Landtagsnachrichten 3/2013

Landtagsnachrichten 3/2013

LANDTAGS NACHRICHTEN 24. April 3 / 2013 www.landtag-mv.de +++ Agenda 2010 – Auswirkungen auf M-V +++ Gerichtsstrukturreform +++ Trinkwasser und Lebensmittelsicherheit +++ Öffentliche Anhörung zum Wahlalter 16 +++ Pro & Kontra Kernfusionsforschung +++ Landesfinale „Jugend debattiert“ +++ Jugendprojekt in Ravensbrück +++ Zeitenwandel: Das Schloss wird Museum +++ Inhalt 3 GASTKOLUMNE Kommentar von Franziska Sabyang, Volontärin bei der Schweriner Volkszeitung, zur öffentlichen Anhörung „Wahlalter 16“ 4 - 22 AUS DEM PLENUM 4 - 5 Aktuelle Stunde „Agenda 2010 – Zehn Jahre Sozialabbau – Auswirkungen auf Mecklenburg-Vorpommern“ 6 - 11 Berichte 6 - 7 „Demokratie braucht aktive Verteidiger“ Rede von Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider zum 80. Jahrestag der Entmachtung des Parlaments durch das sogenannte Ermächtigungsgesetz 8 Lebensmittel- und Futtermittelkontrolle 9 Privatisierung des Trinkwassers 10 Zukunft der maritimen Industrie in M-V 11 Radverkehrsplan für Mecklenburg-Vorpommern 12 Weitere Beschlüsse Unterrichtungen durch die Landesregierung (Europa- und Ostseebericht, Zwischenbericht EU-Kohäsionspolitik, Fortschrittsbericht „Aufbau Ost“, Stabilitätsbericht 2012) Bundesratsinitiative „Ehe für alle“ unterstützen Moratorium für Fracking in M-V Immunitätsangelegenheiten 13 Pro & Kontra Kernfusionsforschung weiter fördern? 14 - 22 Original Debatte Erste Lesung zum Gesetzentwurf der Landesregierung „Änderung der Gerichtsstruktur in Mecklenburg-Vorpommern“ 23 - 26 AUS DEN AUSSCHÜSSEN Wirtschaftsausschuss: Besuch der Internationalen Tourismusbörse (ITB) Vorbereitungstreffen für das Parlamentsforum Südliche Ostsee Europa- und Rechtsausschuss: Anhörung zum Wahlalter 16 Energieausschuss: Öffentliche Anhörung zur Kernfusion und Unterrichtungsfahrt Max-Planck-Institut Greifswald (Wendelstein 7-X) 27 - 30 PANORAMA Jugendprojekt des Landtages in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück Landesfinale „Jugend debattiert“ 31 SCHLOSSGESCHICHTEN Zeitenwandel: Das Schloss wird Museum Titelfoto: (Uwe Sinnecker) Schloß Schwerin, Gartenseite Schloßinsel IMPRESSUM Herausgeber: Layout: Uwe Sinnecker, Namentlich gekennzeichnete Beiträge Landtag Mecklenburg-Vorpommern www.uwe-sinnecker.de geben nicht in jedem Fall die Meinung - Öffentlichkeitsarbeit - des Herausgebers wieder. Schloss, Lennéstraße 1, 19053 Schwerin Druck: produktionsbüro TINUS Fon: 0385 / 525-2183, Fax 525-2151 Gedruckt auf Recyclingpapier Alle Abbildungen sind urheberrechtlich E-Mail: [email protected] geschützt. Nachdruck nur mit schrift- Internet: www.landtag-mv.de Zugunsten des Leseflusses und aus licher Genehmigung des Herausgebers. Platzgründen haben wir bei der Redaktion: Bezeichnung von Menschengruppen Die LandtagsNachrichten können Referat Öffentlichkeitsarbeit, manchmal nur die männliche Form kostenlos bezogen werden. Bestel- Claudia Richter verwendet. In solchen Fällen ist die lungen sind an den Herausgeber zu weibliche Form mitgedacht. richten. 2 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 3/2013 Gastkolumne Landtagswahl ab 16? Ja, aber bitte mit Kamala Biel Foto: Unterstützung! Sollten junge Menschen in Mecklenburg-Vorpommern be- Franziska Sanyang (29) ist seit Oktober 2010 Volontärin bei der Schweriner reits vor ihrer Volljährigkeit den Landtag mitwählen dürfen? Volkszeitung. Viel spricht für eine Absenkung des aktiven Wahlalters von 18 auf 16 Jahre. Zumindest nach der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ihr stärkstes Argument: Poli- tische Entscheidungen, die heute getroffen werden, beein- gere Generationen durch eine hohe Bereitschaft auszeich- flussen vor allem die nachfolgende Generation. Deshalb, nen. So sind viele Jugendliche im Land zivilgesellschaftlich so meinen die Grünen-Politiker im Land, sollte man junge und bürgerschaftlich engagiert. Sie sind in Jugendverbän- Menschen so früh wie möglich an Entscheidungen teilha- den und Sportvereinen aktiv oder setzten sich anderwei- ben lassen, die sie betreffen. tig für unsere Gesellschaft ein. Auch Politik ist für viele kein Fremdwort: So wurden bei der Anhörung zur Änderung des Doch sind 16- und 17-Jährige politisch entscheidungsfähig? Gesetztes zu Wahlen in M-V im März erstmals Jugendliche Sind sie reif genug, um sich mit dem Geschehen im Land als Sachverständige geladen. Eine politische Einflussnahme kritisch auseinanderzusetzen und sich eine Meinung zu bleibt jungen Menschen trotz Engagement verwehrt. Denn bilden? Oder fallen sie auf propagandistische Versprechen hierzulande dürfen zwar seit rund 15 Jahren Jugendliche ab extremer Parteien hinein? 16 Jahren an der Kommunalwahl teilnehmen – eine Teilhabe Entwicklungsforscher meinen, dass Jugendliche heute frü- an politischen Entscheidungen, die für sie wichtige Bereiche her selbstständig sind. Denn anders als noch vor fünfzig wie etwa die Schulpolitik betreffen, haben sie nicht. Das Re- Jahren, werden junge Menschen heute in ihren Familien sultat: Viele interessieren sich gar nicht für Politik. an Entscheidungen beteiligt. Auch Erzieher und Lehrer er- mutigen Kinder und Jugendliche vermehrt zur Selbststän- Um die Politikverdrossenheit junger Menschen zu beenden, digkeit. De facto: 16-Jährige besitzen heute Entscheidungs- kann es deshalb nur eine Lösung geben: Die Zulassung von kompetenz. Wählern ab 16 Jahren bei der Landtagswahl. Naiv wäre, zu glauben, dass allein damit das Problem gelöst ist. Denn auch Viele Jugendliche im Land wenn Jugendliche sich heute früher eine Meinung bilden „ können, brauchen sie Hilfe bei der politischen Willensbil- sind zivilgesellschaftlich und dung. Konkret: Sie brauchen Aufklärung und Information bürgerschaftlich engagiert. „ über unser politisches System. Fehlen diese, so befürchten Experten, könnte mancher Jungwähler doch von den Ver- sprechen populistischer Parteien geködert werden. Oder trotz Teilhabemöglichkeit kein Interesse an Politik zeigen. Der Blick nach Bremen untermauert die Argumentation: Im Stadtstaat waren bei der letzten Landtagswahl im Mai Wie eine Unterstützung junger Wähler aussehen kann, muss 2011 bundesweit erstmals Wähler ab 16 Jahren zugelassen. deshalb im Vorfeld geklärt werden. Möglich wäre die Einrich- Die Wahlergebnisse zeigen: Junge Menschen neigen nicht tung einer Informationshomepage à la Brandenburg. Hier dazu, extrem zu wählen. Das Bremer Modell spricht für eine können sich junge Menschen interaktiv über unser Wahl- bundesweite Ausweitung. Denn die frühzeitige Beteiligung system informieren. Auch die Einführung von speziellem von jungen Menschen an der Politik hat einen positiven Wahlunterricht in Schulen wäre denkbar. Effekt: Sie scheint gegen Politikverdrossenheit bei Jugend- lichen zu wirken. So argumentiert zumindest die Fraktion Was letztlich die richtige Lösung ist, bleibt offen. Sicher ist DIE LINKE. Und spricht sich damit auch für eine Absenkung nur: Hier bedarf es noch der Abstimmung! des Wahlalters im Land aus. Franziska Sanyang Doch wie kann das funktionieren? Macht allein die politische Teilhabe junge Menschen aktiver? Das sicher nicht. Aber Ju- gendsozialisationsforscher gehen davon aus, dass sich jün- LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 3/2013 3 Aus dem Plenum/Aktuelle Stunde Agenda 2010 auf dem Prüfstand Debatte über die Reformen erhitzte in der Aktuellen Stunde die Gemüter An der Agenda 2010 erhitzen sich auch im Jahr 2013 die Gemüter. Das zeigte die Aktuelle Stunde am 20. März im Landtag. Das Thema „Agenda 2010 – Zehn Jahre Sozialabbau – Auswirkungen auf Mecklenburg-Vorpommern“, das die Fraktion DIE LINKE beantragte, spaltete das Parlament. Während Befürworter den Zuwachs an Beschäftigung und die boomende Wirtschaft ins Feld führten, beklagten die Kritiker ein immer tieferes Auseinanderklaffen der Gesellschaft. Die Arbeits- markt-Reform war vor zehn Jahren von der rot-grünen Bundesregierung beschlossen worden. besteht eine ungerechte Vermögensverteilung. Aber die Agenda 2010 ist nicht die Ursache dafür. Das ist Blödsinn“, sagte Schulte. Die Agendapolitik habe auf dem Arbeitsmarkt positive Effekte gebracht. „Das sieht man an der Arbeitslo- senquote in Mecklenburg-Vorpommern. Die lag 2003 bei Fotos: Uwe Balewski 20,1 Prozent und 2012 bei 12 Prozent“, so Schulte. Die Ju- gendarbeitslosigkeit habe sich halbiert. In der Europäischen Union habe nur Österreich eine niedrigere Arbeitslosig- keit. „Weil vieles, was im Rahmen der Agenda 2010 hier in Deutschland gemacht wurde, von Österreich ähnlich umge- setzt worden ist.“ Helmut Holter (DIE LINKE) „Mit der Agenda 2010 wurden die Armen belastet und die Reichen entlastet“, sagte Linksfraktionschef Helmut Holter. Teilzeit- und Billigjobs hätten im Nordosten dramatisch zu- genommen, die Zahl sozialversicherungspflichtiger Arbeits- plätze sei hingegen kaum gestiegen. Auch Rentner hätten durch zahlreiche Nullrunden „bluten“ müssen. Bundesweit habe sich die Zahl der Leiharbeiter verdreifacht. Nach Anga- ben Holters sank die Lohnquote seit dem Jahr 2000 um fünf Prozent, was einem Einkommensverlust für Arbeitnehmer von 100 Milliarden Euro gleichkomme. Die Unternehmens- gewinne seien dagegen in gleichem Maße gestiegen. „Wir Jürgen Suhr (Bündnis 90/DIE GRÜNEN) brauchen eine Agenda sozial“, sagte Holter. Das schließe ei- Grünen-Fraktionschef Jürgen Suhr warf der Linken vor, nen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von zehn „jegliche finanzierbare Alternative“ zu den Agenda-Reformen Euro ein. schuldig geblieben zu sein. 2003 sei Deutschland von Mas- senarbeitslosigkeit geprägt gewesen. „Eine Reform des Sozialstaates war notwendig“, sagte Suhr, räumte aber ein, dass eine „Reform der Reform“ nun unumgänglich sei. „Der zentrale

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