
Nicht zu fassen. Das Extremismuskonzept und neue rechte Konstellationen Nicht zu fassen. Barbara Dunkel Christoph Gollasch Kai Padberg (Hrsg.) Universitätsverlag der TU Berlin Barbara Dunkel | Christoph Gollasch | Kai Padberg (Hrsg.) Nicht zu fassen. Das Extremismuskonzept und neue rechte Konstellationen Dankenswerterweise gefördert durch: Nicht zu fassen. Das Extremismuskonzept und neue rechte Konstellationen Sammelband zur Konferenz „Nicht zu fassen: Das Extremismuskonzept und neue rechte Bewegungen“ 9. und 10. Juni 2017 TU Berlin Herausgeber: Barbara Dunkel Christoph Gollasch Kai Padberg unter Mitarbeit von Marius Meiß Universitätsverlag der TU Berlin Bibliografsche Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografe; detaillierte bibliografsche Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de/ abrufbar. Universitätsverlag der TU Berlin, 2019 http://verlag.tu-berlin.de Fasanenstr. 88, 10623 Berlin Tel.: +49 (0)30 314 76131 / Fax: -76133 E-Mail: [email protected] Alle Texte dieser Veröffentlichung – ausgenommen Zitate und Abbildun- gen – sind unter der CC-Lizenz CC BY lizenziert. Lizenzvertrag: Creative Commons Namensnennung 4.0 http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Umschlaggestaltung/Satz/Layout: Marius Meiß Druck: docupoint GmbH ISBN 978-3-7983-2999-7 (print) ISBN 978-3-7983-3000-9 (online) Zugleich online veröffentlicht auf dem institutionellen Repositorium der Technischen Universität Berlin: DOI 10.14279/depositonce-7070 http://dx.doi.org/10.14279/depositonce-7070 Inhaltsverzeichnis Vorwort der Herausgeber*innen 7 Christoph Gollasch Das Extremismuskonzept und neue rechte Konstellationen 11 Eine Einleitung I GESCHICHTLICHE UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN Jan Rettig Über Irritationen und Klarheiten im Rechts-Links-Schema 41 Sarah Schulz Wehrhafte Demokratie 61 Eine Zeitreise Jan Ackermann & Philipp Knopp Die Metamorphosen des Extremismusbegriffs 81 Zur Entwicklung einer politischen Grenzsemantik II NEUE RECHTE KONSTELLATIONEN Massimo Perinelli Situiertes Wissen vs. korrumpiertes Wissen 101 Die migrantische Perspektive und die Extremismusforschung Maximilian Fuhrmann Die AfD und das Extremismuskonzept 125 Geschwister im Geiste Hannah Eitel Sorgen auf Sächsisch 141 Zur Verharmlosung des Rechtsrucks in Sachsen und Deutschland Michael Beron & Tina Turnheim Theater und Publizisten kuscheln mit Faschisten 165 Das Drängen der Neuen Rechten in die Theater und die mediale Debatte dazu im Spiegel der ‚Extremismustheorie‘ III PERSPEKTIVEN UND AUSBLICKE Patrick Mayer Die Mitte der Nation 189 ‚Extremismustheorie‘ und die Wahrnehmung von Rassismus Lucia Bruns & Deborah Hass Überlegungen zu politischer Bildung in Zeiten 219 der AfD und des gesellschaftlichen Rechtsrucks Yves Müller Rechts, links, scheißegal? 235 Oder: Wie kommt man von der Totalitarismusforschung zu einer kritischen Geschichtsschreibung der extremen Rechten? Kurzbiographien der Autor*innen und Herausgeber*innen 251 Vorwort Es ist Herbst 2016. Der Aktivist und ehemalige Hans-Böckler-Sti- pendiat Kerem Schamberger will seine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München antreten. Doch die Einstellung von Kerem Schamberger wird vom deut- schen Inlandsgeheimdienst, dem Bundesamt für Verfassungsschutz, unterbunden. Der Grund dafür: Kerem ist nicht nur gewerkschaftlich aktiv, sondern hat sich auch in anderen Zusammenhängen, etwa der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) und der Vereinigung der Ver- folgten des Nazi-Regimes – Bund der Antifaschist*innen (VVN-BdA), engagiert. Außerdem kritisiert er die Politik der türkischen Regierung unter Präsident Recep Erdogan und die Lage der Kurd*innen und ihrer Organisationen in der Türkei. Dies macht ihn aus Sicht des Verfassungs- schutzes zu einem ‚Linksextremisten‘. Während das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz versuchte, einen kritischen und streitbaren Aktivisten de facto mit einem Berufs- verbot zu belegen, brannten zahlreiche Unterkünfte von Geflüchteten und die selbsternannte Alternative für Deutschland (AfD) zog von Wahl- erfolg zu Wahlerfolg. 2018 berichteten zahlreiche deutsche Medien von Gesprächen zwischen Spizenpolitikern der AfD und dem Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), der mehrfach Ratschläge erteilte, wie die Partei einer Beobachtung wegen Rechtsextremismus- verdachts entgehen könne. Dass einerseits ‚Linksextremisten‘ mit allen rechtsstaatlichen Mitteln ‚zur Verantwortung gezogen‘ werden, wäh- rend Exponenten einer Partei mit nationalistischem und rassistischem Programm persönliche Unterstützung vom ‚obersten Verfassungsschüt- zer‘ erhalten, setzt eine eindeutige politische Bewertung voraus. Für nicht wenige stellt die ‚Extremismustheorie‘ eine angeblich verläss- liche Schablone für die Frage nach der Verteidigung ‚demokratischer 7 Werte‘ dar. Sie ist dabei kein neues Phänomen, vielmehr wird seit Jah- ren von Wissenschaftler*innen und einzelnen Politiker*innen und Or- ganisationen vehemente Kritik an der Theorie und den sie verteidigen- den staatlichen Behörden geäußert. Im Juni 2017 veranstalteten wir, ehemalige und aktuelle Stipendiat*innen der Hans-Böckler-Stiftung, deshalb an der Technischen Universität Berlin die Konferenz „Nicht zu fassen. Das Extremismus- konzept und neue rechte Bewegungen“ mit über 80 Teilnehmer*innen. In einer Zeit, in der rechte Bewegungen wie etwa PEGIDA in Dresden seit 2014 wöchentlich tausende Menschen auf die Straße bringen und rechte Ressentiments zunächst als berechtigte Sorgen von Bürger*innen und mittlerweile als legitime Meinung im Diskurs angenommen wer- den, war aus unserer Sicht eine Erneuerung des kritischen Blickes auf die Auswirkungen des Extremismuskonzepts dringend geboten. Dabei beschäftigte uns im Rahmen der Konferenz nicht nur die Bedeu- tung der ‚Extremismustheorie‘ für den Aufstieg rechter Kräfte, auch die Folgen der ‚Extremismustheorie‘ und ihrer behördlichen Vollstreckung für unbequemen Aktivismus wurden beleuchtet. So stand die Auftakt- veranstaltung am Vorabend der Konferenz unter dem Titel „Gesellschaftskritik unter Extremismusverdacht“. Dort schilderten die Landtagsabgeordnete und Antifaschistin Katharina König-Preuss, der zeitweise von einem Berufsverbot betroffene Lehrer und Gewerkschafter Michael Cszaszkóczy, die Umweltaktivistin Cécile Lecomte und Anna Hübler für das Alternative Kultur- und Bildungszen- trum Pirna e.V. die konkreten Auswirkungen der ‚Extremismustheo- rie‘ und staatlicher Schikane auf ihr individuelles politisches Handeln. Auch wenn die Konsequenzen für die Betroffenen von Berufsverboten und geheimdienstlicher Überwachung erschreckend sind und waren, rief das Podium dazu auf, sich nicht von politischem Engagement und kritischem Denken abhalten zu lassen. Wer gute Argumente und not- wendige Gesellschaftskritik vorzubringen hat, sollte sich auch durch mögliche Linksextremismusvorwürfe und damit einhergehende Kri- minalisierungsversuche nicht einschüchtern lassen. Dieser Aufruf der Veranstaltung ist ein Beweggrund für die Publikation dieses Sammel- bandes. Ein Jahr nach der Konferenz, nach dem Einzug der AfD in den Bundes- tag und einem Hoch des Extremismusdiskurses infolge der Ereignisse um 8 den G-20-Gipfel, sind wir bestärkt in dem Bestreben, die Erkenntnisse der Konferenz aktualisiert und ergänzt der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Wir wollen der ‚Extremismustheorie‘ dabei kein einheitliches Theoriegebäude entgegensetzen, sondern laden in verschiedenen Beiträ- gen zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Konstrukt und mit der Perspektive unterschiedlicher Disziplinen ein. Die Auswahl der ineinan- dergreifenden Beiträge spiegelt dementsprechend mannigfaltige Kritik- punkte an dem Extremismusparadigma und seinen Akteur*innen wider. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Bedeutung und Nutzbarmachung der ‚Extremismustheorie‘ durch rechten Aktivismus. Mit diesem Sammelband verfolgen wir also das Ziel, kritische Impulse für die entsprechenden Debatten in Wissenschaft, politischer Bildung und vorallem auch in Gewerkschaften zu setzen. Ein wichtiges Anliegen als angehende und praktizierende Akademiker*innen aus einer gewerk- schaftlichen Stiftung ist es, unsere Erkenntnisse auch einem nicht-aka- demischen Publikum verständlich zu machen. Aus diesem Grund sind fast alle Beiträge mit Definitionen, Erläuterungen und Exkursen verse- hen. Als semantisches Stilmittel haben wir entschieden, einfache Anfüh- rungszeichen als visuelle Infragestellung gängiger, dennoch problemati- scher sprachlicher Termini zu verwenden. Verschiedenen Partner*innen, die uns bei der Erstellung und Ver- öffentlichung der Publikation unterstützt haben, wollen wir an dieser Stelle herzlich danken, da ohne sie diese Publikation nicht möglich ge- wesen wäre. Zuvorderst danken wir unserem Team Ana Lucia Pareja Barroso, Thorben Bethe, Linda Schwarz, Selina Spöllmink und Maximillian Fuhrmann aus dem stipendiatischen Kreis der Hans- Böckler-Stiftung. Sie haben an unserer Seite die Konferenz 2017 organi- siert und veranstaltet: Dank für die tatkräftige Unterstützung und die schöne gemeinsame Arbeit! Den Redner*innen der Auftaktveranstal- tung danken wir für ihre Offenheit und die Einblicke in ihre wertvolle politische Arbeit, darunter besonders Susanne Feustel, die uns mit ihrer Moderation einen kurzweiligen und lehrreichen Abend beschert hat. Eben- so danken wir den zahlreichen Referent*innen, die auf der Konferenz ge- sprochen haben. Christoph Kopke und Gideon Botsch waren für Keynote und Schlussworte
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