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es kommen härtere Tage – rough days may come Ingeborg Bachmann – Dieter Kaufmann Dieter Kaufmann (*1941) EVOCATION - Oratorium gegen die Gewalt für Sopran, Sprecherin, Violine, Klavier, Streichquintett, Terzett, 24-stimmigen gemischten Chor und Streichorchester op. 11 nach Gedichten von Ingeborg Bachmann (Uraufführung am 17.11.1968 im ORF-Funkhaus Klagenfurt) Live Recording 01 EVOCATION I für Sopran, Violine und Klavier 13:16 Präfix I. Trigon II. X III. Constellation Appell Diagonal Astral Figural Quadrat Vox Relation – nach dem Gedicht „Anrufung des großen Bären“ 02 EVOCATION II für Sopran, Sprecherin, Streichquintett, Klavier, 24-stimmigen gemischten Chor und 12 Streicher 11:35 1. Teil – nach dem Gedicht „Reklame“ 2. Teil 3. Teil – nach dem Gedicht „Alle Tage“ 03 EVOCATION III für Sopran, Violine, Sprecherin, Klavier, Vokalterzett, Streichtrio, Kontrabass und gemischten Chor 14:33 – nach dem Gedicht „Die gestundete Zeit“ CONCERTOMOBIL in der Fassung für Solovioline, Streichorchester und elektroakustische Zuspielungen op. 18 04 CONCERTOMOBIL I 06:03 05 CONCERTOMOBIL II 05:50 206 CONCERTOMOBIL III 06:01 07 PAGANIHILISMO für Solovioline und 512 geklonte Geiger op. 77 Premiere Recording 10:23 08 ELENA EN FACE Poème für Violine und Kammerorchester für Elena Denisova op. 132 Premiere Recording 10:25 Total time / Gesamtspielzeit / Durée totale / 総合演奏時 間: 78:43 Elena Denisova Solo Violin Elisabeth Sykora Soprano Gunda König Recitation Vocal Ensemble Budapest Gustav Mahler Ensemble Collegium Musicum Carinthia RTV Orchestra Moscow Alexei Kornienko Conductor 3 DE EVOCATION op .11 ist unter dem Eindruck der Mai-Unruhen 1968 in Paris entstanden, die ich bei meinem Aufenthalt als Stipendiat der Kompositionsklasse von Olivier Messiaen miterlebt habe, geht aber auf einen früheren Plan zurück, ein größeres Werk gegen den Krieg zu schrei - ben. Die Gedichte von Ingeborg Bachmann ließen die Idee Wirklichkeit werden. Die Komposition will dem Individuum, der Stimme des Einzelnen – im Konzert der Tau - send – Recht geben. Auf ihn kommt es an, jeder Einzelne hat in der Partitur seine eigene Stimme, und aus der Vielfalt der Individuen wächst Widerstand und Einsicht. Die Keimzelle des Werkes wird von Halbton- und Ganztonkonstellationen gebildet. Formstrukturen werden durch symmetrische Teilung der Oktave gewonnen (Tritonus, drei große oder vier kleine Terzen) und Klangschwerpunkte, meist aus der Tritonusspan - nung, heraus gesetzt. Sehr oft werden elementare Verhältnisse geschaffen: Intervallrei - hen, Tonleitern aus abwechselnd Halb- und Ganztönen, Tonballungen (Cluster). Ein Hauptanliegen der Komposition ist der „Übergang“: Übergang vom Ton zum Wort, vom Geräusch zum Ton oder umgekehrt, Übergang von engen Intervallen zu weiteren, von weitmaschigen zu dichteren Strukturen, Übergang in jeder möglichen Erscheinungsform. Dieter Kaufmann Ingeborg Bachmann am 25. Juni 1926 in Klagenfurt geboren, Lyrikerin, Erzäh - lerin, Hörspielautorin, Essayistin. 1952 erste Lesung bei der Gruppe 47. Preise: Bremer Literaturpreis, Großer Österreichischer Staatspreis, Anton-Wildgans-Preis. „Malina“ - der erste und einzige Roman der Autorin, der 1971 erschien. Sie lebte nach Aufenthalten in Wien, Mün - chen, Rom und Zürich wieder in Rom, wo sie am 17. Ok - 4 tober 1973 starb. TEXTE DE ANRUFUNG DES GROSSEN BÄREN REKLAME Großer Bär, komm herab, zottige Nacht, Wohin aber gehen wir Wolkenpelztier mit den alten Augen, OHNE SORGE SEI OHNE SORGE Sternenaugen, wenn es dunkel und wenn es kalt wird durch das Dickicht brechen schimmernd SEI OHNE SORGE deine Pfoten mit den Krallen, aber Sternenkrallen, MIT MUSIK wachsam halten wir die Herden, was sollen wir tun doch gebannt von dir und mißtrauen HEITER UND MIT MUSIK deinen müden Flanken und den scharfen und denken halbentblößten Zähnen, HEITER alter Bär. angesichts eines Endes Ein Zapfen: eure Welt. MIT MUSIK Ihr: die Schuppen dran. und wohin tragen wir Ich treib sie, roll sie AM BESTEN von den Tannen im Anfang uns’re Fragen und den Schauer aller Jahre zu den Tannen am Ende, IN DIE TRAUMWÄSCHEREI OHNE SORGE schnaub sie an, prüf sie im Maul SEI OHNE SORGE und pack zu mit den Tatzen. was aber geschieht AM BESTEN Fürchtet euch oder fürchtet euch nicht! wenn Totenstille Zahlt in den Klingelbeutel und gebt eintritt dem blinden Mann ein gutes Wort, daß er den Bären an der Leine hält. Und würzt die Lämmer gut. ‘s könnt sein, daß dieser Bär sich losreißt, nicht mehr droht und alle Zapfen jagt, die von den Tannen gefallen sind, den großen, geflügelten, die aus dem Paradiese stürzten. 5 DE ALLE TAGE DIE GESTUNDETE ZEIT Der Krieg wird nicht mehr erklärt, Es kommen härtere Tage. sondern fortgesetzt. Das Unerhörte Die auf Widerruf gestundete Zeit ist alltäglich geworden. Der Held wird sichtbar am Horizont. bleibt den Kämpfern fern. Der Schwache Bald mußt du den Schuh schnüren ist in die Feuerzonen gerückt. und die Hunde zurückjagen in die Marschhöfe. Die Uniform des Tages ist die Geduld. Denn die Eingeweide der Fische Die Auszeichnung der armselige Stern sind kalt geworden im Wind. der Hoffnung über dem Herzen. Ärmlich brennt das Licht der Lupinen. Er wird verliehen, Dein Blick spurt im Nebel: wenn nichts mehr geschieht, die auf Widerruf gestundete Zeit wenn das Trommelfeuer verstummt, wird sichtbar am Horizont. wenn der Feind unsichtbar geworden ist Drüben versinkt dir die Geliebte im Sand, und der Schatten ewiger Rüstung er steigt um ihr wehendes Haar, den Himmel bedeckt. er fällt ihr ins Wort, Er wird verliehen er befiehlt ihr zu schweigen, für die Flucht von den Fahnen, er findet sie sterblich für die Tapferkeit vor dem Freund, und willig dem Abschied für den Verrat unwürdiger Geheimnisse nach jeder Umarmung. und die Nichtachtung Sieh dich nicht um. jeglichen Befehls. Schnür deinen Schuh. Jag die Hunde zurück. Wirf die Fische ins Meer. Lösch die Lupinen! Es kommen härtere Tage. 6Ingeborg Bachmann: Werke, Bd. 1. Gedichte ©1978 Piper Verlag GmbH, München Die folgenden Gedichtbände von Ingeborg Bachmann sind im Piper Verlag DE erschienen und im Buchhandel erhältlich: 7 DE CONCERTOMOBIL op .18 in der Fassung für Solovioline, Streichorchester und elektroakustische Zuspielungen ist eine der mobilen Aufführungs-Möglichkeiten. Sie wurde 1994 von Elena Denisova und dem Collegium Musicum Carinthia in der Klagenfurter Universität eingespielt. Das 1972 bei den Donaueschinger Musiktagen in der Fassung mit großem Orchester von Saschko Gawrilow und Ernest Bour uraufgeführte Werk reflektiert Tugend und Untu gend des totalen Wettbewerbs bis ins Groteske. Kaufmann, seit frühester Kindheit mit Violin - musik konfrontiert (Vater und Schwester waren GeigerInnen) verwendet für sein CON - CERTOMOBIL dabei vielfach „bereits verdaute musikalische Stoffe“, wobei für ihn weniger die Originalität der Elemente eine Rolle spielt, die bis an die Grenze des Kli - scheehaften eingesetzt sind, sondern vielmehr das „Konzertieren“, die Konkurrenz, die sich aus der Kombination dieser heterophonen Einheiten ergibt. Bei Aufführungen können die einzelnen Elemente Solovioline, Streichorchester, Tonbän - der mit manipulierter Baßtuba und Blaskapelle, sowie großes Orchester, simultan oder aufeinanderfolgend, verschieden („mobil“) kombiniert werden. Als 1972 in Donaueschingen mein Violinkonzert CONCERTOMOBIL uraufgeführt wurde, schrieb ich im Programmheft: „Man könnte es als 'das letzte Instrumentalkonzert' oder als 'Porträt eines Violinkonzerts' bezeichnen, denn es reflektiert Tugend und Untugend des totalen Wettbewerbs bis ins Groteske...“. Heute, mehr als ein Vierteljahrhundert später, bin ich – mit geänderten technischen Mit - teln – wieder so weit und es lässt sich wohl annehmen, ja hoffen, dass es immer wieder sogenannte letzte Stellungnahmen zu den ewig neuen alten Fragen der Musik geben wird. PAGANIHILISMO op .77 Akusmatische Variationen über drei Fragmente aus der Sauret-Cadenz zum 1. Violinkon - zert von Niccoló Paganini. Für Solovioline und 8-Kanal-Klanginstallation oder Stereo-Zuspielung, nach Originalauf - nahmen mit Elena Denisova. Realisiert 1997 im ELAK WIEN (Institut für Komposition und Elektroakustik/ Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien). Ein Stück Virtuosenmusik, aus seinem historischen, musikalischen und sozialen Umfeld herausgeschnitten und in heutige Zeit- und Frequenzverhältnisse versetzt. 8Schon Paganini hatte mit Stimmung/Verstimmung experimentiert, als er den Solopart seines Es-Dur-Konzerts in D-Dur notierte und auf einem Instrument spielte, dessen Saiten DE um einen Halbton höher, also auf F-B-ES-AS, gestimmt waren. An Stelle des während der Kadenz andächtig, bewundernd oder schadenfroh lauschen - den Orchesters tritt in PAGANIHILISMO der bis zu 512-fach geklonte Geiger selbst, der sich in achtfacher Teilung eines Ganztons bzw. einer Oktave (pitch-shifting mit oder ohne time-correction) oder in achtstufiger Vergrößerung/Verkleinerung (time-stretching/com - pression) sozusagen selbst in den artistischen Wahn treibt, aus dem er allerdings unbe - schädigt immer wieder zurückkehrt. So gesehen auch ein Kampf gegen die Windmühlen des 20. Jahrhunderts: Der „elektri - fizierte Artist“ im Zentrum der selbst gesponnenen Netze. Die russisch-österreichische Geigerin Elena Denisova hat die Originalpassagen eingespielt und ist daher die ideale Interpretin des Soloparts bei Live-Aufführungen. ELENA EN FACE op .132 Ein rhapsodisches Werk, das - mit leichter Hand - zwischen physischen Herausforderun - gen und psychischen Wechselbädern Haltung bewahrt. „Neutrale“ Intervallreihen, mo - dale, tonale und atonale Konstruktionen verwandeln sich in launenhafte Emotionen

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