Visus Und Vision 150 Jahre DOG

Visus Und Vision 150 Jahre DOG

DOG Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft Die wissenschaftliche Gesellschaft der Augenärzte Visus und Vision 150 Jahre DOG Visus und Vision Festschrift zum 150-jährigen Bestehen der 150 Jahre DOG Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft Impressum Herausgeber: DOG Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft Geschäftsstelle Platenstr. 1 80336 München 2007 im Biermann Verlag GmbH, 50997 Köln. Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder andere Verfahren) reproduziert oder unter Verwen- dung von mechanischen bzw. elektronischen Datenverarbeitungsmaschinen gespeichert, systematisch ausgewertet oder verbreitet werden. Grafische Umsetzung: Ursula Klein Lektorat: Britta Achenbach Druck: MediaCologne, Hürth Layoutkonzept: design alliance Büro Roman Lorenz München Inhaltsverzeichnis S. 11 Vorwort Prof. Duncker S. 17 Die Geschichte der DOG bis 1933 S. 35 Die DOG im „Dritten Reich“ (1933-1945) S. 67 Die Entwicklung der Augenheilkunde in der ehemaligen DDR und die Beziehungen der Gesellschaft der Augenärzte der DDR zur DOG (1945-1990) S. 89 Die Geschichte der DOG in Westdeutschland von 1945 bis 1990 S. 245 Die Entwicklung der DOG in den Neuen Bundesländern von 1990 bis 1995 S. 257 Wachstum und Wandel – Zu den strukturellen Veränderungen der DOG von 1989 bis heute S. 265 Zur Zukunft der DOG S. 275 Der internationale Charakter der DOG aus historischer Sicht S. 293 Gedenken an Albrecht von Graefe – Die Graefe- Sammlung der DOG am Berliner Medizinhisto- rischen Museum S. 311 Die Nachfahren der von Graefe- und Graefe-Familien Anhänge: S. 355 Liste der Präsidenten und Tagungsthemen S. 359 Liste der Ehrenmitglieder S. 365 Supplement 2013: S. 367 Vollständiges Namensverzeichnis S. 379 Umfangreiches Sachverzeichnis Gernot I. W. Duncker Vorwort 11 Das 150. Jubiläum der Deutschen Ophthal- wenigen medizinischen Fachgesellschaften in mologischen Gesellschaft soll – so ist das Deutschland, die dies in dieser Form geleistet Anliegen dieser Festschrift – Anlass sein, im haben – und dafür gebührt dem Autor unser Tagesgeschäft innezuhalten und einmal aller Dank. die Epochen dieser ältesten medizinischen Fachgesellschaft der Welt Revue passieren zu Auch die in dieser Festschrift nachzulesen- lassen. de Entwicklung der Augenheilkunde in der ehemaligen DDR und die damaligen Bezie- Die historische Dimension der DOG ist in der hungen der Gesellschaft der Augenärzte der Tat einzigartig und erschließt sich dem Leser DDR zur DOG entbehren nicht einer gewissen dieser Festschrift mühelos. Hierbei ist es ein Brisanz: Bis heute liegt weder für den oph- großes Glück, dass für die Beiträge, die sich thalmologischen Bereich noch für die ge- mit den Wurzeln und Anfängen, aber auch samte Medizin eine Chronik und Bewertung mit dem internationalen Charakter der „Oph- der Geschehnisse 1945-1989 vor, die auch von thalmologischen Gesellschaft“ beschäftigen, denen, die in der DDR gelebt haben und sich mit Klaus Bergdolt und Jutta Herde Autoren mit diesem System täglich auseinandersetzen gewonnen werden konnten, die beides sind: mussten, in allen Nuancen akzeptiert werden Ophthalmologen und Medizinhistoriker. kann. Umso mehr müssen wir Manfred Jähne Zusätzlich lässt Frau Beate Kunst vom Berliner für sein Kapitel danken, das durchaus auch Medizinhistorischen Museum in ihrem Kapi- durch die persönlichen Passagen authentisch tel Albrecht von Graefe und die Exponate der ist und von jemandem geschrieben wurde, Graefe-Sammlung lebendig werden. der die DDR vom ersten bis zum letzten Tag durchlebt hat. Mit dem Kapitel von Manfred Die DOG hat die Monographie von Jens Mar- Jähne ist hier ein Anfangsstein gesetzt wor- tin Rohrbach „Augenheilkunde im National- den. Für eine abschließende Aufarbeitung die- sozialismus“ tatkräftig gefördert und auch ser komplexen und umfangreichen Thematik finanziell unterstützt. Es ist nur folgerichtig, wäre es jedoch zweifelsohne wünschenswert, dass eine eigenständige Darstellung und wenn das umfassende Quellenmaterial Bewertung der Geschichte der DOG während hierzu aufgearbeitet werden könnte, das von des „Dritten Reiches“ durch denselben Autor den Archiven der Rektorate und Dekanate, erfolgt. Jens Martin Rohrbach hat mit seinem den noch vorhandenen Unterlagen der betref- Beitrag dieses dunkle Kapitel deutscher Ge- fenden Ministerien und Parteileitungen, den schichte für die DOG aufgearbeitet – und wir Evaluierungskommissionen bis hin zu den gehören damit neben den Pädiatern zu den Unterlagen der Gaugk-Behörde reicht. Ein sol- 1 ches Werk hätte freilich die Dimension dieser der Hoffnung Ausdruck geben, dass diese Festschrift völlig gesprengt – so wünschens- Festschrift ein würdiger Beitrag zum Selbst- wert es ist. verständnis unserer traditionsreichen Gesell- schaft ist. Sehr zu Dank verpflichtet bin ich Martin Reim, der als Zeitzeuge die Phase des Wiederauf- baus und die Grundlagen unserer Gesell- schaft in der Zeit von 1945-1989 dargestellt Prof. Dr. med. habil. Gernot I.W. Duncker hat. Dieses Kapitel ist weit umfangreicher als Präsident der DOG 2007Klinik und Poliklinik die übrigen Beiträge dieser Festschrift, wurde für Augenheilkunde aber deshalb in vollem Umfang belassen, weil Universitätsklinikum der Martin-Luther- es exemplarisch zeigt, wie die DOG arbeitet Universität Halle-Wittenberg und lebt und weil gerade diese historische Ernst-Grube-Str. 40 Phase grundlegend ist für das Verständnis der 06120 Halle/Saale heutigen Struktur der DOG. Rolf Grewe hat vor und nach der Wende We- sentliches geleistet zum Zusammenwachsen von neuen und alten Bundesländern in der DOG; es ist nur zu folgerichtig, dass er auch die Entwicklung der DOG in den neuen Bun- desländern in dieser Festschrift darstellt. Die Überlegungen und satzungsgemäßen Voraussetzungen für die heutige Gesell- schaftsstruktur der DOG werden von Philip Gass, dem Geschäftsführer der DOG darge- legt, und der Generalsekretär unserer Gesell- schaft, Anselm Kampik, zeigt prägnant die Zukunftsperspektiven der DOG auf. Es war mir eine ausgesprochene Freude, diese Festschrift zu moderieren und die Entstehung der Beiträge zu begleiten und ich möchte 1 Klaus Bergdolt Die Geschichte der DOG bis 1 1 Klaus Bergdolt Die Geschichte der DOG bis 1 Jubiläen wissenschaftlicher Fachgesell- gischen Gesellschaft angebracht. Die konsti- 1 schaften sind oft Anlass, die Vergangenheit tuierende Tagung vom 3. bis 5. September 1857 zu verklären. Die Erinnerungsorte, von de- (Ort und Jahreszeit blieben, von wenigen Aus- nen die Historiker sprechen und die uns nahmen abgesehen, bemerkenswerterweise als kollektive Orientierungspunkte dienen, über hundert Jahre unverändert) ist Legende tendieren, aus der Sicht des Individuums wie geworden. Nicht zuletzt zur Legitimierung des der Gesellschaft, zur Selektion der Gedan- Tagungsortes wurde bei späteren Treffen häu- ken. Der Neuronal Turn, der nun auch – nicht fig Albrecht von Graefe (1828-1870), der Spiri- ohne heimliche Bewunderung des naturwis- tus Rector der neuen Gesellschaft und wohl senschaftlichen Paradigmas – von einigen bedeutendste Augenarzt des 19. Jahrhunderts, Historikern vertreten wird, wertet erinnerte zitiert: „Ich habe daran gedacht, ob es nicht Gedanken, besonders aber Biographien, per- zu verwirklichen wäre, dass gewisse eifrige sönliche Rückblicke und Erzählungen grund- Jünger der Ophthalmologie sich alljährlich an sätzlich skeptisch. Die Mnemotechnik, die einem schönen Punkte, z. B. in Heidelberg trä- uns die Struktur unseres Gehirns nahe legt, fen und einige Zeit des Zusammenseins zum akzentuiert im Zweifelsfall das Positive und Teil in wissenschaftlichen Bestrebungen und blendet Unerfreuliches, Negatives, Versagen Mitteilungen, zum Teil in harmloser Muße ver- und Schuld aus. So erfährt nicht nur die zur brächten…“. Der biedermeierliche Ton täuscht. Aufarbeitung von NS-Verbrechen und Kriegs- Zwar mag die blühende Heidelberg-Romantik greueln herausgestellte Oral History, also die des 19. Jahrhunderts dazu beigetragen haben, Verwendung der Aussagen von Zeitzeugen dass einige Augenärzte auch aus touristi- zur Klärung historischer Ereignisse, auf Grund schen Gründen der „Ophthalmologischen dieser Subjektivität zunehmend Kritik. Unter Gesellschaft“ beitraten, doch stand hinter der dem Einfluss mentalitäts- und kulturge- Gründung der wohl ältesten medizinischen schichtlicher Diskurse wird inzwischen sogar Fachgesellschaft der Welt auch hartes Kalkül. die Bedeutung schriftlicher Quellen relativiert, Sie fiel in eine dramatische, von Streit und kol- deren Inhalt sich nur nach sorgfältigster legialer Eifersucht geprägte Umbruchzeit. Seit Analyse der relevanten Kontexte erschließt. etwa 1850 hatte sich in der europäischen Me- In der Geschichte der Augenheilkunde haben dizin ein einschneidender, bis heute nachwir- solche Zweifel bisher allerdings kaum Spuren kender Paradigmenwechsel vollzogen, für den hinterlassen. vor allem deutsche und französische Ärzte verantwortlich waren. Ein hemmungsloser, ja Eine gewisse Skepsis ist so auch bezüglich der schriller Optimismus bestimmte die Szene, in meist als Metapher des Fortschritts darge- der man sich rechtzeitig und mit Überlegung stellten Frühzeit der Deutschen Ophthalmolo- positionieren musste. Vor allem der Physiolo- ge und Anatom Johannes Müller (1801-1858), und kühne operative Techniken, die zunächst der als junger Forscher noch der „roman- im Tierversuch erprobt wurden, brillierte. tischen Medizin“ anhing und die „neue“ Das neue medizinische Interesse am Sehor- Physiologie zunächst als Irrweg bekämpfte,

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