Helene Weber – Die Netzwerkerin

Helene Weber – Die Netzwerkerin

Helene Weber – Die Netzwerkerin „Die Frau muss in der Politik stehen und muss eine politische Verantwortung haben.“ (Helene Weber, Ansprache anlässlich des ersten Jahrestages des Kriegsendes am 01.09.1946 in Stuttgart.) Ein Leben für Politik und Wohltätigkeit: Das Leben von Helene Weber (17. März 1881- 25. Juli 1962) stellt ein Stück deutscher Geschichte in Zeiten der Veränderung dar. Helene Weber war als Sozialpolitikerin Mitglied der Weimarer Nationalversammlung; saß im Preußischen Landtag, im Reichstag, im Parlamentarischen Rat und im Deutschen Bundestag. Helene Weber gehörte von 1949 bis 1962 dem Deutschen Bundestag an und vertrat die junge Bundesrepublik auch in europäischen Gremien. Helene Weber hatte lebenslang zahlreiche Leitungsämter in der katholischen Frauenbewegung, war Vorsitzende des Müttergenesungswerks und Mitbegründerin und Vorsitzende der CDU-Frauenunion (bis 1956). Das Bemühen von Helene Weber, die Gleichberechtigung von Frauen voranzutreiben und sie zur aktiven Mitgestaltung von Politik, Gesellschaft und Kirche zu motivieren, ist weiterhin aktuell, denn ohne das Engagement von Frauen sind kein Staat und auch keine Kirche zu machen. Als eines von sechs Kindern einer niederländischen Mutter und eines deutschen Vaters wird Helene Weber am 17. März 1881 in Elberfeld geboren. Nach dem Tod der Mutter zieht ihr Vater, Volksschullehrer und Mitglied der Zentrumspartei, seine Kinder alleine groß. Durch seine politische Arbeit wird auch Helene frühzeitig mit politischen Fragen konfrontiert. Sie engagiert sich schon früh, zuerst im Volksverein für das katholische Deutschland und anschließend im 1903 gegründeten Katholischen Frauenbund. Mit 19 Jahren besucht Helene Weber die städtische höhere Töchterschule in Elberfeld und bis zum Jahre 1905 die Lehrerinnenbildungsanstalten in Wuppertal und in Aachen. Im Anschluss arbeitet Helene Weber zunächst als Volksschullehrerin in Aachen. Als sich die Universitäten in Deutschland zunehmend auch für Frauen öffnen, beginnt sie ein Studium der Fächer Geschichte, Romanistik und Sozialpolitik an den Universitäten Bonn und Grenoble. 1909 gelingt es ihr als einer der ersten Frauen, mit der Ablegung des Staatsexamens die Lehrbefähigung für mittlere und höhere Schulen zu erreichen. Zu dieser Zeit sehr ungewöhnlich, denn bis in die 1920er Jahre verweigerten Professoren Frauen zu prüfen. Nach Studienabschluss tritt sie eine Stelle als Oberschullehrerin in Bochum und später in Köln an. Während ihrer Arbeit in Köln begegnet sie erstmalig Konrad Adenauer, dem damaligen Oberbürgermeister von Köln. Als dieser ihr einige Jahre später anbietet, sie zur ersten Direktorin eines Lyzeums zu befördern lehnt Helene Weber ab, da sie seiner Bedingung ihre politischen Tätigkeiten einzustellen nicht nachkommen wollte. Helene Weber übernimmt die Leitung der vom Katholischen Frauenbund errichteten ersten sozialen Frauenschule in Köln. Dafür wird sie 1916 aus dem Schuldienst beurlaubt. Noch im selben Jahr wird der Berufsverband Katholischer Fürsorgerinnen mit der Beteiligung von Helene Weber gegründet. Den Vorsitz behält sie bis zu ihrem Tod inne. Helene Weber setzte sich schon früh für die Belange der Frauen ein. Internationale Frauenarbeit leistete sie im 1925 gegründeten Weltbund der katholischen Frauenorganisationen und der katholischen Fürsorgerinnen. Dieses Engagement legte den Grundstein für ihr politisches Leben. Durch den Erhalt des aktiven und passiven Wahlrechts ist die politische Tätigkeit für Frauen zugelassen. Somit ist es nicht verwunderlich, dass Helene Weber als Zentrumsmitglied bei der Konstituierung einer demokratischen Republik nach dem Ersten Weltkrieg als eine von insgesamt 36 Frauen in die Weimarer Nationalversammlung einzieht. Von 1921 bis 1924 ist Helene Weber Zentrumsabgeordnete im Preußischen Landtag und danach im Reichstag. 1930 wird sie zur stellvertretenden Parteivorsitzenden und Vorsitzenden des Reichsfrauenbeirats des Zentrums gewählt. 1919 wird sie als Referentin ins preußische Wohlfahrtsministerium berufen und 1920 zu einer der ersten weiblichen Ministerialrätin des preußischen Wohlfahrtsministeriums ernannt. Als eine katholische, politisch aktive Frau ist sie den Nationalsozialisten suspekt und wird am 30. Juni 1933 aufgrund der Bestimmungen des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" entlassen. Sie muss alle politischen Ämter aufgeben. Nach ihrer Entlassung widmet sie sich als Vorsitzende des Berufsverbandes der Katholischen Fürsorgerinnen, umbenannt in Hedwigsbund, verstärkt der sozialen Arbeit und wird Vorsitzende des Deutschen Caritasverbandes. Mit dem Zusammenbruch des Dritten Reiches knüpft Helene Weber wieder an ihre politische Tätigkeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Als ehemaliges Zentrumsmitglied engagiert sie sich in der CDU und arbeitet im britischen Zonenbeirat mit. Mit ihrem Einzug in den nordrhein-westfälischen Landtag gehört sie 1946 zu der Gruppe der Parlamentarierinnen der ersten Stunde. Ihre politischen Erfahrungen als ehemaliges Mitglied der Nationalversammlung kommen ihr dabei zu Gute. Auch Konrad Adenauer trifft sie in dieser Zeit wieder. Er setzt sich maßgeblich für die Nominierung Webers in den Parlamentarischen Rat ein. Schließlich wird sie als einzige Frau der Union in den Parlamentarischen Rat berufen. Dort begegnet sie Friederike Nadig (SPD) und Helene Wessel (Zentrum), zwei ihr bekannte Frauen aus dem britischen Zonenbeirat. Als vierte Frau ist Elisabeth Selbert (SPD) Mitglied des Rats. Weber wird bei der Erarbeitung des Grundgesetzes Mitglied des Ausschusses für Grundsatzfragen und stellvertretendes Mitglied im Hauptausschuss. Am 7. Oktober 1948 wird sie in den Redaktionsausschuss zur Formulierung der Präambel gewählt. Helene Weber setzt sich bereits frühzeitig für die Formulierung der Würde des Menschen im Grundgesetz ein. Im Ausschuss für Grundsatzfragen kommt es wegen unterschiedlichen Ansätzen bezüglich der Formulierung des Gleichberechtigungsartikels zu Diskussionen. Weber befürwortet eine Formulierung, die einen Unterschied zwischen Mann und Frau macht und dennoch die gleichen Rechte für Frauen vorsieht. Ihr Vorschlag lautet: „Männer und Frauen stehen bei Wahl und Ausübung des Berufes gleich, verrichten sie gleiche Arbeit, so haben sie Anspruch auf gleiche Entlohnung" (vgl. Petra Holz:2004, S. 132). Sie lehnt die Formulierung der Gleichheit der Geschlechter ab, kann jedoch keine Mehrheit hinter sich bringen. Letztlich einigen sich die Parlamentarier ohne Gegenstimme auf einen Vorschlag von Elisabeth Selbert mit der Formulierung des Artikel 3, Absatz 2 des Grundgesetzes: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt". Das Grundgesetz tritt am 23. Mai 1949 in Kraft und mit der ersten Wahl zum Deutschen Bundestag am 14. August 1949 zieht Helene Weber als Abgeordnete in den Deutschen Bundestag ein. Sie setzt sich für familienpolitische Belange und Gleichberechtigung der Frau ein. Sie prägt die Frauen Union der CDU als deren Vorsitzende und fördert die Entstehung und die Ausrichtung des Bundesfrauenausschusses. Ihr Anliegen ist auch hier, mehr politische Ämter mit Frauen zu besetzen. So ist es mit ihr Verdienst, das Elisabeth Schwarzhaupt 1961 zur ersten Bundesministerin gewählt wird. Auch ihr wohltätiges Handeln setzt Helene Weber weiter fort. Sie engagiert sich als Vorsitzende des Kuratoriums des Müttergenesungswerkes und Leiterin der deutschen Delegation des Europarates in Straßburg. Ihr großes Werk ist die Verabschiedung der europäischen Sozialcharta Anfang der 1960er Jahre. Nach längerer Krankheit verstirbt Helene Weber im Alter von 81 Jahren am 25. Juli 1962 im Marienhospital in Bonn. Bis zum letzten Tag ist sie Mitglied des Deutschen Bundestages. Helene Weber gilt in der Bundesrepublik als "einflussreichste Frau der Union": 1949-1962 Mitglied des Deutschen Bundestags, seit 1950 in der Beratenden Versammlung des Europarats, seit 1955 in der Versammlung der Westeuropäischen Union. 1950-1958 Vorstandsmitglied der Internationalen Liga der Katholischen Frauenverbände. Seit 1952 Vorsitzende im Kuratorium des Deutschen Müttergenesungswerks Übrigens: Das Bundesfrauenministerium zeichnet seit 2009 alljährlich erfolgreiche Kommunalpolitikerinnen mit dem Helene-Weber-Preis aus. Er richtet sich an Frauen jeden Alters, die ihr Mandat in der ersten oder maximal zweiten Wahlperiode ausüben und in ihrer Kommune bereits neuartige und zukunftsweisende Projekte umgesetzt haben. Literatur: ● Gnauck-Kühne, Elisabeth: Helene Weber – „Der reine Männerstaat ist das Verderben der Völker“. In: Renate Hellwig (Hg.): Die Christdemokratinnen unterwegs zur Partnerschaft Stuttgart/Herford 1984, S. 110-119. ● Holz, Petra: Zwischen Emanzipation und Tradition. CDU-Politikerinnen in der Zeit von 1945-1957, Königstein/Taunus 2004. ● Katholischer Deutscher Frauenbund e.V.(Hg.): Helene Weber – Ernte eines Lebens, Köln 1961. ● Lenz, Marlene: Helene Weber. In: Konrad-Adenauer-Stiftung (Hg.): Christliche Demokraten der ersten Stunde, Bonn 1966. ● Morsey, Rudolf: Helene Weber. In: Winfried Becker (Hg.): Lexikon der Christlichen Demokratie, Paderborn u.a. 2002. ● Tischner, Wolfgang: Helene Weber. In: Günter Buchstab/ Hans-Otto Kleinmann (Hg.): In Verantwortung vor Gott und den Menschen, Freiburg im Breisgau 2008, S. 374-383..

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