JEAN-PHILIPPE LAUER Das Geheimnis der Pyramiden Jean-Philippe Lauer Das Geheimnis der Pyramiden Baukunst und Technik Weltbild Verlag Titel der französischen Original-Ausgabe: Jean-Philippe Lauer Membre de Plnstitut d’Égypte LE MYSTERE DES PYRAMIDES © Presses de 1a Cite, Paris, 1974 Aus dem Französischen übersetzt von Dr. Eva Eggebrecht Verlagsredaktion und Lektorat: Dr. Georg Niebling © Lizenzausgabe Weltbild Verlag mit Genehmigung der Rechteinhaber 1990 Alle Rechte vorbehalten Umschlaggestaltung: Klaus von Seggern Satz: Atelier Nürnberger, München Druck und Binden: Ueberreuter, Wien Printed in Austria 1090 ISBN 3-89350-129-0 INHALTSVERZEICHNIS Vorwort 7 TEIL I Die Pyramiden in Überlieferung und Legende, Reiseschilderungen, Erkundungen und Ausgrabungen 11 1. Kapitel Reisende und Schriftsteller im Angesicht der Pyramiden - von der Antike bis zur napoleonischen Expedition 13 2. Kapitel Die »Expedition d’Égypte« und die archäologische Erforschung der Pyramiden 57 TEIL II Die Pyramide: Königsgrab mit zugehörigen Kultbauten 121 TEIL III Theorien: Die angeblichen Geheimnisse der Pyramiden 165 1. Kapitel Die mystischen Theorien 171 A) Bibeltheorien 171 B) Die theosophischen Theorien 187 2. Kapitel Die pseudowissenschaftlichen Theorien 202 A) Astronomische Theorien 202 B) Mathematische Theorien 225 TEIL IV Wissen und Glaubensvorstellungen der Pyramidenbauer 237 1. Kapitel Technische Kenntnisse. Der Bau der Pyramiden 239 2. Kapitel Die naturwissenschaftlichen Kenntnisse in der Pyramidenzeit und die Geometrie der Pyramiden 269 3. Kapitel Die Glaubensvorstellungen der Pyramidentexte 284 Anmerkungen 313 Bibliographie 322 Abkürzungsverzeichnis 322 Literatur zu Pyramidenproblemen, außer der im Text zitierten 323 Abbildungen im Text 326 Verzeichnis der Farbtafeln 328 Verzeichnis der Schwarzweiß-Tafeln 329 Obersichtstabelle für die Böschungsverhältnisse, Proportionen und Abmessungen der wichtigsten Pyramiden 330 Quellen verzeichnis der Abbildungen 331 Verzeichnis der Orts- und Eigennamen 332 Abb. 1: Karte von Ägypten, bis Theben/Luxor im Süden Vorwort Noch immer gilt vielen Menschen die Zweckbestimmung und der Bau der Pyramiden als geheimnisumwittert. Neue Entdeckungen in den Nekropolen von Memphis und damit verbundene wissenschaftliche Erkenntnisse lassen daher eine Neubearbeitung des 1948 erschienenen Buches »Le probleme des pyramides d’Égypte« in der »Bibliotheque Historique« von Payot (Zweite Aufl. 1952) geboten erscheinen, nach- dem in dem seither vergangenen Vierteljahrhundert wesentliche Fort- schritte bei der Erforschung dieser außergewöhnlichen Königsgräber gemacht worden sind. An erster Stelle wäre hier die Entdeckung des Grabbezirks des Horus Sechemchet in Saqqâra durch Zakaria Goneim zu nennen. Sechem- chet, direkter Nachfolger des Horus Neterichêt, d. h. des Königs Djoser aus der 3. Dynastie, war bis zur Auffindung der für ihn errichteten Grabanlage nur von Felsinschriften und Reliefs auf dem Sinai und im Wadi Maghära bekannt. Auf diesen Darstellungen trägt er die ober- und unterägyptische Krone und wird u. a. auch in der bekannten Pose des »Feinderschlagens«, einer symbolischen Siegesszene, wiedergegeben. Er hält einen um Gnade flehenden Asiaten gepackt. Da jedoch die Ägyptologen den Horusnamen des hier abgebildeten Herrschers fälschlicherweise als den des Semerchet, des vorletzten Königs der 1. Dynastie, gedeutet hatten, waren diese Belege nicht auf Sechemchet bezogen worden. Bei den Ausgrabungen im Sechemchet-Bezirk nun kam zunächst ein über 50 m langer Teil der Umfassungsmauer mit Nischen und Bastio- nen und Doppelscheintoren - wie im Djoserbezirk - zum Vorschein. 8 Das Geheimnis der Pyramiden Bald darauf wurden dann auch die Restlagen der fast völlig abgetrage- nen Stufenpyramide mit dem noch verschlossenen, abwärts führenden Gang zur Grabkammer gefunden. Neben einem umfangreichen Hort an Steingefäßen und großen Keramikkrügen mit Siegelabdrücken des Horus Sechemchet wurde auch sein mit einem Deckel versehener, aber leerer Sarkophag gefunden, der anscheinend nie benutzt worden ist. Mit dieser zweiten Stufenpyramide in Saqqâra ist die Zahl dieser speziellen Form der Königsgräber, die der eigentlichen Pyramide mit Dreiecksseiten in der Entwicklung vorausgingen, auf insgesamt vier angestiegen. Die Ähnlichkeit des Sechemchet-Bezirks mit der Grabanlage des Djoser warf die Frage auf, ob es dort analog zu Djoser nicht auch ein zweites Grab gegeben habe, und tatsächlich verliefen einige Jahre später durchgeführte Grabungen äußerst erfolgreich. Das sogenannte Südgrab mit seinem über 30 m langen Schacht, der in die unterirdische Anlage führt, kam nach langwierigen Freilegungsarbeiten aufgrund von Terrainveränderungen in der Zeit des Sechemchet zutage. Es stellte sich jedoch heraus, daß auch dieses zweite Grab unfertig und offensichtlich als Begräbnisstätte des Königs niemals benutzt worden war, was zu der Annahme berechtigt, daß er bei einer Expedition ins ferne Ausland ums Leben gekommen ist. Im Südgrab war dann ein etwa zweijähriger Sproß des Königshauses beigesetzt worden, dessen Skelettüberreste im Schutt des zusammengestürzten Holzsarges ge- funden wurden. Der Sargtyp und Reste von Beigaben der Grabaus- stattung weisen eindeutig darauf hin, daß es sich um ein Begräbnis aus der 3. Dynastie handelt. Professor Ahmed Fakhry, dessen plötzlichen Tod in Paris wir 1972 zu beklagen hatten, nahm 1951 die Grabungen am oberen und unteren Tempel der Knickpyramide des Snofru in Dahschûr wieder auf und setzte damit die Arbeit des frühverstorbenen Abdessalam M. Hussein fort. Monumentale Stelen und bestens erhaltene Reliefs belohnten den Ausgräber. Aber auch in Gisa (Giseh, Gizeh) konnten die Archäo- logen mit einem erstaunlichen Fund aufwarten. Als man die Südseite der Großen Pyramide vom Sand befreite, wurden an der Pyramidenbasis zwei große Vertiefungen im Boden festgestellt. Vorwort 9 Als die Altertümerverwaltung zunächst die eine öffnete, entdeckte man die sorgfältig aufgestapelten Teile eines großen Bootes von 42 m Länge. Nach geduldiger und sorgfältiger Restaurierungsarbeit unter der Leitung von Ahmed Youssef Moustafa, dem Fachmann von der Altertümerverwaltung, konnte die königliche Totenbarke Stück für Stück wieder zusammengesetzt werden (Abb. 38). Unterstützung gewährten die chemischen Labors des Ägyptischen Museums in Kairo und ausländische Speziallabors. In diesen Zusammenhang gehört auch ein Projekt in Saqqâra, an dem wir zunächst gemeinsam mit Jean Sainte Fare Garnot und nach dessen Tod mit seinem Nachfolger an der Sorbonne, Jean Leclant, seit Jahren tätig sind. Im Auftrag der Altertümerverwaltung, der Grabungs- kommission des französischen Außenministeriums und des Natio- nalen Wissenschaftlichen Forschungszentrums gilt unsere Arbeit einer Gesamtaufnahme der Pyramidentexte in den Pyramiden der 6. Dynastie. Als seinerzeit im Mittelalter die Grabkammern dieser Pyramiden als Steinbrüche geplündert wurden, sind zahllose größere und kleine Steinabschläge, mit Hieroglyphen bedeckt, in den Kam- mern und Gängen liegengeblieben. Maspero und spätere Bearbeiter der mythologisch-religiösen Texte haben diese Fragmente niemals in ihre Betrachtungen einbezogen. Im Verlauf unserer Grabungen konnten nicht nur Tausende neuer Inschriftfragmente sichergestellt, sondern auch die Grabkammern zugänglich gemacht werden, die mit ihren sternengeschmückten Giebeldächern aus riesigen Steinquadern, die von den Steinräubem entweder zerschlagen oder in gefahrbringender Lage zurückgelassen wurden, einen unvergleichlichen Eindruck hinterlassen. Unsere Kenntnis von der Struktur dieser Pyramiden konnte dabei um wesentliche Aspekte bereichert werden. Im Zusam- menhang mit den Pyramiden wurden auch die zugehörigen Toten- tempel ausgegraben, die in Grundriß und Gesamtplan eine weitgehen- de Ähnlichkeit mit dem entsprechenden Bauwerk Pepis II. aufweisen, der einzigen Anlage, die bisher ausreichend publiziert war. Die Ver- öffentlichung über den Totentempel Tetis I. befindet sich in Vorberei- tung. (Erschienen 1973 »Le temple haut. ., siehe Bibliographie). Die Tempelmagazine Pepi's L, wo noch in der Antike Kalkbrennöfen er- richtet worden waren, erbrachten zahlreiche Fragmente von Gefange- nenskulpturen, die bereits zerschlagen worden waren, um als Material 10 Das Geheimnis der Pyramiden für die Brennöfen zu dienen. Kniende, gefesselte Figuren mit den Ge- sichtszügen der Nachbarvölker Ägyptens im Norden und Süden, mit denen das Land am Nil zu Zeiten in kriegerische Auseinandersetzun- gen verwickelt war (Taf. 16) stellen eine wertvolle Bereicherung dar. Die Kapitel über die verschiedenen Pyramidentheorien, von der Bibel- theorie über einige theosophische Auslegungen bis zu den pseudowis- senschaftlichen Thesen wurden gegenüber der früheren Ausgabe um die inzwischen erschienene neueste Literatur erweitert, die biswei- len um so irreführender ist, je wissenschaftlicher sie sich gibt. Die zahlreichen Beobachtungen und Messungen, die wir im Laufe der letzten Jahre an den Pyramiden vornehmen konnten und von denen einige auf einer Übersichtstabelle am Schluß des Buches aufgeführt sind, liefern erneut Beweise für unsere Ansicht über die Gründe, die seitens der Baumeister die Wahl des Neigungswinkels, die Ausrich- tung nach den Himmelsrichtungen bei einigen dieser Denkmäler und die Bautechnik bestimmten. Der Abbildungsteil des Buches konnte erheblich erweitert werden: 74 Zeichnungen gegenüber 49 und 33 photographische Abbildungen, davon mehr als die Hälfte Farbtafeln gegenüber 16 Schwarz-Weiß-Auf- nahmen veranschaulichen für den Leser die im Text zur Diskussion stehenden
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