Reyne Dachcortinghe Ende Ware Leringhe

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Reyne dachcortinghe ende ware leringhe Zur Beziehung zwischen Text und Bildprogramm in einer Handschrift der Rijmbijbel des Jacob van Maerlant (Den Haag, Rijksmuseum Meermanno-Westreenianum, 10 B 21) Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophie an der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln vorgelegt von Dirk Witthaut Köln 2003 2 Inhalt VORWORT..................................................................................................................5 EINLEITUNG...............................................................................................................6 1 JACOB VAN MAERLANT .................................................................................14 1.1 Dichtung und Didaktik ....................................................................................... 14 1.2 Wissenschaft und Wahrheit für Laien ........................................................... 18 2 JACOB VAN MAERLANT ALS HISTORIOGRAPH..........................................25 2.1 Geschichte als Spiegel ...................................................................................... 25 2.2 Typologien als Mittel der Geschichtsdeutung............................................. 45 2.3 Das Gedächtnis als Ort der Vergegenwärtigung ........................................ 52 3 DIE RIJMBIJBEL ...............................................................................................74 3.1 Text.......................................................................................................................... 74 3.2 Auftraggeber und Zielpublikum....................................................................... 76 3.3 Quellen ................................................................................................................... 79 4 DIE HANDSCHRIFT...........................................................................................86 4.1 Allgemeine Gestaltungsprinzipien ................................................................. 90 4.2 Das Illuminationsprogramm............................................................................. 92 4.3 Die Randillustrationen ..................................................................................... 267 5 ZUSAMMENFASSUNG ...................................................................................285 6 LITERATUR .....................................................................................................291 3 7 ANHANG: DIE RIJMBIJBEL-HANDSCHRIFTEN ...........................................328 8 ABBILDUNGSNACHWEIS ..............................................................................329 4 Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde 2003 an der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation angenommen. Hauptberichterstatter waren Prof. Dr. Joachim Gaus, Korreferentin war Prof. Dr. Susanne Wittekind. Die Disputation fand am 3. Dezember 2003 statt. Mein Dank gilt vor allem Herrn Prof. Dr. Joachim Gaus, der sich nach der Erkrankung meines ursprünglichen Doktorvaters sofort bereit erklärte, die Betreuung meiner Dissertation zu übernehmen. Besonderer Dank gilt auch dem Museum für Buchgeschichte Meermanno-Westreenianum in Den Haag, das mir sämtliche Abbildungen der Handschrift Ms. 10 b 21 für diese Veröffentlichung zur Verfügung stellte. Ohne die langjährige, nicht nur finanzielle Unterstützung meiner Eltern Dr. Johannes und Ruth Witthaut wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen. Meiner Frau Dr. Christiane Lauterbach gilt schließlich mein herzlichster Dank für ihre Geduld und konstruktive Kritik. Auch in kritischen Phasen verstand sie es, mich immer wieder neu zu motivieren. 5 Einleitung 1332 vollendete der Illuminator Michiel van der Borch die Arbeit an einer Handschrift der sogenannten Rijmbijbel des Jacob van Maerlant. Heute wird diese Handschrift im Rijksmuseum Meermanno-Westreenianum in Den Haag unter der Nummer Ms. 10 B 21 aufbewahrt. Jacob van Maerlant war einer der bedeutendsten Autoren des 13. Jahrhunderts im niederländischen Sprachraum. Obwohl er aus Westflandern stammte, war er wohl in erster Linie für nordniederländische Auftraggeber aus dem Umkreis des Grafen von Holland tätig. Von seinen zahlreichen und weitverbreiteten Werken seien an dieser Stelle nur die drei wichtigsten genannt: Der Naturen Bloeme entstand ca. 1266 als Bearbeitung von Thomas von Cantimpres Liber de natura rerum. Die sogenannte Rijmbijbel (1271), von Maerlant selbst als Scolastica bezeichnet, basiert auf Petrus Comestors Historia Scolastica und Flavius Josephus’ Bellum Juda- icum. Sein letztes großes Werk war der Spiegel Historiael (ca. 1284/1288), eine unvollendet gebliebene Bearbeitung des Speculum Historiale des Vincent von Beauvais. In seinen durchgehend in Versform verfassten Werken zeigt sich Maerlant als ein ausgezeichneter Übersetzer und sehr eigenständiger Bearbeiter, der seinen Quellen oft kritisch gegenüber steht. Anders als die lateinischen Quellen aus dem kirchlichen und universitären Umfeld richtete sich Maerlant mit seinen Übertragungen fast aus- nahmslos an ein adeliges Laienpublikum. Sein erklärtes Ziel als Autor war es, den Leser mit seinen Schriften zugleich zu unterhalten und zu belehren. Das gilt auch ausdrücklich für die Rijmbijbel, obwohl deren Inhalt hauptsächlich biblischen Ursprungs ist. Zwar haben sich niederländische und belgische Geisteswissenschaftler in den letzten Jahren wieder verstärkt mit Fragen um die Person und das Werk Maerlants beschäftigt. Außerhalb des niederländischen Sprachgebiets hat dieser Autor jedoch bisher wenig Beachtung gefunden. Obwohl die drei genannten Hauptwerke Maer- lants die frühsten Bearbeitungen der betreffenden lateinischen Quellen in einer euro- päischen Volkssprache darstellen, wurden sie in wissenschaftlichen Arbeiten zur mittelalterlichen Geschichtsschreibung und Naturauffassung bisher kaum zur Kenntnis genommen. 6 Maerlants Werke müssen bereits zu Lebzeiten ihres selbstbewusst auftretenden Verfassers große Verbreitung und Wertschätzung genossen haben. Der Hand- schriftenüberlieferung nach zu urteilen waren der Spiegel Historiael und die Rijmbijbel seine populärsten Werke. Sie sind auch in illuminierten Handschriften des 13. und 14. Jahrhunderts überliefert. Martine Meuwese legte in jüngster Zeit eine ver- gleichende Untersuchung der Bildprogramme dieser Handschriften vor.1 Die Kom- plexität gerade der umfangreich illuminierten Handschriften lässt sich jedoch in einer vergleichenden Studie nur unzureichend vermitteln, solange keine detailierten Vorstudien zu den einzelnen Handschriften vorliegen. Anders als Martine Meuwese geht die vorliegende Arbeit davon aus, dass man diesen illuminierten Handschriften nur gerecht wird, indem man jedes einzelne Bildprogramm in seiner Beziehung zur Schrift untersucht. Dann erst ist es sinnvoll, einen Vergleich der Bildprogramme anzustreben. Das Ziel dieser Arbeit ist die Analyse der komplexen Beziehungen zwischen Text und Bild der Rijmbijbel-Handschrift Ms. 10 B 21 des Rijksmuseums Meermanno-Westreenianum. Ein weiterer Kritikpunkt an der Studie von Martine Meuwese ist die Textquelle, die sie für ihre Besprechung aller illuminierten Rijmbijbel-Handschriften gewählt hat. Als Grundlage dient ihr die Textausgabe von Gysseling,2 die zwar auf der vermutlich ältesten Handschrift beruht, aber keineswegs eine allgemeingültige Textversion darstellt. Eine Untersuchung der Beziehungen zwischen Text und Bild setzt jedoch voraus, dass man den Text der jeweiligen Handschrift mit all seinen inidividuellen Fehlern, Eigenheiten und Ergänzungen zur Grundlage der Arbeit macht. Der Leser der Handschrift hatte keine kritische, diplomatische oder andere Textausgabe zur Hand, sondern ein höchst individuelles Kunstwerk. Alle Zitate aus der Rijmbijbel der vorliegenden Arbeit stammen aus diesem Grund aus Handschrift Ms. 10 B 21 des Rijksmuseums Meermanno-Westreenianum. Aus Vergleichszwecken wird jedoch auch immer auf die entsprechende Stelle in der Textausgabe von Gysseling ver- wiesen. Schwerwiegende Abweichungen zwischen der Handschrift und Textausgabe werden angesprochen, wenn diese von Bedeutung für das Miniaturenprogramm sind. 1 Meuwese 2001. 2 Gysseling 1983. 7 Martine Meuwese konzentriert sich in ihrer Studie auf die Frage, ob die Miniaturen der Handschriften aus dem Text Maerlants, der ikonographischen Tradition oder anderen mündlichen oder schriftlichen Quellen abgeleitet sind. Die interdisziplinäre Behandlung der illuminierten Maerlant-Handschriften vor einem kulturhistorischen Hintergrund steht jedoch bis heute aus. Dieser Mangel betrifft jedoch nicht nur die illuminierten Maerlant-Handschriften. Bereits 1980 beklagte Manfred Scholz die ein- seitige Forschungslage auf dem Gebiet der Bildhandschriften: Das Gros der Arbeiten stellten meist einseitig ikonographisch aus- gerichtete kunstgeschichtliche Monographien. Ein Zusammenwirken von Kunstwissenschaft und Germanistik ist bisher nicht häufig fest- zustellen (...) wenig Gedanken gemacht hat man sich vor allem über die Funktionsmöglichkeiten mittelalterlicher Illustrationen.3 1989 forderte auch Fritz P. van Oostrom eine interdisziplinäre Herangehensweise für mittelniederländische Handschriften: Hoeveel inzichten zouden er nog te winnen zijn omtrent het, ver- moedelijk hoogst gevarieerde, praktisch functioneren van Middel- nederlandse teksten als we de handschriften eens zouden onderzoeken op hun wijze van tekstpresentatie en –geleding, hun miniaturen(programma) – of het ontbreken hiervan-, hun excerpt- karakter en hun varianten, hun marginalia en dergelijke meer?4 In

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