Berlinbulletin Aktuelles Aus Regierung Und Parlament

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04/2014 │ 21. Februar 2014 www.dlr.de/pw BerlinBulletin Aktuelles aus Regierung und Parlament TTIP: Abgeordnete für mehr Transparenz Die Abgeordneten des Bundestages fühlen ser über den Stand der Verhandlungen zu sich im Hinblick auf die derzeitigen Verhand- informieren. lungen über ein Transatlantisches Freihan- delsabkommen (TTIP) unzureichend infor- Michael Lenkert (Die Linke) kritisierte, dass es miert. In einem öffentlichen Expertengespräch im Vorfeld der TTIP-Verhandlungen insgesamt am Mittwochmittag im Umweltausschuss kriti- 130 Gesprächsrunden gegeben habe, 119 sierten Abgeordnete aller Fraktionen die Ver- davon mit Industrievertretern und 11 mit der handlungen unter Ausschluss der Öffentlich- Zivilgesellschaft. Alle seien „geheim und in- keit als intransparent. Die EU-Mitgliedstaaten transparent“ vonstatten gegangen. Er forderte wie auch deren nationale Parlamente würden die Veröffentlichung von Dokumenten und bisher kaum in den Entscheidungsprozess Informationen nicht nur in Bezug auf TTIP, einbezogen. sondern auch hinsichtlich des geplanten Deutsch-Kanadischen Handelsabkommens Matthias Miersch (SPD) äußerte Zweifel, ob (CETA). die EU-Kommission mit ihrem Vorgehen wich- tige Verfassungsgrundsätze in Deutschland, Peter Meiwald (Bündnis 90/Die Grünen) kriti- etwa Beteiligungsrechte des Bundestages in sierte neben der mangelnden Transparenz Angelegenheiten der EU, ausreichend be- auch, dass mit dem Transatlantischen Frei- rücksichtige. Der Abbau von Handelshemm- handelsabkommen ein exklusiver Vertrag zwi- nissen, der als Ziel des TTIP genannt werde, schen der EU und den USA geschlossen wer- sei ein dehnbarer Begriff. Die Abgeordneten den solle, anstatt im Rahmen der Welthan- könnten das geplante Abkommen konkret nur delsorganisation (WTO) die Verankerung so- bewerten, wenn sie wüssten, „was Schwarz zialer und ökologischer Standards voranzu- auf Weiß verhandelt wird“. treiben. Oliver Grundmann (CDU) warnte zwar davor, Knut Brünjes vom Bundesministerium für die Öffentlichkeit durch „bedrohliche Szenari- Wirtschaft und Energie betonte, dass die Ver- en“ und allzu emotional geführte Diskussionen handlungen zwischen der EU und den USA zu verunsichern. Es sei wichtig, vor allem die erst jetzt in eine konkrete Phase übergingen. Chancen des Freihandelsabkommens her- Er sicherte den Abgeordneten zu, dass die auszustellen. Doch forderte auch er die EU- nationalen Parlamente informiert und „intensiv Kommission auf, die EU-Mitgliedstaaten bes- beteiligt“ würden, sobald konkrete Dokumente BerlinBulletin 04/2014 │ 21. Februar 2014 Seite 2 und Entscheidungen vorlägen. Zur Sorge der Peter Fuchs vom Verein PowerShift warf der Parlamentarier, TTIP könnte zu Aufweichung EU-Kommission vor, Dokumente bewusst un- europäischer Standards im Umwelt- und Ver- ter Verschluss zu halten. Sie habe offenbar braucherschutz führen, und etwa die umstrit- kein Interesse daran, mit den Bürgern, den tene Gasfördermethode Fracking oder den Parlamenten und der Wissenschaft über die Import von Hormonfleisch nach Europa erlau- Details des geplanten Abkommens zu spre- ben, sagte Brunjes: Es werde auf „keinen Fall“ chen. Besonders kritisch wertete Fuchs die im dazu kommen, dass bestehende Regelungen TTIP vorgesehenen Schiedsgerichtsverfahren. in Deutschland oder Europa durch ein TTIP Sie zielten auf eine „materielle und prozedura- ausgehebelt werden. „In Deutschland und an- le Besserstellung von ausländischen Investo- deren EU-Mitgliedstaaten bestehende Regu- ren“ ab. Wenn das Abkommen wie geplant in lierungssysteme wie REACH werden durch Kraft trete, würden künftig anstelle von natio- TTIP nicht verändert werden“, stellte er klar. nalen Gerichten Investitionsschiedsgerichte Brunjes verwies zudem auf die Entscheidung über Regulierungen, administratives Handeln der EU-Kommission, zum besonders umstrit- und die Frage, ob Schutzstandards von Un- tenen Bereich des Investitionsschutzes, der im ternehmen eingehalten wurden oder nicht, TTIP verankert werden soll, eine dreimonatige entscheiden. Sollte die EU das Freihandels- öffentliche Konsultation zur Klärung offener abkommen unterzeichnen, bedeute dies eine Fragen zu beginnen. „gefährliche Blanko-Unterwerfung unter die Schiedsgerichtsbarkeit“, warnte Fuchs die Ab- Der Verfassungs- und Europarechtler Profes- geordneten. Die Schiedsgerichtsbarkeit zu sor Peter-Tobias Stoll betonte im Ausschuss kritisieren, sei keine „emotionale Panikma- ebenfalls, dass es bei Freihandelsabkommen che“, sondern es gehe darum, die ordentliche wie dem TTIP um den Abbau von Handels- Gerichtsbarkeit gegenüber intransparenten hemmnissen gehe, nicht aber um eine Voll- Schiedsverfahren zu verteidigen, erklärte harmonisierung. Konkrete Regelungen in den Fuchs. einzelnen EU-Mitgliedstaaten, etwa in den Bereichen Landwirtschaft und Lebensmittelsi- Weitere Informationen: „EU will Handelsge- cherheit, müssten infolge einer Ratifizierung spräche mit den USA“ (Pressemitteilung der des TTIP nicht geändert werden, da hier das Vertretung der Europäischen Kommission in Prinzip der gegenseitigen Anerkennung An- Deutschland) wendung finde. Um besonders umstrittene Fragen besser klären zu können, etwa Hor- Bezahlbaren Strom monmast, Chlorbehandlung von Hühnerfleisch für Industrie gefordert oder Gentechnik, wies Stoll auf die Möglich- keit hin, einen so genannten Regulierungsdia- Die SPD-Fraktion hat sich für Erhalt und Stär- log im Abkommen zu verankern. In einigen kung einer wettbewerbsfähigen Industrie in anderen bilateralen Investitionsschutzabkom- Deutschland ausgesprochen. Dazu gehöre men sei dies bereits geschehen. Der Regulie- eine bezahlbare Stromversorgung, sagte ein rungsdialog ermögliche es, auf Regierungs- Sprecher der SPD-Fraktion am Mittwoch im ebene frühzeitig über unterschiedliche Regu- Ausschuss für Wirtschaft und Energie bei der lierungen und Möglichkeiten der Zusammen- Debatte über den von der Bundesregierung führung zu reden. als Unterrichtung vorgelegten Jahreswirt- schaftsbericht (18/495). Die SPD-Fraktion lob- te den Bericht, der ein Wirtschaftswachstum BerlinBulletin 04/2014 │ 21. Februar 2014 Seite 3 von 1,8 Prozent in diesem Jahr prognostiziert. Von der Bundesregierung hieß es zur Frage Die wirtschaftliche Entwicklung sei positiv, nach dem Wagniskapital, es gebe einen bun- sagte der Sprecher, der auch auf die Bedeu- ten Strauß an Fördermöglichkeiten. Diese In- tung des neuen Mindestlohns hinwies. Drei strumente müssten geschärft werden. Die von Dingen sei es zu verdanken, dass Deutsch- der Linksfraktion angesprochene Einkom- land die Krise gut überstanden habe: ein ho- mensverteilung sei ein wichtiges Thema. Mit her Industrieanteil, ein handlungsfähiger der Einführung des Mindestlohns werde neuer Staat, der Programme aufgelegt habe, sowie Schwung erwartet. Sorgen bereite allerdings eine funktionierende Sozialpartnerschaft. Dies die abnehmende Tarifbindung. Auf die Frage müsse weiter im Auge behalten werden. von Bündnis 90/Die Grünen nach der Zukunft des deutschen Meisterbriefs, der möglicher- Der Sprecher der CDU/CSU-Fraktion legte weise von der EU in Frage gestellt werden einen Schwerpunkt auf die Wagniskapitalfi- könnte, verwies die Regierung auf den Koaliti- nanzierung, die er als ganz wichtig bezeichne- onsvertrag. Darin sei ein klares Bekenntnis te. Es müsse geprüft werden, was mehr getan zum Großen Befähigungsnachweis enthalten. werden könne. Die vorhandenen Fondsin- Auf Vorstöße der EU werde entsprechend re- strumente seien erschöpft. Vor allem müsse agiert, kündigte die Regierung an. versucht werden, privates Wagniskapital zu mobilisieren. Dafür sollten steuerliche Mög- Der Ausschuss nahm den Jahreswirtschafts- lichkeiten geschaffen werden, zum Beispiel bericht sowie das Jahresgutachten 2013/14 steuerliche Verlustvorträge. Andere Länder des Sachverständigenrats zur Begutachtung seien in dieser Frage weiter. der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (18/94) zur Kenntnis. Abgelehnt wurde mit den Die Fraktion Die Linke griff einige Daten aus Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU dem Jahreswirtschaftsbericht auf. So werde und SPD ein Antrag der Fraktion Bündnis mit einer Erhöhung der Arbeitnehmereinkom- 90/Die Grünen (18/493) zur Stärkung der men um 3,2 Prozent gerechnet. Die Unter- Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands durch nehmenseinkommen würden aber um 4,6 Innovation und Zukunftsinvestitionen. Die Prozent steigen. Damit werde die seit dem Fraktion verlangt darin die Schaffung von In- Jahr 2000 schon sinkende Lohnquote noch vestitions- und Planungssicherheit durch ver- weiter absinken. Damit werde der Weg der lässliche ökologische Leitplanken. Durch Ent- völlig falschen Einkommensverteilung weiter wicklung einer Willkommenskultur und eines gegangen. Würde es heute noch die höhere transparenten und liberalen Einwanderungs- Lohnquote von 2000 geben, hätten die Sozial- systems soll Deutschland für gut qualifizierte kassen um 40 Milliarden Euro höhere Ein- und motivierte Fachkräfte attraktiv werden. nahmen. Außerdem sollen die Potenziale der erneuer- baren Energien ausgeschöpft werden. Die Bündnis 90/Die Grünen stellten die öffentli- Fraktion Die Linke enthielt sich. chen und privaten Investitionen in den Vor- dergrund. Es handele sich um eine große Zu- Bundesumweltministerium ist kunftsaufgabe. Die Planungen der Bundesre- Vorreiter bei der Beschaffung von gierung wurden allerdings als „Scheinriese“ Elektrofahrzeugen bezeichnet: Je näher man komme, desto klei- ner werde er. Das Bundesumweltministerium geht bei der Umrüstung seines Fuhrparks auf Elektrofahr- zeuge weiter voran. Der Parlamentarische BerlinBulletin 04/2014 │

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