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Nr. 10 Jg. 6 / Heft 1 April 2019 kostenlos DER ESTE AL -ESTET HVVTALER Veröffentlichungen und Mitteilungen Der Moisburger Reichstaler von 1624 Liebe Leserinnen, liebe Leser Der Name unseres Vereinsmagazins DER ESTETALER ist doppeldeutig: Natürlich steht unser schönes Estetal im Vordergrund; aber tatsächlich Mit diesem Heft erscheint zum zehnten Mal der ESTETALER. Ein hat es auch einen „Estetaler“ gegeben. Im Jahre 1621 ließ nämlich Herzog kleines Jubiläum, das wir zum Anlass nehmen wollen, uns bei Wilhelm von Harburg die an der Este gelegene Moisburger Papiermühle zu allen Beteiligten, den Mitarbeitern und Autoren, aber auch unseren einer Münzstätte umbauen. Unwirtschaftlichkeit, Unzuverlässigkeit Lesern recht herzlich zu bedanken. Für 2019 ist von der Loki der Münzmeister und letztlich eine Münzreform Schmidt-Stiftung diesmal die Besenheide zur Blume des Jahres Herzog Christians zu Braunschweig zwangen den Herzog bereits 1629, die Münze zu gekürt worden. Für uns eine Gelegenheit, die Pflanze sowie das schließen und wieder eine Papiermühle Thema Heidelandschaft und ihre Entstehung einmal genauer unter einzurichten. die Lupe zu nehmen. Ebenfalls zu diesem Schwerpunkt gehören der Ausflug ins „Sniers Hus“ mit seiner Heidebauernwirtschaft und eine Abhandlung zum Thema Volksglauben und Magie in der dorti- gen Region. Interessant auch ein Abstecher in die Zeit, als in Halves- Impressum: bostel ein Ölrausch ausbrach. Viel Spaß bei der Lektüre! B.G. Herausgeber: Heimat- und Verkehrsverein Estetal e.V. 1. Vorsitzender Ludwig Hauschild Heideweg 5, 21279 Hollenstedt, Tel.: 04165 80319 Inhalt Seite E-Mail: [email protected] Zum Titel / Impressum 2 Redaktionelle Bearbeitung und Layout: Editorial / Inhalt 3 Dr. Berthold Hohmann (B.H.), Barbara Gerhold (B.G.) Heimatkunde: Entstehung der Heidelandschaften (Barbara Gerhold) 4 Herzlichen Dank für Lektorat und Schreibarbeiten an: Blume des Jahres: Die Besenheide/Calluna Vulgaris (Barbara Gerhold) 12 Brigitte und Gottfried Arnold, Dagmar Hohmann, Lokale Geschichte: Ölrausch in Halvesbostel (Jörg Jennrich) 15 Manfred Thiel, Rosita Grabenkamp, Heidi Preuß Bauernhausforschung: Das „Sniers Hus“ (Barbara Gerhold) 20 Druck: Druckstudio/Tostedt, Auflage: 2.000 Fundstücke: Poststelle Zwoo und Aufruf (Dr. Berthold Hohmann) 28 Gemeindewappen: Wenzendorf (Manfred Thiel) 30 Alle bisher erschienenen ESTETALER können heruntergeladen werden von unserer Homepage: www.hvv-estetal.de Blühkalender: Insektenfreundliche Pflanzen (Barbara Gerhold) 33 Pilz des Jahres: Der grüne Knollenblätterpilz (Dr. Berthold Hohmann) 38 Bankverbindungen: Lokale Geschichte: Volksglaube und Magie in den norddeutschen Volksbank Geest eG: IBAN: DE77 2006 9782 0183 3006 00 / BIC: GENODEF1APE Heidelandschaften (Antje Ghosh) 41 Sparkasse Harburg-Buxtehude: Befreundete Vereine: Die Spinnstube Moisburg (Dr. Berthold Hohmann) 46 IBAN: DE29 2075 0000 0009 0112 55 / BIC: NOLADE21HAM Soziales Engagement: Der Dorfladen als Treffpunkt (Helge Adolphsen) 50 Der ESTETALER erscheint etwa zweimal im Jahr in unregelmäßiger Folge Plattdüütsch: und wird an Mitglieder und Freunde des Vereins HVV ESTETAL kostenlos Tante Griesbeth un dat Sommerloch (Hans-Joachim Dammann) 54 abgegeben. Mien Fründ, de Fips (Dr. Berthold Hohmann) 56 (Dr. Berthold Hohmann) Die Autoren sind für den Inhalt ihrer Artikel eigenverantwortlich. Hobby & Freizeit: „Snacks un Spröök“ 58 Aus unserer Arbeit: Allen Spendern danken wir für die finanzielle Unterstützung. Die Obstbaum-Patenschaftsalleen (Ludwig Hauschild) 59 Von Herrn Dieter Tancré/Ochtmannsbruch, und von der Volksbank Geest/ In und um Hollenstedt herum (Ludwig Hauschild u. Dr. Berthold Hohmann) 62 Hollenstedt, erhielten wir eine großzügige Spende. Auch zahlreiche kleine Zuwendungen helfen, unsere Kosten zu decken. Unsere Ziele / Mitgliedschaft 64 Titelbild: Morgenstimmung in der Heide, Foto: Mit freundlicher Genehmigung Michael Lauer Titelbild: Termine: Plattdeutsche Abende 2019 67 xx2 3 In der Inzmühlener Heide Richtung Wesel HEIMATKUNDE Seit Menschen sesshaft wurden, haben sie Landschaftsformen Unsere Heide: ursprüngliche Natur oder verändert und gestaltet durch ihr Leben und ihre Arbeit. Zu Museumslandschaft? Beginn im eher kleineren Umfeld, als für Dörfer, Hofgärten und von Barbara Gerhold Kleinvieh Platz benötigt wurde. Doch die Ansprüche stiegen: Ackerbau und Viehzucht erforderten größere Flächen und so ir alle lieben die Heide, insbesondere im Hochsommer wurden durch Brandrodung und Baumfällungen Waldflächen Wund während der Blütezeit. Seien es vereinzelte Pulks an zurückgedrängt und Moore trockengelegt. Eine „Kulturland- sonniger Stelle an den Waldrand geschmiegt, oder aber die schaft“ entstand. Insbesondere im späten Mittelalter mit sei- weiten, teils hügeligen Flächen, die wir gern auf weißsandigen ner aufblühenden Wirtschaft in den Städten und deren enor- Wegen erwandern. Das Heidekraut erscheint uns als „Urmut- mem Holzbedarf und -verbrauch, wurden Waldflächen in der ter“ der nordischen Vegetation, sozusagen ein Synonym für umliegenden Region systematisch gelichtet. heimische Gewächse aus alter Vergangenheit und noch vor der „deutschen“ (Stiel-) Eiche rangierend, was auch tatsächlich der Heute haben wir es geschafft, durch Zersiedelung, Bebauung botanischen Entwicklung in Norddeutschland entspricht. und die industrialisierte Landwirtschaft ursprünglichere For- Jetzt hat die Loki Schmidt Stiftung die Besenheide (Calluna men unserer Landschaft vollständig zu verdrängen, oder sie in vulgaris) zur Blume des Jahres 2019 ernannt. Damit möchte Nationalparks und Gegenden mit subventionierter extensiver die Stiftung darauf aufmerksam machen, dass die Pflanze zu Beweidung bewusst zu erhalten und zu pflegen. Wir nennen den gefährdeten Arten zählt, deren Lebensräume verschwin- diese Gegenden „Naturschutz-Gebiete“ und vergessen dabei den und sich zugleich für den Erhalt und die Pflege der Heide- oft, dass gar nicht die Natur es war, die diese Landschaften landschaften einsetzen. formte. Aber über die Zeit hat sich hier weitgehend ungestört Fotos: Gerhold 4 5 und durch aufwändige Pflegemaßnahmen eine Flora und Fauna zu Düngezwecken (siehe Artikel „Sniers Hus“ S. 20), die Imkerei, erhalten, die uns erfreut, und die Botaniker und Naturfreunde und die Beweidung durch Heidschnucken in Herdengröße von nicht mehr missen möchten. Sie trägt zur Biodiversität der Regi- bis zu 700 Stück pro Hof eine große Rolle spielte, half ganz we- on bei, das heißt zur biologischen Vielfalt der Ökosystheme, die sentlich bei der Entwicklung der Landschaft mit. der heutige Mensch (unbestritten) als wertvoll erachtet. Mangels weiterer brauchbarer Weideflächen trieben die Bau- Hätte man allerdings seit der Eiszeit in unseren Breiten tatsäch- ern ihr übriges Vieh in die verbliebenen „Waldinseln“, wo durch lich der Natur ihren freien Lauf gelassen, würde unsere Heimat Verbiss der neu aufkommenden Schößlinge und das Aufzehren heute von Urwäldern bedeckt, und eventuell mit ganz anderen der Samen und Früchte ein anhaltender Status Quo geschaffen Bewohnern bestückt sein. So ist im „Naturschutz“ begrifflich wurde. Die Heide konnte sich durchsetzen! Noch zur Blütezeit nicht klargestellt, ob man damit natürliche Entwicklung oder des „Sniers Hus“ war ein Großteil des heutigen Nordniedersach- eine schöne Natur schützen will. sens bis an die Elbe heran mit Heidekraut bewachsen. Doch zurück zur Heidelandschaft, auch sie entstand durch Nicht immer wurde diese Landschaftsform als angenehm oder Menschenhand. War die Calluna-Heide zwar bereits auf dem gar schützenswert empfunden. Im ausgehenden 17. Jahrhun- Schotter und den Tundren der letzten Eiszeit bei uns sesshaft ge- dert schilderten Reisende die Lüneburger Heide als unwirt- worden, so konnte sie sich erst durch den Rückgang der Wälder lichen Ort, gar als „Wüste“, „leer“, „dürr“, „eintönig“ oder „ver- auf dem mageren Boden ohne größere Konkurrenz ausbreiten. rufen“. Dies mag mit der damaligen Einstellung zur Natur zu- Lediglich der Gemeine Wachholder (Juniperus communis) be- sammengehangen haben, die diese vor allem auf ihre Nützlich- hauptete sich als einzige Baumart auf den Flächen durch seine keit hin einstufte. Dem Reisenden, der auf holperigen Wegen Anspruchslosigkeit und Anpassungsfähigkeit in Verbindung mit in der Pferdekutsche die dünn besiedelte ärmliche Landschaft der Eigenschaft, von Wild und Weidevieh gemieden zu werden. durchqueren musste, wird die Zeit lang geworden sein, und das Die Heidebauernwirtschaft, bei der das „Abplaggen“ der Heide Abb.: Wikipedia Commons (2), Gröll / Freilichtmuseum am Kiekeberg (2) Sammlung Walter Fehlen von Wirtshäusern entscheidend mit zu dem vernichten- Links: „Auf blühender Heide“ von Arnold Lyongrün/1910, rechts: „Frei aufgestellter Links: „Bauer mit seiner Fuhre Heideplaggen“, Künstler und Jahr unbekannt, Immenzaun in der Nordheide“ nach einer Ansichtskarte von Louis Voss rechts: „Heidschnucken“ von August Voigt-Fölger/1918 6 7 den Urteil beigetragen haben. Tatsächlich war es so, dass nach dem jahrhundertelangen „Abplaggen“ der Heide die Vegeta- tion sich oft nicht wieder erholte. Der freiliegende Sand setzte sich in Bewegung und bildete Wanderdünen, die dem Ackerbau schadeten und selbst ganze Dörfer unter sich begruben. An die- sen Stellen - zumal außerhalb der Blütezeit - bot die Heideland- schaft keineswegs das Bild, das wir heute zur Saison aus dem Zentrum des Natursparks oder von alten Malereien kennen. Trotzdem begann man rund 100 Jahre später allmählich die Heide mit neuen Augen zu betrachten. Bemerkenswert ist, dass fast dieselben Landschaftsmerkmale,

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