Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 12 / 5476 12. Wahlperiode 22. 08. 2000 Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Innenministeriums Zusammenarbeit der Republikaner mit anderen rechtsextre- men Parteien, insbesondere mit der NPD Antrag Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten, 1. ob und wenn ja, welche Kontakte und Kooperationen der Republikaner zur NPD bestehen a) auf Bundesebene b) auf Landesebene c) auf der Ebene der Kreis- und Ortsverbände; 2. ob und wenn ja, welche Kontakte und Kooperationen der Republikaner zu anderen rechtsextremen Parteien oder anderen Organisationen bestehen a) auf Bundesebene b) auf Landesebene c) auf der Ebene der Kreis- und Ortsverbände; 3. ob der Landesregierung Kenntnisse darüber vorliegen, dass sich erhebliche Teile der Republikaner nicht mehr an die von deren Bundesvorstand be- schlossene Abgrenzung von rechtsextremen Gruppierungen gebunden füh- len; 21. 08. 2000 Oettinger, List, Rech, Heinz, Roland Schmid und Fraktion Eingegangen: 22. 08. 2000 / Ausgegeben: 25. 09. 2000 1 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 12 / 5476 Begründung Nach Aussagen des Vizepräsidenten des Landesamts für Verfassungsschutz, Hans-Jürgen Doll, findet entgegen den Äußerungen des REP-Bundesvorsit- zenden Rolf Schlierer zwischen den Republikanern und anderen rechtsextre- men Parteien und Organisationen Zusammenarbeit statt. Zur Vorbereitung ih- rer für den 5. Oktober 2000 beantragten Aktuellen Debatte „Eindämmung der Gewalt von Rechts – eine gesamtgesellschaftliche Aktion aller Demokraten“, in der auch die Vernetzung der rechten Szene zur Sprache kommen soll, will die CDU-Landtagsfraktion genauere Informationen erhalten und Hintergrün- de erfahren. Stellungnahme Mit Schreiben vom 14. September 2000 Nr. 5–0151/10–6 nimmt das Innen- ministerium zu dem Antrag wie folgt Stellung: Vorbemerkung: Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder haben seit Be- ginn der nachrichtendienstlichen Beobachtung der Partei „Die Republikaner“ (REP) Ende 1992 immer wieder Kontakte und Verbindungen dieser Partei zu anderen Rechtsextremisten – auch rechtsextremistischen Parteien – festge- stellt. Die Vielzahl solcher Feststellungen belegt, dass sich eine nennenswerte Zahl von REP-Mitgliedern und -Funktionären offenbar nicht an den so ge- nannten „Abgrenzungsbeschluss“ des „Ruhstorfer Parteitags“ aus dem Jahr 1990 gebunden fühlt. Offizieller Kurs der REP ist seit Anfang der 90er Jahre, sich gegenüber ande- ren rechtsextremistischen Gruppen und Parteien abzugrenzen. So wurde be- reits auf dem Bundesparteitag der REP im Juli 1990 in Ruhstorf ein Be- schluss gefasst, wonach „niemand, der in extremistischen und verfassungs- feindlichen Organisationen (z.B. NPD, DVU, FAP, ANF, KNS, Wiking-Ju- gend etc.) eine aktive Rolle gespielt hat, ... in Zukunft eine Funktion in unse- rer Partei übernehmen (darf)“. Dieser so genannte Abgrenzungsbeschluss ist später mehrfach erneuert worden, aber innerhalb der Partei überaus umstrit- ten. Die zahlreichen Kontakte zwischen REP und anderen Rechtsextremisten auf alle Ebenen zeigen, dass der Abgrenzungsbeschluss lediglich auf dem Pa- pier steht. Gerade in jüngster Zeit haben auch einige Verwaltungsgerichte im Rahmen von Verwaltungsgerichtsverfahren wegen der nachrichtendienstlichen Beobachtung der REP darauf hingewiesen, dass insbesondere Verbindungen der REP zu an- deren rechtsextremistischen Organisationen einen bedeutsamen Aspekt bei der Beurteilung der Verfassungsfeindlichkeit darstellen. So stellt das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in seinem rechtskräftigen Urteil vom 10. September 1999 fest, dass „ ... das Verhältnis der Partei zu noch weiter rechts stehenden Gruppierungen, darunter solchen, die ohne jeden Zweifel verfassungsfeindlich sind, nach wie vor nicht eindeu- tig geklärt ist.“ Hierbei werden sowohl die „Deutsche Volkunion“ (DVU) als auch die „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ (NPD) ausdrücklich genannt. Für besonders schwerwiegend hält das Gericht dabei die Kontakte der REP zur NPD. Im Folgenden wird eine Auswahl wesentlicher Erkenntnisse über Kontakte der REP zu anderen rechtsextremistischen Organisationen dargelegt. 2 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 12 / 5476 1. ob und wenn ja, welche Kontakte und Kooperationen der Republikaner zur NPD bestehen a) auf Bundesebene b) auf Landesebene c) auf der Ebene der Kreis- und Ortsverbände; Zu 1. a) und 1. b): – Am 6. Juni 1998 führte die „Republikanische Jugend“ (RJ) Hessen in Kas- sel unter Beteiligung so genannter „Freier Nationalisten“ (Selbstbezeich- nung von Neonazis) eine Demonstration gegen die Ausstellung „Vernich- tungskrieg – Verbrechen der Wehrmacht 1941–1944“ durch. Dabei begrüß- te Christian Käs, stellvertretender Bundesvorsitzender der REP und baden- württembergischer Landesvorsitzender, in seiner Rede neben „Patrioten aus dem bürgerlichen Lager“ ausdrücklich auch jene, die unter schwarz- weiß-roten Fahnen erschienen seien. Als Vertreter der „Freien Nationalis- ten“ sprach dort der Neonazi Thomas Wulff, der unmittelbar hinter Käs ste- hend ein Transparent der REP hielt. Unter den Teilnehmern (300–350, da- von ca. 250 Anhänger der NPD, JN und Neonazis) befanden sich auch die führenden Neonazis Friedhelm Busse und Thorsten Heise. Hierzu berichtet die NPD in ihrem Parteiorgan, „Deutsche Stimme“ (Ausgabe 6/2000), über den Landeskongress der RJ Hessen vom 7. Mai 2000 in Mainz wie folgt: „Andreas Lehmann, hessischer Landesvorsitzender der RJ, wandte sich in seiner Rede gegen jegliche Ausgrenzung von Jugendlichen. Ohne die Zu- sammenarbeit mit den Jungen Nationaldemokraten (JN) sowie Freien Na- tionalisten, bekannte Lehmann, wäre ein wirksamer Protest gegen die Anti-Wehrmachtsausstellung in Kassel nicht zustande gekommen ...“ – Die RJ Hessen veranstaltete am 28. November 1998 in Wiesbaden einen Liederabend mit dem rechtsextremistischen Liedermacher Frank Rennicke aus Baden-Württemberg, der seit Jahren den „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) mitgliedschaftlich verbunden ist. An der von rund 300 Personen be- suchten Veranstaltung nahmen neben jungen Mitgliedern der REP und der NPD auch Mitglieder der DVU sowie etliche Skinheads teil. Im Rahmen der Veranstaltung wurde ein Zusammenschluss der rechten Jugend als wichtigstes Ziel einer gemeinsamen künftigen Arbeit herausgestellt. – Nach einem Schreiben des NPD-Landesvorsitzenden von Schleswig-Hol- stein Ingo Stawitz vom 11. Februar 2000 an die Funktionärin des „Republi- kanischen Bundes der öffentlich Bediensteten“ (RepBB), Gesine Göttsche, bestanden im Vorfeld der Landtagswahlen in Schleswig-Holstein (27. Fe- bruar 2000) auch Kontakte der REP-Bundesführung zur NPD. So fand dem Schreiben nach bereits Anfang 1999 in Hamburg ein Gespräch zwischen Stawitz, dem REP-Bundesgeschäftsführer Tempel und Prof. Sojka (zu da- maliger Zeit noch DVU-Funktionär) statt. In dem gleichen Brief bestätigt Stawitz auch, dass Frau Winkelsett (Vorsitzende des REP-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen) und Tempel versucht haben, in Schleswig-Holstein eine Landesliste mit Hilfe von DVU-Leuten aufzustellen. – In einem „Informationsbrief des Kreisvorstandes Stuttgart“ der REP – Aus- gabe 6/99, für den der Stuttgarter Kreisvorsitzende Dr. Richard Eckert ver- antwortlich zeichnet, wird unter der Rubrik „Weitere Veranstaltungen“ ne- ben zwei Veranstaltungen des rechtsextremistischen „Cannstatter Kreises“ (siehe unten unter 2. c) ausdrücklich auf einen Liederabend mit Frank „Rennecke“ (Fehler im Original, richtig: Rennicke) hingewiesen. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 12 / 5476 Die Veranstaltung wurde vom Ortsverband Biblis der REP zusammen mit der RJ Hessen initiiert. Auch der REP-KV Bergstraße (Hessen) lud zu die- ser Veranstaltung mit dem rechtsextremistischen Liedermacher ein. – In einem Schreiben vom 14. Januar 2000 teilt der NPD-Landesvorsitzende von Schleswig-Holstein Ingo Stawitz mit, dass die NPD im Landtagswahl- kampf insbesondere Spenden und Hilfe von den REP erhalten habe. – Nach einer Pressemitteilung der NPD sprach der REP-Landesgeschäftsfüh- rer von Schleswig-Holstein am 23. Januar 2000 anlässlich einer NPD- Wahlveranstaltung in Bad Bramstedt ein Grußwort. In der Pressemitteilung wird weiter berichtet, die entscheidenden REP-Funktionäre in Schleswig- Holstein ermunterten ihre Mitglieder, NPD zu wählen. – Einer Pressemeldung des NPD-Landesverbands Nordrhein-Westfalen zu- folge nahmen an einer NPD-Demonstration am 6. Mai 2000 in Essen u. a. auch Funktionsträger der REP teil. – Nach einem Bericht der rechtsextremistischen Monatsschrift „Nation & Europa – Deutsche Monatshefte“, Ausgabe Juni 2000, entwickeln sich der- zeit im rheinland-pfälzischen Landesverband der REP ähnlich wie im hes- sischen Landesverband ernsthafte Einigungstendenzen zwischen REP und NPD. Zu 1. c): – Im November 1997 kam es in Stralsund zu einem Treffen des REP-Kreis- vorsitzenden mit örtlichen NPD-Funktionären. Nach einer Mitteilung des NPD-Landesverbands fand im Anschluss an eine gemeinsame Kranznie- derlegung ein Gespräch mit dem Ziel statt, die „Spaltung der rechten Par- teien“ zu überwinden. Die Kranzniederlegung und das Gespräch als sol- ches wurden von den REP nicht bestritten, sondern nur erklärt, dass der be- treffende Kreisvorsitzende Einsicht gezeigt und Besserung gelobt habe. – Am 7. Oktober 1998 haben sich laut „Info-Telefon Bündnis-Rechts“ in Lü- beck auf einer so genannten strukturübergreifenden Versammlung Vertreter der „nationalen Parteien“, unter anderem der REP und der NPD, getroffen und gemeinsam zu einer „Volksfront gegen linke Gewalt“
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