
Das amt für wald Graubünden Informiert ... Waldspazier- gang durch die Brigitte Wolf Ruinaulta Die Wälder auf dem Gebiet des Flimser Bergsturzes www.wald.gr.ch internet: TA L R E S E D O E I F G IO R I Faktenblatt 6 IZ G V I O R N E I S Erste Ausgabe S E N R U V H E C T Juli 2000 IS S C R H G F O A L R E S TA L D Gleichauf mit Matterhorn und Als der Berg Rheinfall 1977 nahm der Bundesrat die Ruinaulta als eine der ersten zu tale stürzte Landschaften ins «Bundesin- ventar der Landschaften und Kurz nach Reichenau, wo sich die als 1’000 Meter in die Tiefe und Naturdenkmäler von nationaler Schienen Richtung Bündner Ober- begruben das Vorderrheintal auf Bedeutung (BLN)» auf und stell- land und Engadin trennen, taucht einer Länge von 12 Kilometern te die Vorderrheinschlucht damit die Rhätische Bahn in eine andere (von Castrisch bis Reichenau) un- auf die gleiche Stufe wie den Schuttmasse. Welt ein. An der Seite des Vorder- ter einer Diese Rheinfall, den Vierwaldstätter- rheins schlängelt sie sich hinein in ist mancherorts mehrere hundert see oder das Matterhorn. die Schlucht mit dem klingenden Meter dick. Ruinaulta. Namen Das eidgenössische Natur- und Das gesamte heutige Waldgebiet Heimatschutzgesetz (NHG) Die Ruinaulta ist eine der grossar- südlich der Strasse Trin-Flims- schreibt für BLN-Objekte «die tigsten Landschaften der Alpen: 18 Laax-Sagogn sowie die Wälder ungeschmälerte Erhaltung oder Kilometer ungezähmter Fluss; tote westlich von Bonaduz und nördlich jedenfalls grösstmögliche Scho- Baumstämme auf offenen Kiesin- der Strasse Versam-Valendas- nung» vor. Für die Umsetzung seln; 300 Meter hohe, weisse Castrisch wurzeln über der ehe- des Gesetzes sind Kanton und Kalkwände. Auf bizarren Felstür- maligen Schuttmasse des Berg- Gemeinden zuständig, welche men klammern sich knorrige Föh- sturzes. Das sind nicht weniger als im Rahmen der Raumplanung ren fest; in urtümlichen Wäldern 50 Quadratkilometer! über kantonale beziehungswei- glitzern zauberhafte Seen ohne se lokale Schutzzonen bestim- sichtbare Zu- und Abflüsse. Der genaue Zeitpunkt des Flimser men. Für die Ruinaulta fehlen Bergsturzes ist bis heute nicht ein- bis heute einheitliche raumpla- Die Schlucht ist die Folge eines deutig bestimmt. Allgemein wird nerische Bestimmungen. gewaltigen Naturereignis- ein Alter zwischen 13’000 und ses. Die mächtigen Gletscher der 17’000 Jahren angenommen. Die letzten Eiszeit hatten sich bereits Tatsache, dass die Schuttmasse Das BLN-Gebiet «Ruinaulta» aus dem Tal zurückgezogen, als nochmals von Gletschern überfah- liegt auf dem Boden der neun zwischen Flimserstein und Piz ren wurde, deutet auf ein solches Gemeinden Bonaduz, Flims, Laax, Sagogn, Schluein, Trin, Grisch rund 12 Kubikkilometer Datum in der Endphase der letzten Castrisch, Valendas und Fels losbrachen. Sie stürzten mehr grossen Eiszeit hin. Versam. Die Karte zeigt die bis 1998 realisierten Schutzzonen. qUELLE: aMT FÜR rAUMPLANUNG DES kANTONS gRAUBÜNDEN Flims realisierte Landschafts-, Natur und Ruhezonen auf Gemeinde-ebene innerhalb des Bln-gebiets trin GEmeindegrenzen vorderrhein Bonaduz laax versam Schluein Sagogn 1 valendas 0 1 2.5km Castrisch der Rhein formt die Schlucht Durch den Bergsturz wurde der Heute, nach mehreren tausend Auf den Bergsturztrümmern findet man zahlreiche Pio- Rhein bei Ilanz zu einem grossen Jahren scheint die Landschaft nierpflanzen wie beispiels- See aufgestaut. Sein Abfluss be- geformt. Doch die Dynamik weise die Silberwurz, norma- gann, sich einen Weg durch die geht weiter. Der Rhein fliesst noch lerweise eine typische Hoch- Schuttmassen zu bahnen und immer in den Schuttmassen des gebirgspflanze. Fotos B.Wolf formte eine erste Schlucht. Bergsturzes. Lediglich bei der Es folgte eine Zeit mit kleineren Hochwassermarkierung bei der Bergstürzen auf beiden Talseiten Ruine Wackenau kommt ursprüng- und neuen Gletschervorstössen. licher Fels zutage. Das ausgegli- Eine Barriere aus Eis und Schutt chene Gefälle von der Surselva bis zwischen Castrisch und Schluein zum Zusammenfluss mit dem Hin- staute den zweiten Ilanzersee. terrhein deutet aber darauf hin, dass die Erosion in der Schlucht Als der See schliesslich ausbrach, heute eher in die Breite als in die überspülte eine gewaltige Flut- Tiefe wirkt. welle aus Wasser und Gesteins- trümmern die Rheinschlucht und «Ruinaulta» kommt aus dem schwappte bis hinein in das untere Romanischen und bezeichnet die bis 300 Meter hohen Kalk- Domleschg. Ihre Ablagerungen wände unterhalb Tuora bilden heute die Ebene von Bona- («Ruina» bedeutet Geröllhalde, duz und Rhäzüns. Die genaue Ab- «aulta» bedeutet hoch). folge all dieser Ereignisse haben die Geologen bis heute nicht ent- schlüsselt. Allmählich besiedelten erste Flechten und Moose die Trümmer des Bergsturzes, der Regen löste Mineralsalze aus dem Gestein. Abgestorbene Pflanzenreste sam- melten sich an, Gräser und Kräu- ter konnten Fuss fassen. Mit der Zeit bildete sich eine Boden- schicht, in welcher auch die ersten Bäume genügend Halt fanden. So eroberten sich die Pflanzen und mit ihnen auch die Tiere das Gebiet des Bergsturzes zurück. Einzig an den steilen Abhängen der Schlucht konnten sich mancherorts bis heute keine Pflanzen ansiedeln. Die unbändige Kraft des Wassers formte die Ruinaulta massgeblich mit. 2 Exposition: Der Bergsturz vorlieben und hinterliess ein interessantes Relief mit oft kleinräumig wechselnden Abhängen in allen Expositionen abneigungen und Steilheiten. Je nach Sonnen- einstrahlung variieren die kleinräu- Warum gedeihen auf den Sand- Hangneigung, geologischem Un- migen klimatischen Verhältnisse. bänken am Rhein praktisch nur tergrund, Boden und Konkurrenz- Weisserlen? Weshalb gesellt sich verhältnissen ab. Boden: Auf den Gesteinstrüm- zur Fichte einmal die Föhre, ein mern aus Malm- und Kreidekalken anderes Mal die Tanne? Wieso ist Höhenlage: Der Flimser hat sich seit dem Bergsturz erst an den südexponierten Abhängen Bergsturz liegt zwischen 600 eine dünne (flachgründige) und der Schlucht die Föhre alleinherr- Metern über Meer am Rhein und kalkreiche Bodenschicht gebildet. schend? Warum wachsen im östli- ca. 1’200 Metern über Meer im Regen- und Schmelzwasser ver- chen Teil der Ruinaulta Buchen, Grosswald. sickern rasch in den vielen Ritzen nicht aber im westlichen? und Spalten des Untergrundes, so Klima: Das Klima ist gekenn- dass die Böden nach längeren So wie die einen ihre Ferien lieber zeichnet durch den Übergang zwi- Perioden ohne Niederschlag stark in den Bergen verbringen, die an- schen den ozeanisch getönten austrocknen. Eine Ausnahme bil- deren hingegen im warmen Tessin, Nordalpen mit kühlen Sommern den die durchnässten Auenböden so haben auch Tiere und Pflanzen und milden Wintern sowie den entlang des Rheins. ihre Vorlieben und Abneigungen. kontinental getönten Zentralalpen Welche Kombination von Bäumen mit relativ heissen Sommern und und anderen Pflanzen – Botaniker kalten Wintern. Die Niederschläge und Förster sprechen von Wald- sind mit 900 Millimetern pro Jahr gesellschaften – an einem in Sagogn bis 1’200 Millimetern in Ort wachsen, hängt von den so Flims eher bescheiden (Säntis genannten Standortfaktoren wie 2’500 Millimeter pro Jahr). Die Wald- Höhenlage, Klima, Exposition, gesellschaften der Ruinaulta Foto B.wolf Erika-Föhrenwald Auf den Tannen-Fichtenwald Auf Erika-Fichtenwald Auf extrem flachgründigen und etwas weniger flachgründi- flachgründigen, trockenen, trockenen Böden der süd- gen, weniger trockenen aber noch fichtenfähigen exponierten Abhänge der Böden in mulden, in hang- Böden in der Schlucht und schlucht fusslage oder auf ehemaligen insbesondere im grosswald Fluss-terrassen Weisserlen-Auenwald Auf 3 regelmässig überschwemmten, vom Grundwasser beeinfluss- ten sandig-kiesigen Böden entlang des rheins WALDSPAZIERGANG, abschnitt 1 Felsblöcke im fichtenwald Wir laden Sie ein zu einem Wald- spaziergang durch die Ruinaulta! Auf den nächsten Seiten schildert der einleitende Kursivtext jeweils den nächsten Abschnitt der Wan- derung, der nachfolgende Text beschreibt die typische Waldge- sellschaft. Die Nummern im Text finden Sie auf der Karte auf der Heftrückseite wieder. Ausgangspunkt ist Flims Waldhaus 1 , wohin wir be- quem mit dem Postauto gelangen. mancherorts scheint die Föhre Der Caumasee hat weder einen 2 sichtbaren Zu- noch abfluss. Vorbei am Caumasee gelangen fast ebenso häufig zu sein wie die sein wasserstand wird unter- wir durch den Grosswald 3 nach Fichte. Auf den flachgründigen, irdisch reguliert. Fotos R.Hefti Conn 4 , von wo wir zum ersten zum Teil sehr trockenen Böden Mal ehrfürchtig in die Schlucht blik- kann sich die Föhre neben der ken. 400 Meter unter uns umfliesst Fichte behaupten. der Rhein in weiten Schlaufen «Isla Casti» und «Chli Isla». Dank dem hügeligen Gelände mit vielen Kuppen und Senken ent- Der Grosswald – oder romanisch steht ein spannendes Mosaik von Uaul Grond – wächst auf den Bodenpflanzen mit unterschiedli- Schuttmassen des Bergsturzes chen Ansprüchen. Mit ihren lebhaft zwischen der Strasse Laax-Flims- rosa Blüten am auffälligsten ist Trin und dem Rhein. Er bildet ein wohl die Erika oder Schnee- zusammenhängendes Waldgebiet heide, weshalb Förster und Botani- von rund 1’100 Hektaren. Riesige ker im Grosswald vom Erika- Felsblöcke, tiefe Löcher und Fichtenwald 3 sprechen. Trotz der vielen Waldstrassen und Wanderwege hat der Senken, umgestürzte Bäume und Grosswald seinen urwüchsigen glasklare Waldseen machen den Charakter behalten. Uaul Grond zum geheimnisvollen Märchenwald. Der Uaul Grond ist im Prinzip ein grosser Fichtenwald. Nur vereinzelt sind Weisstannen oder Laubbäume wie Buche, Vogel-
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