrerer Botaniker, so z. B. diejeni- ten vor, die Hetrostylie (Verschiedengriffligkeit) gen von Herrn P. R. O. Bally Schweiz, u. a. m., aufweisen. Wir stellten zudem fest, daß viele besonders zu berücksichtigen wären. Um viele Arten autogam sind, d. h. sich selbst bestäuben. Arten restlos abzuklären, wird man auf neu zu

137 sammelndes Material angewiesen sein. Andern- aus dieser wahrscheinlich reichhaltigsten Samm- falls kann man im günstigsten Falle ein Kalan- lung der Welt (zurzeit zirka 400 Kollektionsnum- choe-Handbuch schreiben, aber keine Monogra- mern) eines Tages die so nötige Neubearbeitung phie. der Gattung Kalanchoe erfolgen wird. Sämtliche Wenn ich eingangs darauf hinwies, daß selbst Beobachtungen und Versuche wurden in dieser Botanische Gärten sich mit der Kultur einer ge- Sammlung vom Verfasser gemacht. ringen Artenzahl dieser Gattung begnügen, so kann ich doch erfreulicherweise berichten, daß Benutzte Literatur es auch noch Ausnahmen gibt. Eine der größ- ten Sammlungen lebender Kalanchoe-Arten be- Hamet R., Bulletin de l’Herbier Boissier (2me findet sich zurzeit im Jardin Botanique «Les série), Genève 1907. Cèdres», dem Eigentum des Herrn J. Marnier- Berger A., Crassulaceae in A. Engler «Die Natür- Lapostolle. Durch seine Initiative und sein In- lichen Pflanzenfamilien», 1930. teresse an Sukkulenten entstand die umfang- Boiteau P. und Mannoni O., «Le genre Kalan- reichste Sammlung, die besonders durch die choe» in «Cactus», 1947, in Fortsetzungen. Sammeltätigkeit von Herrn Bally im tropischen und östlichen Afrika sowie durch diejenigen Anschrift des Verfassers: anderer Herren in Afrika und vor allem auf Ma- Lothar Schattat, «Les Cedres», dagaskar ergänzt wurde. Es ist zu hoffen, daß St-Jean, Cap Ferrat (A.-M.), France

Der VI. Kongreß der Internationalen Organisation für Sukkulentenforschung vom 5. bis 9. Juni 1961 in Barcelona

Von E. Buchmann-Felber

Bei der Gründung dieser internationalen Semestern und Schulzeiten stattfand. Ein Organisation im Jahre 1950 in Zürich war Antrag, die folgenden Kongresse während vorgesehen worden, die alle zwei bis drei der akademischen Ferien durchzuführen, Jahre stattfindenden Kongresse in verschie- wird von einer speziellen Redaktionskom- denen Ländern durchzuführen. Damit sollte mission, die auch weitere Probleme der einmal den Mitgliedern Gelegenheit ge- Statuten und der internen Organisation zu geben werden, Kulturen von Sukkulenten behandeln hat, geprüft und bearbeitet wer- in anderen Ländern zu beobachten und Er- den. Denn es wäre doch der Sinn dieser fahrungen zu sammeln, aber auch die Mög- Organisation, soviel Mitglieder als möglich lichkeiten, die verschiedenen Klimate in an den Kongressen zusammenzuführen. der Freilandzucht zu studieren. In dieser Anläßlich der Eröffnung wurde der Kon- Beziehung hatte uns schon der Kongreß greß von einem Vertreter der Stadt Barce- in Monaco mit dem von Herrn Direktor lona willkommen geheißen. Bei dieser Ge- Vatrican geleiteten Jardin exotique und legenheit sei den Behörden der Stadt Barce- dem Botanischen Garten von Cap Ferrat lona für ihre großzügige Gastfreundschaft des Herrn Marnier-Lapostolle ver- gedankt. Zum Präsidenten des Kongres- traut gemacht. Zu diesen gesellten sich nun ses wurde Herr A. F. H. Buining (Holland) in Barcelona einesteils die von der Stadt und zum Vizepräsidenten Herr L. Vatri- Barcelona angelegten Sukkulentengärten, can (Monaco) ernannt. Eine Stadtrundfahrt besonders aber auch der von Herrn Rivi- mit dem Besuch eines neuen städtischen ere de Caralt bei Blanes angelegte Jar- Sukkulentengartens, in dem viele Kakteen din d’acclimation. und Aloearten in schönster Blüte standen, wurde durch einen Empfang im Palast der Zu diesem Kongreß waren aus acht ver- Provinzialregierung und im Rathaus der schiedenen europäischen Ländern etwa 40 Stadt Barcelona im großartigen gotischen Teilnehmer erschienen. Leider war es dies- Rathaussaal unterbrochen. mal den amerikanischen und anderen über- seeischen Mitgliedern nicht möglich, an der Am Nachmittag wurden interne Pro- Tagung teilzunehmen, da sie mitten in den bleme besprochen, und am Abend fanden

138 VI. Kongreß der IOS-Teilnehmer im Stadtgarten Barcelona. die ersten wissenschaftlichen Vorträge statt. Es handelt sich vor allem um die größte Professor Concetto Distefano sprach und vollständigste Sammlung von Opun- über «Sedum aetnense» mit sehr interes- tien, die in prächtigen Exemplaren und santen Lichtbildern aus diesem vulkani- bester Gesundheit sich zum Teil im vollen schen Gebiete und über «Generi e Specie Blühen präsentierten. Daneben aber wer- di succulente dimenticate», worunter er vor den in Treibhäusern auch andere exotische allem an die sukkulenten Formen der Bro- Pflanzen gezogen. Auch eine enorme An- meliaceen usw. erinnerte. Herr Dr. B. K. zahl von Kakteen ergaben die Möglichkeit, Boom (Holland) hielt einen Vortrag über: Vergleiche zwischen der Haltung im Frei- «Die nationale Sukkulentensammlung in land wie im Gewächshaus zu ziehen. Ein Wageningen und die Auslese von Sukku- großes, von der Familie Don Fernando’s lenten für den Handelsbetrieb.» gebotenes spanisches Mittagessen unter- brach die Besichtigung, die, bis zum Abend Der Kongreß folgte am Dienstag einer ausgedehnt, kaum genügte, alle Teile der Einladung von Don Fernando Riviere so reichhaltigen Sammlung zu besichtigen. de Caralt, der schon für die Tagungen des Kongresses einen Saal in seinem Ver- Der Mittwoch, 7. Juni, war mit Vorträ- waltungsgebäude zur Verfügung gestellt gen ausgefüllt, die teilweise durch ausge- hatte, zum Besuch seines Botanischen Gar- zeichnete Lichtbilder bereichert wurden. tens (Jardin d’acclimation) in Blanes an der Es sprachen A. F. H. Buining (Holland) Costa Brava. In herrlicher Lage an den über «Echinocactus famatimensis Speg.» Hängen einer Talmulde über dem Meer (= Echinocactus reichei hort., wie Funde hat Herr Riviere auf einem über einen von Ritter beweisen). A. I. A. Uitewaal Quadratkilometer großen Gelände einen (Holland): «EinigeBemerkungen über Adro- Botanischen Garten aufgebaut, in welchem mischus.» J. A. Janse (Holland): «Culti- er eine große Anzahl von Kakteen und an- var. » Prof. Dr. F. Buxbaum (Österreich): deren Sukkulenten im Freiland kultiviert. «Morphologie der cephaloiden Bildungen.»

139 Dr. Tischer (Deutschland): «Die Gattun- mit Herrn Vatrican als Präsident, Dr. W. gen Conophytum und Ophthalmophyllum.» Cullmann als Vizepräsident, H. Krainz Dr. W. Cullmann (Deutschland): «Die Kul- und Dr. B. K. Boom als Sekretäre. Anstelle tur der Cereen in klimatisch kühleren Ge- einer finanziell noch nicht möglichen IOS- bieten.» Die vier letzten Vorträge sind in- Revue soll nach Bedarf ein «Bulletin der zwischen im Bulletin der IOS, Nr. 1, vom IOS» erscheinen und damit den Übergang November 1961, allen Mitgliedern zuge- bilden zu einer größeren wissenschaft- stellt worden. Dazwischen wurden von lichen Publikation, sobald die Mittel dies Herrn Vatrican (Monaco) Farbaufnah- gestatten. Dann wurden auch nach An- men aus dem Jardin exotique, von Don nahme einer Statutenerweiterung eine An- Fernando Riviere de Garalt (Spanien) zahl neuer Mitglieder aufgenommen: J. Farbaufnahmen aus «Pinya de Rosa» und Bonefaas (Holland), W. Haage (Deutsch- von A. F. H. Buining (Holland) ein Farb- land), Dr. H. Ihlenfeldt (Deutschland), film von Prof. Cardenas (Bolivien) vor- K. Karmazin (Tschechoslow.), M. Kroen- geführt. lein (Monaco), F. Ritter (Chile), L. Schat- tat (Frankreich), Professor. Dr. Straka Am folgenden Tage fuhren die Teilneh- (Deutschland). Der nächste Kongreß soll in mer auf den Montserrat, den heiligen Berg Cap Ferrat, eventuell in Sizilien, abgehal- von Katalonien, dessen eigenartige Fels- ten werden. landschaft mit dem berühmten großen Benediktinerkloster jedem Besucher un- Den Abschluß des ganzen, in allen Tei- vergeßlich bleibt. len befriedigenden Kongresses bildete ein Bankett, zu dem die Stadt Barcelona durch Am Freitag fanden interne Sitzungen den Servicio Municipal de Parques y Jar- statt. Es wurde vor allem eine Redaktions- dines in die Pergola am Mont Juich ein- kommission gewählt mit der Aufgabe, dem geladen hatte. Damit fand eine Tagung den nächsten Kongreß neue Statuten zu unter- Abschluß, welche in ihrer Vielfältigkeit breiten, welche den Gründungsgedanken, und den zahlreichen persönlichen Bindun- die auf dem Kongreß in Zürich 1950 zum gen ein vorzügliches Omen für die Zukunft Zusammenschluß der interessierten Kreise der IOS bedeutet. geführt haben, besser entsprechen sollen. Anschrift des Verfassers: Um auch die IOS nach außen vertreten zu Dr. E. Buchmann-Felber, können, wurde eine Kommission bestellt Teienstr. 60, Feldmeilen ZH

140 Buchbesprechung

Peter R. O. Bally: The Genus Monade- such, sämtliche Monadenium-Arten über- nium. Monographie (1961). 128 Seiten mit 5 sichtlich darzustellen. Dies gelingt ihm Karten, 42 Photos, 23 Färb- und 9 Schwarz- auch mit seinen vielen, klaren Zeichnungen weiß-Tafeln. Englisch. In Leinen gebunden, im Text vorzüglich. Außer den seit gerau- 21 x 20 cm. Preis: Fr. 35.—. Benteli-Verlag, mer Zeit bekannten Monadenien gibt er Bern (Schweiz). neuere, die er 1959 in «Candollea» veröf- Mit seiner mehr als 25jährigen Erfah- fentlichte, sowie acht Erstbeschreibungen, rung war der Botaniker P. R. O. Bally wie so daß sein Werk insgesamt 47 Arten mit kein zweiter dazu berufen, die Gattung 17 Varietäten umfaßt. Daneben enthält der Monadenium monographisch zu bearbeiten. Band zahlreiche Photos, zum Teil Standorts- Von 1938 bis 1958 war er am Coryndon Me- aufnahmen, fünf Karten, Tabellen, einen morial Museum in Nairobi, Kenia, tätig. Bestimmungsschlüssel für die Arten und Dort interessierte er sich im besonderen für als Krönung des Ganzen die 23 wissen- die sukkulenten Gewächse in den Familien schaftlich wertvollen und dennoch sehr an- der Asclepiadaceen und Euphorbiaceen. sprechenden Farbtafeln, denen sich neun in Auf zahlreichen, oft mühsamen und gefähr- Schwarzweiß zugesellen. lichen Exkursionen sammelte er sein Ma- terial und beobachtete die Pflanzen an Dieses ausgezeichnete und sorgfältig aus- ihrem Standort oder kultivierte sie in Nai- geführte Werk kann für künftige Bearbei- robi. So erhielt er einen selten umfassen- tungen von Pflanzenmonographien als Vor- den Überblick und zugleich genaue An- bild dienen und sei jedem Sukkulentenlieb- haltspunkte in morphologischer, systemati- haber und botanisch Interessierten bestens scher und pflanzengeographischer Hinsicht. empfohlen, auch wenn ihm diese merkwür- Er unternimmt nun in seiner Monographie dige Gattung vielleicht bisher noch unbe- den als gelungen zu bezeichnenden Ver- kannt war. E. Rupf

Corrigenda

In «Sukkulentenkunde» VI, Januar 1957, Seite 4 und Seite 5: Schnitt von Abb. 7, Nek- tarkammer Abb. 7a und Narbe Abb. 4b, gehört zu Cephalocereus hoppenstedtii. Schnitt von Abb. 4 und die Nektardrüse Abb. 4a gehören zu Pilocereus (bzw. Pilosocereus) ca- tingicola.

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Druck: AG Buchdruckerei B. Fischer, Münsingen