SWR2 Musikstunde

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SWR2 MANUSKRIPT SWR2 Musikstunde „Georg Philipp Telemann - eine musikalische Begegnung“ (1-5) III. Höfisches Zwischenspiel Mit Antonie von Schönfeld Sendung: 21. Juni 2017 Redaktion: Dr. Ulla Zierau Produktion: SWR 2017 Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Service: SWR2 Musikstunde können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2- Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de SWR2 Musikstunde mit Antonie von Schönfeld 19. Juni – 23. Juni 2017 „Georg Philipp Telemann - eine musikalische Begegnung“ (1-5) III. Höfisches Zwischenspiel Mit AvS ...und Guten Morgen zur dritten Sendung in dieser Woche, die Georg Philipp Telemann gewidmet ist. Anlass ist das Jubiläum am kommenden Sonntag: Am 25. Juni jährt sich Telemanns Todestag zum 250. Mal - und ich finde, jeder Anlass ist willkommen, die Musik dieses brillanten Geistes und Musikers, der so lange unterschätzt worden ist, zu spielen und zu verbreiten! Heute also Folge III. - „Höfisches Zwischenspiel“ Titelmusik Die längste Zeit seines Lebens ist der umtriebige Musiker Telemann in Städtischen Diensten angestellt: noch als Student in Leipzig übernimmt er in überraschend kurzer Zeit zentrale Ämter im Musikleben der Messe- und Universitätsstadt, später geht er für neun Jahre als Musikdirektor nach Frankfurt am Main und 1721 schließlich wird er seine Lebensstellung in Hamburg finden als Musikdirektor der fünf Hauptkirchen, - das war damals für einen Musiker im deutschsprachigen Raum die wohl bedeutendste Stelle dieser Art. Im Anschluss an sein Studium hätte Telemann eigentlich gut in Leipzig bleiben können (- studiert hat er übrigens Jura): Telemann hat in Leipzig sein Auskommen, mit den verschiedenen Tätigkeiten als Leiter der Oper, Kantor an der Neukirche und mit der Leitung seines Orchesters, des „Collegium Musicum“, das jede Woche Konzerte gibt, verdient er mit Anfang zwanzig genug für seinen Lebensunterhalt. Schon jetzt arbeitet er in den unterschiedlichsten Sparten seines Berufs - als Musiker, Komponist, Musikunternehmer - offenbar ohne Limit. Das wird eine Art Markenzeichen werden, das Unermüdliche, Betriebsame, vielleicht sogar Rastlose, diese Art ‚Dauerbetrieb’ im Schöpferischen wie im Organisatorischen, Telemann bleibt überaus aktiv bis ins hohe Alter. 2 Leipzig bietet ihm übrigens auch Zukunftsperspektiven, vom Rat der Stadt werden dem Musiker weitere Aufgaben in Aussicht gestellt - diese Stadt ist eigentlich ist eine sichere Bank für den jungen Musiker, doch Telemann will mehr - und jetzt will er vor allem etwas Anderes: Als ihm der Herzog von Promnitz eine Stelle als Hofkapellmeister in Sorau anbietet zögert er nicht: Das breite Aufgabenfeld eines Hofmusikers in leitender Funktion ist genau das, was Georg Philipp Telemann an Erfahrung zu seinen bisherigen Tätigkeiten noch fehlt! __________________________________________________________________ Musik 1 Georg Philipp Telemann 5´32 CD1<9> „Ouvertüre“ aus: Ouvertüre E-Dur TWV 55:E2 Bach Concentus Ltg. Ewald Demeyere ACC 24098, LC 6608 M0094112 009 ___________________________________________________________________ Die Ouvertüre aus der Orchester-Suite E-Dur von Georg Philipp Telemann, Ewald Demeyre hat das Ensemble „Bach Concentus“ geleitet. Mit dem Wechsel nach Sorau an den Hof des Grafen von Promnitz taucht Telemann - was die Musik betrifft - stilistisch in die französische Welt ein: Promnitz gilt als Kenner und Liebhaber der französischen Musik - er schätzt beispielweise Jean- Baptiste Lully und ist erst kurz vor Telemanns Anstellung als Hofkapellmeister von seiner Kavalierstour, der obligatorischen Bildungsreise für junge Adlige, zurückgekommen. Telemann fühlt sich durch „das gläntzende Wesen“ des Fürstenhofs, so schreibt er in seiner Autobiographie von 1740, ermuntert zu „feurigen Unternehmungen“ und komponiert vor allem „Ouvertüren mit ihren Nebenstücken“, also Ouvertüren-Suiten, mal für kammermusikalische Besetzung, meist aber für die ganze Hofkapelle. 3 Diese Werkform gilt in Deutschland als Inbegriff des französischen Stils, doch das verwirrt: eigentlich werden hier zwei Dinge miteinander verknüpft: Am Beginn einer solchen Suite steht die sogenannte französische Ouvertüre, wie sie Jean-Baptiste Lully 1660 zum ersten Mal in Paris vorgestellt hat, ursprünglich war das der Eingangssatz zu einer Oper oder einem Ballett. Eine solche Ouvertüre besteht aus drei Teilen: einer majestätischen Einleitung, meist in gravitätisch punktiertem Rhythmus mit ausdrucksvoller Harmonik, dann einem schnelleren Fugensatz und schließlich einem Epilog, der Stil und Habitus der Einleitung aufgreift. An diese als Typus festgelegte Ouvertüre reihen sich dann weitere kleinere Sätze, zunächst meist kürzere Airs oder Tänze, die kontrastreich angeordnet sind. Später werden auch Charakterstücke in eine solche Suite eingebaut, eben die „Nebenstücke“, wie Telemann sie nennt. Beides - die französische Ouvertüre zu Beginn und die folgenden kürzeren Sätze - fügen sich dann zusammen zur Ouvertüren-Suite, für größere Besetzungen auch ‚Orchester-Suite’ genannt. - Und von diesem Suiten-Typ, den es so in Frankreich gar nicht gab, dachte man hierzulande, er sei typisch französisch! Im ausgehenden 17. Jahrhundert schrieben beispielsweise Philipp Heinrich Erlebach und Georg Muffat solche Suiten, Muffat hatte sogar selbst bei Lully studiert. Auf Telemann geht wohl die Entwicklung der programmatischen Orchestersuiten zurück, überhaupt finden sich in seiner Musik immer wieder ausgesprochen komische Stücke, musikalische Charakterisierungen, instrumentale Dialoge. In der Orchester-Suite E-Dur folgt auf die gerade gehörte Ouvertüre u.a. die folgende Air, in der Telemann immer wieder mit Tonart-fremden Harmonien spielt und neben eine „Dur“-Sequenz auch durchaus abrupt eine in „moll“ stellt: _________________________________________________________________ Musik 2 Georg Philipp Telemann 2´12 CD1<12> 4.Satz : „Air“ aus: Ouvertüre E-Dur TWV 55:E2 Bach Concentus Ltg. Ewald Demeyere ACC 24098, LC 6608 M0094112 009 _________________________________________________________________ 4 Eine „Air“ mit überraschenden Wendungen - das war noch ein Satz aus der Orchester-Suite E-Dur von Georg Philipp Telemann, gespielt vom Ensemble „Bach Concentus“. Graf Erdmann II. von Promnitz zu Pleß ist selbst erst Anfang zwanzig, als er den zwei Jahre älteren Telemann in seine Dienste nimmt. Der Graf war Kabinettminister und Geheimer Rat am Hof Augusts des Starken in Dresden und damit - in puncto Musik - an einem der ersten Höfe Europas. Auch Telemann reist mehrfach nach Dresden und hört dort die berühmte Kapelle und die neuesten Opern, auch von Sorau aus. Von hier verwaltet sein Dienstherr jetzt die ausgedehnten Ländereien und Güter seiner Familie, allein in der Niederlausitz gehören derer von Promnitz mehrere Schlösser. Seit dem Zweiten Weltkrieg übrigens gehört Sorau, inzwischen eine mittlere Kleinstadt, zum polnischen Teil der Lausitz, zur Woiwodschaft „Lebus“ und heißt „Zary“. - Hier steht auch heute noch ein prächtiges Barockschloss oder zumindest die Ruine davon - immerhin das Dach ist vor wenigen Jahren neu gedeckt worden und der völlige Verfall der Gebäude damit zunächst einmal gestoppt. Gleich daneben aber steht das noch ältere Schloss, in dem wohl Telemann ein- und ausgegangen ist. Als der Graf das neue Prachtschloss nach Entwürfen des Schweizer Baumeisters Giovanni Simonetti, da ist sein Kapellmeister Telemann schon weitergezogen an den Hof von Eisenach. Fertig wird das Barockschloss erst 18 Jahre später... Begegnet sind sich Graf und Musiker vermutlich in Weißenfels in Sachsen: Neben seinen vielen Leipziger Tätigkeiten schreibt Telemann Opern auch für die Residenz in Weißenfels und hier wird im Frühjahr 1705 die Hochzeit des Grafen zu Promnitz mit der Tochter des Herzogs von Weißenfels gefeiert, mit großem Aufwand und viel Musik: __________________________________________________________________ Musik 3 Georg Philipp Telemann 3´48 <7> Arie der Hildegard: „Steckt Mars den Degen ein“ aus: „Emma und Eginhard“ (1728) Nuria Rial, Sopran - Kammerorchester Basel Sony/dhm 88697922562, LC 0761 M0295208 007 _________________________________________________________________ 5 „Steckt Mars den Degen ein“ - Nuria Rial, begleitet vom Kammerorchester Basel, mit einer Arie aus Telemanns Oper „Emma und Eginhard“. Diese Oper stammt allerdings von 1728, da war Telemann bereits Musikdirektor in Hamburg. In Sorau komponiert er, wie von Graf Promnitz gewünscht, vor allem Ouvertüren- Suiten im französischen Stil. Der Graf besitzt Partituren von Lully und André Campra, Telemann wird sie studiert haben. Auch Campra, zwanzig Jahre früher geboren als Telemann, schreibt Ouvertüren-Suiten und schon er nimmt italienische Elemente mit in diese Musik auf wie das Konzertieren, also das wechselnde Spiel von Solo und Tutti, wie wir es auch von den späteren Orchestersuiten von Johann Sebastian Bach kennen. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts werden die Unterschiede zwischen den verschiedenen europäischen Nationalstilen in der Musikwelt intensiv diskutiert und als

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