… und was war Dein besonderer Kinomoment? Vor 75 Jahren, am 17. Mai 1946, wurde die DEFA als erste große deutsche Filmproduktionsgesellschaft nach Kriegsende gegründet. Wir erinnern an bedeu tende Filmkunst und einen bleibenden Schatz von Zeitdokumenten. Hildegard Knef und Ernst Wilhelm Borchert im ersten deutschen Nachkriegsspielfilm Die Mörder sind unter uns (Wolfgang Staudte, 1946) Ein DEFA-Jubiläum ohne Kino Ein Grußwort von Stefanie Eckert, Vorstand der DEFA-Stiftung Bilder des Jahrhunderts Eine kleine DEFA-Spielfilmgeschichte von Ralf Schenk In meiner heißgeliebten ersten Wohnung, künstler zum visualisierten Sprachrohr bestimmter Beratung, Zusammenarbeit, durch Kooperationen übrigens im 5. Stockwerk eines 50er-Jahre- Ideologien instrumentalisieren. Sie entwickelten mit Vertrieben, allen voran mit ICESTORM, um die Nachkriegsbaus, hatte ich einen Badeofen für eigene Ausdrucksweisen, Filmsprachen und Filme im Fernsehen, auf DVD und online zu ver- Draußen war es frisch. Sechzehn Grad, stark chronisationen von sowjetischen Filmen wurden der Weimarer Republik nach. Und Georg C. Klaren die Wanne und einen Kachelofen zum Heizen erzählten Geschichten, die aufgrund ihrer Diffe- öffentlichen, durch Digitalisierung und Austausch bewölkt mit etwas Regen, nicht unbedingt ein beauftragt. Am 1. Mai hatte der erste DEFA-Do- inszenierte Georg Büchners Dramenfragment der Einraumwohnung – ungefähr wie Paula in der renziertheit nicht vereinheitlicht werden können, mit dem Bundesarchiv. Vor allem aber gelingt freundlicher Maientag. Doch drinnen, im Saal, war kumentarfilmEinheit SPD–KPD von Kurt Maetzig Wozzeck als albtraumhaft-fiebrige Anklage des Legende, nur ohne Kinder. Die Fenster waren deren verbindendes Leitmotiv womöglich aber es durch ein permanentes Engagement für die das Wetter sofort vergessen. Denn in der Großen Premiere. Am 4. Mai begann Wolfgang Staudte Militarismus. Filme zum Antifaschismus blieben für undicht, es regnete hinein. Das ist gerade einmal ein humanistisches Denken ist. Auswertung und Anerkennung des DEFA-Films Halle des Babelsberger Althoff-Ateliers stand mit den Dreharbeiten zum ersten SpielfilmDie das DEFA-Schaffen in allen Jahrzehnten und über zwanzig Jahre her, es war zur Jahrtausendwende. Vor 75 Jahren wurde die DEFA gegründet. Mit im Kinosaal, auf Festivals oder bei Filmreihen, nicht weniger zur Debatte als das sehnsüchtig Mörder sind unter uns. alle Generationen hinweg wichtig: melancholische Die Kohlen und das Holz trugen sich nicht allein ihrer Errichtung konnte die Filmproduktion nach gemeinsam mit der Deutschen Kinemathek. erwartete Wiederaufleben des deutschen Kinos. Zu den Rednern auf der Gründungsfeier am und pathetische, analytische und gleichnishafte. nach oben und die Asche auch nicht allein nach dem verheerenden Zweiten Weltkrieg wieder Die DEFA, die scheintote Schönheit, wie Jutta Nach zwölf Jahren Befehlsgewalt durch einen 17. Mai gehörte der Präsident der Zentralver- Ein Kino der Aufklärung und Ursachenforschung, unten. Nach jedem größeren Regenguss musste aufgenommen werden. Zunächst unter Aufsicht Hoffmann sie nennt, würde 75 Jahre werden. Ihren ebenso diabolischen wie filmbesessenen Propa- waltung für Volksbildung, Paul Wandel, der der politischen, sozialen und psychologischen unter den Fenstern gewischt werden. Die nächste der sowjetischen Behörden, sollte dem pathos- Jahrestag möchten wir mit einer Wertschätzung gandaminister, nach sechs Kriegsjahren und fast aus dem sowjetischen Exil nach Deutschland Spurensuche. Bedeutende Regisseure wie Wohnung war komfortabler: Gasetagenheizung, getriebenen Filmschaffen im Dritten Reich ein für das Kino und für die Filmschaffenden bege- einem Jahr Drehpause sollte die erste deutsche zurückgekehrt war. Er forderte die Filmschaf- Konrad Wolf (Sterne, 1959; Professor Mamlock, fließend Warmwasser und der Regen blieb Gegenentwurf gesetzt, die jüngste deutsche hen. Wir möchten den DEFA-Film in all seinen Filmgesellschaft aus der Taufe gehoben werden, fenden auf, Stellung gegenüber den »großen 1961) oder Frank Beyer (Königskinder, 1962; Nackt draußen. Noch immer weiß ich diese scheinbare Geschichte aufgearbeitet und die deutsche Facetten feiern. Lassen wir uns trotz der Aus- die alle Facetten vom Spiel- und Dokumentarfilm Schicksals fragen unseres Volkes« zu beziehen: unter Wölfen, 1963; Jakob der Lügner, 1974; Normalität zu schätzen, genieße die schnelle Bevölkerung im sozialistischen Sinne unterhalten nahmesituation noch einmal in den ersehnten bis zum Kulturfilm bedienen wollte. Ihr Name: »Der Film darf nicht mehr Opium des Vergessens Der Aufenthalt, 1983) inszenierten Arbeiten, die Wärme und das warme Wasser. Das Besondere werden. Die DEFA war die einzige Produktions- Kinosessel fallen. Lassen wir uns von der DEFA Deutsche Film-A.G., kurz: DEFA. sein, sondern soll den breiten Schichten unseres auch international für Aufmerksamkeit sorgten – des Alltäglichen. stätte für Kinofilme in der DDR. Das DEFA-Kino einen Kinomoment schenken, lassen wir uns Ge- Die westlichen Alliierten waren 1945/46 zunächst Volkes Kraft, Mut, Lebenswillen und Lebensfreude bis hin zu Günther Rückers und Günter Reischs Gegenwärtig verändert sich unser Denken war und ist vieles: Charakterstudie, Historien- schichten aus einer anderen Zeit, einem anderen gegen eine neue Filmproduktion auf deutschem spenden. Vor allem aber muss das Filmschaffen Die Verlobte (1980), die den Großen Preis der über Normalität und das Besondere. Seit mehr drama, Kinderfilm, Klassenkampf-Propaganda, Land erzählen, bewundern wir die besonderen, Boden. Viele Filmschaffende, so ihre Argumen- getragen sein von innerer Ehrlichkeit, die die Filmfestspiele in Karlovy Vary erhielt. Noch die als einem Jahr befindet sich die Welt in einem Gegenwartskomödie, um nur einige seiner bewegenden Augenblicke, trauern wir auch um tation, seien zu tief in der Medienlandschaft der Wahrheit sucht, die Wahrheit verkündet und das letzte Regie generation, die Mitte der 1980er-Jahre Ausnahmezustand. Das Alltägliche wird in Frage Spielfilm-Facetten zu nennen. Hinzu kamen die das Vergessene und staunen über das, was bleibt: Nationalsozialisten verankert gewesen. Zudem Gewissen wachrüttelt.« Ähnlich sah der sowjeti- bei der DEFA startete, leistete ihren Beitrag mit gestellt. Nicht nur das Lernen in der Schule, die zum Teil richtungsweisenden Produktionen aus Kino ist Gefühl, immer. stünden für die Umerziehung und Unterhaltung sche Kulturoffizier Sergej Tulpanow den neuen stilistisch bemerkenswerten, parabelhaften Filmen Reise ins Ausland, auch das Treffen von dem Dokumentar- und dem Trickfilmstudio. Kino ist auch Entdeckung, wenn man sich nur der Deutschen zahlreiche US-amerikanische, deutschen Film als »eine scharfe und mächtige wie Stielke, Heinz, fünfzehn ... (Michael Kann, 1986) Freunden. Solidarität bedeutet Distanz. Nähe Nach und nach entstand eine Vielfalt, die nur darauf einlässt. Mein letztes DEFA-Kinoerlebnis englische und französische Filme zur Verfügung. Waffe gegen die Reaktion und für in der Tiefe oder Erster Verlust (Maxim Dessau, 1990). löst Angst aus. Wenn wir aus diesem Zustand dieser eine Moment eint, wenn das Licht ausgeht war sogar eine unerwartete Entdeckung. Im Die Sowjetische Militäradministration (SMAD) wachsende Demokratie«. eine positive Konsequenz ziehen können, dann und der Zuschauer sich ein letztes Mal auf dem Oktober 2020, kurz vor der erneuten Schließung, verfolgte indes andere Pläne. Die von ihr eta- Schon im ersten Jahr brachte die DEFA drei Fil- die einer größeren Wertschätzung der Dinge, Kinosessel zurechtrückt, voller Neugier auf die wurde im Berliner Kino Arsenal zur Erinnerung an blierte Zentralverwaltung für Volksbildung startete me in die Kinos, die sich mit der deutschen Gegen- die uns bis vor kurzem noch selbstverständlich nächsten Minuten. In den 1990er-Jahren wurde die verstorbene DEFA-Dramaturgin Erika Richter schon im Herbst 1945 einen Aufruf an deutsche wart und unmittelbaren Vergangenheit befassten. erschienen und uns nun verwehrt sind. Dazu die DEFA nach und nach abgewickelt. Sie hatte der SpielfilmRückwärtslaufen kann ich auch von Filmschaffende, sich bei ihr zu melden, um an der Die Mörder sind unter uns, über Kriegsverbrechen gehört auch der Kulturgenuss, der Gang ins ihre finanzielle und ideologische Basis verloren, Karl-Heinz Lotz (1989) vorgeführt. Ein Film, der Wiederaufnahme der Filmproduktion mitzuwirken. und deutsche Schuld, griff mit seinen schrägen Ka- Theater, der Besuch eines Konzerts und dieser aber keine Chance erhalten, ihre Daseinsberech- durch einen offenen, humorvollen und nie ins Am 29. Oktober 1945 erlaubte Stalin dem Chef der meraperspektiven und der Betonung von Licht und ganz besondere Augenblick im Kino, wenn das tigung neu zu definieren. Doch die Filme blieben. Betuliche abdriftenden Blick auf den Umgang SMAD, Marschall Shukow, eine deutsch-sowjeti- Schatten auf Elemente des expressionistischen Licht ausgeht: Der Kinomoment! Initiiert von den DEFA-Filmschaffenden wurde von Lehreinrichtungen mit einem behinderten sche Aktiengesellschaft zur Herstellung von Fil- Kinos zurück. Freies Land von Milo Harbich ver- Was vermag Kino? Gemeinsam mit vielen nach langem Ringen, das weniger von inhaltlichen Mädchen überrascht. Klingt sperrig und belas- men zu gründen. Die neue Arbeitsgruppe »Film- knüpfte als didaktischer, in aktuelle gesellschaft- Leuten in das Leben anderer Menschen zu Diskussionen, sondern vor allem von politischen, tend und ist doch das genaue Gegenteil. Ein Aktiv« der Zentralverwaltung für Volksbildung rief liche Vorgänge eingreifender Report über
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