Verkehrsverein mattt�ttern Heimatkundliehe Publikation Nr. 3 MAMMERN und seine Ortsgeschichte Besinnung auf die eigene Vergangenheit .. CH91 ist in aller Leute Munde, doch ha- Betrachtungen empfiehlt sich nach wie ben im Jahre 1991 eigentlich nur die vor die «Geschichte der Herrschaften Einwohner der drei Urkantone wirklich und der Gemeinde Mammern» von Dr. Grund, ein 700-Jahr-Jubiläum zu fei­ Emil Stauber aus dem Jahre 1934. ern. Der Thurgau hingegen gehört erst ln den nächsten Monaten wird es sich seit 1803 als Stand der Eidgenossen­ zeig�:m, ob in der Ortsgeschichte mit schaft an, wenngleich er seit 1460 als der Bildung einer Einheitsgemeinde ein Untertanengebiet eng mit der Ge­ neuer Meilenstein gesetzt werden schichte der Alten Eidgenossenschaft kann. Mit dem eindrücklichen Resultat verknüpft. war. Aus Thurgauer Sicht von 1243 Ja zu 653 Nein haben die wäre also ein Mitfeiern nicht unbedingt Stimmberechtigten der Munizipalge­ zwingend, insbesondere wenn man meinde Steckborn dem Austrittsge­ bedenkt, dass unsere Gegend vor sie­ such der Ortsgemeinde Mammern zu­ benhundert Jahren fest im Feudalsy­ gestimmt und damit den Weg zur künf­ stem der Habsburger eingebunden war' )tigen Einheitsgemeinde Mammern ent­ und somit zur gegnerischen Seite der scheidend geebnet. Nun liegt die Ent­ Eidgenossen gehörte. Ein Mitfeiern im scheidung beim Grossen Rat des Kan­ Rahmen der CH91 hat also in erster Li­ tons Thurgau. Er wird bestimmen, ob nie .freundeidgenössische Gründe, da Mammern selbständig werden kann man die Geschichte der Urschweiz der oder ob eine gut funktionierende Form Geschichte der gesamten Schweiz der Demokratie einem komplizierten gleichsetzt und sich über alle Kantons­ und anonymen Verwaltungsapparat und Sprachgrenzen hinweg miteinan­ weichen soll. der verbunden fühlt. Der Verkehrsverein Mammern nimmt die 700-Jahr-Feierlichkeiten zum An­ lass, sich auf die eigene Dorfvergan­ genheit zu besinnen. Für die Verfas­ sung der einzelnen Kapitel dieser Publi­ kation konnten erfreulicherweise kom­ petente Fachleute gewonnen werden, die einzelne Abschnitte der Ortsge­ schichte behandeln. Für eingehendere Ruine Neuburg um 1930 Archäologische Funde aus der Jungsteinzeit und Römerzeit _ von Heinz Reinhart, Museumsassistent, Frauenfeld I Aus dem Gebiet der Gemeinde Mam- geräte oder ein durch.Lochter Anhänger mern liegt eine ganze Anzahl von Fun- aus einem Eberhauer, geben Auf­ den aus der Zeit der «Pfahlbauten» vor. schluss über die grosse jungsteinzeitli­ Die ältesten und wichtigsten Objekte ehe (neolithische) Siedlung. Bedeuten­ stammen von der Station Langhorn- des Fundmaterial sind auch Pfeilspitzen Seewiesen, die schon in der Mitte des und Feuersteine aus der Pfyner Kultur, letzten Jahrhunderts untersucht und Scherben von Töpfen der Horgener «ausgebeutet» worden ist. ln den Jah- Kultur, ferner grosse Beilklingen, ren 1929/32 wurden von den Archäolo- Kleinklingen und Streitäxte. Die Funde gen umfangreichere Untersuchungen sind heute verstreut. Etwa fünfzig Stein­ wie Bohrungen und Sondierungen vor- geräte befinden sich im Museum des genommen, in jüngster Zeit wurden Kantons Thurgau; weiteres Material ist auch Tauchgänge unternommen. Da- im Landesmuseum in Zürich aufbe­ bei wurde nochmals reichhaltiges wahrt. Einzelfunde sind noch im Ras­ Fundmaterial zutage gefördert. Diverse gartenmuseum in Konstanz und im Mu­ Kieinfunde, viele Scherben, Knochen- seum St. Georgen in Stein am Rhein zu Steinbeile, die auf dem Gemeindegebiet gefunden wurden finden. Von teilweise weiteren, unbe­ stimmten Fundstellen sind noch ein­ zelne Gegenstände in Privatbesitz oder gelten als verschollen. Bei diesen han­ delt es sich vor allem um Steinbeile. Bei Untersuchungen des weiteren Ufer­ abschnittes unter- und oberhalb des Deltas von Mammern und in der Bucht oberhalb der Klinik haben sich trotz günstiger topographischer Vorausset­ zungen keine Siedlungsreste finden lassen. Zu den Grabungsfunden kommen er­ wähnenswerte Einzelfunde, die auf Ge­ meindegebiet gemacht wurden. So entdeckte beispielsweise im Jahr 1921 ein Mann im Bereich Fennenbach­ Halden im Schilf eine bronzezeitliche Randaxt (s. Abb.); im Eggenäulitobel bei der Strassenbrücke nach Liebenfels wurde ein Bronzemesser aufgefunden. Auch aus späterer Zeit sind Funde be­ zeugt. ln Fachpublikationen des letzten Jahrhunderts steht geschrieben: «Eine Anzahl Kupfer- und Silbermünzen» und «Zirka 60 keltische Altertümer». Die ge­ nannten Objekte sind heute aber ver­ schollen. Bekannter ist der Fund eines möglicherweise römischen Pferdeske­ letts, das 1932 bei Drainagearbeiten Dieses 17 cm lange Randleistenbeil wurde bei der Fen­ beim Seehaus zwischen Mammern nenbach-Mündung gefunden. und Eschenz zutage gefördert wurde. Die aufgefundenen Zähne eines weite­ ren Tieres in unmittelbarer Nachbar­ (Pfyn) und dem wichtigen Tasgetium schaft könnten den Hinweis auf ver­ (Eschenz) herstellte. 1920 wurden bei lochte Seuchentiere geben. Wichtiger Bauarbeiten Reste dieser Strasse ge­ sind die römischen Ziegel- und Tonge­ funden. Die Breite war auf 4,60m bis schirrfunde aus dem Gebiet Neuburg­ 5 m angegeben. Eine seitliche Begren­ ehemalige Daubenmühle. Nicht weit zung konnte nicht mehr nachgewiesen davon entfernt, bei der Siedlung Rolli­ werden, da die Strasse durch Vermoo­ rain, stiess man im Frühjahr 1943 beim rung versunken war. Der Verkehrsweg Fällen eines in einem Ziegelhaufen wu­ führte nördlich des Hörnliwaldes von chernden Baumes auf Teile eines klei­ Amenhusen herkommend nach Rü­ nen römischen Ziegelbrennofens. Ein tershus/Weierhof. Das auf einer Länge weiterer Ziegel- oder Kalkofen aus der von etwa tausend Metern geortete Teil­ Römerzeit wurde im gleichen Jahr beim stück verlief dann teilweise der Gemein­ «Wigärtli» entdeckt und aufgenommen. degrenze entlang in Richtung Windhu­ Die ältere Dorfbevölkerung weiss von sen-Eschenz. der Existenz einer Römerstrasse, die einst die Verbindung zwischen Ad fines Quellen: Amt für Archäologie, Frauenfeld. Vom Mittelalterin die Neuzeit von Dr. Beatrice Sendner-Rieger, Kantonale Denkmalpflege, Frauenfeld Den Grund zur nachmaligen Herrschaft mender Schwierigkeiten verkaufte da­ Mammern legte derTausch, bei dem im her Thumb, dessen Familie Mammern Jahr 909 der Abt von St.Gallen vom volle acht Jahrzehnte besessen hatte, Grassgrundbesitzer Winidhere dessen den Besitz im folgenden Jahr an die Besitz zu Manburren erlangte. Später Brüder von Roll aus Uri. Anders als ihre karn·das Gut der Freiherren von Mam­ Vorgänger nahmen diese zumindest mern hinzu. Ihre Stammburg erhob sich zeitweise Wohnsitz in Mammern und unweit der Feste Liebenfels (auf der bauten in den zwanziger Jahren des 17. Höhe zwischen Mammern und Her­ Jahrhunderts das «Neue Schloss» mit dem) und zerfiel vermutlich bald nach Nebengebäuden und einer Schlosska­ Erlöschen des Geschlechtes. Die Her­ pelle daselbst. ren von Kastell (bei Tägerwilen), die Mit Johann Peter von Roll, Karl Emma­ 1319 Mammern vom Abt als Lehen er­ nuel von Roll und Johann Walter von hielteh, waren gleichzeitig Besitzer der Roll waren erstmals seit der Reforma­ Herrschaft Neuburg, östlich von Mam­ tion wieder katholische Besitzer in mern. Fortan war die Neuburg Sitz des Mammern. Obwohl sie sich beim Kauf Verwalters der beiden Herrschaften, verpflichten mussten, in religiösen Din­ die bis zum Ende des Ancien regime gen nichts zu ändern, setzten sie sich fast immer vereinigt blieben. Bis zur getreu der Familientradition rasch und Mitte des 15. Jahrhunderts stammten entschieden für die Sache der Gegen­ die Besitzer aus zahlreichen badischen reformation ein. Da die Bevölkerung mit und württembergischen Adelsge­ wenigen Ausnahmen im Lehensver­ schlechtern. hältnis zur Herrschaft stand, hatten die Unter dem einzigen bürgerlichen Besit­ Gerichtsherren in der Belehnung ein zer, Poley Thüringer, später Bürgermei­ gewichtiges Mittel, ihre religionspoliti­ ster von Steckborn, trat Mammern zum schen Bestrebungen zu verwirklichen. neuen Glauben über. Unter der evan­ Schon 1621 stifteten die Gerichtsherren gelischen Gerichtsherrschaft der Her­ auch eine Pfarrpfründe für die Katholi­ ren von Thumb, Erbmarschälle des ken und drängten auf Abschaffung des Herzogs von Württemberg, blieb die evangelischen Prädikanten. Als Johann Zahl der Katholiken in Mammern zu­ Walter von Roll 1639 starb, liess ihm nächst klein. Wenn auch erste Vor­ sein Sohn im Chor der paritätischen stösse scheiterten, die Messe in Mam­ Pfarrkirche ein repräsentatives Grab­ mern wieder einzuführen, so musste mal errichten (heute in der Schlosska­ Gerichtsherr Friedrich vonThumb doch pelle). 1619 nachgeben. ln Voraussicht kom- Nach demTod Johann Walter von Rolls setzte der wirtschaftliche Niedergang der Herrschaft Mammern ein, so dass der grosse Reichtum der Herren von Roll innert weniger Jahrzehnte verlo­ renging. Von Schulden bedrängt, sa­ hen sich die Nachkommen 1667 ge- · zwungen, die Herrschaft Mammern an den verschwägerten Wolfgang Rudolf Reding von Biberegg zu verkaufen. Auch Reding, der seit 1652 Landschrei­ ber im Thurgau war, gehörtezu den eif- rigen Verfechtern der Gegenreforma­ jährliche Ertrag stieg bald auf gegen tion. Trotz des beschwerlichen Weges 1000 Gulden an. So konnte denn im nach Frauenfeld nahm Wolfgang Ru­ Jahr 17 49 Statthalter Roman Effinger dolf Reding Wohnung im Schloss den Vorarlberger Baumeister Johann Mammern und legte 1685 mit der Auf­ Michael Beer mit dem Bau einer neuen schüttung im See die Grundlage zum grösseren Schloss�apelle beauftragen, heutigen Schlosspark, den er mit zwei die Franz Ludwig Herrmann mit reichen massiven Pavillons abschloss. Doch Fresken
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