Plenarprotokoll 16/107

Deutscher Bundestag

Stenografischer Bericht

107. Sitzung

Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Inhalt:

Wahl der Abgeordneten geordneter und der Fraktion des BÜNDNIS- und als ordentliche Mit- SES 90/DIE GRÜNEN: EU-Regierungskon- glieder und des Abgeordneten Steffen ferenz – Für eine handlungsfähige und Kampeter als stellvertretendes Mitglied des demokratische EU Gemeinsamen Ausschusses nach Art. 53 a (Drucksache 16/5888) ...... 10987 D des Grundgesetzes ...... 10987 B Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD) ...... 10987 D Wahl des Vizepräsidenten Dr. h. c. als neues stellvertretendes Mitglied Markus Löning (FDP) ...... 10989 C im Kuratorium der Stiftung „Haus der Ge- (CDU/CSU) ...... 10991 B schichte der Bundesrepublik Deutsch- land“ ...... 10987 B (DIE LINKE) ...... 10993 A Gunther Krichbaum (CDU/CSU) ...... 10994 C Alexander Ulrich (DIE LINKE) ...... 10994 D Zusatztagesordnungspunkt 1: Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ Vereinbarte Debatte: zur vorgesehenen Än- DIE GRÜNEN) ...... 10995 B derung der vertraglichen Grundlagen der EU ...... 10987 C Michael Roth (Heringen) (SPD) ...... 10996 D (CDU/CSU) ...... 10998 C in Verbindung mit

Tagesordnungspunkt 2: Zusatztagesordnungspunkt 2: Fragestunde Antrag der Abgeordneten Markus Löning, Dr. (Drucksachen 16/5854, 16/5874) ...... 11000 A , Michael Link (Heilbronn), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: EU-Regierungskonferenz schnell zum Mündliche Frage 2 Erfolg führen Cornelia Hirsch (DIE LINKE) (Drucksache 16/5882) ...... 10987 C Änderungen bezüglich der Verbesserungen bei den Förderungen für Migranten im in Verbindung mit Zuge der geplanten BAföG-Novelle Antwort Andreas Storm, Parl. Staatssekretär Zusatztagesordnungspunkt 3: BMBF ...... 11000 B Antrag der Abgeordneten Rainder Steenblock, Zusatzfragen Jürgen Trittin, , weiterer Ab- Cornelia Hirsch (DIE LINKE) ...... 11000 B II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Ulla Jelpke (DIE LINKE) ...... 11001 A Gesamthöhe der Investitionskosten und Dr. (DIE LINKE) ...... 11001 A Aufgabenträger beim Transrapid-Projekt Sevim Dağdelen (DIE LINKE) ...... 11001 B in München sowie Träger für eventuelle Mehrkosten; Finanzierungszusage der Bundesregierung und mögliche Umschich- Mündliche Frage 3 tung der Mittel zugunsten einer verbesser- Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ ten Schienenverbindung DIE GRÜNEN) Antwort Achim Großmann, Parl. Staatssekretär Nachmeldung des deutschen „Aktionsplans BMVBS ...... 11006 C für Energieeffizienz“ in Brüssel durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Zusatzfragen Technologie sowie Begründung für die Ver- Dr. (BÜNDNIS 90/ zögerung DIE GRÜNEN) ...... 11006 D Antwort , Parl. Staatssekretär Mündliche Frage 10 BMWi ...... 11001 C (CDU/CSU) Zusatzfragen Anmeldung von Projekten bezüglich TEN- Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ Zuschüsse für den Mehrjahreszeitraum DIE GRÜNEN) ...... 11001 D 2007 bis 2013 bzw. das Jahresprogramm 2008 bis zum 20. Juli 2007 bei der EU- Kommission Mündliche Frage 4 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ Antwort DIE GRÜNEN) Achim Großmann, Parl. Staatssekretär BMVBS ...... 11007 D Bilanz der verbrauchspolitischen Beschlüsse unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft Zusatzfragen sowie dabei erzielte Fortschritte für die Veronika Bellmann (CDU/CSU) ...... 11008 A deutschen Verbraucher Antwort Mündliche Frage 11 Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär Veronika Bellmann (CDU/CSU) BMELV ...... 11002 C Berücksichtigung der Weiterentwicklung der Zusatzfragen Achse 22 Rostock–Berlin–Dresden–Prag bei Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ der Anmeldung von Projekten bezüglich DIE GRÜNEN) ...... 11003 C TEN-Zuschüsse für den Mehrjahreszeit- Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU) ...... 11004 B raum 2007 bis 2013 bzw. das Jahrespro- Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ gramm 2008 DIE GRÜNEN) ...... 11004 C Antwort Achim Großmann, Parl. Staatssekretär BMVBS ...... 11008 C Mündliche Frage 5 Ina Lenke (FDP) Zusatzfragen Veronika Bellmann (CDU/CSU) ...... 11008 C Zwischenergebnisse hinsichtlich der Be- Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ wertung der 145 familienbezogenen Leis- DIE GRÜNEN) ...... 11008 D tungen und Maßnahmen sowie Vorlage des Lutz Heilmann (DIE LINKE) ...... 11009 B Endberichts durch das Kompetenzzentrum Antwort Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär Mündliche Frage 12 Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ BMFSFJ ...... 11005 A DIE GRÜNEN) Zusatzfragen Anmeldung von Verkehrsprojekten als Ina Lenke (FDP) ...... 11005 C vorrangig zu fördernde Projekte im Rah- (FDP) ...... 11006 B men der TEN-Projekte für die Förderperio- de 2007 bis 2013 Mündliche Fragen 8 und 9 Antwort Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ Achim Großmann, Parl. Staatssekretär DIE GRÜNEN) BMVBS ...... 11009 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 III

Zusatzfrage Mündliche Frage 21 Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ Cornelia Hirsch (DIE LINKE) DIE GRÜNEN) ...... 11009 D Gründe für eine Gesetzesinitiative zur Be- reitstellung von Ausbildungsplätzen durch Zuschüsse aus Steuermitteln vor dem Hin- Mündliche Frage 13 tergrund der Zuständigkeit der Arbeitge- Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ ber für die Bereitstellung von Ausbildungs- DIE GRÜNEN) plätzen Höhe des bei der EU beantragten Finanzie- Antwort rungsanteils bei Beantragung des Verkehrs- Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär projekts feste Fehmarnbeltquerung BMAS ...... 11015 B Antwort Zusatzfragen Achim Großmann, Parl. Staatssekretär Cornelia Hirsch (DIE LINKE) ...... 11015 B BMVBS ...... 11010 A Lutz Heilmann (DIE LINKE) ...... 11016 B Zusatzfragen Inge Höger (DIE LINKE) ...... 11016 D Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/ Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) . . . . . 11017 B DIE GRÜNEN) ...... 11010 B (DIE LINKE) ...... 11017 C Lutz Heilmann (DIE LINKE) ...... 11010 C Sevim Dağdelen (DIE LINKE) ...... 11017 D Cornelia Hirsch (DIE LINKE) ...... 11010 D Heike Hänsel (DIE LINKE) ...... 11018 A (CDU/CSU) ...... 11010 D

Mündliche Frage 23 Mündliche Frage 19 Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Haltung der Bundesregierung zur Festle- Auswahlkriterien für die Einladung von gung des Koalitionsausschusses bezüglich Organisationen zum 2. Integrationsgipfel Aufnahme von Branchen mit einer Tarif- der Bundesregierung am 12. Juli 2007 bindung von mindestens 50 Prozent in das Antwort Arbeitnehmer-Entsendegesetz Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin Antwort BK ...... 11011 C Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär Zusatzfragen BMAS ...... 11018 B Sevim Dağdelen (DIE LINKE) ...... 11011 D Cornelia Hirsch (DIE LINKE) ...... 11012 C Zusatzfragen Ulla Jelpke (DIE LINKE) ...... 11013 A Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) . . . . . 11018 C Lutz Heilmann (DIE LINKE) ...... 11013 B Cornelia Hirsch (DIE LINKE) ...... 11019 A Sevim Dağdelen (DIE LINKE) ...... 11019 A Inge Höger (DIE LINKE) ...... 11019 B Heike Hänsel (DIE LINKE) ...... 11019 D Mündliche Frage 20 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Berücksichtigung des von den nach dem Mündliche Frage 32 1. Integrationsgipfel eingesetzten Arbeits- Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ gruppen erarbeiteten Abschlussberichts im DIE GRÜNEN) nationalen Aktionsplan Integration für die Einbindung der Bundesregierung in die Vorstellung auf dem 2. Integrationsgipfel Planung der Sicherheitsmaßnahmen für Antwort den G-8-Gipfel in Heiligendamm Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin BK ...... 11013 C Antwort , Parl. Staatssekretär Zusatzfragen BMI ...... 11020 B Sevim Dağdelen (DIE LINKE) ...... 11013 C Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) ...... 11013 D Zusatzfragen Lutz Heilmann (DIE LINKE) ...... 11014 A Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ Inge Höger (DIE LINKE) ...... 11014 B DIE GRÜNEN) ...... 11020 C Ulla Jelpke (DIE LINKE) ...... 11014 B Inge Höger (DIE LINKE) ...... 11021 A Cornelia Hirsch (DIE LINKE) ...... 11014 D Cornelia Hirsch (DIE LINKE) ...... 11021 B IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Zur Geschäftsordnung Christian Ahrendt (FDP) ...... 11026 C Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 11021 C (SPD) ...... 11027 D Ulla Jelpke (DIE LINKE) ...... 11028 D Mündliche Frage 34 (CDU/CSU) ...... 11029 D Ulla Jelpke (DIE LINKE) Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ Verantwortung der Bundesregierung für DIE GRÜNEN) ...... 11031 A rechtsstaatskonforme Polizeimaßnahmen während des G-8-Gipfels sowie Bewertung Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) ...... 11032 A der teilweise über 24 Stunden andauernden (CDU/CSU) ...... 11033 A Unterbringung von Gefangenen in Käfi- gen während des G-8-Gipfels Wolfgang Gunkel (SPD) ...... 11034 B Antwort Gert Winkelmeier (fraktionslos) ...... 11035 D Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär BMI ...... 11021 D (SPD) ...... 11036 B Zusatzfragen (CDU/CSU) ...... 11037 A Ulla Jelpke (DIE LINKE) ...... 11022 A Cornelia Hirsch (DIE LINKE) ...... 11022 C Nächste Sitzung ...... 11038 C

Mündliche Frage 35 (BÜNDNIS 90/ Anlage 1 DIE GRÜNEN) Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 11039 A Gründe des Einsatzes von Spähpanzern in Heiligendamm anlässlich des G-8-Gipfels

Antwort Anlage 2 Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär BMI ...... 11023 A Dringliche Frage 1 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 36 Kenntnis der Bundesregierung über eine Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ mögliche Verwendung von durch Tornado- DIE GRÜNEN) Flugzeuge, weitere Einheiten und Radar- Aufgaben der durch die Landesregierung Aufklärungssatelliten der Bundeswehr be- Mecklenburg-Vorpommern angeforderten reitgestellte Informationen für US-geführte und eingesetzten Feldjäger anlässlich des Luftangriffe in Afghanistan mit 300 getöte- G-8-Gipfels sowie Begründung des Einsat- ten Zivilisten im Jahr 2007 zes der Feldjäger anstatt der Länderpoli- Antwort zeien oder der Bundespolizei für diese Auf- Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär gaben BMVg ...... 11039 B Antwort Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär BMI ...... 11023 C Anlage 3 Mündliche Frage 1 Zusatztagesordnungspunkt 5: (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zu der Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Antwort der Bundesregierung auf die Frage: der Föderalismusreform für die angekün- Bundeswehreinsatz beim G-8-Gipfel . . . . . 11023 D digte Qualifizierungsoffensive zur ange- strebten Halbierung der Studienabbrecher- Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ quote DIE GRÜNEN) ...... 11023 D Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär Andreas Storm, Parl. Staatssekretär BMVg ...... 11024 D BMBF ...... 11039 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 V

Anlage 4 AKW Brunsbüttel beim Bundesministe- rium für Umwelt, Naturschutz und Reak- Mündliche Frage 6 torsicherheit, Datum der offiziellen In- Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) kenntnissetzung des Bundestages über Vertraglich vereinbarter Abgabetermin für diesen Antrag sowie weitere beim Bun- die Ergebnisse des Forschungsprojektes desumweltministerium vorliegende An- „Die wirtschaftliche Entwicklung der neuen träge auf Strommengenübertragung Länder im internationalen Standortver- Antwort gleich“ des Bundesamtes für Bauwesen Astrid Klug, Parl. Staatssekretärin und Raumordnung BMU ...... 11040 D Antwort Ulrich Kasparick, Parl. Staatssekretär BMVBS ...... 11040 A Anlage 8 Mündliche Frage 18 Christoph Waitz (FDP) Anlage 5 Einsparungen der im Kabinettsentwurf des Mündliche Frage 7 Bundeshaushalts 2007 für den Bereich des Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) Beauftragten für Kultur und Medien vor- gesehenen globalen Minderausgabe Durch Finanzierung von Weiterbildung und Abbau bürokratischer Schranken ent- Antwort wickelte Programme zur vom Beauftragten , Staatsminister der Bundesregierung für die neuen Bundes- BK ...... 11041 C länder, Bundesminister , angekündigten Unterstützung des bürger- schaftlichen Engagements in Ostdeutsch- land Anlage 9 Antwort Mündliche Frage 22 Ulrich Kasparick, Parl. Staatssekretär Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ BMVBS ...... 11040 B DIE GRÜNEN) Entwicklung konkreter Maßnahmen und Gesetzesinitiativen zum Schutz von Prakti- Anlage 6 kanten Mündliche Frage 14 Antwort Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär BMAS ...... 11042 A Haltung der Bundesregierung zu den vom Statistischen Bundesamt in der Pressemit- teilung vom 14. Juni 2007 verkündeten Rekordzahlen von Passagieren deutscher Anlage 10 Flughäfen hinsichtlich Auswirkungen auf Umwelt und Klima Mündliche Fragen 24 und 25 Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ Antwort DIE GRÜNEN) Astrid Klug, Parl. Staatssekretärin BMU ...... 11040 C Zahl der Stellen im Bereich der Arbeitsge- meinschaften (Argen) mit sachgrundloser Befristung ohne Umwandlungsmöglichkeit in ein dauerhaftes Beschäftigungsverhält- Anlage 7 nis, Datum der Befristungen sowie Anteil der Beschäftigten in den Argen; Lösungen Mündliche Fragen 15 und 16 für solche im Jahr 2007/2008 auslaufenden Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ Stellen zur Verhinderung des Verlusts von DIE GRÜNEN) qualifiziertem Personal Datum des Antrags des Energiekonzerns Antwort Vattenfall auf Strommengenübertragung Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär vom Atomkraftwerk Krümmel auf das BMAS ...... 11042 B VI Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Anlage 11 Anlage 14 Mündliche Fragen 26 und 27 Mündliche Fragen 30 und 31 (BÜNDNIS 90/ Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) DIE GRÜNEN) Den deutschen Behörden aus den Jahren Gültigkeit der laut Bundesregierung er- 2001 bis 2006 bekannte Fälle einer verwei- höhten Terrorgefahr auch für Atomkraft- gerten Einreise von deutschen Staatsbür- werke sowie konkrete Hinweise für die Ge- fährdung von Atomkraftwerken gern in die USA, einer frühzeitig veranlass- ten Rückkehr oder einer Inhaftierung Antwort durch die USA aufgrund von Visa-Verlet- Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär zungen; Maßnahmen der Bundesregie- BMI ...... 11044 A rung zur Sicherstellung der Einhaltung des Wiener Übereinkommens über Konsulari- sche Beziehungen (WÜK), insbesondere des Art. 36 Abs. 2, mit der Informations- Anlage 15 pflicht der USA an zuständige deutsche Mündliche Frage 33 Stellen bei der Verweigerung der Einreise (Köln) (BÜNDNIS 90/ von deutschen Staatsbürgern DIE GRÜNEN) Antwort Notwendigkeit von Tiefflügen der beim , Staatsminister G-8-Gipfel in Heiligendamm eingesetzten AA ...... 11043 A Tornados Antwort Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär Anlage 12 BMI ...... 11044 B Mündliche Frage 28 Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ Anlage 16 DIE GRÜNEN) Mündliche Frage 37 Gründe für das Fehlen eines Militäratta- (DIE LINKE) chés und eines Polizeiverbindungsbeamten in der Deutschen Botschaft im Libanon Zahl der seit Anfang 2006 unter Beteili- trotz intensiver Zusammenarbeit bei Poli- gung der Bundespolizei stattgefundenen zei- und Militärausbildung Polizeiübungen mit internationaler Beteili- gung in der Art der Übung von Antwort Korschenbroich im Mai 2007 Gernot Erler, Staatsminister AA ...... 11043 C Antwort Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär BMI ...... 11044 C

Anlage 13 Mündliche Frage 29 Anlage 17 Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ Mündliche Frage 38 DIE GRÜNEN) Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gründe für die Uneinigkeit zwischen den Bundesministerien des Inneren und der Fi- Definition von Steuertransparenz im Zu- nanzen bezüglich der finanziellen Absiche- sammenhang mit einem Schreiben des rung eines Pilotprojektes zur Sicherung Bundesfinanzministers vom 10. Mai 2007 der libanesischen Nordgrenze trotz der ho- zum Endbericht des Gutachtens „Erwerb hen politischen Bedeutung und der Ge- und Übernahme von Firmen durch Finanz- spräche zwischen der Bundeskanzlerin und investoren“; geschätzte Steuerausfälle dem libanesischen Premierminister, Fuad durch die Besteuerung von Erträgen aus Siniora an Personengesellschaften beteiligten Kapi- talbeteiligungsunternehmen in der Rechts- Antwort form der Kapitalgesellschaft in voller Höhe Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär zum individuellen Steuersatz beim privaten BMI ...... 11043 D Anteilseigner Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 VII

Antwort Antwort Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF ...... 11044 D BMF ...... 11046 B

Anlage 18 Anlage 22 Mündliche Frage 39 Mündliche Fragen 45 und 46 Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ Inge Höger (DIE LINKE) DIE GRÜNEN) Ausschluss der Verwendung von durch die Anzahl der ehemals gemeinnützigen Woh- Bundeswehr erstellten Aufnahmen von De- nungsunternehmen mit einem vom Bun- monstranten im Kontext des G-8-Gipfels desrat bezifferten und für die Belegung mit für die Identifizierung von Personen und der Abgeltungsteuer im Jahressteuerge- Kennzeichen sowie zukünftiges Zugriffs- setz 2008 vorgesehenen Eigenkapital 02 recht auf diese Daten (EK 02) in Höhe von 98 Milliarden Euro Antwort sowie Haltung der Bundesregierung zu Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär daraus laut Presse resultierenden Miet- BMVg ...... 11046 C erhöhungen, Unterlassungen von Instand- haltungen und Wohnungsverkäufen Antwort Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin Anlage 23 BMF ...... 11045 B Mündliche Frage 47 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Anlage 19 Auswirkungen des Einsatzes von Spähpan- zern, Tornados und Feldjägern beim G-8- Mündliche Fragen 40 und 41 Gipfel in Heiligendamm auf die Demon- Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ strationsteilnehmer DIE GRÜNEN) Antwort Vorschläge zu Modellen der Mitarbeiterbe- Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär teiligung im Sinne einer partnerschaftli- BMVg ...... 11046 C chen Unternehmenskultur Antwort Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin Anlage 24 BMF ...... 11045 C Mündliche Frage 48 Ulla Jelpke (DIE LINKE) Anlage 20 Haltung der Bundesregierung zur alleini- gen Prüfung auf die Verhältnismäßigkeit Mündliche Fragen 42 und 43 eines von einem Bundesland an die Bun- (BÜNDNIS 90/ desregierung gestellten Amtshilfeersuchens DIE GRÜNEN) durch das Bundesland laut Aussage des Vorlage eines Modells der Mitarbeiterbe- Parlamentarischen Staatssekretärs Christian teiligung noch in dieser Legislaturperiode Schmidt sowie Bewertung der Tornado- Aufklärungsflüge beim G-8-Gipfel vor die- Antwort sem Hintergrund Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF ...... 11046 A Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg ...... 11047 A Anlage 21 Mündliche Frage 44 Anlage 25 Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) Mündliche Fragen 49 und 50 Gesetzliche Realisierung der vorliegenden (BÜNDNIS 90/ Konzepte der Koalitionspartner für eine DIE GRÜNEN) stärkere Mitarbeiterbeteiligung sowie Aus- wirkungen auf die Tarifverhandlungen der Entstandene erstattungsfähige Kosten der Tarifpartner Bundeswehr im Zusammenhang mit dem VIII Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

G-8-Gipfel sowie Träger der Kosten; Be- Anlage 26 stätigung des durch die Vertreter des Bun- Mündliche Frage 51 des gegenüber der Landesregierung Jan Korte (DIE LINKE) Mecklenburg-Vorpommern erweckten Ein- drucks von entgegen der allgemeinen Aufgaben der „Crowd and Riot Control“- Rechtspraxis kostenloser Amtshilfe für Einheit der Bundeswehr (CRC) sowie Ein- Hilfeleistungen der Bundeswehr satzgebiete Antwort Antwort Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg ...... 11047 B BMVg ...... 11047 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 10987

(A) (C) Redetext

107. Sitzung

Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Beginn: 13.00 Uhr

Vizepräsidentin : Ich rufe die Zusatzpunkte 1 bis 3 auf: Die Sitzung ist eröffnet. Guten Tag, liebe Kolleginnen ZP 1 Vereinbarte Debatte und Kollegen! zur vorgesehenen Änderung der vertraglichen Interfraktionell ist vereinbart worden, in der laufen- Grundlagen der EU den Sitzungswoche keine Befragung der Bundesregie- ZP 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Markus rung durchzuführen. Stattdessen soll als erster Punkt der Löning, Dr. Werner Hoyer, Michael Link (Heil- heutigen Tagesordnung eine vereinbarte Debatte zur vor- gesehenen Änderung der vertraglichen Grundlagen der bronn), weiterer Abgeordneter und der Fraktion EU durchgeführt werden. Für die Beratung ist eine der FDP Stunde vorgesehen. Dazu liegen Anträge der Fraktion EU-Regierungskonferenz schnell zum Erfolg der FDP auf Drucksache 16/5882 und der Fraktion des führen Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksache 16/5888 vor, – Drucksache 16/5882 – (B) die an die Ausschüsse überwiesen werden sollen. An- (D) schließend folgen die Fragestunde und eine Aktuelle Überweisungsvorschlag: Stunde. Sind Sie mit diesen Vereinbarungen einverstan- Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f) Auswärtiger Ausschuss den? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so be- Rechtsausschuss schlossen. Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Bevor wir in die Tagesordnung eintreten können, ZP 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainder müssen wir zwei Wahlen zu Gremien durchführen. Die Steenblock, Jürgen Trittin, Omid Nouripour, wei- Fraktion der CDU/CSU hat mitgeteilt, dass die Kollegen terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND- Dr. Reinhard Göhner und Thomas Kossendey als ordent- NISSES 90/DIE GRÜNEN liche Mitglieder aus dem Gemeinsamen Ausschuss nach Art. 53 a des Grundgesetzes ausscheiden. Als Nachfol- EU-Regierungskonferenz – Für eine hand- ger werden der Kollege Ruprecht Polenz, der bisher lungsfähige und demokratische EU stellvertretendes Mitglied war, und der Kollege Enak – Drucksache 16/5888 – Ferlemann vorgeschlagen. Neues stellvertretendes Mit- Überweisungsvorschlag: glied soll der Kollege Steffen Kampeter werden. Sind Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Sie damit einverstanden? – Ich höre keinen Wider- spruch. Dann sind die Kollegen Ruprecht Polenz und Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Enak Ferlemann zu ordentlichen Mitgliedern und der Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen Kollege Steffen Kampeter zum stellvertretenden Mit- Widerspruch. Dann ist so beschlossen. glied des Gemeinsamen Ausschusses nach Art. 53 a des Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle- Grundgesetzes gewählt. gin Dr. Angelica Schwall-Düren für die SPD-Fraktion. Die Fraktion der SPD hat vorgeschlagen, den Vizeprä- (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Veronika sidenten Dr. h. c. Wolfgang Thierse als Nachfolger des Kollegen Eike Hovermann zum neuen stellvertretenden Bellmann [CDU/CSU]) Mitglied im Kuratorium der Stiftung „Haus der Ge- schichte der Bundesrepublik Deutschland“ zu wählen. Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD): Sind Sie damit einverstanden? – Ich höre auch dazu kei- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle- nen Widerspruch. Dann ist der Kollege Dr. h. c. Wolfgang gen! Das ist eine ungewöhnliche Zeit für eine Debatte Thierse zum stellvertretenden Mitglied im Kuratorium über ein so wichtiges Thema wie das Ergebnis des EU- der Stiftung „Haus der Geschichte der Bundesrepublik Gipfels zur Vertragsänderung. Ich freue mich deswegen Deutschland“ gewählt. umso mehr, dass Sie, Frau Bundeskanzlerin, Herr 10988 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Dr. Angelica Schwall-Düren (A) Vizekanzler und Herr Außenminister, an dieser Debatte Der Klimaschutz hat einen ganz entscheidenden Schub (C) teilnehmen. bekommen durch die Vereinbarungen, die in Zusammen- arbeit zwischen Umwelt-, Wirtschaftsminister und Bun- (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem deskanzlerin erreicht worden sind. Mir ist auch sehr BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Iris Gleicke wichtig, dass auf der europäischen Ebene die Debatten [SPD]: Der Wichtigkeit des Themas angemes- über die soziale Dimension durch die Aktivitäten unse- sen!) res Arbeits- und Sozialministers Franz Müntefering ver- Das unterstreicht die Wichtigkeit des Themas, über das stärkt worden sind. wir heute noch einmal sprechen wollen, obwohl die Er- gebnisse des Gipfels in der Öffentlichkeit offensichtlich (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten schon wieder etwas in den Hintergrund getreten sind. der CDU/CSU) Wir erinnern uns, dass die Aussprache zur Regie- Die Thematisierung des europäischen Wirtschafts- und rungserklärung vor dem Regierungsgipfel von Zweifel Sozialmodells, der guten Arbeit, der Teilhabe der Men- und Bangen geprägt war. Wir haben uns gefragt, ob die- schen, vor allen Dingen auch der benachteiligten, ist hier ser Gipfel wirklich zum Erfolg führen kann. Natürlich ganz besonders zu erwähnen. Nicht zuletzt möchte ich hatten wir Hoffnung, aber die Gipfeldramatik hat uns unseren Außenminister nennen, der unter anderem er- zwischendurch erneut zittern lassen. reicht hat, dass das Nahostquartett reaktiviert worden ist Eines müssen wir festhalten: In einer Hinsicht ist der (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Gipfel gescheitert. Es gibt keine europäische Verfassung. der CDU/CSU) Dies wussten wir allerdings schon vor dem Gipfel. Das, was wir mit einer Verfassung verbunden hätten, nämlich und dass die Zentralasienstrategie auf die Agenda ge- den Enthusiasmus für die Europäische Union zu stei- setzt wurde. Ich möchte hier jetzt nicht alles im Einzel- gern, den Zusammenhalt zu stärken und die politische nen schildern. Er hat auch sehr viel Arbeit im Hinter- Vertiefung in einer größeren EU zustande zu bringen, grund dafür geleistet, dass dieser Gipfel letztendlich zum können wir jetzt nicht auf diesem Wege, also nicht mit- Erfolg geführt hat. hilfe einer Verfassung, voranbringen. Dennoch dürfen Damit will ich zur Vertragsreform zurückkommen. wir sagen, dass dieser Gipfel ein großer Erfolg gewesen Ganz entscheidend ist – ich meine, wir müssen das noch ist. Denn er bedeutet Aufbruch. Die Blockade ist durch einmal unterstreichen – die Stärkung der Handlungs- das Mandat für die Regierungskonferenz zur Vertrags- fähigkeit der Europäischen Union durch einen Rats- änderung aufgelöst. präsidenten, der über zweieinhalb Jahre die Leitung der (B) Übrigens möchte ich daran erinnern, dass die gesamte Europäischen Union übernimmt. Es gibt eine weitere (D) deutsche EU-Ratspräsidentschaft aus unserer Sicht ein Stärkung durch den EU-Außenminister; ich nenne ihn großer Erfolg gewesen ist. so, auch wenn er diesen Namen nicht bekommt. Durch seinen Doppelhut stellt er eine enge Verbindung zwi- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie schen Rat und Kommission her und ist eine Vorausset- bei Abgeordneten der FDP) zung – keine Garantie, aber eine Voraussetzung – dafür, Dafür möchten wir Ihnen, Frau Bundeskanzlerin, dan- dass wir mit der Gemeinsamen Außen- und Sicherheits- ken, aber auch allen Ministern und Ministerinnen des politik vorankommen. Kabinetts; ich kann sie nicht alle aufzählen. Selbstverständlich ist uns das Mehr an Demokratie, ( [CDU/CSU]: Warum nicht?) das wir durch diese Vertragsreform erreichen können, ganz besonders wichtig. Das Europäische Parlament Sie werden verstehen, dass ich nur ein paar Einzelne wird gestärkt, wir bekommen ein europäisches Bürger- nenne. begehren, und auch die nationalen Parlamente werden gestärkt. Das ist deshalb wichtig, weil durch die Ver- (Volker Kauder [CDU/CSU]: Wir wollen sie tragsreform die Transparenz eher gemindert worden ist; alle hören! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/ die Komplexität des Textes schafft wenig Durchschau- DIE GRÜNEN]: Fangen Sie mit Michel Glos barkeit. Deswegen brauchen wir die nationalen Parla- an!) mente. Sie sind nicht nur als Frühwarnsysteme und zur – Ich meinte, ich kann nicht alle Minister und deren Er- Subsidiaritätskontrolle wichtig, sondern sie können auch folge, die sie im Rahmen der deutschen Ratspräsident- dazu beitragen, dass die europäische Politik von der na- schaft erreicht haben, aufzählen. tionalen Ebene aus mitgestaltet wird. Mir ist es wichtig, an ein paar wenige Punkte zu erin- (Beifall bei der SPD) nern, zum Beispiel daran, dass die Justizministerin Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher erreicht hat, Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns in der SPD- beispielsweise in Fragen des grenzüberschreitenden Bundestagsfraktion war besonders wichtig, auch formell Schadensersatzes. Es war wichtig, dass der Wirtschafts- das Einvernehmen mit der Regierung hinsichtlich der minister die Senkung der Handygebühren erreicht hat. Einberufung einer Regierungskonferenz festzustellen. (Dr. [CDU/CSU]: Sehr (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: gut!) Gut, dass ihr die Opposition habt!) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 10989

Dr. Angelica Schwall-Düren (A) Nun müssen wir das auf eine Sitzung im Herbst ver- Herzlichen Dank. (C) schieben. Aber wir wollen schon heute anmelden: Es ist (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) uns sehr wichtig, dass der Bundestag eingebunden wird und dass wir unsere Rechte in Anspruch nehmen kön- nen. Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Markus Löning für die (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP FDP-Fraktion. und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der FDP) Aufgabe des Bundestages und der nationalen Parla- mente insgesamt ist es, über jeden einzelnen Recht- Markus Löning (FDP): setzungsakt und seine Auswirkungen einen Dialog bzw. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle- eine Auseinandersetzung zu führen. Das bringt Europa gen! Ich will zu Beginn das aufnehmen, was Sie, Frau den Bürgern näher und macht Europa greifbarer. Aber Schwall-Düren, hier zur Beteiligung des Deutschen ich glaube, dass wir auch in unseren eigenen Reihen und Bundestages gesagt haben. Ich muss sagen, es ist schon mit unseren Kollegen aus den anderen Parlamenten über beschämend für den Deutschen Bundestag, dass wir an- die Gesamtrichtung der Europäischen Union diskutieren stelle der Befragung der Bundesregierung eine vereinbarte müssen. Wir brauchen eine größere Bereitschaft, Europa Debatte führen müssen. Ich hätte es für eine politische zu gestalten. Erneute Versuche, unsere Gemeinsamkeit Selbstverständlichkeit gehalten, dass nach Abschluss der zu verhindern, brauchen wir nicht. deutschen EU-Ratspräsidentschaft, nach Abschluss des Der Erfolg ist noch nicht gesichert. Aber ich denke, Europäischen Rates die Bundeskanzlerin und der Au- dass das enge Mandat für die portugiesische Ratspräsi- ßenminister vor dem Deutschen Bundestag eine Regie- dentschaft eine gute Voraussetzung ist, um dafür zu sor- rungserklärung abgeben und sich der Debatte stellen. Ich gen, dass der Text letztendlich beschlossen werden kann. verstehe das nicht. Allerdings steht noch viel Detailarbeit an. Wir können (Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem uns nicht sicher sein, dass einzelne Mitgliedstaaten – ob BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Großbritannien oder Polen – nicht erneut den Versuch unternehmen werden, Veränderungen des Textes herbei- An dieser Stelle rede ich von einer politischen Selbstver- zuführen. ständlichkeit, noch nicht einmal von der Vereinbarung, die wir getroffen haben. Ich möchte insbesondere in Richtung unseres großen polnischen Nachbarn sagen: Wir brauchen ein selbstbe- (Volker Kauder [CDU/CSU]: Auf die trifft es auch nicht zu!) (B) wusstes Polen, das zu konstruktiver Mitarbeit bereit und (D) nicht von fortlaufendem Misstrauen gegenüber der Euro- – Lieber Herr Kauder, es trifft sehr wohl auf die Verein- päischen Union geprägt ist. Dieses Misstrauen steht barung zu. übrigens nicht im Einklang mit der Auffassung der pol- nischen Bevölkerung, die heute in einem Ausmaß wie (Volker Kauder [CDU/CSU]: Nein, überhaupt nie zuvor, nämlich zu fast 90 Prozent, hinter der Euro- nicht!) päischen Union und ihrer vertraglichen Weiterentwick- – Ich bin in der Schlussphase an den Verhandlungen über lung steht. diese Vereinbarung beteiligt gewesen. Herr Kauder, aus (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Ihrer Fraktion kam das dringende Anliegen, dass in jeder Frage der Vertragsänderung und in jeder Frage der euro- Ich bin froh, dass viele dabei geholfen haben, dieses päischen Erweiterung vorher der Deutsche Bundestag Mandat über diese Hürde zu heben. An dieser Stelle befasst wird, möchte ich Italien, vor allen Dingen aber Frankreich er- wähnen, das auf der europäischen Bühne zurück ist. Ich (Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: In- hoffe, dass das Weimarer Dreieck auch in Zukunft ein formiert wird!) Format sein wird, mit dem wir die EU in einem positiven und er wird nicht befasst in diesem Fall. Sinne weiterentwickeln. (Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem Die Ratifizierung muss gelingen. Die kommenden BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Ab- Monate werden darüber entscheiden, welchen Weg die geordneten der SPD) EU gehen wird: ob es ein Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten oder ob es ein gemeinsames und Ich verstehe das nicht. Ich verstehe auch nicht das Parla- starkes Europa geben wird, das einen positiven Beitrag mentsverständnis, das dahinter steht, dass der Deutsche dazu leisten kann, dass die Konflikte in der Welt gelöst Bundestag vorher nicht damit befasst wird. Wir haben und die großen Herausforderungen, zum Beispiel im Be- ein Ergebnis der deutschen Ratspräsidentschaft, wir ha- reich des Klimaschutzes, wirklich angegangen werden. ben ein Mandat, (Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Zu Europa kann und muss als Chance begriffen werden. was reden Sie?) In diesem Sinne wünschen wir der portugiesischen Rats- präsidentschaft von dieser Stelle aus alles Gute für das und wir würden diesem Mandat zustimmen; wir sind ja Gelingen der Regierungskonferenz und der Ratspräsi- dafür, dass die Regierungskonferenz durchgeführt wird. dentschaft insgesamt. Ich verstehe nicht, warum die Vereinbarung, die mit viel 10990 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Markus Löning (A) Mühe verhandelt worden ist und die dem Deutschen usw. – Ich glaube, dass wir hier ein Stück vor einem Pa- (C) Bundestag auf europäischer Ebene mehr als Informa- radigmenwechsel stehen. tionsrechte, nämlich echte Mitwirkungsrechte gegeben hätte, hier und heute in die Tonne getreten wird. Ich halte (Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: „Ein das für inakzeptabel. Stück vor einem Paradigmenwechsel“?) (Volker Kauder [CDU/CSU]: Kommen Sie Das Wort „Marktwirtschaft“ tauchte schon in der Berli- einmal zur Sache!) ner Erklärung nicht auf. Doch die Marktwirtschaft ist ein Kernelement der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Diese Vereinbarung war dazu gedacht, die demokrati- und der Europäischen Union gewesen. Der Wettbewerb schen Rechte der Abgeordneten zu stärken, die Mitspra- hat dafür gesorgt, dass immer mehr Bürger Zugang zu che des Deutschen Bundestages zu stärken; aber sie war neuen Dienstleistungen und neuem Wohlstand erlangt auch dazu gedacht, dass mehr Transparenz in die euro- haben. Es war ein konstitutives Element der europäi- päische Debatte kommt, Herr Kauder, schen Einigung, dass wir unsere Märkte geöffnet haben. (Ernst Burgbacher [FDP]: Jawohl!) Hätten wir die Kommission, die den Zielen der Union verpflichtet ist, in den letzten Jahren nicht als Hüterin dass wir hier öffentlich debattieren, was in Europa pas- der Verträge gehabt, dann würden wir hier – auch da- siert, um zu verhindern, dass – wie sonst immer – in rüber müssen wir uns klar sein – immer noch mit Telefo- Brüssel hinter verschlossenen Türen debattiert wird und nen mit Drehscheiben telefonieren. die Bürger nicht nachvollziehen können, was passiert. Wir wollen die Debatten hier im Plenum führen, vor den (Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Wir Augen der deutschen Öffentlichkeit. An dieser Stelle nicht!) verweigert die Bundesregierung die Erfüllung der Ver- einbarung. Das finde ich nicht nur schade, das ist eine – Sie vielleicht nicht. Ich weiß nicht, wie Sie zu Hause Schande, das ist ein Schlag ins Gesicht des deutschen telefonieren. Mir würde da einiges einfallen. Parlamentes. Es ist aus unserer Sicht ein schwerer Fehler, dass das (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten gestrichen worden ist. Wir wünschen uns und werden in des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Zukunft darauf dringen, dass die Europäische Union auch weiterhin eine marktwirtschaftliche Union ist. Ge- Lassen Sie mich zu den Inhalten dessen, was der Eu- rade in der Sicherstellung des Wettbewerbs zugunsten ropäische Rat vereinbart hat, einiges sagen: Wir begrü- der Verbraucher sehen wir ein wichtiges Element der so- ßen außerordentlich, dass diese Einigung erreicht worden zialen Dimension der Europäischen Union. (B) ist. Es ist gut, dass es dieses Mandat gibt; das steht außer (D) Zweifel. Wir haben uns dadurch, dass wir mit unseren in- Das Europäische Parlament wird einige Rechte mehr ternen Angelegenheiten nicht zu Potte gekommen sind, erhalten. Wir haben heute erlebt, dass sich die nationalen zum Gespött der Bürger und auch zum Gespött unserer Parlamente ihre Rechte werden erkämpfen müssen. Im Partner in Übersee gemacht. Frau Kanzlerin, ich möchte Vergleich zum Verfassungsvertrag wird die Subsidiari- wiederholen, was ich gerade im Ausschuss gesagt habe: tätskontrolle künftig etwas anders aussehen. Wir brau- Ich finde es sehr wichtig, dass diese Einigung gemeinsam chen ein größeres Quorum. Statt wie vorgesehen sechs erreicht worden ist, mit allen 27 Mitgliedern; dass nie- Wochen, haben wir jetzt zwar acht Wochen Zeit, aber mand von Bord gegangen ist; dass niemand am Rande wir müssen die Hälfte der Parlamente – das sind 14 – da- stehen gelassen wurde. Das ist immer der Geist gewesen, von überzeugen, diese Einrede zu erheben. Ich weiß der die EU geprägt hat. Das war mit 6 oder 9 oder 12 ein- nicht, ob ich das als eine Stärkung der nationalen Parla- fach, das ist mit 27 selbstverständlich viel schwieriger. mente im Bereich der Subsidiarität ansehen kann. Aber wir erkennen an, dass es Ihnen und den anderen Re- gierungschefs gelungen ist, alle 27 an Bord zu halten. Auf jeden Fall müssen wir Parlamentarier – das ist Das ist ein Wert an sich. völlig unabhängig von diesem Reformvertrag – unsere Regierung bei dem, was sie im Ministerrat tut, deutlich (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten strenger kontrollieren. Wir müssen der Regierung von der CDU/CSU) hier aus mehr Berichte und klarere Stellungnahmen ab- fordern, ihr die Hände auch ein Stück weit binden und Ich möchte nun auf den einen oder anderen Wermuts- Richtungen dafür vorgeben, wie verhandelt werden soll. tropfen hinweisen. Der faire und unverfälschte Wett- Das ist allerdings keine Frage des Vertrages, sondern bewerb ist auf Wunsch von Herrn Sarkozy aus den Zie- eine Frage des Selbstbewusstseins dieses Hauses. len der Europäischen Union gestrichen worden. Nun ist ja bekannt, dass Frankreich das sozialistischste aller so- Das Prinzip der doppelten Mehrheit wird erst 2014 zialistischen Länder ist, egal wer da regiert. eingeführt. Darüber kann man nun Tränen vergießen. Ich (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hätte dies gerne früher erreicht; denn damit wird endlich NEN]: Das können Sie Sarkozy nicht nachsa- ein wichtiges Element in die Verträge eingeführt, das un- gen!) serem Demokratieverständnis entspricht, nämlich das Verhältnis One Person, One Vote. Wir sind noch nicht – Ja. Aber was das Staatsverständnis angeht, ist das ganz am Ziel, aber wir gehen zumindest in diese Rich- durchaus so, Herr Trittin; da hilft keine Wortklauberei, tung. Wir sagen, dass die Union nicht nur eine Union der der Wettbewerb sei nur ein Instrument zur Sicherstellung Staaten, sondern auch der Bürger ist. Deshalb ist es Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 10991

Markus Löning (A) selbstverständlich, dass es zumindest annäherungsweise (Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch (C) in diese Richtung geht. beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Es ist schade, dass das noch nicht erreicht wurde, aber Mit der heutigen Debatte zu den vorgesehenen Ände- ich denke, es ist auch durchaus verständlich, dass Polen rungen der vertraglichen Grundlagen der EU wird zu- an dieser Stelle für sein eigenes Anliegen gekämpft hat. nächst die Frage nach den Chancen, Ausblicken und Per- Das kann man hier mit Häme übergießen, man kann das spektiven Europas insgesamt aufgeworfen. Verkürzt aber auch lassen. Ich glaube, es ist wichtig zu erkennen, ließe sich feststellen, dass wir immer die Perspektiven dass die Polen für ihr Anliegen gekämpft haben. Über haben, die wir uns selber geben und dass sich diese Per- die Mittel kann man streiten. Für uns Deutsche ist es spektiven aus Visionen entwickeln. Eine dieser Visionen wichtig, dass die Polen an Bord geblieben sind. Am war unzweifelhaft die einer europäischen Verfassung. Ende des Tages kommt es darauf an, dass wir unser Ver- hältnis zu Polen wieder auf die Reihe bekommen. Das Nach Monaten zäher Verhandlungen im Konvent sind unsere Nachbarn, und sie werden es auch noch sein, wurde schließlich ein Kompromiss gefunden, den im wenn die Kaczynskis längst nicht mehr an der Macht Übrigen damals alle Staats- und Regierungschefs unter- sind. zeichnet und mitgetragen haben, der aber in der Folge- zeit mehr und mehr infrage gestellt wurde. Er wurde so Zum Schluss noch eine Bemerkung: Der Zeitplan ist sehr infrage gestellt, dass wir letzten Endes erhebliche sehr ambitioniert, es ist aber unerlässlich, dass er einge- Schwierigkeiten hatten. halten wird. Wir brauchen 2009, wenn das Europäische Parlament gewählt wird, eine neue Grundlage. Der An dieser Stelle müssen wir uns in Erinnerung rufen, nächste Kommissionspräsident soll vom Europäischen wo wir noch vor einem halben Jahr standen. Alle Posi- Parlament gewählt werden. Das wäre ein sichtbares Zei- tionen gingen auseinander. Auf die deutsche Ratspräsi- chen nach außen, dass es gelungen ist, Europa zu refor- dentschaft kam eine Herkulesaufgabe zu. Ich denke, dass mieren. seitdem unglaublich viel gelungen ist, und zwar deshalb, weil die Bundesregierung – auch im Umgang mit kleine- Vielen Dank. ren Mitgliedstaaten – konsequent, besonnen und mit Be- (Beifall bei der FDP) dacht gehandelt hat. An dieser Stelle sei vor allem den zahlreichen Mitarbeitern im Bundeskanzleramt und im Auswärtigen Amt gedankt, die daran Anteil hatten. Vizepräsidentin Petra Pau: Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Gunther Die Bundesregierung hatte die Aufgabe – auch das Krichbaum das Wort. darf man in Erinnerung rufen –, einen Fahrplan vorzule- (B) gen. Sie hatte dabei den Ehrgeiz, sich sozusagen nicht al- (D) (Beifall bei der CDU/CSU) leine mit den Abfahrtszeiten der Züge zufriedenzugeben; sie wollte vielmehr klären, wohin die Reise tatsächlich Gunther Krichbaum (CDU/CSU): geht. So konnte am Ende der deutschen EU-Ratspräsi- Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen dentschaft ein Konzept vorgelegt werden, das die Hin- und Kollegen! Erlauben Sie mir, dass ich hier zunächst dernisse aus dem Weg geräumt hat. Ich würde sagen, einmal das aufgreife, was Herr Kollege Löning eingangs 80 Prozent der Aufgaben sind gelöst. Aber wir sind si- gesagt hat. cherlich alle zuversichtlich, dass die portugiesische Ratspräsidentschaft mit Engagement auch die letzten Herr Kollege Löning, lassen Sie die Kirche doch ein- 20 Prozent – dabei wird der Teufel im Detail liegen – lö- mal hübsch im Dorf. Wir wurden seitens der Bundesre- sen wird. gierung beispielsweise dadurch unterrichtet, dass Herr Außenminister Steinmeier kürzlich – unmittelbar vor der Erlauben Sie mir, als Parlamentarier den Blick zurück- Ratssitzung – bei uns im Ausschuss war. Unmittelbar da- schweifen zu lassen. Ja, wir wollten eine Verfassung. Wir nach wurden wir ebenfalls von Herrn Außenminister haben zwar letztlich keine Verfassung bekommen; es ist Steinmeier durch einen Brief an Herrn Bundestagspräsi- aber doch deutlich mehr als eine Gebrauchsanweisung denten Dr. Lammert informiert. Sie haben vorhin er- für Europa. Denn ohne das Ergebnis, das wir letzten En- wähnt, was Sie im Ausschuss gesagt haben. Sie hätten des erzielt haben, wäre Europa handlungsunfähig gewe- aber ruhig hinzufügen können, dass auch unsere Bundes- sen. Es ist das Verdienst dieser Bundesregierung, dass kanzlerin an der Ausschusssitzung teilgenommen und wir die Europäische Union, die in diesem Punkt auf der auf alle Fragen Rede und Antwort gestanden hat. Stelle trat, aus dieser Lähmung befreien konnten und wieder eine Perspektive haben, wie es weitergehen soll. (Markus Löning [FDP]: Dafür sind Sie ja da!) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Insofern sind wir alle zuversichtlich, dass diese vertrau- neten der SPD) ensvolle Arbeit fortgesetzt werden kann. Alle gegentei- ligen Vermutungen sind, glaube ich, völlig fehl am Platz. Zu einer Verfassung hätte auch eine Präambel gehört, Ich denke, dass gerade die jetzige Bundesregierung unter in der ein Wertekanon für die Europäische Union zusam- Beweis gestellt hat, wie eng das Verhältnis zwischen Re- mengefasst ist. Symbole wie eine Flagge und eine gierung und Parlament sein kann. Ich hätte mir ge- Hymne hätte ich persönlich ebenfalls sehr begrüßt, aber wünscht, dass das auch in den vergangenen Jahren der dies scheiterte am Widerstand anderer, die die Entste- Fall gewesen wäre. hung eines europäischen Superstaats befürchteten. 10992 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Gunther Krichbaum (A) Letztlich ist es aber gelungen, einen wesentlichen Teil Es liegt in der Tat nun an uns, das mit Leben zu fül- (C) zu integrieren, der zunächst auf der Kippe gestanden len; denn wenn die nationalen Parlamente mehr Einfluss hatte. Wir konnten nämlich das Element der Grund- bekommen, dann müssen sie sich auch dieser Herausfor- rechtecharta und damit die Substanz dessen, was wir derung stellen. Das heißt, nicht nur das Frühwarnsystem für unabdingbar halten, retten. kommt auf uns zu. Vielmehr haben wir es in Zukunft in der Hand, zu vielen Angelegenheiten nicht nur Stellung Frau Bundeskanzlerin, ich denke, vieles ist Ihrem per- zu nehmen. Wir müssen in Zukunft unsere Aufgaben sönlichen Einsatz zu verdanken, ohne den wir es mit Si- deutlich früher wahrnehmen. Deswegen ist es wichtig, cherheit nicht geschafft hätten. dass sich die europäischen Institutionen, der Bundestag (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- und das Europäische Parlament deutlich stärker mit- neten der SPD) einander verzahnen. An die Konsequenzen, die sich aus einem Scheitern er- Europa wäre aber nicht komplett, wenn wir uns nur geben hätten, wollen wir besser nicht denken. mit den Fragen hinsichtlich der Institutionen aufhielten. Deswegen bin ich persönlich sehr froh, dass wir am Lassen Sie mich auf einige Neuerungen eingehen, Ende den Grundlagenvertrag haben werden und wir uns die der Kompromiss, der Grundlagenvertrag, wie er wieder den Problemen, die die Bürger bewegen, zuwen- wahrscheinlich heißen wird, bringen wird. Wir bekom- den können. Die Globalisierung wirft viele Fragen auf, men die doppelte Mehrheit. Es ist ein kluger Kompro- gerade im Hinblick auf unsere Arbeitnehmerinnen und miss, dass in Zukunft 55 Prozent der Mitgliedstaaten, die Arbeitnehmer, Herr Müntefering. Wir müssen aber an 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren müssen, aus- dieser Stelle deutlich machen, dass wir als exportorien- reichen, um eine Entscheidung zu treffen. Damit ist tierte Nation überproportional profitieren, wenn neue Europa handlungsfähiger geworden. Die Bürger wollen Märkte entstehen, namentlich in Osteuropa. Auch hier nicht, dass Blockaden aufgebaut werden, sondern dass warten gewaltige Herausforderungen auf uns. Zu diesem wir in der Behandlung ihrer Probleme weiterkommen. Schluss komme ich, wenn ich beispielsweise an die Wir haben Erfolge in den zentralen Bereichen Justiz und Konfliktherde denke, die Sie, Herr Außenminister Inneres erzielen können, eine Domäne nationaler Souve- Steinmeier, jüngst im Europaausschuss thematisierten. ränität. Auch hier ist es gelungen, die übrigen Mitglied- Ich denke speziell an die Kosovoproblematik. Wir haben staaten davon zu überzeugen, dass dann, wenn die Pro- ein großes Interesse daran, dass hier stabile Strukturen bleme internationaler werden, auch die Lösungsansätze geschaffen werden, die über den Tag hinaus halten; denn internationaler werden müssen, dass das Zeitalter der alles andere – es ist schon genügend Fragilität vorhanden – Globalisierung, in dem wir leben, globalisierte Bedro- wird uns eines Tages in Deutschland einholen. Wir müs- hungslagen zur Folge hat und dass wir auf Fragen betref- (B) sen uns genau deswegen als Europäer in diesen Frage- (D) fend den internationalen Terrorismus nicht mehr national stellungen engagieren und dürfen es nicht alleine unse- reagieren können. ren amerikanischen Freunden und Partnern überlassen, Das wird in Zukunft der Leitfaden in Europa sein: genauso wenig wie unseren russischen Partnern; denn Europa wird sich mehr denn je um die Dinge kümmern, wir werden von diesen Dingen ganz anders betroffen die über die Kraft der einzelnen Nationalstaaten hinaus- sein. gehen – hier ist Europa mehr denn je gefordert. Aber ge- Wir stehen vor Herausforderungen im Bereich der treu dem Subsidiaritätsprinzip müssen wir das, was die Energiekooperation. Auch das bewegt die Menschen, Mitgliedstaaten und die Regionen selbst lösen können, und auch an der Stelle können wir sehen, dass in Europa in deren Hand belassen. Das schafft Vertrauen bei den tatsächlich Solidarität gefordert ist. Diese Solidarität darf Bürgern, aber auch die notwendige Handlungsfähigkeit unser Nachbarland Polen gegenwärtig spüren. Wir wissen bei unseren Institutionen. um die Werte der Europäischen Union und werben dafür, Auch die nationalen Parlamente wurden aufgewer- weil Solidarität natürlich auch keine Einbahnstraße ist. tet. Schließlich ist es in Zukunft möglich, dass dann, Wenn das politische Europa an dieser Stelle zusammen- wenn 50 Prozent der nationalen Parlamente der Mit- bleibt, dann werden wir eine der Sternstunden Europas er- gliedstaaten Kommissionsvorschläge, mit denen sie leben, weil wir immer dann erfolgreich sind und sein wer- nicht einverstanden sind, infrage stellen, die Kommis- den, wenn wir mit einer Stimme sprechen. Das zeigte sich sion ihren eigenen Vorschlag überprüfen, notfalls be- zuletzt, Frau Bundeskanzlerin, beim G-8-Treffen in Heili- gründen oder sogar zurückziehen muss, wenn das Euro- gendamm. Es wäre nicht gelungen, die Klimaschutzziele päische Parlament einen entsprechenden Beschluss fasst. gegenüber den USA durchzusetzen – auch hier darf man Das zeigt: Die Rechte der Parlamentarier insgesamt wer- sich daran erinnern, wo wir vor Heiligendamm standen –, den durch den neuen Grundlagenvertrag deutlich ge- wenn wir nicht mit einer Stimme gesprochen hätten. stärkt; das ist das Erfreuliche. Das sollten wir nicht Wenn Europa mit einer Stimme spricht, wird es nicht nur kleinreden; denn bei alledem, was nicht berücksichtigt glaubwürdig, sondern es wird gestärkt im Wettbewerb werden konnte, dürfen wir nicht in einen Minimalismus mit den USA und unseren südostasiatischen Wirtschafts- verfallen. Es ist viel gelungen, mehr, als wir zu träumen partnern. gewagt haben. Und last, not least, weil ich gerade von der Wirtschaft (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- gesprochen habe: In der Wirtschaftspolitik wird es neten der SPD – Markus Löning [FDP]: Lang- wichtiger denn je sein, dass wir uns richtig positionieren weilige Träume, die Sie haben!) – ganz nebenbei: auch im Ausschuss für die Angelegen- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 10993

Gunther Krichbaum (A) heiten der Europäischen Union –, weil hier noch große Wir haben auf vielen europäischen Konferenzen (C) Chancen auf uns warten, Stichwort: transatlantische – Herr Krichbaum, Sie wissen das auch – immer wieder Wirtschaftspartnerschaft. Wenn wir es schaffen, hier zu gerade diese Vereinbarung des Deutschen Bundestages einheitlichen Standards zu gelangen, dann werden ge- als nachahmenswertes Beispiel auch für andere Staaten rade wir in Deutschland davon wiederum überproportio- erwähnt. Wir müssen jetzt eigentlich Abbitte leisten, nal profitieren. weil die Bundesregierung schon beim ersten Mal, wo die Vereinbarung greifen könnte, einmal mehr macht, was Es gibt noch eine Menge zu tun. Wir wünschen Ihnen, sie will. Herr Krichbaum, ich verstehe nicht, warum Sie Frau Bundeskanzlerin, und der ganzen Bundesregierung sich hier hinstellen und die Bundesregierung verteidi- alles Gute bei den weiteren Verhandlungen, die Sie si- gen, obwohl Sie heute Morgen bei den Obleuten noch cherlich auch in der vertrauten Partnerschaft mit dem eine ganz andere Auffassung vertreten haben. Deutschen Bundestag führen werden. Wir alle sind wei- terhin davon überzeugt, dass unsere Zukunft in Europa (Beifall bei der LINKEN – Abg. Gunther liegt. Krichbaum [CDU/CSU]: Das stimmt ja Vielen Dank. nicht!) (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Hinsichtlich der Bewertung der deutschen Ratsprä- sidentschaft werden wir uns auch nicht den vielen Lobeshymnen anschließen, die heute Morgen im Aus- Vizepräsidentin Petra Pau: schuss angestimmt worden sind. Die Geschichte wird Das Wort hat der Kollege Alexander Ulrich für die zeigen, dass die deutsche Ratspräsidentschaft einmal Fraktion Die Linke. mehr dafür steht, dass Europa auch weiterhin in der (Beifall bei der LINKEN) Krise bleibt. Denn halten wir einmal fest: Der Gipfel im März war von der Diskussion über den Klimaschutz ge- prägt. Wir wissen, dass nichts dabei herausgekommen ist Alexander Ulrich (DIE LINKE): außer Absichtserklärungen. Es ist bis heute noch nicht Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! klar, wie Europa und die einzelnen Staaten diese Klima- Die deutsche Ratspräsidentschaft stand unter dem Motto schutzziele erreichen wollen. Gerade Deutschland ist „Europa gelingt gemeinsam“. Zum Ende der Ratsprä- negativ belastet. Wenn alle geplanten Kohlekraftwerke sidentschaft müssen wir nun leider feststellen, dass gebaut werden, kann Deutschland die Klimaschutzziele „gemeinsam“ nicht bedeutet, dass man auch die Bür- nicht erreichen. Somit ist die Aufgabe des Klimaschut- gerinnen und Bürger beteiligt. Noch viel schlimmer für zes auf zukünftige Generationen verschoben worden. Es Deutschland ist aber, dass man noch nicht einmal das gibt nicht mehr als eine Absichtserklärung. (B) Parlament beteiligen will. (D) (Beifall bei der LINKEN – Jürgen Trittin Ich möchte auf die Vereinbarung aufmerksam ma- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darüber soll- chen, die Herr Löning von der FDP vollkommen zu ten Sie einmal mit reden!) Recht schon erwähnt hat und die in einer Zeit verabredet wurde, als Sie, Frau Bundeskanzlerin, noch Fraktions- Wir stellen fest: Der EU-Russland-Gipfel ist ge- vorsitzende der CDU/CSU waren, also zu Ihren Opposi- scheitert. Auch das bleibt zum Ende der Ratspräsident- tionszeiten. Herr Kauder kennt diese Vereinbarung auch. schaft festzuhalten. Wir wissen, dass Europa in der Jeder hier im Hause kennt den Geist der Vereinbarung Frage der Raketenabwehrsysteme in den osteuropäi- und weiß, dass im Vorfeld von solch wichtigen Entschei- schen Staaten auseinanderdriftet. Auch da hat es die dungen der Bundestag natürlich beteiligt werden soll. deutsche Bundesregierung nicht verstanden, deutlich zu Ich finde es merkwürdig, dass man zwar überall Presse- machen, dass Europa mit einer Stimme sprechen muss. konferenzen gibt und zum Ende der Ratspräsidentschaft Letztendlich ist man auch bei der Verfassungsfrage ge- auch vor dem Europäischen Parlament in Brüssel ein Re- scheitert. Man spricht von dem EU-Gipfel als einem gro- sümee zieht, aber hier im Bundestag keine Regierungs- ßen Erfolg, während nahezu alle Medien davon berichtet erklärung abgibt und auch kein Einvernehmen anstrebt. haben, dass man einem Totalschaden gerade noch ent- Ich sage an dieser Stelle: Das ist nicht der Umgang, wie kommen ist. Ich glaube, dass es nicht hilfreich ist, eine der Bundestag in die Europapolitik einbezogen werden Darstellung zu wählen, die weit von der Wirklichkeit der soll. Menschen entfernt ist. (Beifall bei der LINKEN sowie bei der Abg. Ich muss an dieser Stelle auch sagen: Die Bürgerin- [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE nen und Bürger Europas, die dieses Wochenende mitbe- GRÜNEN]) kommen haben, haben eher resigniert und sich von der Einen solchen Umgang sollten wir als Parlamentarier Politik entfernt. nicht durchgehen lassen. Mir erscheint es auch ein biss- (Veronika Bellmann [CDU/CSU]: Da haben chen merkwürdig, dass heute zwar die Mitglieder der Sie offensichtlich geschlafen!) Bundesregierung sehr zahlreich hier erschienen sind, dass sich die Regierung aber einer Debatte verweigert, Dieses Geschachere um Stimmrechte und die Tatsache, dass sie noch nicht einmal Stellung nimmt und auch jetzt dass gedroht worden ist, dass man in Europa ohne Polen wieder in eine Regierungskonferenz gehen will, ohne weitermachen will, ist kein Fortschritt für die europäi- den Bundestag zu beteiligen. sche Idee; man hat vielmehr einmal mehr versucht, die 10994 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Alexander Ulrich (A) Position des Stärkeren gegenüber Schwächeren auszu- men sofort die Reflexe des Außenministers und des Bun- (C) spielen. desfinanzministers, dass man diese Politik ablehne. Diese wäre aber notwendig; denn eines haben wir auch (Beifall bei der LINKEN) gesehen: Es ist einmal davon geredet worden, dass Wir sollten auch nicht den Fehler begehen, Polen alleine Europa ein soziales und menschliches Antlitz brauche verantwortlich zu machen. Es gibt genug Länder, die und zu dem Vertrag eine Dokumentation eines sozialen auch dort waren und sich darüber gefreut haben, dass Europas hinzukomme. Was haben wir jetzt? Jetzt haben Polen diese Rolle übernommen hat. Gewisse Länder ha- wir zwar den freien und unverfälschten Wettbewerb als ben ein Interesse daran, dass die Stimmrechte anders Ziel gestrichen, gleichzeitig aber mit einer Protokoll- verteilt werden. notiz diesen wieder festgeschrieben. So werden die Bür- gerinnen und Bürger leider kein soziales Europa erleben. (Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Sie Europa bleibt in der Krise. Die deutsche Bundesregie- haben sich durch Herrn Kaczyński vertreten rung hat alles dazu beigetragen, damit das auf absehbare gefühlt?) Zeit so bleibt. Wie oft sind schon Ausnahmen für England gemacht Vielen Dank. worden? Die Rhetorik der Polen ist sicherlich nicht ak- (Beifall bei der LINKEN) zeptabel, aber die Erpressungsversuche waren auch nicht akzeptabel; denn die Polen haben nichts anderes ge- macht, als ein Recht zu nutzen, das ihnen die bestehen- Vizepräsidentin Petra Pau: den Verträge lassen. Zu einer Kurzintervention hat der Kollege Krichbaum das Wort. (Beifall bei der LINKEN) Deshalb, glaube ich, kann man so nicht mit Polen umge- Gunther Krichbaum (CDU/CSU): hen. Es wäre die Aufgabe der Bundesregierung, für Ent- Herr Kollege Ulrich, Sie haben vorhin behauptet, ich spannung zu sorgen. hätte beim heutigen Treffen der Obleute eine andere Meinung vertreten. Das weise ich zurück. Ich glaube, es Einmal mehr muss man aber auch festhalten: Europa wurde sehr deutlich – das gilt auch für die Ausführungen hat Angst vor den Bürgerinnen und Bürgern. Die ge- in der heutigen Ausschusssitzung; Frau Bundeskanzlerin scheiterte EU-Verfassung soll jetzt unter anderem Na- Merkel hat daran teilgenommen –, dass die Bundesregie- men als Vertrag in einer Regierungskonferenz beschlos- rung ein großes Interesse daran hat, mit dem Bundestag sen werden. Man hat den Ausdruck „Verfassung“ weiterhin sehr konstruktiv zusammenzuarbeiten. gestrichen, um damit den Weg dafür freizumachen, dass (B) in möglichst vielen Ländern diesem Vertrag nur noch per Ich bleibe dabei: Es gab einen Brief von Herrn (D) Parlamentsabstimmung zugestimmt zu werden braucht Außenminister Steinmeier an uns, den Ausschuss. Ver- treter der Bundesregierung haben dem Ausschuss mehr- und er damit gerettet werden kann. mals Rede und Antwort gestanden. Ich habe keinen (Zuruf von der SPD: Was heißt „nur“?) Zweifel daran, dass das auch in Zukunft so sein wird. Es geschieht im Geiste der Vereinbarung über eine Zusam- Es wird wenige Ausnahmen geben, wahrscheinlich eine menarbeit zwischen Bundestag und Bundesregie- für Irland. Ich glaube, dass das der falsche Weg ist. rung. Wenn die Substanz einer gescheiterten Verfassung nun in einem Vertrag ihren Niederschlag finden soll, dann Sie sollten hier keinen Gegensatz konstruieren, wo es wird versucht, etwas Gescheitertes an den Bürgerinnen gar keinen gibt. Wir, Bundestag und Europaausschuss, und Bürgern vorbei durchzusetzen. Deshalb bleiben wir werden die Regierungskonferenzen begleiten. Natürlich die einzige Fraktion im Deutschen Bundestag, die eine gehen wir davon aus – wir haben da keinen Anlass zum europäische Volksabstimmung fordert; denn nur so ist Zweifel –, dass sich die Bundesregierung um das Einver- Europa den Bürgerinnen und Bürgern näherzubringen. nehmen mit dem Deutschen Bundestag bemühen wird. (Beifall bei der LINKEN) (Beifall des Abg. [CDU/ CSU]) Herr Löning, auch wenn Sie der Auffassung sind, dass Frankreich ein sozialistisches Land ist, Vizepräsidentin Petra Pau: (Markus Löning [FDP]: Vom Staatsverständ- Kollege Ulrich, Sie haben die Möglichkeit zur Erwi- nis her auf jeden Fall!) derung.

würde ich das nicht unterschreiben, auch wenn wir nicht Alexander Ulrich (DIE LINKE): unglücklich darüber sind, dass Sarkozy teilweise Vor- Herr Krichbaum, ich habe sehr viel Respekt davor, schläge macht, die bedenkenswert sind, dass er zum Bei- dass Sie vor kurzem zum Ausschussvorsitzenden ge- spiel von einer Wirtschaftsregierung und einer Demo- wählt worden sind. Sicherlich spielt bei Ihrer Wortwahl kratisierung der EZB redet, dass er davon redet, dass die hier noch ein wenig Dankbarkeit mit. Politik der EZB auf mehr Wachstum und Beschäftigung ausgerichtet werden müsste. Ich glaube, diese Forderun- Auch Sie haben heute Morgen gesagt – Sie haben gen könnten wir unterschreiben. Die spannende Frage letzte Woche an einer Reise des Ausschusses teilgenom- wird sein, wie die hochgepriesene deutsch-französische men; wir haben darüber beim heutigen Treffen der Ob- Partnerschaft damit umgeht; denn aus Deutschland ka- leute geredet –, dass Sie an diesem Punkt ein bisschen Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 10995

Alexander Ulrich (A) diplomatisch sein müssen – das kann man nachvollzie- kann man natürlich ganz viel auflisten. Liebe Frau Kol- (C) hen –, obwohl Sie eigentlich der Auffassung sind, dass legin Schwall-Düren, Sie haben versucht, hier eine erste das nicht im Geiste der Vereinbarung ist. Herr Bilanz zu ziehen. Machen Sie sich einmal die Mühe, Krichbaum, ich möchte noch einmal sagen: Ich erwarte sich die Papiere anzuschauen, die die einzelnen Minister von Ihnen als Ausschussvorsitzenden – es geht hier nicht zu Beginn der Präsidentschaft vorgelegt haben, und ver- um Fraktionen; es geht auch nicht um politische Rich- gleichen Sie es mit dem, was am Ende herausgekommen tungen; es geht hier um die Rechte des Parlaments –, ist. der den Weg, der zu dieser Vereinbarung geführt hat, mit beschritten hat, dass Sie gerade jetzt, wo es losgeht, da- In diesem Zusammenhang müssen wir zum Beispiel rauf dringen, dass die Bundesregierung ihre Verpflich- über das Projekt Galileo, über den gescheiterten Plan des tungen einhält. Vizekanzlers, die Übertragbarkeit von Betriebsrenten zustande zu bringen, usw. reden. Die Bilanz in den Fach- Ich sage an dieser Stelle noch einmal – die FDP und bereichen ist also nicht so – um mich einmal höflich aus- Bündnis 90/Die Grünen sehen das ebenso; auch die SPD zudrücken –, dass man von einem durchgehenden Erfolg hat diesen Standpunkt heute Morgen geteilt –: Das, was sprechen kann. da gemacht worden ist, entspricht nicht dem Geiste die- ser Vereinbarung. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Herbert Schui [DIE (Beifall bei der LINKEN – Volker Kauder LINKE]) [CDU/CSU]: Ein solcher Unsinn!) Es ist der Bundeskanzlerin jedoch gelungen, den Still- Ich appelliere an Sie als Ausschussvorsitzenden, sich stand in der Frage der Verfassung der Europäischen als Parlamentarier zu begreifen und nicht als jemanden, Union zu überwinden. Das wird bleiben – bei aller Kritik dessen Aufgabe es ist, die Politik der Bundesregierung im Einzelnen. umzusetzen. Wenn Sie das nicht tun, dann sind Sie, was den Ausschussvorsitz angeht, fehl am Platze. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Ab- (Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Das ist geordneten der FDP) Blödsinn!) Ich habe gesagt, dass ein Schritt dazu gelungen ist, Versuchen Sie nicht, die Rechte des Parlaments durch die sogenannte Denkpause zu beenden und Maßnahmen falsche Aussagen zu schwächen! Unsere Einschätzung zu ergreifen, um die Europäische Union auf eine neue der Ergebnisse dieser Regierungskonferenz, für die es Grundlage zu stellen. Da muss ich umso mehr fragen, eine große Mehrheit geben könnte, wird von der Bun- liebe Kolleginnen und Kollegen – ich schaue gerade (B) desregierung leider falsch verstanden. In Zukunft wird ganz intensiv in Richtung der Union –, was das Herum- (D) man wieder sagen: Der Bundestag ist erst am Schluss der gezicke soll, wenn es darum geht, darüber eine öffentli- Debatten zu beteiligen. Ich wiederhole: Man sollte von che Debatte im Bundestag zu führen. Anfang an deutlich machen, dass das Parlament in euro- päische Angelegenheiten anders involviert werden muss, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, als es heute der Fall ist. bei der FDP und der LINKEN – Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Die haben wir (Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Es ist doch doch gerade!) beteiligt! Mehr denn je! Das Parlament war noch nie in dem Umfang beteiligt wie heute! Wir haben Sie nachdrücklich dazu genötigt. Wir re- Nehmen Sie das auch einmal zur Kenntnis!) den hier über die gemeinsame Vereinbarung, die Sie mit formuliert und mit unterschrieben haben. Darin Notwendig wären diese Woche eine Regierungserklä- steht: Verhandlungen zur Veränderung von Verträgen der rung und eine Abstimmung über einen Entschließungs- Europäischen Union – damit auch die Regierungskonfe- antrag dazu. Aber so wie jetzt geht es nicht. Ich erwarte renz – sind Vorhaben im Sinne dieser Vereinbarung. In von Ihnen als Ausschussvorsitzenden, dass Sie entspre- dem Fall soll vor dem Beschluss des Rates chend handeln. (Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Noch einmal: Einvernehmen bedeutet nach unserer Informiert werden!) Auffassung nicht, dass die Bundeskanzlerin an einer Ausschusssitzung teilnimmt. – nein! – das Einvernehmen mit dem Deutschen Bundes- tag gesucht werden. Vielen Dank. (Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Sie (Beifall bei der LINKEN) haben es nicht gelesen, Herr Kollege!) Das Einvernehmen stellen Sie nicht durch eine Beratung Vizepräsidentin Petra Pau: ausschließlich im Ausschuss her. Das Wort hat der Kollege Jürgen Trittin für die Frak- tion des Bündnisses 90/Die Grünen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn Wenn Sie das für zu spitzfindig halten, dann diskutie- man über die Präsidentschaft Deutschlands spricht, dann ren wir das doch einmal politisch durch! Wir haben als 10996 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Jürgen Trittin (A) Europapolitiker gemeinsam immer kritisiert, dass rektur an dem Verfassungsvertragsentwurf. – So ver- (C) Europa ein Legitimationsdefizit hat, weil dieses Europa stehe ich Europa. nicht hinreichend transparent ist. Sie sagen jetzt auch: (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wir wollen die EU auf eine neue vertragliche Grundlage stellen. Wir wollen, dass dabei die nationalen Parla- Letzte Bemerkung. Ich höre mit Sorge, dass diejeni- mente gestärkt werden. – Das steht übrigens in dem gen, die in Brüssel zu diesem Auftrag für die Regie- neuen Grundlagenvertrag. – Aber die Verabredung mit rungskonferenz ihr Ja gegeben haben, schon wieder der Bundesregierung soll hinter den geschlossenen Tü- dazu übergehen, das, was sie selbst gesagt haben, zu ver- ren des Europaausschusses stattfinden. Europa ist mehr, gessen und dagegen zu opponieren. Es wird nicht leicht als in der Kompetenz des Europaausschusses liegt. Der werden. Aber ich glaube, dass wir als Deutscher Bundes- Deutsche Bundestag ist ein öffentliches Forum. Hier hat tag hier mit allem Nachdruck darauf dringen müssen, die Bundesregierung das Einvernehmen herzustellen. – dass die Regierungskonferenz schnell – das heißt, mög- Das ist mein Verständnis von Europapolitik. lichst unter der portugiesischen Präsidentschaft – zu einem Ergebnis kommt. Ich schaue da gar nicht zu unse- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ren polnischen Nachbarn. Ich habe sehr wohl registriert, und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der in welch geschickter Art und Weise sich Großbritannien SPD und der LINKEN) – die britische Vorstellung von Europa ist die eines Das ist auch so unnötig gewesen; denn in der Sache Bündnisses von Staaten in einer Freihandelszone – hin- sind wir doch gar nicht weit auseinander. ter dem rabulistischen Vorgehen Polens versteckt hat. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Na ja!) Ich glaube, dass wir sehr schnell zu Ergebnissen kom- Es ist gelungen, Grundlagen dieses Verfassungsvertrages men müssen, und zwar aus ganz zwingenden Gründen. zu erhalten. Die Stärkung der Demokratie ist in diesem Man kann zum Beispiel sagen, dass sich Europa beim Vertrag vorgesehen. Künftig gibt es weniger Einstim- Thema Kosovo bisher nicht gut aufgestellt hat, weil wir migkeitsentscheidungen. Das heißt, künftig spielt das di- zu sehr auf die Russen vertraut haben. Aber eines müs- rekt gewählte Europäische Parlament eine größere Rolle. sen wir doch sicherstellen: Wir dürfen uns in dieser Es gibt verbesserte Möglichkeiten für die nationalen Par- Frage vor unserer Haustür nicht erneut in einer Weise lamente. All dies sind Dinge, von denen ich nicht spalten lassen, wie das gerade in der Diskussion um die möchte, dass sie versteckt werden, wodurch solch fal- Raketenabwehr geschehen ist. schen Anwürfen an die Verfassung, wie sie eben wieder zu hören waren, Raum gegeben wird. Es ist unklug, wie Selbstverständlich wird das, was bisher nur als Auf- (B) hier vorgegangen wird. trag formuliert ist, in der Regierungskonferenz auszufor- (D) mulieren sein. Europa muss in eigenem Handeln und mit (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) eigener Zielsetzung eine Antwort auf die globale He- rausforderung schlechthin geben, nämlich auf die Frage Selbstverständlich hat es dabei auch Kröten zu schlu- des Klimawandels und wie wir künftig effizient und soli- cken gegeben, etwa die Ausnahmeregelung für die darisch an Energie kommen. Grundrechtecharta. Aber wir müssen festhalten: Die Grundrechte bleiben, was europäisches Recht angeht, In diesem Sinne wünsche ich der Regierungskonfe- Bestandteil der Verfassung, und wir alle können uns da- renz viel Erfolg. Verstecken Sie das, was Sie da machen, rauf berufen. nicht. Natürlich ist es problematisch, dass die doppelte (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Mehrheit erst ab einem späteren Zeitpunkt gilt. sowie bei Abgeordneten der SPD) Genauso wie ich gesagt habe, die Frau Bundeskanzle- Vizepräsidentin Petra Pau: rin habe hier etwas erreicht, habe ich auch überhaupt Das Wort hat der Kollege Michael Roth für die SPD- kein Problem damit, lieber Herr Löning, Herrn Sarkozy Fraktion. zu loben. Herr Sarkozy hat auf einen Fehler hingewie- sen, und der Fehler ist beseitigt worden. Es ist nicht so, (Beifall bei der SPD) dass unverfälschter Wettbewerb ein Ziel Europas ist. Das ist es nie gewesen. Michael Roth (Heringen) (SPD): (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! sowie bei Abgeordneten der SPD) Frau Bundeskanzlerin, Sie sind eine gute Gipfelstürme- rin. Ich richte meinen Dank an die Bundesregierung als Warum hat man damals als ersten Schritt die Montan- Ganzes, die eine hervorragende Teamarbeit abgeliefert union gegründet? Doch nicht wegen des Wettbewerbs! hat; das kann man gar nicht anders sagen. Es wäre si- Man hatte begriffen, dass wirtschaftliche Kooperation cherlich auch wert gewesen, diese gute Teamarbeit in ei- im Wettbewerb ein Mittel ist, den Frieden in Europa zu ner Regierungserklärung zum Ausdruck zu bringen sichern. Das war das Verständnis von Monnet und all und darüber noch einmal gegenüber dem gesamten denjenigen, die in der Geburtsstunde der Europäischen Deutschen Bundestag Rechenschaft abzulegen, zumal Union dabei gewesen sind. Dass wir das wieder klarge- die vier Erwartungen, die der Deutsche Bundestag in stellt haben, ist kein Fehler, sondern eine richtige Kor- einem Entschließungsantrag formuliert hat, erfüllt wor- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 10997

Michael Roth (Heringen) (A) den sind: die Rechtspersönlichkeit der Europäischen nicht verstecken; vielmehr wollen wir es den Menschen (C) Union – erfüllt; die Überwindung der Pfeilerstruktur der erklären, und wir sollten selbstbewusst dazu stehen. Europäischen Union – erfüllt; die Rechtsverbindlichkeit und Einklagbarkeit der Grundrechtecharta – erfüllt; das Ebenso finde ich es merkwürdig, dass im Europäi- weitgehende Festhalten am Institutionenkompromiss – schen Rat über ein Politikfeld gestritten wurde, zu dem erfüllt. Das verdient Lob und Anerkennung. es seitens der Bürgerinnen und Bürger aller 27 Mit- gliedstaaten, auch der in Großbritannien, ein hohes Maß (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) an Zustimmung gibt: Ich meine die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Dass hier einige Staaten versucht Dennoch, wir wären nicht verantwortungsvoll, wenn haben, nationale Reservate zu retten, wird der Erwar- wir nicht auch den Finger in die europäische Wunde leg- tungshaltung der Bürgerinnen und Bürger nicht gerecht. ten. Ich beklage – das werfe ich Ihnen und der Bundes- regierung als Allerletztes vor –, dass das gemeinsame (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Fundament an Überzeugungen innerhalb der Europäi- der FDP) schen Union brüchig geworden ist. Dabei kritisiere ich nicht, dass man zockt. Ich kritisiere nicht, dass man kon- Dass die Symbole wegfallen, wurde schon mehr oder trovers verhandelt. Ich kritisiere auch nicht, dass man weniger häufig gesagt. Ich habe heute Morgen in der Scheinkonflikte etwas aufbauscht. Ich kritisiere auch Zeitung gelesen, dass der Bundestagspräsident den Ab- nicht, dass man noch einmal über die Institutionen redet. geordneten genehmigt, auf Bundestagskosten in ihren Ich kritisiere aber, dass beispielsweise bei der Grund- Büros eine Nationalflagge aufzustellen. rechtecharta etwas, was selbstverständlich sein sollte, (Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Das nicht mehr selbstverständlich ist: dass diese Grund- war die Zeitung von vorgestern!) rechtecharta überall, für alle Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union, gilt. Mit stolz geschwellter Brust Ich würde mich darüber freuen, wenn es dem einen oder ziehen wir durch die Welt und sagen: Wir sind eine Wer- anderen Kollegen ermöglicht würde, auch die Europafahne tegemeinschaft. Im Hinblick auf die Grundrechtecharta auf Kosten des Bundestages zu bekommen. müssen wir jedoch sagen: Diese gilt für alle, mit Aus- (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Wir nehmen nahme der Briten. Natürlich wird der Europäische Ge- eigenes Geld dafür!) richtshof das zu heilen versuchen, das können wir nur hoffen. Aber was für ein Symbol ist das, wenn wir mit Das wäre ein schönes Symbol in unseren Büros. Das den Staaten in einen kontroversen Dialog eintreten, in würde deutlich machen: Wir sind Europäerinnen und denen die Menschenrechte, die Grundrechte, die Frei- Europäer und stehen zu dieser Flagge. heitsrechte mit Füßen getreten werden? Das ist peinlich (B) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (D) und beschämend. Das muss man auch an einem solchen der FDP) Tag ansprechen dürfen. Sicherlich ist auch Skepsis gegenüber der Regie- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ rungskonferenz erlaubt: Keine Tricksereien mehr auf DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der Regierungskonferenzen! Wir können nur den Kollegin- FDP und der LINKEN) nen und Kollegen in Portugal alles Gute wünschen. Ich Ebenso ist das Mandat – auch das werfe ich Ihnen bin über die bisherigen Signale sehr erfreut. Portugal nicht vor – von einem Geist der Abwehr geprägt. Wenn wird unter Beweis stellen, dass sich die Größe eines man beispielsweise hineinschreibt, dass die Kompeten- Staates in der Europäischen Union nicht ausschließlich zen, über die die Europäische Union gegenwärtig ver- am Bruttoinlandsprodukt und an der Zahl der Bürgerin- fügt, wieder auf die nationale Ebene zurückgeholt nen und Bürger bemisst. Die Größe eines Staates kommt werden können, dann ist das nichts anderes als eine vielmehr durch Haltung, durch Geist, durch konstrukti- Selbstverständlichkeit. Aber wo wird deutlich, dass mit ves Miteinander und durch gelebte Solidarität zum Aus- der Europäischen Union Chancen verbunden sind und druck. Luxemburg ist deshalb ein großes europäisches dass wir gerade dann handeln wollen und müssen, wenn Land. Das ist ein Land, das Europa vorangebracht hat, der Nationalstaat alter Prägung nicht mehr so entschei- auch wenn es nur etwa 500 000 Einwohner hat. Schlimm den kann, wie das die Bürgerinnen und Bürger von der an den polnischen Forderungen fand ich es, dass hier Politik erwarten? Dieses Modell der Einhegung, dieses eine Hürde zwischen den vermeintlich kleinen und den Kleinmachen des europäischen Integrationsgedankens, vermeintlich großen Staaten aufgebaut wurde. Nein, die finde ich traurig. wirklich großen Staaten sind auch die kleinen Mitglied- staaten der Europäischen Union. Deutschland ist stets Mich hat auch enttäuscht, dass wir mit den Bürgerin- gut damit gefahren, sich als Sachwalter der Interessen nen und Bürgern nicht ehrlich umgehen. Ein Vorteil des der kleinen Mitgliedstaaten zu positionieren. Verfassungsvertrages bestand ja gerade in seiner Klar- heit: Selbstverständlich setzt die Europäische Union (Zuruf des Abg. Dr. Andreas Schockenhoff Recht. Deswegen wird eine Verordnung zukünftig nicht [CDU/CSU]) mehr Verordnung genannt, sondern Gesetz. Deswegen Zu dieser Tradition haben wir uns immer wieder be- wird eine Richtlinie zukünftig nicht mehr Richtlinie ge- kannt. Auch das möchte ich hier bemerken. nannt, sondern Rahmengesetz. Das hätte auch deutlich gemacht: Die Europäische Union hat selbstverständlich Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bundeskanzle- etwas mit Staatlichkeit zu tun. Wir wollen das überhaupt rin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die verstärkte 10998 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Michael Roth (Heringen) (A) Zusammenarbeit nicht das Allheilmittel ist, um Europa Vizepräsidentin Petra Pau: (C) voranzubringen. Die mangelhafte parlamentarische Le- Das Wort hat der Kollege Thomas Silberhorn für die gitimation der Europäischen Union ist heute im Europa- Unionsfraktion. Ausschuss angesprochen worden. Ich sehe das ähnlich wie die Kolleginnen und Kollegen. Angesichts des brü- Thomas Silberhorn (CDU/CSU): chigen Fundaments an Gemeinsamkeiten frage ich mich Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und jedoch, wie die 27 Mitgliedstaaten gemeinsam voran- Herren! Dazu, dass die Opposition diese Debatte nutzt, kommen können. Dabei wäre es wichtig, gegenüber der um mit scharfen Worten darauf aufmerksam zu machen, Bevölkerung zum Ausdruck zu bringen: Wir sind hand- dass sie die Bundesregierung gerne noch viel ausführli- lungsfähig nach innen und nach außen. Ich habe dafür, cher für den Erfolg der Ratpräsidentschaft gelobt hätte wie das funktionieren könnte, noch kein Patentrezept. und gerne noch mehr selbst an dem Erfolg teilhätte, kann Aber wir werden uns hier im Bundestag noch einmal da- ich nur sagen: Anschaulicher könnte man nicht doku- rüber zu unterhalten haben, wie wir der Entsolidarisie- mentieren, welch glänzender Erfolg diese deutsche Rats- rung auf der europäischen Ebene sinnvoll begegnen kön- präsidentschaft im vergangenen halben Jahr gewesen ist. nen. (Beifall bei der CDU/CSU) In diesem Zusammenhang, lieber Kollege Löning, Die gesamte Bundesregierung hat mit ihrem Einsatz halte ich es für absolut notwendig, zu einem Paradig- während des zurückliegenden halben Jahres dazu beige- menwechsel bei der Europäischen Union zu kommen. tragen, dass unser Land in der Europäischen Union und Wir brauchen diesen Paradigmenwechsel: Wir müssen weit darüber hinaus eine wachsende Wertschätzung ge- weg von der einseitigen Konzentration auf Wirtschafts- nießt. Dafür sage ich allen beteiligten Mitgliedern der fragen. Wir brauchen mehr gelebte Solidarität und auch Bundesregierung meinen herzlichen Dank. wieder mehr Gemeinsamkeit. Ich hoffe, dass mit der deutschen Ratspräsidentschaft Anstöße hin zu einem sol- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) chen Paradigmenwechsel geliefert werden konnten. Ich möchte besonders der Bundeskanzlerin Dr. Angela Der verfassungsgebende Prozess wird selbstver- Merkel danken, die erneut ein außerordentliches Ver- handlungsgeschick unter Beweis gestellt hat. ständlich auch mit der portugiesischen Präsidentschaft nicht zu einem Abschluss gebracht. Es wird weitergehen Die Kanzlerin hat mit vollem Einsatz gekämpft, ist müssen, weil – das spüren wir ja alle – die entscheiden- ein hohes Risiko gegangen und hat gewonnen. Das den Regelungen, die jetzt im Grundlagenvertrag veran- verdient Respekt und Anerkennung. (B) kert wurden, wahrscheinlich nicht ausreichen werden, (D) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- um die EU zu demokratisieren und für die nächsten neten der SPD) zehn, 15 bzw. 20 Jahre fit zu machen. Hierzu, meine Damen und Herren von der Fraktion Aber, Frau Bundeskanzlerin, Ihnen sollte stets klar der Grünen, hätte ich mir auch Ihnen Applaus ge- sein, dass das Parlament mehr Verantwortung überneh- wünscht. Denn diese Worte stammen nicht von mir, son- men will und wir Ihnen unsere Partnerschaft anbieten. dern von Ihrem ehemaligen Außenminister Joseph Dabei ist es für mich weniger wichtig, ob die Parlamente Fischer, der das in einem Namensartikel in der „Süd- die Einhaltung der Subsidiarität auf EU-Ebene kontrol- deutschen Zeitung“ vom 26. Juni so veröffentlicht hat. lieren können. Für mich ist viel wichtiger, welche Rolle die nationalen Parlamente innerstaatlich wahrnehmen, (Volker Kauder [CDU/CSU], zum BÜND- wie wir uns in den europäischen Integrationsprozess ein- NIS 90/DIE GRÜNEN gewandt: Der Applaus bringen. Ich hätte erwartet, dass man die Vereinbarung kann nachgeholt werden! Bitte! – Beifall des zwischen Bundesrat und Bundestag so interpretiert, wie Abg. Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) wir das fraktions- und parteiübergreifend in dem Gre- mium, in dem auch Kolleginnen und Kollegen aus der Ich möchte aber doch nicht versäumen, darauf hinzu- Bundesregierung vertreten waren, festgestellt haben. Ich weisen, dass bereits der Frühjahrsgipfel vom März ein hoffe, dass wir so schnell wie irgend möglich zu dem außerordentlicher Erfolg gewesen ist, nicht nur was die fraktions- und parteiübergreifenden Konsens zurückfin- Senkung von Bürokratiekosten und die Ziele zur Stär- den. kung der Energiesicherheit, sondern auch was die ehr- geizige Klimaschutzpolitik angeht, die die Europäische Ich wünsche der portugiesischen Präsidentschaft alles Union dort vereinbart hat. Ich kann es nicht hinnehmen, Gute. – Die deutsche Präsidentschaft hat eine gute Ar- dass das hier als bloße Absichtserklärung abgetan wird. beit geleistet. Hoffentlich trägt uns dieser gute Geist in Die Europäische Union hat damit eine weltweite Vorrei- den nächsten Monaten. terrolle eingenommen, und die Fortschritte, die anschlie- ßend in der Klimaschutzpolitik beim G-8-Gipfel erzielt Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. worden sind, wären ohne diesen Frühjahrsgipfel über- haupt nicht denkbar gewesen. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/ (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und DIE GRÜNEN]) der SPD) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 10999

Thomas Silberhorn (A) Die Europäische Union hat bereits bei diesem Früh- Dieser Reformvertrag wird schließlich auch mehr (C) jahrsgipfel, für den auch unserem Bundeswirtschafts- Bürgernähe schaffen. Nicht nur die Grundrechtecharta, minister ausdrücklich Dank gebührt, unter die für rechtsverbindlich erklärt wird und die den Uni- Beweis gestellt, dass sie die zentralen Fragen anpackt, onsbürgern ermöglicht, sich auf ihre Grundrechte gegen- auf die unsere Bürger auch europäische Antworten er- über den Organen der Europäischen Union zu berufen, warten. sondern auch die Möglichkeit eines Volksentscheids und die Stärkung der Rechte des Europäischen Parlaments Der Gipfel in Brüssel hat nun den Weg zu einem und der nationalen Parlamente schaffen insgesamt mehr neuen Reformvertrag geebnet. Zu Beginn des Jahres Bürgernähe. 2007 hat noch niemand erwartet, dass wir über einen bloßen Zeitplan hinauskommen werden. Nun haben wir Ich will nicht verhehlen, dass ich die Fortschritte hin- ein vollständiges Mandat für eine Regierungskonferenz sichtlich einer besseren Beteiligung der nationalen vorliegen, das alle inhaltlichen Fragen bereits mitbehan- Parlamente für eher bescheiden halte. Aber ich sehe delt. Das ist deutlich mehr, als zu erwarten war. Die Bun- doch die Chance, dass die Subsidiaritätskontrolle etwas desregierung hat dieses enge Zeitfenster also optimal ge- effizienter ausgeübt werden kann als bisher. Dies gilt nutzt. insbesondere deswegen, weil Subsidiaritätsrügen nun Ich begrüße insbesondere, dass die institutionellen nicht mehr folgenlos bleiben müssen und ein Kommis- Reformen im Wesentlichen gelungen sind. Es gibt keine sionsvorschlag sogar verworfen werden kann, wenn eine substanziellen Abstriche, allerdings einige zeitliche Ver- Mehrheit im Europäischen Parlament und im Europäi- zögerungen. Dass der Rat nun im Regelfall mit qualifi- schen Rat einen Subsidiaritätsverstoß annimmt. zierter Mehrheit entscheidet, dass das Prinzip der dop- Ich meine, dass die nationalen Parlamente, insbeson- pelten Mehrheit, also einer Mehrheit der Mitgliedstaaten und der Bevölkerungszahl, eingeführt wird, dass die dere der Deutsche Bundestag, in diesem Verhandlungs- Stellung des Kommissionspräsidenten gestärkt wird, prozess eine konstruktive Rolle gespielt haben. Wir sind dass der Hohe Vertreter für die Außen- und Sicherheits- bereit, dem Mandat der Regierungskonferenz fraktions- politik mit einem Doppelhut, also als Mitglied des Rates übergreifend unser Einvernehmen auszusprechen. Des- und als Vizepräsident der Kommission, agiert, das alles wegen appelliere ich an die Bundesregierung, sich um stärkt die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union dieses Einvernehmen nicht erst dann zu bemühen, wenn nach innen und außen. Damit ist ein wesentliches Ziel sich Widerspruch erhebt. Denn sonst müssten wir uns dieses Reformvertrages und des Verhandlungsprozesses eingeladen fühlen, Widerspruch zu erheben, was ersicht- der letzten Jahre erreicht worden. lich niemand will. (B) (D) Ich halte es auch für begrüßenswert, dass die Zustän- (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der digkeiten zwischen der Europäischen Union und den SPD – Michael Roth [Heringen] [SPD]: Das Mitgliedstaaten noch besser abgegrenzt werden als bis- war jetzt gelebte Zivilcourage!) her. Allein die Klarstellung, dass die Europäische Union ausschließlich innerhalb der ihr übertragenen Kompeten- Ich bitte also darum, dass die Bundesregierung den zen tätig werden darf, verdient Beachtung. Nach meiner Bundestag aktiv mit einbezieht. Die parlamentarische Einschätzung wäre unter dieser Prämisse manche Recht- Diplomatie ist bisweilen hilfreich, wenn es um Verhand- sprechung des Europäischen Gerichtshofs aus den letz- lungen im Europäischen Rat geht. Der Bundestag hat ten Jahren nicht mehr möglich. viele Kontakte gerade zu Abgeordneten aus Frankreich, aus den Niederlanden, auch aus Tschechien und Groß- Hinzu kommt, dass die Mitgliedstaaten im Falle ge- britannien – also gerade aus den Ländern, die am stärks- teilter Zuständigkeiten ihre Kompetenzen wieder wahr- ten Kritik am europäischen Verfassungsvertrag geübt ha- nehmen können, soweit die Europäische Union sie nicht ben – in den letzten Jahren genutzt. Ich denke, das hat mehr ausübt. Es kann gar nicht hoch genug eingeschätzt den Verhandlungsprozess insgesamt erleichtert. werden, dass die Flexibilitätsklausel, die in den zurück- liegenden Jahren immer wieder für unangemessene (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Michael Kompetenzerweiterungen missbraucht worden ist, keine Roth [Heringen] [SPD]: Dafür kriegst du Ap- Rechtsgrundlage für faktische Vertragsänderungen mehr plaus!) darstellen darf. Im Gegenteil: Vertragsänderungen müs- sen förmlich erfolgen. Wenn man das ernst nimmt – da- Diese Präsidentschaft ist ein glanzvoller Erfolg gewe- rum bitte ich auch die Bundesregierung –, dann müsste sen. Es könnte jetzt so weitergehen. Aber zu meinem Be- die Kommission ihre Praxis im Vorschlagsrecht deutlich dauern wird erst mit dem Reformvertrag die Vorschrift ändern. eingeführt, dass die Präsidentschaft im Europäischen Rat auf zweieinhalb Jahre verlängert wird. So bleibt uns All diese Vorschriften zur Kompetenzordnung ein- nichts anderes übrig, als den Stab an die Portugiesen schließlich der ausdrücklich aufgeführten Möglichkeit, weiterzugeben, denen ich viel Erfolg und alles Gute im Kompetenzen wieder zurückverlagern zu können, schaf- nächsten halben Jahr wünsche. fen insgesamt mehr Transparenz und damit auch mehr Akzeptanz bei den Bürgern, weil sie nun erkennen kön- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Zu- nen, wer wofür zuständig ist und wer Verantwortung stimmung des Abg. Omid Nouripour [BÜND- trägt. NIS 90/DIE GRÜNEN]) 11000 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

(A) Vizepräsidentin Petra Pau: Ganze frühestens für das Sommersemester in Kraft tre- (C) Ich schließe die Aussprache. ten. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf Meine Frage lautet jetzt, wie Sie im Hinblick auf das den Drucksachen 16/5882 und 16/5888 an die in der Ta- Problem, dass man beim Zugang von Migrantinnen und gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Migranten zu den Hochschulen kurzzeitig nichts ändern Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann wird, vorgehen wollen, um gerade all diejenigen Betrof- sind die Überweisungen so beschlossen. fenen, die vielleicht schon geplant hatten, im kommen- den Semester ein Studium aufzunehmen, zu unterstützen Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf: und ihnen einen entsprechenden Zugang zu ermögli- Fragestunde chen. – Drucksachen 16/5854, 16/5874 – Andreas Storm, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- Zu Beginn der Fragestunde rufe ich gemäß Nr. 10 ministerin für Bildung und Forschung: Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde die dringli- Frau Abgeordnete Hirsch, wie Sie selber zu Recht ge- che Frage auf Drucksache 16/5874 auf. sagt haben, habe ich heute im Ausschuss im Zusammen- Die dringliche Frage des Kollegen Hans-Christian hang mit dem Zeitplan hinsichtlich der BAföG-Novelle Ströbele an das Bundesministerium für Verteidigung soll deutlich gemacht, dass wir zeitnah zur Verabschiedung schriftlich beantwortet werden. des Bundeshaushaltes für das Jahr 2008 in diesem Herbst die BAföG-Novelle verabschieden wollen, so- Damit rufe ich jetzt die Fragen auf Drucksache 16/5854 dass dann ein Inkrafttreten zum Wintersemester 2008/ in der üblichen Reihenfolge auf. 2009 möglich wird. Inwieweit ein vorgezogenes Inkraft- treten einzelner Regelungen, etwa zur Verbesserung der Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes- Förderung von Migrantinnen und Migranten, denkbar ministeriums für Bildung und Forschung. Zur Beantwor- ist, ist derzeit noch nicht entschieden. tung steht der Parlamentarische Staatssekretär Andreas Storm zur Verfügung. Vizepräsidentin Petra Pau: Die Frage 1 des Kollegen Kai Gehring soll schriftlich Ihre zweite Frage. beantwortet werden. Damit rufe ich die Frage 2 der Kollegin Cornelia Cornelia Hirsch (DIE LINKE): Hirsch auf: Meine zweite Nachfrage bezieht sich auf Folgendes: (B) Plant die Bundesregierung im Zuge der Verschiebung und Das Problem des Ausschlusses von Migrantinnen und (D) bei aktuell diskutierten Änderungen an der geplanten BAföG- Migranten stellt sich zurzeit aufgrund der Tatsache, dass Novelle auch Änderungen bezüglich der bisher vorgesehenen Verbesserungen bei der Förderung von Migrantinnen und Mi- gesagt wird: Diejenigen, die ein Studium aufgenommen granten, und, wenn ja, welche? haben, haben einen BAföG-Anspruch und deshalb ei- gentlich keinen Anspruch auf eine Förderung nach dem Bitte, Herr Staatssekretär. SGB II. – Da sich dieses Problem jetzt sofort und ganz konkret stellt und Sie gerade gesagt haben, dass Sie noch Andreas Storm, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- nicht wissen, inwieweit einzelne Teile vorgezogen wer- ministerin für Bildung und Forschung: den können, könnte man überlegen, inwieweit man ver- Frau Präsidentin, die Frage der Abgeordneten Hirsch sucht, Migrantinnen und Migranten schon im kommen- beantworte ich wie folgt: Nein, die Bundesregierung hat den Semester unter eine Härtefallregelung, die es ja im nicht die Absicht, auf materielle Veränderungen der nach SGB II gibt, fallen zu lassen, um ihnen sofort einen Zu- dem Stand des Regierungsentwurfs für das 22. BAföG- gang zu ermöglichen. Gibt es Überlegungen in dieser Änderungsgesetz vorgesehenen Neuregelungen zur För- Richtung in der Bundesregierung? derung von Migrantinnen und Migranten nach § 8 BAföG und § 63 SGB III im Verlaufe des parlamentarischen Andreas Storm, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- Verfahrens hinzuwirken. ministerin für Bildung und Forschung: Frau Abgeordnete Hirsch, wie Ihnen durch die parla- Vizepräsidentin Petra Pau: mentarischen Beratungen im Ausschuss für Bildung, Sie haben die Möglichkeit zur ersten Nachfrage. Forschung und Technikfolgenabschätzung bekannt ist, besteht keine Möglichkeit mehr, ein rechtzeitiges In- Cornelia Hirsch (DIE LINKE): krafttreten zum Wintersemester 2007/2008 zu erreichen. Danke schön, Herr Staatssekretär. – Nichtsdestotrotz Von daher ist eine Regelung, die bereits in diesem Win- werden ja jetzt die schon für das kommende Winter- tersemester gelten könnte, nicht mehr machbar. Die semester vorgesehenen Regelungen, die den Zugang für Frage, ob eine Regelung in der Zeit bis zum Winterse- Migrantinnen und Migranten erleichtert hätten, auf jeden mester 2008/2009 gefunden werden kann, wird derzeit Fall weiter nach hinten verschoben. Wir haben heute noch geprüft. Morgen auch im Ausschuss darüber diskutiert. Da mein- ten Sie, dass eine Beschlussfassung frühestens im Herbst Vizepräsidentin Petra Pau: in irgendeiner Form erfolgen könnte. Dann würde das Das Wort zu einer Nachfrage hat die Kollegin Jelpke. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11001

(A) Ulla Jelpke (DIE LINKE): Andreas Storm, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- (C) Herr Staatssekretär, Sie wissen ja sicherlich, dass in ministerin für Bildung und Forschung: manchen Bundesländern Jugendliche und Kinder keinen Die Bundesregierung hat gemeinsam mit den Ländern Zugang zu Schulen haben. Ich würde gerne wissen, wie in den vergangenen Monaten eine Reihe von Maßnah- sich die Bundesregierung dazu stellt, ob eine gesetzliche men eingeleitet, um das Ziel, die Zahl der Studienanfän- Initiative bzw. Maßnahmen dagegen geplant sind. Denn ger zu erhöhen, erreichen zu können. Die angestrebte Bildung ist ja ein Grundrecht. Da müsste die Regierung Zielmarke liegt bei einer Studienanfängerquote von doch eigentlich einschreiten. In meiner Frage geht es um 40 Prozent eines Jahrgangs. Einen wesentlichen Beitrag das beschränkte Aufenthaltsrecht, um die Regelung hin- dazu wird der von Bund und Ländern im Juni unter- sichtlich des Aufenthaltsrechts. zeichnete Hochschulpakt leisten. Dadurch werden bis zum Jahr 2010 90 000 zusätzliche Studienanfängerplätze geschaffen. Andreas Storm, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- ministerin für Bildung und Forschung: Vizepräsidentin Petra Pau: Frau Abgeordnete, die Kompetenzen für den schu- lischen Bereich liegen eindeutig bei den Ländern. Im Danke, Herr Staatssekretär. Übrigen sieht die Bundesregierung keinen Zusammen- Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun- hang zwischen dem von Ihnen angesprochenen Themen- desministeriums für Wirtschaft und Technologie. Zur komplex und der Frage der Abgeordneten Hirsch nach Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär den Regelungen beim BAföG. Die Nachfrage muss aber Peter Hintze zur Verfügung. mit diesem Themenkomplex in Zusammenhang stehen. Ich rufe die Frage 3 der Kollegin Bärbel Höhn auf: Wann wird das Bundesministerium für Wirtschaft und Vizepräsidentin Petra Pau: Technologie den deutschen Aktionsplan für Energieeffizienz Eine weitere Nachfrage, diesmal der Kollegin nach Brüssel nachmelden, und warum kommt es zu dieser Enkelmann. Verzögerung? Bitte, Herr Staatssekretär. Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, die im Zuge der Novelle geplan- Peter Hintze, Parl. Staatssekretär beim Bundes- ten Einschränkungen bei der Förderung des zweiten Bil- minister für Wirtschaft und Technologie: dungsweges stehen besonders in der Kritik. Welche Danke, Frau Präsidentin. – Ich beantworte die Frage Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der dies- der Frau Kollegin Höhn wie folgt: Die Bundesregierung (B) bezüglichen Kritik der Sachverständigen? wird den Aktionsplan für Energieeffizienz der Europäi- (D) schen Kommission in Brüssel Anfang Oktober vorlegen. Die Bundesregierung hat eine vorbereitende Studie zum Andreas Storm, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- Energieeffizienzaktionsplan vergeben, deren Endergeb- ministerin für Bildung und Forschung: nisse Ende August, Anfang September vorliegen wer- Die Bundesregierung hat die Anhörung zur geplanten den. Auf dieser Grundlage wird das Maßnahmengerüst BAföG-Novelle, die im Ausschuss für Bildung, For- des Aktionsplans vervollständigt. schung und Technikfolgenabschätzung im Mai durchge- führt worden ist, sehr sorgfältig ausgewertet. Wir überle- Vizepräsidentin Petra Pau: gen zurzeit insbesondere, ob im Entwurf Änderungen bei der Förderung des zweiten Bildungsweges – Stich- Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. wort: Kollegiaten – vorgenommen werden sollen. Die Entscheidung darüber soll zusammen mit der Entschei- Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): dung über eine Anpassung der Bedarfssätze und der Herr Staatssekretär, Sie haben deutlich gemacht, dass Freigrenzen als Gesamtpaket im Zuge des Gesetzge- Sie die Ergebnisse einer Studie brauchen, um diesen Ak- bungsverfahrens bis zum Herbst dieses Jahres fallen. tionsplan aufstellen und in der Bundesregierung abstim- men zu können. Wann genau ist diese Studie, die für das weitere Vorgehen notwendig ist, in Auftrag gegeben Vizepräsidentin Petra Pau: worden? Die letzte mir angezeigte Nachfrage zu dieser Frage stellt die Kollegin Dağdelen. Peter Hintze, Parl. Staatssekretär beim Bundes- minister für Wirtschaft und Technologie: Sevim Dağdelen (DIE LINKE): Die Studie ist im August 2006 in Auftrag gegeben Sehr geehrter Herr Staatssekretär, die Ergebnisse der worden. Sie konnte nicht früher in Auftrag gegeben wer- Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes haben den, weil wir, wie Sie sich vielleicht erinnern, eine Haus- wieder einmal auf die Auswirkungen der sozialen Un- haltssperre hatten. Für die Studie ist ein Jahr angesetzt gleichheit auf den Zugang zu Hochschulen hingewiesen. worden. Sie wird Ende August, also nach einem Jahr, ge- Welche über die BAföG-Novelle hinausgehenden Maß- liefert werden. Wenn die Endergebnisse vorliegen – die nahmen plant die Bundesregierung, um dem Problem, Zwischenergebnisse haben wir schon –, wird das Maß- das in dieser Sozialerhebung zum Ausdruck gekommen nahmengerüst endgültig festgelegt, in der Bundesregie- ist, entgegenzuwirken? rung abgestimmt und nach Brüssel gemeldet werden. Ich 11002 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Parl. Staatssekretär Peter Hintze (A) denke, wir können die Meldung an die EU-Kommission das noch sagen darf – geht die Qualität vor der Ge- (C) in Brüssel Ende September, Anfang Oktober vorneh- schwindigkeit. men. Vizepräsidentin Petra Pau: Vizepräsidentin Petra Pau: Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage. Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun- desministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Ver- Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): braucherschutz. Zur Beantwortung steht der Parlamenta- Herr Staatssekretär, Sie haben eben gesagt, dass Sie rische Staatssekretär Dr. Gerd Müller zur Verfügung. die Studie im August 2006 in Auftrag gegeben haben Ich rufe die Frage 4 der Kollegin Höhn auf: und dass die Studie nach einem Jahr, also Ende August 2007, abgegeben werden soll. Auf die Anfrage Welche verbraucherpolitischen Beschlüsse wurden unter der deutschen EU-Präsidentschaft gefasst, und welche kon- des Abgeordneten Loske vom 18. April, ob der kreten Fortschritte wurden dabei für die deutschen Verbrau- 30. Juni 2007 als Termin gehalten werden kann – bis zu cherinnen und Verbraucher erzielt? diesem Datum müssen Sie den Aktionsplan an die EU Bitte, Herr Staatssekretär. melden –, haben Sie geantwortet: Die Bundesregierung ist bemüht, diese Frist einzuhalten. Nach Ihren eigenen Bekundungen wussten Sie schon Ende April, dass das Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär beim Bundes- Gutachten, das Grundlage für diesen Aktionsplan sein minister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau- würde, gar nicht bis Ende Juni vorliegt. Warum haben cherschutz: Sie dem Abgeordneten Loske nicht ganz wahrheitsge- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die mäß geantwortet? Antwort auf diese Frage ist etwas umfassender, weil wir sehr erfolgreich waren und auch im Bereich des Verbrau- cherschutzes eine sehr erfolgreiche Ratspräsidentschaft Peter Hintze, Parl. Staatssekretär beim Bundes- vorweisen können. Deshalb darf ich wie folgt antworten: minister für Wirtschaft und Technologie: Der Schluss, den Sie, Frau Kollegin, hier gezogen ha- Erstens. Der Rat hat sich unter deutscher Präsident- ben, ist unzulässig. Es war nicht von Anfang an klar, schaft zur verbraucherpolitischen Strategie 2007 bis dass man für die Studie ein Jahr benötigt. Das hat sich 2013 der Kommission positioniert und dazu eine umfas- erst im Verlauf herausgestellt. Zum Zeitpunkt der Beant- sende Ratsentschließung verabschiedet. Insbesondere wortung dieser Frage war die Bundesregierung noch be- geht es dabei um die Markttransparenz, die Stärkung der (B) müht, den vorgesehenen Zeitrahmen Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes und eine Reihe (D) weiterer Punkte, auf die ich hier im Einzelnen nicht ein- (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gehe. Ich möchte einige weitere Punkte ansprechen. Wir NEN]: Sie ist immer bemüht!) haben darüber hinaus, neben dieser verbraucherpoliti- und den Termin 30. Juni 2007 einzuhalten. schen Strategie, der Notwendigkeit, Verbraucherrecht im digitalen Zeitalter fortzuentwickeln, Rechnung getragen Ich darf Ihnen, obwohl Sie nicht danach gefragt ha- und auf dem Verbraucherrat am 31. Mai 2007 die Charta ben, noch sagen, dass von den 27 Mitgliedstaaten der „Verbrauchersouveränität in der digitalen Welt“ vorge- Europäischen Union nur zwei diesen Termin eingehalten stellt. haben. Aufgrund der Komplexität der Aufgabenstellung waren am 2. Juni 24 andere Staaten in derselben Situa- Zweitens. Des Weiteren wird mit dem Beschluss der tion wie wir. Roaming-Verordnung das Telefonieren mit dem Handy im europäischen Ausland wesentlich billiger. Die Ver- (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ordnung ist unmittelbar mit ihrer Veröffentlichung vor ist aber keine Entschuldigung, oder?) wenigen Tagen, am 30. Juni 2007, also passend zum Be- ginn der Urlaubssaison, in Kraft getreten. Alle Verbrau- – Ich erläutere Ihnen das. cherinnen und Verbraucher profitieren davon.

Vizepräsidentin Petra Pau: Drittens. Während der deutschen Präsidentschaft wurden im Rahmen unserer Tätigkeit hinsichtlich des Liebe Kollegin, wir sind in der Fragestunde, nicht in Verbraucherschutzes die Kundenrechte im Eisenbahn- der Debatte. verkehr mit der Verabschiedung des dritten Eisenbahn- paketes deutlich gestärkt. Künftig gibt es europaweite Peter Hintze, Parl. Staatssekretär beim Bundes- Regelungen zur Verspätungsentschädigung. Auch das ist minister für Wirtschaft und Technologie: angesichts der derzeitigen Situation bei der Bahn top- Ich wollte der Kollegin den Gesamtzusammenhang aktuell. Es gibt also europaweite Regelungen zur Ver- erläutern. spätungsentschädigung, zur Haftung, zu Informations- pflichten und zu den Rechten der in der Mobilität Selbstverständlich bemüht sich die Bundesregierung eingeschränkten Personen. immer, in Europa vereinbarte Zeitpunkte einzuhalten, selbst wenn deren Verstreichung nicht sanktionsbewehrt Viertens. Unter deutscher Präsidentschaft hat der Rat ist, wie es bei dem Termin 30. Juni und dieser Richtlinie eine Einigung über die Verbraucherkreditrichtlinie er- der Fall ist. Aber für uns – Frau Präsidentin, wenn ich zielt. Frau Kollegin Höhn, Kolleginnen und Kollegen, Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11003

Parl. Staatssekretär Dr. Gerd Müller (A) wir konnten eine jahrelange Diskussion hier in diesem Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (C) Plenum im Rahmen der erfolgreichen Ratspräsident- Herr Staatssekretär Müller, der erste Punkt, den Sie schaft zu Ende bringen. Wird die Richtlinie vom Euro- genannt haben, betraf den digitalen Verbraucherschutz. päischen Parlament gebilligt – davon gehen wir aus –, Zu diesem Thema hat meines Wissens einzig und allein werden die deutschen Verbraucherinnen und Verbrau- eine Konferenz stattgefunden. Dadurch ist der digitale cher in Zukunft leichter das für sie günstigste Kredit- Verbraucherschutz für die Menschen nicht verbessert angebot ermitteln können. Ein weiterer Erfolg der deut- worden. schen Präsidentschaft ist der Erhalt bewährter nationaler Verbraucherschutzregeln – auch das ist im Rahmen die- Der zweite wichtige Aspekt, den Sie angesprochen ser Richtlinie geregelt – wie des Schriftformerfordernis- haben, betraf die Roaminggebühren. Halten Sie das Er- ses für den Verbraucherkreditvertrag. Das heißt, per gebnis, dass die Mobilfunkkonzerne drei weitere Jahre Handy ist auch künftig keine Kreditaufnahme möglich; lang überhöhte Roaminggebühren in Höhe von 49 Cent das ist ausgesprochen wichtig. pro Minute verlangen dürfen, wirklich für einen Erfolg der deutschen Ratspräsidentschaft? Das EU-Parlament Fünftens. Die Verhandlungen über die Zahlungsdiens- hatte Roaminggebühren von 40 Cent pro Minute be- terichtlinie konnten zu einem erfolgreichen Abschluss schlossen, und Minister Glos ist mit 60 Cent pro Minute gebracht werden. Die deutschen Verbraucherinnen und in die Verhandlungen gegangen. Ist dieser fragwürdige Verbraucher können sich darüber freuen, dass Überwei- „Erfolg“ überhöhter Roaminggebühren nicht sogar noch sungen nach Umsetzung dieser Richtlinie schon am gegen Minister Glos erzielt worden? nächsten Geschäftstag auf dem Konto des Empfängers gutgeschrieben werden müssen. Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär beim Bundes- Sechstens. Unter deutscher Präsidentschaft wurde im minister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau- Rat die allgemeine Ausrichtung – der General Approach – cherschutz: der Vorschläge zu den drei Verordnungen über Lebens- Darauf gehe ich gerne ein. Ich möchte auch alle Zu- mittelzusatzstoffe, Lebensmittelenzyme und ein einheit- hörerinnen und Zuhörer bitten, ihre Handyrechnungen liches Verfahren der Zulassung von Zusatzstoffen, Enzy- der Monate Juni und Juli 2007 miteinander zu verglei- men und Aromen beschlossen. Ich mache es kurz: Durch chen. Nachdem diese Verordnung in Kraft getreten ist, die genannten Verordnungen wird der Schutz der Ge- gibt es einen Eurotarif, der für getätigte Gespräche sundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher auf ho- höchstens 49 Cent pro Minute und für eingehende Ge- hem Niveau gewährleistet. spräche höchstens 24 Cent pro Minute betragen darf. Das ist eine wesentliche Senkung der bisherigen Tarife. Siebtens. Die Prävention und die Förderung gesunder (B) Natürlich kann man fragen: Warum wurden die Kosten (D) Lebensstile bildeten einen Schwerpunkt der deutschen nicht noch stärker gesenkt, und – diese Forderung würde Ratspräsidentschaft. So hat der Rat für Gesundheit und am weitesten gehen – warum kann man in Europa nicht Verbraucherschutz am 31. Mai 2007 Schlussfolgerungen zum Nulltarif mit dem Handy telefonieren? 27 Staaten zur Stärkung von Gesundheitsförderung und gesundheit- müssen sich auf einen gemeinsamen Tarif einigen, der licher Prävention durch ausgewogene Ernährung und auch aus Sicht der Anbieter kostendeckend sein muss. ausreichende Bewegung beschlossen. Ich wiederhole: Es wurde nicht nur darüber diskutiert, sondern es wurden Ich möchte noch präziser werden. Zum einen werden Schlussfolgerungen beschlossen. die Kosten innerhalb von zwei Jahren in zwei Stufen noch weiter sinken, nämlich auf 43 Cent pro Minute für Achtens. Im Nachgang zur EU-Tierschutzkonferenz getätigte und auf 19 Cent pro Minute für eingehende Ge- vom 28. März 2007 mit dem Titel „Tierschutz – Verbes- spräche, zum anderen liegen die Tarife heute wesentlich serung durch Kennzeichnung?“ verabschiedete der höher. Ich möchte das an einem Beispiel verdeutlichen: Agrarrat Schlussfolgerungen. Darin wird die Kommis- Bisher kostete ein vierminütiges Gespräch von Frank- sion aufgefordert, die Grundlage dafür zu schaffen, dass reich nach Deutschland zwischen 2,76 Euro und aus Sicht der Verbraucher ausführliche Diskussionen 5,12 Euro. Diese Gebühren konnten wir in erheblichem über die Einführung eines EU-Tierschutzlabels geführt Umfang senken, nämlich um ein Viertel bis ein Drittel; werden. das werden Sie bei einem Blick auf Ihre Handyrechnun- Meine sehr verehrten Damen und Herren, das waren gen feststellen. Das ist ein Erfolg, der nicht wegzureden acht Kernpunkte, Beschlüsse und Erfolge der deutschen ist. Ratspräsidentschaft im Bereich des Verbraucherschut- zes. Ich bin für diese Frage ausgesprochen dankbar; Vizepräsidentin Petra Pau: denn sie bot mir die Gelegenheit, einige Punkte anzu- Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage. sprechen, über die in der Öffentlichkeit bisher noch nicht ausführlich diskutiert wurde. Diese Fragestunde lohnt Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): sich also auch für die Öffentlichkeit. Herr Staatssekretär, im letzten Jahr, am 24. Juli 2006, hat Minister Seehofer dem „Handelsblatt“ gegenüber er- Vizepräsidentin Petra Pau: klärt, er rechne bis Herbst mit einem Entwurf eines Ge- Ich nehme an, dass Ihnen die Kollegin Höhn durch setzes zur Entschädigung von Fahrgästen bei Verspätun- zwei Nachfragen die Möglichkeit gibt, noch mehr darzu- gen ihres Zuges. Halten Sie die Regelung, die jetzt stellen. – Bitte, Kollegin Höhn. gefunden worden ist – ab einer Stunde Verspätung be- 11004 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Bärbel Höhn (A) kommt man 25 Prozent des Fahrpreises zurück, ab zwei wir nicht über Grünbücher und Weißbücher diskutiert (C) Stunden Verspätung 50 Prozent –, wirklich für einen haben und was es sonst noch alles an Willensbekundun- großen Erfolg? gen der Europäischen Union gibt, sondern dass wir den Stapel der Verordnungen, der Vorschläge, die über Jahre Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär beim Bundes- hinweg diskutiert worden sind, abgearbeitet haben. Ich minister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau- erinnere noch einmal an die Verbraucherkreditrichtli- cherschutz: nien, über die wir drei, vier, fünf Jahre diskutiert haben. Bei einer Stunde Verspätung eine Erstattung von Wir haben sie unter der Präsidentschaft von Minister 25 Prozent, bei zwei Stunden von 50 Prozent hätte den Seehofer abgearbeitet, indem Kompromisspakete zu- Berlinerinnen und Berlinern in den letzten Tagen um ei- sammengebunden wurden. Doch es bleibt, wie es immer niges geholfen. ist: Wie der Bauer die Kuh am nächsten Tag wieder mel- ken muss, so geht das Geschäft in der Politik Tag für Tag (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: weiter. Wir haben viele Themen auf der Tagesordnung. Denen hätte es noch nicht einmal geholfen, den kompletten Fahrpreis erstattet zu bekom- Ich nenne in diesem Zusammenhang den von mir zu- men! Die hätten lieber pünktliche Züge ge- erst genannten Bereich, den Beschluss einer verbrau- habt!) cherpolitischen Strategie für den Zeitraum von 2007 bis 2013, in dem circa 20 Punkte angesprochen werden, bei Ich glaube, es ist ein wichtiges Signal, dass europa- denen die EU und die nationalen Regierungen in den weit bei einer Stunde Verspätung 25 Prozent des Fahr- nächsten drei bis fünf Jahren tätig werden. Ich sage an preises erstattet werden sollen und bei zwei Stunden dieser Stelle aber auch sehr deutlich: Es kommt nicht nur 50 Prozent. Unabhängig davon wird die Bundesregie- darauf an, viel über Europa auf den Weg zu bringen. rung mit der Deutschen Bahn AG in den nächsten Wo- Manchmal kommt es auch darauf an, das eine oder an- chen Gespräche über mögliche Ausnahmen von den Re- dere eben nicht auf diesen Weg zu bringen, sondern na- gelungen der Verordnung führen – Termine dafür sind tional zu regeln. Masse ist nicht unbedingt Klasse. Aber bereits fixiert –, um national, auch was die Terminlage ich glaube, die Dinge, die wir verabschiedet haben, sind anbetrifft, ein Stück weit vorauszugehen. Wir gehen da- auch qualitativ gut. von aus, dass sich die Deutsche Bahn AG und die ande- ren Anbieter in Deutschland diesen europäischen Kom- promiss zu eigen machen und nicht auf die nationale Vizepräsidentin Petra Pau: Umsetzung europäischen Rechts warten, sondern von Die nächste Nachfrage stellt der Kollege Steenblock. sich aus entsprechend reagieren. (B) Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (D) Vizepräsidentin Petra Pau: NEN): Das Wort zu einer Nachfrage hat der Kollege Fuchtel. Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär, ich möchte das Thema Roaming gern noch einmal auf- greifen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber normale Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU): deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher müssen Herr Staatssekretär, Sie haben hier eine Reihe von Er- auch Mehrwertsteuer zahlen. Das heißt, dass sich die folgen der Bundesregierung aufgeführt. Können Sie et- von Ihnen genannten 49 Cent für die Verbraucherinnen was zu der weiteren Entwicklung in den einzelnen Berei- und Verbraucher auf 58,3 Cent erhöhen. Sie haben ge- chen sagen? Was hat sich die Regierung vorgenommen, sagt, dass man für ein vierminütiges Gespräch aus um einerseits zu kontrollieren, dass die Beschlüsse auf Frankreich nach Deutschland mindestens 2,76 Euro zah- europäischer Ebene auch umgesetzt werden, und ande- len muss. Nach der neuen Regelung muss man ungefähr rerseits die Umsetzung im nationalen Rahmen zu betrei- 2,35 Euro zahlen. Ist der Erfolg, den Sie gerade prokla- ben? Gibt es da ein Timing und Vorgaben? miert haben, vor dem Hintergrund dieser Zahlen nicht ausgesprochen bescheiden ausgefallen, und wäre es Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär beim Bundes- nicht im Interesse der Verbraucherinnen und Verbrau- minister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau- cher, hier zu größeren Einsparungen zu kommen? Die cherschutz: Konzerne verdienen schließlich enorm viel durch die ho- Herr Abgeordneter Fuchtel, ich habe acht Punkte ge- hen Gebühren für Auslandsgespräche. nannt. Ich glaube, die allerwenigsten waren der deut- schen Öffentlichkeit bisher bekannt, vielleicht auch weil Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär beim Bundes- wir manchmal zu viel arbeiten. Im Rahmen unserer minister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau- Ratspräsidentschaft war konkrete Gesetzesarbeit ange- cherschutz: sagt und keine Pressearbeit. Wir waren und sind mit Ihnen der Meinung, dass die Die konkreten Ergebnisse, die ich vorgestellt habe, Gebühren für Auslandsgespräche im oberen Preissektor gelten zum Teil bereits jetzt, seit Anfang Juli, oder ab angesiedelt waren. Deshalb war dieses Thema in Europa August europaweit, und zwar in Form einer unmittelbar längst regelungsbedürftig. Wirtschaftsminister Glos, der geltenden Verordnung, die nicht erst in nationales Recht federführend verhandelt hat, hat hier einen Erfolg erzielt. umzusetzen ist; bei den Richtlinien ist es dagegen in der Sie haben gerade dargestellt, dass man, wenn man die Tat eine Frage der nationalen Umsetzung. Was uns in der Mehrwertsteuer hinzurechnet, je nach Anbieter auf politischen Arbeit ein Stück weit stolz macht, ist, dass 3,10 Euro bis 3,15 Euro kommt. Im Augenblick zahlt Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11005

Parl. Staatssekretär Dr. Gerd Müller (A) man bis zu 5,12 Euro; in anderen europäischen Staaten auf Familien mit drei und mehr Kindern beziehen. Nach (C) geht es sogar noch darüber hinaus. Das heißt: Wenn Sie Lage der Dinge wird das Kompetenzzentrum, wie sei- heute einen günstigen Anbieter wählen – im Hinblick nerzeit angegeben, zum 31. März 2008 seinen Bericht auf die Verbraucher muss ich sagen: Nutzen Sie die Be- vorlegen. ratung in den Verbraucherzentralen; es gibt entspre- chende Angebote und Programme! –, können Sie die Vizepräsidentin Petra Pau: Gebühren für Auslandsgespräche nach der neuen Rege- Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. lung halbieren, wenn Sie vorher einen teuren Anbieter hatten. Ina Lenke (FDP): Herr Staatssekretär, eine Vorlage des Berichts am Vizepräsidentin Petra Pau: 31. März 2008 ist viel zu spät. Die Bundeskanzlerin hat Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. die Familienministerin vor einigen Monaten aufgefor- Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes- dert, schneller zu Bewertungen zu kommen. Es mag ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. zwar richtig sein, dass die Analysen vorbereitet werden Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staats- müssen. Aber was die Finanzierung der Krippen angeht, sekretär Dr. Hermann Kues zur Verfügung. ist es unseres Erachtens sehr wichtig, dass Sie Herrn Steinbrück eine Antwort geben, der Teile der 4 Milliar- Ich rufe die Frage 5 der Kollegin Ina Lenke auf: den Euro für die Krippenbetreuung aus der Bündelung Welche Zwischenergebnisse liegen der Bundesregierung der familienbezogenen Leistungen aufbringen will. Da- hinsichtlich der Bewertung der 145 familienbezogenen Leis- mit können Sie nicht warten, weil jetzt der Haushalt für tungen und Maßnahmen, die mit 184 Milliarden Euro bezif- das Jahr 2008 aufgestellt wird. Ich frage Sie in diesem fert werden, durch das Kompetenzzentrum vor, und zu wel- chem Termin wird das Kompetenzzentrum den Endbericht Zusammenhang, zu welchen Ergebnissen Sie bei der vorlegen? Bündelung kommen: Welche Leistungen können weg- fallen oder müssen zusätzlich ausgebaut werden? Bitte, Herr Staatssekretär. Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Ju- Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Ju- gend: gend: Ihre erste Bemerkung war eine Bewertung. Diese teile Der Schwerpunkt der bisherigen Arbeit lag auf der ich ausdrücklich nicht. Analyse und Bewertung der Förderung von Familien mit (B) Kindern in der Kleinkindphase sowie der frühen Bildung Was Ihre Frage angeht, habe ich darauf hingewiesen, (D) und Förderung von Kindern, also auf dem, worüber wir dass wir uns insbesondere um die Bewertung der Förde- auch in der Öffentlichkeit höchst intensiv diskutieren. rung von Familien mit Kindern in der Kleinkindphase Die Ergebnisse dieser Schwerpunktarbeit sind unmittel- gekümmert haben, da wir diese Daten für Gespräche mit bar in die Ermittlung des Bedarfs und der Kosten für den dem Finanzministerium, innerhalb der Bundesregierung, Ausbau der Betreuungsangebote sowie in die Klärung aber auch mit den Ländern und den kommunalen Spit- und Ausgestaltung der Finanzierung bzw. der Finanzie- zenverbänden benötigt haben. Diese Daten werden inso- rungswege für den Ausbau der Betreuung eingegangen. fern teilweise politisch kommuniziert. Das war zunächst Das waren wichtige Informationen, um politische Ent- das Wichtigste, das wir uns vorgenommen hatten. Ich scheidungen rational treffen zu können; denn es gab bis- habe auch erläutert, was wir in der zweiten Hälfte dieses lang ein Erkenntnisdefizit. Man braucht gemeinsame Jahres vorhaben. Aus diesem Arbeitsprogramm ergibt Einschätzungen der Ausgangssituation mit den unter- sich logischerweise, dass wir frühestens Anfang 2008 ei- schiedlichen Gesprächspartnern, um zu vernünftigen nen abschließenden Bericht vorlegen können. politischen Ergebnissen zu kommen. Zu einzelnen Punkten ist Auskunft gegeben worden. Beim zweiten Bereich, der bearbeitet worden ist, ging Das heißt, was an Fakten vorliegt, fließt jeweils auch in es um die Klärung der Methodik zur Systematisierung den politischen Diskussionsprozess ein. und Bilanzierung familienbezogener Leistungen. Das war immer strittig und wird auch weiterhin erörtert wer- Vizepräsidentin Petra Pau: den müssen. Hier sind Studien im nationalen und im in- Sie haben das Wort zu einer zweiten Frage. ternationalen Kontext angefertigt worden. Daneben wurde eine Systematisierung zur Unterscheidung von Ina Lenke (FDP): Familienförderung, verfassungsrechtlich gebundenen Maßnahmen und allgemeinen Maßnahmen des Fami- Herr Staatssekretär, Familienministerin von der Leyen lienlastenausgleichs ausgearbeitet. hat gestern bei Ihrem Treffen mit den Landesministern ein Betreuungsgutscheinmodell vorgeschlagen. Auch In der zweiten Hälfte dieses Jahres wird sich das daraus ist nichts geworden. Das war der x-te Betreu- Kompetenzzentrum verstärkt mit der Förderung von Fa- ungsgipfel, bei dem kein Ergebnis erzielt wurde. Die milien mit drei und mehr Kindern befassen. Es wird da- Ministerin muss doch etwas angeboten haben. Woher rum gehen, ein Konzept für eine Wirkungsanalyse des kommt das Geld für die Betreuungsgutscheine? Das hat Gefüges familienbezogener Leistungen und Maßnahmen auch etwas mit der Bündelung der Familienleistungen zu zu erstellen, die sich am Lebensverlauf ausrichten und tun. Es müssen doch Ergebnisse vorliegen. Ohne Ergeb- 11006 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Ina Lenke (A) nisse hätte Ministerin von der Leyen kein Betreuungs- Ebene zwischen Bundestag und Bundesrat intensiv bera- (C) gutscheinmodell vorschlagen können. Ich bitte Sie, bei ten. Das wird in der zweiten Hälfte dieses Jahres erfol- der Beantwortung dieser Frage auch auszuführen, was gen müssen, wenn der eben genannte Termin 1. Januar die Ministerin mit dem Betreuungsgutscheinmodell 2008 stimmt. meint. Vizepräsidentin Petra Pau: Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Danke, Herr Staatssekretär. Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Ju- gend: Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun- desministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Erstens stelle ich noch einmal ausdrücklich fest, dass Der Parlamentarische Staatssekretär Achim Großmann ich die von Ihnen vorgenommene Bewertung nicht teile. steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Sie verfolgen offenkundig Presseberichte, die in sich völlig widersprüchlich sind. Mir liegt zufällig ein Aus- Die Fragen 6 und 7 der Kollegin Dr. Gesine Lötzsch zug aus der Berichterstattung vor. Darin lautet die Über- werden schriftlich beantwortet. schrift eines Artikels: „Bund und Länder nähern sich an“. Ein anderer Artikel auf der Seite trägt den Titel Ich rufe die Frage 8 des Kollegen Dr. Anton Hofreiter „Finanzierung wieder offen“. auf: Wer ist nach Auffassung der Bundesregierung Aufgaben- Zweitens. Sie definieren die Diskussionen als Gipfel. träger beim Transrapidprojekt in München und hat damit auch Das ist Ihre Interpretation. Arbeitsgespräche müssen für die Kostenmehrung bei der Investition originär aufzukom- mehrfach stattfinden; das ist ein Prozess. Wir haben im men, und welche Gesamthöhe der Investitionskosten, zu be- Februar dieses Jahres angefangen. Jetzt ist gerade Juli. streiten durch die öffentliche Hand, hält die Bundesregierung für vertretbar? Wir haben fest vor, das Ganze zum 1. Januar 2008 auf den Weg zu bringen. Lassen Sie sich überraschen. Sie Bitte, Herr Staatssekretär. werden feststellen, dass dies gelingen wird. Im Übrigen werden unterschiedliche Finanzierungs- Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- wege diskutiert. In diesem Zusammenhang wird auch desminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: die Frage berücksichtigt, ob Gutscheine hilfreich sein Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrter Herr können. Dass man dies erörtern muss, weil es Vor- und Kollege Dr. Hofreiter, die Deutsche Bahn AG bedient Nachteile gibt, ist völlig klar. Dass diejenigen, die diese sich der DB Magnetbahn GmbH, um das Transrapidpro- Unterstützung leisten – die Finanzierung soll durch den jekt in München eigenwirtschaftlich zu planen, zu bauen (B) Bund, die Länder und die Kommunen erfolgen –, unter- und zu betreiben. Das Transrapidprojekt in München ist (D) schiedliche Vorstellungen haben, ist völlig normal; denn ein Nahverkehrsprojekt. Gleichwohl ist die Bundesre- bei der bundesweiten Einführung eines Gutschein- gierung der Auffassung, dass das Transrapidprojekt in modells handelt es sich um ein neues Verfahren. Das München nicht nur verkehrlichen Belangen Rechnung setzt einen Diskussionsprozess voraus. Wir sind völlig trägt, sondern auch einen hohen industriepolitischen im Zeitplan, kluge Wege zu entwickeln, die allgemein Nutzen aufweist. Daher ist sie mit dem Freistaat Bayern Zustimmung finden. übereingekommen, sich an der Finanzierung des Projek- tes zu beteiligen. Es werden derzeit Gespräche mit Vertretern des Freistaates Bayern sowie der DB AG zu Vizepräsidentin Petra Pau: offenen Fragen hinsichtlich der Gesamtfinanzierung und Das Wort zu einer Nachfrage hat der Kollege einer Verteilung der Risikotragung im Falle der Realisie- Burgbacher. rung des Projektes geführt.

Ernst Burgbacher (FDP): Vizepräsidentin Petra Pau: Herr Staatssekretär, „Lassen Sie sich überraschen“ Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage, Herr bedeutet im Klartext: Lassen Sie sich vor vollendete Tat- Hofreiter. sachen stellen. Deshalb frage ich noch einmal: Können wir in absehbarer Zeit mit Zwischenergebnissen rech- Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nen, oder ist es vorgesehen, dass Ganze erst zum Schluss NEN): zu präsentieren? Wann können wir mit Zwischenergeb- nissen rechnen? Könnte der Herr Staatssekretär meine zweite Frage gleich mitbeantworten, weil sie in einem engen System- zusammenhang mit der ersten steht? Dr. Hermann Kues, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Ju- gend: Vizepräsidentin Petra Pau: Wenn auch der Herr Staatssekretär das so sieht. Wenn die vorbereitenden Gespräche mit den Ländern abgeschlossen sind, wird die Bundesregierung einen Ge- setzentwurf vorlegen. Zum Zeitverlauf, was das Inkraft- Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- treten des Vorhabens angeht, habe ich mich bereits geäu- desminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: ßert. Der Gesetzentwurf wird auf parlamentarischer Gerne. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11007

(A) Vizepräsidentin Petra Pau: (Manfred Grund [CDU/CSU]: Großzügig, (C) Dann rufe ich die Frage 9 des Kollegen Dr. Anton Frau Präsidentin!) Hofreiter auf: Wie lange hält die Bundesregierung ihre Finanzierungszu- Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sage für das Transrapidprojekt in München aufrecht, und kann NEN): sich die Bundesregierung eine Umschichtung der im Haushalt Herr Staatssekretär, ich sehe selbstverständlich ein, für das Transrapidprojekt in München veranschlagten Mittel für eine Verbesserung der Schienenverbindung zwischen dass Sie mir keine Summe nennen können, die Sie zah- München Hauptbahnhof und Flughafen München vorstellen? len werden. Vielmehr ist die entscheidende Frage, wel- ches maximale Angebot an Bayern Sie sich vorstellen Bitte, Herr Staatssekretär. können. Darauf kann man durchaus mit einer Zahl ant- worten, es sei denn, Sie wissen keine. Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- desminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Vizepräsidentin Petra Pau: Die Bundesregierung geht davon aus, Herr Kollege Herr Staatssekretär, Sie entscheiden, was Sie antwor- Hofreiter, dass die laufenden Gespräche mit dem Frei- ten. staat Bayern und der DB AG zeitnah zu einem Ab- schluss gebracht werden können. Haushaltsrelevante Schlussfolgerungen oder sogar haushaltsrechtliche Fest- Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- legungen sind nach Abschluss der Gespräche möglich. desminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Ich antworte gerne. – Herr Dr. Hofreiter, Sie werden mir in der Sommerpause fehlen, weil ich dann keine Fra- Vizepräsidentin Petra Pau: gen zum Transrapid beantworten darf. Sie kennen doch Kollege Hofreiter, Sie haben die Möglichkeit zu ins- alle Zahlen in- und auswendig. Ich weiß nicht, ob Sie da- gesamt vier Nachfragen. mit rechnen, dass ich einen Blackout habe und andere Zahlen nenne. Wie Sie wissen, stehen 1,85 Milliarden Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Euro in Rede. Es gibt zudem einen Beschluss des Deut- NEN): schen Bundestages – dieser manifestiert sich im Haus- Vielen Dank, Herr Staatssekretär, für die wortreiche haltsgesetz –, wonach wir uns mit maximal 50 Prozent Nichtbeantwortung meiner Fragen. Ich habe in der an den Kosten beteiligen. Ich weiß nicht, welche neuen Frage 8 nach dem Aufgabenträger und nach den maxi- Zahlen Sie aus mir herauslocken wollen. Es gibt jeden- malen Zuschüssen für das Konzept gefragt, die der Bund falls keine. für gerechtfertigt hält. Beide Fragen haben Sie gar nicht (B) beantwortet. Wer ist letztendlich der Aufgabenträger: der Vizepräsidentin Petra Pau: (D) Bund oder Bayern? Dabei geht es darum, wer die zu er- Ich befürchte, dass Sie Ihre Sommerplanungen koor- wartenden Mehrkosten trägt. Eine weitere Frage ist, wie dinieren müssen, um sich zu begegnen und vielleicht viel der Bund maximal trägt. Hier geht es um Zahlen. Neuigkeiten auszutauschen. Erst einmal herzlichen (Manfred Grund [CDU/CSU]: Das waren alle Dank für die Beantwortung dieser beiden Fragen. vier Fragen auf einmal!) Wir kommen zur Frage 10 der Kollegin Veronika Bellmann: Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- Welche Projekte beabsichtigt die Bundesregierung bezüg- desminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: lich der TEN-Zuschüsse für den Mehrjahreszeitraum 2007 bis Herr Kollege Hofreiter, ich habe Ihre Fragen sehr 2013 bzw. das Jahresprogramm 2008 bis zum 20. Juli 2007 wohl beantwortet. Wenn man andere Antworten erwartet bei der EU-Kommission anzumelden? hat, kann man sicherlich der Meinung sein, dass ich gar Bitte, Herr Staatssekretär. nicht geantwortet habe. Der Aufgabenträger, also derjenige, der das Projekt Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- plant, baut und betreibt, ist die DB Magnetbahn GmbH, desminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: eine Tochter der Deutschen Bahn AG. Ich habe klarge- Vielen Dank. – Frau Kollegin Bellmann, durch die macht, dass wir gemeinsam mit dem Freistaat Bayern DB Netz AG werden Anträge auf den höchstmöglichen die Finanzierung sicherstellen wollen, weil das sowohl TEN-Zuschuss über das Bundesministerium für Verkehr, für Bayern als auch für uns ein wichtiges Nahverkehrs- Bau und Stadtentwicklung für das Mehrjahresprogramm projekt ist und daher eine gemeinsame Finanzverantwor- 2007 bis 2013 gestellt. Die Anträge der DB Netz AG lie- tung besteht und weil wir darin einen industriepoliti- gen jedoch noch nicht vor, sodass über die konkreten schen Nutzen für den Bund sehen. Das ist die Grundlage Projekte noch keine Aussagen getroffen werden können. für die Gespräche, die wir zurzeit führen. Im Rahmen des Mehrjahresprogramms werden Anträge Wenn Gespräche noch laufen, kann ich Ihnen Fragen für die umweltfreundlichen Schienenprojekte gestellt. zu genauen Summen schlechterdings nicht beantworten. Für andere Verkehrsträger, wie zum Beispiel die Stra- Das werden Sie sicherlich einsehen. ßen, können im Rahmen von Jahresprogrammen An- träge gestellt werden. Für das Jahresprogramm 2008 Vizepräsidentin Petra Pau: können noch keine Anträge gestellt werden, lediglich für Ich gebe Ihnen die Möglichkeit, noch eine Frage zu das Jahresprogramm 2007. Auch hier liegen Anträge formulieren, Herr Hofreiter. noch nicht vor. 11008 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

(A) Vizepräsidentin Petra Pau: Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- (C) Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. desminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Eine Achse 22 existiert in der Form, wie Sie sie for- Veronika Bellmann (CDU/CSU): muliert haben, nicht. Es gibt eine vorrangige Achse 22 Sie haben gesagt, es liegen noch keine Anträge vor. Athen–Sofia–Budapest–Wien–Prag–Nürnberg–Dresden. Gibt es denn einen Willensbildungsprozess aufseiten der Für die erste Ausbaustufe der Strecke Rostock–Berlin Bundesregierung, was die möglichen Anträge betrifft? liegt der EU-Kommission für die laufende Förderperiode ein EFRE-Antrag, also ein Antrag für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, vor. Dieser Antrag ist in- Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- zwischen genehmigungsreif. Für die neue Förderperiode ist desminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: eine Antragstellung für die Strecken Rostock–Berlin und Ich will Ihnen noch etwas zur Datenlage sagen. Die Berlin–Dresden vorgesehen. Verordnung datiert vom Mai. Das heißt, die Europäische Kommission hat etwas länger gebraucht, um auch im Sie sehen daran, dass die Bundesregierung versucht, Kontakt mit dem Europaparlament die entsprechenden die Fördermöglichkeiten sehr flexibel zu nutzen. Wenn Grundlagen zu schaffen. Wir haben gerade die Antrags- eine Linie nicht als TEN-Projekt angemeldet ist, besteht formulare bekommen. Sie wissen, dass die Anträge, die wie in diesem Fall die Möglichkeit, einen weiteren euro- wir bei der EU stellen, zunächst von den Verkehrsträgern päischen Fördertopf in Anspruch zu nehmen. bei uns gestellt werden müssen. Wir haben eine Frist bis zum 10. Juli gesetzt, Abgabefrist in Brüssel ist der Vizepräsidentin Petra Pau: 20. Juli. Wir halten also den zeitlichen Rahmen ein. Bitte. Der Verkehrsausschuss wurde heute über eine ent- sprechende Liste informiert. Wenn ich mich recht erin- Veronika Bellmann (CDU/CSU): nere, sind Sie ordentliches Mitglied des Verkehrsaus- Ich habe zu dem Komplex nur eine Nachfrage. Dieses schusses. Ich kann sie Ihnen noch einmal vorlesen. Falls Thema stand auch auf der Tagesordnung der Minister- Sie die Liste nicht gelesen haben, könnten wir uns auch präsidentenkonferenz Ost in der vorigen Woche. Inwie- darauf einigen, uns auf das Projekt zu beschränken, das fern finden die Ergebnisse dieser Konferenz Eingang in Sie meinen. – Wir haben den Ausschuss heute infor- Ihre Beschlusslage? miert. Damit ist zumindest offenkundig, bei welchen Projekten wir mit Anträgen rechnen. Aber wie viele An- Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- träge tatsächlich gestellt werden, kann ich Ihnen noch desminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: nicht sagen. (B) Zur Erläuterung muss ich ein bisschen ausholen. Es (D) gibt eine Liste vorrangiger Projekte, die in Anhang 3 der Vizepräsidentin Petra Pau: gemeinschaftlichen Leitlinien für den Aufbau eines Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage. transeuropäischen Verkehrsnetzes dargestellt sind. In dieser Liste sind 30 Projekte aufgeführt. Wenn ein neues Veronika Bellmann (CDU/CSU): Projekt aufgenommen werden soll, müssen wir in die Ich muss Sie leider etwas korrigieren, Herr Staats- nächste Phase gehen. Das bedeutet, dass eine Verände- sekretär: Ich bin nur stellvertretendes Mitglied im Ver- rung frühestens anlässlich der für 2010 geplanten Revi- kehrsausschuss und habe heute an der zeitgleich stattfin- sion der Leitlinien möglich ist. Wir müssen also ein for- denden Sitzung des Europa-Ausschusses teilgenommen, melles Verfahren einhalten und eine Veränderung bei der in dem ich ordentliches Mitglied bin. Deshalb wäre es Kommission beantragen. Hier hat auch das Europäische günstig, wenn Sie zu dem Projekt, zu dem ich meine Parlament ein Mitwirkungsrecht. Von daher können wir Frage gestellt habe, doch noch eine Aussage träfen. An- nicht von Jahr zu Jahr neue Linien anmelden. dernfalls könnte ich die Liste sicherlich auch über den Dasselbe Problem haben wir bei der Küstenautobahn Verkehrsausschuss erhalten. A 22. Wir müssen hier ein Beantragungsprozedere auf europäischer Ebene berücksichtigen. Die Möglichkeit Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- gibt es 2010. desminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: In Ihrer nächsten Frage, der Frage 11, geht es um die Vizepräsidentin Petra Pau: Achse Athen–Sofia–Budapest–Wien–Prag–Nürnberg– Eine Nachfrage hat der Kollege Steenblock. Dresden. Wenn Sie einverstanden sind, würde ich zu- nächst die Antwort auf diese Frage geben. Anschließend können wir uns weiter darüber unterhalten. Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär, Vizepräsidentin Petra Pau: ich möchte Sie bitten, die Aussage zu den Projekten Dann rufe ich nun die Frage 11 auf: – ich habe ähnliche Fragen gestellt – zu präzisieren. Sie Gehört die Weiterentwicklung der Achse 22 Rostock– haben gerade die prioritären TEN-Projekte angespro- Berlin–Dresden–Prag dazu, wenn nein, warum nicht? chen. Es sind 30. Soweit ich weiß, sind davon vier deut- Nach Ihrer Antwort kann die Kollegin Bellmann sche. Kann sich die Bundesregierung vorstellen – es ist exakt drei Nachfragen stellen. nicht mehr so lange hin bis zum 20. Juli –, für diese vier Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11009

Rainder Steenblock (A) Projekte, die jetzt bei den TENs dabei sind, Zuschüsse gemeldet werden. Im Grunde genommen kann jeder (C) zu beantragen? Welche Projekte sind der Bundesregie- Abgeordnete, der Kenntnis von den vorrangigen Vorha- rung bekannt, die bis zum 20. Juli vielleicht doch noch ben hat, ohne Gefahr zu laufen, dass er durch die wirkli- in das Antragsverfahren kommen könnten? che Antragslage widerlegt wird, das jetzt schon kommu- nizieren. Das ist wohl in dem einen oder anderen Fall Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- von Kolleginnen und Kollegen gemacht worden. desminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Wir haben keine Liste. Die können wir erst erstellen, Herr Abgeordneter Steenblock, es gibt aus meiner wenn die Antragsfrist abgelaufen ist und wir die Anträge Sicht keine vorrangigen Projekte, sondern vorrangige kennen. Wir haben einfach einmal zusammengestellt, Vorhaben. Diese sind auf Achsen beschrieben. Wir ha- welche Vorhaben es gibt. Das ist keine neue Liste. Diese ben heute Morgen im Ausschuss gehört, dass die Mittei- vorrangigen Vorhaben sind dem Deutschen Bundestag lung, die ich dem Ausschussvorsitzenden, Herrn seit mehreren Jahren bekannt. Da war offenbar jemand Dr. Lippold, zugestellt habe, bei einem Teil der Abge- sehr clever und schnell. ordneten schon angekommen ist, aber noch nicht bei al- len. Wir rechnen damit, dass beispielsweise für das vor- Vizepräsidentin : rangige Vorhaben Achse 1 – das ist die Eisenbahnachse Berlin–Verona–Mailand–Bologna–Neapel–Messina–Pa- Ich rufe die Frage 12 des Kollegen Rainder lermo – Anträge für verschiedene Streckenabschnitte ge- Steenblock auf: stellt werden. Dasselbe gilt für die vorrangige Achse 2 Welche Verkehrsprojekte wird die Bundesregierung bei – das ist Aachen–Köln – und für das vorrangige Vorha- der EU als vorrangig zu fördernde Projekte im Rahmen der TEN-Projekte – transeuropäische Netze – für die Förder- ben Achse 4, das ist die Hochgeschwindigkeitsachse periode 2007 bis 2013 beantragen? Ost-West, also Saarbrücken–Ludwigshafen. Es geht fer- ner um die Achse 17 – das ist die Eisenbahnachse Paris–Straßburg–Stuttgart–Wien–Bratislava –, es geht Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- um Kehl–Appenweier, um Stuttgart 21, um Stutt- desminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: gart–Ulm, um Augsburg–Mehring–Olching, um Mün- Herr Kollege Steenblock, meine Antwort ist teilweise chen–Mühldorf–Freilassing. Dann geht es um das vor- redundant, aber das werden Sie verstehen. Durch die rangige Vorhaben Achse 20 – das ist die Eisenbahnachse DB Netz AG werden Anträge für die Förderperiode Fehmarnbelt – und die Achse 24, die Eisenbahnachse 2007 bis 2013 über das Bundesministerium für Verkehr, Lyon– Genua–Basel–Duisburg–Rotterdam–Antwerpen. Bau und Stadtentwicklung gestellt. Die Anträge der DB Netz AG liegen jedoch noch nicht vor, sodass über (Vorsitz: Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt) (B) die konkreten Projekte noch keine Aussagen getroffen (D) werden können. Es geht schließlich um das dritte und vierte Gleis der Rheintalbahn – das wissen Sie – und Emmerich–Duis- burg und Frankfurt–Mannheim. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Ihre Nachfrage, bitte. Das sind mehr als vier Projekte. Wir rechnen damit, dass zu allen vorrangigen Vorhaben Anträge vom Ver- kehrsträger DB AG gestellt werden. Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Herr Staatssekretär, Sie haben gerade die Liste der Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: möglichen Projekte für eine Bezuschussung angespro- Eine weitere Frage hat der Kollege Heilmann. chen. Sind der Bundesregierung aus dem bisherigen An- tragsverfahren Fälle bekannt, in denen der Maximalwert Lutz Heilmann (DIE LINKE): für Zuschüsse – 20 bzw. 30 Prozent, je nach Struktur – Herr Staatssekretär, ich frage Sie, warum die Medien gezahlt worden ist? Anders formuliert: Ist der Bundes- schon von der Liste in Kenntnis gesetzt waren, offen- regierung bekannt, in welcher Höhe Zuschüsse zu den sichtlich aber ein Teil der ordentlichen Ausschussmit- TEN-Projekten zurzeit gezahlt werden? glieder des Verkehrsausschusses, zu denen ich zähle, die Liste noch nicht hat. Wie können Sie mir erklären, dass Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- es dazu kommt, dass ich als Parlamentarier davon aus desminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: den Medien erfahren muss? Was die Vergangenheit angeht, muss ich die Antwort auf Ihre Frage schuldig bleiben, weil ich nicht im Detail Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- weiß, ob jeweils die maximale Zuschusshöhe gezahlt desminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: worden ist. Ich würde sie Ihnen gern schriftlich beant- Das kann ich mir überhaupt nicht erklären, weil es worten. diese Liste nicht gibt. Ich zitiere einen Entwurf einer Die jetzige Lösung sieht vor, dass grenzüberschrei- Übersicht über Vorhaben. Ich habe Ihnen vorher erklärt, tende TEN-Projekte mit bis zu 30 Prozent bezuschusst dass wir den Verkehrsträgern eine Frist bis zum 10. Juli werden sollen. gesetzt und noch keinen Antrag im Hause vorliegen ha- ben. Ich habe allerdings im Ausschuss sehr offen da- (Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE rüber gesprochen, dass die „üblichen Verdächtigen“ an- GRÜNEN]: Können!) 11010 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Parl. Staatssekretär Achim Großmann (A) – „Können“, da haben Sie völlig recht. – Die anderen Gespräch. Wird es eine gemeinsame Beantragung dieser (C) Zuschusshöhen liegen bei 20 und bei 10 Prozent. Dort, Projekte geben, oder wird jedes Land einen eigenen An- wo es um Planung geht, liegen sie, glaube ich, bei bis zu trag stellen? Auch wenn Sie noch nicht alle Projekte der 50 Prozent. DB AG kennen, sind Sie über den Gang der Entschei- dungen in etwa informiert. Angesichts der Fülle der angemeldeten Vorhaben ei- nerseits und der zur Verfügung stehenden Mittel anderer- seits gehe ich davon aus, dass die maximale Förderhöhe Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- nur bei ganz prioritären Maßnahmen erreicht wird. So- desminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: wohl das Europäische Parlament als auch die Europäi- Ich habe an den Verhandlungen – sie haben letzte Wo- sche Kommission müssen sie für sehr prioritär halten. che Freitag stattgefunden – nicht persönlich teilgenom- men. Ich weiß jetzt nicht, ob ein gemeinsamer Antrag auch dafür vorgesehen ist. Ich könnte mir vorstellen, Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: dass es Sinn macht, diese eindeutig national begründeten Haben Sie keine weitere Zusatzfrage? – Nein. Projekte auch national zu beantragen. Auch dazu würde Dann rufe ich die Frage 13 des Kollegen Rainder ich Ihnen die vollständige Antwort gern schriftlich ge- Steenblock auf: ben. Ich habe sie jetzt nicht parat. Wie hoch ist im Falle der Beantragung des Verkehrspro- jekts „feste Fehmarnbeltquerung“ für die Förderperiode 2007 Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: bis 2013 der Finanzierungsanteil, den die Bundesregierung Eine weitere Nachfrage zu diesem Themenkomplex bei der EU beantragt? möchte der Kollege Heilmann stellen. Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- desminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Lutz Heilmann (DIE LINKE): Herr Staatssekretär, ist es richtig, dass nach 25-jähri- Deutschland und Dänemark wollen für das Querungs- ger Refinanzierung einer festen Fehmarnbeltquerung bauwerk der festen Fehmarnbeltquerung einen gemein- weiterhin Mautgebühren in einer Höhe von mindestens samen Antrag und für die Hinterlandverbindungen 60 Euro erhoben werden, die nicht allein dem dänischen Anträge auf Zahlung von EU-Mitteln bis zur Höchstför- Staat zufließen? derungsgrenze des TEN-Projekts der EU stellen.

Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: desminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Herr Kollege, eine Zusatzfrage. (B) Ich kann Ihnen nur sagen: Wir haben das Verhand- (D) lungsergebnis erzielt, dass die Fehmarnbeltquerung von Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dänischer Seite geplant, gebaut und betrieben wird. Das NEN): heißt, das volle Risiko übernimmt Dänemark. Herr Staatssekretär, ist die Ratifizierung des Staats- vertrags zwischen Deutschland und Dänemark über die- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: ses Projekt Voraussetzung für eine Antragstellung? Eine weitere Frage hat die Kollegin Hirsch.

Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- Cornelia Hirsch (DIE LINKE): desminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Danke schön, Frau Präsidentin. – Wird in irgendeiner Die Ratifizierung ist nicht Voraussetzung für eine An- Form über einen maximalen Zeitraum diskutiert, in dem tragstellung. es Mautzahlungen überhaupt geben darf? Gibt es irgend- Auch bei anderen Projekten, deren Realisierung wir welche Verhandlungen über Festlegungen? vor Augen haben, nehmen wir eine Anmeldung vor, ob- wohl bestimmte Planungsschritte oder die Baureife feh- Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- len. Wie Sie wissen, sieht die Europäische Kommission desminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: die Fehmarnbeltquerung – Herr Barrot hat das mehrfach Ich habe in der Beantwortung der Frage von Herrn unterstrichen – als sehr prioritäres Projekt an. Ich gehe Heilmann schon darauf hingewiesen, dass dieses Projekt davon aus, dass daraus keine Probleme resultieren. in alleiniger Verantwortung des Königreichs Dänemark durchgeführt wird. Deshalb kann ich diese Frage nicht Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: beantworten. Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Rainder Steenblock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Der Herr Kollege Storjohann hat noch eine Nach- NEN): frage. Ja, ich möchte eine zweite Zusatzfrage stellen. – Herr Staatssekretär, Sie haben gerade gesagt, es werde einen Gero Storjohann (CDU/CSU): gemeinsamen Antrag zum Bau der Brücke geben. Für Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staats- die beiden Hinterlandanbindungen Deutschlands sind sekretär, ich habe eine Frage zur Förderung. In der Re- Projekte in Höhe von ungefähr 800 Millionen Euro im gion Ostholstein wird behauptet, dass nicht die Gesamt- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11011

Gero Storjohann (A) kosten des Brückenbauwerks Grundlage der Förderung des Kollegen Wolfgang Wieland ist zurückgezogen wor- (C) seitens der EU sind, sondern nur der Anteil der Schie- den. Die Frage 18 des Kollegen Christoph Waitz wird nenmaßnahme auf der Brücke. Was ist nun richtig? schriftlich beantwortet. Zur Beantwortung der weiteren Fragen aus diesem Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- Geschäftsbereich steht die Staatsministerin Professor desminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Dr. Maria Böhmer zur Verfügung. Auch das würde ich gern erst dann beantworten, wenn die Anträge der Projektträger vorliegen. Ich rufe die Frage 19 der Kollegin Sevim Dağdelen auf: Ich habe Ihnen bei der Antwort auf die Frage zu den Welche Organisationen wurden/werden nach welchen Ge- TEN-Vorhaben – es ging darum, welche Vorhaben vo- sichtspunkten zum zweiten Integrationsgipfel der Bundesre- raussichtlich angemeldet werden – gesagt, dass Schie- gierung am 12. Juli 2007 eingeladen? nenprojekte als vorrangige Vorhaben gefördert werden sollen. Von daher gehe ich davon aus, dass das auch auf Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin bei der Bundes- die Brücke zutrifft. kanzlerin: Auf der anderen Seite ist es ein grenzüberschreitendes Ich beantworte die Frage wie folgt: Zum zweiten Inte- Verkehrsprojekt. Weil wir in dem Fall auch Anträge für grationsgipfel werden dieselben Organisationen eingela- Straßenbaumaßnahmen stellen können, kann ich mir den, die auch beim ersten Integrationsgipfel vertreten durchaus vorstellen, dass es zu einer gemischten Bean- waren. Am ersten Integrationsgipfel nahmen teil: Vertre- tragung kommt. terinnen und Vertreter von Migrantenorganisationen sowie Einzelpersönlichkeiten, die zuständigen Ministe- Wie gesagt, die Verhandlungen sind gerade erst abge- rinnen und Minister des Bundes, von der Ministerpräsi- schlossen worden. Es gibt noch nicht einmal eine Infor- dentenkonferenz benannte Vertreter der Länder, Vertre- mation in Form eines Vermerks für das Haus selber. Ich terinnen und Vertreter der kommunalen Spitzenverbände würde Ihnen die präzise Antwort gern dann geben, wenn und ausgewählter Kommunen sowie von Wirtschaftsver- der Informationsstand etwas gesicherter ist. Sie wissen, bänden, außerdem Vertreterinnen und Vertreter des dass man sich bei solchen Gesprächen auf etwas einigt, Deutschen Gewerkschaftsbundes, der Kirchen, der dass dann aber noch vielfältige Detailarbeit notwendig Wohlfahrtsverbände, der Medien, der Kultur, ausge- ist. Sie haben davon gehört, dass wir Staatsverträge vor- wählter Stiftungen, sonstiger bundesweit tätiger Ver- bereiten müssen. Das heißt, es kommt zu einem Gesetz- bände und Vereine, der Wissenschaft, von Einrichtungen gebungsverfahren des Deutschen Bundestages. Das alles der praktischen Integrationsarbeit. Für den Deutschen müssen wir jetzt seriös abarbeiten, um dann auf der si- Bundestag wurden Vertreterinnen und Vertreter der (B) (D) cheren Seite zu sein. Bis zum 20. Juli werden wir uns Fraktionsvorstände eingeladen. In diesem Zusammen- mit den Dänen sicherlich darüber geeinigt haben, wie hang verweise ich auch auf die Antwort der Bundes- viele Mittel wir für die Fehmarnbeltquerung beantragen. regierung auf Frage 6 der Kleinen Anfrage der FDP- Fraktion zum Thema Integrationsgipfel und Islamkonfe- Ich darf vielleicht noch darauf hinweisen, dass wir renz der Bundesregierung vom 7. Dezember 2006. nicht die gesamten Kosten für den Förderzeitraum 2007 bis 2013 anmelden werden; es wird sozusagen nur eine erste Tranche sein. Die TEN-Mittel laufen 2013 aus. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Dann gibt es eine neue finanzielle Vorausschau. Darin Eine Nachfrage bitte, Frau Kollegin. wird neu festgelegt, welche Mittel für weitere TEN-Pro- jekte zur Verfügung stehen. Sevim Dağdelen (DIE LINKE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Staatsministe- Die Dänen rechnen damit, dass 2018 die Fertigstel- rin Böhmer, meine erste Frage bezieht sich auf das, was lung erfolgt. Das bedeutet, dass der weitaus größere Sie am Ende Ihrer Antwort im Hinblick auf die Antwort Bauabschnitt – damit auch die Beantragung der Mittel – auf die Kleine Anfrage der FDP-Fraktion vom 7. De- in den nächsten Förderzeitraum fallen wird. Wir haben zember 2006 gesagt haben. Ist die Vermutung richtig, also genug Möglichkeiten, bei der Anmeldung sehr fle- dass die Bundesregierung vor dem ersten Integrations- xibel zu reagieren. gipfel letztes Jahr kritische Nachfragen zu konkreten Zu- sammensetzungen der eingesetzten Arbeitsgruppen ver- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: hindern wollte oder dass sie diese Fragen immer noch Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen zu Fragen zu verhindern will? Das frage ich in Anbetracht der Situa- diesem Geschäftsbereich mehr. – Herr Staatssekretär, ich tion, dass bezüglich des Antwortverhaltens der Bundes- danke Ihnen für die Beantwortung der Fragen. regierung eine permanente Verweigerungshaltung nach- Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun- weisbar ist, was die Auflistung der Personen bzw. der desministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktor- Institutionen angeht, die in den jeweiligen Arbeitsgrup- sicherheit. Die Frage 14 des Kollegen Dr. Ilja Seifert so- pen zur Erarbeitung eines Nationalen Integrationsplans wie die Fragen 15 und 16 der Kollegin Sylvia Kotting- mit eingebunden sind bzw. die letztes Jahr und auch die- Uhl werden schriftlich beantwortet. ses Jahr zu dem Integrationsgipfel eingeladen wurden. Ich möchte daran erinnern, dass es auch eine Kleine An- Wir kommen dann zum Geschäftsbereich der Bundes- frage der Fraktion Die Linke gab, die von der Bundes- kanzlerin und des Bundeskanzleramtes. Die Frage 17 regierung am 14. November 2006 beantwortet wurde. In 11012 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Sevim DaðdelenDağdelen (A) ihrer Antwort teilte die Bundesregierung mit, dass eine sich öffentlich geäußert, auch in einer Pressekonferenz. (C) Übermittlung von Personendaten im Rahmen der Ant- Ich habe gestern mit einem Vertreter von DITIB persön- wort auf eine Kleine Anfrage angeblich nicht möglich lich gesprochen und habe ihm Sachverhalte erläutert. ist. Die FDP-Fraktion erhielt auf ihre Kleine Anfrage die Wir sind in einem guten Kontakt. Ich wiederhole hier Antwort, dass man die Institutionen und Personen nicht gerne, dass alle, die wir eingeladen haben, herzlich will- in der Antwort auf die Kleine Anfrage auflisten könne, kommen sind. Wir haben einen gemeinsamen Integra- weil die gesetzlichen Vorschriften zur informationellen tionsprozess begonnen, der den neuen Weg beschreibt: Selbstbestimmung dies verbieten würden. Wir reden nicht mehr über die Migranten, sondern wir reden mit ihnen. Das möchten wir gerne fortsetzen. Da- bei ist es auch wichtig, dass alle, die an den Arbeitsgrup- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: pen des ersten Integrationsgipfels beteiligt waren, diese Frau Kollegin, darf ich Sie bitten, sich ein bisschen Arbeit fortsetzen; denn wenn der Nationale Integrations- kürzer zu fassen, damit der Inhalt der Frage wirklich er- plan vorliegt, kommen wir in die außerordentlich span- fasst werden kann. nende Phase der Umsetzung. Diese Arbeit dient den vie- len Menschen in unserem Land, die zugewandert sind – Sevim Dağdelen (DIE LINKE): allein 2,5 Millionen Menschen in Deutschland sind tür- Mache ich. – Ist in Anbetracht dessen, dass die Listen kischstämmig. Ich bin mir sicher, dass die Migranten- mit den Namen der Personen und auch der Institutionen organisationen um ihre Verantwortung an dieser Stelle und Organisationen, die teilgenommen haben, online wissen und sie auch entsprechend wahrnehmen werden. verfügbar sind, nachvollziehbar, dass die Vermutung na- heliegt, die Bundesregierung habe kritische Nachfragen Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: behindern oder auch verhindern wollen, indem sie keine Das Wort zu einer weiteren Frage hat nun die Kolle- Antworten gegeben hat? gin Hirsch. (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Sie hat aber Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin bei der Bundes- nicht geantwortet!) kanzlerin: Frau Kollegin, Ihre Vermutung ist schlichtweg falsch. – Natürlich hat sie geantwortet. Frau Kollegin Hirsch, bitte. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Haben Sie eine weitere Nachfrage? Cornelia Hirsch (DIE LINKE): Es gab von über 20 Organisationen, die am Integra- (B) Sevim Dağdelen (DIE LINKE): tionsgipfel beteiligt sind, einen offenen Protestbrief. (D) Habe ich, Frau Präsidentin. – Die zweite Nachfrage Darin heißt es, dass mit dem EU-Richtlinien-Umset- ergibt sich aus Tickermeldungen des vergangenen Tages. zungsgesetz – ich zitiere – „Sinn und Zweck des Integra- Gibt es Verbände oder Personen, Frau Staatsministerin, tionsgipfels“ infrage stehen. Mich würde interessieren, die mit Verweis auf die Novellierung des Zuwande- ob aufgrund dieser scharfen Kritik in irgendeiner Form rungsgesetzes und auch auf die Novellierung des Staats- Konsequenzen gezogen wurden bzw. ob sie Auswirkun- angehörigkeitsgesetzes im Rahmen der elf EU-Richtli- gen hatte. Gab es also zum einen Organisationen oder nien, die umgesetzt worden sind, eine Einladung auch Einzelpersonen, die in irgendeiner Form im Rah- ausgeschlagen haben oder ihre Teilnahme abgesagt ha- men dieses Prozesses aus Arbeitsgruppen ausgestiegen ben? Ich frage dies, weil es gestern Tickermeldungen sind? Gibt es zum anderen dazu eine Stellungnahme von von AFP und auch von epd gab, dass der Integrations- Ihnen oder vielleicht sogar direkt von der Bundeskanzle- gipfel wegen neuer Ausländergesetze zu scheitern drohe rin? und Verbände ihre Teilnahme infrage stellten. Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin bei der Bundes- Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin bei der Bundes- kanzlerin: kanzlerin: Es hat eine sehr erfreuliche, intensive Zusammenar- Frau Kollegin, wenn Sie die neuen Tickermeldungen beit in allen Arbeitsgruppen stattgefunden. Höchst er- von heute verfolgen, dann stellen Sie fest, dass die von freulich, Frau Kollegin, ist, dass neben dieser intensiven gestern überholt sind. Zusammenarbeit im Zuge dieses Prozesses gerade von- seiten der Migrantenorganisationen zahlreiche Selbst- verpflichtungen bei der Erarbeitung des Nationalen Inte- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: grationsplans eingegangen wurden. Dies ist hoch Eine Nachfrage hat nun die Kollegin Hirsch. anzuerkennen und zeigt, dass das gemeinsame Verständ- (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Entschuldi- nis von Integration, an dem wir arbeiten, wirklich tragfä- gen Sie mal bitte, Frau Staatsministerin! Das hig sein wird. war keine Antwort!) Dass es Kritik an einzelnen Punkten des Richtlinien- Umsetzungsgesetzes gibt, ist uns bekannt. Wir sind hier Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin bei der Bundes- auch im Gespräch. Die Sichtweise, die ich an dieser kanzlerin: Stelle einnehme, ist ganz eindeutig: In diesem Gesetz Ich kann Ihnen an dieser Stelle gerne noch mehr sa- sind viele Punkte enthalten, die die Integration befördern gen. Sie haben es gestern ja auch verfolgt: DITIB hat werden. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11013

(A) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin bei der Bundes- (C) Eine weitere Nachfrage hat Frau Kollegin Jelpke. kanzlerin: Die Abschlussberichte der Arbeitsgruppen und Unter- Ulla Jelpke (DIE LINKE): arbeitsgruppen werden als Teil des Nationalen Integra- tionsplans unverändert wiedergegeben. Frau Staatsministerin, ich würde gerne wissen, ob sol- che nichtstaatlichen Organisationen wie Flüchtlingsini- tiativen und -verbände, die ja kritisieren, dass der Fokus Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: der Integrationsbemühungen auch auf die illegal in Ihre Nachfrage, bitte. Deutschland lebenden Menschen gerichtet werden müsse, eingeladen waren und, wenn nicht, warum nicht. Sevim Dağdelen (DIE LINKE): Das ist sehr schön, dass all das unverändert wieder- Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin bei der Bundes- gegeben wird. Inwiefern wurden die Abschlussberichte kanzlerin: der Unterarbeitsgruppen und der Arbeitsgruppen ver- Wir haben die gleichen Organisationen wie beim letz- öffentlicht bzw. warum werden bzw. wurden sie nicht ten Mal eingeladen. Darüber hinaus konnten im Rahmen oder nur zum Teil veröffentlicht? Planen Sie noch, diese der Integrationsforen auch weitere hinzukommen. Sie Abschlussberichte komplett zu veröffentlichen? Wenn wissen, dass das Thema Illegalität in der weiteren parla- nicht, warum nicht? mentarischen Diskussion eine Rolle spielt. Wir haben den Schwerpunkt auf die 15 Millionen Menschen mit Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin bei der Bundes- Migrationshintergrund gelegt, die in unserem Land le- kanzlerin: ben, daneben aber natürlich auch solche Fragen behan- Frau Kollegin, ich habe eben gesagt, dass die Ab- delt. Zugleich haben wir auch klare Verabredungen zwi- schlussberichte der Arbeitsgruppen und Unterarbeits- schen gesetzlichen Initiativen und dem Nationalen gruppen zu allen Themenfeldern als Teil des Nationalen Integrationsplan getroffen. Wir müssen nämlich sehr Integrationsplanes veröffentlicht werden. Die Veröffent- wohl sehen, dass Integration über weite Strecken eine lichung findet mit dem Integrationsgipfel am 12. Juli gesellschaftspolitische Aufgabe ist. statt, und sie werden dort eins zu eins dokumentiert wer- den. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nun hat das Wort zu einer weiteren Nachfrage der Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Kollege Heilmann. Ihre weitere Nachfrage, bitte. (B) (D) Lutz Heilmann (DIE LINKE): Sevim Dağdelen (DIE LINKE): Frau Staatsministerin, Sie sagten, dass die Tickermel- Ich bitte Sie, etwas zu dem Verdacht zu sagen, dass dung von gestern mittlerweile veraltet sei. – laut Berichten von Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Arbeitsgruppen – im Nationalen Integrationsplan oh- (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE nehin nur diejenigen Vorschläge der Arbeitsgruppen auf- GRÜNEN]: Das ist immer so!) genommen werden, die in dem Gesetzgebungsverfahren Deswegen frage ich Sie, ob Sie Kenntnis von der dpa- zur Umsetzung der EU-Richtlinien den Vorstellungen Meldung von 13.48 Uhr haben, in der DITIB mit dem entsprechen. Rückzug droht. Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin bei der Bundes- Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin bei der Bundes- kanzlerin: kanzlerin: Frau Kollegin, alles was in den Arbeitsgruppen als Ich habe die Meldung so verstanden – es wäre viel- Ergebnis der Arbeit festgehalten wird, wird auch in die- leicht ganz gut, wenn wir die im Raum stehenden Mel- ser Form veröffentlicht, und zwar, wie gesagt, eins zu dungen einmal wechselseitig austauschten –, dass DITIB eins. noch überlegt, aber noch keine Entscheidung getroffen ist. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Es gibt zu diesem Themenkomplex noch mehrere Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nachfragen. Zuerst die Kollegin Enkelmann. Damit kommen wir zur Frage 20 der Kollegin Sevim Dağdelen: Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Auf welche Weise und in welchem Umfang flossen die in In ihren Antworten auf Kleine Anfragen der Fraktion den Abschlussberichten der nach dem ersten Integrationsgip- Die Linke hat sich die Bundesregierung geweigert, die fel eingesetzten Arbeitsgruppen bzw. deren Unterarbeitsgrup- Zusammensetzung der Arbeitsgruppen des Integrations- pen dokumentierten Feststellungen und Vorschläge in den Na- gipfels zu benennen. Könnte das damit zusammenhän- tionalen Aktionsplan Integration ein, der am 12. Juli 2007 gen, dass dann aufgefallen wäre, dass zwar Vertreter der beim zweiten Integrationsgipfel vorgestellt werden wird? Koalitionsfraktionen des Bundestages vertreten sind, Frau Staatsministerin, bitte. aber nicht der Oppositionsfraktionen? 11014 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

(A) Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin bei der Bundes- nen und Teilnehmer der nichtstaatlichen Organisationen (C) kanzlerin: das Ausklammern ausländerrechtlicher Fragestellungen Frau Kollegin, ich weise Ihre Unterstellung deutlich wiederholt kritisiert hätten. Insbesondere hätte erörtert zurück. werden müssen, wie Geduldete und Illegalisierte in ein Integrationskonzept mit einbezogen werden können, was Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: das EU-Richtlinien-Umsetzungsgesetz erfordert, schreibt Eine weitere Nachfrage des Kollegen Heilmann. diese Gruppe. Ich frage Sie, inwieweit das Mandat, also die Themenbereiche der Arbeitsgruppen, beschränkbar ist – Ausklammerung von Flüchtlingen, Illegalisierten, Lutz Heilmann (DIE LINKE): ausländerrechtlichen Fragestellungen, Wahlrecht – und Frau Staatsministerin, können der Integrationsgipfel inwieweit sich Arbeitsgruppen über welche Vorgaben und der Nationale Integrationsplan überhaupt noch hinweggesetzt haben. glaubwürdig sein, nachdem im Namen der Integration die Rechte von Migrantinnen und Migranten sowie Flüchtlingen durch das EU-Richtlinien-Umsetzungsge- Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin bei der Bundes- setz massiv beschnitten wurden, etwa durch die Be- kanzlerin: schränkung des Rechts auf Ehegattennachzug, die auch Frau Kollegin, wir achten sehr die Arbeit des Deut- nach Aussage vieler Sozialdemokraten bzw. nach An- schen Bundestages. Hier sind zwei parallele Prozesse deutung des Innenausschussvorsitzenden Edathy hier im abgelaufen. Das eine ist der Gesetzgebungsprozess zur Plenum verfassungswidrig sein dürfte? Umsetzung der EU-Richtlinien, das andere ist der Pro- zess zur Erarbeitung des Nationalen Integrationsplanes. Hier gab es die Verabredung – das wurde auch allgemein Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin bei der Bundes- akzeptiert –, dass sich auf der einen Seite der Deutsche kanzlerin: Bundestag um die Gesetzgebung kümmert und dass auf Herr Kollege, zum einen gehe ich davon aus, dass ein der anderen Seite das große Feld der gesellschaftspoliti- Gesetz, das vom Innenministerium, welches besonders schen Entwicklung seinen Platz im Nationalen Integra- der Verfassungsgemäßheit und deren Prüfung verpflich- tionsplan haben wird. tet ist, erarbeitet worden ist, der Verfassung genügt. Ich darf Ihnen sagen, dass sich Integration nicht allein (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE in gesetzgeberischen Maßnahmen erschöpft. Der neue GRÜNEN]: Das ist gefährlich!) Weg, den wir hier beschreiten, nämlich in der gesamten Zum anderen unterstützt dieses Gesetz in vielen Punkten Breite der Gesellschaft auf Integration hinzuwirken, deutlich die Integration; der frühe Erwerb der deutschen wird sehr erfolgreich sein. (B) (D) Sprache ist für eine schnelle Integration außerordentlich hilfreich. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nächste Fragestellerin ist die Kollegin Hirsch. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Das Wort zu einer weiteren Nachfrage hat nun die Cornelia Hirsch (DIE LINKE): Kollegin Höger. Besten Dank. – Meine Nachfrage bezieht sich auf Ihre Antwort, die Sie gerade auf die Nachfrage meiner Kolle- Inge Höger (DIE LINKE): gin Dagmar Enkelmann gegeben haben. Sie sagten, es Ich denke, dass mit dem Integrationsgipfel und dem sei sozusagen eine Unterstellung, zu behaupten, dass Nationalen Integrationsplan unterschiedliche Zielsetzun- Vertreterinnen und Vertreter der Oppositionsfraktionen gen verfolgt werden. Wie kommen Sie auf die Idee, den nicht ausreichend beteiligt gewesen seien. Meine Nach- Nationalen Integrationsplan, welcher Ziele der Integra- frage an dieser Stelle ist: Welche Vertreterinnen und Ver- tionspolitik, konkrete Maßnahmen und Selbstverpflich- treter aus den Oppositionsfraktionen des Bundestages tungen enthalten soll, mit der gesetzlich vorgesehenen waren beteiligt? Wenn Sie mir darauf keine Antwort ge- Vorlage eines Berichtes über die Lage von Ausländerin- ben können, dann möchte ich Sie darum bitten, Ihre Ant- nen und Ausländern in Deutschland zu verbinden? wort auf die Nachfrage der Kollegin Enkelmann zu be- gründen. Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin bei der Bundes- kanzlerin: Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin bei der Bundes- Frau Kollegin, Sie haben selbst einen Antrag gestellt, kanzlerin: der morgen im Deutschen Bundestag behandelt werden Frau Kollegin, der Gesamtprozess des Nationalen In- wird. Wir werden uns dann dieser Thematik zuwenden. tegrationsplanes hat zum einen die Arbeitsgruppen und zum anderen die Integrationsforen umfasst. Die Integra- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: tionsforen haben wir so eingerichtet, dass sich möglichst Nächste Fragestellerin ist nun die Kollegin Jelpke. viele Interessierte daran beteiligen konnten. Deshalb ha- ben wir Vertreterinnen und Vertreter aller Fraktionen des Deutschen Bundestages eingeladen. Ulla Jelpke (DIE LINKE): Frau Staatsministerin, im Abschlussbericht der Ar- (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Ich beitsgruppe 4 heißt es einleitend, dass die Teilnehmerin- hatte nach den Arbeitsgruppen gefragt!) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11015

Staatsministerin Dr. Maria Böhmer (A) Diese Einladung ist auch auf unterschiedliche Art und her um einen Prüfauftrag an die Bundesregierung han- (C) Weise wahrgenommen worden. Ich glaube, es bestand delt. eine gute Möglichkeit, sich in diesen Prozess einzuklin- ken. Da dieser Prüfauftrag noch nicht abgeschlossen ist, ist meine Frage: Wird vonseiten der Bundesregierung über- (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Es legt, inwieweit man Unternehmen, die ausbilden, in war die Frage nach den Arbeitsgruppen!) irgendeiner Form finanziell unterstützen kann – eine Re- duzierung der Arbeitgeberbeiträge ist quasi eine finan- Ganz davon abgesehen, haben wir uns – das hat mich zielle Unterstützung – und inwieweit es andere Möglich- sehr gefreut – wiederholt in verschiedenen Ausschüssen keiten der finanziellen Unterstützung gibt? des Deutschen Bundestages zu diesen Themen verstän- digt. Ich bin davon überzeugt, dass der Bundestag der Man könnte in diesem Zusammenhang das Konzept passende Ort ist, an dem sich Bundesregierung und Ab- einer Ausbildungsplatzumlage in die Diskussion brin- geordnete in diesen Fragen verständigen und zu Lösun- gen, das beide Teile beinhaltet. Auf der einen Seite soll gen kommen müssen. also derjenige, der nicht ausbildet, zahlen. Auf der ande- (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Frage ren Seite soll derjenige, der ausbildet – das ist das Kon- nicht beantwortet!) zept, für das es zurzeit einen Prüfauftrag gibt –, darin un- terstützt werden. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Frau Staatsministerin, ich danke Ihnen für die Beant- Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär beim Bundes- wortung dieser Fragen. minister für Arbeit und Soziales: Frau Kollegin Hirsch, wir sind ja bei den Aktivitäten Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes- der vergangenen Jahre, die das Ziel hatten, die Wirt- ministeriums für Arbeit und Soziales. Für die Beantwor- schaft mit einzubinden und sie zu ihrer Verantwortung tung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekre- für die Berufsausbildung und zu Investitionen in junge tär Franz Thönnes zur Verfügung. Menschen zu ermahnen und anzuhalten, nicht ganz uner- Ich rufe die Frage 21 der Kollegin Cornelia Hirsch folgreich gewesen. Im Jahr 2006 ist die Zahl der Ausbil- auf: dungsplätze um rund 26 000 auf circa 576 000 gestie- gen. Das war eine Steigerungsrate von 4,7 Prozent. Wie kommt die Bundesregierung vor dem Hintergrund, dass Arbeitgeber für die Bereitstellung von Ausbildungsplät- Zusätzlich jährlich 30 000 Ausbildungsplätze waren da- zen zuständig sind, zu einer Gesetzesinitiative, die Zuschüsse mals im Ausbildungspakt verabredet. Es sind real 67 900 aus Steuermitteln für die Bereitstellung von Ausbildungsplät- geworden. (B) zen verspricht, anstatt die Verantwortung der Unternehmen (D) einzufordern? Zwischenzeitlich wurden 41 800 Einstiegsqualifizie- rungsplätze geschaffen. 36 800 Arbeitsverhältnisse wur- Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär beim Bundes- den bereits begonnen. Auch das gibt jungen Menschen minister für Arbeit und Soziales: eine Chance. Wir wollen das fortsetzen und diese Zahl Werte Frau Hirsch, ich beantworte Ihre Frage wie auf 40 000 erhöhen. Wir sind sehr erfreut über die Zahl folgt: Der Deutsche Bundestag hat sich am 22. Juni 2007 derjenigen, die nachher in eine Berufsausbildung einstei- auf Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD gen konnten: Es waren 62,7 Prozent der Beteiligten; das – das ist die Drucksache 16/5730 – unter dem Titel ist eine gute Rate. Die Wirtschaft hat sich gleichzeitig „Junge Menschen fördern – Ausbildung schaffen und dazu bereit erklärt, jährlich zusätzlich 60 000 Ausbil- Qualifizierung sichern“ zur Situation und Zukunft der dungsplätze zu schaffen und 30 000 neue Betriebe zu ge- betrieblichen Ausbildung geäußert. Die Bundesregie- winnen, die sich an der wichtigen Aufgabe der Berufs- rung wurde unter anderem aufgefordert, zu prüfen, ob ausbildung beteiligen. Unternehmen begünstigt werden können, die über Ich glaube, dass wir vor diesem Hintergrund gemein- Durchschnittsbedarf junge Menschen ausbilden. sam die Kraftanstrengung unternehmen sollten, diese Die Prüfung bezieht sich konkret auf die Frage, ob Zahlen auch zu erreichen, bevor wir über andere Instru- diejenigen Unternehmen, die über Durchschnittsbedarf mente nachdenken. Wir gehen dem Prüfauftrag, den uns ausbilden, eine Vergünstigung in Form einer Reduzie- der Deutsche Bundestag gegeben hat, nach. Wir werden rung der Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosenversiche- einzelne Kriterien formulieren, die Ergebnisse nachher rung erhalten können. Die Prüfung durch die Bundes- auswerten und dann schauen, ob dies – so lautete ja die regierung ist hierbei noch nicht abgeschlossen. Eine Formulierung – umsetzbar ist. Gesetzesinitiative liegt aus diesem Grund noch nicht vor. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Haben Sie eine weitere Nachfrage? Frau Kollegin, Ihre Nachfrage. Cornelia Hirsch (DIE LINKE): Cornelia Hirsch (DIE LINKE): Ja, ich habe eine weitere Nachfrage. – Ich bin immer Besten Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär, wieder etwas überrascht, dass die Bundesregierung, erst einmal ein Dankeschön an dieser Stelle für die aus- wenn man in der Fragestunde über bestimmte Ausbil- führliche Beantwortung. Es ist richtig, dass es sich bis- dungszahlen diskutiert, in der Tendenz immer den 11016 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Cornelia Hirsch (A) Schwerpunkt auf vermeintlich positive Zahlen legt. Eine werden sie dauerhaft in den Niedriglohnbereich abge- (C) Zahl hat mich dabei sehr erschreckt – sie ist von Ihnen drängt? überhaupt nicht genannt worden –: Dabei geht es um die Frage, wie hoch mittlerweile der Anteil derjenigen ist, Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär beim Bundes- die als sogenannte Altbewerberinnen und Altbewerber minister für Arbeit und Soziales: schon seit mindestens einem und häufig schon seit meh- Wir werden in dieser Woche im Deutschen Bundestag reren Jahren auf einen Ausbildungsplatz warten. Diese darüber beraten, was wir insbesondere für diejenigen Zahl ist Ihnen bekannt; sie liegt mittlerweile bei knapp jungen Menschen tun, die seit längerer Zeit arbeitslos über der Hälfte derjenigen, die einen Ausbildungsplatz sind. Hier ist sozusagen ein Modell zu finden, das Quali- suchen. In diesem Zusammenhang lautet meine Frage, fizierung und Arbeit miteinander verbindet. Es ist ein ob die Bundesregierung vor diesem Hintergrund wirk- Qualifizierungszuschuss von 15 Prozent vorgesehen. lich der Auffassung ist, dass sie in den letzten Jahren Damit soll den jungen Menschen eine Chance auf Arbeit eine erfolgreiche Berufsbildungspolitik betrieben hat, und begleitende Qualifizierung gegeben werden. was sie vor allen Dingen konkret vorhat und welche Maßnahmen sie plant, um gerade auch hier entgegenzu- Wenn es uns gelingt, das Ganze zum 1. Oktober auf wirken und den sogenannten Altbewerberinnen und Alt- den Weg zu bringen – am Freitag werden wir im Deut- bewerbern eine Chance auf einen qualifizierten Berufs- schen Bundestag darüber debattieren –, ist das eine gute abschluss zu geben. Chance. Die Bundesagentur für Arbeit und die Arbeits- gemeinschaften stehen bereit, um konkret zu helfen. Dem Einzelnen bleibt es überlassen, wie er sich nach Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär beim Bundes- minister für Arbeit und Soziales: dieser Beschäftigung weiterqualifiziert. Uns scheint es wichtig zu sein, die jungen Menschen erst einmal aus der Sie sprechen einen wichtigen Komplex an. Es gibt Arbeitslosigkeit herauszubringen und ihnen eine Per- viele junge Menschen, die sich in den vergangenen Jah- spektive zu geben. Der eine wird vielleicht sagen: Ich ren vergebens darum bemüht haben, einen Berufsausbil- nutze diese Möglichkeit. Der andere wird vielleicht sa- dungsplatz zu bekommen. Sie sind bei denjenigen in den gen: Ich versuche, zusätzlich eine Berufsausbildung zu Arbeitsagenturen in guter Hand, die versuchen, auch die- machen. sen Nachfragern zu einem Ausbildungsplatz zu verhel- fen. Bis Mitte Januar dieses Jahres lag die Zahl der Be- Ich würde in diesem Zusammenhang nicht ohne Wei- werber, die noch aus dem vergangenen Jahr übrig teres vom sogenannten Niedriglohnbereich sprechen, geblieben sind, bei einer Größenordnung von 17 400. Es weil es um ein Entgelt in Höhe von, wie ich glaube, gab gut 1 700 unbesetzte Ausbildungsstellen, sodass wir 1 000 Euro geht. Ich sehe darin eine große Chance für (B) hier eine offene Lücke von 15 700 haben. Das befriedigt diese Menschen. Diese Chance und die dafür zur Verfü- (D) auf gar keinen Fall. Wir alle sind ernsthaft aufgefordert, gung stehenden finanziellen Mittel sollten wir jetzt nut- alle Kraftanstrengungen zu unternehmen, dass diese jun- zen. gen Menschen eine Ausbildung oder eine Einstiegsquali- Alle anderen Aktivitäten, die ich gerade genannt fizierung erhalten. habe, die im Bereich der Berufsausbildung angesiedelt Ich habe Ihnen gerade gesagt, was die Bundesregie- sind, bleiben unabhängig davon bestehen. Auch davon rung mit der Wirtschaft im Zusammenhang mit dem können diese jungen Menschen profitieren. Wir erwei- Ausbildungspakt abgesprochen hat. Es soll eine Aufsto- tern das Angebot sozusagen. Es gilt, diese Chance zu ckung der Zahl der EQJ-Plätze von 25 000 auf konkret nutzen. 40 000 geben. Die Wirtschaft zeigt die Bereitschaft, statt Die gute konjunkturelle Situation kann hilfreich sein. bislang 30 000 Ausbildungsplätze 60 000 zu schaffen. Ich gehe davon aus, dass sie sich positiv auswirken wird. Zudem sollen 30 000 neue Ausbildungsbetriebe gewon- Die Arbeitslosenquote in bestimmten Bereichen ver- nen werden. anlasst die Arbeitgeber zunehmend, sich ernsthaft Ich glaube, das zeigt, dass alle verstanden haben, dass Gedanken über Facharbeitermangel und Fragen der Qua- es jetzt darauf ankommt, für diese jungen Menschen eine lifizierung der Beschäftigten zu machen. In diesem Zu- Brücke aus der Arbeitslosigkeit in die Berufsausbildung sammenhang kann man nur sagen: Wenn du wettbe- und für diejenigen, die aus der Schule kommen, eine werbsfähig bleiben willst, musst du in die jungen Brücke in die Berufsausbildung zu bauen. Die von mir Menschen investieren, Ausbildungsplätze zur Verfügung genannten Zahlen ermöglichen ein ganz gutes Angebot. stellen, junge Menschen einstellen und sie in den Betrie- ben qualifizieren. Das ist eine Investition in die Leis- tungsfähigkeit der Gesellschaft, von der auch die Unter- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: nehmen profitieren. Eine weitere Frage hat der Kollege Heilmann. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Lutz Heilmann (DIE LINKE): Eine weitere Frage hat die Kollegin Höger. Herr Staatssekretär, ich frage Sie: Ist die Bundesregie- rung der Auffassung, dass mit dem Qualifizierungszu- Inge Höger (DIE LINKE): schuss an Arbeitgeber Jugendlichen wirklich geholfen Wie wollen Sie sicherstellen, dass die Maßnahmen, wird, und haben sie danach einen Berufsabschluss, oder die Sie jetzt planen, insbesondere benachteiligten Ju- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11017

Inge Höger (A) gendlichen zugutekommen, dass sie die Chance auf eine wie die zusätzlich entwickelten Ausbildungsplätze zu ei- (C) Ausbildung erhalten und es nicht nur zu Mitnahmeeffek- nem positiven Gesamtergebnis beitragen können. Von ten seitens der Unternehmen kommt? dieser Seite kommt also Unterstützung. Schade, dass man nicht dabei ist. Das wäre nicht schlecht gewesen. Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär beim Bundes- minister für Arbeit und Soziales: Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Ich glaube, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Eine weitere Frage hat nun die Kollegin Jelpke. in den Arbeitsgemeinschaften und der Bundesagentur für Arbeit sehr umsichtig vorgehen. Sie kennen die jun- Ulla Jelpke (DIE LINKE): gen Menschen in ihren Dateien, bei denen eine Vermitt- Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung die lung bislang trotz aller Bemühungen nicht erfolgreich Forderung nach einem Berufsbildungs-PISA aufgreifen, war, sehr genau. Wir haben Kriterien formuliert: Min- um die Ausbildung zu verbessern? Wenn nein, warum destens zwei Vermittlungshemmnisse müssen vorliegen. nicht? In Deutschland verlässt eine Vielzahl junger Men- schen die Schule ohne Abschluss. Damit dürfen wir uns Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär beim Bundes- nicht abfinden. Wir müssen erwarten – das ist insbeson- minister für Arbeit und Soziales: dere Aufgabe der Länder –, dass die jungen Menschen Sie müssen zugestehen – Frau Jelpke, das ist Ihnen für eine Berufsausbildung qualifiziert sind, wenn sie aus bekannt –, dass es eine klare Geschäftsaufteilung gibt. der Schule kommen. Lamentieren hilft aber nicht; wir Die Frage ressortiert jetzt ein Stück weit in den Bereich müssen den jungen Menschen helfen, und dazu sind un- des Bildungsministeriums und nicht des Arbeitsministe- sere Angebote da. riums. Ich glaube – wir in der Bundesregierung haben in einer Vielzahl von Bereichen zwischenzeitlich gemein- Ich glaube, dass die Vermittler in der Arbeitsagentur sam an der Modernisierung der Berufsausbildung gear- und den Arbeitsgemeinschaften aufgrund unserer Emp- beitet –, dass wir für junge Menschen neue Möglichkei- fehlung zum Betreuungsverhältnis – wir wollen als ten geschaffen haben, sich nach der Schule für den Orientierungswert ein Verhältnis von 1 : 75 zwischen Übergang in die Arbeitswelt zu qualifizieren. Ich denke, Betreuer und Betreuten – in der Lage sind, sich intensiv dass in der Zukunft bei der einen oder anderen Diskus- um die Betroffenen zu kümmern. Ich glaube ferner, dass sion über die Modernisierung der Berufsausbildung auch die Betreuer wissen, welche Arbeitgeber in der Region dieser Aspekt einbezogen werden kann. Aber ich kann zuverlässig sind und welche es nur auf Mitnahmeeffekte Ihnen jetzt keine konkrete Zusage machen. abgesehen haben. Ich meine, dass diese Unternehmen (B) eine vernünftige Integration nicht gewährleisten können Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: (D) und dementsprechend nicht infrage kommen. Die Fach- Eine weitere Frage hat nun die Kollegin Dağdelen. und Sachkompetenz sowie die Ortskenntnis der Betreuer wird, so denke ich, das gewährleisten. Sevim Dağdelen (DIE LINKE): Vielen Dank. – Herr Staatssekretär, bezüglich des Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Qualifizie- Zu einer weiteren Frage hat nun die Kollegin rung und Beschäftigungschancen von Jüngeren möchte Enkelmann das Wort. ich Sie gerne fragen: Welche Änderungen wurden nach der Anhörung am Montag noch in den Gesetzesentwurf Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): eingearbeitet? Ich möchte in diesem Zusammenhang Aus guten Gründen beteiligen sich die Gewerkschaf- ganz konkret monieren, dass es im mitberatenden Bil- ten nicht am sogenannten Ausbildungspakt. Früher dungsausschuss überhaupt gar keine Debatte darüber ge- wurde auch seitens der SPD eine Ausbildungsplatz- geben hat. Hat man sich also nach der Anhörung genü- umlage gefordert. Die Gewerkschaften halten nach wie gend Debattenzeit eingeräumt? Welche Kritik wurde vor daran fest. Meine Frage lautet: Welche Auswirkun- konkret geäußert? gen hat die Tatsache, dass die Gewerkschaften am Aus- bildungspakt nicht beteiligt sind, auf andere Fragen der Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär beim Bundes- Ausbildung, zum Beispiel auf die Frage des Jugend- minister für Arbeit und Soziales: arbeitsschutzes? Werte Kollegin, wir haben heute Morgen im Vorfeld – der Vorsitzende des Vorstands der Bundesagentur für Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär beim Bundes- Arbeit, Herr Weise, war anwesend – sehr ausführlich minister für Arbeit und Soziales: über die Arbeitsmarktpolitik diskutiert und anschließend über diese Gesetzesvorhaben beraten. Wir haben in dem Frau Dr. Enkelmann, ich kann im Moment keinen di- Bereich, der die über 25-Jährigen betrifft, für die wir die rekten Zusammenhang mit dem Jugendarbeitsschutz er- Beschäftigungschancen verbessern wollen, die Möglich- kennen. Persönlich hätte ich es begrüßt, wenn die Ge- keit geschaffen, auch die Alterskategorie unter 25 Jahre werkschaften dabei gewesen wären. Ich weiß aber, dass zu bedienen. Es hat in verschiedenen Bereichen Ände- die Gewerkschaften Fragen der Berufsausbildung ge- rungen gegeben. meinsam mit den Arbeitgebern in mehreren Tarifverträ- gen geregelt haben. Ich weiß, dass sie zum Beispiel in Ich muss Ihnen an dieser Stelle ehrlich sagen: Ich bin der chemischen Industrie einen Weg gefunden haben, gerne bereit, Ihnen diese Änderungen gleich in schriftli- 11018 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Parl. Staatssekretär Franz Thönnes (A) cher Form zu übermitteln. Denn sie sind jetzt auch in Vereinbarung sieht bei der Frage der Aufnahme einer (C) Anträgen formuliert worden. Ich habe sie hier im Mo- Branche in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz keine Dif- ment nicht im Einzelnen parat. Ich glaube aber, dass wir ferenzierung nach Regionen vor. an dieser Stelle einen breiten Fächer von Möglichkeiten haben, wie jungen Menschen jetzt konkret vor Ort ge- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: holfen werden kann. Ihre Nachfrage, bitte.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Die Kollegin Hänsel hat noch eine Zusatzfrage. Diese Frage hat schon in der letzten Sitzungswoche eine Rolle gespielt. Da ist gesagt worden, dass ein Unter- Heike Hänsel (DIE LINKE): nehmen, in dem mindestens 50 Prozent der Beschäftig- Danke schön, Frau Präsidentin. – Ich habe eine Frage ten tarifgebunden sind, zumindest die Möglichkeit haben bezüglich der Einstiegsqualifizierung – dazu gab es jede soll, den Antrag auf Aufnahme in das Entsendegesetz zu Menge Kritik –, die ja ausgeweitet werden soll. Wurden stellen. Das könnte in der Konsequenz bedeuten, dass es die verschiedenen Kritikpunkte berücksichtigt, also zum innerhalb einer Branche Beschäftigte zweier Klassen Beispiel dass die ursprüngliche Zielgruppe nicht exakt gibt. Meine Frage lautet: Ist das geplant, und was bedeu- getroffen wird? Haben Sie diese Kritik in Ihre Überle- tet das für die Gleichbehandlung der Unternehmen und gungen hinsichtlich der Ausweitungen einbezogen? der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer?

Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär beim Bundes- Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär beim Bundes- minister für Arbeit und Soziales: minister für Arbeit und Soziales: Werte Frau Kollegin, Sie wissen, dass die Einstiegs- Frau Dr. Enkelmann, ich weiß nicht, wo und wie qualifizierung gerade für die Jugendlichen vorgesehen diese Frage erörtert worden ist. Hier darf man allerdings ist, die aufgrund bestehender Vermittlungshemmnisse keinem Missverständnis erliegen: Was die 50-prozentige Schwierigkeiten haben, einen Ausbildungsplatz zu er- Tarifbindung betrifft, so ist auf die gesamte Branche in halten. Zum Beispiel fehlt diesen Jugendlichen der Deutschland abzustellen. Die Voraussetzung der 50-pro- Hauptschulabschluss, oder es liegt ein Hauptschulab- zentigen Tarifbindung ist erfüllt, wenn die tarifgebunde- schluss vor, der sich nicht gerade im oberen Leistungs- nen Arbeitgeber einer Branche mindestens 50 Prozent bereich befindet. Es kann auch die Situation bestehen, der in dieser Branche tätigen Arbeitnehmerinnen und dass junge Menschen den Hauptschulabschluss haben, Arbeitnehmer beschäftigen. Dabei sind alle Tarifverträge aber durch den Test, der in vielen Betrieben stattfindet, der Branche zu berücksichtigen, die Flächentarifverträge (B) (D) durchgefallen sind. Alle diese Aspekte spielen dabei und die Haustarifverträge. eine Rolle. Die Zahl der Plätze für Einstiegsqualifizierungen für Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: diese Zielgruppe ist, wie gesagt, auf 40 000 erhöht wor- Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? den. Ich glaube, dass die Kriterien, die dazu formuliert worden sind, den jungen Menschen, die ich gerade als Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Zielgruppe beschrieben habe, den Zugang dazu ermögli- Ja, ich habe eine weitere Zusatzfrage. – In dieser Wo- chen. che ist bekannt geworden, dass nach Rheinland-Pfalz auch die Länder Bremen und Berlin eine Bundesratsini- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: tiative zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns Wir kommen nun zu den weiteren Fragen. auf den Weg gebracht haben. Wie passen die Pläne der Bundesregierung zu einer solchen Bundesratsinitiative, Die Frage 22 des Kollegen Kai Gehring wird schrift- die von der SPD zumindest verbal immer unterstützt lich beantwortet. worden ist? Damit kommen wir zur Frage 23 der Kollegin Dr. Dagmar Enkelmann: Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär beim Bundes- Interpretiert die Bundesregierung die Festlegung des Ko- minister für Arbeit und Soziales: alitionsausschusses, laut der Branchen mit einer Tarifbindung Frau Dr. Enkelmann, wir haben im Koalitionsaus- von mindestens 50 Prozent das Angebot erhalten, in das Ar- beitnehmer-Entsendegesetz aufgenommen zu werden, dahin schuss eine Verabredung zur Einbeziehung weiterer Bran- gehend, dass diese Tarifbindung auf jeden Fall bundesweit chen in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz getroffen. mindestens die Hälfte der Beschäftigten der jeweiligen Bran- Hinzu kommt eine Veränderung des Gesetzes über die che erfassen muss, oder werden mit dieser Festlegung auch Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen aus dem Branchen erfasst, die nur in bestimmten Regionen eine min- Jahre 1952. Dieser Arbeit geht man im Moment im Minis- destens 50-prozentige Tarifbindung erreichen, in anderen Re- gionen aber nicht? terium nach. Das, was Sie gerade beschrieben haben, sind lediglich Meldungen, die gemacht worden sind. Es ist im Bundesrat noch keine Diskussion erfolgt, und es wurde im Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär beim Bundes- Bundesrat noch keine Entscheidung getroffen. minister für Arbeit und Soziales: Werte Frau Dr. Enkelmann, die Antwort, die ich Ih- (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Aber nen gebe, lautet: Die im Koalitionsausschuss getroffene die Vorlagen sind da!) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11019

Parl. Staatssekretär Franz Thönnes (A) Die Bundesregierung wird sich dann zu diesem Thema Höhe in Zukunft so eine Art Mindestlohn eingezogen (C) verhalten, wenn es sich im Bundesrat im Verfahren be- werden soll? Ist es nicht doch sehr kompliziert, das alles findet. auf Branchen abzustellen? Wäre nicht ein richtiger ge- setzlicher Mindestlohn viel sinnvoller, wenn man das (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Da Ziel hat, dass die Menschen von ihrer Arbeit leben kön- sind wir aber gespannt!) nen sollen?

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär beim Bundes- Das Wort zu einer weiteren Frage hat die Kollegin minister für Arbeit und Soziales: Hirsch. Sehen Sie, werte Frau Kollegin Höger: Jetzt wird ge- regelt, dass die Branchen mit einer Tarifbindung von Cornelia Hirsch (DIE LINKE): mindestens 50 Prozent das Angebot erhalten, in das Ar- Besten Dank, Frau Präsidentin. – Noch einmal zum beitnehmer-Entsendegesetz aufgenommen zu werden Entsendegesetz: Mich würde interessieren, wie Sie die und tarifliche Mindestlöhne zu vereinbaren. Damit wird aktuellen Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten bewer- ein ganz wichtiger Punkt der Tarifautonomie gewahrt: ten und ob, wenn es zu einer Ausweitung des Entsende- dass die Branchen – also Gewerkschafter und Arbeitge- gesetzes kommt, geplant ist, in irgendeiner Form Ände- ber der Branche – dies für sich, für ihren Bereich, mit ih- rungen vorzunehmen, um es weiter zu verbessern. rer Sach- und Fachkenntnis, mit ihrer Kompetenz festle- gen. Die Voraussetzung, um aufgenommen zu werden, Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär beim Bundes- wird ein gemeinsamer Antrag der Tarifvertragsparteien minister für Arbeit und Soziales: bis zum 31. März 2008 sein; eine spätere Aufnahme ist Wir wollen die Kontrolle, wie es auch bisher der Fall dabei nicht ausgeschlossen. war, bei der Zollverwaltung belassen. So glaube ich, dass die Frage nach der Höhe schlicht- weg bei denen zu verorten ist, die die Tarifverhandlun- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: gen führen – wie wir das auch in vielen anderen Berei- Eine weitere Frage hat die Kollegin Dağdelen. chen haben. Ich glaube, dass auf diesem Weg die beste Lösung gefunden werden kann, auch was die Größen- Sevim Dağdelen (DIE LINKE): ordnung einer fairen Entlohnung angeht, mit der die je- Herr Staatssekretär, in Ihrer Antwort auf die erste weilige Branche wirtschaftlich vernünftig und zukunfts- Nachfrage meiner Kollegin Enkelmann haben Sie auf fest leben kann. die Branchen hingewiesen. Ich möchte gerne wissen: In (B) welchen Branchen könnte es aus Ihrer Sicht zutreffen, (D) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: dass mindestens 50 Prozent der Beschäftigten tarifge- bunden sind? Die Frau Kollegin Hänsel hat eine weitere Zusatz- frage. Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär beim Bundes- minister für Arbeit und Soziales: Heike Hänsel (DIE LINKE): Es ist schwierig, das einzuschätzen. Das kann man Danke schön, Frau Präsidentin. – Mich würde interes- nicht auf die Zahl genau voneinander abgrenzen; hier sieren, wie Sie die Arbeitsbedingungen sowie die Quali- bitte ich um Verständnis. tätsstandards im ganzen Bereich der Pflege bewerten; das ist ja ein sehr sensibler Bereich. Haben Sie Überle- (Zuruf der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [DIE gungen, für diesen Bereich Mindeststandards zu ent- LINKE]) wickeln und auch in Richtung eines Mindestlohns zu ge- – Nicht so ungeduldig. Ich versuche schlichtweg, zu be- hen? schreiben, dass man nicht sagen kann: Es sind so und so viele Tausend. Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär beim Bundes- Nach ersten Einschätzungen wird das wahrscheinlich minister für Arbeit und Soziales: in den Bereichen des Bewachungsgewerbes, der Entsor- Sehen Sie, werte Kollegin: Wenn dieser Fragenkom- gungswirtschaft, der Leiharbeit oder der Post der Fall plex auftritt und dieser Bereich unter die Konditionen sein. In Grenzbereiche kommt man wahrscheinlich beim fällt, die ich gerade genannt habe, dann ist das ein Kom- Friseurhandwerk, beim Hotel- und Gaststättengewerbe plex, der, was die Arbeitsbedingungen und die Entloh- und beim Einzelhandel; hier wird das genauer zu unter- nungsbedingungen ganz konkret angeht, von den Tarif- suchen sein. vertragsparteien in dem Sinne formuliert werden muss, wie ich das gerade gesagt habe. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Das Zweite ist: Wenn es an der 50-prozentigen Tarif- Zu einer weiteren Frage erteile ich nun das Wort der bindung fehlen sollte – das wäre sozusagen einer der so- Kollegin Höger. genannten weißen Flecken –, würde in diesem Bereich die Regelung aus dem reformierten Gesetz über die Fest- Inge Höger (DIE LINKE): setzung von Mindestarbeitsbedingungen von 1952 in- Haben Sie bei den Planungen zur Ausweitung des Ar- frage kommen: dass ein Hauptausschuss eingerichtet beitnehmer-Entsendegesetzes Vorstellungen, in welcher wird, der mit der Unterstützung eines Fachausschusses 11020 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Parl. Staatssekretär Franz Thönnes (A) für die jeweilige Branche festlegt, wie hoch der Mindest- Soweit es den Bereich der Bundeswehr betrifft, wur- (C) lohn im konkreten Fall sein soll. In diesem Fachaus- den darüber hinaus Besprechungen durch die verant- schuss wären die Experten, die Gewerkschaften und die wortlichen Dienststellen des Landes Mecklenburg- Arbeitgeber des jeweiligen Bereiches – im Fall Ihrer Vorpommern unter ebenengerechter Beteiligung von Frage: aus dem Pflegebereich – vertreten und könnten Vertretern der Bundeswehr durchgeführt. Die Bundes- ihren Erfahrungshintergrund einbringen. wehr war ausschließlich durch Koordinierung und Ab- stimmung der im Rahmen der Amtshilfe beantragten Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Unterstützungsleistungen betroffen. Während des G-8- Die Fragen 24 und 25 der Kollegin Brigitte Pothmer Gipfels war die Bundeswehr bei der BAO Kavala mit werden schriftlich beantwortet. Verbindungselementen im Führungsstab sowie in den Ein- satzabschnitten 8 – das war Luftsicherheit – und 9 – das Damit darf ich Ihnen, Herr Staatssekretär, für die Be- war Seesicherheit – vertreten. antwortung der Fragen, die in Ihren Geschäftsbereich fielen, herzlich danken. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Auswär- Herr Kollege, haben Sie eine Nachfrage? tigen Amtes. Für die Beantwortung der Fragen sollte Herr Staatsminister Gernot Erler zur Verfügung stehen. Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin: Die Fragen sind alle weg!) Ja. – Herr Staatssekretär, die Frage ist ja, wer eigent- lich auf die Idee kam, dort Tornados einzusetzen. Wurde – Die Fragen 26 und 27 des Kollegen Bonde und die das dem Land Mecklenburg-Vorpommern bei diesen Er- Frage 28 des Kollegen Trittin werden schriftlich beant- örterungen angeboten, oder hat das Land Mecklenburg- wortet. Vorpommern vor dem förmlichen Amtshilfeersuchen Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun- selbst die Idee gehabt, dass Tornados genommen werden desministeriums des Innern. Zur Beantwortung der Fra- könnten, was mir relativ unwahrscheinlich erscheint? gen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Peter Ich will ja nicht, wie Bismarck, behaupten, dass in die- Altmaier zur Verfügung. sem Land alles 100 Jahre später geschieht, aber ich stelle doch die Frage: Hat man angeboten, zuzugreifen, Die Frage 29 des Kollegen Trittin und die Fragen 30 oder hat Mecklenburg-Vorpommern auf Tornados be- und 31 des Kollegen Fell werden schriftlich beantwortet. standen? Damit rufe ich die Frage 32 des Kollegen Wolfgang (B) (D) Wieland auf: Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär beim Bundes- In welcher Form war die Bundesregierung in die Planung minister des Innern: der Sicherheitsmaßnahmen für den G-8-Gipfel in Heiligen- Herr Kollege Wieland, da die Tornados vom Land damm eingebunden, und wie waren Vertreter der Bundes- regierung in die Zusammenarbeit während des Einsatzes, ins- Mecklenburg-Vorpommern angefordert worden sind, besondere in die Arbeit der Einsatzzentrale Kavala, müssten Sie dort im Landtag die Frage stellen, wie man eingebunden? auf die Idee gekommen ist.

Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär beim Bundes- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: minister des Innern: Haben Sie eine weitere Nachfrage? Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Kollege Wieland, das Bundeskriminalamt und Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): die Bundespolizei haben zunächst einmal im Rahmen ih- rer originären Zuständigkeiten, die es für Heiligendamm Ja, ich habe eine weitere Nachfrage. – Herr Staats- ja gab, eigene Sicherheitskonzepte entwickelt. Diese sekretär, das förmliche Rechtshilfeersuchen wurde von Konzepte sind dann zwischen den Stäben und den Mecklenburg-Vorpommern gestellt; so weit, so banal. besonderen Aufbauorganisationen aller beteiligten Si- Meine Frage war ja, ob man ihnen vorher ein Angebot cherheitsbehörden und damit auch der BAO Kavala des gemacht und gesagt hat: Das alles haben wir hier im Landes Mecklenburg-Vorpommern erörtert und insbe- Koffer, ihr könnt zugreifen. sondere an den Schnittstellen der jeweils geplanten Maß- Nun frage ich aber etwas anderes: Gab es an irgend- nahmen angepasst worden. einer Stelle eine rechtliche Prüfung, ob diese Art des Darüber hinaus waren auf Anforderungen des Landes Bundeswehreinsatzes mit der Verfassung kompatibel ist Mecklenburg-Vorpommern das BKA mit sechs und die und welche Grenzen man beachten muss? War Ihr Haus Bundespolizei mit drei Polizeivollzugsbeamten als Ver- beteiligt? War das Bundesjustizministerium beteiligt? bindungsbeamten in dem Führungsstab der BAO Kavala Man hat bei den Spürpanzern beispielsweise die Kano- des Landes Mecklenburg-Vorpommern vertreten. Diese nen demontiert. Irgendjemand muss doch beraten haben, Verbindungsbeamten haben beim Führungsstab der wie man so etwas macht. Oder sagen Sie auch hier, dass BAO Kavala auf die Zusammenarbeit mit ihren Stamm- das dem mecklenburg-vorpommerschen Genie zu ver- dienststellen bezogene Informations- und Koordinie- danken ist und dass die das von alleine so gemacht ha- rungsaufgaben wahrgenommen. ben? Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11021

(A) Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär beim Bundes- frage ich Sie nach dem Bereich der Öffentlichkeitsarbeit. (C) minister des Innern: Welche Verantwortung trägt dabei die Bundesregierung Weil Sie ja an der Klärung der Zuständigkeiten inte- konkret? ressiert sind: Das Bundesinnenministerium hat die Tor- nados weder angefordert noch bewilligt. Es war bekannt Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär beim Bundes- – das war auch kein Geheimnis –, dass die Bundeswehr minister des Innern: im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach Art. 35 Grundge- Soweit mir bekannt ist, hat die Öffentlichkeitsarbeit setz technisch-logistische Amtshilfe leisten würde. Das im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Behörden – das hatte ich in Ihrer Anwesenheit damals auch im Innenaus- heißt im Zuständigkeitsbereich von Mecklenburg-Vor- schuss ausgeführt. Es gab im Bundesinnenministerium pommern für die dortigen Vorgänge und im Zuständig- keinerlei Zweifel daran, dass die Bundesregierung und keitsbereich der Bundesregierung für unsere eigenen die Bundeswehr die Grenzen der Amtshilfe einhalten Aufgaben – stattgefunden. werden. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Das Wort zur Geschäftsordnung hat nun die Kollegin Wenn ich das richtig gesehen habe, haben sich die Kurth. Kollegin Höger und die Kollegin Hirsch für je eine Nachfrage gemeldet. – Frau Höger, bitte. Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Inge Höger (DIE LINKE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Da trotz der beant- In der Frage geht es um die Zusammenarbeit der Bun- worteten Nachfragen unserer Meinung nach unsere desministerien mit der Einsatzzentrale Kavala. Inzwi- Frage nicht hinlänglich beantwortet ist, beantragen wir schen haben der Innenausschuss und der Verteidigungs- nach § 106 unserer Geschäftsordnung und Anlage 5 ausschuss lange beraten, und es wurde die Auskunft Nr. 1 b eine Aktuelle Stunde unter dem Titel „Bundes- gegeben, dass die Tornados nur für Aufklärungsarbeit wehreinsatz beim G-8-Gipfel“. eingesetzt werden sollten, um Veränderungen an Straßen und auf Erdhügeln festzustellen. Dafür waren zwei Ein- satzflüge genehmigt worden. Es hat aber sehr viel mehr Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Flüge gegeben, und zwei Drittel der Aufnahmen zeigen Die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen hat be- die Camps. Insofern frage ich mich, wie die Zusammen- züglich der Antwort auf die Frage 32 eine Aktuelle arbeit zwischen Kavala und den Bundesministerien ver- Stunde beantragt. Das entspricht auch der Nr. 1 b der (B) laufen ist. Richtlinien für Aussprachen zu Themen von allgemei- (D) nem aktuellen Interesse. Die Aktuelle Stunde wird in un- mittelbarem Anschluss an die Fragestunde stattfinden. Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär beim Bundes- minister des Innern: Die Frage 33 des Kollegen Volker Beck (Köln) soll Ich kann nur noch einmal unterstreichen, was ich be- schriftlich beantwortet werden. reits auf die Frage des Kollegen Wieland geantwortet Wir kommen dann zu Frage 34 der Kollegin Ulla habe. Nach allen mir vorliegenden Informationen haben Jelpke: die entsandten Vertreter der Bundespolizei und des Bun- deskriminalamtes lediglich im Rahmen ihrer Zuständig- Sieht sich die Bundesregierung als Einladerin des G-8- Gipfels auch in der Verantwortung dafür, dass Polizeimaßnah- keiten Informationstätigkeiten wahrgenommen und die men rechtsstaatskonform ablaufen, und wie bewertet sie vor Verbindung zwischen ihren jeweiligen Heimateinheiten diesem Hintergrund die zum Teil über 24 Stunden andauernde – dem Bundeskriminalamt und der Bundespolizei – und Unterbringung von Gefangenen in Käfigen, wie sie während der Polizei des Landes Mecklenburg-Vorpommern ge- des Gipfels stattgefunden hat? währleistet. Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär beim Bundes- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: minister des Innern: Die Kollegin Hirsch zu einer weiteren Frage. Ich kann auf die Frage antworten, dass die Einladung der Bundesregierung zu diesem Gipfel nichts an der in- nerstaatlichen Verteilung der Zuständigkeiten und Ver- Cornelia Hirsch (DIE LINKE): antwortlichkeiten ändert, die im Bereich der allgemeinen Danke schön. – Ich möchte von dem Tornado-Einsatz polizeilichen Gefahrenabwehr nach der föderativen wegkommen. Es gibt zu der gesamten G-8-Woche Kompetenzordnung des Grundgesetzes, wie Sie inzwi- durchaus noch mehr Fragestellungen hinsichtlich einer schen auch wissen, bei den Ländern liegen. möglichen Verantwortung der Bundesregierung. Mich interessiert das gesamte Konzept der Öffentlichkeits- Zu den Sicherheitsmaßnahmen anlässlich des G-8- arbeit. Das erscheint zunächst bei weitem nicht so dra- Weltwirtschaftsgipfels in Heiligendamm, die in der Zu- matisch wie ein Tornado-Einsatz, aber mit Pressemit- ständigkeit des Landes Mecklenburg-Vorpommern lie- teilungen, die Clownsarmee schieße mit Säure auf gen, nimmt die Bundesregierung grundsätzlich keine Polizeibeamte, und Ähnlichem ist eine Stimmung er- Stellung, da die parlamentarische Kontrolle dieser Maß- zeugt worden, die auf Demonstrationen und bei Blocka- nahmen dem Landtag von Mecklenburg-Vorpommern den sehr stark zur Eskalation beigetragen hat. Insofern obliegt. 11022 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Parl. Staatssekretär Peter Altmaier (A) Ich kann allerdings hinzufügen, dass nach dem hiesi- In diese BAO haben wir zusammen mit den beteiligten (C) gen Kenntnisstand – das können wir aber nicht aus eige- Behörden Verbindungsbeamte entsandt, weil es selbst- ner Zuständigkeit beurteilen – die Gefangenensammel- verständlich Koordinierungsbedarf im Hinblick auf die stellen, auf die Sie sich beziehen, auch von einer NGO, dort eingesetzten 2 000 Bundespolizisten und auf die die im Menschenrechtsbereich tätig ist, begutachtet wur- Bundeswehrsoldaten gab. Diese Koordinierung hat auch den und für menschenrechtskonform befunden wurden, stattgefunden – das habe ich eben in aller Ausführlich- und zwar vor Beginn des Gipfels. keit dargelegt –, aber immer im Hinblick auf die Fragen und Aufgaben, die die Bundespolizei und die Bundes- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: wehr sowie das Bundeskriminalamt in ihren Zuständig- keitsbereichen betroffen haben. Ihre Nachfrage, bitte, Frau Kollegin.

Ulla Jelpke (DIE LINKE): Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Staatssekretär, wir haben schon öfter gehört, Zu einer weiteren Frage erteile ich nun das Wort der dass die Bundesregierung bzw. das Innenministerium al- Kollegin Hirsch. les auf Mecklenburg-Vorpommern schiebt. Aber es wa- ren mehr als 2 000 Polizisten der Bundespolizei dort im Cornelia Hirsch (DIE LINKE): Einsatz. Daher sollte die Bundesregierung eine Meinung Danke schön, Frau Präsidentin. – Für mich passt Fol- zu den Vorwürfen haben, dass Menschen in Käfigen un- gendes trotzdem nicht zusammen: Sie haben in der ers- tergebracht wurden, dass Anwälte nicht zu ihnen gelas- ten Antwort, die Sie gerade gegeben haben, deutlich ge- sen wurden, dass die Menschen zum Teil die ganze macht, dass Sie nicht der Auffassung sind, dass sich die Nacht mit Neonlampen bestrahlt wurden und dass sich Bundesregierung zu dem positionieren muss, was bei mehr als 20 Menschen auf 25 Quadratmetern aufhalten den Protesten vor Ort konkret passiert ist, obwohl die mussten. Einladung vonseiten der Bundesregierung zu dem G-8- Gipfel ausgesprochen wurde, sondern dass das haupt- Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär beim Bundes- sächlich in der Verantwortung des Landes Mecklenburg- minister des Innern: Vorpommern lag. Ich verstehe aber nicht, dass wir es in Frau Kollegin Jelpke, ich gehe als Vertreter der Bun- der G-8-Woche mit einer massiven Einschränkung der desregierung davon aus, dass polizeiliche Maßnahmen, Demonstrationsrechte zu tun hatten und dass dies vor die in der Zuständigkeit von Bundesländern ergriffen den Gerichten gerade damit begründet wurde – das war werden, den rechtsstaatlichen und den gesetzlichen An- ein zentraler Punkt –, es werde sonst der Bundesregie- (B) forderungen in unserem Land entsprechen. Sofern dies rung auf die Füße fallen, weil das das Bild der Bundesre- (D) bezweifelt oder bestritten wird, gibt es dafür Rechts- publik Deutschland im Ausland beschädige, beispiels- wege. Diese Rechtswege müssen von den Betroffenen weise wenn Bush nicht so hätte landen können, wie er beschritten werden. Dann liegt die Entscheidung bei den sich das vorgestellt hatte, oder wenn Journalistinnen und zuständigen Verwaltungsinstanzen bzw. in letzter In- Journalisten nicht hätten durchkommen und berichten stanz bei den Gerichten. können. Das passt doch nicht zusammen. Auf der einen Seite sagen Sie, dass die Bundesregierung damit nichts Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: zu tun habe. Auf der anderen Seite begründen Sie das mit bundesweiten Kompetenzen. Ihre zweite Zusatzfrage.

Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär beim Bundes- Ulla Jelpke (DIE LINKE): minister des Innern: Meine zweite Zusatzfrage bezieht sich darauf, dass wir gemeinsam mit einigen Mitgliedern des Innenaus- Frau Kollegin Hirsch, Sie vergleichen hier Äpfel mit schusses zwei Wochen vor dem G-8-Gipfel unter Ihrer Birnen. Die Behörden in Mecklenburg-Vorpommern ha- Schirmherrschaft die Polizeibehörden vor Ort besucht ben etwa im Hinblick auf die Ausübung des Versamm- haben. Damals war immer davon die Rede, dass es einen lungsrechts Entscheidungen getroffen. Diese Entschei- gemeinsamen Polizeistab aus Bundespolizei, Landespo- dungen wurden gerichtlich angefochten. Sie wurden im lizeien und Bundeswehr geben wird. Wollen Sie mir al- Endergebnis von den Gerichten im Wesentlichen bestä- len Ernstes erzählen, dass dort nichts gemeinsam koordi- tigt. Dies hat die Bundesregierung nicht zu kommentie- niert und ausgewertet wurde? ren. Das ist im Übrigen ein Nachweis dafür, dass unser Rechtsstaat funktioniert und dass die Entscheidungen nach Recht und Gesetz zustande kamen. Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär beim Bundes- minister des Innern: Ich habe auf die Frage des Kollegen Wieland genau Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: geschildert, wie es war. Es gab unter der Verantwortung Ich rufe nun die Frage 35 der Kollegin Silke Stokar des Landes Mecklenburg-Vorpommern die BAO Ka- von Neuforn auf: vala; das ist hinlänglich bekannt. Welche Ergebnisse konnte und sollte der Einsatz von Spähpanzern in Heiligendamm bringen, die nicht auch mit an- (Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Die war auch in deren – der Polizei normalerweise zur Verfügung stehenden – dem Stab!) Mitteln hätten gewonnen werden können? Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11023

(A) Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär beim Bundes- Polizistinnen und Polizisten des Landes Mecklenburg-Vor- (C) minister des Innern: pommern, der anderen Länderpolizeien oder der Bundespoli- zei ausgeführt werden können? Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär. Frau Kollegin Stokar, durch das Innenministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern wurden mit Antrag vom 13. März 2007 unter anderem neun Aufklärungs- Peter Altmaier, Parl. Staatssekretär beim Bundes- systeme Fennek zur Geländeaufklärung außerhalb mili- minister des Innern: tärischer Anlagen beantragt. Im Einzelnen waren dies Was die Frage des Einsatzes von Feldjägerkräften an- drei Spähtrupps Fennek im Einsatzabschnitt Heiligen- geht, kann ich sagen: Amtshilfeersuchen zum Einsatz damm innerhalb der gesicherten Zone vom 30. Mai bis von Feldjägerkräften lagen nicht vor. Anträge auf Unter- 8. Juni 2007, drei Spähtrupps Fennek im Einsatzraum stützung an das zuständige Wehrbereichskommando I „Raumschutz für den stationären Einsatz“ in der Zeit Küste in Kiel wurden nur durch militärische Dienststel- vom 29. Mai bis 8. Juni 2007 sowie drei Spähtrupps len gestellt und durch das Streitkräfteunterstützungs- Fennek zur Überwachung von Geländeteilen um den kommando in Köln, Wehrbereichskommando I Küste in Flughafen Rostock-Laage in der Zeit vom 1. Juni bis Kiel, gebilligt. Dies waren im Einzelnen der Kasernen- 9. Juni 2007. kommandant des Flugplatzes Laage, der Kasernenkom- mandant der Hanse-Kaserne Rostock, der Kasernenkom- Nach interner Prüfung einschließlich rechtlicher mandant des Marinestützpunktes Warnemünde „Hohe Möglichkeiten zum Konzept hat das BMVg am 4. Juni Düne“ sowie das Sanitätskommando I für die Absiche- 2007 die vom Land beantragte Unterstützung mit insge- rung der modularen San-Einrichtung in Hohenfelde bei samt neun Aufklärungssystemen Fennek außerhalb um- Bad Doberan. Die Absicherung militärischer Liegen- schlossener militärischer Anlagen unter folgenden Auf- schaften und Objekte ist Aufgabe der Bundeswehr. lagen gebilligt: Erstens: Einsatz an Übersichtspunkten zur Überwachung von Räumen und Straßen sowie der Anflugrouten von Teilnehmern des Gipfels. Zweitens: Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: kein Einsatz an Brennpunkten. Drittens: Schutz durch Haben Sie eine Nachfrage? Polizeikräfte. Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE Die Fähigkeiten des Aufklärungssystems Fennek er- GRÜNEN): möglichten eine schnelle und frühzeitige Verdichtung des Lagebildes in Geländeabschnitten, insbesondere in Nein. der Nacht. Die technische Ausstattung des Aufklärungs- (B) systems Fennek zur Aufklärung erlaubt dabei besonders Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: (D) das Überwachen nicht einsehbarer Räume, von Räumen Wir sind damit am Ende der Fragestunde, da wir den großer Ausdehnung sowie über große Entfernungen. zeitlichen Rahmen voll ausgeschöpft haben. Die noch nicht beantworteten Fragen werden nach unserer Ge- Zu den in der Frage angesprochenen der Polizei für schäftsordnung schriftlich beantwortet. das Land Mecklenburg-Vorpommern normalerweise zur Verfügung stehenden Mitteln nimmt die Bundesregie- Die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen hat zur rung grundsätzlich keine Stellung, da hier die Zuständig- Antwort der Bundesregierung auf die Frage 32, in der es keit des Landes betroffen ist. Für den Fall, dass Sie nach- um den Bundeswehreinsatz beim G-8-Gipfel ging, eine fragen, ob denn die Bundespolizei entsprechende Aktuelle Stunde verlangt. Das entspricht Nr. 1 b der Einsatzmittel gehabt hätte, kann ich Ihnen sagen, dass Richtlinien für die Aktuelle Stunde, wie wir vorhin fest- die Bundespolizei ein den Leistungsmöglichkeiten des gestellt haben. Aufklärungssystems Fennek entsprechendes Gerät, ins- Ich rufe daher nun Zusatzpunkt 5 auf: besondere zur Überwachung nicht einsehbarer Räume, nicht hat. Sie verfügt lediglich über handgehaltene Wär- Aktuelle Stunde mebildgeräte und in Kraftfahrzeuge eingebaute Wärme- auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNIS- bildsichtanlagen. SES 90/DIE GRÜNEN Bundeswehreinsatz beim G-8-Gipfel Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Frau Kollegin, haben Sie eine Nachfrage? Ich eröffne die Aussprache und erteile der Kollegin Silke Stokar von Neuforn von der Fraktion des Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE Bündnisses 90/Die Grünen das Wort. GRÜNEN): Nein. Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da don- Dann kommen wir zu Ihrer Frage 36: nern Tornados über Protestcamps, in denen sich haupt- sächlich Jugendliche aufhalten – nicht einmal, nicht Für welche Aufgaben wurden Feldjäger von der Landes- zweimal. Wir wissen trotz zahlreicher Anfragen im In- regierung Mecklenburg-Vorpommern für den Einsatz im Rah- men des G-8-Gipfels in Heiligendamm angefordert und einge- nenausschuss und im Verteidigungsausschuss bis heute setzt, und warum hätten diese Aufgaben nicht durch nicht genau, wie viele Tornado-Flüge es gegeben hat, um 11024 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Silke Stokar von Neuforn (A) aufzuklären, was in diesen Protestcamps geschieht. Ges- Man kann hier nur zu dem Schluss kommen, dass – und (C) tern haben wir erfahren, dass außer den Tornados auch das wäre ein unerhörter Vorgang – die politisch Ver- Eurofighter und Phantom-Jets über Heiligendamm ge- antwortlichen, der Bundesinnenminister und der Lan- flogen sind. Der Staatssekretär des Bundesinnenministe- desinnenminister von Mecklenburg-Vorpommern, die riums versucht ernsthaft, mir weiszumachen, dass die Einsatzgeräte der Bundeswehr der Polizei, dieser merk- Fähigkeiten der Bundespolizei und der Polizeien der würdigen besonderen Aufbauorganisation Kavala, zur Länder nicht ausreichend sind, um Demonstrationsver- Verfügung gestellt haben und dass es im Ermessen der läufe aufzuklären. Spähpanzer mit Fennek-Technik und Polizei lag, wie Militär eingesetzt wird. Satellitentelefonen werden im Rahmen des Versamm- lungsrechts eingesetzt, um militärische Lagebilder über Lassen Sie mich eines zum Schluss sagen: Was glau- Demonstrationen in Deutschland zu erstellen. Ein Späh- ben Sie denn, wie es auf junge, friedliche Demonstranten panzer – das haben Sie hier nicht ausdrücklich gesagt – wirkt, wenn abends die Bundeskanzlerin im Fernsehen wird als Objektschutz für einen Genacker abgestellt. sagt, sie begrüße friedliche Demonstrationen und friedli- che Proteste, und diese Jugendlichen – zwischen 16 und Seit Tagen versucht diese Bundesregierung, uns weis- 20 Jahren waren die meisten – am nächsten Tag erleben zumachen, dass das alles ganz normal in Deutschland ist. müssen, wie Tornados bei sogenannten Übungsflügen in Ich sage Ihnen: Diese Form von militärischer Amtshilfe, beängstigend niedriger Höhe über sie hinwegdonnern (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Nicht mili- und sie den ganzen Tag über Spähpanzern und bewaffne- tärische! Technische Amtshilfe!) ten Feldjägern – wir haben eben gehört, ohne Auftrag – begegnen? Das war der Versuch, mit einer militärischen deren Ausmaß hier nur scheibchenweise in Form täglich Machtdemonstration in die Versammlungsfreiheit einzu- neuer Meldungen an das Licht der Öffentlichkeit dringt, greifen. war verfassungswidrig. Das ist mein erster Vorwurf. (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Ein Rück- Der zweite Vorwurf – deswegen habe ich in der Fra- fall in ganz alte Zeiten bei Ihnen!) gestunde keine weiteren Fragen gestellt – lautet: Bis heute, bis zu diesem Zeitpunkt der Aktuellen Stunde hat Man hat versucht, friedliche Demonstrationsteilnehmer die Bundesregierung das Parlament belogen. Unsere mit militärischen Mitteln einzuschüchtern, und das ist Fragen sind nicht wahrheitsgemäß beantwortet worden. verfassungswidrig. Man kann im Großen und Ganzen sagen: Zugegeben (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde im Laufe der letzten Tage immer nur das, was und bei der LINKEN) vorher in den Magazinen und in den Onlinenachrichten zu lesen war. (B) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: (D) Das sind die beiden Vorwürfe, die ich mache, nämlich Für die Bundesregierung erteile ich nun das Wort dem den verfassungswidrigen Einsatz der Bundeswehr im In- Parlamentarischen Staatssekretär Christian Schmidt. nern angeordnet zu haben und gleichzeitig dem Parla- ment über diese Vorgänge nicht die Wahrheit zu sagen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN) Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär beim Bun- desminister der Verteidigung: Mein Eindruck von diesen ganzen Abläufen in Heili- gendamm ist, dass Bundesinnenminister Schäuble, auf Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol- dessen Wunschliste der Einsatz der Bundeswehr im In- legen! Frau Kollegin Stokar von Neuforn, irgendwie bin nern schon lange ganz oben steht, dem Land Mecklen- ich nun versucht, Kraut und Rüben – Sie haben uns das burg-Vorpommern ein Lockangebot gemacht hat. Er ist gerade auf den Tisch gelegt – zu sortieren. zu seinem Parteifreund in Mecklenburg-Vorpommern (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gegangen und hat gesagt: Beantragt mal ordentlich die NEN]: Sortieren Sie lieber Ihre Panzer!) Amtshilfe der Bundeswehr! – Den Mitgliedern der Linkspartei, die so viel Unge- (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Jetzt brin- mach wittern – Ihre Kenntnis ist da in der Tat nur peri- gen Sie aber alles durcheinander!) pher –, würde ich empfehlen, konsistent zu bleiben. Sie Das war bisher überhaupt noch nie der Fall. Die Amts- haben gerade in der Fragestunde eine Beteiligung der hilfe der Bundeswehr wurde zum ersten Mal einem Bun- Bundeswehr an dieser Maßnahme im Rahmen einer desland zum Nulltarif zur Verfügung gestellt. Amtshilfe nach Art. 35 Abs. 1 des Grundgesetzes funda- mentalistisch kritisiert, obwohl diese Anforderung von Das, was ich als weiteren politischen Skandal emp- einer Landesregierung gestellt worden ist, der Sie ange- finde – ich habe mir das Protokoll des Innenausschusses hört haben. Wie kann das sein? des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern angese- hen –, ist, dass sowohl die Bundesregierung als auch das (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sehr Land Mecklenburg-Vorpommern sich weigern, für die- richtig!) sen skandalösen Einsatz der Bundeswehr im Innern die Ob Sie dieser Landesregierung als Linkspartei, als PDS politische Verantwortung zu übernehmen. oder was auch immer angehört haben, das weiß ich nicht (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) mehr; Sie wechseln Ihren Namen ja häufiger. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11025

Parl. Staatssekretär Christian Schmidt (A) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Was den Einsatz der Tornados im Rahmen der Amts- (C) Widerspruch bei der LINKEN) hilfe betrifft, möchte ich in aller Höflichkeit darauf hin- weisen: Diese Tornados stehen genauso zur Verfügung, – Frau Präsidentin, ich bitte Sie darum, für Ruhe zu sor- wenn Hochwasser ist oder wenn es darum geht, ver- gen. Die sollen einmal zuhören. schwundene Personen zu finden. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Keine (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ahnung! – Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Sie NEN]: Das ist doch etwas völlig anderes! – wissen doch, wer jetzt in Mecklenburg regiert, Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE oder?) GRÜNEN]: Hochwasser ist doch keine De- – Ich habe im Internet nachgeschaut und gesehen: Sie monstration! Sagen Sie mal was zum Ver- haben dort einmal mitregiert. sammlungsrecht!) (Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Aber wir ha- Im Namen derer, die diesen Einsatz durchgeführt haben, ben das doch nicht veranlasst!) wehre ich mich dagegen, dass Sie den Eindruck erwe- cken, hier sei in irgendeiner Weise Ungesetzlichkeit ge- – Doch. geben. (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Doch! Sie (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE waren dabei! In Ihrer Zeit war die Anforde- GRÜNEN]: Versammlungsrecht! Wir reden rung! – Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Das war über Militär im Versammlungsrecht!) nachher! – Weitere Zurufe von der LINKEN) – Wir reden nicht über Militär im Versammlungsrecht, – Die tumultartigen Szenen weisen nur darauf hin, dass sondern über Amtshilfeanträge des Landes Mecklen- die Unkenntnis der PDS hier auf die Spitze getrieben burg-Vorpommern. wird. Es war die rot-rote Landesregierung, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen, die am 21. März 2006 den (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE Bundesminister der Verteidigung unter Verweis auf eine GRÜNEN]: Doch, darüber reden wir! Genau Zusage des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard darüber reden wir! – [BÜND- Schröder um Unterstützung durch die Bundeswehr gebe- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Blick in die Ver- ten hat – Punkt! fassung könnte helfen! – Gegenrufe von der CDU/CSU: Ja, gucken Sie mal hinein! – Nur (Zurufe von der CDU/CSU: Hört! Hört! – zu!) Hans-Kurt Hill [DIE LINKE]: Aber doch nicht (B) um Tonardos!) Nun wollen wir einmal miteinander reden, wie wir es (D) auch im Innenausschuss getan haben. Ich wäre schon sehr dankbar, wenn Sie anders als Ihr Parteivorsitzender nicht anfangen würden, die Tätigkei- (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ten der Bundeswehr in die Nähe von Ungesetzlichkeiten NEN]: Artikel 87 a!) zu rücken. Sie haben erst gestern aus Karlsruhe erfahren, – Das hat mit Art. 87 a des Grundgesetzes gar nichts zu wie weit man gehen kann und wie weit man nicht gehen tun, Herr Kollege Wieland. kann. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) NEN]: Doch!) Frau Kollegin Stokar von Neuforn, mir liegt der Be- Sie haben leider die falsche Seite des Grundgesetztextes richt vor, der die Grundlage für die dpa-, ddp- und sons- aufgeschlagen; es geht nämlich um Art. 35 GG. tigen Meldungen – Sie haben insinuiert, täglich kämen neue – ist. In diesem Bericht ist von den Eurofighters (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE und den Phantom-Kampfjets die Rede. Sie haben mit der GRÜNEN]: Unglaublich!) Überwachung der Bodenbeschaffenheit aber gar nichts zu tun gehabt. Das fand im Rahmen des Normalen statt. Das Land Mecklenburg-Vorpommern sah sich mit dem G-8-Gipfel in Heiligendamm an die Grenze seiner (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sicherheitsfähigkeit gebracht. NEN]: Das waren weitere Übungsflüge!) Es ist die schiere Pflicht aller Behörden dieses Lan- – Lesen Sie den Bericht bitte. des, dann, wenn solch eine Situation auftritt und zu er- warten ist, dass man im Rahmen der gesetzlichen und Eine der wenigen Aufgaben, die die Bundeswehr zur verfassungsmäßigen Vorgaben zur Amtshilfe Unterstüt- Wahrung der Sicherheit unseres Landes – verfassungs- zung leisten kann, einem solchen Bedarf eines Landes zu mäßig abgesichert – seit langer Zeit erfüllt, ist, wie Sie entsprechen. wissen, das Air-Policing. Diese Aufgabe hat die Bundes- wehr in diesem Fall wahrgenommen. Ich erinnere hier Die Fennek-Fahrzeuge – der Kollege Altmaier hat das daran, dass die NATO-AWACS-Flugzeuge beim Besuch in der Fragestunde bereits beantwortet – wurden nicht des Papstes, bei den Olympischen Spielen in Griechen- mit hoheitlichem Anspruch eingesetzt, sondern sind le- land und bei anderen Ereignissen eingesetzt worden diglich zur technischen Unterstützung der Polizei – über- sind. wiegend der mecklenburg-vorpommerschen Polizei, 11026 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Parl. Staatssekretär Christian Schmidt (A) verstärkt durch andere Polizeikräfte – herangezogen zogen hat. Wir haben unseren Beitrag dazu geleistet, (C) worden. dass dies friedlich sein konnte. Was die technisch-logistischen Unterstützungsleistun- (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/ gen durch Flüge, durch die Nutzung des Aufklärungssys- DIE GRÜNEN]: Mit Militär! Bravo! – Gegen- tems Tornado zum Zweck der Beobachtung der Boden- ruf von der CDU/CSU: Die da waren, muss beschaffenheit angeht – die Bilder stehen zur Verfügung –, man fragen, wer da die Auslöser waren, die muss noch einmal gesagt werden, dass es diese Bilder Chaoten oder das Militär!) und Überwachungen gegeben hat, dass diese aber in kei- ner Weise die Erkennung einzelner Personen zulassen. Vielleicht ist der größte Erfolg aller Sicherheitskräfte, die da waren und sich beteiligt haben, der, dass wir, von Tiefflüge von militärischem Gerät der Streitkräfte einigen Hunderten leichteren Verletzungen und einigen über Camps von Bürgerinnen und Bürgern können das schwereren Verletzungen abgesehen – letztere waren Grundrecht der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Gott sei Dank nicht so schwer, dass sie zu dauerhaften Grundgesetz beeinträchtigen, Schäden führen –, einen friedlichen Gipfel hatten. Die Bundeswehr wird im Rahmen der Amtshilfe auch zu- (Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: künftig auf Anforderung ihre entsprechenden Beiträge Aha! – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE leisten. GRÜNEN]: Ein bisschen lauter bitte!) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- wenn diese Überflüge – so das Bundesverfassungsge- neten der SPD) richt in seiner Entscheidung im 69. Band Seite 315 und Seite 349 – das Merkmal exzessiver Observation und Registrierung erfüllen bzw. wenn dadurch der staats- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: freie, unreglementierte Charakter der Versammlung ver- Nächster Redner ist der Kollege Christian Ahrendt für ändert würde. FDP-Fraktion. (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE (Beifall bei der FDP) GRÜNEN]: Staatsfrei war das da nicht! Staats- frei mit Panzern?) Christian Ahrendt (FDP): Ein solcher Grundrechtseingriff liegt indessen beim Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Einsatz des Aufklärungssystems Tornado im Rahmen Herren! Da mein Vorredner eben von Kraut und Rüben des G-8-Gipfels nicht vor. gesprochen hat, möchte ich sagen: Angesichts des Be- (B) richtes, den das Verteidigungsministerium vorgelegt hat, (D) Allerdings wurden die Tiefflugbestimmungen in ei- und angesichts dessen, was in der letzten Woche im In- nem Fall verletzt. Hierzu sind Untersuchungen eingeleitet nenausschuss und was heute im Verteidigungsausschuss worden. Für eine Minute und 22 Sekunden wurde die dargeboten worden ist, hat eigentlich Ihr Ministerium Mindesthöhe wetterbedingt unterschritten, aber sie wurde die Aufgabe, Kraut und Rüben zu sortieren. unterschritten. Das ist unbestreitbar eine nicht unerhebli- (Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ che Lärmbelästigung für die in den betroffenen Camps DIE GRÜNEN) Versammelten, die aber wegen ihrer Kurzzeitigkeit und Einmaligkeit noch keinen Eingriff in das Grundrecht der Lassen Sie mich das einmal ein Stück weit für Sie hier Versammlungsfreiheit begründet. tun. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Das ist aber NEN]: Meinen Sie! – Silke Stokar von nett!) Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mei- nen Sie! Wer hat Ihnen das aufgeschrieben? In der Innenausschusssitzung am 23. Mai habe ich Unglaublich!) mir erlaubt, den Staatssekretär Altmaier zu fragen, in welchem Umfang die Bundeswehr eingesetzt wird. Ich Dennoch möchte ich bei den Bürgerinnen und Bür- habe mir vorsorglich das Protokoll mitgebracht. Herr gern, auch bei denen, die friedlich demonstriert haben Altmaier hat uns gesagt – ich zitiere –: „Einzig zu logis- und ihr Grundrecht wahrgenommen haben, für die ent- tischen Zwecken, so wie Transporte von Delegationen standene Belästigung um Verständnis bitten und mich zum Veranstaltungsort.“ Das ist der Umfang des Bun- für diesen zu tiefen Flug entschuldigen. deswehreinsatzes, der uns geschildert worden ist. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Die Kollegin Jelpke hat ebenfalls eine Anfrage ge- der SPD – Zurufe vom BÜNDNIS 90/ stellt, um diese Frage aufzuklären. Auch die Antwort auf DIE GRÜNEN: Aha! – Helmut Brandt [CDU/ diese Anfrage enthielt keinen Hinweis auf Tornados und CSU]: Das muss aber auch genügen!) keinen Hinweis auf Fennek-Panzer. Am 23. Mai haben wir von Herrn Altmaier ebenfalls nichts zu dieser Frage Es ist die Frage, wie wir miteinander umgehen. Es ist gehört. kein gesetzwidriger Angriff von irgendjemandem gegen irgendjemanden geführt worden. Es war ein äußerst er- Angesichts dessen, dass Sie eben gesagt haben, das folgreiches politisches Gipfeltreffen, das ein Stück Auf- Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern habe merksamkeit der Weltöffentlichkeit auf unser Land ge- schon im Jahr 2006 um Amtshilfe gebeten, müssen wir Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11027

Christian Ahrendt (A) also feststellen, dass Sie das Parlament bis zum G-8- Im Ergebnis muss man deswegen festhalten, dass die (C) Gipfel vorsätzlich in Unkenntnis gelassen haben. Amtshilfegrenzen hier bei weitem überschritten worden sind. Man muss hinsichtlich der vier nicht genehmigten (Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem Tornado-Flüge feststellen, dass es hier einen offenen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Dagmar Verfassungsbruch gegeben hat. Dieser Verfassungsbruch Enkelmann [DIE LINKE]: Sehr diplomatisch paart sich damit, dass das Parlament vorsätzlich nicht ausgedrückt!) unterrichtet worden ist. Ich habe auch heute Morgen in der Sitzung des Ver- Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, das teidigungsausschusses Ihren Kollegen Herrn Wichert ge- ist schon ein relativ starkes Stück. fragt, wann denn das Innenministerium vom Einsatz der Bundeswehr und vom Einsatzumfang unterrichtet wor- (Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ den sei. Die Frage ist mir nicht beantwortet worden. Die DIE GRÜNEN) Kollegin Hoff hat die Frage noch einmal gestellt. Es Es kann nämlich nicht sein – das ist das eigentliche wurde dann zugesagt, dass sie schriftlich beantwortet Thema, um das es hier geht –, dass die Bundeswehrein- wird. Auch das zeigt – was ich verwunderlich finde –, sätze im Grunde genommen über die kalte Küche einge- dass es hier relativ viel aufzuklären gibt. Ich persönlich führt werden und die Bundeskanzlerin dann irgendwann kann mir nicht vorstellen, dass bei den Informationsbe- sagt: Nun stellen wir fest, dass innere und äußere Sicher- dürfnissen, die im Innenministerium ansonsten in vieler- heit eng miteinander verwoben sind. Der Rest wird dann lei Dingen vorherrschen, ausgerechnet vergessen wird, nicht ausgesprochen: Die Bundeswehr hat ja schon in sich über den Umfang des Bundeswehreinsatzes genau der Vergangenheit gezeigt, wie effektiv sie im Inland zu informieren. eingesetzt werden kann. Dann haben wir die Rechtferti- Das zweite Thema, das ich ansprechen will, ist die gungsgrundlage für die Einsätze der Bundeswehr im In- Amtshilfe. Es gibt zwei Tornado-Flüge, die genehmigt neren. Dieser Weg ist falsch, und diesen Weg werden wir worden sind, und es gibt vier Tornado-Flüge, die nicht nicht mitgehen. genehmigt worden sind. (Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen: Aha!) Es kann auch nicht sein, dass wir zunehmend erleben, Wenn man Ihren Bericht liest, wird man feststellen, dass dass die Innenminister der Länder ihre Polizeikräfte ab- diese Tornado-Flüge auf Anforderung der Kavala, also bauen und immer dann, wenn es Großveranstaltungen der Einheit, die mit der Einsatzführung zum G-8-Gipfel gibt, die Forderung nach Einsätzen der Bundeswehr laut (B) betraut war, im Grunde genommen per Anruf abgerufen wird. Die Bundeswehr ist keine Ersatzpolizei. Diese (D) werden konnten. Aufgabe hat sie nicht; auch die Fähigkeiten dazu hat sie (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht. Man darf auch nicht das Ziel verfolgen, die Solda- NEN]: Selbstbedienungsladen! – Silke Stokar tinnen und Soldaten der Bundeswehr zu Hilfssheriffs von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: von Innenministern zu machen. Da kann ja jeder Einsatzleiter Tornados anfor- Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. dern, wenn er Lust hat, oder wie?) (Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem Das hat meines Erachtens nichts mehr mit Amtshilfe zu BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Ab- tun; denn Amtshilfe würde zumindest förmlich voraus- geordneten der SPD) setzen, dass Sie eine konkrete Anfrage in Ihrem Ministe- rium haben, diese bearbeiten und dann entscheiden, ob Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Sie die Tornados zur Verfügung stellen. Nun hat das Wort der Kollege Rainer Arnold für die Drittens. Wenn ein Tornado im Tiefflug – auch wenn SPD-Fraktion. Sie sich entschuldigt haben – über ein Camp donnert, dann mag das für denjenigen, der unten steht, durchaus Rainer Arnold (SPD): den Eindruck erwecken, als ob eine gewisse militärische Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Qualität erreicht wird. Wir wissen seit der Verfassungs- Der sozialdemokratische Bundeskanzler Helmut Schmidt gerichtsentscheidung aus dem letzten Jahr, dass sich hat den G-8-Gipfel dereinst erfunden – ein herausragen- Bundeswehreinsätze im Inneren ausdrücklich einer mili- des Ereignis der Staatengemeinschaft und diesmal auch tärischen Bewaffnung zu enthalten haben. Ich glaube, für unser Land. Natürlich ist es zunächst einmal richtig, dass man hier nicht feinsinnig damit argumentieren kann dass alle Organe des Bundes und der Länder eng koope- – wie Sie das in Ihrem Bericht getan haben –, dass man rieren, um solch einen Gipfel zum Erfolg zu bringen. die Flugzeuge wenigstens nicht aufmunitioniert habe. Ich glaube, es ist unstreitig, dass man vom Boden aus (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Wohl schwer erkennen kann, ob ein Flugzeug Munition trägt wahr!) oder nicht. Das ist das eine. (Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ Das andere ist: Es wurden 25 Anträge auf Amtshilfe DIE GRÜNEN – Helmut Brandt [CDU/CSU]: gestellt, von denen 22 aus meiner Sicht völlig außerhalb Die Tatsache ist eindeutig!) der Diskussion sind, weil sie richtig und notwendig 11028 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Rainer Arnold (A) gewesen sind und sich exakt im Rahmen der Bestim- (Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei (C) mungen des Art. 35 bewegt haben. Es gibt aber drei Vor- Abgeordneten der LINKEN und des BÜND- gänge, die wir, wie ich glaube, kritisch hinterfragen NISSES 90/DIE GRÜNEN) sollten. Das Ministerium hat heute meiner Meinung nach Ich habe die Aussagen eines Fachpolitikers aus Ihren sehr seriös und ausführlich informiert. Dafür danken wir. Reihen, des Kollegen Hans Raidel, aus der heutigen Sit- Das Ministerium hat sich heute auch für Versäumnisse zung des Verteidigungsausschusses zitiert. entschuldigt. Auch das ist ein wichtiger Schritt. Die er- haltenen Informationen versetzen uns in die Lage, eine (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Was ist die politische Bewertung vorzunehmen. Lassen Sie mich Alternative?) deshalb zu den drei kritischen Vorgängen etwas sagen. Der dritte Vorgang, den wir kritisch bewerten, ist der Erster Vorgang: Der Minister hat zwei Tornado-Flüge Einsatz der Feldjäger zum Objektschutz. Die Bundes- zur flächigen Aufklärung am Boden genehmigt, und wehr darf Objektschutz im Bereich von militärischen Si- zwar einen einige Zeit vor dem Gipfel und einen unmit- cherheitszonen betreiben, und zwar aus diesen Sicher- telbar vor dem Beginn des Gipfels. Spannend ist es, an- heitszonen heraus. Das heißt, sie muss sich in diesen hand dieser Aufnahmen festzustellen, was sich in der Zonen befinden. Für den Objektschutz eines Kranken- Zwischenzeit verändert hat. Das halte ich für einen kor- hauses durch die Bundeswehr, in dem zwar die Bundes- rekten Auftrag. wehr während des Gipfels teilweise das Hausrecht hatte, das aber nicht zur militärischen Sicherheitszone erklärt (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sehr wurde, erkenne ich keine eindeutige Rechtsgrundlage. richtig!) Deshalb halte ich auch dies für einen Fehler. Aus diesem korrekten Auftrag mit zwei Flügen wurden Lassen Sie mich zum Schluss sehr offen reden: Die dann allerdings sieben Flüge. Statt Aufklärung aus ver- Öffentlichkeit und wir alle wissen ja, dass in der Großen nünftiger Höhe, die es der Bundeswehr gestattet, sich dis- Koalition auch unterschiedliche Positionen vorhanden kret zurückzuhalten, gab es einen Tiefflug, der außerdem sind. Das gilt verstärkt in der Frage, ob die Bundeswehr auch noch luftrechtlich zu beanstanden ist. Und vor allen zunehmend Polizeiaufgaben übernehmen soll, ob Inne- res und Äußeres verschmolzen werden sollen. Die Bun- Dingen gab es – das ist für mich das Gravierendste – nicht deskanzlerin hat sich vor wenigen Tagen dazu geäußert, nur Aufklärung im breiten Gelände, sondern es wurden dass es normal ist, wenn es in einer Koalition unter- gezielt Aufnahmen der aufwachsenden Camps der De- schiedliche Grundpositionen gibt. Aber gerade weil wir monstranten gemacht. Das hat der Minister nicht geneh- Sozialdemokraten dafür stehen, dass die Bundeswehr migt; das wurde aber gemacht. Deshalb ist das nicht in keine Polizeiaufgaben übernimmt, ist das für uns natür- (B) Ordnung. Der Minister tut gut daran – das hat er auch an- (D) lich ein hochsensibles Thema. Um es deutlich zu sagen: gekündigt –, in seinem Haus dafür zu sorgen, dass sich so Wir wollen und werden auch in Zukunft nicht zulassen, etwas nicht wiederholt. dass Art. 35 Abs. 1 unserer Verfassung auch nur ein Der zweite Vorgang ist: Der Einsatz der Fennek- Stück weit gedehnt wird und möglicherweise schlei- Spähpanzer bei internationalen Großereignissen besitzt chende Prozesse eintreten. schon ein Stück weit eine neue Qualität. Ich halte ihn Deshalb sollten wir miteinander in dieser Koalition deshalb für problematisch, weil die Fenneks selbst ja dafür sorgen, dass die Spielregeln noch einmal deutlich nicht über Speichermedien für ihre Daten verfügen, son- gemacht werden, auch für die Landesinnenminister, die dern ihre Aufklärung nur dann Sinn macht, wenn sie in dieser Hinsicht erst gar keine Forderungen stellen dür- zeitgleich mit den Aufklärungsmitteln der Polizei über fen, die wir nicht erfüllen wollen. Das Klarmachen der Funk verknüpft wird. Spielregeln kann dazu beitragen, dass einzelne Fehler, die von einigen, die Entscheidungen getroffen haben, (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/ objektiv gemacht wurden, in Zukunft vermieden werden DIE GRÜNEN]: Satellitentelefone!) können. Das heißt, die Fenneks sind in ein Aufklärungssystem Herzlichen Dank. der Polizei eingebunden. Ich glaube, dass diese Schnitt- stelle zu nahe bei der Polizei lag und es besser gewesen (Beifall bei der SPD) wäre, dieses Amtshilfeersuchen abzulehnen. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Nächste Rednerin ist die Kollegin Ulla Jelpke für die DIE GRÜNEN – Clemens Binninger [CDU/ Fraktion Die Linke. CSU]: Was wäre die Alternative?) (Beifall bei der LINKEN) – Die Alternative? Das ist eine gute Frage, Herr Kollege. Heute Morgen hat ein Kollege von Ihnen im Verteidi- Ulla Jelpke (DIE LINKE): gungsausschuss gesagt: Die Fenneks waren nur deshalb Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! so wichtig, weil sie 1 000 Polizisten ersetzt haben. Das Herr Staatssekretär Schmidt, wenn Sie hier schon den ist keine ausreichende Legitimation für Amtshilfe. Die Vorwurf erheben, dass Die Linke angeblich ein Amtshil- Bundeswehr ist in der Tat nicht dafür da, Polizisten ein- feersuchen mit gestellt habe, dann hätten Sie auch die zusparen. ganze Wahrheit sagen müssen. Das war nämlich ein Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11029

Ulla Jelpke (A) Alleingang des ehemaligen SPD-Innenministers von ben. Sie behauptet praktisch, dass niedere Militärbe- (C) Mecklenburg-Vorpommern, Herrn Timm, der im Übri- fehlshaber nach Gutdünken Kampfflugzeuge gegen De- gen zu einer heftigen Auseinandersetzung in der Koali- monstranten einsetzen konnten, wenn ebenso niedere tion geführt hat. Um das noch einmal ganz deutlich zu Polizeichargen sie am Telefon darum gebeten hätten. sagen: Wenn wir das gewusst hätten, wäre dieser Antrag Wer’s glaubt, wird selig! Ich glaube wirklich kein Wort, keineswegs mit unseren Stimmen durchgekommen. das diese Regierung hier von sich gibt. Dieses Spiel wird die Linksfraktion jedenfalls nicht mitmachen. (Beifall bei der LINKEN – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sie haben es doch gewusst! – (Beifall bei der LINKEN) Jürgen Herrmann [CDU/CSU]: Da muss man auch mal Konsequenzen ziehen!) Die Bundesregierung selbst gibt zu, dass die einzig denkbare Rechtsgrundlage Art. 35 Abs. 1 des Grundge- Ihr Vorwurf passt im Übrigen zu dem, was die Bun- setzes wäre, also eine technisch-logistische Amtshilfe. desregierung hier seit Wochen tut, nämlich den Bundes- Sie behauptet, die Grenze zwischen Amtshilfe und Ein- wehreinsatz beim Gipfel zu verschleiern. Es soll ver- satz sei eingehalten worden, weil die Bundeswehr nur tuscht werden, dass hier ein massiver Verfassungsbruch geholfen habe, aber nicht selbst hoheitliche Aufgaben stattgefunden hat. Das ist in einigen Reden schon sehr übernommen habe. Aber diese Rechtsauffassung ist nach deutlich geworden. meiner Meinung falsch. Es kommt nicht darauf an, ob In der Antwort auf eine Kleine Anfrage von mir hat die Bundeswehr selbst hoheitlich tätig wird und zum die Bundesregierung noch Ende April den Eindruck er- Beispiel Demonstrationszüge aufhält. Es genügt, wenn weckt, sie werde nur in der zweiten Reihe stehen und un- sie die Polizei in die Lage versetzt, ihrerseits unmittelbar auffällig Hilfeleistung erbringen, ähnlich wie bei der hoheitlich tätig zu werden, also Zwangsmittel einzuset- Fußballweltmeisterschaft. Kein Wort von Spähpanzern zen. oder Tornados, und das, obwohl die entsprechenden Genau das ist geschehen. Bundeswehrhubschrauber Amtshilfeersuchen bereits gestellt bzw. genehmigt wa- und Marineboote haben Polizisten zu ihren Einsatzorten ren. gebracht. Spähpanzer und Flugzeuge haben nach De- Noch etwas: In den Antworten auf entsprechende An- monstrationen Ausschau gehalten und der Polizei die fragen war immer die Rede davon, dass 1 100 Soldaten entsprechenden Bilder übergeben, damit diese dann tätig im Einsatz sein würden. Tatsächlich waren es 2 450, da- wird. Das ist keine Amtshilfe mehr, sondern ein regel- von 641 zum Teil schwerbewaffnete Feldjäger mit G36- rechter Militäreinsatz. Maschinengewehren, wie sie in Afghanistan benutzt (Beifall bei der LINKEN) werden. Die Kommandanten der Spähpanzer waren mit (B) Pistolen bewaffnet. Das können wir alles beweisen. Das sagen auch renommierte Juristen wie etwa Herr (D) Khan, Völkerrechtler der Universität der Bundeswehr in (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Lieber München. Er sagte schon am 13. Juni, dass die Verfas- nicht! – Jürgen Herrmann [CDU/CSU]: Das sung einen solchen Einsatz nicht deckt. gehört bei Soldaten dazu!) Die Bundesregierung setzt offenbar darauf, Fakten zu Auch das wurde bisher verschwiegen. Was wäre wohl schaffen und per Salamitaktik eine Militarisierung in der passiert, wenn sich Demonstranten diesen Panzern genä- Innenpolitik zu erreichen. Die Bundeskanzlerin und wei- hert hätten? tere Unionspolitiker wollen den Verfassungsbruch vere- Die Tornado-Flüge wurden wochenlang geleugnet. wigen und fordern schon weitere Bundeswehreinsätze. Heute ist klar – Entschuldigung hin oder her –: Die Pro- testcamps wurden systematisch ausspioniert. Die Bun- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: desregierung behauptet, diese Bilder seien nicht zu iden- Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss. tifizieren. Aber ich habe Kopien von diesen Bildern gesehen. Es fehlt nicht viel, dass man auf diesen Kopien sehr deutlich einzelne Gesichter voneinander unterschei- Ulla Jelpke (DIE LINKE): den kann. Dass Personen auf den Bildern nicht identifi- Mein letzter Satz: Sich dem entgegenzustemmen, ziert werden könnten, ist also eine weitere Unwahrheit, müsste Aufgabe des gesamten Parlaments sein. die sich in viele Unwahrheiten einreiht, die wir hier be- Danke schön. reits gehört haben (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten (Beifall bei der LINKEN) des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) und die von der Bundesregierung in Antworten auf An- fragen niedergeschrieben wurden. Ich glaube der Regie- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: rung einfach nicht, wenn sie sagt, dass diese ominösen Nun erteile ich für die CDU/CSU-Fraktion das Wort Tiefflüge, zum Beispiel über den Camps, rein zufällig dem Kollegen Ulrich Adam. stattgefunden haben. (Beifall bei der CDU/CSU) Liebe Kolleginnen und Kollegen, im offiziellen Be- richt steht, die Luftbilder des Camps Reddelich und Wichmannsdorf wurden ausschließlich im Auftrag der Ulrich Adam (CDU/CSU): BAO Kavala gefertigt. Die Bundesregierung behauptet Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol- nun, von den zusätzlichen Flügen nichts gewusst zu ha- legen! Meine Damen und Herren! Die von den Grünen 11030 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Ulrich Adam (A) verlangte Aktuelle Stunde geht völlig an den Tatsachen des Flugplatzes Laage sowie die Versorgung mit Be- (C) vorbei. triebsstoffen und Gerät. (Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wie anders als durch die Tornado-Aufklärung hätten Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Bodenveränderungen festgestellt werden sollen? NEN]: Ach ja!) (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sehr Die von der Bundeswehr erbrachten Leistungen während richtig!) des Gipfels sind und waren nach Art. 35 Abs. 1 des Grundgesetzes rechtmäßig. Dies hat insbesondere der Bereits bei den vergangenen Flutkatastrophen wurden schon erwähnte detaillierte Bericht am heutigen Morgen hierzu Tornados erfolgreich eingesetzt. Um Veränderun- im Verteidigungsausschuss gezeigt. gen festzustellen, musste man mindestens zweimal flie- gen. Von den sieben durchgeführten Flügen waren ledig- Die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung kön- lich drei erfolgreich. Die anderen wurden wegen nen neben der erfolgreichen Ratspräsidentschaft auch ei- technischer Schwierigkeiten abgebrochen bzw. waren nen ebenso erfolgreichen G-8-Gipfel in Heiligendamm aufgrund der Witterung nicht möglich. Lediglich beim verbuchen. Die Ministerin Wieczorek-Zeul hat das Er- Flug am 5. Juni – das wurde schon gesagt – wurde die gebnis als Erfolg für die Menschen in Afrika bezeichnet. Mindestflughöhe von 500 Fuß für eine Minute und Im Bereich der Klimapolitik wird der Kollege Gabriel 22 Sekunden unterschritten – auch dies nur aufgrund der auf die Einsichten der USA, dass eine aktive Klimapoli- Witterung. Dennoch wird diese Abweichung natürlich tik notwendig ist, aufbauen können. Die Einigung der untersucht und gegebenenfalls zu Disziplinarmaßnah- wichtigsten Industriestaaten ist ein richtungsweisendes men führen. Signal für die Stärkung der Klimapolitik im Rahmen der Vereinten Nationen, so der Umweltminister nach dem Aufgrund der massiven Gewalt zu Beginn des Gipfels Gipfel. und der fortgesetzten Störungen hat sich das Konzept je- doch nicht nur als notwendig erwiesen; es war auch in Wir sind uns doch sicherlich alle dessen bewusst, dass keiner Weise überzogen. Der professionelle Einsatz des ein derartiger Gipfel mit seiner notwendigen Logistik schwarzen Blocks hat gezeigt, dass eine große Anzahl und Sicherheit nicht binnen weniger Wochen geplant von Polizeibeamten erforderlich war. Diese Gewalttäter und durchgeführt werden kann. hatten systematisch Steine und anderes Material gesam- (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- melt. Ihr Ziel waren Gewalt und die Verletzung von Poli- NEN]: Das sagt doch auch niemand!) zisten. Selbst vor friedlichen Demonstranten machten sie bei ihren Gewaltexzessen keinen Halt. (B) Es wurde schon erwähnt, dass es die ehemalige rot-rote (D) Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern war, (Zuruf von der CDU/CSU: Das hat doch wohl die das Amtshilfeersuchen gestellt hat. jeder gesehen!) (Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Der Innenminister, Wie positiv der Gipfel von den Menschen in und um von der SPD!) Heiligendamm aufgenommen wurde, zeigt unter ande- rem die spontane Versorgung von Polizeieinheiten mit Die Behauptung, dass die Linke, die damals noch PDS Kuchen. hieß, davon nichts gewusst habe, ist schlicht Unsinn. Denn die damalige Landesregierung hat finanzielle Mit- Abschließend möchte ich der Bundeskanzlerin für tel für den Gipfel eingestellt; das ist nun einmal erwie- ihre unermüdlichen Bemühungen, diesen Gipfel zum Er- sen. Deswegen kann man sich jetzt nicht hier hinstellen folg zu führen, danken. Landesinnenminister Caffier und so tun, als hätte man nichts gewusst. danke ich für die gute Vorbereitung und das konsequente (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Dagmar Handeln zur Erhaltung des sicheren Ablaufs des Gipfels Enkelmann [DIE LINKE]: Das hat mit dem in Heiligendamm. Bundeswehreinsatz nichts zu tun!) (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE Natürlich haben die Planer auch die Erfahrungen ver- GRÜNEN]: Unglaublich!) gangener Gipfel einfließen lassen. Zu den notwendigen Den vielen ungenannten Polizistinnen und Polizisten, Vorbereitungen gehörten die sanitätsdienstliche Versor- Soldatinnen und Soldaten, Helfern vom DRK, THW und gung der eingesetzten Polizisten und Helfer sowie die von der Feuerwehr sowie allen zivilen Helfern danke ich Gewinnung von Aufklärungsdaten durch die Polizei. für die geleistete Arbeit. Ohne sie wäre dieser G-8-Gip- Angesichts der Tatsache, dass die benötigten Mittel in fel weder möglich noch ein Erfolg geworden. Deutschland und Europa bei keiner Polizei vorhanden sind, lag es natürlich nahe, ein Amtshilfeersuchen in gro- Vielen Dank. ßem Umfang an das Verteidigungsministerium zu rich- ten. (Beifall bei der CDU/CSU) Angefragt und bereitgestellt wurden: Unterbringung und Verpflegung, Personentransport mit Hubschraubern Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: und Seetransport, medizinische Betreuung, Aufklärungs- Nächster Redner ist nun der Kollege Wolfgang und Radartechnik sowie Aufklärungsflüge, die Nutzung Wieland für die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11031

(A) Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Problems. Dass die Camps überhaupt systematisch aus- (C) Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich weiß gespäht und erfasst wurden, ist doch infrage zu stellen, nicht, ob jemand hier im Saal noch weiß, wer Willi auch wenn es aus der zulässigen Mindestflughöhe von Weyer war – vielleicht Frau Piltz. Er war einmal Innen- 400 Metern geschah. Darüber muss man doch genauso minister in Nordrhein-Westfalen. Von ihm ist der schöne reden. Ohne diesen Ausrutscher wäre das Ganze nicht Satz überliefert – das war zu Beginn der Zeit des Terrors besser gewesen. der RAF –: „Wir müssen die Bürger an Polizisten mit Maschinenpistolen so wie an das Steuernzahlen gewöh- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) nen.“ Was jetzt in Heiligendamm geschehen ist, erinnert Das Ganze geht noch weiter – Schäubles Virus ist of- mich an diese Melodie: Wir müssen die Bürgerinnen und fenbar ansteckend –: Der Bundeskanzlerin fiel auf die Bürger insbesondere bei Großereignissen an den Einsatz Frage, was an ihrem Grundsatzprogramm noch konser- der Bundeswehr so wie an das Steuernzahlen gewöhnen. vativ sei, ein: Dass wir den Bundeswehreinsatz im In- Was insbesondere der Bundesinnenminister, der uns nern wollen. Ein gewisser Herr Schünemann, Innen- alle seit Monaten mit seiner – wie Kollege Edathy sagte – minister in Niedersachsen, sagte vorgestern Obsession hinsichtlich des Einsatzes der Bundeswehr im (Zurufe von der CDU/CSU: Guter Mann!) Inneren genervt hat, bisher nicht durch eine Grund- gesetzänderung oder einzelgesetzlich erreicht hat, soll – lassen Sie sich den folgenden Satz einmal auf der jetzt offenbar durch die normative Kraft des Faktischen Zunge zergehen –: erzielt werden. Was im Ausland für die Bundeswehr möglich ist, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN muss auch im eigenen Land möglich sein. und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN) In Heiligendamm hat man dafür schon einmal geübt. Das ist doch die Realität. So sehe ich das. Von uns erwartet man, dass wir das alles, was hier ge- schehen ist, für Zufall halten, geboren aus einem Amts- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hilfebedürfnis des Innenministers von Mecklenburg- sowie bei Abgeordneten der FDP) Vorpommern, den – bei allem Respekt – vor dem Gipfel in Heiligendamm nun wahrlich niemand kannte. Hier ist Herr Schäuble hat gestern im Rahmen der vom „Han- eine gezielte Strategie angewendet worden. delsblatt“ veranstalteten Sicherheitskonferenz gesagt – ich habe meinen Augen nicht getraut, als ich das gele- (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- sen habe –, die Unterscheidung zwischen Völkerrecht im SES 90/DIE GRÜNEN) Frieden und Völkerrecht im Krieg passe nicht mehr auf (B) (D) die neuen Bedrohungen. Man müsse auch die Frage nach Kollege Arnold hat die kritischen Punkte aufgezählt. der Eliminierung von Topterroristen wie Osama Bin Auch der Hubschraubereinsatz gehört nach unserer Mei- Laden stellen. Wörtlich sagte er: „Alte Formen der klas- nung zu den klärungsbedürftigen Punkten. Man muss sischen Unterscheidungen“ von Krieg und Frieden seien wirklich deutlich sagen: Wenn die Bundeswehr bisher nicht länger haltbar. – Was soll denn das heißen? Er will bei Großereignissen eingesetzt wurde, haben wir von ei- nicht nur – wie bisher – den Unterschied zwischen Mili- nem Agieren hinter den Kulissen gesprochen. Wir Grü- tär und Polizei einebnen; er will auch gleich den Unter- nen haben zur Fußballweltmeisterschaft gesagt: Wir schied zwischen Krieg und Frieden einebnen. Dazu sage schlucken sogar den Einsatz der AWACS, wenn dies ich ganz bewusst: Einen solchen Quatsch habe ich in denn einen Sinn macht, wenn mit ihnen aufgeklärt wer- diesem Land das letzte Mal von Gefangenen aus der den kann, ob Raketen auf Stadien gerichtet sind. Das war RAF gehört, die uns erzählen wollten, dass in den Me- aber etwas anderes als das, was in Heiligendamm ge- tropolen Krieg herrsche, sie Kriegsgefangene seien und schehen ist. Hier war die Bundeswehr integraler Be- nach der Genfer Konvention zu behandeln seien. standteil der staatlichen Machtausübung. So ist sie auf- getreten. Das sollte so sein, und das lehnen wir auf das (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Schärfste ab. Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sie verglei- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN chen den Innenminister mit der RAF? Sind Sie sowie bei Abgeordneten der LINKEN) denn noch zu retten?) Wir fragen auch hier nach der Beteiligung des Bun- Wo soll das denn hinführen? Dann haben wir permanent destages. Wenn die Bundeswehr zehn Militärbeobachter den Kriegszustand, Herr Binninger. Gerade Sie als Ex- nach Afrika entsendet, dann wird im Bundestag zu Recht polizist müssten am schärfsten widersprechen. darüber debattiert und zu Recht in der Regel namentlich (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN darüber abgestimmt. Aber was ist, wenn die Bundeswehr sowie bei Abgeordneten der LINKEN – im Inneren eingesetzt wird? Und das war ohne jede Clemens Binninger [CDU/CSU]: Ich wider- Frage ein Einsatz! spreche Ihnen!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Schwarze Blöcke, von denen Ihr Kollege gesprochen Ich fand es sehr ehrenwert, dass sich der Herr Staats- hat, sind eine Aufgabe für eine professionelle Polizei sekretär hier für das eine Flugzeug, das zu tief geflogen und nicht für das Militär. Ein solches Denken, das alle ist, entschuldigt hat. Für uns ist das aber nur ein Teil des Begriffe verwischt und alle Grenzen einreißt, führt nach 11032 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Wolfgang Wieland (A) Guantánamo. Das wollen wir aber nicht. Dazu muss man und dann muss auch die Öffentlichkeit darüber infor- (C) scharf Nein sagen. miert werden. Denn hierbei handelt es sich nicht um ei- nen einzelnen Polizisten, der eine Straße überwacht. Tor- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nados sind ein militärisches Mittel und werden auch so sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des wahrgenommen. Im Übrigen erfordert es großen Auf- Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos]) wand, sie einzusetzen. Hier beziehe ich mich nicht da- rauf, dass die Kosten so hoch sind, sondern darauf, dass Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: wir nur ein einziges Geschwader haben, das über diese Nun hat das Wort der Kollege Hans-Peter Bartels für Fähigkeiten verfügt, die, wie wir sehen, bei militärischen die SPD-Fraktion. Einsätzen im Ausland sehr gefragt sind. Wenn ein solcher Einsatz im Inland notwendig ist, Dr. Hans-Peter Bartels (SPD): handelt es sich um keine Kleinigkeit. Darüber muss der Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Damit Minister Bescheid wissen, und er muss ihn genehmigen. wir nicht die Maßstäbe verlieren, will ich nicht bei Wenn der Einsatz stattgefunden hat, muss ihm das ge- Guantánamo anknüpfen. Ich will eine Vorbemerkung meldet werden. Herr Staatssekretär, die Informationen, machen: Dass alles gut gegangen ist – unter Sicherheits- die wir heute im Verteidigungsausschuss bekommen ha- aspekten ist der Gipfel letztlich gut abgelaufen; die Pro- ben, fand ich sehr umfassend, sehr korrekt und auch hin- bleme, die man im Vorfeld erkannt hat, konnte man im sichtlich der Punkte, die für die Führung des Ministe- Griff behalten –, ist auch denjenigen zu verdanken, die riums unangenehm sein können, offen im Umgang. Wir für die innere Sicherheit verantwortlich waren. Das wa- haben dem Bericht entnommen, dass Defizite abgestellt ren in erster Linie die Polizeibeamtinnen und Polizei- werden müssen. Die Befehls- und Meldewege im Vertei- beamten, digungsministerium müssen klar sein. Ich habe keinen (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Zweifel daran, dass das jetzt in Angriff genommen wird. CDU/CSU) (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Das hat aber auch diejenigen, die diese Arbeit im Wege der nichts mit der Verfassung zu tun!) Amtshilfe – das war nicht nur die Bundeswehr – unter- – Das hat nichts mit der Verfassung zu tun, sondern mit stützt haben. der konkreten Ausgestaltung von Abläufen im Ministe- (Beifall bei der CDU/CSU) rium. Hier wurde angesprochen, Eurofighter und Phantom Das Problem ist doch, dass Sicherheit nicht selbstver- seien eingesetzt worden. Das ist ein ganz anderer Punkt. (B) ständlich ist in einer Zeit, in der Terroristen jeden Bürger (D) Dabei handelt es sich um die Dauereinsatzaufgabe „Si- bedrohen können – das haben wir jetzt wieder in Eng- cherung des deutschen Luftraums“, den die Luftwaffe land gesehen –, sie selbstverständlich auch solche Ereig- immer hat. Wenn solche Großereignisse stattfinden, wird nisse stören können und es gewaltbereite Autonome etwas mehr getan als im Normalfall. Aber es sind die gibt, wie sie sich auch in Heiligendamm bemerkbar ge- gleichen Alarmrotten; es ist die gleiche Einsatzphiloso- macht haben. Insofern war nicht alles paletti und ganz phie. Es fliegen Flugzeuge über den deutschen Luftraum, einfach. Diese schwierige Lage musste man im Griff ha- die die Sicherheit – das Airpolicing, wie man sagt – ge- ben. währleisten sollen; natürlich auch in einem solchen Fall. Nun komme ich zu dem, über das wir als Parlament Es wäre aberwitzig, wenn die Luftwaffe diese Aufgabe diskutieren müssen. Wo sonst sollen wir darüber reden, gerade dann nicht übernehmen würde oder könnte. wie die staatlichen Instrumente eingesetzt werden und in Zum Tornado-Überflug über das Camp, unabhängig welchem Verhältnis sie zueinander stehen? Amtshilfe ist davon, ob er gemeldet war oder nicht: Dass ein Tornado prinzipiell absolut richtig. Rainer Arnold hat darauf hin- im Tiefflug über ein Camp mit Demonstranten brettert, gewiesen, dass wir in fast allen Fällen kein Problem da- ist nicht akzeptabel. Das hätte sicher auch nicht geneh- mit haben. Aber wir haben ein Problem damit, dass zur migt werden können, wenn es so beantragt worden wäre. Absicherung des Hausrechts Feldjäger eingesetzt wer- Es ist ja nicht genehmigt worden. Offenbar geschah dies den. Das ist nicht deren Job. Feldjäger sind zur Absiche- auf dem kleinen Dienstweg. Dann gab es vielleicht noch rung militärischer Sicherheitsbereiche da. Für das Haus- ein besonderes Engagement des Piloten, das aber so recht ist zunächst einmal der Hausherr zuständig und nicht akzeptabel ist. Demonstrationscamps müssen nicht dann, wenn das nicht reicht, die Polizei. Das kann nicht fotografiert werden, und man muss sie auch nicht zur die Bundeswehr machen. Demonstration möglicher Macht überfliegen. Das kann Zwei Tornado-Einsätze wurden beantragt und sind ge- man einfach abstellen. Ich habe dem Bericht auch ent- nehmigt worden. Das ist korrekt; das finden wir in Ord- nommen, dass in diesem Zusammenhang disziplinäre nung. Mit den Aufklärungsmitteln, die die Bundeswehr Ermittlungen eingeleitet worden sind. hat, also mit den Tornados, kann man Veränderungen im (Zuruf von der CDU/CSU: Völlig korrekt!) Straßenbild erkennen und daraus Schlüsse ziehen, ob es Manipulationen gegeben hat, die möglicherweise Ge- Das ist richtig. Genau so muss man mit solchen Fällen fährdungen mit sich bringen. Dass dann sieben Flüge umgehen, wenn sie bekannt werden. Das Ministerium stattgefunden haben, mag ja erklärlich sein. Aber man hat jetzt die Entscheidung getroffen, dass es bekannt muss diese beantragen, sie müssen genehmigt werden, wird. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11033

Dr. Hans-Peter Bartels (A) Letzter Punkt. Wir können diese Debatte nicht im (Beifall bei der CDU/CSU – Silke Stokar von (C) luftleeren Raum führen, sondern es geht immer darum, Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: dass wir klarmachen, wo die Grenzen sind. Wir wollen Gleich dreht sich mir der Magen um! – Zuruf nicht, dass Fakten geschaffen werden, dass schleichend der Abg. Ulla Jelpke [DIE LINKE]) etwas verändert wird, das sich bewährt hat. Bewährt hat sich die Arbeitsteilung bezüglich der Aufgaben der Poli- – Möglicherweise waren Sie dabei, Frau Jelpke; das ha- zei im Inland und der Aufgaben, die die Bundeswehr in ben Sie selbst zu verantworten. anderen Fällen im Ausland und in Amtshilfe – das ist Eine Bemerkung am Rande: Die Veranstalter solcher klar definiert – im Inland ausüben kann. An dieser klaren Großdemonstrationen – Frau Jelpke, das sollten Sie viel- Aufgabenteilung halten wir fest. leicht weitergeben – sollten aus den Vorkommnissen ge- Schönen Dank. lernt haben, sich künftig inhaltlich wie räumlich deutlich von den Chaoten zu distanzieren. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Vom Fehlen einer verfassungsrechtlichen Grundlage für den Bundeswehreinsatz kann keine Rede sein. Art. 35 Abs. 1 des Grundgesetzes ist insoweit eindeutig. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun das Wort der gegenseitig Rechts- und Amtshilfe. Das allein zustän- Kollege Helmut Brandt. dige Innenministerium des Landes Mecklenburg-Vor- (Beifall bei der CDU/CSU) pommern hat diese Amtshilfe auf der Grundlage von Art. 35 Abs. 1 des Grundgesetzes erbeten und sie im Helmut Brandt (CDU/CSU): Rahmen der vom Bundesverfassungsgericht gemachten Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen Vorgaben erhalten. Dies gilt nicht nur für die logisti- und Kollegen! Über den G-8-Gipfel zu diskutieren, schen Hilfestellungen, sondern auch für den Einsatz des heißt, zunächst herauszustellen, dass der Gipfel erstens gepanzerten Aufklärungssystems Fennek sowie für die durch den außerordentlichen Einsatz und das Geschick Aufklärungsflüge mit Tornado-Flugzeugen. Beide Sys- der Bundeskanzlerin zum Erfolg geführt wurde und dass teme waren unbewaffnet. Sie wurden ausschließlich zur zweitens den Chaoten, die die friedlichen Demonstratio- Unterstützung der polizeilichen Arbeit vor Ort genutzt, nen für ihre Zwecke missbraucht haben, durch den er- da die technische Ausstattung der Polizei insoweit nicht folgreichen Einsatz der Polizei Einhalt geboten wurde. ausreicht bzw. eine solche Ausstattung nicht vorhanden ist. (Beifall bei der CDU/CSU) (B) Zudem kamen Tornado-Flugzeuge auch in Gleneagles (D) Unser Dank dafür gilt an erster Stelle der Bundeskanzle- mit dem gleichen Auftrag zum Einsatz. Die damals rin bzw. der Bundesregierung insgesamt, aber auch allen gewonnenen Erkenntnisse wurden vom Land Mecklen- während des Gipfels eingesetzten Sicherheitskräften. burg-Vorpommern zum Anlass genommen, diese Auf- Nun wurde vonseiten der Fraktion des Bündnisses 90/ klärungsmittel zur Sicherung des G-8-Gipfels in Heili- Die Grünen eine Aktuelle Stunde mit den Behauptungen gendamm ebenfalls in Anspruch zu nehmen. Eine solche verlangt, es sei Kritik am Fehlen der verfassungsrechtli- Amtshilfe ist von Art. 35 Abs. 1 des Grundgesetzes ein- chen Grundlagen für den Einsatz der Bundeswehr gegen deutig gedeckt. die Demonstrantinnen und Demonstranten zu üben, und (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sehr es gebe hierzu widersprüchliche Aussagen der Bundes- richtig!) regierung gegenüber dem Bundestag. Meine Damen und Herren, bei vielen Großeinsätzen, (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- beispielsweise beim Papstbesuch oder beim Weltjugend- NEN]: Ja! Das ist auch so!) tag, werden vergleichbare Amtshilfen in Anspruch ge- Zunächst weise ich die Formulierung, der Einsatz nommen. In diesen Fällen würde niemand die Behaup- habe sich gegen die Demonstrantinnen und Demonstran- tung aufstellen wollen, dass von den dort versammelten ten gerichtet, entschieden zurück. Jugendlichen oder gar vom Papst eine Gefahr ausginge. Die Aufklärung ist in diesen Fällen nur erforderlich, um (Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Gegen wen denn von außen einwirkende Störer zu erkennen und entspre- sonst? – Silke Stokar von Neuforn [BÜND- chende Handlungen zu unterbinden. Wenn diese Aufklä- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Gegen wen denn? rungsarbeit bei Veranstaltungen rechtens ist, von denen Etwa gegen die Kühe?) selbst keine Gefahr ausgeht, dann müssen diese Einsätze – Frau Jelpke, der Einsatz aller Sicherheitskräfte ein- doch erst recht gerechtfertigt sein, wenn von der Veran- schließlich der in Amtshilfe handelnden Bundeswehr staltung selbst, beispielsweise durch Missbrauch des De- diente allein der Sicherheit des Gipfels und der Sicher- monstrationsrechts, Gefahren ausgehen. Dann muss das heit der Demonstrantinnen und Demonstranten. Er doch erst recht gelten. diente ausschließlich der Gewährleistung des Versamm- (Beifall bei der CDU/CSU) lungsrechts sowie des Demonstrationsrechts und richtete sich gegen die Rechtsbrecher, die sich unter die De- Mithin frage ich die Antragsteller dieser Aktuellen monstrantinnen und Demonstranten gemischt hatten – Stunde, weshalb dies ihrer Auffassung nach ausgerech- sonst gar nichts. net in diesem Fall nicht so sein sollte. 11034 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Helmut Brandt (A) Anders als sich der Kollege Wiefelspütz – leider ist er jederzeit in der Lage ist, Aufklärung zu betreiben, ohne (C) heute nicht da – im Innenausschusse geäußert hat, bin Hilfsmittel der Bundeswehr einzusetzen. ich nicht der Auffassung, dass der eine Tiefflug eine Zwangswirkung auf die Demonstranten hatte. Jedenfalls (Beifall der Abg. Silke Stokar von Neuforn war eine solche Wirkung nicht beabsichtigt. Heute ist [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) dieser Vorfall auch entschuldigt worden. Dazu ist die Bundespolizei sehr wohl in der Lage: Sie Mithin gilt: Veranlasser des Bundeswehreinsatzes war verfügt über Hubschrauber, die sogar mit Wärmebild- das Land Mecklenburg-Vorpommern. Der Einsatz findet kameras ausgerüstet sind und jederzeit, bei Tage und bei seine verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 35 Abs. 1 Nacht, Aufklärungsergebnisse liefern können. Auch an- des Grundgesetzes. Er war rechtens, notwendig und an- dere Aufklärung, auf dem Lande nämlich, durch Polizei- gemessen. kräfte, die man mit Nachtsichtgeräten ausrüsten kann, ist durchaus möglich und erbringt beste Aufklärungsergeb- (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nisse, die in die polizeiliche Lagebeurteilung einfließen. NEN]: Alles nicht! – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da war nichts (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE mehr verhältnismäßig! Gar nichts!) GRÜNEN]: Die können auch Grenzen über- wachen, auch nachts!) Zum Schluss möchte ich noch auf die Behauptung All das hätte man machen können und aus meiner Sicht eingehen, die Bundesregierung habe unterschiedliche machen müssen. Ich kann nicht verstehen, weshalb extra Auskünfte erteilt. Heute ist mehrfach deutlich geworden, zu diesem Zwecke die Bundeswehr eingesetzt worden dass die Bundesregierung stets offen und vollständig in- ist. Da liegt natürlich eines nahe: dass man es in gewis- formiert hat, sogar noch in der heutigen Sitzung des Ver- ser Weise testen wollte, die Bundeswehr mit ihren Flug- teidigungsausschusses. Es ist bedauerlich, dass die zeugen die Aufklärungsarbeit machen zu lassen. Durchführung eines Treffens von demokratisch gewähl- ten Staatsführern heutzutage offensichtlich nur noch mit (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- solch immensem personellen und sachlichen Aufwand NEN]: Genau!) gewährleistet werden kann. Der Erfolg des G-8-Gipfels und der Beweis dafür, dass unser demokratischer Soweit ich aus den Berichten weiß, sind die beiden Rechtsstaat nicht erpressbar ist, haben diesen Einsatz ge- Flüge vor Beginn des Gipfels beantragt und auch so ge- rechtfertigt. nehmigt worden, wegen der Geländebeschaffenheit und Ähnlichem. Die Dinge, die geschehen sind, als das Ich danke Ihnen. Camp belegt war, sind keineswegs genehmigt worden, sondern in eigener Zuständigkeit durchgeführt worden – (B) (Beifall bei der CDU/CSU) (D) wer das im Einzelnen zu verantworten hatte, wird noch zu prüfen sein; derjenige wird sich dafür sicherlich noch Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: zu verantworten haben. Insgesamt war dieser Einsatz Das Wort hat nun der Kollege Wolfgang Gunkel für nach meiner Einschätzung nicht erforderlich, und das die SPD-Fraktion. Land Mecklenburg-Vorpommern hätte – das hat es schließlich und endlich auch bewiesen – diesen Einsatz (Beifall bei der SPD) auch ohne die Hilfe der Bundeswehr in dieser Form durchführen können. Wolfgang Gunkel (SPD): Meine Damen und Herren! Nachdem hier über den Wer hier immer wieder Amtshilfe reklamiert, weiß Einsatz der Bundeswehr beim G-8-Gipfel schon reich- genau, dass es bei der Amtshilfe rechtlich so ist, dass sie lich debattiert worden ist, will ich doch noch einmal ei- nicht nur vom Anfordernden zu prüfen ist, sondern auch nen Blick darauf richten, welche Möglichkeiten die Poli- von demjenigen, der sie leistet. Da spielt der Grundsatz zeikräfte haben. Ich will damit darstellen, dass hier der Verhältnismäßigkeit eine wesentliche Rolle. keineswegs ein polizeilicher Notstand oder Ähnliches (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- vorlag. SES 90/DIE GRÜNEN) (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE Im Polizeirecht und in den rechtlichen Gegebenheiten, GRÜNEN]: Die können ja nicht einmal eine die für derartige Einsätze gelten, hat das Verfassungs- Demo aufklären!) rang. Ich glaube, das ist bei der Durchführung dieses – Ich will ja gerade darstellen, was für Möglichkeiten es Einsatzes vergessen worden; denn es ist nicht verhältnis- gibt. Lassen Sie mich das bitte in aller Ruhe machen, mäßig, wenn man im Tiefflug über Menschen hinweg- Frau Stokar; dann kommen wir vielleicht zu dem, was fliegt zu einem Zweck, der für denjenigen, der davon be- Sie gerne hören möchten! troffen ist, nicht ohne Weiteres zu erkennen ist. Das wäre vermeidbar gewesen; insofern glaube ich nicht, dass es (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- notwendig war. NEN]: Wir sind gespannt!) Zu dem Einsatz, den Sie immer wieder beschreiben, Zunächst einmal ist festzustellen, dass die Polizei bei ist zu sagen: Ich danke natürlich den Polizeibeamten, die Großeinsätzen aller Art – die Fußballweltmeisterschaft es trotz der Schwierigkeiten ermöglicht haben, diesen hat das bewiesen – zu Wasser, zu Lande und in der Luft Einsatz zu einem Erfolg zu machen. Das wäre aber auch Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11035

Wolfgang Gunkel (A) ohne Unterstützung der Bundeswehr möglich gewesen. Da Sie immer die Terrorismusdebatte führen, müssen (C) Angesichts dessen, was heute in der Presse steht, und Sie mir erklären, wofür die Bundeswehr sonst noch ein- wenn das Gespräch jetzt wiederum auf diesen Einsatz gesetzt werden soll, wenn nicht zu diesen Zwecken. kommt und er – jetzt auch von der Bundeskanzlerin – als (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Beim Anlass genommen wird, erneut zu fordern, die Bundes- G-8-Treffen!) wehr künftig auch im Innern einzusetzen und die klassi- sche Trennung zwischen innerer und äußerer Sicherheit – Sicher. Ich bin aber der Auffassung, dass dies in die- aufzuheben – das sei nicht mehr modern –, müssen wir sem Fall überzogen worden ist. – Ich bin der Letzte, der den Schluss ziehen: Diese Trennung ist hochmodern. diesen Gipfel gefährden wollte; das wissen Sie ganz ge- nau. Sie wissen genau, dass ich eher bereit bin, Dinge zu (Beifall bei Abgeordneten der SPD) tolerieren, die vielleicht gerade noch am Rande der Le- Das ist in der Verfassung so vorgeschrieben, und unser galität sind. Grundgesetz ist kein Gemischtwarenladen, kein Ge- (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Herr Kollege! müseladen, den man ständig neu bestücken kann. Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Oh!) (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Nicht die Das, was Sie uns verkaufen wollen, hat mit dem Rand Augen vor der Realität verschließen, Herr Kol- der Legalität aber nichts zu tun; das ist rechtswidrig. lege!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Herr Kollege Binninger, es ist doch vollkommen klar, dass das, was im Grundgesetz vorgesehen ist, durch die Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Bundeswehr geleistet werden muss; das haben wir nie Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen. infrage gestellt. (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Doch! Das Wolfgang Gunkel (SPD): tun Sie gerade, in diesem Moment!) Ich komme zum Schluss. – Diese kurze Retrospek- tive, die ich gebracht habe, dient einzig und allein dazu, Aber das, was hier gemacht wird, ist Einsatzunterstüt- eines für meine Fraktion noch einmal festzustellen: Wir zung für die Polizei, hilfsweise für die Polizei tätig wer- werden die innere und die äußere Sicherheit weiterhin den; das ist eben nicht durch Art. 35 Abs. 1 des Grund- trennen. Die innere Sicherheit ist Aufgabe der Polizei, gesetzes abgedeckt. die äußere Sicherheit ist Aufgabe der Bundeswehr. Da- bei soll es bleiben. (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Amtshilfe!) (B) Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (D) Sie wissen ganz genau – aus der Diskussion über das (Beifall bei der SPD, der FDP und dem Luftsicherheitsgesetz –, dass wir deutlich gesagt haben: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Selbstverständlich muss nach dem Urteil des Bundesver- fassungsgerichts darüber nachgedacht werden, wie man einen solchen Fall in der Verfassung absichert. Auch Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: darüber diskutieren wir mit Ihnen schon lange. Wir sind Nächster Redner ist der Kollege Gert Winkelmeier. auch bereit, mit Ihnen darüber weiter zu sprechen. Wir sind aber nicht bereit, zu akzeptieren, dass hier eine Sa- Gert Winkelmeier (fraktionslos): che unterlaufen wird, was Sie mit Amtshilfe verbrämen Frau Präsidentin! Sehr geehrten Damen und Herren! und letztendlich darauf hinausläuft, dass die Bundes- Ich möchte hier einmal dem Gebrauch des Begriffs wehr im Innern eingesetzt werden kann. Amtshilfe klar widersprechen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ (Helmut Brandt [CDU/CSU]: Aha!) DIE GRÜNEN – Helmut Brandt [CDU/CSU]: Es handelt sich hier nicht um Amtshilfe. Die Bundes- Wir wollen nicht verbrämen!) wehr wurde im Innern eingesetzt, und das war grundge- Das ist auch nicht für den Objektschutz notwendig, setzwidrig. der heute wieder eingefordert wurde. Die armen Bundes- Sie können nicht mit Art. 35 Abs. 1 Grundgesetz ar- wehrsoldaten sollen als Hiwis vor irgendwelche Objekte gumentieren. gestellt werden. Ich sage einmal: Man muss auch die Soldaten verstehen. Einige müssten sich dafür zu schade (Clemens Binninger [CDU/CSU]: Warum sein. Wenn Sie die Soldaten einmal fragen, dann werden denn nicht?) Sie erfahren, dass sie sich dafür auch zu schade sind. Die – Herr Kollege, Sie müssen weiterlesen. Sie müssen sich Bundeswehr selbst lässt ihre Objekte, die ebenfalls be- auch den Abs. 2 durchlesen. Dies sage ich auch an die droht sind, durch den zivilen Objektschutz, also durch Adresse der Zuschauer, die das zu Hause im Grundge- Privatfirmen, schützen. Andererseits soll sie aber vor öf- setz einmal nachlesen können. In Abs. 2 wird nämlich fentlichen Gebäuden stehen und dort Objektschutz be- klar geregelt, was Amtshilfe bedeutet. Amtshilfe bedeu- treiben. Ich glaube nicht, dass man das vermitteln kann. tet – ich zitiere aus dem Grundgesetz –: Das kann auch nicht Sinn und Zweck sein. Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem (Beifall der Abg. [FDP]) besonders schweren Unglücksfall kann ein Land 11036 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Gert Winkelmeier (A) Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrich- Die gebetsmühlenartigen Wiederholungen von Herrn (C) tungen anderer Verwaltungen sowie des Bundes- Schäuble, Frau Merkel, Herrn Beckstein heute und ande- grenzschutzes und der Streitkräfte anfordern. ren CDU-Ministern führen zu dem Verdacht, dass Fak- ten geschaffen und Grenzen ausgedehnt werden sollen. Herr Kollege, das ist hier klar geregelt. Sie hätten sich das vorher durchlesen müssen. (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Was ist denn mit Herrn Ringstorff? Was ist mit Von daher komme ich zu ganz anderen Schlüssen. Bei dem Kabinett in Mecklenburg-Vorpommern?) diesem Einsatz ging es darum, auszutesten, inwieweit die Bundeswehr heute schon im Innern eingesetzt wer- 22 der 25 angeforderten Amtshilfeleistungen der den kann; denn die Demonstrationen zum G-8-Gipfel Bundeswehr sind völlig unstrittig. Die drei Elemente waren weder eine Naturkatastrophe noch ein besonders dieser Amtshilfe, die heute schon genannt wurden – der schwerer Unglücksfall. Es ging um das Austesten der Einsatz der Tornados, die Ausweitung der Flüge auf die Möglichkeiten. Camps und der Tiefflug –, werden aufgearbeitet. Wir verlassen uns dabei auf die Aussagen des BMVg. Das passt auch genau in folgende Situation: Nachdem wir jahrelang über die Militarisierung der Außenpolitik Es geht um die gepanzerten Fahrzeuge, deren Fähig- geredet haben, geht es jetzt darum, eine Diskussion über keiten nur in sehr enger Kooperation mit der Polizei zu die Militarisierung der Innenpolitik zu führen, die Sie einer Lagebewertung führen können. Auch das sehen mit Ihrem Herrn Schäuble ja scheinbar erreichen wollen. wir kritisch. Es geht des Weiteren um die hohe Zahl der Es ist verhängnisvoll, dass auch die Bundeskanzlerin in eingesetzten Feldjäger, aber auch um den Objektschutz genau dieselbe Kerbe schlägt und befürwortet, dass sich eines Krankenhauses, in dem die Bundeswehr zwar die Grenzen verwischen und die Bundeswehr im Innern Hausrecht hatte, das aber keine militärische Sicherheits- eingesetzt werden kann. Die Linke wird hier entschei- zone war. denden Widerstand leisten, damit dies nicht passieren wird. Ich glaube, dass die heutige Diskussion gezeigt hat, dass wir die Einsätze im Hinblick auf die Notwendigkeit Nun noch ein Gedanke zu den Tiefflügen. Man muss und Verhältnismäßigkeit dieser Amtshilfeleistungen be- sich das einmal vorstellen – das sage ich an die Adresse werten müssen. der Zuschauer –: Ein Tornado jagte in Mindestflughöhe, (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE das heißt, in 500 Fuß – das sind 150 Meter –, über die GRÜNEN]: Und der Geeignetheit!) Köpfe der Leute hinweg. Diese Mindestflughöhe wurde um noch einmal 119 Fuß unterschritten. Das heißt, wir Deshalb müssen wir mit dem Koalitionspartner an die (B) reden über 120 Meter. Der Tacho des Tornados zeigte Aufgabe herangehen, Art. 35 des Grundgesetzes, der die (D) eine Geschwindigkeit von ungefähr 1 000 Stundenkilo- Amtshilfe regelt, eventuell zu konkretisieren, aber auch metern an, und davon fühlten sich die Demonstranten die Grenzen aufzuzeigen. bedroht. Das ist der Anfang der Einschüchterung wie auch einer Einschränkung der Demonstrationsfreiheit. Für die SPD-Bundestagsfraktion sage ich: Wir wollen keinen Bundeswehreinsatz im Inneren. Wir werden (Beifall bei der LINKEN) Art. 87 a des Grundgesetzes, der den Verteidigungsfall regelt, nicht angehen. Das ist der Dissens, der zwischen uns besteht: Wäh- rend Sie alles verharmlosen wollen, zeigen wir klar auf, (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE wohin nach Ihrer Ansicht die Reise gehen soll, nämlich GRÜNEN]: Und was ist mit Art. 35?) hin zu einer Militarisierung der Innenpolitik. Dagegen werden wir Widerstand leisten. – Das habe ich gerade gesagt. Wir sind bereit, Art. 35 zu konkretisieren, aber auch die Grenzen deutlich zu ma- Vielen Dank. chen. Wir sind aber nicht bereit, über die Ausweitung des Verteidigungsfalls und den generellen Einsatz der (Beifall bei der LINKEN) Bundeswehr im Inneren zu reden.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Wir glauben, dass sich die Sicherheitsarchitektur in Nächste Rednerin ist die Kollegin Gabriele unserem Land bewährt hat. Die Polizei ist gut ausgebil- Fograscher für die SPD-Fraktion. det. Dort, wo sie nicht mehr den Erfordernissen entspre- chend ausgestattet ist, ist es Sache der Länder, eine ange- messene Ausstattung zu gewährleisten. Die Bundeswehr Gabriele Fograscher (SPD): ist für andere Aufgaben ausgebildet und ausgestattet. Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle- Wir sehen keine Notwendigkeit, die Aufgaben der Poli- gen! Wer immer wieder gebetsmühlenartig und stereotyp zei und der Bundeswehr zu vermischen. den Bundeswehreinsatz im Inneren fordert, der muss sich auch gefallen lassen, dass man sorgfältig darauf Ich glaube, dass wir gut daran tun, die Bundeswehr achtet, was die Bundeswehr im Einsatz – zum Beispiel nicht zu einer Hilfspolizei in unserem Land werden zu beim G-8-Gipfel – tut. lassen. Die Diskussionen und die Aussagen vonseiten der Bundeswehr und der Polizei zeigen, dass die CDU/ (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- CSU mit ihren Forderungen zu diesem Thema ziemlich NEN]: Wenn er denn stattfindet!) isoliert ist. Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11037

Gabriele Fograscher (A) (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: mit einer vergleichbaren Fototechnik großflächige Auf- (C) Was ist denn mit Herrn Ringstorff und seinem nahmen von einem großen Gelände zu machen und fest- Kabinett? Sagen Sie doch mal etwas dazu!) zustellen, ob es Veränderungen an der Bodenbeschaffen- heit oder ob es Manipulationen beispielsweise am Deshalb ist es, glaube ich, an der Zeit, über die wirkli- Fahrbahnbelag gibt. Dazu wäre die Polizei technisch chen Erfordernisse unter den bestehenden Bedrohungs- nicht in der Lage. Die Polizei wäre genauso wenig tech- szenarien zu diskutieren und uns darauf einzustellen, nisch in der Lage gewesen, ein großes Areal wie das in aber ohne das provokative Wiederholen der Forderung Heiligendamm mit Aufklärungstechnik zu überwachen. nach dem Bundeswehreinsatz im Inneren. Das kann die Polizei technisch nicht, und sie wäre zu- Danke schön. dem nicht in der Lage gewesen, für technischen Schutz an der Seeseite zu sorgen. Wenn die Polizei von Meck- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten lenburg-Vorpommern – es geht hier übrigens nicht um des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) den Bundesinnenminister – zu dem Ergebnis gelangt: „Wir können diesen Einsatz nur dann ordnungsgemäß Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: durchführen und die Sicherheit gewährleisten, wenn wir Letzter Redner in dieser Debatte ist nun der Kollege technische Amtshilfe anfordern“, dann ist das in keinem Clemens Binninger für die CDU/CSU-Fraktion. einzigen Punkt zu beanstanden. (Beifall bei der CDU/CSU) Ich glaube, wir sollten in der Diskussion ehrlich sein und auch die Fälle nennen, in denen technisch Amtshilfe Clemens Binninger (CDU/CSU): schon durchgeführt wurde, ohne dass es von irgendje- Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen mandem beanstandet wurde. Zum Beispiel bei der Fuß- und Kollegen! Gestatten Sie mir vor meinem Beitrag, ball-WM: Aufklärung aus der Luft; zum Beispiel beim mich auf die Ausführungen des Kollegen Wieland zu be- Besuch des Papstes und den damit verbundenen Schutz- ziehen. maßnahmen: Aufklärung aus der Luft; zum Beispiel beim Weltkirchentag zum Schutz der Veranstaltung: (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Aufklärung aus der Luft. Nicht in einem dieser Fälle NEN]: Ich fürchte, meine Ausführungen haben wurde dies beanstandet. Sie wieder nicht verstanden!) (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE Bei aller Wertschätzung, Herr Kollege Wieland, eines GRÜNEN]: Sie reden um den heißen Brei he- geht nicht: dass Sie sich hierherstellen und eine Inter- rum! Kommen Sie doch einmal zu den Punk- viewaussage des Innenministers mit einer Aussage der ten, die schwierig sind!) (B) RAF gleichsetzen; das ist eine Entgleisung. Ich bitte Sie, (D) das zurückzunehmen. Auch in Heiligendamm ging es um Aufklärung aus der Luft mit einer Technik, die der Polizei nicht zur Ver- (Beifall bei der CDU/CSU) fügung steht. Deshalb ist es von Art. 35 Abs. 1 Grundge- Wenn Sie die Debatte sachgerecht führen wollen, emp- setz gedeckt. Es mag Ihnen nicht gefallen, aber der fehle ich Ihnen, verbal deutlich abzurüsten. Einsatz ist verfassungsrechtlich auf einer stabilen, ein- wandfreien Grundlage. Wenn wir heute Nachmittag über G 8 gesprochen ha- ben, kann man eindeutig sagen, es war technische Amts- Etwas anderes ist es, wenn man sich einmal die wahre hilfe, und sie war umfassend von Art. 35 Abs. 1 des Motivation der Grünen für die Beantragung dieser Aktu- Grundgesetzes gedeckt. Dort heißt es: ellen Stunde ansieht. Es fällt auf, dass die Flüge, die von Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten Ihnen so vehement beanstandet werden – Sie versuchen, sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe. sie zu dramatisieren –, am 5. Juni von niemandem bean- standet wurden, genauso wenig wie am Tag danach. Erst Diese ist sowohl in personeller als auch in technischer als Sie auf der verzweifelten Suche nach Argumenten, Hinsicht möglich. So gab es personelle Amtshilfe im Be- um etwas an dem G-8-Einsatz schlechtzureden, nichts reich des Sanitätswesens. Aber hier war vor allem tech- mehr gefunden haben, fiel Ihnen mit fünf Tagen Verspä- nische Amtshilfe notwendig. Sie wurde übrigens – um tung ein, dass Sie diesen Einsatz noch einmal thematisie- die Scheinheiligkeit mancher Beiträge zu entlarven – ren könnten. Was Sie hier gemacht haben, ist wenig von einer rot-roten Landesregierung angefordert. Die glaubwürdig. SPD würde in Teilen bis an die Grenze der Legalität ge- hen, haben wir gehört. Und die Ausführungen der Grü- (Beifall bei der CDU/CSU – Silke Stokar von nen habe ich schon kommentiert. Ich bitte doch sehr da- Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das rum, dass wir uns an der Verfassungslage orientieren. ist absolut unglaublich!) Das heißt, dieser Einsatz war von der Verfassung ge- Genauso war es. Am Tag selber und am Tag danach gab deckt. es gar keine Kritikpunkte. (Beifall bei der CDU/CSU) (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE Es war klassische technische Amtshilfe. Man sollte GRÜNEN]: Weil die Bundesregierung gelo- sich vor Augen führen, weshalb sie notwendig war. Die gen hat! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/ Polizei wäre technisch gar nicht in der Lage gewesen, DIE GRÜNEN) 11038 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

Clemens Binninger (A) Erst mit fünf Tagen Verspätung haben Sie erkannt, dass politischen Richterskala einzuheimsen. Das ist das Ein- (C) man hier etwas kritisieren könnte. Deshalb ist Ihr Antrag zige, Sie werden kein Beben auslösen, Sie werden bes- wenig glaubhaft. tenfalls etwas heiße Luft produzieren – aber mehr am Ende nicht –, weil der Einsatz rechtlich und technisch (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- einwandfrei war. NEN]: Es wurde von der Bundesregierung ab- gestritten!) Herzlichen Dank. Nach den Krawallen in Rostock werden Sie doch (Beifall bei der CDU/CSU – Silke Stokar von nicht ernsthaft infrage stellen, dass die Polizei eines Lan- Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das des wie Mecklenburg-Vorpommern und der Innenminis- werden wir noch sehen! Das, was Mecklen- ter von Mecklenburg-Vorpommern, der alles dafür tun burg-Vorpommern nicht kann, das kann die muss, dass diese Veranstaltung und die Demonstrationen Berliner Polizei!) sicher ablaufen können, auch technische Möglichkeiten ausschöpfen müssen, wenn gesagt wird, dass sonst die Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Sicherheit nicht gewährleistet werden kann. Deshalb war Die Aktuelle Stunde ist damit beendet. es notwendig. Wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun- Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE destages auf morgen, Donnerstag, den 5. Juli 2007, GRÜNEN]: Aber doch nicht mit Tornados! – 9 Uhr, ein. Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür war die Bundespolizei da!) Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag. Die Sitzung ist geschlossen. Sie versuchen hier, mit der Sicherheit unseres Landes zu spielen, um ein paar Aufmerksamkeitspunkte auf der (Schluss: 17.36 Uhr)

(B) (D) Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11039

(A) Anlagen zum Stenografischen Bericht (C)

Anlage 1 nado-Flugzeuge oder andere Einheiten an den US-ge- führten Luftangriffen in Afghanistan beteiligt hat, bei Liste der entschuldigten Abgeordneten denen allein am 30. Juni 2007 in Grischnik/Provinz Helmand 45 Zivilisten getötet worden sein sollen sowie bisher 300 Zivilisten im Jahr 2007 gesamt, indem sie entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Fotoaufnahmen, Zielmarkierungen oder andere Informa- tionen übermittelt hat“, teile ich Ihnen mit: Da am 30. Juni 2007 keine Flugbewegungen deutscher Torna- Gloser, Günter SPD 04.07.2007 dos im besagten Gebiet in der Provinz Helmand stattge- funden haben, kann eine unmittelbare Beteiligung an Gruß, Miriam FDP 04.07.2007 diesem Luftangriff ausgeschlossen werden. Auf Ihre zweite Teilfrage, ob „die Bundesregierung ferner aus- Ibrügger, Lothar SPD 04.07.2007 schließen kann, dass für diese Angriffe auch Informatio- Dr. Kolb, Heinrich L. FDP 04.07.2007 nen verwendet werden können, welche durch den ab Dezember 2006 ins All geschossenen Radar-Aufklä- Laurischk, Sibylle FDP 04.07.2007 rungssatelliten ,SAR-Lupe‘ der Bundeswehr gewonnen worden sind“, teile ich Ihnen mit: Die Bundesregierung Merten, Ulrike SPD 04.07.2007 kann ausschließen, dass für Operationen gemäß Frage- stellung Informationen verwendet wurden, die durch den Nitzsche, Henry fraktionslos 04.07.2007 Radar-Aufklärungssatelliten „SAR-Lupe“ der Bundes- wehr gewonnen wurden. Darüber hinaus können Auf- Reiche (Cottbus), SPD 04.07.2007 träge für solche Aufnahmen nur von den zuständigen Steffen deutschen Stellen für Nachrichtengewinnung und Auf- klärung erteilt werden. Roth (Esslingen), Karin SPD 04.07.2007

Dr. Schick, Gerhard BÜNDNIS 90/ 04.07.2007 Anlage 3 DIE GRÜNEN Antwort (B) (D) Schily, Otto SPD 04.07.2007 des Parl. Staatssekretärs Andreas Storm auf die Frage des Abgeordneten Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ Stübgen, Michael CDU/CSU 04.07.2007 DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/5854, Frage 1): Dr. Wiefelspütz, Dieter SPD 04.07.2007 Auf welcher Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach der Föderalismusreform basiert die von der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Dr. , angekün- Wistuba, Engelbert SPD 04.07.2007 digte Nationale Qualifizierungsoffensive („DIE WELT“, 22. Juni 2007) zur angestrebten Halbierung der Studienab- Zöller, Wolfgang CDU/CSU 04.07.2007 brecherquote, und bis wann genau ist mit konkreten Vorschlä- gen der Bundesregierung für eine Nationale Qualifizierungsof- fensive zu rechnen? Anlage 2 Das Bundeskabinett hat am 18. April 2007 die Bun- desministerin für Bildung und Forschung beauftragt, in Antwort Zusammenarbeit mit dem Bundesminister für Arbeit und des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die dring- Soziales, dem Bundesminister für Wirtschaft und Tech- liche Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele nologie, dem Bundesminister des Innern und dem Be- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/5874, auftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Frage 1): neuen Länder bis Herbst 2007 ein Konzept für eine Na- tionale Qualifizierungsinitiative vorzulegen. Die Initia- Kann die Bundesregierung ausschließen, dass sich die Bundeswehr durch Tornado-Flugzeuge oder andere Einheiten tive will den Auftakt bilden für eine gemeinsame An- an den US-geführten Luftangriffen in Afghanistan beteiligt strengung von Bund, Ländern, Wirtschaft, Verbänden, hat, bei denen allein am 30. Juni 2007 in Grischnik/Provinz Stiftungen und anderen Beteiligten zur mittel- bis lang- Helmand 45 Zivilisten getötet worden sein sollen sowie bis- fristigen Sicherung der Fachkräfteangebots in Deutsch- her 300 Zivilisten im Jahr 2007 gesamt, indem sie Fotoauf- nahmen, Zielmarkierungen oder andere Informationen über- land. In diesem Kontext werden auch die Themen „Re- mittelt hat, und kann die Bundesregierung ferner duzierung der Zahl der Schülerinnen und Schüler ohne ausschließen, dass für diese Angriffe auch Informationen ver- Schulabschluss sowie der Zahl der Ausbildungsabbre- wendet werden können, welche durch die ab Dezember 2006 cher in manchen Bildungsbereichen“ eine Rolle spielen. ins All geschossene Radar-Aufklärungssatelliten „SAR-Lupe“ Angestrebt sind gemeinsame Zielsetzungen und Strate- der Bundeswehr gewonnen worden sind? gien, die von Bund, Ländern und anderen Beteiligten in Auf Ihre erste Teilfrage, ob „die Bundesregierung der jeweiligen Zuständigkeit und Verantwortung umge- ausschließen kann, dass sich die Bundeswehr durch Tor- setzt werden. 11040 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

(A) Anlage 4 Anlage 6 (C) Antwort Antwort des Parl. Staatssekretärs Ulrich Kasparick auf die Frage der Parl. Staatssekretärin Astrid Klug auf die Frage des der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) (Drucksa- (Drucksache 16/5854, Frage 6): che 16/5854, Frage 14): Wie bewertet die Bundesregierung die vom Statistischen Welche Abgabefrist ist für die Ergebnisse des Forschungs- Bundesamt in der Pressemitteilung vom 14. Juni 2007 ver- projekts „Die wirtschaftliche Entwicklung der neuen Länder kündeten Rekordzahlen von Passagieren deutscher Flughäfen im internationalen Standortvergleich“ des Bundesamtes für (19,5 Millionen Passagiere im 1. Quartal 2007 = 7,2 Prozent Bauwesen und Raumordnung vertraglich vereinbart worden, mehr als im 1. Quartal 2006) mit Blick auf die Auswirkungen und falls es keine verbindliche Abgabefrist gibt, warum nicht? auf Umwelt und Klima? Wie in meinem Schreiben an Sie vom 20. Juni 2007 Die Bundesregierung ist sich bewusst, dass der Flug- habe ich bereits dargelegt, dass das Forschungsprojekt verkehr so stark wächst wie kein anderes Verkehrsmittel. „Die wirtschaftliche Entwicklung der neuen Länder im Diese Entwicklung ist auch in der EU und weltweit zu internationalen Standortvergleich“ bis zum Ende des beobachten. So nahm die Verkehrsleistung in der EU Jahres abgeschlossen wird. Dabei wird der vorläufige zwischen 1990 und 2003 um etwa 70 Prozent oder jähr- Endbericht im Oktober vorliegen, der dann auf Vollstän- lich um gut 4 Prozent zu. Das starke Wachstum, das der digkeit der Vertragserfüllung durch den Auftraggeber Flugverkehr in der Vergangenheit zeigte, wird auch für geprüft werden muss. Nach eventueller Nachlieferung die Zukunft prognostiziert. So erwartet Airbus in seiner durch den Auftragnehmer wird der endgültige Bericht aktuellen Marktvorhersage bis 2015 eine weitere Zu- bis Ende des Jahres (voraussichtlich Mitte Dezember) nahme der Verkehrsleistung um 5,3 Prozent und bis fertiggestellt sein. 2025 um 4,4 Prozent. Dies entspricht einer jährlichen Zunahme von knapp 5 Prozent für die nächsten 20 Jahre. Mit diesem starken Wachstum der Verkehrsleistung, das Anlage 5 aus wirtschaftlicher Sicht für die Fluggesellschaften er- freulich ist, ist eine Zunahme der Umweltauswirkungen Antwort verbunden. So trägt der Flugverkehr zu der Erwärmung des Parl. Staatssekretärs Ulrich Kasparick auf die Frage der Erdatmosphäre bei, durch den Ausstoß von Luft- der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) schadstoffen wird die Luftqualität beeinträchtigt und es (Drucksache 16/5854, Frage 7): entstehen Belastungen für die Bevölkerung durch Flug- lärm. Dabei ist von Bedeutung, dass die technischen Ver- (B) Welche konkreten Programme werden für die vom Beauf- besserungen die durch das starke Wachstum der Flugver- (D) tragten der Bundesregierung für die neuen Länder, Bundes- kehrsleistung entstehenden zusätzlichen Emissionen óminister Wolfgang Tiefensee, verkündete Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger in Ostdeutschland bei ihrem freiwil- nicht kompensieren können, absolut somit zunehmen. Es ligen bürgerschaftlichen Engagement durch die Finanzierung kommt für die Bundesregierung deswegen darauf an, von Weiterbildung und den Abbau bürokratischer Schranken wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um für die Umwelt entwickelt, und welche Finanzmittel sind dafür im Einzelnen nachteilige Folgen zu vermeiden. Die Bundesregierung vorgesehen (vergleiche Pressemitteilung des Bundesministe- riums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Nummer 180/ unterstützt seit Jahren national und international Bemü- 2007 vom 25. Juni 2007)? hungen, die zu einer Verringerung der durch das Wachs- tum entstehenden Umweltbelastungen führen. Vor dem Hintergrund der im Rahmen der in Deutsch- land geführten Bildungsdebatte sind informelle Lernpro- zesse als bislang vernachlässigte Dimension in den Anlage 7 Fokus gerückt. Der Bildungsbericht 2006 greift erstmals das Thema „Informelles Lernen und Kompetenzerwerb“ Antwort durch freiwilliges Engagement auf. Die Bundesregie- der Parl. Staatssekretärin Astrid Klug auf die Fragen der rung unterstützt diesen Ansatz durch eigene Programme Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE wie das Modellprogramm „Generationsübergreifende GRÜNEN) (Drucksache 16/5854, Fragen 15 und 16): Freiwilligendienste“ mit rund 50 zum Teil mehrgliedri- An welchem Tag ist der Antrag des Energiekonzerns gen Projekten, die bis 2008 laufen. Darüber hinaus hat Vattenfall auf Strommengenübertragung vom Atomkraftwerk die Bundesregierung mit der Initiative „Zivilgesellschaft Krümmel auf das AKW Brunsbüttel im Bundesministerium stärken – bürgerschaftliches Engagement fördern“ das für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit eingegangen, „Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen und wann wurde der Bundestag offiziell über diesen Antrag in Engagements“ beschlossen, das die Rahmenbedingun- Kenntnis gesetzt? gen für bürgerschaftliches Engagement erheblich ver- Welche weiteren Anträge auf Strommengenübertragung bessert. Damit wird das Gemeinnützigkeits- und Spen- von Atomkraftwerken liegen dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vor? denrecht neu organisiert. In diesem Kontext ist es eines der Kernanliegen, bestehende Bürokratie in diesem Be- Zu Frage 15: reich abzubauen. Dies geschieht durch verschiedene Maßnahmen im Steuerrecht, die allesamt dazu führen, Mit Schreiben vom 22. Mai 2007 hat die Kernkraft- dass Übersichtlichkeit und Praktikabilität verbessert werk Brunsbüttel GmbH & Co OHG die Zustimmung werden. auf Übertragung einer Elektrizitätsmenge von 15 Tera- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11041

(A) wattstunden vom Kernkraftwerk Krümmel auf das Kern- tel GmbH & Co OHG hat mit Schreiben vom 6. März (C) kraftwerk Brunsbüttel gestellt. Der Antrag ging am 2007 die Zustimmung auf Übertragung einer Elektrizi- 23. Mai 2007 im Bundesministerium für Umwelt, Natur- tätsmenge von 15 Terawattstunden vom Kraftwerk Mül- schutz und Reaktorsicherheit (BMU) ein. heim-Kärlich auf das Kernkraftwerk Brunsbüttel bean- tragt. Am 22. Juni 2007 hat das BMU der Kernkraftwerk Eine offizielle Unterrichtung des Deutschen Bundes- Brunsbüttel GmbH & Co OHG einen Ablehnungsbe- tages im Rahmen der Antragsprüfung ist nicht vorgese- scheid zur Anhörung übersandt. Eine Stellungnahme hen. Das BMU unterrichtet die Öffentlichkeit jeweils zum Bescheidentwurf hat die Antragstellerin mit Schrei- über sein Prüfungsergebnis. ben vom 27. Juni 2007 beim BMU eingereicht. Diese wird zurzeit geprüft und bei der Erstellung des endgülti- Zu Frage 16: gen Bescheides berücksichtigt. Neben dem Antrag der Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH & Co OHG auf Übertragung von Elektrizitäts- mengen vom Kernkraftwerk Krümmel auf das Kern- Anlage 8 kraftwerk Brunsbüttel liegen dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) Antwort zurzeit vier weitere Anträge vor. Die RWE Power AG des Staatsministers Bernd Neumann auf die Frage des hat mit Schreiben vom 25. September 2006 die Zustim- Abgeordneten Christoph Waitz (FDP) (Drucksache mung auf Übertragung einer Elektrizitätsmenge von 16/5854, Frage 18): 30 TWh vom bereits stillgelegten Kernkraftwerk Mül- heim-Kärlich auf das Kernkraftwerk Biblis A beantragt. In welchen Haushaltstiteln und jeweils in welcher Höhe wurden im parlamentarischen Verfahren Einsparungen in Hilfsweise hat die RWE die Zustimmung auf Übertra- Höhe von 8,896 Millionen Euro zur Senkung der im Kabinetts- gung der oben genannten Elektrizitätsmenge vom Kern- entwurf des Bundeshaushaltes 2007 für den Bereich des Be- kraftwerk Emsland auf das Kernkraftwerk Biblis A be- auftragten für Kultur und Medien vorgesehenen globalen antragt. Am 18. Mai 2007 hat das BMU den Hauptantrag Minderausgabe in Höhe von 17,291 Millionen Euro erbracht? abgelehnt. RWE hat mit Schreiben vom 21. Mai 2007 Die Einsparungen für die Globale Minderausgabe set- den Hilfsantrag in einen eigenständigen Antrag umge- zen sich wie folgt zusammen (siehe Tabelle). wandelt. Die EnBW Kernkraft GmbH hat mit Schreiben vom 21. Dezember 2006 einen Antrag auf Zustimmung Es handelt sich bei den meisten Absenkungen um ein- zur Übertragung von 46,9 Terawattstunden vom Kern- malige Sondertatbestände, die nicht zu einer wesentli- kraftwerk Neckarwestheim 2 auf das Kernkraftwerk chen Beeinträchtigung der Arbeit in den betroffenen Be- (B) (D) Neckarwestheim l gestellt. Die Kernkraftwerk Brunsbüt- reichen führt.

– Sicherung, Erwerb und Rückführung von national wertvollem Titel 681 11 – 407 000 Euro Kulturgut – Kulturstiftung des Bundes Titel 685 17 – 300 000 Euro Von dieser Absenkung – aufgrund eines Beschlusses des Haus- haltsausschusses – diente jedoch nur ein Teil in Höhe von 1 645 000 Euro für die Auflösung der Globalen Minderausgabe, der Rest wurde im parlamentarischen Verfahren auch als Kom- pensation für andere zusätzliche Etatisierungen herangezogen. – Akademie der Künste Titel 685 21 – 950 000 Euro – Erwerb zeitgenössischer Kunstwerke Titel 820 51 – 200 000 Euro – Rundfunk-Orchester und -Chöre GmbH Titel 685 94 –194 000 Euro – Bundesarchiv Kapitel 0406 – 1 500 000 Euro – Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdiens- Kapitel 0408 – 4 000 000 Euro tes der ehemaligen DDR 11042 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

(A) Anlage 9 Frage möglich war. Ein beträchtlicher Teil der Beschäf- (C) tigten ist allerdings mit Sachgrund befristet beschäftigt, Antwort darunter 5 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die des Parl. Staatssekretärs Franz Thönnes auf die Frage aufgrund eines Vermerks im Haushalt der BA eingestellt des Abgeordneten Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE wurden. Weitere Arbeitsverhältnisse wurden mit anderen GRÜNEN) (Drucksache 16/5854, Frage 22): Sachgründen (zum Beispiel Erprobung oder Vertretungs- bedarf) abgeschlossen (vergleiche Antwort der Bundes- Hat die Bundesregierung zwischen ihren verschiedenen Ressorts mittlerweile Einigkeit darüber hergestellt, gesetzli- regierung zu Frage 6 der Kleinen Anfrage der Fraktion che Initiativen und konkrete Maßnahmen zum Schutz von die LINKE, Bundestagsdrucksache 16/4935). Für ein Praktikantinnen und Praktikanten zu entwickeln, und bis dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis stehen im Haus- wann wird die Bundesregierung darauf aufbauend konkrete halt der BA für 2007 4 000 zusätzliche Stellen zur Verfü- Lösungsvorschläge vorlegen, nachdem seit der Anhörung des gung. Diese wurden von der Bundesregierung bereits Petitionsausschusses des Bundestages zum Thema Generation Ende letzten Jahres zur Stabilisierung der Personalstruk- Praktikum und der Veröffentlichung der Absolventenstudie der Hochschul-Informations-System GmbH mittlerweile mehr tur genehmigt. Im Jahr 2008 werden weitere 750 Stellen als drei Monate vergangen sind? hinzukommen. Von den 4 000 Stellen wurden zwischen- zeitlich über 2 000 Stellen durch die ARGEn bzw. Agen- Wie ich Ihnen am 25. April 2007 mitgeteilt habe, turen in getrennter Aufgabenwahrnehmung vor Ort be- steht das zur Entscheidungsfindung benötigte repräsen- setzt, weitere 2 000 können in nächster Zeit besetzt tative Datenmaterial, welches die tatsächliche Situation werden. Außerdem beabsichtigt das Bundesministerium der Praktikanten darstellt, noch nicht in vollem Umfang für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bun- zur Verfügung. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und desfinanzministerium der Verlängerung eines Vermerks Arbeitsmedizin führt derzeit ein breit angelegtes For- im Haushalt der BA zuzustimmen. Dies soll die Grund- schungsvorhaben durch, das alle Personen im Alter von lage bieten für die Weiterbeschäftigung von 5 000 Mit- 18 bis 34 Jahren einbezieht, die eine abgeschlossene Be- arbeiterinnen und Mitarbeitern. Die BA kann jetzt die rufsausbildung haben. Ergebnisse dieses Forschungsvor- Verlängerung der Arbeitsverträge vorbereiten. Nach Ein- habens werden im Spätherbst 2007 erwartet. Unter schätzung der BA verbleiben damit circa 5 800 überwie- Berücksichtigung der Ergebnisse dieses Forschungsvor- gend ohne Sachgrund befristet Beschäftigte der BA, de- habens wird geprüft werden, ob und gegebenenfalls wie ren Arbeitsverhältnisse längstens nach einer Dauer von die Rechtslage für Praktikantenverhältnisse klarstellend zwei Jahren enden. geregelt werden kann. Zu Frage 25: Es ist Ziel der Bundesregierung, das qualifizierte und (B) Anlage 10 engagierte Personal den ARGEn zu erhalten und so die (D) Antwort Stabilität der Durchführung der Grundsicherung für Ar- beitsuchende zu sichern. Deshalb wurden bereits für des Parl. Staatssekretärs Franz Thönnes auf die Fragen 2007 4 000 und für 2008 weitere 750 zusätzliche Stellen der Abgeordneten Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ genehmigt. Diese Stellen werden aktuell vor Ort besetzt. DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/5854, Fragen 24 und 25): So werden in allernächster Zeit dauerhafte Perspektiven Wie viele der Stellen im Bereich der Arbeitsgemeinschaf- für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschaffen. ten (ARGEn) mit sachgrundloser Befristung sind nicht für Weitere wichtige Fragen der Stabilisierung der Personal- eine Umwandlung in ein dauerhaftes Beschäftigungsverhält- strukturen im Bereich der Grundsicherung für Arbeit- nis vorgesehen, und welchen Anteil machen sie unter den Be- suchende werden im Rahmen der Aufstellung des Haus- schäftigten der ARGEn aus (bitte gestuft nach Anzahl der halts der BA für das Jahr 2008 behandelt. Grundlage für ARGEn, < 5 Prozent, < 10 Prozent, < 15 Prozent, < 20 Pro- zent, < 25 Prozent und > 25 Prozent ausführen)? die Entscheidungen, an denen das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) sowie das Bundes- Wann laufen diese befristeten Stellen aus, und welche kurz- und mittelfristigen Lösungen strebt die Bundesregie- finanzministerium (BMF) beteiligt sein werden, ist ein rung für die Stellen mit sachgrundloser Befristung im Bereich Personalkonzept der BA für den SGB-Il-Bereich. Dieses der ARGEn an, die nach den bisherigen Planungen im Laufe betrifft die mittelfristige Personalplanung bis einschließ- der Jahre 2007 und 2008 auslaufen, um den Verlust von quali- lich 2010. Ziel wird es sein, den Anteil befristet Beschäf- fiziertem Personal zu verhindern? tigter weiter zu reduzieren. Allerdings ist im Hinblick auf Entwicklungen am Arbeitsmarkt in der Betreuung Zu Frage 24: der Langzeitarbeitslosen ein Anteil befristet Beschäftig- Nach dem aktuellen Personalmonitoring der Bun- ter personalwirtschaftlich sinnvoll, um auf Schwankun- desagentur für Arbeit (BA) vom 20. Juni 2007 sind ins- gen flexibel reagieren zu können. gesamt 13 555 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BA, umgerechnet in Vollzeitäquivalente, befristet in den Ar- beitsgemeinschaften (ARGEn) und bei den Agenturen Anlage 11 für Arbeit in getrennter Aufgabenwahrnehmung tätig. Antwort Dies entspricht einem Anteil von circa 24,5 Prozent am Gesamtpersonal der ARGEn bzw. Agenturen in getrenn- des Staatsministers Gernot Erler auf die Fragen des Ab- ter Aufgabenwahrnehmung. Eine differenzierte Erhe- geordneten Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE bung danach, ob die Befristungen mit oder ohne einen GRÜNEN) (Drucksache 16/5854, Fragen 26 und 27): Sachgrund erfolgt sind, bedürfte einer längeren Vorbe- Welche Zahl an Fällen von deutschen Staatsbürgern, de- reitung, als dies im Rahmen der Beantwortung dieser nen durch US-amerikanische Behörden die Einreise in die Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11043

(A) USA verweigert bzw. eine frühzeitige Rückkehr veranlasst desregierung beabsichtigt, dieses Mandat fortzusetzen, und (C) oder die aufgrund von Visaverletzungen einer Inhaftierung warum verfügt die Botschaft über keinen Polizeiverbindungs- unterzogen wurden, sind deutschen Behörden, insbesondere beamten, obwohl die Zusammenarbeit zum Aufbau eines der deutschen Botschaft und den deutschen Konsulaten in den funktionierenden Grenzpolizeiregimes im Libanon zu den USA, jeweils in den Jahren 2001 bis 2006 bekannt? Prioritäten der Hilfe für den Libanon zählt? Welche Schritte unternimmt die Bundesregierung, insbe- sondere die Bundeskanzlerin, Dr. , um die Die Aufgaben der Vertretung der deutschen militär- USA zur Einhaltung des Wiener Übereinkommens über Kon- politischen und militärischen Interessen gegenüber dem sularische Beziehungen (WÜK), insbesondere des Art. 36 Libanon werden durch den Verteidigungsattaché der Abs. 2, zu bewegen und sicherzustellen, dass die USA zu- Deutschen Botschaft in Damaskus, der bei der libanesi- künftig ihren Verpflichtungen nachkommt, bei der Verweige- schen Regierung in Nebenakkreditierung angemeldet ist, rung der Einreise von deutschen Staatsbürgern die zuständi- gen deutschen Stellen zu informieren? wahrgenommen. Dies beinhaltet eine regelmäßige Prä- senz in Beirut. Die fachliche Beratung der Deutschen Zu Frage 26: Botschaft Beirut und die enge Koordinierung mit den li- banesischen Stellen im Zusammenhang mit der bilatera- Der Bundesregierung liegen keine Zahlen dazu vor, len Ausbildungsunterstützung der Deutschen Marine für wie viele deutsche Staatsbürger in den Jahren 2001 bis die Marine des Libanons werden darüber hinaus durch 2006 an der Einreise in die USA gehindert, zu einer die Präsenz eines Verbindungsstabsoffiziers an der Deut- frühzeitigen Rückkehr veranlasst oder aufgrund der Ver- schen Botschaft Beirut für die Dauer der Ausbildungs- letzungen von Visabestimmungen festgenommen wur- maßnahmen sichergestellt. An die Deutsche Botschaft in den. Der Bundesregierung ist aber bekannt, dass die Ver- Beirut ist ein Polizeibeamter des Bundeskriminalamtes einigten Staaten von Amerika gelegentlich deutsche als Verbindungsbeamter entsandt. Für die Entsendung Staatsangehörige aus verschiedenen Gründen nicht ein- eines weiteren Polizeiverbindungsbeamten besteht da- reisen lassen und zur Sicherung ihrer Rückreise vorüber- rüber hinaus kein Bedarf. Die Beratung der libanesi- gehend festsetzen. Die deutschen Auslandsvertretungen schen Behörden in Fragen der Grenzsicherheit obliegt in den USA erfahren in der Regel nur von Haftfällen, der gemischten Beratungsmission aus derzeit fünf Be- nicht aber von nur kurzzeitig festgehaltenen Personen, es amten der Bundespolizei sowie drei Beamten des Zolls, sei denn, diese melden sich von sich aus bei den Konsu- die sich seit 7. September 2006 im Libanon aufhält. laten.

Zu Frage 27: Anlage 13 Die Verweigerung der Einreise von ausländischen Antwort (B) Staatsbürgern durch Behörden des Besuchslandes sowie (D) Befragung und Abschiebung mit dem nächstmöglichen des Parl. Staatssekretärs Peter Altmaier auf die Frage des Rückflug stellt für sich genommmen keine freiheitsent- Abgeordneten Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE ziehende Maßnahme dar. Letztere ist Voraussetzung für GRÜNEN) (Drucksache 16/5854, Frage 29): die konsularische Unterrichtungspflicht nach Art. 36 Warum ist die finanzielle Absicherung der Zusage zum Abs. 1 b des Wiener Übereinkommens über konsulari- Start eines Pilotprojekts zur Sicherung der libanesischen sche Beziehungen (WÜK), nämlich die Unterrichtung Nordgrenze trotz der hohen politischen Bedeutung der Unter- der zuständigen konsularischen Vertretung durch die Be- bindung von Schmuggelaktivitäten sowie der Gespräche zwi- schen der Bundeskanzlerin, Dr. Angela Merkel, und dem hörden des Gastlandes sowie die Unterrichtung des Be- Premierminister der Libanesischen Republik, Fuad Siniora, troffenen über sein Recht, jederzeit mit dem zuständigen bis heute zwischen den Bundesministerien des Innern und der Konsulat seines Heimatstaates in Verbindung zu treten. Finanzen strittig? Festzustellen ist allerdings: Auch in Fällen, in denen die genannte Unterrichtungspflicht besteht, kommen die Die Bundesregierung misst einer nachhaltigen Stabili- US-Einwanderungsbehörden dieser Verpflichtung häufig sierung des Libanon hohe politische Bedeutung bei und nicht nach, da sie die Ansicht vertreten, dass diese Fälle wird ein deutsches Engagement durch Ausbildungs- und nicht dem WÜK unterliegen. Derartige Verstöße gegen Ausstattungshilfe weiterhin fortsetzen. Als Ergebnis ei- das WÜK werden von den deutschen Auslandsvertretun- ner Evaluierung der mit Grenzschutz- und Zollaufgaben gen, soweit sie bekannt werden, gegenüber den US-Be- betrauten unterschiedlichen libanesischen Sicherheitsbe- hörden gerügt. hörden und Teilen der Armee ist daher ein Pilotprojekt im Nordlibanon entwickelt worden, das zur Optimierung der zwischenbehördlichen Kooperation, Koordination und Kommunikation beitragen soll. Zunächst musste die Anlage 12 Finanzierung eines zur Umsetzung des Pilotprojektes Antwort notwendigen Projektmanagements über die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) des Staatsministers Gernot Erler auf die Frage des Abge- mbH geklärt werden, die hierfür nunmehr über einen Be- ordneten Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) trag in Höhe von rund 2 Millionen Euro aus Mitteln des (Drucksache 16/5854, Frage 28): Stabilitätsinstruments der Europäischen Union verfügt. Warum verfügt die deutsche Botschaft im Libanon trotz Inzwischen liegt auch die Aufstellung für die Ausstat- 110 Stellen für Militärattachés weltweit über keinen Militär- tungshilfe dieses Pilotprojektes in 2007 vor. Die kalku- attaché, obwohl im Rahmen von UNIFIL dort deutsche Solda- ten stationiert sind, die Bundesrepublik Deutschland bilateral lierten Kosten belaufen sich auf 4 453 924 Euro. Derzeit die Ausbildung der Marine des Libanon betreibt und die Bun- wird mit dem BMF noch der allein haushaltsrechtliche 11044 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

(A) Aspekt geklärt, an welchen Haushaltsstellen die Kosten wetterbedingte Unterschreitung der beauftragten Min- (C) des Projektes Gegenzufinanzieren sind oder ob die Mit- destflughöhe 500 Fuß am 5. Juni wurde von der Besat- tel zusätzlich vom BMF zur Verfügung gestellt werden. zung sowohl aus Gründen der Auftragserfüllung als auch Mit einem Ergebnis ist zeitnah zu rechnen. der Sicherheit im Flugbetrieb getroffen. Zu der Frage der polizeispezifischen Erforderlichkeit der Unterstützungs- leistungen der Bundeswehr für den Einsatz des Landes Anlage 14 Mecklenburg-Vorpommern nimmt die Bundesregierung grundsätzlich keine Stellung, da hier die Zuständigkeit Antwort des Landes betroffen ist. des Parl. Staatssekretärs Peter Altmaier auf die Fragen des Abgeordneten Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/5854, Fragen 30 und 31): Anlage 16 Ist die laut Bundesregierung erhöhte Terrorgefahr auch grundsätzlich für Atomkraftwerke gegeben? Antwort Liegen der Bundesregierung konkrete Hinweise für die des Parl. Staatssekretärs Peter Altmaier auf die Frage des Terrorgefährdung von Atomkraftwerken vor? Abgeordneten Jan Korte (DIE LINKE) (Drucksache 16/5854, Frage 37): Zu Frage 30: Wie viele Polizeiübungen mit welcher internationaler Be- Ein Anschlag auf kerntechnische Einrichtungen in der teiligung in der Art der Übung von Korschenbroich im Mai Bundesrepublik Deutschland wird durch die Bundes- 2007 fanden seit Anfang 2006 unter Beteiligung der Bundes- regierung als eine mögliche terroristische Option ange- polizei statt? sehen. Insofern können Einrichtungen der kritischen In- Seit 2006 haben zwei Wasserwerfer-Verwendungs- frastruktur von Änderungen der Sicherheitslage in der lehrgänge bei der Bundespolizeiabteilung St. Augustin Bundesrepublik Deutschland nicht grundsätzlich ausge- unter Beteiligung von Polizeikräften aus den Niederlan- nommen werden. Die Wahrscheinlichkeit eines Anschla- den und Belgien stattgefunden. ges auf ein Kernkraftwerk wird aber insgesamt als ge- ring betrachtet. Die Durchführung einer Übung in Korschenbroich unter Beteiligung der Bundespolizei ist der Bundesregie- Zu Frage 31: rung nicht bekannt. Nein. Den Sicherheitsbehörden des Bundes liegen aus den Phänomenbereichen der politisch motivierten Kri- Anlage 17 (B) minalität aktuell keine Erkenntnisse vor, die auf eine (D) konkrete Gefährdung kerntechnischer Einrichtungen in Antwort Deutschland hindeuten. der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Frage der Abgeordneten Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/5854, Frage 38): Anlage 15 Was versteht die Bundesregierung unter sogenannter Steu- Antwort ertransparenz (Schreiben des Bundesministers der Finanzen, Peer Steinbrück, vom 10. Mai 2007 an die Gutachter der TU des Parl. Staatssekretärs Peter Altmaier auf die Frage des München zum Endbericht des Gutachtens „Erwerb und Über- Abgeordneten Voker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE nahme von Firmen durch Finanzinvestoren“), und wie hoch schätzt die Bundesregierung die Steuerausfälle, wenn die Er- GRÜNEN) (Drucksache 16/5854, Frage 33): träge aus an Personengesellschaften beteiligten Kapitalbeteili- Welche für die Durchführung des Polizeieinsatzes im Rah- gungsunternehmen in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft men des G-8-Gipfels in Heiligendamm als erforderlich ange- in voller Höhe zum individuellen Steuersatz beim privaten sehenen Erkenntnisse konnten nur dadurch gewonnen werden, Anteilseigner besteuert werden würden? dass die Tornados in geringer Höhe (500 Fuß und darunter) die Demonstranten überflogen? In seinem Antwortschreiben bezieht sich Bundes- minister Peer Steinbrück auf einen Vorschlag der Gut- Im Verlauf der Aufklärungsmissionen wurden Luft- achter der TU München. Die Gutachter schlagen die bilder sowohl mit Infrarot- als auch optischen Kameras Herstellung einer steuerlichen Transparenz für Private- aufgenommen, die für den von BAO KAVALA identifi- Equity-Fonds sowohl in der Rechtsform der Kapitalge- zierten Aufklärungsbedarf, nämlich für die Erkennung sellschaft als auch in der Rechtsform der Personengesell- möglicher Erddepots sowie die Erfassung von Manipula- schaft durch folgende Maßnahmen vor: Befreiung der tionen an wichtigen Straßenzügen, geeignet sind. Auf- Private-Equity-Fonds von der Körperschaftsteuer und grund der für den 5. Juni vorhergesagten Wetterbedin- von der Gewerbesteuer und generelle Einordnung der gungen (insbesondere Wolkenuntergrenzen) wurde eine Fondstätigkeit als Vermögensverwaltung. Der Vorschlag Mindestflughöhe von 500 Fuß beauftragt. Die Infrarot- der TU München zur Steuertransparenz führt zu Steuer- kamera liefert in der in Deutschland erlaubten Mindest- mindereinnahmen von rund 12,5 Milliarden Euro. flughöhe von 500 Fuß über Grund für die beantragten Ziele die beste Auflösung. Die zeitgleiche Durchführung Und nun zum zweiten Teil Ihrer Frage, der sich offen- von optischen und Infrarotaufnahmen ermöglicht im sichtlich nicht auf den Vorschlag der TU München be- Gegensatz zu den technischen Möglichkeiten der Poli- zieht: Unter der Voraussetzung, dass der gestellten Frage zeihubschrauber eine vergleichende Auswertung. Die folgende Annahmen, nämlich die Befreiung des Kapital- Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11045

(A) beteiligungsunternehmens von der Körperschaftsteuer, Anlage 19 (C) keine Anwendung des Halbeinkünfte- (Teileinkünfte-) Verfahrens oder der Abgeltungsteuer auf Ebene der An- Antwort teilseigner, zugrunde liegen, kommt es bei inländischen der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Anlegern nicht zu steuerlichen Mindereinnahmen. Das Fragen der Abgeordneten Dr. Thea Dückert (BÜND- Modell ist vielmehr aufgrund der nicht möglichen Ge- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/5854, Fragen 40 währung der Steuerermäßigung bei Einkünften aus Ge- und 41): werbebetrieb (untechnisch: Gewerbesteueranrechnung) Mit welchen Vorschlägen will die Bundesregierung ge- nach § 35 Einkommensteuergesetz für inländische Anle- währleisten, dass Modelle der Mitarbeiterbeteiligung im ger sogar nachteiliger als eine direkte Beteiligung des Sinne einer partnerschaftlichen Unternehmenskultur auch tat- Anlegers an der Personengesellschaft und der Besteue- sächlich zu mehr echter Teilhabe der Beschäftigten an ihrem rung der anteiligen Gewinne bei den Einkünften aus Ge- Unternehmen führen? werbebetrieb. Bei ausländischen Anteilseignern stellt Welche Formen der Mitarbeiterbeteiligung will die Bun- sich die steuerliche Beurteilung hingegen völlig anders desregierung über die bereits gewährten Mittel aus § 19 a EStG und des Vermögensbildungsgesetzes hinaus zusätzlich dar. Hier würde das Modell ein erhebliches Steuerspar- durch Steuerfreibeträge und Befreiung von den Sozialabgaben potenzial eröffnen, da es sich bei den Einkünften aus subventionieren, und in welcher Höhe soll dies geschehen? dem Kapitalbeteiligungsunternehmen weiterhin um Dividendeneinkünfte handeln würde, die je nach Ausge- Zu Frage 40: staltung des maßgeblichen Doppelbesteuerungsabkom- mens mit maximal 15 Prozent zu besteuern wären. Die Die Beteiligung von Mitarbeitern am wirtschaftlichen hieraus resultierenden Steuermindereinnahmen wären Erfolg der Unternehmen ist aus verschiedenen Gründen erheblich, sind jedoch nicht konkret bezifferbar. sinnvoll und wünschenswert. Zunächst sind hier die Ta- rifpartner gefordert, zu einvernehmlichen Lösungen zu kommen, die im beiderseitigen Interesse liegen. Aufgabe Anlage 18 des Staates ist es, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen und allenfalls ergänzend staatliche Förderung Antwort anzubieten. Mit dem Fünften Vermögensbildungsgesetz der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die (Förderung der Anlage vermögenswirksamer Leistungen Frage der Abgeordneten Christine Scheel (BÜND- mit der Arbeitnehmer-Sparzulage bis zu bestimmten NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/5854, Frage 39): Einkommensgrenzen) und dem § 19 a EStG (steuerbe- günstigte Überlassung von Vermögensbeteiligungen an Auf wie viele ehemals gemeinnützige Wohnungsunterneh- men verteilen sich die vom Bundesrat mit 98 Milliarden Euro be- Arbeitnehmer) stehen bereits heute zwei Instrumente zur (B) zifferten Bestände an Eigenkapital 02 (Bundesratsdrucksache Verfügung. Neben einer staatlichen Förderung, deren (D) 220/07), welche die Bundesregierung im Jahressteuergesetz Volumen allein an Steuerausfällen sich aktuell auf rund 2008 mit einer ausschüttungsunabhängigen Abgeltungsteuer 350 Millionen Euro beläuft, wurde den Tarifpartnern die belegen will, und wie schätzt die Bundesregierung die bereits in den Medien diskutierten Befürchtungen ein, dass deshalb Möglichkeit gegeben, die Anlage vermögenswirksamer „die Gesellschaften Mieten erhöhen, Instandhaltungen unter- Leistungen unter anderem auf Beteiligungen zu konzen- lassen oder Wohnungen an Finanzhaie verkaufen“ müssten trieren. („tz“ vom 10. Mai 2007)? Amtliche statistische Daten zur Anzahl der betroffe- Zu Frage 41: nen Wohnungsunternehmen sind nicht vorhanden. Eine Die Bundesregierung hat derzeit noch keine Entschei- Abfrage bei den obersten Finanzbehörden der Länder er- dung zur künftigen Ausgestaltung der staatlichen Förde- gab, dass im Veranlagungszeitraum 2003 rund 98 Mil- rung nach § 19 a EStG sowie nach dem Fünften Vermö- liarden Euro an EK-02-Beständen vorhanden waren und gensbildungsgesetz getroffen. Entsprechende Vorschläge sich auf rund 63 000 Unternehmen verteilten. Von den müssen mit den Festlegungen zum Subventionsabbau 38 Milliarden Euro entfielen rund 78 Milliarden Euro und mit dem Konsolidierungskurs der Bundesregierung auf ehemals gemeinnützige Wohnungsunternehmen: vereinbar sein. Sie müssen zudem auf ihre Umsetzbar- Nach Angaben des GdW Bundesverband deutscher keit und Kompatibilität zu bestehenden Förderinstru- Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. verteilen menten im Bereich der betrieblichen und privaten Al- sich diese 78 Milliarden Euro nahezu vollständig auf tersvorsorge überprüft werden. rund 1 800 Wohnungsunternehmen, die ihren Sitz in den alten Bundesländern haben. Eine weitere Untergliede- rung liegt der Bundesregierung nicht vor. Bei einer Anlage 20 abgeltenden Besteuerung des so genannten EK 02 (= un- versteuertes Eigenkapital aus der Zeit des körperschaft- Antwort steuerlichen Anrechnungsverfahrens) werden die finan- ziellen Interessen der betroffenen Unternehmen durch der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die die Festlegung der Höhe des abgeltenden Prozentsatzes Fragen der Abgeordneten Kerstin Andreae (BÜND- mit 3 Prozent des Bestands und durch die Verteilung der NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/5854, Fra- Zahlung über zehn Jahre berücksichtigt. gen 42 und 43): Warum ist der Ausbau der Förderung von Mitarbeiter- In den Medien diskutierte Befürchtungen sind daher modellen nicht in die mittelfristige Finanzplanung des Bundes gegenstandslos. bis 2011 aufgenommen, die das Kabinett in dieser Woche mit 11046 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007

(A) dem Haushalt 2008 beschließt (Quelle: „Beck will Arbeiter zu Zu Frage 45: (C) Kapitalisten machen“, „FAZ“.net, 26. Juni 2007)? Ist noch für diese Legislaturperiode geplant, ein Modell Auf den von den Tornados mit den genutzten Kame- der Mitarbeiterbeteiligung auf den Weg zu bringen, und wenn ras gefertigten Bildern ist eine Identifizierung von Per- ja, wie ist der weitere Zeitplan? sonen oder KFZ nicht möglich. Die in Amtshilfe im Rahmen der Unterstützungsleistung der Bundeswehr Zu Frage 42: eingesetzten Aufklärungssysteme Fennek sowie Trans- porthubschrauber sind ausrüstungstechnisch nicht in der Bei den angesprochenen Vorschlägen handelt es sich Lage, Bildmaterial aufzuzeichnen. um ein Konzept, zu dem noch kein Beschluss der Bun- desregierung vorliegt. Die entsprechenden Vorschläge Im Übrigen verweise ich auf den Bericht des Bundes- sind nicht etatreif, daher besteht keine Notwendigkeit ei- ministeriums der Verteidigung zu Unterstützungsleistun- ner Berücksichtigung im Rahmen der Finanzplanung. gen der Bundeswehr im Rahmen der Amtshilfe anläss- lich des G-8-Gipfels in Heiligendamm. Zu Frage 43: Zu Frage 46: Derzeit sind noch keine Entscheidungen der Bundes- regierung für ein neues Konzept zur Förderung von Mit- Die im Rahmen der Amtshilfe oder zu dienstlichen arbeiterbeteiligungen getroffen worden. Deshalb kann Zwecken erfolgten und nicht an die Polizei übergebenen ein Zeitplan nicht genannt werden. Datenaufzeichnungen verbleiben bei der Bundeswehr. Bundeswehr externe Stellen haben keinen Zugriff auf diese Dateien. Anlage 21 Antwort Anlage 23 der Parl. Staatssekretärs Dr. Barbara Hendricks auf die Antwort Frage der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann (DIE des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage LINKE) (Drucksache 16/5854, Frage 44): des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ In welchem Zeitraum will die Bundesregierung die jetzt DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/5854, Frage 47): vorgelegten Konzepte der Koalitionspartner zu einer stärkeren Mitarbeiterbeteiligung – für „Betriebliche Bündnisse und So- War sich die Bundesregierung bewusst, dass durch den ziale Kapitalpartnerschaften“ der Union einerseits sowie des Einsatz von Spähpanzern, Tornados und Feldjägern beim G-8- Gipfel in Heiligendamm bei den Demonstrationsteilnehmern (B) „Deutschlandfonds“ der SPD andererseits – gesetzlich reali- (D) sieren, und welche Auswirkungen wird diese Umsetzung auf fast zwangsläufig der Eindruck einer hoheitlichen Macht- die Tarifverhandlungen der Tarifpartner haben? demonstration durch die Bundeswehr entstehen musste und so bei zivilen Demonstranten ein Gefühl der Bedrohung hervor- Zu den vorliegenden Konzepten zur stärkeren Mit- gerufen wurde? arbeiterbeteiligung hat die Bundesregierung noch keine Mit der technisch-logistischen Unterstützungsleistung Entscheidungen getroffen, da diese Konzepte zunächst der Bundeswehr für den G-8-Gipfel im Rahmen der eingehend geprüft werden müssen. Ob und in welchem Amtshilfe auf der Grundlage des Artikel 35 Abs. l des Ausmaß sich gegebenenfalls Auswirkungen auf die Grundgesetzes war weder die Absicht oder die Zielset- Tarifverhandlungen der Tarifpartner ergeben, hängt in zung einer Machtdemonstration verbunden. Das subjek- erster Linie von der Bereitschaft der Tarifpartner ab, tive Empfinden oder die subjektive Wahrnehmung von Mitarbeiterbeteiligungen ein stärkeres Gewicht zu ver- Einzelpersonen ist durch die Bundesregierung nicht zu leihen. bewerten. Zudem verweise ich auf den Bericht des Bun- desministeriums der Verteidigung zu Unterstützungsleis- tungen der Bundeswehr im Rahmen der Amtshilfe an- Anlage 22 lässlich des G-8-Gipfels in Heiligendamm. Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Fra- Anlage 24 gen der Abgeordneten Inge Höger (DIE LINKE) Antwort (Drucksache 16/5854, Fragen 45 und 46): Kann die Bundesregierung definitiv ausschließen, dass auf des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage Aufnahmen, die durch Bundeswehrangehörige bzw. Bundes- der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE) (Drucksa- wehrgerät (Tornados, Fenneks, Hubschrauber etc.) von che 16/5854, Frage 48): Demonstrantinnen und Demonstranten rund um Heiligen- Teilt die Bundesregierung die Ansicht, wie sie der Parla- damm und Rostock im Kontext des G-8-Gipfels gemacht wur- mentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidi- den, die Identifizierung von Personen und Kennzeichen mög- gung, Christian Schmidt, im Innenausschuss vertreten hat, lich ist (bei optimaler Auflösung und unter Zuhilfenahme aller dass die Prüfung eines Amtshilfeersuchens, das ein Land an technischen Möglichkeiten zur Nachbearbeitung der Aufnah- die Bundesregierung stellt, im Hinblick auf die Verhältnismä- men)? ßigkeit allein dem Land überlassen bleibt und der Bund von Wer hat zukünftig Zugriff auf die Daten, die bei Bundes- dieser Prüfung entbunden ist, und wie bewertet sie vor diesem wehreinsätzen im Kontext des G-8-Gipfels gesammelt wurden Hintergrund die Aufklärungsflüge der Tornados beim G-8- (mithilfe von Tornados, Hubschraubern und Fenneks etc.)? Gipfel? Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juli 2007 11047

(A) Für die polizeiliche Gefahrenabwehr oder Gefahren- der Verwaltungsvereinbarung zwischen der Bundesrepu- (C) vorsorge sind nach der Aufgabenverteilung des Grund- blik Deutschland und dem Land Mecklenburg-Vorpom- gesetzes grundsätzlich die Länder zuständig. Das bedeu- mern vom 14. Dezember 2006 unterstützt der Bund das tet, dass die Länder sowohl für die polizeiliche Land bei der Erfüllung seiner Aufgaben im Zusammen- Lageanalyse verantwortlich sind als auch für die Frage, hang mit der Durchführung des G-8-Gipfels in Heiligen- welche Mittel erforderlich sind, um den erkannten Ge- damm durch Verzicht auf die Erstattung der Kosten der fahren in geeigneter Weise zu begegnen Dies schließt Bundesbehörden sowie verschiedener Sachkosten. Im auch die Frage der Verhältnismäßigkeit der Mittel ein. Sinne dieser Vereinbarung wird auf die Erstattung der Bei einem Amtshilfeersuchen eines Landes um Unter- Kosten für Unterstützungsleistungen der Bundeswehr stützungsleistungen des Bundes bei der polizeilichen verzichtet; sämtliche von der Bundeswehr erbrachten Gefahrenvorsorge sind Notwendigkeit und Zweckmä- Unterstützungsleistungen werden aus dem Einzelplan 14 ßigkeit der Anforderung vom ersuchenden Land zu prü- finanziert. fen. Dem Bund fehlen hierfür nicht nur die Kenntnisse vor Ort, sondern dafür ist er von Verfassungs wegen Zu Frage 50: nicht zuständig. Der Bund prüft aber, ob die verfas- sungsmäßigen Voraussetzungen der Amtshilfe gegeben Die Frage der Kostenerstattung wurde in Vorberei- sind. Im Übrigen verweise ich auf den Bericht des Bun- tung auf den G-8-Gipfel mit einer entsprechenden Ver- desministeriums der Verteidigung zu Unterstützungsleis- waltungsvereinbarung zwischen der Bundesrepublik tungen der Bundeswehr im Rahmen der Amtshilfe an- Deutschland und dem Land Mecklenburg-Vorpommern lässlich des G-8-Gipfels in Heiligendamm. vom 14. Dezember 2006 geregelt.

Anlage 25 Anlage 26 Antwort Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Frage des Parl. Staatssekretärs Christian Schmidt auf die Fra- des Abgeordneten Jan Korte (DIE LINKE) (Drucksa- gen des Abgeordneten Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ che 16/5854, Frage 51): DIE GRÜNEN) (Drucksache 16/5854, Fragen 49 und 50): Welche Aufgaben hatte die „Crowd and Riot Control“- Welche erstattungsfähigen Kosten sind der Bundeswehr Einheit (CRC) der Bundeswehr, und wo war sie genau einge- im Zusammenhang mit dem G-8-Gipfel durch die Vorberei- setzt? tung, Bereitstellung und den Einsatz von Fahrzeugen, Mate- (B) rial und Personal entstanden, und wer trägt letztendlich diese Feldjägerkräfte mit einer sogenannten „Crowd and (D) Kosten? Riot Control“-Befähigung – also der Befähigung zur Haben die Vertreter des Bundes gegenüber der Landesre- Überwachung und Kontrolle potenziell gewalttätiger gierung Mecklenburg-Vorpommern den Eindruck erweckt, Menschenmengen – wurden während des G-8-Gipfels dass Hilfeleistungen der Bundeswehr entgegen der allgemei- im Rahmen des Eigenschutzes der Bundeswehr in lage- nen Rechtspraxis bei der Amtshilfe vollkommen kostenfrei erfolgen könnten? abhängig wechselnder Stärke und an wechselnden Ein- satzorten ausschließlich zur Unterstützung militärischer Zu Frage 49: Bedarfsträger im Bereich militärisch genutzter Liegen- schaften eingesetzt. Für weitere Informationen verweise Die Unterstützungsleistungen der Bundeswehr wer- ich auf den Bericht des Bundesministeriums der Vertei- den nach Abschluss aller Maßnahmen nach Vollkosten digung zu Unterstützungsleistungen der Bundeswehr im und Amtshilfesatz berechnet. Ein belastbares Ergebnis Rahmen der Amtshilfe anlässlich des G-8-Gipfels in liegt frühestens Ende September 2007 vor. Entsprechend Heiligendamm.

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