Musikindustrie in Zahlen

Musikindustrie in Zahlen

INHALT | 1 INHALT 2 4 6 EDITORIAL EIN BLICK UMSATZ ZURÜCK 14 20 24 ABSATZ MUSIK- MUSIK- FIRMEN NUTZUNG 28 34 40 MUSIK- MUSIK- REPERTOIRE KÄUFER HANDEL & CHARTS 54 55 56 JAHRES- VORSTAND & IMPRESSUM RÜCKBLICK GESCHÄFTS- FÜHRUNG EDITORIAL | 2 lättert man die folgenden Seiten durch, unser Jahrbuch „Musikin- Bdustrie in Zahlen 2017“, könnte man auf den ersten Blick fast den Ein- druck gewinnen, die große Linie habe sich gegenüber den Vorjahren gar nicht so stark verändert: Der Digitalmarkt zieht weiter an, Treiber ist dabei das Audio-Streaming, das mittlerweile für mehr als ein Drittel des Branchenumsatzes steht. Im physischen Geschäft ist Vinyl das einzige Wachstums- segment, die CD dagegen gibt weiter nach und mit ihr das physische Geschäft ins- gesamt. So weit, so bekannt. Im Unter- schied zu den Vorjahren konnte 2017 aber selbst die enorme Dynamik des Streaming die rückläufigen CD-Verkäufe leider nicht kompensieren, deren Rückgänge bei rund 16 Prozent lagen. So kommen wir trotz ei- nes Streaming-Wachstums von 43 Prozent im Gesamtmarkt gerade so bei einer roten Null – minus 0,3 Prozent – heraus. Anders herum gesagt: Die hiesigen Musik- fans holen zurzeit digital massiv auf. Das Streaming ist dabei, sich durchzusetzen. Inzwischen nutzen 13,5 Prozent der Bevöl- kerung hierzulande kostenpflichtige Audio- Streaming-Angebote – im Vorjahr waren es noch 8 Prozent, vor zwei Jahren 5 Pro- zent. Eine für die Branche sehr gute Ent- wicklung, die die Diversifizierungsstrategie – von Vinyl bis zur Cloud – weiter bestätigt. Aber: Je größer der Digitalanteil, desto wichtiger ist, dass die Refinanzierbarkeit NUR DURCH von Inhalten im digitalen Raum sicher- gestellt ist. Wer online Inhalte anderer GESELLSCHAFTLICHE anbietet, muss für diese Inhalte auch Lizen- zen zahlen! Es ist geradezu irrwitzig, welche geringen Beträge die Video-Strea- KLARSTELLUNGEN ming-Dienste, der größte unter ihnen YouTube, zum Branchenumsatz beitragen: IM UMGANG MITEINANDER in Deutschland 1,9 Prozent. Gegenüber 34,6 Prozent, die durch die Premium- und KANN DIE ONLINE-WELT werbefinanzierten Angebote der Audio- Streaming-Dienste erlöst werden. Und das, EIN FUNKTIONIERENDER obwohl fast 50 Prozent des Musik-Strea- mings in Deutschland über Video-Strea- WIRTSCHAFTS RAUM SEIN! ming-Dienste stattfindet. EDITORIAL | 3 Dieses inakzeptable Ungleichgewicht, das wir seit Jah- das hohe Gut der Meinungsfreiheit ist also zwangsläufig ren als ‚Value Gap‘ als größtes Wachstumshemmnis der im Kontext zu sehen und zu besprechen wie die Verbrei- Branche adressieren, wird hoffentlich in diesem Jahr auf tung gefälschter Parfüms, Medikamente oder Turnschuhe, Europäischer Ebene endlich gelöst werden. Die neue Bun- Werbung auf illegalen Seiten oder illegal verbreitete Filme desregierung hat sich erfreulicherweise in ihrem Koali- und Musikalben, um nur einige der Beispiele zu nennen, tionsvertrag explizit zur Beteiligung der Plattformen an mit denen sich die Gerichte und Staatsanwaltschaften der Refinanzierung bekannt. Dadurch kann mindestens seit Jahren beschäftigen. mittelfristig ein Level Playing Field im Online-Bereich ent- stehen. Unabdingbare Geschäftsgrundlage für die Unter- Das heißt nicht, dass die daraus resultierenden Maßnah- nehmen der Musik- wie der gesamten Kreativwirtschaft. men immer identisch sein müssen. Sicher aber ist: Wenn Verantwortung nicht klar geregelt ist, führt das zur Ero- Die politischen Schritte auf diesem Weg bis zur Umset- sion des Rechts – und damit letztlich zu einer Schwä- zung werden wir in den kommenden Monaten weiter chung des Rechtsstaates, der doch aber den Anspruch aktiv begleiten. Und hoffen, dass wir auch bei übergeord- haben muss, Rechtsverletzungen verlässlich sanktionieren neten Fragen im Digitalisierungsprozess künftig stärker zu können. Analog genauso wie digital. einbezogen werden. Der Koalitionsvertrag von Union und SPD hat die Vorreiterrolle unserer Branche erstmals klar Die aktuelle Diskussion auf den verschiedenen Ebenen benannt, darauf werden wir im Laufe der Legislatur noch zeigt nur zu deutlich, dass Unklarheiten in Haftungsfra- zurückkommen. gen nicht mehr hingenommen werden (können), weder gesellschaftlich noch wirtschaftlich. Gleichzeitig sehen Kraft unserer gebündelten Erfahrungen aus zwei Jahr- wir – jüngst am Beispiel des Netzwerkdurchsetzungs- zehnten digitaler Transformation fühlen wir uns zum gesetzes –, dass die Lösungsfindung nicht trivial ist. Die Beispiel auch angesprochen und dem wirtschaftlichen politische Ausrichtung der Bundesregierung, die in ihrem „peloton“ einige Meter voraus, wenn es um das Thema Koalitionsvertrag das Thema „Verantwortung“ an zahl- Verantwortung geht, das seit vielen Monaten den Digitali- reichen Stellen und auf unterschiedlichste Bereiche be- sierungsdiskurs bestimmt. Seit Hatespeech und Fake News zogen aufgreift, lässt hoffen, dass hier ambitioniert ein unseren Alltag prägen und „Facebook-Gate“ nur vermeint- neues Kapitel aufgeschlagen wird. Denn nur durch ge- lich Überraschendes zutage gefördert hat, ist knapp 20 Jahre sellschaftliche Klarstellungen des Umgangs miteinander nach dem Beginn des Internetzeitalters recht deutlich: kann die Online-Welt ein funktionierender Wirtschafts- „Verantwortung“ und „Haftung“ im digitalen Raum zu raum sein – im Sinne aller Beteiligten: der Künstlerinnen, fordern, war kein Konzept der Musikindustrie, um das In- Künstler und Fans (die aus der Perspektive der Branche ternet kaputtzumachen. Und es scheint, als wären wir als natürlich immer im Mittelpunkt stehen!), der Plattformen, Gesellschaft bereiter als bisher, anzuerkennen, dass die- der Rechteinhaber, der Wirtschaft, der Start-ups und, nicht jenigen, die online unterwegs sind, für ihr Handeln dort zuletzt, jedes und jeder Einzelnen von uns. auch verantwortlich (und haftbar) sind, der einzelne Bür- ger genauso wie die Plattform. Das ist die Voraussetzung Ich wünsche Ihnen eine informative Lektüre, Ihr für das, was uns als Gesellschaft ausmacht: Freiheit und die Grenzen der Freiheit. Eine Meinung ist zwar keine Musikdatei. Aber es setzt sich langsam auf breiter Ebene die Erkenntnis durch, dass das Thema „Rechtsraum Internet“ alles umfassen muss, von Dr. Florian Drücke der Privatsphäre über die Ehre bis zum Eigentum. Auch Vorstandsvorsitzender EIN BLICK ZURÜCK | 5 Quellen: BVMI; auf Basis der Mitglieder-Meldestatistik hochgerechnet auf den Gesamtmarkt, ab 2008 Physisch und Download auf Basis Handelspanel GfK Entertainment UMSATZENTWICKLUNG Musik im digitalen Wandel: Eine Bilanz aus zehn Jahren Brennerstudie; Digital Music Report; pro-music.org Umsätze vor 1990: Umrechnung zum fixen Wechselkurs (1,95583 DM = 1 Euro) DER DEUTSCHEN MUSIKINDUSTRIE Rekordumsatz pro Format 3.000 1984 – 2017 (IN MIO. EURO) 1,588 MRD. € BRANCHENUMSATZ 2017 2.500 46,6% DIGITALER MARKTANTEIL 2.000 KLINGELTÖNE START MP3 START STREAMING & DIGITAL 2006: 41,4 Mio. CD SONSTIGES 1997: 2.308,5 Mio. 2017: 583,3 Mio. 1.500 MUSIKVIDEO 2004: 167,0 Mio. DOWNLOADS MARKTDURCHBRUCH DER CD 2013: 257,7 Mio. % 1.000 START NAPSTER ALS TAUSCHBÖRSE START ERSTMALS MEHR GEBRANNTE ALS VERKAUFTE CD-ALBEN DEUTSCHE WIEDERVEREINIGUNG % MC PHONE-GENERATION 1991: 524,5 Mio. i 500 VINYL START SPOTIFY START ERSTE CD-BRENNER-PENETRATION CD-BRENNER-PENETRATION > 20 INTERNETZUGANG > 20 (LP) MUSICLOAD START ITUNES START NAPSTER ALS BEZAHLDIENST START 1980: ca. 760 Mio. 64 LEGALE ONLINE-MUSIKANGEBOTE IN DEUTSCHLAND 900 MIO. ILLEGAL HERUNTERGELADENE SONGS SINGLE-CD 8,3 MIO. DOWNLOAD-KÄUFER IN DEUTSCHLAND 1999: 317,8 Mio. 0 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 UMSATZ | 6 UMSATZ NACH VIER JAHREN DES WACHSTUMS BLEIBT DER UMSATZ DER MUSIKUNDUSTRIE 2017 IM VERGLEICH ZUM VORJAHR MIT EINEM MINUS VON 0,3 PROZENT ANNÄHERND GLEICH. DER PHYSISCHE MARKT SORGT NOCH FÜR ETWAS MEHR ALS DIE HÄLFTE DER UMSÄTZE, WÄHREND DER DIGITALMARKT WEITER DEUTLICH WÄCHST. CD WEITERHIN AUF PLATZ 1, AUDIO-STREAMING MIT ZUNEHMEND GERINGEREM ABSTAND AUF PLATZ 2. it CDs, Schallplatten, DVDs und Downloads sowie den Ein- nahmen aus Streamingdiensten hat die Musikindustrie in MDeutschland im vergangenen Jahr insgesamt 1,588 Milliar- den Euro umgesetzt (Abb. 2). Gegenüber dem Vorjahr 2016 (1,593 Milliar- den Euro) ist das zwar eine leichte Delle, doch liegt das Minus mit − 0,3 Prozent noch im Bereich der „roten Null“. Hauptgrund für die leichte Delle ist, dass der physische Markt stärker rückläufig war, als es das Digitalgeschäft auszugleichen vermochte. Das liegt auch daran, dass nach einer Untersuchung des BVMI-Dachverbandes IFPI (International Federation of the Phonographic Industry) derzeit knapp die Hälfte des Musik-Streamings in Deutschland über Video-Strea- ming-Dienste wie z. B. YouTube stattfindet, die aktuell zusammen aber nur 1,9 Prozent zum Umsatz beitragen. Es bleibt zu hoffen, dass die Politik dieses Ungleichgewicht, von der Branche seit Jahren auch auf in- ternationaler Ebene als „Value Gap“ angemahnt, endlich behebt. Die Bundesregierung hat sich im März 2018 im Europäischen Rat endlich für gesetzliche Klarstellungen der urheberrechtlichen Verantwortlichkeit von Onlineplattformen ausgesprochen und unmissverständlich klar- gestellt, dass der Value Gap geschlossen werden muss. Jetzt gilt es, die Vorschläge mit der guten Vorarbeit der EU-Kommission zu vereinen, um dann auf europäischer Ebene Klarheit für alle Beteiligten zu schaffen. UMSATZ | 7 ABB. 1 // Umsatzanteile aus 34,6 % 9,9 % dem Musikverkauf 1 Physisch / Digital DIGITAL 46,6 % PHYSISCH 0,5 % 2,1 % 53,4 % 2,9

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