ÖSTERREICHISCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN HISTORISCHES INSTITUT BEIM ÖSTERREICHISCHEN KULTURFORUM IN ROM RÖMISCHE HISTORISCHE MITTEILUNGEN HERAUSGEGEBEN VON RICHARD BÖSEL UND BRIGITTE MAZOHL 55. BAND 2013 Sonderdruck Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Siglenverzeichnis Vorbemerkung: In den archäologischen Beiträgen werden die Abkürzungen und Siglen der Archäologischen Bibliographie und des Archäologischen Anzeigers (in der jeweils letzten Fas- sung) verwendet. AASS Acta Sanctorum ACO Acta Conciliorum Oecumenicorum ADB Allgemeine Deutsche Biographie AdR Archiv der Republik AfD Archiv für Diplomatik, Schriftgeschichte, Siegel- und Wappenkunde AfK Archiv fü r Kulturgeschichte AfÖG Archiv für Österreichische Geschichte (bis Bd. 33: für Kunde österreichi­ scher Geschichts-Quellen) AHC Annuarium Historiae Conciliorum AHP Archivum Historiae Pontificiae AnBoll Analecta Bollandiana ArtBull The Art Bulletin ArteLomb Arte Lombarda ArteVen Arte Veneta ASRSP Archivio della Società Romana di Storia Patria ASV Archivio Segreto Vaticano AUF Archiv für Urkundenforschung AVA Allgemeines Verwaltungsarchiv BAV Biblioteca Apostolica Vaticana BBKL Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon BDHIR Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom BHG Bibliotheca Hagiographica Graeca BHL Bibliotheca Hagiographica Latina Bibi. Sand. 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Continuatio mediaevalis CIG Corpus Lnscriptionum Graecarum CIL Corpus Inscriptionum Latinarum CPG Clavis Patrum Graecorum CPL Clavis Patrum Latinorum CSEL Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum DA Deutsches Archiv für Erforschung (bis 1944: Geschichte) des Mittelalters DACL Dictionnaire d’Archéologie Chrétienne et de Liturgie DBF Dictionnaire de Biographie Française DBI Dizionario Biografico degli Italiani DDC Dictionnaire de Droit Canonique DHEE D iccionario de Historia Eclesiastica de España DHGE Dictionnaire d ’Histoire et de Géographie Ecclésiastiques RÖMISCHE HISTORISCHE MITTEILUNGEN, 55. Band/2013, 271-322 © by Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien PÉTER TUSOR Kardinalsnominierungen der Habsburger im 17. Jahrhundert* Theoretisch gesehen konnten die Nachfolger des heiligen Peters im Laufe der Geschichte immer ungebunden bei der Kreierung der Kardinäle Vorgehen. Das durch das Kirchenrecht gesicherte freie Vorgehen allerdings war jahrhun­ dertlang nur bei der Auswahl der italienischen, genauer der vom Territorium des Kirchenstaates stammenden Kardinäle vollkommen gewährleistet. Denn bereits seit dem 14. Jahrhundert waren einzelne christliche Herrscher - gelei­ tet von den verschiedensten Überlegungen — bemüht, die Entscheidungen der Kirchenhäupter auf irgendeine Art und Weise zu beeinflussen. So waren es einerseits die an der Spitze des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, Frankreichs, Ungarns, Spaniens, Englands, Portugals Ne­ apels, Polens, Venedigs und Savoyens stehenden Häupter, die zu verhindern versuchten, dass der Papst diese Auszeichnung ohne ihre Zustimmung Unter­ tanen ihrer Krone zu kommen ließ. Andererseits wollten sie für ihre eigenen Nominierten immer gieriger den Purpur erlangen, und das teils aus innenpoli­ tischen Überlegungen heraus, zum Beispiel um die Stellung ihrer Minister zu stärken1, teils mit außenpolitischer Absicht, hauptsächlich um die päpstlichen Entscheidungen unmittelbar beeinflussen zu können. Ihre Bestrebungen tru­ gen in bedeutendem Maße zur Italianisierung des Kollegiums bei. " Mit der Unterstützung des ÖAD (AÖU), des OTKA (NN 82 307) und der Ungari­ schen Akademie der Wissenschaften (,,Lendület“-Projekt). Verwendete Abkürzungen: AP, AS Archívum Primatiale, Esztergom (Gran), Archivum Saeculare ARSI Archivum Romanum Societatis Iesu ASV, A.A. ASV, Archivum Arcis BSSS Biblioteca Statale Santa Scolastica MOL, MKA Magyar Országos Levéltár, Magyar Kamara Archívuma MZA Moravsky Zemsky Archiv SOBA Státny Oblastny Archiv 1 W. R e i n h a r d , Le carriere papali e cardinalizie. Contributo alla storia sociale del Papato, in: Roma, la città del papa. Vita civile e religiosa dal giubileo di Bonifacio VIII al giubileo di papa Wojtyla, a cura di L. F i o r a n i —A. P r o s p e r i (Storia d ’Italia. Anna­ li 16). Torino 2000, 263—291, bes. 271f. 2 7 2 Péter Tusor So maßgebende - vermeintliche oder reale - Befugnisse, wie die Ernennung der Bischöfe ihres Landes konnten sie selbstverständlich nie erlangen. Gleichzeitig aber berücksichtigte der Apostolische Stuhl ganz bis zu Beginn des 20. Jahrhun­ derts gewöhnlich ihre Proteste und Empfehlungen, die, was letztere angelangt, von weltlicher Seite immer häufiger als offizielle (Ernennung (nominatio) be­ trachtet wurden. Die von den Herrschern vorgeschlagenen und in der Mehrheit aus den Reihen ihrer Untertanen hervorgegangenen Kardinäle wurden auf sehr anschauliche Weise als Kronkardinäle (cardinali delle corone) bezeichnet2. Während sich der Kronkardinalatsrechtsbrauch im Laufe der Jahrhun­ derte im Laufe ständiger politisch/rechtlicher Diskussionen konsolidierte, brachten die sogenannten Kardinalprotektoren — als Kompromißlösung - die rechtlich geregelte und ständige Form der nationalen Interessenvertretung zustande. Nach einigen früheren Vorläufern des Protektorates bot seine sich ebenfalls im 15. Jahrhundert durchsetzende Institution die Möglichkeit, dass die einzelnen Staaten von den bereits existierenden Mitgliedern des Kardinals­ kollegiums offiziell jemanden damit beauftragten, ihre kirchlichen (und oft auch politischen) Angelegenheiten in der Kurie zu patronieren. Die Person des Kardinalprotektors stimmte also nicht nur in einem Fall unbedingt mit dem auf Wunsch der Herrscher ernannten und sich oft nicht in Rom aufhaltenden Kardinal überein, obgleich sich dies die weltliche Seite oftmals zum Ziel setzte und dies auch manchmal verwirklichte. Nach anfänglichen Protesten erkannte der Heilige Stuhl deren staatliche Beauftragung bereits in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts offiziell an. Denn im Gegensatz zu den Kronkardinälen waren die Kardinalsprotektoren — die zwecks Steigerung ihres Einflusses auf die Kurie ausdrücklich die Erlangung dieser Würde anstrebten - ihren welt­ lichen Auftraggebern gegenüber zu einer weitaus begrenzteren Loyalität ver­ pflichtet. Ihre Tätigkeit wurde zu einem organischen Bestandteil des kurialen Geschäftsganges, wie zum Beispiel bei der Erlangung der päpstlichen Bestä­ tigung (genauer der Provision) der von den Herrschern ernannten Bischöfe3. 2 BAV, Vat. lat. 9713 (Diverse memorie sulle promozioni dei cardinali ad istanza de prin- cipi); Vat. lat. 9712, besonders fol. 9 r-2 2 v; Vat. lat. 12106, fol. 172' -2 2 4 v; Borg, lat. 376, fol. 131' —I4 lv (De cardinalibus electis ad precesprincipum) und fol. 141' -152v (Petrus Franciscus Rubeis, Discorso sopra l ’obligo, che hanno gli sommi pontefici di creare cardinali nazionali a richiesta delle corone). Zu der Kreation von Kronkardinälen, zu ihren Aufgaben in Rom und zu ihren Immunität neuerdings: H. v o n T h i e s s e n , Au­ ßenpolitik im Zeichen personaler Herrschaft. Die römisch-spanischen Beziehungen in mikropolitischer Perspektive. Römische Mikropolitik unter Papst Paul V. Borghese (1605-1621) zwischen Spanien, Neapel, Mailand und Genua (BDHIR 107). Tübingen 2004, 21-178, 63-86. 3 J. W o d k a , Zur Geschichte der nationalen Protektorate der Kardinäle an der römi­ schen Kurie (Publ. ehem. Österr. Hist. Inst. Rom IV/1). Innsbruck-Leipzig 1938; Kat'dinalsnominierungen der Habsburger im 17. Jahrhundert 273 Hinsichtlich der Herausgestaltung und Natur des Rechtsbrauches bei der Kronkardinalsernennung besteht ein enger Zusammenhang mit dem soge­ nannten Ausschließungsrecht (ius exclusivae). Das heißt, dass die europäischen Staaten, genauer ausschließlich die Großmächte, auf den Konklaven nur sehr selten erreichen konnten, dass ihre Anwärter auf den Papstthron gelangten, aber bis 1903 konnten sie regelmäßig erfolgreich verhindern, dass eine für sie un­ annehmbare Person gewählt wurde4. Ebenfalls eng mit dem Kronkardinalats- rechtsbrauch zusammen hängt die allgemein bekannte und bis heute aktuelle in petto erfolgende Praxis der Kardinalskreierung5. Einige Staaten nämlich be­ stürmten die Päpste pausenlos mit ihren Anwärtern. Es galt, ihren grenzenlo­ sen Forderungen teils Grenzen zu setzen, teils Rücksicht auf die Forderungen aller Partner (einschließlich des Kurienapparats) zu nehmen. Das war natür­ lich in zahlreichen Fällen undurchführbar, und darum musste gelegentlich — in erster Linie um diplomatischen Verwicklungen aus dem Wege zu gehen — die Ernennung der Kardinäle im Geheimen erfolgen6. * * * Das Gewohnheitsrecht, Kardinäle zu nominieren, um durch diese die Po­ litik der Kurie beeinflussen zu können, nahmen auch die Habsburger im Laufe des 15. und 16. Jahrhunderts in der Regel wahr. Ihre Vorschläge waren einer nach dem anderen früher oder später von Erfolg gekrönt, wie dies das Beispiel M. Fa b e r , Frühneuzeitliche Kardinalprotektorate. Ein Projekt. RömQua 94 (1999), 267-274; O. P o n c e t , The Cardinal-Protectors of the Crowns in the Roman Curia during the First Half of the Seventeenth Century: the Case of France, Court and Po­ litics in Papal Rome, 1492-1700, ed. G. S i
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