
Beiträge zu Geschichte und Gegenwart des IX. Bezirks Arthur Schnitzler: „Professor Bernhardi“ von Daniel Siderits Schnitzlers Dramenwelt und der Realität am Alsergrund. 42. Jahrgang DAS HEIMATMUSEUM ALSERGRUND Mitteilungsblatt des Bezirksmuseums Alsergrund 166 AU ISSN 0017-9809 Dezember 2001 matmuseum Anwesenheitsdienste leisten, steht unser Bezirk einzigartig da. Folgenden Damen und Herren möchte ich auf diesem Weg herzlich danken: Bernd Gass Gertrud Wurzer Maria Hofrichter Mag. Michael Landesmann Michael Koling Sehr geehrte Damen und Herren des Peter Schiller Museumsvereins! Mag. Norbert Doubek Mag. Susanne Plachy Aus produktionstechnischen und finanzi- Hans Wolf ellen Erwägungen wende ich mich quer Mag. Stefan Freytag durch das Jahr an Sie: dieses Heft wurde Herta Novotny bereits im Juni gedruckt, um es mit den KR Otto Mayerhofer drei vorherigen Schnitzler-Heften in ei- Sonja Wendel nem kleinen Bändchen zu vereinigen. Ver- KR Eduard Kastner zeihen Sie bitte, wenn ich Ihnen deshalb Rudolf Ichmann nicht die allerneuesten Nachrichten und Anna Eisner Entwicklungen berichten kann. Günter Mayer Maria Zugersdorfer Dennoch möchte ich nicht versäumen, in Hans Smejkal diesem Dezember-Heft mehrere Verpflich- Herr Walter Gausterer, der nicht im Be- tungen gerne zu begleichen: zirksrat tätig ist, hat zusätzlich 6x (!) Sonntagsdienste übernommen. Ich danke allen Mitarbeitern in unserem Bezirksmuseum. Diesmal ganz besonders Mein Dank gilt aber auch dem Leserkreis denjenigen Damen und Herren des Be- unseres Mitteilungsblattes, der unsere klei- zirksrates, die Sonntag für Sonntag Auf- ne Zeitung jedesmal liebevoll erwartet sicht im Museum halten. Mit ihrer ehren- und andere Menschen darauf aufmerksam amtlichen Arbeit sorgen sie dafür, dass macht. Besucher und Besucherinnen, die an den Sammlungen und Exponaten interessiert Ich wünsche Ihnen aus ganzem sind, nicht vor verschlossenen Türen ste- Herzen frohe und beglückende hen. Diese Besucher stammen oft aus dem Feiertage und ein gutes Bezirk, immer öfter besuchen aber auch Jahr 2002! ausländische Liebhaber die Schauräume. Ihr Hans Benke Mit der Tatsache, dass so viele - mehr Bezirksvorsteher und als die Hälfte - der Bezirksräte im Hei- Präsident des Museumsvereines 2 Inhalt Zum Geleit. Bezirksvorsteher Hans Benke, Präsident des Museumsvereins ........................2 Inhalt ....................................................3 Arthur Schnitzler „Professor Bernhardi“ von Daniel Siderits Schnitzlers Dramenwelt und der Realität am Alsergrund. I. Entstehungsgeschichte ......................4 II. Biographische Elemente im Profes- sor Bernhardi ...................................6 III. Reaktionen auf das Drama Professor Bernhardi .......................................12 Verwendete Literatur ..........................15 Fußnoten ............................................15 Impressum ..........................................16 Bilderklärung zur ersten Umschlagseite: Zeichnung: Arthur Schnitzler, Zeichnung von J. Car- vallo Schülein. Familie Schnitzler. Foto links: Eingang der Allgemeinen Wiener Polikli- nik. Familie Schnitzler. Foto rechts: Dank an Bezirksvorsteher Eingang ins „Elisabethinum“: Fotomon- Benke und alle Unterstützer tage. W. Urnbanek. 3 Arthur Schnitzler: Werke, so zum Beispiel arbeitet er am Drama „Professor Bernhardi“ Der einsame Weg. von In seiner ersten Fassung von 1902/03 behan- Daniel Siderits delt Schnitzler das Thema der Euthanasie, wo- bei der auftretende Arzt hier den Namen Pro- I. Entstehungsgeschichte fessor Bernhardi trägt. Bernhardi wird von einem gewissen Pflugfelder konsultiert, der 1899 fasst Arthur Schnitzler erstmals den Ent- seiner todkranken Mutter Gift verabreicht hat, schluss, ein dramatisches Werk oder eine Er- wobei Bernhardi die vollzogene Euthanasie zählung zu schreiben, die in dem ihm wohlbe- mit den Worten: „Man kann besseres: lügen“ kannten Ärztemilieu seiner Zeit spielen sollte. ablehnt. Nach Umarbeitungen vollendet er Ausgangspunkt und zugleich Brennpunkt der schließlich das Drama Der einsame Weg, än- Handlung sollte der bereits und besonders da- dert aber die Namen Professor Bernhardi und mals in den stark katholisch geprägten Wissen- Pflugfelder in Dr. Reumann und Wegrath. Die schaftskreisen der Monarchie aktuelle Konf- Namen Bernhardi und Pflugfelder tauchen spä- likt zwischen Ärzteschaft und Priestertum in ter beide in Professor Bernhardi wieder auf. Bezug auf unheilbar kranke Patienten sein, der Diesem Theaterstück folgt das Drama Der Ruf Konflikt zwischen einer wissenschaftlich-auf- des Lebens, welches ebenfalls in abgewandel- geklärten und einer religiösen Einstellung zum ter Form Euthanasie zum Thema hat. Sterbenden. In seiner ersten überlieferten No- tiz zu dieser Thematik skizziert Schnitzler die Mit der Zunahme und Verschärfung des Anti- Szene, in der ein Priester einen Arzt hindert, semitismus in der Öffentlichkeit sieht sich nun an einen Todkranken, der nichts von seinem auch Arthur Schnitzler diesem Problem gegen- nahen Tode ahnt, heranzutreten, um diesem übergestellt. Ersten Niederschlag findet die- die letzte Ölung zu verabreichen. Der Arzt hält ses Thema in dem Roman Der Weg ins Freie es für seine Pflicht, den unheilbar Kranken, (1908). Auch in den Entwürfen zu Professor einen Todkranken, nötigenfalls mit Lügen vor Bernhardi zeigt sich schon früh (1903/04) das dessen Todesangst zu bewahren, der Priester Aufgreifen dieser Thematik. Der Streit zwi- hingegen erachtet die Rettung der Seele des schen dem jüdischen Professor Bernhardi und Patienten für wichtiger, als ihm einen letzten dem katholischen Priester findet nun als An- Schreckensmoment zu ersparen. lass für die antisemitischen Angriffe gegen Bernhardi Verwendung. In einer zweiten Behandlung dieses Themas, die vermutlich aus dem Jahre 1900 stammt, Ab 1905 beginnt Schnitzler sich schließlich tritt der Arzt bereits als Jude auf und der Pa- konkret mit Professor Bernhardi auseinander- tient ist ein junges Mädchen aus religiöser Fa- zusetzen. Im Jahr 1909 skizziert er erstmals milie. Hier findet der Konflikt allerdings zwi- das komplette Stück in fünf Akten, reduziert schen dem Priester und dem Bräutigam der seinen Entwurf aber dann auf drei. 1910 no- Sterbenden statt, und nicht zwischen Priester tiert Schnitzler in seinem Tagebuch „inten- und Arzt. Nach der Jahrhundertwende lässt sive Arbeiten“, geht über den Drei-Akte-Ent- Schnitzler das begonnene Arzt-Priester-The- wurf hinaus und vollendet laut Tagebuch am ma ruhen und widmet sich Entwürfen anderer 4. Juni 1910 den vierten, seiner Meinung nach 4 Theatzerzettel des Deutschen Volkstheaters in Wien vom 8. September 1928, Aufführung des Stücks „Professor Bernhardi“. Eine Neueinstudierung. (Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek) Im Jahre 1893, kurz vor dem Tod Dr. Johann Schnitzlers, ereignete sich in der Allgemeinen Poliklinik ein personalpolitischer Zwischenfall, der deutlich antisemitische Züge trug. Dieser Zwischenfall wies die von Johann Schnitzler ausgesprochene Tendenz auf, die Poliklinik, die ausschließlich von jüdischen Medizinern gegründet und deren neues Gebäude mit jüdischen Spenden errichtet worden war, „judenrein“ zu machen. Arthur Schnitzler verwendete die Affaire für den „Professor Bernhardi“ und verband sie mit dem Motiv der Behinderung des Priesters, einer Sterbenden die Letzte Ölung zu spenden. „Professor Bernhardi“ wurde 1913 in Österreich von der Zensur mit der Begründung verboten: „Für das Verbot war nicht so sehr die in der Komödie diskutierte religiöse Frage entscheidend, als vielmehr die tendenziöse und entstellende Schilderung hierländischer öffentlicher Verhältnisse“. Da „Professor Bernhardi“ wegen des Verbotes in Österreich nicht aufgeführt werden durfte, organisierte die Ärzteschaft einen Pfingstausflug nach Bad Pistyan in Ungarn, wo eine Lesung des Stücks stattfand. [A. Sekyra] 5 letzten Akt. Nach weiteren intensiven Arbeiten 1911 entschließt er sich, nun doch noch einen fünften Akt hinzuzufügen. Nach vollendenden Korrekturen reicht Arthur Schnitzler schließ- lich am 12. Juni 1912 seine Komödie Profes- sor Bernhardi im literarisch-artistischen Se- kretariat des Hofburgtheaters ein. Von Anfang an sieht er sich jedoch mit starken Kritiken von Seiten der Zensurbehörde konfrontiert, die immer wieder – trotz heftiger Bemühungen Schnitzlers und verschiedener einflussreicher Personen – die Aufführung in Österreich ver- hindert. Zur Uraufführung gelangte das Stück am 28. November 1912 im Kleinen Theater in Berlin. Die erste Aufführung in Österreich ge- lang erst in der Ersten Republik am 21. De- zember 1918 am Deutschen Volkstheater in Wien. Dr. Johann Schnitzler (1835-1893) Fotografie aus den 70er Jahren, II. Biographische Elemente im Atelier Dr. Szekèly. Professor Bernhardi (Fam. Schnitzler) Der bekannte Kehlkopfspezialist zählte viele Schon früh wurde Arthur Schnitzler mit der Künstler zu seinen Patienten. Sohn Arthur kam so schon früh in Kontakt Auffassung konfrontiert, bei Professor Bern- zur Theaterwelt. hardi handle es sich um die biographische Auf- arbeitung der medizinischen Karriere seines Gründungsmitglied und später Direktor der Vaters, Dr. Johann Schnitzler. Er wehrte sich Allgemeinen Poliklinik, eines Privatspitals, in diesem Zusammenhang jedoch stets gegen das neben seiner Funktion als Behandlungsort eine zu strikt biographisch orientierte Ausle- auch jungen Medizinern als praktische Aus- gung des Stücks. Und doch ist nicht zu leug- bildungsstätte dienen sollte. Nun sind zahlrei- nen, dass bestimmte Erfahrungen aus Arthur che Parallelen zwischen der Allgemeinen Po- Schnitzlers
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