5 | Januar–Februar 2008

5 | Januar–Februar 2008

AUSGABE 5 | JANUAR–FEBRUAR 2008 DER RISS IN DER DECKE Volkswagens historisches Archiv KÖNIG DER CO-TRAINER Josef „Seppo“ Eichkorn in Interview DIE VERMESSUNG DER WELT Markus Brüderlin im Porträt TRADITION STATT RETORTE Über Wolfsburgs 70. Geburtstag 17NACH 60 UND 70 JAHREN WOLFSBURGER WIEDERSEHEN MIT DEM „VW-PIËCH“ AUF 42 DIE MATTHIAS-BRODOWY-KOLUMNE DEM JAKOBSWEG JANUAR 08 INHALT | EDITORIAL FREISCHWIMMER 3 EDITORIAL STARTBLOCK WOLFSBURGER GESCHICHTEN 04 DER RISS Liebe Leserinnen, liebe Leser, 06 DR. MANFRED GRIEGER IM GESPRÄCH IN DER DECKE Volkswagen und Porsche – das ist die Geschichte einer (familiären) Verbunden- KÖNIG DER heit, die sich schon lange vor der ange- CO-TRAINER JOSEF „SEPPO“ EICHKORN IM INTERVIEW 08 kündigten Übernahme der großen Wolfs- burger durch die kleinen Zuffenhausener an vielen Stellen gezeigt hat. Markantes- MARKUS BRÜDERLIN IM PORTRÄT DIE VERMESSUNG DER WELT tes Beispiel: der 914er, der Volksporsche 10 aus den 70ern; jener Sportwagen mit dem vielfach belächelten Mittelmotor, der KUNST mit 120.000 Stück wider allem Erwarten 13 IM HALLENBAD SCHAUFENSTER ein Erfolg wurde. Manch einem mag dies Mut für das machen, was kommt. Dass ZWISCHEN vielen Menschen im Volkswagen-Konzern FLUSSDAMPFER- dennoch mulmig zu Mute ist, hat seine Berechtigung. KAPITÄN UND PINOCCHIO ZU BESUCH IM ITALIENISCHEN KULTURINSTITUT 14 Jede Form von Veränderung bedeutet: 16 AUSSTELLUNG IM KUNSTVEREIN MERKWÜRDIGE MASCHINEN sicheres Terrain verlassen, Wagnisse ein- gehen und sich der Gefahr stellen, Rück- schläge zu erfahren. Einer, der neue Wege NACH 60 UND 70 JAHREN WOLFSBURGER WIEDERSEHEN beschreitet, ist zum Beispiel Stefano Jo- 17 rio, der seinem Italienischen Kulturinsti- tut eine neue Ausrichtung gibt – Ausgang KEINE ungewiss. Oder Dr. Manfred Grieger, der in einer Zeit das Volkswagen Archiv auf- baute, als andere Unternehmen die dunk- RETORTE WOLFSBURG FEIERT SEINEN 70. GEBURTSTAG 18 len Seiten ihrer Firmenhistorie lieber im Schatten ließen – und der auch in Zeiten 20 MOVIMENTOS 2008 EIN TANZ IM VERTRAUEN der Volkswagen-Porsche-Vereinigung ein vielgefragter Historiker ist. Ihnen – und DIE KRAFT DER VERÄNDERUNG VORTRÄGE IN DER AUTOSTADT 21 vielen anderen, auf ihre Art wagemutigen Menschen unserer Stadt – widmet der POLA-CITY DER BASEBALLPLATZ 22 freischwimmer in dieser Ausgabe seine Seiten. NAH … Solchen Vorbildern folgend haben wir Mut für eine (kleine) Blattreform gefun- …UND FERN WOLFSBURGER AUS ALLER WELT 24 -25 den. Wir stellen uns der harten Warenwelt mit einer – diesmal heimeligen – Produkt- seite und lassen Experten erklären, wie 26 HEIMAT LIEBE WARE man richtig guten Kaffee macht. Und für die lieben Kleinen gibt‘s jetzt zwei wun- FRÜHSCHWIMMER DIE KINDERSEITE 28 dervolle Kinderseiten. MITMACHEN STATT ABGREIFEN DIE JOBWERK MESSE NACH 31 Ihnen eine gute Zeit. Ihre Freischwimmer-Redaktion GEDACHT LEBENSRÄUME 32 KULTUR 33BESTE BRAUNE BOHNEN ERKLÄRTE WELT KALENDER WOLFSBURGER TERMINE 34 MIT DEM „VW-PIËCH“ AUF 42 DIE MATTHIAS-BRODOWY-KOLUMNE DEM JAKOBSWEG JANUAR 08 4 FREISCHWIMMER STARTBLOCK BATMOBIL UND OPEL KAPITÄN Der Mensch hat eine gewisse Sehn- PIZZA À LA BRAUNSCHWEIG sucht, Prozesse bis zum Ende auszurei- Wolfsburg ist eine große Ausnahme, zen, und einen unschönen Ehrgeiz, der hier wird in Pizzerien meist noch mit italie- ihn hin und wieder zum Größenwahn nischem Migrationshintergrund gebacken. verführt. Der inzwischen zu völliger Un- In anderen Teilen dieser Republik ist das bekanntheit gelangte Politiker Erhard ja mittlerweile ganz anders. Nationalstolz Eppler forderte Anfang der 80er-Jahre ein hin oder her, es spielt in der Küche keine „Nullwachstum“ für die Wirtschaft. Seit Al Rolle mehr, ob der Koch die nationale Kü- Gore grassiert ein neuer Wahn: das Rück- che mit der Muttermilch eingesogen hat. wärtswachstum (also zurück, quasi nach Pizzerien werden inzwischen von Türken unten). Schluckte ein gutes Auto, also eröffnet und betrieben, die Kebab-Spieße z.B. ein Opel Kapitän, 25 Liter Super (ver- in deren leer stehenden Imbissbuden dre- bleit!), so braucht Ferdi Piëchs Batmobil hen heute gerne Ex-Jugoslawen, und be- nur noch einen Liter. Ökologisch ist das dient wird man von einem multilingualen auf der gefühlten Franz-Alt-Skala ganz Albaner. Diese Einleitung hat nur leidlich oben, also unten (Sie wissen schon …). etwas mit dem Bild zu tun. Immerhin soll Was kommt aber danach: ein Halbliter- Ihnen aber noch mitgeteilt sein, dass es auto? Ein Deziliterauto? Das ist nix und sich bei der Pizza auf dem Bild um einen spätestens seit Erich Honecker und sei- aufgeklebten Fertigpizzakarton handelt. ner DDR wissen wir: Größenwahn muss Hier backt der Chef die Fertiggerichte wenigstens gut klingen und aussehen. noch selbst. Die sind wirklich verrückt da [Hau] in Braunschweig. [Hau] FUZO-MÜLLER HEISST JETZT TRETS Seit wenigen Wochen darf man das neue Parkett in der Porschestraße mit profanen Straßenschuhen betreten. Man- chem Passanten wird zwar auf dem etwas sehr wellig geratenen Boden seekrank zu- mute, aber allen kann es schließlich nie gefallen. Die übrig gebliebenen diskussi- onswürdig schönen Pavillons bilden im Augenblick noch eine Art Wellenbrecher gegen die schöne neue Einkaufswelt in der Fuzo. Gut, dass es die „Arbeitsgrup- pe“ Saubere Innenstadt gibt, welche für adäquate Entsorgungsmöglichkeiten zu sorgen hat. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Jetzt geht die Angst bei den Händ- lern um, nicht in die neue Zeit mitgenom- men zu werden. In dieser piekfeinen Fla- niermeile weht nun der Wind der großen weiten Welt (der Stein ist kostengünstig aus China eingeflogen worden). Der Sei- fen und Tubenmarkt „Müller“ hat sich so- gleich internationalisiert und nennt sich jetzt offensichtlich „Miller“. [Hau] JANUAR 08 STARTBLOCK FREISCHWIMMER 5 SCHAFFT EINS, ZWEI, DREI OUTLETS Wolfsburgs neueste Errungenschaft, das „DOW“, macht den Einzelhändlern in der Fuzo richtig Angst. Der neue Kon- sumtempel liegt in einer „Sonderzone“ und darf jeden Sonntag im Jahr seine Tü- ren öffnen. Da schlottern und flattern den Werktagsöffnern die patinierten Glied- maßen. Vor ihrem geistigen Auge fließen die Geldströme davon, versickern, lösen sich in Luft auf. „So nicht!“, dachte sich wenigstens ein Betroffener und hat eine erstaunlich ausgefuchste Idee entwickelt. Er macht aus seiner drögen Schuhbutze auch einen Outletverkauf und schon wim- melt es von kaufwütigen Wolfsburgern im Laden. Das könnte Schule in allen Berei- chen machen: Bio-Outlet-Stores, Schnitt- blumen-Outlet und Hallenbad – Kultur- Outlet am Schachtweg! Alles, was nicht auf vier Rädern fährt, wird in ein Out- let-Konzept überführt. Eine schöne neue Welt. [Hau] BERLINER, SCHAUT AUF DIESE STADT VOLKSBANK BRAWO ARENA Marketingmäßig sind wir gerade im Freunde, die im fränkischen Fürth zu Vollrausch. Berlin wird mit Hunderttau- Hause sind, werden gerne mit folgender senden Tourismusbroschüren über das Frage verulkt: „Na, mal wieder im Play- schöne Wolfsburg geflutet: Da geht was mobil-Stadion gewesen?“ Dann folgt ein in Wolfsburg und alles ist ganz fein und hässliches Lachen. Der Fußballverein viel besser als in der versifften Hauptstadt Greuther Fürth spielt nämlich in einem (vor allem der Fußboden). Die Sozialde- Stadion, das „Playmobil-Stadion“ heißt. mokraten erwärmen sich schon für ein Playmobil, also die Menschen, die in der Kristalldach über dem Hugo-Bork-Platz, Firma dafür zuständig sind, haben sich die Christdemokraten für ein öffentliches das überlegt, damit über den Fußball der Alkoholverbot. It’s pretty nice here bet- Name Playmobil in die Welt getragen wird, ween Leine and Aller – im Gegensatz zu noch genauer: dass die Kinder dieser Welt Berlin ist das der Knaller. Berliner, schaut mit Playmobil-Figuren spielen. Es muss auf diese Stadt. Ben Becker lehnt lässig ein grauenhafter Fluch für Fans sein, mit volltrunken im Sausalitos, Sido kichert diesem Namen verbunden zu werden. Da bekifft an der Cadera-Kuchentheke, Mit- ist man gestandene 40 Jahre, trägt eine te-People bevölkern Tchibo-Buden, Rolf mit Aufnähern übersäte Jeansjacke, kann Eden, noch besser Playboy 51 (erinnert fünf Schals gleichzeitig tragen, wäscht sich noch jemand?), ist auf der Balz auf seine Haare nur nach Niederlagen und der Piazza. Der VfL ist besonders gast- dann so ein Stadionname: „Playmobil- freundlich und hat sich ein Gangster- und Stadion“. Vermutlich wird das in Fürth Gettoimage zugelegt. Aber eh, Alta! Was einfach so verdrängt wie der Nationalsozi- machen wir, wenn die Neuköllner kom- alismus in den Wirtschaftswunderjahren. men? [Hau] Warum ich das erzähle? Fragen Sie doch erst lieber gar nicht. [Hau] JANUAR 08 6 FREISCHWIMMER TITELTHEMA DER RISS IN DER DECKE DR. MANFRED GRIEGER IM GESPRÄCH Foto: Ali Altschaffel Volkswagen ist nicht nur der Gründungsanlass der Stadt Wolfsburg (will man genau sein: für die „Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben“), sondern auch ein Spiegelbild von 70 Jahren deutscher Geschichte. Aus diesem Grund hat die freischwimmer-Redaktion Dr. Manfred Grieger, den Leiter der „Historischen Kommunikation“ des Konzerns, besucht. Dr. Grieger ist schon lange mit dem trieb. Ohne die u. a. bei Heinrich Himmler es um die Aufarbeitung der problemati- Unternehmen verbunden – hat er doch regelrecht „bestellten“ Menschen wäre schen Geschichte geht. So entstanden schon seine Promotion über die Zwangs- die massenhafte Produktion von Panzer- im Werk selbst eine Erinnerungsstätte an arbeit im Werk verfasst. Immer wieder fäusten, Kübelwagen, Tellerminen und die Zwangsarbeit, ein Fonds für ehema- bebt hier das Geschirr auf dem Tisch. Flugbomben nicht möglich gewesen. Die lige Zwangsarbeiter

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