Prof. Dr. Carla Schulz-Hoffmann Stellvertretende Generaldirektorin Bayerische Staatsgemäldesammlungen Im Gespräch Mit Sabine Reeh

Prof. Dr. Carla Schulz-Hoffmann Stellvertretende Generaldirektorin Bayerische Staatsgemäldesammlungen Im Gespräch Mit Sabine Reeh

BR-ONLINE | Das Online-Angebot des Bayerischen Rundfunks Sendung vom 14.7.2011, 20.15 Uhr Prof. Dr. Carla Schulz-Hoffmann Stellvertretende Generaldirektorin Bayerische Staatsgemäldesammlungen im Gespräch mit Sabine Reeh Reeh: Willkommen beim alpha-Forum. Zu Gast ist heute Frau Professor Carla Schulz-Hoffmann. Sie ist Kunsthistorikerin und stellvertretende Generaldirektorin der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. Frau Schulz-Hoffmann, die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen umfassen ja eine ganz Reihe von Museen und Sammlungen hauptsächlich in München, aber auch in ganz Bayern. Was gehört alles dazu? Schulz-Hoffmann: In München gehören dazu die Alte Pinakothek, die Neue Pinakothek, die Pinakothek der Moderne bzw. ein gewisser Teil davon, die Sammlung Brandhorst, die Schack-Galerie und auf ganz Bayern verteilt verschiedene Außengalerien, die auch alle von uns bestückt werden. Die gesamte Generaldirektion sitzt in München. Reeh: "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit", dieses Bonmot von Karl Valentin könnte vielleicht auch ein Motto für Ihren Arbeitsalltag sein. Sie haben ja eine Vielzahl von Tätigkeiten, die man sich als Laie gar nicht so vorstellen kann. Schulz-Hoffmann: Und die man sich auch als Kunsthistorikerin vorher nicht so vorgestellt hat. Man denkt immer, man kommt ins Museum und arbeitet dort ausschließlich mit der hehren Kunst und sitzt vielleicht in einem wunderbaren Elfenbeinturm und forscht vor sich hin. Aber das macht nur einen ganz minimalen Teil der Arbeit aus und ist eher mein Freizeitvergnügen. Der alltägliche "Trott" ist doch mit sehr vielen administrativen Aufgaben gefüllt. Es gibt unendliche viele Anfragen, es gibt unendlich viele Personen, die etwas Bestimmtes wissen wollen, die bestimmte Aussagen über Kunst haben wollen. Es gibt Leihanfragen für Bilder aus unseren Sammlungen usw. usf. Das sind die ganz alltäglichen Dinge. Aber darüber hinaus hat man natürlich das große Ziel, dass man die Sammlungen, für die man zuständig ist, auf einem ganz hohen Niveau auch weiter in die Zukunft fortschreiben können möchte. Genau dafür versucht man dann, Möglichkeiten und Wege zu entwickeln. Es geht nicht nur darum, dass man diese Sammlungen in einer Weise präsentiert, die nach außen hin das Publikum auch überzeugt, das Publikum in die Häuser holt. Denn das Publikum kommt nicht von alleine, d. h. dafür muss man eine ganze Menge tun: Man muss Kunstvermittlung betreiben, man muss tatsächlich in vielen Bereichen arbeiten, um das Museum zu dem lebendigen Ort werden zu lassen, der es verdient zu sein, um damit auch Bildung nach außen tragen zu können. Das sind aber eben alles ganz viele kleine Arbeiten, die ich Ihnen einzeln gar nicht alle wirklich schildern kann. Man kommt also im Grunde genommen tagsüber kaum von seinem Bürostuhl weg, d. h. es ist nicht so, dass man sich in Galerien aufhalten würde oder Bilder umhängen oder gar neue Bilder organisieren würde. Sondern es geht im Alltag ganz schlicht um administrative Dinge, um das Beantworten von Anfragen und dergleichen mehr. Reeh: Viele kreative Jobs haben ja einen sehr, sehr starken und oft unterschätzten Managementunterbau, der aber notwendig ist, um dann auch wirklich eine große kreative Freiheit ausleben zu können. Als Sie merkten, dass Sie sich für Kunst ganz besonders interessieren und vielleicht auch schon die Entscheidung getroffen hatten, der Kunst Ihr berufliches Schaffen zu widmen, wie alt waren Sie da? Was waren da Ihre Beweggründe? Schulz-Hoffmann: Das hat bei mir sehr früh angefangen. Ich wollte an und für sich Malerin, Künstlerin werden. Ich war sicherlich auch recht ordentlich unterwegs auf diesem Gebiet, so wie man eben ist als Jugendlicher, wenn man das werden möchte. Ich hatte sehr große Fähigkeiten handwerklicher Art, aber mit der Kreativität war es bei mir wohl nicht weit genug her. Ich komme aus einer Familie, die sehr kunstinteressiert war, ohne in dieser Richtung jemals gearbeitet zu haben. Für meinen Vater war es ein ganz besonderes Anliegen, mit den Kindern in jedes Museum zu gehen, das auf dem Weg lag, in jede Kirche usw. Wir mussten dann als Kinder immer irgendwelche Säulen bestimmen, also sagen, ob sie korinthisch oder ionisch sind usw. Meine beiden Brüder fanden das nur mäßig spannend, aber meine ältere Schwester und mich hat das von Anfang an sehr interessiert. Ich habe mir dann gedacht, dass ich nicht gut genug sei, um auf die Akademie gehen zu können – ich glaube, das hat sich nachträglich als eine sehr weise Entscheidung gezeigt. Stattdessen habe ich dann Kunstgeschichte, Philosophie und Archäologie studiert. Nach dem Studium habe ich mich dann bei den Staatlichen Museen hier in München um ein Volontariat beworben. Ich hatte mich parallel auch noch bei der Thyssen-Stiftung um ein Promotionsstipendium beworben, um meine Dissertation veröffentlichen zu können. Ich bekam dann den Anruf, dass ich das Volontariat tatsächlich bekommen habe. Aber ich habe das dann doch eher als etwas Furchtbares empfunden. Ich empfand die Vorstellung furchtbar, mein Leben in einem staatlichen Unternehmen zu fristen, in dem ich dann eines Tages sogar Beamtin werden würde. Das schien mir doch sehr eigentümlich zu sein. Ich habe dann dort aber angefangen und bin in der Tat per Zufall – weil man mich nämlich am Nationalmuseum nicht gebrauchen konnte, man hatte bereits einen anderen Volontär, der dort besser in das Ganze hineinpasste – an die Staatsgemäldesammlungen gekommen und habe mich dort von Anfang an im Bereich der Moderne eingesetzt – obwohl ich gar nicht über die Moderne promoviert hatte. Ich habe da relativ viel gemacht und wohl ganz offensichtlich sehr viel Eigeninitiative entwickelt. So kam es, dass man mir eine feste Stelle angeboten hat. Aber – und das war eigentlich unglaublich, denn bereits damals waren solche Stellen extrem rar – ich habe mir für die Beantwortung dieses Angebotes eine Bedenkzeit von sechs Wochen ausgebeten. Das war wirklich unglaublich frech von mir. Ich habe mir gedacht, dass ich es mir einfach nicht vorstellen kann, für mein restliches Leben in diesem System zu arbeiten. Aber wir haben dann eines Tages amerikanische Hitchhiker, also Autostopper, im Auto mitgenommen und mit denen über unsere Zukunftspläne gesprochen. Ich habe erzählt, dass ich nicht weiß, ob ich das machen soll mit dieser Verbeamtung, weil mir das als etwas sehr Stures vorkäme. Einer der Tramper sagte dann aber ganz cool: "But you can quit!" Ich habe mir gedacht: "Klar, er hat recht. Im Grunde genommen kann man das ja wirklich machen, man kann ja wirklich kündigen, wenn es einem nicht mehr passt." Und so bin ich irgendwie bei den Staatsgemäldesammlungen gelandet und auch dort geblieben. Ich hatte dann das große Glück, die große Chance, sehr schnell in unterschiedlichste Bereiche hineinzukommen. Ich habe dort sehr schnell eine recht gute Karriere gemacht und konnte mich dann auch nicht mehr entscheiden, an andere Häuser zu wechseln. Denn von Anfang an gab es da bei uns diese große Vision, die Pinakothek der Moderne aufzubauen, also einen neuen Bau zu schaffen für diese mittlerweile doch sehr groß gewordene Sammlung der Moderne. Dafür einen guten Bau auf die Beine zu stellen, war unsere Vision. Und wie wir alle wissen, ist dieser Traum dann auch 2002 mit der Eröffnung der Pinakothek der Moderne in Erfüllung gegangen. Reeh: An der Gestaltung der Architektur dieses Baus waren Sie maßgeblich mitbeteiligt … Schulz-Hoffmann: An der Gestaltung der Architektur wäre zu viel gesagt. Das ist selbstverständlich ganz alleine Stephan Braunfels gewesen. Aber wir haben natürlich durch die Erstellung des Raumprogramms, durch die Detailplanung und durch den ständigen Austausch mit dem Architekten ganz deutlich daran mitgearbeitet. Auch die Erstinstallation war dann unser Teil. Sie wissen ja, dass die Pinakothek der Moderne eine Zusammenfassung von vier verschiedenen Sammlungen ist. Wir als Staatsgemäldesammlung sind für den Bereich Malerei, Skulptur und Neue Medien im ersten Stock zuständig. Das war schon wirklich eine fantastische Herausforderung, diese ganze Sammlung installieren und hängen zu können. Ich glaube, es gibt keinen anderen Kunsthistoriker, keinen Kollegen – ich wüsste jedenfalls niemanden – der die große Chance und das große Glück gehabt hätte, zwei große Häuser begleiten zu können: einmal die Pinakothek der Moderne und dann wenig später das Museum Brandhorst. Reeh: Das ist wirklich fantastisch und diese lange "Liebesgeschichte" mit den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen zeigt ja einerseits, dass sich das entsetzliche Schicksal, das Sie damals als lebenslange Beamtin vor sich sahen, nicht erfüllt hat: Sie hätten kündigen können – taten es aber nicht. Andererseits haben die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen im Laufe der Zeit aber wohl auch gemerkt, was sie an Ihnen haben, denn sonst wäre das ja nicht zu so einer langen und fruchtbaren Zusammenarbeit gekommen. Wir sind hier beim Bildungsfernsehen und deswegen müssen wir das alles auch ganz ordentlich machen: Sie haben es ja bereits gesagt, die Pinakothek der Moderne speist sich aus vier Museen. Was sind das für Museen bzw. Sammlungen? Schulz-Hoffmann: Das ist das Architekturmuseum der Technischen Universität München, die Neue Sammlung mit dem Design und der neuen Form des 20. Jahrhunderts, die Staatliche Graphische Sammlung und das sind wir, also die Sammlung Moderne Kunst der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. Wir haben dabei eine ganz bestimmte zeitliche Einteilung: Bei der Sammlung Moderne Kunst in der Pinakothek der Moderne fangen wir ungefähr mit dem Stichjahr 1905 an. In der Neuen Pinakothek findet sich

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