Entscheidende Behörde Entscheidungsdatum Geschäftszahl

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11.12.2000 Entscheidende Behörde Unabhängiger Bundesasylsenat Entscheidungsdatum 11.12.2000 Geschäftszahl 218.706/7-II/04/00 Spruch B E S C H E I D S P R U C H Der unabhängige Bundesasylsenat hat durch das Mitglied Dr. BALTHASAR gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 38 Abs. 1 des Asylgesetzes 1997 idF BGBl. I Nr.4/1999 (AsylG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 12.10.2000, entschieden: Der Berufung des A. B. vom 25.8.2000 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.7.2000, ZI 00 06.596- BAW,Spruchteil I, wird Folge gegeben und A. B. gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt. Gemäß § 12 leg. cit. wird festgestellt, dass A. B. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Text B E G R Ü N D U N G Mit dem angefochten Bescheid wurde der Asylantrag des nunmehrigen Berufungswerbers vom 5.6.2000 gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchteil I) und weiters festgestellt, dass dessen "Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Afghanistan ... gem § 8 AsylG nicht zulässig" ist (Spruchteil II). Gegen Spruchteil I dieses Bescheides richtet sich die dem unabhängigen Bundesasylsenat vorliegende Berufung. Der unabhängige Bundesasylsenat stellte zunächst auf Grund der Aktenlage fest, dass der nunmehrige Berufungswerber am 10.7.2000 vor dem Bundesasylamt zur Person u.a. nachstehende Angaben machte: "1. Nationale Name B. Geschlecht männlich Vorname A. geboren am 00.00.1972 AFGHAN Staatsangeh. AFGHAN Volksgruppe Hazare Religion Moslem Familienstand verh Eltern B. H., 60 Jahre und B. F., 56 Jahre ... 7. Beruflicher Werdegang 1. Beruf Lehrer an allg.bildenden höheren Schulen (Mittelschullehrer) von 00.00.1992 bis 00.00.1996 in Ghazni Dienstgeber öffentliche Schule Art der Besch. Lehrer für Zierschrift 8. Letzte Wohnadresse im Heimatland www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 8 Unabhängiger Bundesasylsenat 11.12.2000 Ghazni 9. Militärdienst 1996 bis 1998 in Ghazni / einfacher Soldat" - und sodann seinen Asylantrag wie folgt begründete: "F: Warum haben Sie Ihr Heimatland verlassen? A: Ich bin Hazare und Shiit. Die Taleban sind Pashtu und Sunniten. Mein Heimatgebiet ist ein Grenzgebiet zu den Pashtu. Im Jahre 1998 kamen die Taleban nach Ghazni und übernahmen das Gebiet. Zwei Monate bevor die Taleban nach Ghazni kamen, bekam der Verwandte meines Vaters, der Kommandant, Gewehre von der Zentrale Bamyan. Mein Onkel beauftragte mich und drei weitere Soldaten die Gewehre zu vergraben bzw. zu verstecken. Als die Taleban nach Ghazni kamen, übernahmen sie das gesamte Gebiet ohne Widerstand. Irgendwie haben die Taleban bemerkt, dass ich weiss, wo die Waffen versteckt sind. Da mein Vater Handelsbeziehungen mit Pashtunen hatte durfte ich mich bei diesen Leuten verstecken, dies war in G. Die Taleban suchten immer wieder meine Eltern in N. in der Provinz Ghazni um meinen Aufenthalt festzustellen. Da die Taleban von mir wissen wollten, wo die Waffen versteckt seien musste ich meine Flucht antreten. Einer der Personen welche die Waffen mit mir versteckt hatten wurde von den Taleban verhaftet. Es kann niemand angeben, wo er sich derzeit aufhält bzw. was mit ihm passiert ist. F: Befindet sich Ihr Heimatort in der Nähe der Hauptstadt Ghazni der Provinz Ghazni? A: Mein Heimatort befindet sich in der Provinz Ghaznie ca. 120 km südwestlich von Ghazni entfernt. F: Wann wurde die Provinz Ghazni von den Taleban eingenommen? A: Im September 1998. Vorhalt: Laut dokumentierter Berichte des BAW geht hervor, dass die Provinz Ghazni bzw. die Hauptstadt Ghazni bereits am 24.01.1995 von den Taleban eingenommen wurde. A: Die Provinz Ghazni gliedert sich in zwei Teile. Die Grenze des nördlichen Teiles verläuft ca. 70 km südlich von der Hauptstadt Ghazni . Diesen Teil bewohnen Pashtunen und wurde er im Jahr 1995 von den Taleban eingenommen. Der südliche Teil wird von den Hazare bewohnt und wurde erst im September 1998 eingenommen. F: Waren Sie Mitglied der Hezbe-e Wahdat und kämpften Sie auch gegen die Taleban? A: Alle Hazare sind Mitglieder der Hezb-e Wahdat. In unserem Gebiet gab es nie Kämpfe mit den Taleban weshalb ich auch nie an Kämpfen teilgenommen habe. F: Als Sie die Taleban aufsuchten um von Ihnen zu erfahren wo Sie die Waffen versteckt hätten wurden Sie zu Hause angetroffen? A: Ich hielt mich lediglich einmal im Monat zur Nachtzeit in meinem Heimathaus auf daher konnten mich die Taleban niemals antreffen. Die Taleban fanden immer meine Eltern und meine Ehefrau zu Hause vor. Mein Vater wurde sogar einmal von den Taleban mitgenommen und hinsichtlich meines Aufenthaltsortes befragt. Da er jedoch schon ein alter Mann ist ließ man ihm immer wieder frei. F: Flüchteten Sie nur deswegen, weil die Taleban von Ihnen das Versteck der Waffen erfahren wollten? A: Ja. Zusätzlich erfuhr ich, dass junge Hazare gegen den Krieg von Masoud zwangsrekrutiert werden. Dies war ein weiterer Grund für meine Flucht. F: Waren Sie nach der Machtübernahme durch die Taleban konkreten Verfolgungunshandlungen ausgesetzt? A: Nein. F: Wann haben die Taleban erfahren, dass Sie die Waffen versteckt haben? A: Im März 1999 haben die Taleban erfahren, dass ich gemeinsam mit anderen Personen die Waffen versteckt habe. Ich vermute, dass die eine Person welche von den Taleban verhaftet wurde, namens Z., meinen Namen preisgegeben hat. F: Lebten Sie für die Zeitdauer der Machtübernahme der Taleban bis März 1999 ohne Probleme mit dem Taleban? A: Es gab keine Probleme. F: Waren Sie politisch tätig? A: Nein. Alleine meine militärische Tätigkeit für die Hezb-e Wadhat zieht eine Verfolgung durch die Taleban nach sich. www.ris.bka.gv.at Seite 2 von 8 Unabhängiger Bundesasylsenat 11.12.2000 F: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr? A: Ich vermute, dass mir das selbe Schicksal wie Z. droht, wenn ich in meine Heimat zurückkehre. Ich werde wie er von den Taleban umgebracht werden. F: Sie gaben vorerst an, dass Sie nicht wüssten was mit Z. geschehen sei. A: Wenn man 1 1/2 Jahre von einer Person nichts hört, dann muss man annehmen, dass sie getötet wurde." Das Bundesasylamt hielt dieses Vorbringen mit folgender Begründung: "Ihr Vorbringen, worauf Sie Ihre asylrelevante Verfolgung begründen, nämlich wegen dem (sic!) Verstecken von Gewehren von den Taleban verfolgt zu werden, wird von der erkennenden Behörde für nicht glaubwürdig erachtet. Die Entscheidung wird u.a. durch den Umstand begründet, dass Sie behaupten, die Taleban hätten die Provinz Ghazni erst im September 1998 eingenommen. Ihre Aussage widerspricht den ha. dokumentierten Tatsachen in Ihrem Heimatland Afghanistan. So wurde die gesamte Provinz Ghazni zu der auch Ihr Heimatdorf gehört (wie in einer gutachterlichen Äußerung durch den bei der damaligen Verhandlung beim Unabhängigen Bundesasylsenat GZ 200.669/11-I/02/99 am 06.10.1999 anwesenden Sachverständigen Dr. R.S. festgestellt) schon 1995 von den Taleban eingenommen, weshalb Ihren diesbezüglichen Angaben auch die geforderte Plausibilität und Glaubwürdigkeit fehlt. Ihre diesbezügliche Erklärung zum Vorhalt, die Provinz Ghazni wäre in zwei Teile geteilt worden, wobei der nördliche Teil 1998 und der südliche Teil erst im September 1998 eingenommen worden sei, widerspricht gänzlich den ha. dokumentierten Gutachten. Hinsichtlich Ihres Vorbringens, dass die Taleban ‘irgendwie’ bemerkt hätten, dass Sie Waffen versteckt hätten, wird ausgeführt, dass es sich dabei lediglich um Vermutungen und Spekulationen handelt, die durch keinerlei Anhaltspunkte für konkret gegen Sie gerichtete oder geplante Verfolgungshandlungen untermauert werden konnten. Auf die Frage, ob Sie die Taleban zu Hause angetroffen hätten, führten Sie aus, dass Sie sich lediglich einmal im Monat zur Nachtzeit in Ihrem Elternhaus aufgehalten hätten, weshalb Sie die Taleban niemals antreffen hätten können. Hiezu wird ausgeführt, das der Eindruck entstand, Ihre Erklärung stellte eine Reaktion auf die entsprechende Frage dar, um Ihren Verfolgungsgrund zu rechtfertigen. Insgesamt bleibt daher festzuhalten, dass es auf Grund des Widerspruches sowie der mangelnden Plausibiltät Ihres Vorbringens völlig an der persönlichen Glaubwürdigkeit mangelt." - für eine Asylgewährung für ungeeignet; die Gewährung von Refoulementschutz beruhte möglicherweise (eine nachvollziehbare Begründung kann, insbesondere im Lichte der gerade zitierten Würdigung des Vorbringens, dem einen (!) einschlägigen Satz: "Eine solche Gefahr konnten Sie glaubhaft machen" - nicht entnommen werden) darauf, dass des Bundesasylamt der Behauptung des nunmehrigen Berufungswerbers, der Volksgruppe der Hazara anzugehören, Glauben schenkte und diesbezüglich von einer "schlechten allgemeinen Situation" ausging. Der unabhängige Bundesasylsenat führte in Anwesenheit des Berufungswerbers (jedoch in Abwesenheit des gleichfalls geladenen Bundesasylamtes) u.a. im Gegenstand dieses Verfahrens eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung am 12.10.2000, unter Beiziehung eines Sachverständigen für die aktuelle politische Lage in Afghanistan, durch, welche wegen des sachlichen Zusammenhanges mit derjenigen mehrerer anderer Berufungsverfahren zur gemeinsamen Verhandlung verbunden wurden (der Berufungswerber dieses Verfahrens ist im Folgenden als "BW V" bezeichnet). Die Verhandlungsschrift - soweit für den Berufungswerber dieses Verfahrens von Belang - lautet in ihren wesentlichen Teilen wie folgt: "Auf die einleitende Frage des VL, ob und diesfalls aus welchen aktuellen Gründen die BW I bis V ihren Asylantrag aufrecht halten ... geben die BW an: ... (BWV für) BW V: Der BW hat als Mitglied der Hezbe Wahdat für diese zwei Jahre lang - alternierend mit der Ausübung des Berufes eines Lehrers

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