Die Spinnen Der Steiermark (Arachnida, Araneae) Von Christian KROPF Und Peter HORAK

Die Spinnen Der Steiermark (Arachnida, Araneae) Von Christian KROPF Und Peter HORAK

© Naturwissenschaftlicher Verein für Steiermark; download unter www.biologiezentrum.at Mitt, naturwiss. Ver. Steiermark Sonderheft S. 5-112 Graz 1996 Die Spinnen der Steiermark (Arachnida, Araneae) Von Christian KROPF und Peter HORAK Summary: A comprehensive list of the spiders of Styria (southeastern part of Austria) is presented. It is based on an analysis of the literature from 1761 to 1994 inclusively as well as on own unpublished findings. The list contains 564 species; 34 of them are recorded here for the first time. The present state of knowledge is relatively poor, 43% of the species are recorded up till now only from one or two localities; ecological and phenological data about each species are presented. Pecularities of the Styrian spider fauna are alpine-endemic species, South-European (mediterranean, illyric) and East-European (pannonic) species. Some of diem find their limits of distribution there. An historical overview on araneological research in Styria is given. Zusammenfassung: Eine zusammenfassende Liste der Spinnen der Steiermark wird präsentiert. Sie basiert auf einer Auswertung der Literatur von 1761 bis inklusive 1994 sowie auf eigenen unpublizierten Funden. Die Liste enthält 564 Arten, von denen 34 hier zum erstenmal nachgewiesen werden. Der gegenwärtige Wissensstand ist relativ niedrig; 43% der Arten sind nur von einem oder zwei Fundorten bekannt; zu jeder Art werden ökologische und phänologische Angaben gemacht. Be- sonderheiten der steirischen Spinnenfauna sind alpine Endemiten, mediterrane, illyrische und pannonische Arten. Einige davon finden hier ihre Verbreitungsgrenzen. Ein historischer Überblick über die araneologische Forschung in der Steiermark ergänzt die Faunenliste. 1. Einleitung Die Webspinnen (Araneae) sind eine in fast allen terrestrischen Ökosystemen in hoher Arten- und Individuenzahl vertretene Tiergruppe. Sie beanspruchen in vielerlei Hinsicht das wissenschaftliche Interesse: 1. Der taxonomische Kenntnisstand muß immer noch als unbefriedigend bezeichnet werden. Es werden nicht nur seit Beginn der Sechzigerjahre noch jährlich ein bis zwei neue Arten allein in den Ostalpen entdeckt (THALER 1983a), sondern die vielfältigen Änderungen der taxonomischen Konzepte und Untersuchungsmetho- den seit der Jahrhundertwende brachten es mit sich, daß viele Gruppen aus heutiger Sicht dringend revisionsbedürftig sind, sodaß nach wie vor die Notwen- digkeit taxonomischer Grundlagenarbeit an Spinnen besteht. Eine solche sollte nicht zuletzt alle Spinnen Österreichs mit Hilfe verlässlicher Artenschlüssel be- stimmbar machen, ein Ziel, das noch immer nicht erreicht ist. 2. Die meisten Spinnenarten zeigen eine ausgeprägte Habitatbindung, wobei vor allem dem Mikroklima überragende Bedeutung zukommt (BAUCHHENSS 1990). Weiters unterscheiden sich die Arten in den Anforderungen an ihr Habitat oft nur in kleinen, aber biologisch bedeutsamen Details, die ebenfalls noch ungenügend bekannt sind. Daher sind detaillierte freilandökologische Untersuchungen an Spinnen als ein Desideratum zu bezeichnen. 3. Die hochspezifische Einnischung der verschiedenen Spinnenarten bringt es mit sich, daß die Analyse von Spinnengemeinschaften verschiedener Biotope unge- wöhnlich detaillierte Aussagen über Unterschiede in der Ausstattung und Struk- turierung von Lebensräumen sowie über das Mikroklima zuläßt. Eine genaue Kenntnis des Arteninventars eines Untersuchungsgebietes läßt außerdem etwaige Biotopveränderungen frühzeitig erkennen, unter Umständen lange bevor sich derartige Veränderungen im Verschwinden z.B. der viel häufiger untersuchten © Naturwissenschaftlicher Verein für Steiermark; download unter www.biologiezentrum.at Wirbeltierarten manifestieren. Spinnen eignen sich somit hervorragend als „Bioindikatoren" für landschaftsökologische Fragestellungen. Daher ist es nicht verwunderlich, daß ihre Bedeutung in der angewandten Ökologie ständig im Steigen begriffen ist. 4. In der Steiermark erreichen viele südliche (mediterrane, illyrische) und östliche (pannonische) Arten ihre nördliche bzw. westliche Arealgrenze. Hier sind sie meist nur an Extremstandorten zu finden, während sie im Zentrum ihres Verbrei- tungsgebietes, wohl meist aufgrund klimatischer Faktoren, häufig sein können. Etwaige Funde solcher mediterraner, illyrischer und pannonischer Spinnenarten in der Steiermark sind daher (nicht zuletzt in Bezug auf ihre Gefährdung) meist anders einzuschätzen als in ihrem Hauptverbreitungsgebiet. Sie finden sich dem- entsprechend selten in den Artenlisten der besser untersuchten Gebiete (z.B. Tirol, weite Teile Deutschlands) - damit fehlen meist auch ökologische Daten. Es hat sich ferner gezeigt, daß der spezifischen Kenntnis des Arteninventars, der Ökolo- gie, Verbreitung sowie Gefährdung von Spinnen kleinerer Untersuchungsgebiete hohe Bedeutung zukommen kann. Die Habitatbindung (etwa in Bezug auf die Höhenverbreitung) vieler Arten, aber auch deren Verhaltensweisen und morpho- logische Merkmale, ändern sich nämlich häufig in Abhängigkeit von der geogra- phischen Lage der Fundstellen, den örtlichen klimatischen Gegebenheiten sowie einer Vielzahl nicht näher bestimmbarer biotisch er Faktoren (z. B. mögliche Nahrungskonkurrenz, Räuberdruck etc.). Dies ist in besonderem Maße an den Verbreitungsgrenzen der Fall. Schließlich sei noch angemerkt, daß diese längst nicht von allen Arten ausreichend bekannt sind. Daher verdient gerade die Spin- nenfauna der Steiermark besonderes faunistisches und allgemein wissenschaft- liches Interesse. 5. Darüber hinaus muß, über eine rein deskriptive Erfassung einer Fauna hinausge- hend, der historische Aspekt (glaziale Ereignisse, anthropogene Einflüsse) be- rücksichtigt werden, will man zu einem Verständnis faunistischer und zoogeogra- phischer Zusammenhänge vordringen: „... no fauna can be fully understood until it is segregated into its elements and until one has succeeded in explaining the separate history of each of these elements." (MAYR 1965: 474). Grundlage für eine tiefergehende Erhellung all dieser Aspekte sind unter anderem kritisch bearbeitete Faunenlisten gut abgegrenzter Gebiete, die neben der Berück- sichtigung moderner taxonomischer Erkenntnisse die fur das jeweilige Gebiet gülti- gen Daten zur Habitatbindung (und eventuell auch zur Phänologie) der einzelnen Arten angeben. Sie dienen dem Systematiker als Informationsquelle zu den vielfältigen Problemen der Speziation, wie etwa der Bildung von geographischen Rassen (Unter- arten) und von „sibling species", des Endemismus usw., dem Ökologen z.B. als Grundlage fur die Probleme der ökologischen Differenzierung und der unterschied- lichen Habitatpräferenzen verschiedener Populationen, dem angewandten Ökologen bzw. auch dem Umweltgutachter als Grundlage zur Beurteilung seiner Funde sowie, selbstverständlich dem Faunisten und Zoogeographen. Die araneologische Erforschung der Steiermark wird gegenwärtig aber durch mehrere Faktoren erschwert: 1. Das einschlägige Schrifttum ist weit verstreut und selbst dem Spezialisten nur schwer zugänglich. 2. Häufig finden sich einzelne Fund- meldungen „versteckt" in Arbeiten mit anderer Thematik. 3. Die gravierenden taxono- mischen Änderungen der letzten Jahrzehnte führten dazu, daß ältere Angaben oft unter ungültigen Synonyma geführt werden, deren Klärung unter Umständen große Schwierigkeiten bereitet. 4. Es fehlt eine vollständige zusammenfassende Arbeit auch für die alten Fundmeldungen. So vermißt man etwa im Catalogus faunae Austriae (KRITSCHER 1955, KRITSCHER & STROUHAL 1956), der gewöhnlich als Basis fur die © Naturwissenschaftlicher Verein für Steiermark; download unter www.biologiezentrum.at Fundangaben bis 1955 herangezogen wird, nicht weniger als 30 Arten, die im älteren Schrifttum für die Steiermark genannt werden! 5. Das Gebiet der heutigen Steiermark stimmt mit dem bis 1918 nicht überein; große Teile der damaligen Steiermark gehören heute zu Slowenien. Dessen ungeachtet scheinen alte unklare Fundmeldungen aus dem ehemals steirischen Territorium später unkritisch in Faunenlisten übernommen worden zu sein. Somit ist gegenwärtig eine Situation gegeben, in der steirische Spin- nenfunde in ihrer Bedeutung kaum richtig einzuschätzen sind und die wissenschaftli- che Arbeit mit Spinnen selbst fur die wenigen Spezialisten in vielen Bereichen unnötig mühsam und zeitaufwendig ist. Die vorliegende Arbeit verfolgt daher das Ziel, basierend auf einer möglichst vollständigen Literaturrecherche, eine Zusammenfassung, Auswertung und, wo nötig, Korrektur aller das Gebiet der heutigen Steiermark betreffenden Mitteilungen über Spinnen bis inklusive zum Jahr 1994 zu erstellen. Darüber hinaus erschien es wichtig, unveröffentlichte eigene Funde in die Artenliste miteinzubeziehen. Ein kurzer histori- scher Überblick fuhrt in die Thematik ein und erläutert die alte Literatur mit nicht mehr zuzuordnenden Art- oder Fundortangaben einerseits sowie sonstige, im Haupt- teil nicht erwähnte araneologische Literatur aus oder über die Steiermark andererseits. Zusammenfassende Arbeiten, in denen Spinnenpublikationen in größerer Zahl zitiert sind, finden sich bei HORAK (1976), KÜHNELT (1980) und GEPP & al. (1987). Letztere nennen in ihrer Literaturliste zur Faunistik der Steiermark irrtümlich die auf Bayern beschränkte Arbeit von SCHMIDT (1959), die daher in vorliegender Arbeit unberücksichtigt bleibt. 2. Geschichtlicher Überblick Erstmals erwähnt PODA (1761) Spinnenvorkommen in der heutigen Steiermark („ad Graecium"). Seine Sammlung scheint verschollen zu sein (die von uns vorgenom- menen Nachforschungen verliefen negativ),

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