Land Gesundheits Studie 1973 - 1994 - 2008

Gesundheit und alltägliche Lebensführung im Wandel einer ländlichen Region

Stephan Beetz, Thomas Elkeles, Christof Röttger, Enrica Hinz, Dominik Röding

Plenum Gesundheit und Lebensqualität im Lebenslauf - Stabilität und Wandel in sicheren und unsicheren Zeiten auf dem 34. Kongress der DGS

Jena, 8. Oktober 2008

1 Land Gesundheits Studie 1973 - 1994 - 2008

Gliederung:

• Räumlicher Kontext und Gesundheit • Vorstellung der Gesamtstudie • Sozialer Wandel der ländlichen Gesellschaft in Nordostdeutschland • Gesundheitshandeln zwischen Kontinuität und Veränderung • Räumliche Kontexte: Betrieb, Dorf, Gemeinde, Netzwerke, Medien • Fazit

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Räumliche Dimension von Gesundheit

Komplexe Erklärungsansätze:

1. Sozialstruktureller Ansatz (Bildung, Einkommen, Arbeitslosigkeit) 2. Infrastruktureller Ansatz (Erreichbarkeit, Versorgungsbedingungen) 3. Umweltbezogener Ansatz (Emissionen, grüne Räume) 4. Regionalkultureller Ansatz (Alltagspraktiken, Lebensführung) 3 Land Gesundheits Studie 1973 - 1994 - 2008

Projekt: Gesundheit und alltägliche Lebensführung in nordostdeutschen Landgemeinden Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (EL 493/2-1), 2008 - 2010

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Verknüpfung unterschiedlicher methodischer Ebenen

• regionale Strukturen als Bedingungen von kollektiven und individuellen Handlungen, Aufbereitung regionalsensibler und gemeindetiefer Kontextdaten (amtliche Statistik, Arbeitsmarktdaten), • kollektive Handlungseinheiten sowohl in Form von Milieus/Netzwerken als Gemeinden (Experteninterviews, Dorfstudien) • individuelle Ebene in Bezug auf spezifische regionale Strukturen und kollektive Handlungsmöglichkeiten (standardisierte Surveys als Vollerhebung und qualitative Interviews mit Einwohnern) 5 Land Gesundheits Studie 1973 - 1994 - 2008

Historie und Stand des Projektes 1973 Zufällige Auswahl von 14 Gemeinden nach Gemeindegrößenklassen im Bezirk und Vollerhebung aller dort wohnhaften Personen ab 18 Jahren (n=3510) (Ausschöpfungquote 83%) 1994 Vollerhebung in denselben Gemeinden, mit veränderter Fragestellung und Methodik (n=2155) (Ausschöpfungsquote 68%) 2004 Pretest in einer der 14 Gemeinden, modifizierte Anpassung von Fragestellungen(n=138)(Ausschöpfungsquote 43%) 2008-2010 DFG-geförderte Vollerhebung in den Gemeinden 6 Land Gesundheits Studie 1973 - 1994 - 2008

Drei Phasen:

Modernisierung/Angleichung Stadt - Land

Transformation/Angleichung Ost - West

Peripherisierung • Sozialstrukturelle Abkoppelung eines Teiles der Bevölkerung • geringe Wertschöpfung, Niedriglohnsektor, prekäre Beschäftigung • Rückzug der Infrastruktur, Verringerung der Lebensqualität • geringe politische Partizipation und Institutionenbildung

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Wandel: Veränderung Altersstrukturen 1998-2006 (in %) in drei Gemeinden bzw. Ämtern

1998-12

2000-12

2002-12

2004-12

2006-12

1998-12

2000-12

2002-12

2004-12

2006-12

1998-12

2000-12

2002-12

2004-12

2006-12 0% 20% 40% 60% 80% 100% unter 3 3 - 6 6 - 10 10 - 15 15 - 20 20 - 25 25 - 30 30 - 40 40 - 50 50 - 60 60 - 65 65 und mehr

Gemeindedaten MV 8 Land Gesundheits Studie 1973 - 1994 - 2008

Armut* in den Untersuchungsgemeinden

% n

'Arme' 21,5 464 'Nicht – Arme' 54,5 1174 Fehlend 24,0 517 Gesamt 100 2155

Datenbasis: Landgesundheitsstudie, Welle 2 (1994) * < 50%-Äquivalenzeinkommen des monatlichen Nettohaushaltseinkommens

9 Land Gesundheits Studie 1973 - 1994 - 2008 Krankenhausplätze je 10.000 Einwohner

80

70 gesamt Chirurgie

Innere Medizin Kinderheilkunde

60 Orthopädie Psychiatrie

50

40

30

20

10

0 Bundesrepublik , Land , Landkreis Mecklenburg- , Landkreis Mecklenburg-Strelitz, , Deutschland Vorpommern, Land Landkreis Landkreis

INKAR Regional 2006 10 Land Gesundheits Studie 1973 - 1994 - 2008

Riskantes Leben unter prekären Bedingungen?

11 Familienatlas 2005, Bild nach Gaschke, Die Zeit 04/2005, S. 6 Land Gesundheits Studie 1973 - 1994 - 2008 Getötete im Straßenverkehr je 10.000 Einwohner 1995-2004

60,0

BB D UM MV DM MST OVP

50,0

40,0

30,0

20,0

10,0

0,0 1995-J 1996-J 1997-J 1998-J 1999-J 2000-J 2001-J 2002-J 2003-J 2004-J 12 Datenbasis: INKAR Regional 2006 Land Gesundheits Studie 1973 - 1994 - 2008 Gesundheitsverhalten Gemeinden (in %)

Erhebungswelle 1973 1994 2004 Indikator N= N= N= 132 3510 2285 Einschätzung Gesundheitszustand „sehr gut“ / „gut“ 42 40 46 „weniger gut“ / „schlecht“ 9 17 10 Tägliche Gymnastik „täglich“ 12 12 Sportaktivitäten „mehrmals in der Woche“ 21 13 31 Gartenarbeit „mehrmals in der Woche“ - 27 28 Längere Fußwege „mehrmals in der Woche“ - 30 29 Fahrrad fahren „mehrmals in der Woche“ - 15 19 Einnahme Schmerztabletten „ein/mehrmals wöchentlich“ 18 8 11 Rauchen (m/w) „nie geraucht“ 29 / 89 24 / 64 26 / 57 „aufgehört zu rauchen“ 10 / 2 30 / 13 25 / 14 Einstiegsalter Rauchen (m/w) unter 16 Jahre 19 / 10 40 / 34 44 / 31 Einschätzung Ernährungsverhalten „eher ungesund“ 10 28 17 Regelmäßige Mahlzeiten „vollkommen“ 51 41 56 Genügend Zeit für das Essen „vollkommen“ 50 42 38 Hauptmahlzeit Mittag „vollkommen“ 92 71 58 Einnahme von Milch, Quark „täglich“ / „fast täglich“ 24 23 27 Einnahme von Frisch-/Rohgemüse „täglich“ / „fast täglich“ 8 15 / 13 17 / 25

13 Datenbasis: Landgesundheitsstudie, Wellen 1, 2, 3 Land Gesundheits Studie 1973 - 1994 - 2008

Subjektiver Gesundheitszustand und Armut nach Alter und Geschlecht

(Nennungen weniger gut und schlecht in %)

Männer Frauen Arm Nicht-Arm Arm Nicht-Arm 18-29 Jahre 4,8 7,7 9,8 8,9 30-39 Jahre 12,7 7,3 6,9 6,1 40-49 Jahre 22,6 9,3 23,5 16,7 50-59 Jahre 25,0 22,4 25,0 28,6 60 + älter 27,6 25,0 37,5 31,4

Datenbasis: Landgesundheitsstudie, Welle 2 (1994)

14 Land Gesundheits Studie 1973 - 1994 - 2008 Gesundheitsverhalten Gemeinden (in %)

nie Alkohol/hochprozentig

nie Alkohol/Bier

ja längere Fußwege

nein Sportaktivitäten gesamt nie Battin Rauchen Ballin Bagemühl Normalgewicht BMI Badresch

mehrm Woche Salat, rohes Gemüse

ja gesunde Ernährung

vollkommen genügend Zeit

vollkommen regelmäßige Mahlzeit

ja Gesundheitsunters 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 15 Datenbasis: Landgesundheitsstudie, Welle 2 (1994) Land Gesundheits Studie 1973 - 1994 - 2008

Fazit:

• Lebensführung nur teilweise als ländlich typisierbar, möglicherweise Probleme durch externe Modernisierung • regionale Kontexte sind überwiegend von Strukturschwäche gekennzeichnet • alltägliche Lebensführung wird unter prekären Bedingungen aufrecht erhalten • Frühes Altern • intermediäre Kontexte besitzen unterschiedliche räumliche Bezüge • Kontextabhängigkeit ist selbst ein Merkmal der alltäglichen Lebensführung

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