Jüdische Remigration Nach 1945

Jüdische Remigration Nach 1945

»Auch in Deutschland waren wir nicht wirklich zu Hause« Hamburger Beiträge zur Geschichte der deutschen Juden Für die Stiftung Institut für die Geschichte der deutschen Juden herausgegeben von Stefanie Schüler-Springorum und Andreas Brämer Bd. XXXIV »Auch in Deutschland waren wir nicht wirklich zu Hause« Jüdische Remigration nach 1945 Herausgegeben von Irmela von der Lühe, Axel Schildt und Stefanie Schüler-Springorum WALLSTEIN VERLAG Gedruckt mit Unterstützung der Herbert und Elsbeth Weichmann Stiftung Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Wallstein Verlag, Göttingen www.wallstein-verlag.de Vom Verlag gesetzt aus der Adobe Garamond Umschlaggestaltung: Basta Werbeagentur, Steffi Riemann Druck: Hubert & Co, Göttingen Umschlagbild unter Verwendung zweier Fotografien: großes Foto: Frankfurt, Römer und Paulskirche . kleines Foto: »Deutsche Emigranten in der Schweiz bei der Grenze Koblenz-Waldshut warten auf die Öffnung der Grenze nach Deutschland«. © RDB/ATP ISBN ---- Inhalt I L / A S/ S S-S Einleitung . 9 W B »Wir haben Sie nicht gerufen« Reaktionen auf jüdische Remigranten in der Bevölkerung und Öffentlichkeit der frühen Bundesrepublik . 19 U B Schwierige Rückwanderung nach Hamburg Wie Briten und Deutsche den jüdischen Flüchtlingen im Wege standen . 40 K H »Aber es kommt auch darauf an, wie einen die anderen sehen.« Jüdische Identifikation und Remigration . 69 A D. K Heimat ausgeschlossen Von Schuldgefühlen im falschen Land . 86 A S Rückkehr aus dem Exil Über die Aufnahme jüdischer Remigranten in München . 101 M K Zurück nach Frankfurt Rückkehr aus dem Exil in die Stadt am Main. 121 M M »Trotz allem, was mich aus Deutschland vertrieben und mit Schrecken erfüllt hatte …« Die Rückkehr emigrierter deutscher Unternehmer nach . 144 A B »… die Rückkehr eines Rabbiners nach Deutschland ist keine Selbstverständlichkeit.« Zur Remigration jüdischer Geistlicher nach Westdeutschland (-) . 169 C B »Aber das Hamburg ist nicht mehr da, an das man denkt« Remigration und Rückkehrüberlegungen von Kindertransport- Teilnehmern . 190 M B Vergessene Historiker Ein Kapitel deutsch-jüdischer Geschichtsschreibung der fünfziger und sechziger Jahre . 207 C D »Kein Jud’ und kein Goi« Konfligierende Selbst- und Fremdwahrnehmungen eines assimilierten »Halb-Juden« in Exil und Remigration: das Beispiel Helmuth Plessner . 224 M K Ossip K. Flechtheim Ein politischer Wissenschaftler im westlichen Nachkriegsdeutschland . 247 S S-S Am Rande zu leben Die Remigration des Ehepaars Max und Margot Fürst . 274 A L Die Falle der Loyalität Wolfgang Steinitz und die Generation der DDR-Gründerväter und -mütter. 299 A M /B N »Laßt Euch sagen,daß Deutschland Eurer [nicht] bedarf.« Zur Problematik der Architekten-Remigration in die beiden Teile Deutschlands . 313 M K Theaterremigranten – Fritz Kortner und andere Die Münchner Kammerspiele als Beispiel. 339 D S »Das wache Bewußtsein aller Beheimateten« Exil und die Musik in der Kultur der Nachkriegszeit . 356 C-D K Arnold Schönbergs Oper »Moses und Aron« im Nachkriegsdeutschland . 386 M K Die Darstellung der jüdischen Remigration in Hilde Domins Roman »Das zweite Paradies« () . 422 K M Universelle Auschwitz-Deutung und jüdisches Selbstverständnis Zum ungarischen und deutschen Holocaust-Diskurs bei Imre Kertész . 443 B B Erinnerung als Erlösung? Zur deutsch-jüdischen Literatur der Gegenwart . 470 D R »Gedenken ist vergessen« Der Versuch einer Würdigung . 491 Die Autorinnen und Autoren . 496 Personenregister . 500 I L A S S S-S Einleitung Nur sehr wenige der aus dem nationalsozialistischen Deutschland und dem von Deutschland beherrschten Europa geflüchteten Männer und Frauen kehrten in ihre ehemalige Heimat zurück, von denjenigen, die aus rassistischen Gründen verfolgt wurden, waren es weniger als fünf Prozent. Obwohl also kein Massenphänomen, hat sich die Exilforschung seit mehr als einem Jahrzehnt zunehmend des vormaligen Randthemas der Remigration angenommen; dies zeigen zahlreiche Veröffentlichun- gen zu einzelnen Regionen, Biographien und thematischen Aspekten, die den moralischen, politischen und intellektuellen Anteil der Rückkehrer aus dem Ausland am Wiederaufbau der beiden deutschen Gesellschaften nach dem Krieg und ihre Rolle im Prozess der Gründung der Bundes- republik und der DDR nachgezeichnet haben. In etlichen Darstellun- gen ist mittlerweile zurecht betont worden, dass die Rückkehrer durch die deutschen Mehrheitsgesellschaften zwar – gelinde ausgedrückt – nicht gerade überschwänglich begrüßt wurden, aber auch nicht von einer völligen Randstellung der Remigranten die Rede sein kann. Für West- deutschland wurde nicht zuletzt auf ihre Beiträge zur Verfassungsgebung Vgl. Claus-Dieter Krohn/Patrick von zur Mühlen (Hg.), Rückkehr und Aufbau nach : deutsche Remigranten im öffentlichen Leben Nachkriegsdeutschlands, Marburg ; Cordula Lissner, Den Fluchtweg zurückgehen. Remigration nach Nordrhein und Westfalen -, Essen ; vgl. als nützlichen Überblick mit weiterführenden Hinweisen Marita Krauss, Heimkehr in eine fremdes Land, Geschichte der Remigration nach , München ; zahlreiche Beiträge in Exilforschung. Ein internationales Jahrbuch, Jg. , ff., insbesondere seit den er Jahren. Dies gilt etwa für den Bereich der Medien; vgl. Rückkehr in die Fremde? Remi- granten und Rundfunk in Deutschland -. Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung, hg. vom Arbeitskreis selbständiger Kulturinstitute e.V. u.a., Berlin ; Claus-Dieter Krohn/Axel Schildt (Hg.), Zwischen den Stühlen? Remigran- ten und Remigration in der deutschen Medienöffentlichkeit der Nachkriegszeit, Hamburg . . – – - und – in weiterer Perspektive – zur Orientierung am liberalen Westen hingewiesen; für Ostdeutschland ist zu konstatieren, dass der politische Neubeginn in der SBZ zwar enger mit den – zumal aus Moskau – zu- rückkehrenden Exilkadern verbunden war, aber die spätstalinistische Phase in den Gründerjahren der DDR brachte gerade für viele der ehe- maligen Westexilanten neuerliche Ausgrenzung, Verfolgung und Vertrei- bung mit sich. Einhergehend mit dem zunehmenden Gewicht der Remigrationsfor- schung ist auch das Interesse an der deutsch-jüdischen Zeitgeschichte nach in den letzten Jahren stark angestiegen. Über die schwierigen Wiederanfänge jüdischen Lebens in Deutschland existiert mittlerweile eine reichhaltige Literatur, die die immensen sozialen Probleme und die fortwährenden Ängste und Zweifel der jüdischen Menschen thematisiert, aber auch die sehr unterschiedliche Aufnahme der wenigen überlebenden Opfer: freundliche Gesten gehörten dazu, aber auch und vor allem eine beeindruckende Indolenz und Verstocktheit der nichtjüdischen deutschen Bevölkerung, latenter und weniger latenter Antisemitismus, manchmal in philosemitischer Verkleidung. Der Zusammenführung der beiden Forschungsstränge der Exil- und Remigrationsgeschichte und der deutsch-jüdischen Zeitgeschichte sollte eine Tagung dienen, die von der Herbert und Elsbeth Weichmann Stif- Vgl. für diesen weiter gespannten Erklärungsansatz Anselm Doering-Manteuffel, Wie westlich sind die Deutschen? Amerikanisierung und Westernisierung im . Jahrhundert, Göttingen . Andreas Schätzke, Rückkehr aus dem Exil. Bildende Künstler und Architekten in der SBZ und frühen DDR, Berlin ; Karin Hartewig, Zurückgekehrt. Die Geschichte der jüdischen Kommunisten in der DDR, Köln u.a. ; s. dazu den Beitrag von Annette Leo in diesem Band. Vgl. Michael Brenner, Nach dem Holocaust. Juden in Deutschland -, München ; Martina Kliner-Fruck, »Es ging ja ums Überleben«. Jüdische Frauen zwischen Nazideutschland, Emigration und ihrer Rückkehr, Frankfurt a.M./New York ; Y. Michal Bodemann (Hg.), Jews, Germans, Memory. Reconstructions of Jewish Life in Germany, Ann Arbor ; Jael Geis, Übrig Sein – Leben »danach«. Juden deutscher Herkunft in der britischen und amerika- nischen Zone Deutschlands -, Berlin/Wien ; Andreas Kruse/Eric Schmitt, Wir haben uns als Deutsche gefühlt. Lebensrückblick und Lebenssituation jüdischer Emigranten und Lagerhäftlinge, Darmstadt ; Julius H. Schoeps (Hg.), Leben im Land der Täter. Juden im Nachkriegsdeutschland (-), Berlin ; Anthony D. Kauders, Unmögliche Heimat. Eine deutsch-jüdische Geschichte der Bundesrepublik, München . Vgl. Marita Krauss, Jewish Remigration: An Overview of an Emerging Discipline, in: Leo Baeck Year Book (), S. -. tung, die sich seit vielen Jahren auf dem Gebiet der Exilforschung enga- giert, gemeinsam mit der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Ham- burg, des ebenfalls dort ansässigen Instituts für die Geschichte der deutschen Juden und des Instituts für Deutsche und Niederländische Philologie der Freien Universität Berlin im Herbst in Hamburg veranstaltet wurde. Der vorliegende Band dokumentiert, ergänzt um einige weitere Aufsätze, die Erträge dieser Tagung. Erörtert wird – unter Einbeziehung sehr unterschiedlicher Ansätze und Fragestellungen der Kultur- und Literatur- sowie der Zeitgeschichte – die spezifische Remi- grationsproblematik geflüchteter, vertriebener und überlebender Juden, die, ob ständig oder zeitweise, ob persönlich oder mit ihren Texten, nach Deutschland zurückkehrten. Ein grundsätzliches Problem der Forschung, nämlich die Schwierig- keit einer analytisch strikten Unterscheidung von allgemeiner Remigra- tions- und deutsch-jüdischer Geschichte, spiegelte sich bereits in den zeitgenössischen öffentlichen Reaktionen auf die jüdischen Remigran-

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