![28 Outdoor-Magazin Zeltplatz Mit Aussicht: Auf Den Besshøe (2258 M) Und Kilometerlangen Russvatnet](https://data.docslib.org/img/3a60ab92a6e30910dab9bd827208bcff-1.webp)
28 outdoor-magazin Zeltplatz mit Aussicht: auf den BesshØe (2258 m) und kilometerlangen Russvatnet. TEXT: BORIS GNIELKA | FOTOS: BORIS GNIELKA & KATLEEN RICHTER Runde Sache Das norwegische Jotunheimen lockt mit tiefen Seen, klaren Flüssen, steilen Bergen und weiten Ebenen. Eine gemütliche Fünf-Tages-Rundtour sammelt alle Highlights des Parks ein. outdoor-magazin 29 er einmal hier war, kommt im- groß wie das Saarland, liegt nur wenige Au- geschnittene Seen, baumlose Ebenen. Wer mer wieder, sagen Nordland- tostunden nördlich von Oslo und beheima- das alles erkunden möchte, müsste eigent- kenner. Es ist eine Sucht, ein tet nicht nur die höchsten Berge des Lan- lich zwei Wochen investieren – gäbe es da WVerlangen nach Einsamkeit und Weite, die des, davon 40 Zweitausender, sondern auch nicht eine Kurztour, die fast alle Highlights einen nicht mehr loslässt. Sanft geschwun- etliche viele Kilometer lange Seen sowie des Parks verbindet. Sie startet an der Gjen- gene Landschaften, riesige Seen, Berge, die Dutzende Gletscher. Kein Wunder also, dass desheimhütte und führt über den berühm- aussehen wie Wale in XXL, Bäche mit die Region zu den beliebtesten Wanderzie- ten Besseggengrat zum schönsten See des Trinkwasserqualität und eine Stille, die so len in ganz Norwegen gehört. Parks, dem Russvatnet. Dort lässt sich ein leise ist, dass man sie hören kann: Es gibt Bricht man an einem sonnigen Spätsom- Abstecher zum zweithöchsten Berg Norwe- nicht viele Orte auf der Welt – und schon merabend von der Gjendesheimhütte am gens einbauen, dem Glittertind (2464 m), be- gar nicht in Europa –, die Wanderer so reich Ostrand des Parks auf, begegnet man Hun- vor es über weite Sand- und Kiesstrände so- beschenken wie die Bergregionen Norwe- derten Wanderern aller Altersklassen und wie sanft geschwungene Hügel zurück gens. Ein Land, das sich den Luxus von fast Nationen. Rund 50 000 Besucher zählt die- nach Gjendesheim geht. Sportliche Wande- 50 Nationalparks gönnt, einer grandioser ser älteste und schönste Nationalpark des rer knipsen die 40 Kilometer lange Runde als der andere. Und jeder für sich eine Of- Landes, der Skandinavienneulingen einen in drei Tagen ab. Doch es lohnt, etwas mehr fenbarung für alle, die der Zivilisation ent- leichten Einstieg ermöglicht. Sie finden mitzubringen. Meine Frau Katleen und ich fliehen und eintauchen möchten in eine hier ein perfekt ausgeschildertes Wegenetz, rechnen deshalb mit fünf Tagen, so bleibt Welt voller Naturspektakel. Der Jotunhei- viele gemütliche Hütten, unzählige Zelt- genügend Zeit zum Staunen und Erholen, men-Nationalpark eignet sich dafür ganz möglichkeiten und wilde Landschaften: Baden in glasklaren Seen, Fotografieren, besonders gut. Das Gebiet, fast zweimal so schneebedeckte Gipfel, Steilwände, tief ein- Kaffeetrinken und Blaubeerpflücken. Leise plätschert der See: Am Russvatnet-Ufer warten viele traumhafte Zeltplätze. 30 outdoor-magazin Sommerangebot: Die kleine Brücke über die Bessa wird Ende September abgebaut. outdoor-magazin 31 Auf dem Besseggengrat: 700 Meter über dem Gjende und 400 über dem Bessvatnet. SCHIFF AHOI! Seit über 100 Jahren bringen Fähren Jotunheimen-Wanderer an ihr Ziel. Was der Zimmermann Ole Øvstedal in seinem selbstgebauten Ruderboot mit Platz für 28 Personen begann, hat sich zu einem professionellen Familienbetrieb unter der Leitung von Kapitän Harald Øvstedal entwickelt: Seit 1906 lassen sich Naturfreun- de vom Ostufer des Gjende ans 18 Kilometer entfernte Westufer schippern. Zwei Fähren mit Platz für jeweils über 80 Passa- giere verbinden die Hütten Gjendesheim, Memurubu und Gjendebu miteinander und eröffnen Wanderern somit die Möglich- keit, Etappen abzukürzen, Touren mitten im Nationalpark zu beginnen (oder zu beenden) oder einfach nur schwere Rucksäcke ans Ziel zu bringen – so lässt sich zum Beispiel der Besseggengrat mit leichtem Tagesrucksack genießen. 32 outdoor-magazin Weitläufiges Terrain, weiche Böden, Ruhe und viel Sonne: Perla im Hundeparadies. »Wow, was für ein Berg!«, Katleen knirscht liegt in greifbarer Nähe. Er verbindet auf 14 mit turmhohem Rucksack beladen über den Kilometern die beiden am Gjendesee liegen- Schotterparkplatz an der Gjendesheimhütte den Hütten Memurubu und Gjendesheim und schwenkt auf den Weg zum Besseggen- durch einen bis zu 1743 Meter hohen Berg- grat ein. Zwischen krummen Birken und rücken, mit ständiger Aussicht auf den See. sattgrünen Farnbüscheln geht es im Nach- Eine Fährverbindung zwischen den beiden mittagslicht kernig bergauf. Immer im Blick: Hütten macht es Tagesausflüglern leicht – die bis zu 700 Meter steil in den Gjendesee entsprechend groß ist der Andrang. Aller- abfallende Felswand, von dessen Grat uns dings nicht bei uns, liegt dieser Zeltplatz Scharen von Wanderern entgegenströmen. doch knapp unterhalb des Grates. Der Trubel währt nur kurz: Wenige Stun- Verlassen wartet anderntags der geröll- den später glüht unser Zelt neben einem übersäte, fußballfeldbreite »Grat« auf die winzigen See in der untergehenden Sonne. ersten Besucher: uns. Ein zwei Meter ho- „Ich mache im Leben eigentlich nur das, wozu ich Die Luft ist klar, die Stille groß – bis unsere her Steinturm markiert den Gipfel, der als auch stehen kann. Beim Sport und auch beruflich. Hündin Perla, auf einem saftigen Moospols- solcher sonst unbemerkt bliebe. Dahinter Und genau deswegen mag ich Deuter. Mit Herzblut, ter liegend, leise zu schnarchen beginnt. Wir geht es erst seicht, später steil bergab zum Erfahrung und Fachwissen – das spürt man einfach blicken uns um: kein Mensch in Sicht. Kei- Sahnestück der Tour: einem 50 Meter brei- in den Produkten.“ ne Hütte, keine Straße, nichts. Nur baum- ten Felsriegel, der den 1373 Meter hohen und strauchlose Landschaft. Kein Lüftchen Bessvatnet vom viel tiefer liegenden Gjen- DANIEL BÜRKLE, MIT DEM NEUEN FUTURA PRO 36 regt sich. Über uns ein blauer Himmel, un- desee wie eine Staumauer trennt. Will man ter uns am Hang: Geröll und ein Bergschat- diesen Grateinschnitt erreichen, muss ten, der unaufhaltsam heraufwandert. man öfter die Hände einsetzen und aufpas- Am Ufer sitzend, genießen wir die Wärme sen, nicht den Halt zu verlieren – zumal der auf der Haut und entfachen den Kocher. Ei- beeindruckende Tiefblick schnell ablenkt. ne selbst zubereitete Mahlzeit schmeckt im Gut, dass Perla die Aussicht schnurz und Fjell grandios, auch wenn sie nur aus rot- das Klettern gewohnt ist. grauem Pulver in einer Tüte besteht, in die Kurz bevor wir erschöpft durch den Steil- Katleen gerade sprudelndes Wasser gießt. abstieg mit Rucksack unten auf der »Stau- »Zu Hause würde man’s nicht mal dem Ha- mauer« ankommen, erkennen wir den sen geben, hier schmeckt’s super!«, sagt sie, Grund der Einsamkeit: Hunderte von bunt den Löffel in der zähen Pampe rührend. Per- gekleideten Wanderern steigen den Gegen- la, die sonst jeden unserer Bissen studiert, hang ab – sie haben sich frühmorgens mit hat sich nur kurz aufgerichtet, um einen dem Boot zur Memurubu-Hütte bringen las- weit entfernten Berghang anzustarren – sen und gehen den Grat andersherum. dort wuseln winzige weiße Puschel: Schafe. Im kräftezehrenden Auf und Ab folgen Als der Schatten kommt, wird es schlag- wir dem Weg, bis er sich gabelt: links zum artig kalt. 1500 Meter zeigt der Höhenmes- Gjendesee, zur Memurubu und zum Fähran- ser, die höchste Stelle des Besseggengrats leger, rechts zum See Russvatnet – unserem outdoor-magazin 33 Deuter_70x280mm_18.indd 4 05.03.18 13:56 Ziel. Doch das wird heute nichts mehr. Aus- seit dem Morgen ins Gesicht scheint. »Gut, maßen ein verlockendes Ziel, zumal die gelaugt durch die vielen Höhenmeter und dass wir es gestern nicht mehr bis zum Hütte in zwei Stunden erreichbar wäre. den 20-Kilo-Rucksack errichten wir das Zelt Strand geschafft haben«, sagt Katleen. Doch rechts könnten wir bequem wieder an einem rauschenden Gebirgsbach weit Etwas später verwandelt sich das Bessh�e- zum Russvatnet absteigen und uns an sei- oberhalb des Russvatnets, nehmen ein Bad bedingte Schattenloch zu einem Paradies nem Ufer ein schönes Plätzchen suchen. und schmeißen den Kocher an. »Das war ja für Wildzelter: Dann glitzern Dutzende »Lass uns doch morgen entscheiden«, sagt ganz schön knackig für den Anfang«, mur- Sand- und Kiesstrände auf einer Länge von Katleen und zeigt auf eine sonnige Wiese melt Katleen abends aus ihrem Schlafsack – zehn Kilometern verlassen in der Sonne. mit Blick über See und schneebedeckte Ber- während Perla bereits zu unseren Füßen Wellen rauschen rhythmisch über die ge. Perla scheint auf den Vorschlag nur ge- ausgestreckt liegt und schnarcht. Steinchen, oben gluckst ein Rabe, weit ent- wartet zu haben. Schwanzwedelnd steht sie Doch so heftig die gestrige Etappe mit ih- fernt bimmelt ein Schaf. Hinter dem Ufer: im Gras und hofft, dass nun endlich die ren Auf- und Abstiegen war, so gemütlich Heidekraut, so weit das Auge reicht, zwi- Rucksäcke auf den Boden fallen, das Zelt geht es am Morgen weiter: Ein ausgetrete- schendrin ein gewundener Pfad. Er führt in aufgebaut und der Fressnapf gefüllt wird. ner Pfad führt gemächlich abfallend über zwei Stunden auf eine kleine, weniger krau- Also bleiben wir hier – und freuen uns Grasflächen zum Russvatnet, in den eine tige als vielmehr grasige Anhöhe mit Blick schon heute auf eine sonnige Wanderung 800 Meter hohe Steilwand herabstürzt. Sie auf den schlauchförmigen, zirka 500 Meter durch Blaubeer- und Heidekraut zum See, gehört zum Bessh�e, einem der vielen Zwei- breiten See und die Bessh�e-Flanke. auf einen weiteren Nachmittag in Stille tausendmeterberge des Parks. Am Fuße der Hier gabelt sich der Weg erneut.
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