Aikido (Oktober 2018) © Stefan Sohr / VAK E.V

Aikido (Oktober 2018) © Stefan Sohr / VAK E.V

Die Uchi Deshi des Morihei Ueshiba Ausarbeitung von Stefan Sohr zum 2. DAN Aikido (Oktober 2018) © Stefan Sohr / VAK e.V. Seite 1 von 16 Einleitung Morihei Ueshiba (1883 – 1969) war der Begründer der japanischen Kampfkunst Aikido. Er wird oft als O‘Sensei (Großer Lehrer) bezeichnet. In seiner Jugend studierte er unterschiedliche Kampfkünsten und diente während des russisch- japanischen Krieges in der japanischen Armee. Im Jahr 1907 zog er nach Hokkaido, wo er Takeda Sokaku, den Gründer von Daito-ryu Aiki-Jujutsu kennenlernte. Ueshiba verließ 1919 Hokkaido und eröffnete in Ayabe sein erstes Dojo. 1926 zog er nach Tokio, wo er das Aikikai Hombu-Dojo aufbaute. Inzwischen war er in Kampfsportkreisen vergleichsweise berühmt und lehrte in ganz Japan, unter anderem auch in mehreren Militärakademien. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Hombu-Dojo vorübergehend geschlossen und Ueshiba zog sich nach Iwama zurück, wo er ein neues Dojo eingerichtet hatte. Vom Ende des Krieges bis in die 1960er Jahre arbeitete er für die Förderung von Aikido in ganz Japan und im Ausland. Er starb 1969 an Leberkrebs. Die frühe Form des Trainings unter Ueshiba unterschied sich deutlich von späteren Formen des Aikido. Es war umfangreicher, setzte mehr Schläge (Atemi) auf lebenswichtige Punkte ein und umfasste verstärkt den Gebrauch von Waffen. Als Ueshiba älter, erfahrener und spiritueller wurde, veränderte sich auch seine Kunst und wurde sanfter. Kampftechniken wurden weniger wichtig, und es wurde mehr Aufmerksamkeit auf die Kontrolle des Ki gerichtet. Im Laufe der Jahre bildete Ueshiba eine große Anzahl von Schülern aus, von denen viele später berühmte Lehrer wurden und ihre eigenen Aikido-Stile entwickelten. Einige von ihnen waren Uchi-Deshi. Ueshiba stellte viele Anforderungen an seine Uchi-Deshi, erwartete, dass sie ihn jederzeit begleiteten, als Trainingspartner fungierten, seine Reisen organisierten, ihn mas- sierten und bei der Hausarbeit halfen. © Stefan Sohr / VAK e.V. Seite 2 von 16 Uchi-Deshi Die Hauptmeister der traditionellen Kampfkünste hatten zwei Arten von Schülern: die inneren Schüler (Uchi-Deshi) und die äußeren Schüler (Soto-Deshi). Die Unterscheidung zwischen den beiden wurde nicht nach äußeren Aspekten vorgenommen, sondern nach den inneren Voraus- setzungen zum Weg und nach der persönlichen Nähe des Schülers zum Meister. Der Uchi- Deshi wohnte früher im Haus oder Dojo des Meisters (heute geschieht das seltener, denn pro- fessionelle Lehrer müssen aus finanziellen Gründen viele Schüler annehmen). Er sorgte für die Organisation des Trainingsbetriebes und half bei Haushalts- und Büroarbeiten. Dafür bekam er Verpflegung, persönliche Zuwendung und erfuhr eine intensive und detaillierte Trainingsunter- weisung durch den Meister. Während der Soto-Deshi die technischen Aspekte einer Kampf- kunst lernte, wurde der Uchi-Deshi in die „inneren Dinge“ eingeweiht. Erst wenn der Meister von der Ernsthaftigkeit eines Schülers überzeugt war, konnte dieser zum Uchi-Deshi werden. Im Gegensatz zum Soto-Deshi war er nach außen hin kaum sichtbar, aber ihm wurden die wahren Hintergründe der Kampfkunst und die verborgenen Elemente einer Form (Kata) durch den Meister gezeigt. Er wurde später zum Nachfolger des Meisters und führte dessen Weg fort. Die Entscheidung, ob ein Schüler Uchi-Deshi oder Soto-Deshi ist, trifft er selbst und nur in beding- tem Maß der Lehrer. Der Uchi-Deshi zeigt seine Bereitschaft, der Soto-Deshi hält sich bedeckt. Jene, die außerhalb dieses Kreises um den Sensei stehen, haben oft nicht weniger Talent oder Übungsfleiß, lehnen aber durch ihre Haltung jede Art von Verbindlichkeit, Mitverantwortung und Bereitsein ab. Sie scheitern nicht an ihren körperlichen Fähigkeiten, sondern immer an den Un- ebenheiten in ihrer Seele. Uchi-Deshi von O‘Sensei Morihei Ueshiba Morihei Ueshiba hat in seiner Schaffenszeit vier Generationen von Uchi-Deshi ausgebildet, die zeitlich in Vorkriegsgeneration, Kriegsgeneration, Nachkriegsgeneration und die letzte Genera- tion eingeordnet werden können. Als Ergebnis von Ueshibas Entwicklung während seines gan- zen Lebens neigen die Schüler jeder dieser Generationen zu deutlich anderen Aikido-Ansätzen. Diese Unterschiede werden auch dadurch verstärkt, dass nur wenige Studenten für eine läng- ere Zeit bei O‘Sensei ausgebildet wurden. Nach dem Krieg entsandte Ueshiba einige seiner Schüler in andere Länder, um Aikido auf der ganzen Welt zu verbreiten. © Stefan Sohr / VAK e.V. Seite 3 von 16 Vorkriegsgeneration (ca. 1921 – 1935) • Noriaki Inoue (1902 – 1994) … war der Neffe von Morihei Ueshiba und trainierte ab ca. 1921 bei ihm. Er ist der Begründer der Kampfkunst Shinwa Taido (später Shin'ei Taido). Bis zum Aufbau von Ueshibas erstem permanenten Dojo, Kobukan, unterrichtete er an vielen Orten. Er betrachtete sich zusammen mit Ueshiba als Mitbegründer des Aikido, obwohl dies von der Familie Ueshiba bestritten wird. • Kenji Tomiki (1900 – 1979), 10. Dan … trainierte seit ca. 1926 bei Ueshiba und war 1940 der erste Träger eines 8. Dan in Aikido. Er ist der Begründer des Shodo- kan Aikido indem er Wettkämpfe, Selbstverteidigung und Körpererziehung vereinigte. 1978 wurde im Judo ebenfalls der 8. Dan verliehen. Tomikis Bemühungen, Aikido in einen Sport zu verwandeln, führte zum Zerwürfnis mit dem Gründer Morihei Ueshiba und dem Aikikai. • Hisao Kamada (1911 – 1986) … trainierte ca. 1929-1937 bei O’Sensei und war einer der ältesten Uchi-Deshi im Kobukan Dojo, wo er verschiedene admi- nistrative Positionen innehatte. Er bekam nie einen "Dan". © Stefan Sohr / VAK e.V. Seite 4 von 16 • Ikkusai Iwata (1909 – 2003), 9. Dan … trainierte seit ca. 1930 bei Morihei Ueshiba. Er unterrichtete Aikido in Shanghai und China bevor und während des zweiten Weltkriegs. • Minoru Mochizuki (1907 – 2003), 10. Dan … trainierte ab ca. 1930 bei O’Sensei und war der Begründer des Yoseikan Aikido. Er war außerdem Schüler von Jigoro Kano (Judo) und Gichin Funakoshi (Shotokan Karate). Seine weiteren Graduierungen waren bemerkenswert: 9. Dan Jujutsu, 8. Dan Iaido, 8. Dan Judo, 8. Dan Kobudo, 5. Dan Kendo, 5. Dan Karate und 5. Dan Jojutsu. • Tsutomu Yukawa (1911 – 1942) … trainierte seit ca. 1931 bei Ueshiba. Yukawa war als Schüler des Kobukan für seine körperliche Stärke bekannt und erhielt den Spitznamen "Kobukan Samson". Er war stark genug, um Eisennägel mit seinen Händen zu biegen. Als Lieblingsschüler von Ueshiba trug er einmal dessen Sohn Kisshomaru auf dem Rücken ins Krankenhaus. 1934 heiratete er die Nichte des Aikido- Gründers. Er starb an Stichwunden während eines Kampfes mit einem Soldaten in Osaka. © Stefan Sohr / VAK e.V. Seite 5 von 16 • Kiyoshi Nakakura (1910 – 2000) … trainierte ca. 1932-1937 bei O’Sensei . Er war ursprünglich der oberste Kendo -Schüler von Nakayama Hakudo. Nakakura heiratete Ueshibas Tochter Matsuko und wurde offiziell in die Familie aufgenommen. Trotz seiner Bemühungen im Aikido glaubt e er, dass er die Techniken nie beherrschen und nicht in der Lage sein würde , dem Gründer zu folgen. Er ließ sich im Sep - tember 1936 von Matsuko scheiden und verließ das Ueshiba- Dojo. Nakakura trainierte sein ganzes Leben lang Kendo und Iaido und erreichte in beiden den 9. Dan. • Gozo Shioda (1915 – 1994) , 10 Dan … trainierte ca. 1932-1941 bei Morihei Ueshiba und war der Begründer von Yoshi nkan Aikido. Shioda bewies seine Fähigkeiten in echten Kämpfen, die für seine Gegner furchtbar ausgingen , und konnte durch überzeugende Demonstrationen Yoshin kan-Aikido bei mehreren japanischen Sicherheitstruppen und -diensten einführen. Zudem war er einer der wenigen Träger des Titels Meijin, der höchsten Auszeichnung, die ein moderner Budoka erhalten kann. • Shigemi Yonekawa (1910 – 2005), 8. Dan … trainierte seit ca. 1932 bei Ueshiba . Im Jahr 1933 stand er als Uke für Skizzen von Takako Kunigoshi für das Buch „Budo Renshu “ zur Verfügung . Dieser Bildband war das erste tech- nische Handbuch von Mei ster Ueshiba und richtete sich vor allem als Lehrlizenz an die Schüler des Stifters. 1936 war er Ueshibas Partner für eine Reihe von Fotos im Noma Dojo. Diese technischen Fotografien stellen bis heute den vollständigsten Katalog der Techniken des Gründers dar. © Stefan Sohr / VAK e.V. Seite 6 von 16 • Rinjiro Shirata (1912 – 1993), 10. Dan … trainierte ab ca. 1932 bei O’Sensei. Bekannt war er für seinen bescheidenen Charakter und seine außergewöhnliche körperliche Stärke. Wie viele der Vorkriegsgeneration machte er eine Unterscheidung zwischen Vorkriegs- und Nachkriegs- Aikido. Er lehrte Aikido auf seine eigene Weise (was er für den Weg hielt, den der Gründer beabsichtigte) und verbarg nicht, dass er das Vorkriegs-Aikido dem Nachkriegsstil vorzog. Kriegsgeneration (ca. 1936 – 1945) • Koichi Tohei (1920 – 2011), 10. Dan … trainierte seit ca. 1939 bei Ueshiba. Er war Gründer und Präsident des Ki no Kenkyukai (Ki Society International) und des Kiatsu-Lehrinstituts in Tokyo, bekannt durch zahlreiche Semi- nare über Ki, Kiatsu und Aikido in Einheit von Geist und Körper in ganz Europa. Um Aikido zu verbreiten, kämpfte Tohei nach dem Krieg mehrfach gegen Meister anderer Kampfkünste, sogar gegen drei, fünf oder sieben gleichzeitig - und gewann immer. Viele seiner damaligen Gegner wurden anschließend seine Schüler. Nach O'Senseis Tod entfernte er sich jedoch vom traditionellen Aikido. Stattdessen entwickelte Tohei Übungen zur Stärkung der Lebensenergie und unterrichtete sie in der 1971 von ihm gegründeten „Ki Research Society“. Seit 1974 integrierte er dann auch sehr weich fließende Aikido-Techniken in seine Schule und verbreitete beides als „Shinshin

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