Scott, Marion Marion Scott Gleichzeitig engagierte sich Marion M. Scott musikpoliti- sch in zahlreichen Verbänden und Organisationen, dar- * 16. Juli 1877 in London, England unter die Royal Musical Association, die Royal Philhar- † 24. Dezember 1953 in London, England monic Society und der Forum Club. Eines ihrer Lebens- werke war die Gründung der „Society of Women Musici- Violinistin, Kammermusikerin, Konzertmeisterin, ans“, die sie ab 1911 gemeinsam mit der Sängerin Gertru- Komponistin, Musikwissenschaftlerin, Musikkritikerin, de Eaton und der Komponistin Katharine Eggar aufbau- Förderin (ideell), Musikjournalistin, te – mit eigenem Chor und Orchester, einer Bibliothek (Musik-)Herausgeberin, Konzertorganisatorin, sowie Konzert- und Vortragsreihen. Die Organisation un- Musikpolitikerin, Gründerin und zeitweise Präsidentin terstützte Musikerinnen im britischen Musikleben, führ- der Society of Women Musicians, Schriftstellerin te die Werke von Komponistinnen auf und bemühte sich u. a. darum, die Aufnahme von Musikerinnen in profes- „Unstinted service in the cause of music was the keynote sionelle Orchester zu ermöglichen. Die „Society of Wo- of her life. Countless musicians owe an incalculable debt men Musicians“ blieb bis 1972 bestehen. of gratitude to the fragile little woman who lent them sympathetic and practical aid in their struggles and re- Ab den 1920er-Jahren wandte sich Marion M. Scott dem joiced whole-heartedly in their successes. As a friend she Schreiben über Musik zu. Sie arbeitete als Musikkritike- is irreplaceable.” („Uneingeschränkte Hingabe an die Ar- rin u. a. für die „Musical Times“ und verstärkte mit Arti- beit um der Sache der Musik willen, war der Grundton ih- keln über die Geschichte des Violinspiels, über Auffüh- res Lebens. Unzählige Musiker empfinden der kleinen rungspraxis und Violinliteratur sowie über zeitgenössi- zerbrechlichen Frau gegenüber eine unendliche Dankbar- sche Komponistinnen und Komponisten ihre musikwis- keit, die ihre Arbeit verständnisvoll und tatkräftig unter- senschaftlichen Tätigkeiten. Gleichzeitig galt ihr Interes- stützte und sich mit ganzem Herzen an ihren Erfolgen se der klassischen Musik. Im Jahr 1934 veröffentlichte freute.“ Die Pianistin und Komponistin Katharine Dale sie ein Buch über Ludwig van Beethoven, das in zahlrei- über Marion M. Scott. Vgl. Dale 1954, S. 238.) chen, teilweise fremden Überarbeitungen bis 1974 in Neuauflagen erschien. Ihr eigentliches Forschungszen- Profil trum wurde jedoch der Komponist Joseph Haydn und be- Marion M. Scott prägte in der ersten Hälfte des 20. Jahr- sonders dessen Kammermusik. Sie entdeckte und edierte hunderts als Interpretin, Komponistin, Konzertveranstal- dessen erstes Streichquartett op. 1 Nr. 1 und etablierte si- terin, Musikpolitikerin und schließlich auch als Musikkri- ch damit in der Haydn-Forschung: 1950 wurde sie Mitar- tikerin und Musikwissenschaftlerin das Londoner Musik- beiterin der neuen Haydn-Gesamtausgabe und erstellte leben entscheidend mit. einen 48-seitigen Katalog sämtlicher Werke für die 5th Edition des „Grove Dictionary of Music and Musicians“, Marion M. Scott begann 1896 ihre professionelle Ausbil- die 1954 erschien. dung am Royal College of Music London in Violine, Kla- Orte und Länder vier und Komposition und konnte sich bereits zu Studien- zeiten als Violinistin und Kammermusikerin im Londo- Marion M. Scott verbrachte ihr gesamtes Leben in Lon- ner Musikleben zu etablieren. Um 1903 gründete sie ein don. Lediglich während des Zweiten Weltkriegs zog sie eigenes Streichquartett, mit dem sie u. a. zahlreiche Wer- für drei Jahre nach Bridgwater (Somerset, Südengland). ke zeitgenössischer Komponistinnen und Komponisten Biografie aufführte. Mit eigenwilligen Konzertprogrammen setzte sie sich für britische Komponistinnen und Komponisten Marion Margaret Scott wurde am 16. Juli 1877 in Lon- und deren Werke ein und versuchte dabei das Besondere don geboren. Ihr Vater (Name unbekannt; Mutter unbe- der britischen Musikentwicklung auch historisch zu fas- kannt), von Beruf Jurist und ein herausragender Ama- sen. teurmusiker, sorgte für eine fundierte Ausbildung seiner Marion M. Scott schrieb zahlreiche Kompositionen und Tochter in Violine und Klavier und ermöglichte ihr auf verfasste Gedichte, die u. a. 1905 in einem Band „Violin diese Weise den Eintritt ins Londoner Royal College of Verses“ erschienen. Ihre Kompositionen liegen als Ma- Music (RCM). Ab ihrem 13. Lebensjahr wurde Marion nuskripte vor, sind jedoch bislang nicht verzeichnet. M. Scott dort von dem bekannten Geiger Fernandez Ar- – 1 – Scott, Marion bós unterrichtet. Im Jahr 1896 nahm sie regulär ein Scott String Quartet“, das aus Marion M. Scott (Vl. 1), Violinstudium bei ihm auf, wurde von Marmaduke Bar- Herbert Kinze (Vl. 2), Sybil Maturin (Vla.) und Ivor Ja- ton in Klavier unterrichtet, und ergänzte ihr Instrumen- mes (Vcl.) bestand. Das Quartett konzertierte in den fol- talstudium um das Fach Komposition, das sie bei Wal- genden Jahren regelmäßig in London und widmete sich ford Davies und Charles V. Stanford belegte. Marion M. dabei vor allem aktueller britischer Kammermusik. So Scott verließ das Royal College of Music im Jahr 1904, trat es z. B. im Juni 1905 in der Londoner Aeolian Hall blieb der Institution aber über ihr gesamtes Leben ver- mit Walford Davies „Pastorals“ op. 15 auf, gemeinsam bunden. Im Jahr 1906 gründete sie gemeinsam mit Ait- mit dem Komponisten, der den Klavierpart übernahm, ken Crawshaw und Emily Daymond die „Royal College of und spielte im Januar 1909 – ebenfalls in der Aeolian Music Union“, ein Verband, der es ehemaligen Studieren- Hall – neben zwei „Phantasy Trios“ von Frank Bridge den ermöglichten, den Kontakt zum RCM zu halten. Sie und James Friskin auch die Urauffführung von Walford war von 1936 bis 1944 Herausgeberin des „Royal College Davies Streichquartett c-Moll „In Memoriam“. of Music Magazine“ und wurde kurz vor ihrem Tod für den Ehrentitel „Fellow of the Royal College of Music“ vor- Nach und nach begann Marion M. Scott sich auch histori- geschlagen, der ihr posthum von der Präsidentin, Queen sch übergreifend für britische Musik einzusetzen. Sie or- Elizabeth the Queen Mother, verliehen wurde („The Lon- ganisierte themengebundene Konzerte, deren Program- don Times“ vom 31. Dezember 1953, S. 8). me von Publikum und Presse anerkannt wurden. Über ein Konzert mit britischer Kammermusik im Dezember Noch während des Studiums konnte sich Marion M. 1908, dessen Programm Marion M. Scott für ihr Streich- Scott im Londoner Musikleben als Violinistin und Kam- quartett entworfen hatte, schrieb die London Times: „Bri- mermusikerin etablieren. Für kurze Zeit war sie Konzert- tish Chamber Music. The first of two concerts, which to- meisterin des Morley College Orchestra unter der Lei- gether make up an excellent scheme, was given by Miss tung von Gustav Holst – genaue Daten lassen sich bis- Marion Scott at Aeolian-hall on Tuesday night. The con- lang nicht bestimmen. Sie trat in verschiedenen Konzer- certs are undertaken for the performance of the larger ten auf und arbeitete eng mit zeitgenössischen Komponis- forms of British chamber music of various periods. In ar- ten zusammen. Dabei suchte sie von Beginn an nach neu- ranging the programmes the concert-giver has wisely avo- en Herangehensweisen an Musik – für die Musiker selb- ided the chronological order which is apt to turn such st wie für das Publikum. So berichtete z. B. die Londoner special programmes into historical lectures rather than Times im Dezember 1903 über eine neue Organisation, concerts.” („Britische Kammermusik. Das erste von zwei die sich „String Club” nenne: „At the Leighton-house, Konzerten, die zusammen ein hervorragendes Konzept Kensington, besides the regular set of chamber concerts ergeben, wurde am Dienstag Abend in der Aeolian Hall […], a new organization called the ‘String Club’ holds its von Miss Marion Scott gegeben. Die Konzerte sollen grö- meetings at intervals of a fortnight, and the players, who ßere Werke britischer Kammermusik verschiedener Epo- prepare their work under professional guidance, have chen vorstellen. Bei der Zusammenstellung der Program- the opportunity of acquiring the art of ensemble playing; me hat der Konzertgeber eine chronologische Ordnung and, to judge by the performance of Tchaikovsky’s quar- klug vermieden, die stets dahin tendiert, solche besonde- tet in D last night, the four players led by Miss Marion ren Konzerte in historische Vorträge zu verwandeln.“; Scott have studied to some purpose.” („Abseits der be- „The Times London“ vom 10. Dezember 1908, S. 11). Auf kannten Kammermusikveranstaltungen trifft sich vier- dem Programm standen u. a. Henry Purcells „Fantasies zehntägig im Leigthon-house, Kensington, eine neue Or- for strings”, die Fantasie a-Moll von William Y. Hurlsto- ganisation, die sich ‚String Club’ nennt. Die Spieler, die ne, Charles V. Stanfords Streichquartett g-Moll op. 99 die Werke unter professioneller Anleitung einstudieren, und eine Sonate für Streicher und Cembalo von Thomas haben die Gelegenheit, die Kunst des Ensemblespiels zu Arne. erlernen; gemessen an der Interpretation von Tschai- kowskis D-Dur Quartett gestern Abend, haben die vier Neben ihrer Tätigkeit als Musikerin und Konzertorgani- Spieler unter Leitung von Miss Marion Scott ihr Ziel er- satorin komponierte Marion M. Scott und schrieb Ge- reicht.“; „The Times London“ vom 8. Dezember 1903, S. dichte. 1905 erschien ein Band mit ihren Gedichten un- 12) ter dem Titel „Violin Verses“ beim Londoner Verlag Wal- Vermutlich entstand zu dieser
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