W ieden im W iederaufbau Nach der Befreiung Österreichs stand auch Wien unter alliierter Besatzung. Der erste Bezirk war unter der Verwaltung aller vier Signatarmächte des späteren Staatsvertrags, die restlichen Bezirke teilten sich Amerikaner, Engländer, Franzosen und Russen auf, wobei letzteren auch die Wieden zufiel. Den russischen Soldaten war eine Gräuelpropaganda voraus geeilt, die die Wiener, und vor allem die Wienerinnen veranlasste, sich zuhauf in die westlicheren Bundesländer abzusetzen. Tatsächlich plünderten, verschleppten und vergewaltigten zahlreiche Mitglieder der Roten Armee die EinwohnerInnen der Stadt. Gleichzeitig war es der Besatzungsmacht aber auch ein Anliegen, das städtische, insbesondere das kulturelle Leben wieder in Gang zu bringen. Wien war in den Kriegsjahren eine Stadt der Frauen geworden – viele der Wiener Männer waren tot oder in Kriegsgefangenschaft. Von den Wiener Jüdinnen und Juden hatten nur circa 1.000-2.000 in der Stadt – oft im Untergrund – überlebt. Am 27. April 1945 trat eine provisorische Staatsregierung mit Karl Renner als Staatskanzler zusammen und proklamierte die Wiedererrichtung der (Zweiten) Republik. Die Besatzung des Landes durch seine Befreier wurde bald als Last empfunden. Nicht mehr wahrgenommen wurde dabei, dass der Wiederaufbau ohne sie weit langsamer voran gegangen wäre. Nicht mehr geschätzt wurde, dass Österreich immerhin durch die Alliierten vom Nationalsozialismus befreit wurde: Die Integration der „alten Nazis” in das politische System der Zweiten Republik wollte man lieber ohne Kontrollore durchführen. Operngasse 9 den Amerika-Häusern und dem von Treitlstraße 2 121 EHemaliges PorrHaus den Amerikanern bespielten Kos- 122 KunstHalle Wien mos-Theater in der Siebensterngasse Der 1930/31 von Fritz Judtmann und geplant. Auf fünf Stockwerken prä- Als die Gemeinde Wien 1992 die von Egon Riss entworfene Stahlbetonbau sentierte man Sozialismus sowjeti- Architekt Adolf Krischanitz entwor- wurde durch die Allgemeine Bauge- scher Prägung. Das Porrhaus verfügte fene Kunsthalle auf der Brache neben sellschaft A. Porr AG, die im Nachbar- über eine Bibliothek, Vortrags- und der "Autobahn" über den Karlsplatz gebäude Nr. 11 ihre Zentrale hatte, Veranstaltungsräume, sowie einen errichten ließ, ging ein Aufschrei als Kino oder durch die Stadt. Die gelbe Halle mit Theater nutz- ihren markanten hellblauen Zargen baren Mehr- störte das ästhetische Empfinden zwecksaal für vieler WienerInnen (die "G'stetten", 600 Personen. die der Platz vorher war, störte nur Neben einem Wenige), doch war sie ohnehin nur regelmäßi- als Provisorium bis zur Eröffnung der gen Film- Kunsthalle Wien im Museums Quartier programm (MQ) geplant. Doch weiß der gelernte präsentierte Wiener und auch die Wienerin, dass ab Dezem- sich Provisorien in Wien gut halten ber 1950 Kurt und auch großer Beliebtheit erfreuen. Sobotka mit Kaum war die Kunsthalle im MQ fer- seinem Jun- tiggestellt, begann man um den unge- gen Ensemble liebten Bau zu trauern. Die Kunsthalle Wo heute die Kunsthalle Wien steht, war unmittelbar nach Kriegsende ein regelmäßig am Karlsplatz hatte sich mit ihren po- Trümmerfeld. Foto Arnold Samuel. politisches pulären Ausstellungen zu einem Fix- Kabarett. Die punkt der Wiener Kunstszene entwi- errichtet und war im Besitz des Ge- Sendereihe Wie geht’s, wie steht’s mit ckelt und das luftige Kunsthallen-Café werkschaftsbundes der österreichischen Fritz Muliar und Marcel Bernard zu einem ebenso beliebten Fixpunkt Arbeiter und Angestellten. Als dieser als Conférenciers sowie Karl Paryla, des Wiener Nachtlebens. Etwas klei- nach dem Anschluss im März 1938 Ernst Waldbrunn, Peter Alexander, ner dimensioniert schuf wieder Adolf verboten wurde, beschlagnahmte die Cissy Kraner und Hugo Wiener wur- Krischanitz 2002 den "project space" Deutschen Arbeitsfront das Gebäu- de im Porrhaus aufgenommen und der Kunsthalle am Karlsplatz, diesmal de, später wurde es auch als Laza- im Rahmen der Russischen Stunde im aber nicht knallig sondern edel aus rett genutzt und nach der Befreiung Radio gesendet. 1978 trat Falco bei Glas und Stahl. im September 1950 als Sowjetisches einer legendären Show der Wiener Informationszentrum eröffnet. Zusam- Anarcho-Punkband Drahdiwaberl un- Die Kunsthalle steht übrigens seit 2005 men mit dem Scala-Theater war es als ter über dreissig Akteuren auf der im Rosa-Mayreder-Park, auch wenn propagandistisches Gegengewicht zu Porrhaus-Bühne auf. dieser nicht wirklich als Park zu er- 8 6 W ieden im W iederaufbau 122 Tr EHemaliges PorrHaus ei 121 tls t e r. e Re 123 l s121s i se eF lg z au K a s a n l r e m l s i an g p KunstHalle Wien g n l 122 WSchl l a t Scha z e r n urhofe 124 t ü h l e r hS M g Bru cknerstr e n p c e P T c if h a ec e z ß ni h h m a g n R K ü r lgas e ik i O p t ü Ho e k r. s s r SCHleiCHHandel . s s h t e t a keplat g s y r. 123 lg enst l p l g i o n ret u e a H R F f s a ran e d rga p g e a k H e A M n s g ß e u e r r be a e rg r m M ü h l g r l n . g e a d s t ü h P e s i K g Wien Museum r a ß e 124 l e ß W r P a u l g t ß c h w i n d g S g. G u ß h a u a Kammer F. Arbeiter U. er a n n r g t e n s n e r g . a r runn e t b t W a m 127 Angestellte FÜR Wien u o h l l e b e n a rP s 125 a g g W S chön g - S r F r Ne a r r e u n e ß M o n z a r e M t g e i g e g d g g e l engass u n g ß ß tumm G r o ß e ö g E a FunkHaus aubs i o r a T - 126 ien l r F t z R t S c h ä f f e r 128 s n F n i l n e r z e e N e i t e t s P ß la i 126 125 c h r r g u sp g ra S SCala THeater g m m . o c r i t t e t h h gnerstr 127 R a n Til v g l s l ü s s a 129 a n Br A P l ö ß g g pt F u l e r g l ei G g t e Ha rs . te r l t o f g o l GerHard FritsCH Mi r r h ß e e Da 128 a y ö M g ne nhauserg tz m N dpla s t Möllwal bliCkpunkt K l ed e L a m b r e c h t g u c h a g - M o g Wi S c s g S Wiedner Hauptstraße 40 n g e . b a r se u b h e umgas R u ian m 130 a u m b l t her es g a T . W g . Heinz Conrads s t e 129 f r o 131 u s s n g a P r e r d e . ng e i b e h o r u s g l v e L g e r g B e e n g bliCkpunkt h-Pl. s a r o l i n e Elisabet K St. m 132 e g om Rienößlgasse 15 ß . r Gr g . e linen Karo M n a i a g f r -Starhembe T r e g R a t e g a p ß d o r o l S c h ö n b u r s G a p t r e n t Freie BÜHne Wieden l g J o h a k e i 130 . s t r V i rg e n n r i - G n - o S . i W e y r i n g e r g v t t r a u ß - G g B n SemperitHaus a s t 131 l e c h e s g F e i g S r . Kolschitzkyg n g r . l l e i A t c h e u r m g a s s e S Die StraSSenbaHnlinie 13 g Pl. 132 i n l l e h e Südtiroler S c 133 R a d e c k 133 Ernst MarisCHka g kennen ist. Es wäre eine schöne Wür- In der letzten Kriegszeit und den dete sich ein großer Schleich- und digung der Wiener Frauenrechtlerin, ersten Jahren nach der Befreiung Schwarzmarkt aus, bei dem alles ge- würde die Kunsthalle die Adresse "Im waren die StädterInnen gezwungen gen alles getauscht wurde, zumeist Rosa-Mayreder-Park 1" führen. aufs Land zu fahren, um dort direkt jedoch Wertsachen gegen Lebens- von den Bauern Nahrung zu bekom- mittel: Zentrum des Schleichs, wie Karlsplatz, Resselpark men, denn in der Stadt gab es nichts er in Wien genannt wurde, war der 123 SCHleiCHHandel mehr zu kaufen. Oft tauschten sie Karlsplatz, und dort wiederum das Wintermäntel Café Resselpark. und Schmuck gegen kleine Karlsplatz 8 Rationen bäuer- 124 Wien Museum licher Lebens- mittel, die sie Lange Zeit, bis zur Eröffnung des geheim in die Museumsquartiers (MQ) 2001, blieb Stadt bringen das 1959 eröffnete Historische Muse- mussten, da der um der Stadt Wien der einzige Muse- Schwarzhandel umsneubau der Zweiten Republik in streng verbo- Wien.
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