„Das funktioniert nur im Dialekt“ Dialekt als literarisches Mittel in der österreichischen Populärmusik ab 1970 DIPLOMARBEIT zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra der Philosophie vorgelegt von Christina GAZILJ am Institut für Germanistik Begutachter: Assoz. Prof. Mag. Dr.phil. Christian Neuhuber Graz, 23. Jänner 2021 INHALTSVERZEICHNIS 1. Einleitung ............................................................................................................................................ 3 2. Theoretische Grundlagen zum österreichischen Dialekt ..................................................................... 4 2.1 Linguistische Grundlagen .............................................................................................................. 4 2.1.1 Standard vs. Dialekt................................................................................................................ 4 2.1.2 Österreichisches Deutsch ...................................................................................................... 10 2.1.3 Charakteristika der österreichischen Dialekte ...................................................................... 12 2.1.4 Klischees und Konnotationen ............................................................................................... 17 2.2 Historischer Rückblick: Dialekt in Literatur und Musik ............................................................. 19 3. Populärmusik in Österreich ............................................................................................................... 21 3.1 Begriffsklärungen aus dem Bereich der Populärmusik ............................................................... 21 3.2 Chartplatzierungen ...................................................................................................................... 26 3.3 Nationale und internationale Musikindustrie .............................................................................. 32 3.3.1 Wie werde ich ein Star? ........................................................................................................ 32 3.3.2 Majors und Independent Labels ........................................................................................... 36 3.3.3 Die Macht der Radiosender .................................................................................................. 40 3.3.4 Digitalisierung und neue Chancen ........................................................................................ 44 4. Analyse der österreichischen dialektalen Populärmusik der letzten 50 Jahre ................................... 48 4.1 Das Korpus und die Problematik der Verschriftlichung ............................................................. 48 4.2 1970er Jahre: Der Beginn der Dialektwelle ................................................................................ 50 4.3 1980er Jahre: Das Jahrzehnt der inoffiziellen Volkshymnen ...................................................... 62 4.4 1990er Jahre: Erste Anzeichen einer Regression ........................................................................ 74 4.5 2000-2010: Dekadenz der dialektalen Populärmusik .................................................................. 86 4.6 2011-2020: Das Comeback des Dialekts ..................................................................................... 99 5. Fazit ................................................................................................................................................. 129 6. Quellenverzeichnis .......................................................................................................................... 134 6.1 Primärliteratur ........................................................................................................................... 134 6.2 Musikvideos .............................................................................................................................. 135 6.3 Sekundärliteratur ....................................................................................................................... 137 7. Abbildungsverzeichnis .................................................................................................................... 147 8. Anhang ............................................................................................................................................ 147 8.1 Interview mit Günther Pini (Worried Men Skiffle Group) ........................................................ 147 8.2 Interview mit Marco Blascetta (Coffeeshock Company) .......................................................... 152 8.3 Tabelle Chartanalyse ................................................................................................................. 163 8.4 Das Korpus (chronologisch) ...................................................................................................... 165 1. EINLEITUNG Das österreichische Erfolgsduo Pizzera & Jaus singt in seinem Lied Dialekt’s mi über den Dialekt, dass er zu den ÖsterreicherInnen gehöre wie „a Eignschoft, a Tal vo dir, a Stück deiner söbst.“1 Seit einigen Jahren entscheiden sich österreichische MusikerInnen wieder vermehrt dazu, diesen Teil ihres Selbst in ihren Songtexten widerzuspiegeln, indem sie sie im Dialekt verfassen – eine Tendenz, die MusikexpertInnen und das Publikum der österreichischen Radiosender bereits von einem Revival der dialektalen Populärmusik wie zu Zeiten von Ambros, Danzer, Fendrich und Co sprechen lässt. Allerdings nehmen die KünstlerInnen damit auch das Risiko in Kauf, möglicherweise eine geringere HörerInnenschaft anzusprechen und weniger Erfolg am deutschen Musikmarkt zu haben. Daher stellen sich die Fragen, weshalb sich manche österreichische MusikerInnen bei der Textierung ihrer Lieder für den Dialekt und gegen die Standardvarietät entscheiden und welche Faktoren die Trendverläufe in der österreichischen Musikbranche beeinflussen. Um den genannten Forschungsfragen auf den Grund zu gehen, soll im Zuge dieser Arbeit ermittelt werden, ob bei dialektalen Texten ein ästhetischer Mehrwert zu erkennen ist bzw. welche Funktionen der Dialekt in literarischen Werken übernimmt. Den Ausgangspunkt zur Beantwortung dieser Fragen bilden zwei Hypothesen: Zum einen wird in dieser Arbeit angenommen, dass der Dialekt Möglichkeiten der Stilisierung bietet, die jene der Standardvarietät überschreiten. Zum anderen wird davon ausgegangen, dass eben dieser literarische Mehrwert, der durch die Verwendung des Dialekts erzielt wird, für MusikerInnen die ökonomischen Nachteile ausgleicht, die sich aus der bewussten sprachlichen Regionalisierung ergeben könnten. Ziel dieser Diplomarbeit ist es, einen historischen Abriss der österreichischen Dialektmusik der letzten 50 Jahre zu geben, der die Entwicklung der dialektalen Musik seit den Anfängen des Austropops in den 1970er Jahren und den bisherigen Trendverlauf nachzeichnet. Die der Arbeit zugrundeliegenden Annahmen sollen analytisch überprüft und in Folge verifiziert bzw. falsifiziert werden. Dazu werden an exemplarisch ausgewählten Liedern spezifische Tendenzen der jeweiligen Jahrzehnte sowie die verschiedenen Funktionen des Dialekts identifiziert, wodurch die Vielfalt der österreichischen Dialektmusik aufgezeigt werden soll. Persönliche Stellungnahmen österreichischer MusikerInnen bezüglich der Wahl des Dialekts als Ausdrucksform ihrer Musik sollen eine Überprüfung der zweiten Hypothese gewährleisten. 1 Paul Pizzera: Dialekt‘s mi. In: Genius. URL: https://genius.com/Pizzera-and-jaus-dialekts-mi-lyrics [21.03.2020]. 3 2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN ZUM ÖSTERREICHISCHEN DIALEKT Da eine gewisse Basiskenntnis der linguistischen Grundlagen von Sprachvarietäten notwendig ist, um die Transkription der dialektalen Liedtexte nachzuvollziehen sowie den Stellenwert des Dialekts in Österreich und dessen Verwendung in der Literatur und Musik adäquat zu erfassen, werden in diesem Kapitel die sprachwissenschaftlichen Grundlagen des Bairisch- Österreichischen expliziert. Bei den Ausführungen in Kapitel 2.1.1 soll zunächst auf die Relation von Sprache und Varietäten und in weiterer Folge auf die Differenzierung von Standardvarietät und Dialekten eingegangen werden. Des Weiteren wird ein knapper Einblick in die Dialektologie und die Situationsspezifik des Dialekts gegeben. Im Anschluss an einen kurzen Exkurs zum Unterschied zwischen österreichischer und bundesdeutscher Standardvarietät in Kapitel 2.1.2 werden in Kapitel 2.1.3 die Aufteilung der Dialektgebiete Österreichs sowie die bundeslandspezifischen Charakteristika der Dialekte dargelegt. Kapitel 2.1.4 befasst sich anschließend mit Konnotationen und Klischees, mit denen DialektsprecherInnen, AutorInnen und MusikerInnen häufig konfrontiert sind. Im abschließenden Teil wird ein kurzer Abriss der dialektalen Traditionen in der Literatur und Musik geliefert, die die dialektale Populärmusik Österreichs ab den 1970er Jahren beeinflussen. 2.1 Linguistische Grundlagen 2.1.1 Standard vs. Dialekt Der Begriff Dialekt leitet sich aus dem griechischen Wort διάλεκτος ab und bezeichnet die regionalspezifische Redensart eines Gebiets, also eine regionale gesprochene Sprache.2 Philipp von Zesen, der als Dichter und Reformer der deutschen Sprache durch seine Wortschöpfungen in die Geschichte einging, führte im 17. Jahrhundert den Begriff Mundart als Gegenpol zur Schreibart, also der Schriftsprache, ein.3 Im Folgenden lehne ich mich an die Ausführungen Löfflers und Zehetners an und werde die Wörter Dialekt und Mundart als Synonyme
Details
-
File Typepdf
-
Upload Time-
-
Content LanguagesEnglish
-
Upload UserAnonymous/Not logged-in
-
File Pages197 Page
-
File Size-