Institut für Technikfolgen- abschätzung und Systemanalyse TECHNIKFOLGENABSCHÄTZUNG Theorie und Praxis 19. Jahrgang, Heft 2 – Juli 2010 Editorial 3 Schwerpunkt Climate Engineering: ein Thermostat für die Erde? G. Sardemann, A. Grunwald: Einführung in den Schwerpunkt 4 G. Sardemann: Die Welt aus den Angeln heben. Zur Geschichte 8 des Climate Engineering T. Wiertz, D. Reichwein: Climate Engineering zwischen 17 Klimapolitik und Völkerrecht: Status quo und Perspektiven T. Leisner, St. Müller-Klieser: Aerosolbasierte Methoden des 25 Climate Engineering. Eine Bewertung K. Ott: Argumente für und wider „Climate Engineering“. 32 Versuch einer Kartierung A. Oschlies: Weitere Diskussion erforderlich! Bericht von der 42 „Asilomar International Conference on Climate Intervention Technologies“ Chr. Rösch, M. Achternbosch, J. Schippl, G. Sardemann: Climate 43 Engineering Light. Natürliche Prozesse der CO2-Speicherung TA-Projekte S. Höller, P. Viebahn: Kritische Abschätzung der CO2- 53 Lagerkapazitäten in Deutschland. Ein Beitrag für den öffentlichen Diskurs um CCS als Klimaschutzoption O. Hurtig, L. Leible: Mobil mit Biomasse. Techno-ökonomischer 59 Vergleich des Einsatzes von Strom, SNG und Fischer-Tropsch- Kraftstoff aus Biomasse im Pkw-Bereich R. Bräutigam: Forschung im Bereich der Entwicklung Neuer 62 Materialien. Das Spannungsfeld zwischen wissenschaftlicher Profilbildung und Technologietransfer – das Projekt InnoMat TA-Konzepte und -Methoden R. van Est, B. Walhout: Waiting for Nano – Very Actively. 67 A Long-term View on the Role of the Rathenau Institute in Stimulating the Dutch Debate on Nanotechnology M. Nentwich: Technikfolgenabschätzung 2.0 74 Fortsetzung Seite 2 Technikfolgenabschätzung • Technology Assessment Fortsetzung des Inhaltsverzeichnisses TA-Institution H. Shiroyama: Limits of Past Practices and Possible Future 80 Institutionalization of TA in Japan Diskussionsforum R. Meyer: Politik oder Markt: Wer soll über die Nutzung der 84 Grünen Gentechnik entscheiden? Anmerkungen zum Beitrag von Christoph Willers in TATuP Rezensionen B. Launder, M. Thompson (eds.): Geo-Engineer ing Climate 89 Change: Environmental Necessity or Pandora’s Box? (Rezension von T. Wiertz) B. Bürgler: Demokratische Legitimität in der internationalen 91 Umweltpolitik (Rezension von A. Rechkemmer) B. Pötter: Tatort Klimawandel. Täter, Opfer und Profiteure einer 94 globalen Revolution (Rezension von G. Sardemann) G. Banse, E.-O. Reher (Hg.): Allgemeine Technologie – 96 Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft G. Banse, E.-O. Reher (Hg.): Fortschritte bei der Herausbildung der Allgemeinen Technologie G. Banse, E.-O. Reher (Hg.): Allgemeine Technologie – verallgemeinertes Fachwissen und konkretisiertes Orientierungswissen zur Technologie (Sammelrezension von K. Krug) Tagungsberichte Die Ethisierung der Technik und ihre Bedeutung für die 101 Technikfolgenabschätzung. 10. Österreichische TA-Konferenz (Wien, Österreich, 31. Mai – 1. Juni 2010) (von K. Mader und G. Kamp) Eco-efficiency for sustainability. Report on the rd3 International 104 Conference on Eco-Efficiency (Egmond aan Zee, The Netherlands, June 9–11, 2010) (by R. Meyer and W.-R. Poganietz) Die Asse säuft ab – Gorleben was nun? Bericht von der 107 „Fachtagung zum Salzstock“ (Dannenberg, 16.–17. April 2010) (von S. Kuppler) Wissenschaftlicher Nachhaltigkeitsdialog zwischen Polen und 110 Deutschland. Bericht von der III. Polnisch-Deutschen Konferenz „Nachhaltige Entwicklung – von der wissenschaftlichen Forschung zur politischen Umsetzung“ (Katowice, 25.–27. November 2009) (von M. Wachowiak) ITAS-News 113 TAB-News 123 Netzwerk TA 128 Veranstaltungen 133 Seite 2 Technikfolgenabschätzung – Theorie und Praxis 19. Jg., Heft 2, Juli 2010 EDITORIAL EDITORIAL Der Turmbau zu Babel gilt noch heute als die dürfte manchem schwer über die Lippen kom- paradigmatische Geschichte der Selbstüber- men. Die Idee, die Erdatmosphäre technisch zu schätzung des Menschen. Ob nun die von Gott kühlen wie ein Büro in einem heißen Sommer verordnete Sprachverwirrung die Ursache des und dabei lediglich andere Mittel zielorientiert Scheiterns war, wie es im biblischen Original anzuwenden, führt zu kontroversen Reaktio- heißt, oder die Entfremdung durch Lohnarbeit, nen. Sie reichen von Empörung, besonders bei wie Fritz Lang in dem Film „Metropolis“ die Umweltengagierten, die vor unkontrollierbaren Babel-Geschichte gedeutet hat: Scheitern bleibt Entwicklungen warnen, bis hin zu Gefühlen der Scheitern. In beiden Deutungen jedenfalls lag Erleichterung, dass es auf diese Weise gelingen das Scheitern des Turmbaus von Babel nicht in könnte, einen dramatischen Klimawandel doch der Technik (etwa in Stabilitäts- oder Material- noch zu verhindern. Angesichts der wahrhaft problemen), sondern im sozialen Kontext be- globalen Dimension eines Climate Engineering gründet. Andere Beispiele dagegen zeigen, dass ist diese Mischung aus Schauder und Faszination auch Technik selbst menschlichen Träumen der psychologisch sicher verständlich. Machbarkeit und des garantierten Erfolgs einen Hybris-Befürchtungen und Warnungen, Streich spielen kann. Technikfolgenabschätzung dass der Mensch nicht „Gott spielen“ dürfe, sind kann ein Lied davon singen, wie nicht intendierte jedoch für sich keine Argumente. Wo sollten be- Folgen von Technik immer wieder die beabsich- lastbare Kriterien auch herkommen, mit denen tigten positiven Effekte konterkarieren. geprüft werden kann, was Hybris ist und was Befürchtungen des Scheiterns gehören heu- nicht? Hybris-Warnungen drücken Intuitionen, te zur gesellschaftlichen Debatte hochfliegender Befindlichkeiten und Sorgen aus. Diese sind als technischer und wissenschaftlicher Pläne; häufig solche ernst zu nehmen und sorgfältig zu prüfen, treten sie bereits in ihrem Vorfeld oder in frü- sie ersetzen jedoch nicht belastbare Argumente. hen Phasen auf. Bei besonders weitreichenden Hinter manchen Befindlichkeiten mögen reale Ambitionen und gerade angesichts „grandioser“ Probleme stehen, hinter anderen jedoch vielleicht Vorhaben wird immer wieder vor menschlicher nicht. Diese Unterschiede gilt es herauszufinden Hybris und Selbstüberschätzung gewarnt. In – und dazu will dieses Heft für den Bereich des Climate Engineering einen Einstieg erlauben. schöner Gleichzeitigkeit werden einerseits futu- ristische, teils utopisch anmutende Visionen über (Armin Grunwald) zukünftige technische Möglichkeiten erzählt, andererseits aber auch Warnungen kommuni- « » ziert, die sehr grundsätzlich mit „Playing-God“- Vorwürfen operieren. Unterschwellig oder offen wird dabei gar nicht so selten an den Turmbau im alttestamentarischen Babel erinnert. Gerade hat Craig Venter behauptet, das erste künstliche Lebewesen geschaffen zu haben, jeden- falls das erste Lebewesen mit künstlichem Erbgut. Die Synthetische Biologie, zu deren Vätern Venter gehört, ist eines der aktuellen Felder, in denen von „homo creator“ gesprochen und dabei befürchtet wird, dass Menschen „Gott spielen“. Auch das Thema des Schwerpunkts dieses Heftes steht bei Kritikern im Verdacht der Hy- bris. Allein das Wort „Climate Engineering“ Technikfolgenabschätzung – Theorie und Praxis 19. Jg., Heft 2, Juli 2010 Seite 3 SCHWERPUNKT Durch �������������������������������������Climate Engineering������������������ wird das Klimasy- SCHWERPUNKT stem als Ganzes zum Objekt gezielter technischer Beeinflussung gemacht. Dabei soll mit gewoll- ten, global und langfristig wirksamen Maßnah- Climate Engineering: ein men dem erwarteten Klimawandel gegengesteu- ert werden – verbunden mit der Hoffnung, dass Thermostat für die Erde? dadurch seine Folgen bewältigbar bleiben. Im Grunde geht es darum, mit global eingesetzten Techniken die Atmosphäre künstlich zu „küh- Einführung in den Schwerpunkt len“, um der Erderwärmung entgegen zu wirken. Technisch gibt es drei konzeptionelle Ansätze: von Gerhard Sardemann und Armin (1) Es könnte die von der Sonne zur Erde kom- Grunwald, ITAS mende Strahlungsenergie durch eine Ab- schattung mittels Folien im Weltraum redu- Der anthropogen verursachte Klimawandel ziert werden. gehört zu den großen Themen der Gegenwart. (2) Es könnte die planetare „Albedo“ der Erde Angesichts der schleppenden klimapoliti- gesteigert werden, so dass von der einge- schen Schritte, der Trägheit der Umstellung auf nichtfossile Energiequellen, des auf ökolo- strahlten Sonnenergie ein höherer Anteil in gische Belange wenig Rücksicht nehmenden den Weltraum reflektiert würde und somit Wirtschaftswachstums in vielen Industrie- nur ein kleinerer Teil von der Atmosphäre und Schwellenländern und einer weiter wach- absorbiert würde. Technisch könnte dies bei- senden Erdbevölkerung mit zunehmendem spielsweise durch gezielte Einbringung von Energiehunger mehren sich die Zweifel, dass Aerosolen in die Stratosphäre realisiert wer- sich das Zwei-Grad-Ziel auch unter günsti- den (Leisner, Müller-Klieser in diesem Heft), gen weiteren Entwicklungen überhaupt noch aber auch Maßnahmen wie das „Weiß-Strei- erreichen lässt. Rückkopplungseffekte könn- chen“ von Straßen oder Hausdächern gehö- ten zu einer Welt mit klimatischen Bedingun- ren in diese Kategorie. gen führen, die in weiten Teilen für den Men- (3) Es könnte versucht werden, der Atmosphäre schen nicht mehr tragbar sind. Angesichts in großem Umfang Kohlendioxid zu entzie- dieser Möglichkeiten ist es verständlich, dass hen und zu lagern oder weiterzuverwenden – jenseits der bekannten Vermeidungs- und (zu regionalen als Alternative zu globalen An- Anpassungsstrategien – nach weiteren Mög- sätzen, die an Nebenfolgen reich sind, siehe lichkeiten gesucht wird, den Klimawandel
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