„Ich habe nie etwas gemacht nur um Geld zu verdienen. Es ging mir um den Fortschritt und die praktische Anwendung.“ Rudolf Hell Rudolf Hell zum 100. Geburtstag hell Hell Verein / www.hell-kiel.de Im Jahre 2000 konnte die Heidelberger Druckmaschinen AG ihr 150-jähriges Firmenjubiläum feiern. Das Unternehmen, das sich aus den bescheidenen Anfängen einer Schnellpressen- fabrik zum weltweit führenden Anbieter von offenen Lösungen für die Print-Media-Industrie entwickelt hat, wurde im Laufe seiner Geschichte von unterschiedlichen Persönlichkeiten geprägt: Von Dr.-Ing. e.h. Hubert H. A. Sternberg, der mit der konse- Vorwort quenten Konzentration auf die erste vollautomatische Buch- druckmaschine, den Heidelberger Tiegel, den Weg zum größten Druckmaschinenhersteller der Welt vorzeichnete. Von Hugo Brehmer, dem Erfinder der Drahtheftmaschine, der zusammen mit seinem Bruder August in Leipzig eine Buchbindereimaschinen-Fabrik gründete. Leipzig ist auch heute noch einer der Standorte unserer Sparte Druckweiterverar- beitung. Von den Brüdern Alfred und Charles Harris in den USA, die mit der Erfindung eines Anlegers die Druckgeschwindigkeit der damaligen Druckmaschinen verzehnfachen konnten. Aus diesen Anfängen entwickelte sich einer der führenden Hersteller von Rollenoffset-Maschinen, der heute innerhalb der Heidelberg-Gruppe das Solution Center Web vertritt. Von Ottmar Mergenthaler, dem Erfinder der Linotype-Setz- maschine, der die grafische Industrie veränderte, wie rund 560 Jahre zuvor Johannes Gutenberg mit seiner Erfindung der beweglichen Lettern. Und von Dr.-Ing. Rudolf Hell, dessen 100. Geburtstag wir heute feiern dürfen. Diese Festschrift zeigt den Werdegang des Menschen, Ingenieurs und genialen Erfinders Rudolf Hell und die Geschichte des von ihm gegründeten Unternehmens, das wir 1996 als Linotype- Hell AG in die Heidelberg-Familie aufnehmen konnten. Erst damit wurde unsere Vision, Partner und Lösungsanbieter für die ganze Print-Media-Industrie zu sein, Realität: Von der Druckvorstufe über den Offset- und Digitaldruck bis zur Weiter- verarbeitung. Kiel, 19. Dezember 2001 Bernhard Schreier Vorsitzender des Vorstandes der Heidelberger Druckmaschinen AG Hell Verein / www.hell-kiel.de Die Familie zieht von Eggmühl nach Eger, dem heutigen Cheb in Tschechien. Hier besucht Rudolf Hell die Volks- und Der Schüler Realschule Rudolf Hell Rudolf Hell wird am 19. Dezember 1901 Rudolf Hell in Eggmühl (Bayern) inmitten seiner geboren. Das Geburts- beiden Brüder haus: der Bahnhof Karl und Max 1906 wird von Arthur Korn des Ortes (links im in der Nähe telegrafisch ein Portrait des Bild der Vater) des Bahnhofs deutschen Kronprinzen über Eggmühl eine Strecke von 1 800 km übertragen. Damit wird die Basis für die Telekopie gelegt 4 7 1901 1902 1903 190 1905 1906 190 1908 1909 1910 Erste drahtlose Nachrichtenübermittlung Am 8. November 1907 Ferdinand Braun und über den Atlantik. Guglielmo Marconi findet die erste Presse- Guglielmo Marconi er- überträgt am 12. Dezember 1901 den Buch- fotoübermittlung von halten am 10. Dezember staben „S“ über 3 400 km von Cornwall Paris nach London mit 1909 gemeinsam den nach Neuschottland der von Arthur Korn Nobelpreis für Physik entwickelten Telefoto- für ihre bahnbrechende technik mit Selenzellen- Erfindung im Bereich Abtastung auf der Telegrafie Am 17. Dezember 1903 Gegen den Willen ihres Senderseite und Glüh- starten die Gebrüder Professors Braun melden lampen-Belichtung auf Wright zum ersten am 12. September 1906 der Empfängerseite statt motorisierten Flug in die beiden Studenten der Geschichte der Dieckmann und Glage Menschheit heimlich das Patent über ein „Verfahren zur Über- tragung von Schriftzeichen und Strichzeichnungen unter Benutzung der Kathodenstrahlröhre“ an: Patent Nr. 190 102 „Die Bayern haben ihre Vorzüge und die Preußen haben ihre Vorzüge“ Rudolf Hell wurde am 19. Dezember 1901 in Eggmühl Heute gibt es im Geburtsort Eggmühl längst eine in Niederbayern geboren. Der Ort lag an der von den Rudolf-Hell-Straße. Als er sechs Jahre alt war, wurde Bayerischen Staatseisenbahnen betriebenen Bahnlinie der Vater nach Österreich-Ungarn, in die alte Reichs- von Regensburg nach Landshut. Der Vater war dort stadt Eger versetzt – damals ein bedeutender Eisen- Bahnhofsvorstand, die Familie wohnte im roman- bahn-Knotenpunkt der k.u.k.-Monarchie. Eine „Eisen- tischen Bahnhofsgebäude. Über seine Eltern sagte bahn-Rangliste des Königreichs Bayern“ aus dem Jahre Rudolf Hell einmal: „Mein Vater war ein richtiger Beamter, 1916 weist den Bahnverwalter Karl Hell als Leiter der wie auch der Großvater, mehr bayerisch orientiert, gemütlich. bayerischen Güterstation Eger aus. Die bayerischen Meine Mutter war eine sehr energische Frau.“ Sie war die Staatseisenbahnen betrieben dort seit 1865 eine Bau- Tochter eines Brauerei- und Gutsbesitzers. Von der inspektion an der wichtigen Verbindungsstelle mit Mutterseite hat Rudolf Hell wohl das Temperament den sächsischen und den böhmischen Bahnlinien. und den Unternehmergeist mit auf den Weg bekom- men. Rudolf war der jüngste von drei Söhnen. Hell Verein / www.hell-kiel.de Ende des Ersten Weltkrieges „In Physik war ich immer der Beste, ebenso in Mathematik. In Sprachen war ich mäßig, und dort, wo ich viel lernen musste, war ich schlecht.“ Ein Zeugnis des Schülers Rudolf Hell Rudolf Hell nimmt das Studium der Elektrotechnik an der Rudolf Hell mit Technischen Hoch- seinen Brüdern schule in München Karl und Max Der Erste Weltkrieg auf (von rechts) beginnt 2 1 3 7 191 191 191 1914 1915 1916 191 1918 1919 1920 Die Geburtsstunde des Albert Einstein Fernsehens: Der ungarische vollendet seine Physiker Dénes von Mihály 1905 formulierte überträgt mit dem „Telehor“ Relativitätstheorie am 7. Juli 1919 bewegte Die Titanic-Katastrophe am Schattenbilder über eine 15. April 1912 ist der Anstoß Leitung von 5 km Länge für die Erfindung des Echolots durch Karl Alexander Behm Der Siemens-Physiker am 22. Juli 1913. Es leistet Walter Schottky erfindet einen segensreichen Beitrag am 31. Mai 1916 die Gitter- für die Sicherheit der Seefahrt Verstärkerröhre, die dem Fernsprechverkehr starken Auftrieb gibt „In Physik war ich immer der Beste, ebenso in Mathematik“ In Eger besuchte Rudolf Hell die Volks- und Realschule, Die Wahl des Studienfachs ergab sich somit ganz insgesamt zwölf Jahre. Die Schule brachte ihm keine zwangsläufig. Rudolf wollte Elektrotechnik studieren, Probleme, vielmehr zeigte sich schon frühzeitig eine das stand nie in Frage, zumal er sich schon als zwölf- deutlich ausgeprägte Neigung für alles Naturwissen- jähriger Junge durch die Wiederherstellung der als schaftliche. Resümierend sagte Rudolf Hell über seine irreparabel geltenden Kirchturmuhr in Eger einschlä- Schuljahre: „In Physik war ich immer der Beste, ebenso in giges technisches Renommee erworben hatte. Mathematik. In Sprachen war ich mäßig, und dort, wo ich Mit knapp achtzehn Jahren begann er sein Studium viel lernen musste, war ich schlecht.“ an der Technischen Hochschule in München. Während Schach spielen war zu dieser Zeit eine seiner Lieb- der acht Semester beeindruckte ihn besonders Max lingsbeschäftigungen. Rudolf Hell war also alles Dieckmann, der an der Technischen Hochschule Draht- andere als ein Streber, vielmehr mit einer natürlichen lose Telegrafie lehrte. Dieckmann bekleidete damals Intelligenz und unstillbarem Wissensdrang ausge- eine Dozentur für Flugfunkwesen und war hauptamt- stattet. „Schon als Schüler war ich von der Idee besessen, mich lich Leiter der „Drahtlos und luftelektrischen Ver- mit der Elektrotechnik zu befassen. Ich quälte meine Lehrer suchsanstalt“ in Gräfelfing bei München. Rudolf Hell mit Fragen, auf die ich keine zufrieden stellenden Antworten hatte das Betätigungsfeld für seine technische Neu- bekam.“ gier gefunden. Hell Verein / www.hell-kiel.de Mit dem ersten Leuchtfleck- abtaster von Manfred von Ardenne wurde am 14.Dezember 1930 die von Die Prinzipdarstellung des Hellschreibers. Paul Nipkow 1883 Sie zeigt deutlich die Einfärbespindel und die erfundene redundant wiedergegebenen Zeichen In Neubabelsberg Lochscheibe John Logie Baird gelingt Patent Nr. 450 187 von bei Berlin gründet überflüssig es am 22. Mai 1922, Dieckmann und Hell Rudolf Hell seine Fernsehbilder mit 30 über „Lichtelektrische erste Firma Zeilen mittels einer Bildzerlegerröhre für gewöhnlichen Fern- die Zwecke des Fern- sprechleitung über eine sehens“ Distanz von 640 km zu übertragen 4 1921 1922 1923 192 1925 1926 1927 1928 1929 1930 Rudolf Hell wird 3. April 1929 Assistent von Dozent Eine Funkpeilstation für die Beginn einer langen Dieckmann (Bild) Zeppelin-Luftfahrt ist die erste Erfolgsgeschichte: an der TH München Entwicklung, die Rudolf Hell Patenturkunde des gemeinsam mit Max Dieckmann Hellschreibers Versuchsanordnung eines ausführt. Hell promoviert mit frühen Hellfax-Gerätes. einer Arbeit über ein „Direkt- Über die mechanisch ange- anzeigendes Funkpeilgerät für triebene Walze wird beim die Luftfahrt“ Sender die Zeichnung abge- tastet und beim Empfänger Gemeinsam mit wieder aufgezeichnet Dieckmann stellt Rudolf Hell auf der Verkehrsausstellung in München die erste Fernsehsende- und -empfangsstation vor „Meine Triebfeder war stets die Technik“ Nach Abschluss seines Studiums wird Rudolf Hell im Professoren kommentierte deshalb die Erfindung: „Ist Jahr 1923 Assistent bei Max Dieckmann. Sein Interesse ja ganz schön, aber was soll’s? Bei Nebel fliegt man eh gilt nie ausschließlich der reinen Theorie, sondern nicht, und bei Klarwetter sieht man sowieso.“ stets der Nutzbarmachung und Verbesserung der Hell wollte nicht das Dasein
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