»wattenmeer« Ausgabe 3 | 2018 Informationen für Mitglieder und Freunde der Schutzstation Wattenmeer Gegen den Wildwuchs der Seekabel Ein heißer, trockener Sommer Ministerpräsident bei Schutzstation Wattenmeer 2 EDITORIAL Liebe Wattenmeer-Freunde, ... erinnern Sie sich an das Jahr 2017? Regnerisch kühl war sich dann Hitze und Trockenheit bis an den Polarkreis aus. Die Nordsee erwärmte sich von März bis Juli um 11,4 Grad, schnell wie nie zuvor gemessen. Die Ostsee erreichte mit 20 Grad einen Juli-Rekord. Manche vergleichen dieses Jahr schon mit der Jahr- tausend-Dürre von 1540. - mende Schwankungen des Wetters. Die schnellen Höhenströme in der Atmosphäre schwingen langsamer, aber immer weiter nach INHALT Norden und Süden. Aus unserem moderaten Klima könnte ein 2 (Zu) heiße Brutsaison Trotz des Pariser Klimaabkommens von 2015 weisen aber alle 4 Gegen den Wildwuchs der Seekabel Emissions- und Klimatrends nach oben. Soll die Erwärmung der Erde auf maximal zwei Grad begrenzt werden, muss jetzt etwas 6 5 Jahre „Arche Wattenmeer“ passieren. Jede Verzögerung macht sonst später umso radikalere Schritte notwendig. 8 Von Migrationsmuscheln und Lauerschnecken Nun mahnt eine viel zitierte Veröffentlichung, dass eventuell auch das Einhalten der Zwei-Grad-Grenze nicht ausreicht. Wenig beachtete Wechselwirkungen könnten sich gegenseitig aufschau- 9 September keln, etwa zwischen dem Schrumpfen arktischen Meereises, dem Abschmelzen antarktischer Gletscher, dem Rückgang des Regen- 10 Der lange Tag auf Süderoog waldes und der Zirkulation der Ozeane. Das Erdklima würde dann in eine schnelle Erwärmung um fünf Grad samt bis zu 60 Meter 11 Fische vertragen keine Sonnencreme! höherem Meeresspiegel kippen. Vor diesem Hintergrund stellt sich auch die Schutzstation Wat- 13 Ein heißer, trockener Sommer unseren Ausstellungen, auf Führungen und in den Seminarhäusern 14 Keine Beeren für die Zugvögel? werden wir diesen stärker thematisieren und unsere Aktivitäten hin zu mehr Klimagerechtigkeit bündeln. 15 Neuer Kalender / Nordstrander Flaschenpost Ihr Johnny Waller 16 Ministerpräsident bei der Schutzstation 3 Naturschutz (Zu) heiße Brutsaison Der in vieler Hinsicht extreme Sommer fehlende Nahrung hierfür verantwortlich. Zu- Mallorca bzw. in Südfrankreich gebrütet hat- führte bei den Brutvögeln zu sehr unter- ten. Da es ziemlich unwahrscheinlich ist, dass - nur sehr geringe Zahlen typischer Nahrungs- sich ausgerechnet nur diese beiden Ringvö- nahmen auf Oland wegen der im vorigen Heft gel ins Wattenmeer umgesiedelt haben, kann genauer beschriebenen Probleme mit den man davon ausgehen, dass mit ihnen auch Das Strandvogelprojekt konnte einige Er- noch weitere unberingte Tiere gekommen siedelten aber 333 Brutpaare im National- folge verzeichnen. So wurden auf Föhr deut- sind. Aus irgendeinem Grund scheint zurzeit park, vor allem auf Trischen, Südfall (Foto die Attraktivität des Wattenmeers, zumindest aus der Sicht von Mittelmeer-Seeregenpfei- Jungvögeln war es für sie ein außergewöhn- Sandbänken vor St. Peter-Ording und Wester- fer-Weibchen, zuzunehmen. lich gutes Jahr. hever blieben von Mitte April bis Ende Juli weit- Andere Arten hatten hingegen Probleme gehend trocken, so dass nur wenige Verluste mit dem trocken-heißen Wetter. So lag der - - traten und mehr See- und neß mit 0,3 Küken pro Paar unter den Werten Sandregenpfeifer schlüpf- wohl gerade zum Erhalt der Art auf der Hallig, Spannend waren die nicht aber zur Unterstützung des Bestandes Beobachtungen zweier mit am Festland. Farbringen markierter See- Die Küstenseeschwalben hatten auf den regenpfeifer-Weibchen vor Halligen offenbar einen weitgehenden Brut- St. Peter-Ording (oben) und ausfall, da ihre Jungen selten älter als drei im Beltringharder Koog, Tage wurden. Neben der Hitze war wohl auch die 2017 jeweils noch auf Eine Frage des Wassers: Waren Priele nicht ausgetrocknet, konnten Austernfischer Nahrung für ihre Jungen (hier rechts) finden. Naturschutz 4 Gegen den Wildwuchs der Seekabel Über 20 Jahre Einsatz rund um Seekabel im Wattenmeer In diesem Sommer wurde im National- Eigentlich wurde das Kabel bereits Mitte soll hier und im kommenden Heft einmal park vor Dithmarschen parallel zu den Bilanz gezogen werden. Kabeln der Offshore-Windparks das Nord- hierum sowie um die bald ebenfalls geplanten Link-Kabel verlegt. Dieses soll die Netzanbindungen der Offshore-Windparks deutschen und norwegischen Stromnetze - zur Tendenz, schwierige Großprojekte vom direkt miteinander verbinden und so etwa meer letztlich mit verschiedenen Klagever- Land auf das Meer zu verlagern. Die Planer die Speicherkapazität der großen Wasser- fahren daraufhin wirkte, die Eingriffe in den kraftwerke im Norden zum Ausgleich von Nationalpark deutlich zu minimieren. Landschaft, egal ob Sand- und Kiesgewin- schwankender Windkraft in Mitteleuropa Mit der Realisierung des NordLink-Kabels nung, Windparks oder Hochspannungs-Frei- nutzbar machen. leitungen, trafen in dieser Zeit im Binnenland auf einen zunehmenden Widerstand von Verbänden und örtlichen Bürgerinitiativen. Auf offener See gab es hingegen keine direkt betroffenen Anlieger und nur das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie als Ge- Büsum nehmigungsbehörde. Zugleich sprachen auch manche technische Gründe für das Meer. So ist der Wind an Offshore-Standor- ten stärker und stetiger als über dem Land. Und während Hochspannungskabel an Land Trischen in Längen von über einem Kilometer kaum noch zu transportieren sind und dort zahlrei- che Verbindungsmuffen erfordern, nehmen Friedrichskoog Mittelplate manche Verlegeschiffe gleich 50 bis 100 Ki- lometer Seekabel am Stück auf. Nationalpark Grenze Nationalpark Zone 1 Wattflächen Das VikingCable sollte auf Kernbereiche der Brandgans-Mauser weiten Strecken in der Zone 1 des Nationalparks und im NordLink-Kabel (im Bau) Mausergebiet der Brandgänse Windstrom-Kabel liegen. Das NordLink-Kabel nutzt nun die Windkabel- Cuxhaven ursprünglich geplantes „VikingCable“ Trasse, die diese sensiblen Bereiche umgeht. Schifffahrtsrouten 5 Naturschutz Bis zu 200.000 zeitweise flugunfähige Brandgänse erneuern Gegen den Wildwuchs der Seekabel jeden Sommer im Dithmarscher Watt ihr Gefieder die im Watt in 10 Metern und in der Nordsee in sondern dort ausgerechnet auch das in der Preußen Elektra AG und die Hamburgischen zwei Kilometern Abstand liegen sollten. Hier- Schutzzone 1 des Nationalparks (Ruhezone) Elektritzitätswerke (HEW) mit norwegischen durch wäre an jedem Kabel eine deutliche liegende Brandgans-Mausergebiet zu durch- Partnern einen Vertrag für eine direkte Kabel- Ablenkung des Erdmagnetfelds aufgetreten, queren. Hinzu kam die Aussage des Landes verbindung mit einer Leistung von 1200 MW - Schleswig-Holstein, dass sich so eine einmal (Leistung eines großen Kernkraftwerks wie der Fische geführt hatte. Zugleich waren an genehmigte Trasse auch für die Verlegung Brokdorf: 1300 MW) zwischen Norddeutsch- den Endpunkten der Kabel Bodenelektroden der Kabel der kommenden Offshore-Wind- land und Südnorwegen. Um mögliche Wider- geplant. Bei Störung einer Leitung hätte die parks anböte. Dies hätte für einen der sensi- stände bei Schifffahrt, Fischerei oder Natur- andere einzeln betrieben werden können. belsten Bereiche des Nationalparks jahrelan- schutz gleich zu Beginn aufzufangen, startete Als „Masse-Rückleiter“ hätte dann die Erde ge Störungen durch Bauarbeiten und später ein aufwändiges „Dialogverfahren“. gedient, wobei an den Elektroden allerdings durch Wartungen und mögliche Reparaturen z. B. auch Chlor freigesetzt würde. bedeutet. Dieser Dialog war jedoch relativ einseitig. Besonders problematisch für den Natur- Offenbar waren die Lieferverträge mit „Euro-Kabel / VikingCable“ an einem System schutz war jedoch der Plan, mit der Trasse den Skandinaviern vor dem Hintergrund der von zwei einzelnen Gleichstrom-Kabeln fest, nach Brunsbüttel nicht nur den Nationalpark, Fortsetzung auf Seite 6 Eine Kabelfräse am 26. Juli bei der Vorbereitung der NordLink- Kabeltrasse auf den Wattflächen bei Büsum (© GFN). Naturschutz 6 Mausernde Brandgänse auf einem Wattstrom vor Dithmarschen Fortsetzung von Seite 5 Libera lisierung des deutschen Strommarkts Windstromkabel war nur noch gerichtlich nicht so günstig wie erhofft, so dass HEW im zu verhindern. Gemeinsam mit dem NABU - und unterstützt vom WWF reichten wir Ende gressforderung von mehreren 100 Mio. DM August 2001 eine Klage gegen das Land 5 Jahre „Arche Wattenmeer“ wegen seiner Genehmigung für das Viking- stellte daher EON als Nachfolger von Cable ein. Preussen Elektra allein beim Land einen Antrag für eine Verbindung mit nun 600 Diese Klage hatte tatsächlich Erfolg, Am 3. Juli 2013 öffnete die „Arche wenn auch auf unerwartete Weise. Nach- Wattenmeer“ in der früheren katholischen bei den Planern bewirkt, so dass man auf dem sich bereits HEW wegen der damali- Kirche St. Josef von Hörnum ihre Pforten. Erdelektroden verzichten wollte. Stattdes- gen Veränderungen auf dem Strommarkt Dennis Schaper, der die Stationsleitung im sen sollte direkt am Hauptkabel ein einfa- aus dem Kabelprojekt zurückgezogen hat- April 2015 von Tilo Kortsch übernahm, ist cheres, gegenüber der Erde spannungs- te, suchte offenbar auch EON eine Möglich- rundherum zufrieden mit dem größten Na- loses Rückleiterkabel verlegt werden, so keit, ohne allzu hohe Regressforderungen tionalpark-Haus der Schutzstation Watten- dass sich auch die Magnetwirkung beider der Norweger aus den Verträgen heraus meer: „Vielen Besuchern gefällt die beson- Adern gegenseitig weitgehend aufgehoben zu kommen.
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