Münsterland zu Fuß Hauptwanderweg X 9 Von Vreden - Oldenkott bis nach Groß Reken auf einer Länge von 51 Kilometern 9 Von der Berkel zu den Ausläufern der Hohen Mark (Hamaland - Weg) von Thomas Starkmann Der X 9 ist so etwas wie die Sprintstrecke sen. Und das ist nun ganz und gar nicht neun Mal kreuzt der Weg auf den ersten unter den Wanderwegen des Westfäli- im Sinne dieser Wegbeschreibung. Denn zwanzig Kilometern das Flüsschen, das schen Heimatbundes. Die 51 Kilome- es lohnt durchaus, sich den Schönheiten auch die umgebende Landschaft stark ter von der holländischen Grenze bei und Eigentümlichkeiten des Hamalan- geprägt hat. Die Berkel führt uns auch Vreden-Oldenkott nach Groß Reken des zu widmen, das diesem Weg seinen in die beiden Städte, die am X 9 liegen. schaffen Langstreckenläufer locker an Namen gibt. Sowohl Vreden als auch Stadtlohn sind einem Tag. Allerdings nur dann, wenn Die Berkel bestimmt zumindest in der typisch für das Westmünsterland und sie die großen und kleinen Sehenswür- ersten Hälfte das Gesicht unserer Wan- können Einflüsse aus den benachbarten digkeiten am Wegesrand außer acht las- derung. Wer mitzählen möchte: Exakt Niederlanden nicht verleugnen. Heimatpflege in Westfalen-Beilage – 22. Jg., 5/2009 1 Münsterland zu Fuß Wanderung von Vreden - Oldenkott bis Groß Reken Hengelo Gronau Emsdetten Oldenkott Greven Ahaus Steinfurt 1 Vreden x9 31 Doetinchem B 219 Winterswijk Münster Havixbeck Telgte Velen Coesfeld Nottuln Isselburg Borken 43 Bocholt B 54 Sendenhorst Reken Senden X 9 ca. 51 km Dülmen 1 Oldenkott, Kirche 0,0 Crosewick, Abzweig X 6 2,2 Lüdinghausen Ellewick 5,0 Ascheberg Vreden, Hamaland-Museum, Treffen X 8 10,9 B 58 Stadtlohn, Treffen X 8 16,7 Nordkirchen Stadtlohn, Wenningfeld, Abzweig X 8 18,0 Stadtlohn, Kirche 21,4 B 63 Nordvelen, Treffen X 10 32,1 Rauschenburg Nordvelen, Gasthaus, Treffen X 10 33,8 Werne Velen, Schloss, Treffen X 4 39,2 Datteln Hamm Waldvelen, Abzweig X 4 40,6 B 233 Schwarzer Berg, Treffen X 4 46,5 Groß Reken, Abzweig X 3 50,4 Lünen Groß Reken, Alte Kirche 51,0 Weiterführung als Hauptwanderweg X 9 des SGV bis Gladbeck Dortmund Unna Nachdem die Berkel sich verabschiedet Eine Kirche zu Beginn Bernhard Graf von Galen die Baugeneh- hat, sind es vor allem die Ausläufer der migung für eine Kapelle in Oldenkott. Hohen Mark, die dem Weg ihr Geprä- Zu bewältigen ist der X 9 sicher auch Gedacht war sie allerdings mehr für die ge geben. Zwar werden nicht gerade ohne kirchlichen Beistand. Doch wenn niederländischen Nachbarn katholischen schwindelnde Höhen erreicht, aber die ein Gotteshaus schon der Startpunkt ei- Glaubens. Sie durften zu dieser Zeit nach 100 Meter, die es am Schwarzen Berg ner Wanderung ist, dann sollte man sich dem Spanisch-Niederländischen Krieg zu überwinden gilt, sind für das west- auch etwas Zeit dafür nehmen. und der Reformation keine eigenen Kir- liche Münsterland schon eine stattliche Zumal das Kirchlein St. Antonius von Pa- chen errichten. Marke. Dafür geht es am Ende wieder dua in Vreden-Oldenkott eine durchaus So entstanden mehrere Seelsorgestatio- bergab, bis der Wanderer im staatlich interessante Geschichte hat, die bis in die nen an der deutsch-niederländischen anerkannten Erholungsort Reken end- Mitte des 17. Jahrhunderts zurückreicht. Grenze, darunter eine 1652 errichtete gültig verschnaufen kann. 1657 erteilte Fürstbischof Christoph Kapelle in Zwillbrock. Als sie zu klein 2 Heimatpflege in Westfalen-Beilage – 22. Jg., 5/2009 Münsterland zu Fuß Wir verlassen den beschaulichen Ort, der nur aus wenigen Häusern besteht, und überqueren kurz danach zum ersten Mal die Berkel. Der Fluss ist hier stark be- gradigt und hat vor allem die Funktion übernommen, das Wasser aus den tiefen Gräben aufzunehmen, mit denen der ursprünglich hohe Grundwasserstand in dem Gebiet gesenkt werden konnte. Dass die Berkel zum Glück auch anders kann, werden wir später auf unserer Wande- rung noch feststellen. Was man sich heute allerdings kaum noch vorstellen kann: Es gab seit Mitte des 17. Jahrhun- derts immer wieder Versuche, die Berkel schiffbar zu machen, vor allem auf dem Abschnitt zwischen Vreden und dem hol- ländischen Zutphen. Das damals schma- le und oft stark gewundene Flussbett erwies sich dabei ebenso als hinderlich wie die stark schwankende Wasserfüh- Grenzstein mit Wegmarkierung Kirche von Ellewick rung des 119 Kilometer langen Flusses, der in den Baumbergen bei Billerbeck wurde, machten sich die holländischen entspringt und bei Zutphen in die Ijssel aber noch bis 1890 dauern, ehe sie end- Katholiken aus der Umgebung von mündet. Spezielle Schiffe mit geringem gültig aufgegeben wurde. Haaksbergen für einen neuen Kirchbau Tiefgang, die bis zu 14 Meter langen stark. Es entstand die Antoniuskirche in „Berkelschüten“, schipperten über die Der Weg verläuft rund zwei Kilometer Oldenkott, damals vermutlich der erste Berkel. Nachdem 1772 in Vreden eine parallel zum X 6 des Westfälischen Hei- massive Steinbau in der Bauerschaft Schleuse errichtet wird, schaffen es hol- matbundes und zum LAW 10, einem Wennewick. Nachfolgebau ist seit 1923 ländische Schiffe sogar bis Coesfeld. Ih- Teilstück des „Noaberpads“ (Nachbar- die heutige kleine Dorfkirche im histori- ren Höhepunkt erreicht die Berkelschiff- weg), über den sich auf rund 380 Ki- sierenden Stil mit teils neuromanischen, fahrt Anfang des 19. Jahrhunderts. 1840 lometern das deutsch-niederländische teils neugotischen Anklängen. Die In- verlassen 737 beladene Schiffe und 385 Grenzgebiet vom Dollart bis zum Rhein nenmauer, die Orgelempore sowie das Holzflöße Vreden in Richtung Holland. erwandern lässt. Nummerierte Grenz- Dachgerüst stammen noch aus der ur- Trotzdem konnte sich die Berkelschiff- steine markieren den Verlauf der Grenze. sprünglichen Kapelle. fahrt nie richtig durchsetzen. Es sollte Hüben wie drüben wird eine Landwirt- schaft betrieben, die sehr intensiv ist. Sowohl der Kreis Borken auf deutscher Blick über die Grenze: Intensive Landwirtschaft in den Niederlanden Seite als auch die angrenzenden hollän- dischen Provinzen Overijssel und Gelder- land zählen zu den landwirtschaftlich produktivsten Regionen ihres Landes. Das war nicht immer so. Vor allem Ak- kerbau war hier lange Zeit nur auf weni- gen Flächen möglich. Denn die vorherr- schenden Sandböden sind von Natur aus wenig fruchtbar. Über viele Jahrhunder- te wurden auf die Äcker Plaggen aufge- tragen, die zuvor in der gemeinen Mark gestochen und im Winter als Einstreu in den Ställen vom Vieh gedüngt worden waren. In den Marken, die hier meist als „Feld“ bezeichnet wurden (z.B. Ellewik- ker Feld, Crosewicker Feld) entwickelten sich aufgrund des permanenten Nähr- stoffentzugs Heidelandschaften, die im Westmünsterland bis Mitte des 19. Jahrhunderts große Flächen einnahmen. Erst als die Marken im 19. Jahrhundert geteilt und in Privatbesitz überführt Heimatpflege in Westfalen-Beilage – 22. Jg., 5/2009 3 Münsterland zu Fuß Hof Früchting wurden, intensivierte sich die landwirt- fügt über eine eigene Grundschule und re Pause. Vreden hat durch Brände und schaftliche Nutzung. Die kargsten Flä- einen Kindergarten und hat rund 1.500 zuletzt durch massive Zerstörungen im chen wurden mit Kiefern aufgeforstet. Einwohner. 2. Weltkrieg oft stark gelitten. Von unse- Die zunehmende Verbreitung des Kunst- rem Wanderweg entlang der Berkel aus düngers ermöglichte später sogar eine Von Ellewick aus geht es schnurgerade ergeben sich aber immer wieder hüb- ackerbauliche Nutzung der armen Bö- in Richtung Vreden. Der „Lange Diek“ sche Ansichten. Dazu trägt nicht zuletzt den. Heute nimmt der Maisanbau große ist ein alter Rosenkranzweg, der vor über auch ein liebevoll gepflegtes Ensemble Flächen ein. 300 Jahren als Zeichen des Glaubens aus landwirtschaftlichen Gebäuden bei. entstand. Die Marienfrömmigkeit hat in Auch wenn es sich harmonisch in die Ellewick-Crosewick ist eines der fünf den Bauerschaften eine lange Traditi- Umgebung einfügt – ursprünglich stand Kirchdörfer, die zur Stadt Vreden gehö- on. Noch heute wird in vielen Familien keines der Gebäude hier. ren. Die älteren Häuser im Dorf sind fast der Rosenkranz gebetet. Eine Station ist alle aus Backstein erbaut. Die Herstel- auf gut halber Strecke ein Ende des 19. Vielmehr besteht der gesamte Komplex lung von Ziegeln und Backsteinen hat Jahrhunderts errichtetes Kreuz, das die aus ehemals vom Abriss bedrohten Bauten im Westmünsterland eine lange Traditi- damals meist verfallenen Stationen er- aus der näheren Umgebung, die sorgfäl- on, denn in dem waldarmen Gebiet griff setzen sollte. Der kleine Hügel, auf dem tig abgetragen und im Vredener Stadt- man in Ermangelung natürlich anste- es steht, wird landläufig auch als Kalva- park ebenso sorgfältig Stück für Stück henden Gesteins und zur Schonung der rienberg bezeichnet. Eine 1988 von der wiederaufgebaut wurden. Zu verdan- geringen Holzreserven bereits frühzeitig Nachbarschaft errichtete Kapelle befin- ken ist diese immense Arbeit dem bereits auf andere Baumaterialien zurück. Er- det sich direkt am Beginn des Langen 1926 gegründeten Vredener Heimatver- ste Ziegeleien sind hier bereits für das Dieks. ein. Das Haupthaus als Mittelpunkt der 13. Jahrhundert belegt. Der Ton wurde Anlage stammt vom Hof Früchting aus aus „Lehmpütten“ in der näheren Umge- Ländliche Idylle in der Stadt der Bauerschaft Ellewick. Es wurde Mit- bung gewonnen. te der 1960er Jahre an seinen heutigen Der Weg führt uns am Berkelufer ent- Standort versetzt oder „transloziert“, Kern der Siedlung ist die 1678 erbaute lang und durch den Stadtpark in die In- wie die Wissenschaftler sagen. Nach Kreuzkapelle. Direkt daneben
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