Semper! Magazin 2011 / 12 Oper, Ballett, Staatskapelle, Junge Szene 2 Semper! Editorial 3 Eytan Pessen, Dresdner Operndirektor Ballettgala Editorial KOSTBARKEITEN IM OKTOBER Auf den Weinbergen kahle Reben; deren Herbstgabe arbeitet schon in den Fässern, Äpfel werden geerntet, und der regnerische Sommer ist lange her, während wir uns schon wappnen müssen für den Keksansturm der kommenden Monate. Zeit, ein, zwei Kilo abzunehmen. Wissenschaftler einer namhaften amerikanischen Universität haben mit einer Studie belegt, dass Theater diätetisch äußerst vorteilhaft ist. Ein Opernabo wirkt noch besser als eine Fitness-Studio-Mitgliedschaft, denn ins Theater geht man schließ- lich wirklich. Das Gehirn joggt mit bei intensiven Klangbildern und abstrusen Stories. Ob ein Opernbesuch acht oder 80 Kalorien verbrennt, weiß ich nicht, aber eins ist sicher: Er lohnt sich. Der Oktober-Spielplan birgt eine Menge Kostbarkeiten. Wer sich nach Sommer sehnt und Kurt Weills »Street Scene« noch nicht erlebt hat, kommt mit diesem heißen Drama auf seine Kosten. Da aber auf der Bühne Eis gegessen wird, ist diese Oper nicht ganz kalorienarm. Der Löwenanteil des Sängerensembles der Semper- oper singt, spielt und tanzt mit. Winterlicher geht es in »Rusalka« zu, einer zauberhaften Märchenwelt, trotz Süße und Vollmundig- keit halten Aktion und Aufregung den Kaloriengehalt in Grenzen. Auch »Poppea« bietet politische und erotische Intrigen, hoch aktuell, wenn man an den früheren Lebensstil Gaddafis denkt. Verdis »Maskenball«, der am 30. September Premiere hat, ist trotz anziehendem Titel kein Faschingsstück (und entspricht daher besonders gut dem empfohlenen Nährwert). Vielmehr geht es hier um Liebe und Eifersucht. Fast wie »Die Walküre«, aber kürzer: eine typische Oper, in der Tenor und Sopran sich lieben, trotz Bariton und mahnender Altistin. Ein Ensemble internationaler Sängerstars befeuert die Bühne. Zwei spannende Debüts: Marjorie Owens als Amelia, die treue Hausfrau mit einer verbote- nen Liebe im Herzen, und Wookyung Kims erster Riccardo – ein Politiker, der nur Gutes tun möchte und einen hohen Preis be- zahlt für sein unvernünftiges Vertrauen. Marco Vratogna kommt zu uns von der »Scala« als Riccardos Freund und zugleich Verräter MUSIKALISCHE LEITUNG Renato, Tichina Vaughn singt die Wahrsagerin Ulrica, eine David Coleman Rolle, die sie zuletzt in der Arena di Verona gegeben hat. Nach der erfolgreichen »Carmen«-Serie und den »Barbier«-Vorstellungen SEMPEROPER BALLETT gibt Carlo Montanaro sein Debüt bei einer Neuproduktion an der Semperoper. SÄCHSISCHE In Semper 2 inszeniert Manfred Weiß Karl Amadeus Hartmanns STAATSKAPELLE DRESDEN »Simplicius Simplicissimus«. Dieses Werk ist eine feinfühlige Erzählung über einen Kasper-Hauser-artigen Hirtenknaben und AUFFÜHRUNGEN seine Reise in die große gefährliche Welt. Das außergewöhnli- 1. & 14. Oktober 2011 che Konzept für Bühne und Zuschauerbestuhlung wird ein Erlebnis sein. Valda Wilson singt Simplicius und Timothy Oliver den INFORMATIONEN & KARTEN Mönch Einsiedel. Bei einer knappen Stunde Spieldauer reicht da- T 0351 4911 705 nach die Zeit gut für einen Besuch im Biergarten (aber für www.semperoper.de diese Kalorienzahl übernimmt die Semperoper keine Haftung). Semper! Inhalt 5 Kunst beginnt im Herzen Inhalt Seite 6 Seite 26 jedes Einzelnen. SEMPER SECCO STAATSKAPELLE Eine musiktheatralische Kolumne 2. Symphoniekonzert »Intrigen – Von Don Giovanni J.N. Nestroy bis Strauss-Kahn« Seite 28 STAATSKAPELLE Seite 7 PAPARAZZO Capell-Virtuos Nikolaj Znaider Semperoper Partner Eine fotografische Kolumne des Theaterfotografen Seite 30 KOSMOS OPER Partner der Semperoper und der Sächischen Staatskapelle Dresden Seite 8 Hinter der Maske AKTUELLES Die Gläserne Manufaktur von Neuigkeiten und Interessantes Seite 33 Volkswagen in Dresden aus der Semperoper INNENSICHTEN An welches Opernerlebnis Seite 11 werden Sie sich immer erinnern? Silber Partner Bronze Partner SEMPER SOIREE Zentrum Mikroelektronik Dresden AG Prüssing & Köll Herrenausstatter »Dresdner Liebe, Liszt und Lügen« Seite 34 IM ZENTRUM ENSO Energie Sachsen Ost AG Novaled AG DER AUFMERKSAMKEIT Seite 12 Techem Energy Services GmbH Schaulust Optik TITELGESCHICHTE Franco Fagioli in »L’incoronazione di Poppea« Linde-KCA-Dresden GmbH G.U.B. Ingenieur AG Premiere »Un ballo in maschera« Seite 35 Seite 18 RÄTSEL Junges Ensemble Partner PREMIERE IN SEMPER 2 »L’incoronazione di Poppea« Radeberger »Simplicius Simplicissimus« Exportbierbrauerei GmbH Seite 36 Seite 20 SEMPER! MENSCHEN 19. PREISTRÄGERkoNZERT Semperoper Junge Szene Partner Zehn Fragen an Sopranistin »Sprungbrett in den Spitzenschuh« Marjorie Owens Wöhrl for Kids Eine Initiative der Rudolf Wöhrl AG Seite 22 Seite 38 HEFTMITTE REPERTOIRE Gastkonzert der Sächsischen Rollendebüts und Höhepunkte Werden Sie Partner! Staatskapelle in Wien im Oktober & November Informieren Sie sich unter Sponsoring Seite 24 Seite 42 Andrea Scheithe-Erhardt STAATSKAPELLE REZENSION EINES GASTES T__0351–49 11 645 F__0351–49 11 646 Konzerte im September »1. Symphoniekonzert« [email protected] und Oktober 2011 September 2011 Semper! Eine musiktheatralische Kolumne 6 Wolfgang Herles, Eine fotografische Kolumne Matthias Creutziger, Fotograf ZDF-Moderator, Redaktionsleiter Technische Bühnenprobe und und Autor Test für den Bereich Obermaschine für »Un ballo in maschera« semper secco I. In Verdis »Un ballo in maschera« fällt der lige Bundesfinanzminister Franz Josef fällt auf: Nicht die Tyrannen schreiten zum Herrscher Riccardo einem Mordkomplott Strauß in die noch nicht achtzehnjährige Mord, sondern ihre Opfer. Neros betro- zum Opfer. Es sind zwei Verschwörungen, (damals minderjährige) Ulrike unsterblich gene Frau Ottavia stachelt aus Rache die da ineinandergreifen. Der gewöhnliche verliebt, hatte ihretwegen sogar die Politik Ottone auf. Und Tosca erdolcht den Poli- politische Mord würde wahrscheinlich aufgeben wollen. Seine Ehefrau Marianne zeichef Scarpia nicht in Notwehr, sondern scheitern, doch kommt Renatos Eifersucht hatte die Geschichte mit einem so resolu- rasend vor Mordlust. In der Oper sind die hinzu. Der Freund, der beste Freund des ten wie opernreifen Auftritt im Elternhaus Guten manchmal böse und die Bösen zu Regenten, hebt die Hand zum Mord. der Geliebten beendet. Der Unterschied zu bemitleiden. Wer sagt denn, dass Oper Gemessen an dieser Geschichte haben heute: Die Geschichte stand nicht in der nicht wirklichkeitsnah ist? Jedenfalls im gewöhnliche Demokratien wenig zu bieten. Zeitung. Heute machen die Medien die »Maskenball«. Der Attentäter Renato setzt Von einem Eifersuchtsskandal unter Politi- schönsten Opernstoffe kaputt, nämlich sich mit seiner Tat ins Unrecht. Der ver- kern, die einander die Frau ausgespannt schon dann, wenn sie sich gerade erst ent- meintliche Tyrann ist schuldlos und ver- hätten, ist bisher leider nichts bekannt wickeln. zeiht. Nein, das gibt es in Wirklichkeit nie. geworden. Auch Mord an Politikern aus anderen Motiven kam in der Bundesrepu- blik – abgesehen von der undurchsichti- IV. VI. gen Causa Barschel – noch nicht vor. Das liegt nicht etwa an der Beliebtheit gewähl- Der Freiherr von und zu Guttenberg hätte Ich vermisse übrigens die DDR auf der ter Politiker, sondern daran, dass es zivi- es mühelos ins Kanzleramt geschafft. Daran Opernbühne. Sie gab wohl auch in dieser lere Methoden gibt, sie loszuwerden. Doch hindern konnte ihn nur er selbst. Das aller- Hinsicht nicht viel her. In Doris Dörries sind Wahlkämpfe für die Opernbühne dings gelang bravourös. Schneller war nie »Turandot«-Inszenierung an der Linden- unergiebig. zuvor ein Heldentenor abgestürzt. Übli- oper sah ich einmal Honecker als Kaiser cherweise gelingen solche Kunststücke von China. Ein Kaiser mit Pepitahut. Und erst im Amt (siehe Westerwelle). Es han- Harry Kupfer verwandelte in seiner famo- II. delte sich hier um die seltene Kategorie sen Frankfurter »Palestrina«-Regie das der Intrige gegen sich selbst. Also um päpstliche Konzil in einen kommunisti- Wo also ist der Opernstoff aus der deut- Dummheit. Der Stoff für eine Oper? Trotz schen Parteitag. Es passte. Katholiken wis- schen Politik? Auch gewöhnliche Intrigen Freifrau Stephanie, einem hohen Kolora- sen zu glauben. Kommunisten glauben zu kämen in Frage. Das schönste Beispiel tursopran, eher eine Posse mit Gesang wissen. bietet der Sturz von Bundeskanzler Willy Brandt. Ein Ostspion in Brandts Nähe bot Westspionen den Anlass, im Privatleben V. des Kanzlers herumzuschnüffeln. Innen- minister Genscher (aus Halle!) ließ seinen Ob der jüngste »Fall« von Dominique Kanzler ahnungslos in die Falle laufen. Strauss-Kahn eine Intrige gewesen ist, Herbert Wehner (Dresdner und Ex-Stali- werden wir nie erfahren. Ein Operncharak- nist!) war dafür nicht undankbar. Das wäre ter wäre der Franzose schon. Seine Regis- ein Opernstoff! Ein Ohrwurm für jedes terarie wurde bereits zum Gassenhauer. Wunschkonzert wäre die Bass-Kantilene: »Aber in Frankreich tausend und drei.« »Der Mann badet gerne lau« (Wehner in Nun ja, es hat noch keiner so genau nach- Moskau!). gezählt. Das Zimmermädchen Nafissatou Wolfgang Herles ist Moderator Diallo erinnert ein wenig an Zerlina. Die und Redaktionsleiter der ZDF-Literatur- sendungen auf dem »Blauen Sofa«. folgt Don Giovanni freiwillig, fängt aber Er war u.a. Leiter des ZDF-Studios Bonn, III. genau in dem Augenblick das Schreien an, Leiter des ZDF Kultur-Magazins in dem das Höschen fällt. Kachelmann »aspekte«, Moderator der ZDF-Talkshow Der Erste Bürgermeister Hamburgs gibt dagegen wäre nicht einmal ein Lustspiel »live« und der politischen Gesprächs- sendung »Was
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