HISTORISCHER ATLAS XI, 10 VON BADEN-WÜRTTEMBERG Erläuterungen Beiwort zur Karte XI,10 Gewinnung von Bodenrohstoffen im Schwarzwald v o n R u d o l f M e t z Römischer Bergbau ist nur an den Rändern des Schwarzwald lagen die wichtigsten Silbererzgruben bei Waldgebirges nachzuweisen, so römische Eisenerzge­ Neubulach und bei Freudenstadt. Wesentlich größer ist winnung und -Verhüttung im Hagenschieß bei Pforz­ die Zahl der Erzgänge, die im mittleren Gebirgsteil, be­ heim, am Mauracher Berg bei Denzlingen oder bei sonders im Kinziggebiet in Abbau standen. Besonders Hertingen im Bohnerzrevier von Kandern (Markgräf­ ertragreich waren hier die Gruben um Haslach, Prinz­ lerland) sowie Blei-Silber-Erzgewinnung bei Baden­ bach, im Hauserbachtal, bei Oberwolfach, im Wild- weiler und Sulzburg. schapbachtal, bei Rippoldsau und um Wittichen. Au­ Die mittelalterliche Erschließung des zuvor men­ ßerdem bestanden ertragreiche Gruben im Freiamt, im schenleeren Schwarzwalds erfolgte weitgehend durch Suggental und im Glottertal. bäuerliche Siedler, wobei man in erster Linie neuen Le­ Eine weitere Häufung von Mineral- und Erzgängen bensraum für den Bevölkerungsüberschuß im Altsie­ weisen schließlich einige Bereiche im Südschwarzwald delland gewann. Dazu kam der Erzreichtum des Wald­ auf. Für den wirtschaftlichen Aufstieg von Freiburg be­ gebirges, denn der zunehmende Fernhandel bedingte saßen die Erzgänge im Schauinsland maßgebende Be­ einen steigenden Bedarf an Münzmetall für die sich ent­ deutung, dazu kamen weitere Gruben in seiner Umge­ wickelnde Geldwirtschaft. Dadurch erlangte der mittel­ bung. Ertragreiche Silbererzreviere waren im Breisgau alterliche Bergbau in einzelnen Bereichen des Schwarz­ außerdem das Münstertal und das obere Wiesental mit walds maßgebenden Einfluß an der Erschließung des der Bergstadt Todtnau im Tal, wo eine Münze als Filia­ Waldgebirges. le der Freiburger Münze tätig war. Die ergiebigsten Gruben im Revier Todtnau lagen bei Todtnau auf dem Berg, dem heutigen Todtnauberg. Am westlichen Ge­ 1. Silbererzbergbau birgsrand erbrachten die Bergbaureviere um Sulzburg und Badenweiler zeitweise größere Erträge. Im Hot­ Der Bergbau setzte im Schwarzwald gegen Ende des zenwald standen in der weiteren Umgebung von 10.Jahrhunderts zunächst am Gebirgsrand ein und er­ St. Blasien im Mittelalter mehrere Erzgänge in Abbau. reichte eine erste Blüte im 13. und 14.Jahrhundert. Größere Silbererzmengen dürfte dabei der Ruprecht- Hochgelegene Siedlungen wie Hofsgrund, Todtnau­ Gangzug bei Urberg geliefert haben, auf dem bis 1984 berg, Aftersteg, Brandenberg, Fahl, Schönenberg oder die Grube Gottesehre zur Flußspatgewinnung betrie­ Urberg im Südschwarzwald verdanken ihre Entste­ ben wurde. Weitere Erzgänge standen im Schlüchtge- hung vorwiegend dem Silbererzbergbau. biet bei Grafenhausen in Abbau. Die Vorkommen von Silber- und anderen Metaller­ Durch den hohen Metallwert, den das Silber im Mit­ zen sind im Schwarzwald ungleichmäßig verteilt. Wo telalter besaß, hat man auch zahlreiche weitere, kleine sich reichere Erzgänge häufen, entwickelten sich Berg­ und verhältnismäßig erzarme Mineralgänge bebaut baureviere mit Wohnplätzen bei den Gruben, Aufbe- oder zumindest auf ihre Erzführung untersucht. In den reitungs- und Verhüttungsanlagen. Im nördlichen Schmelzhütten wurde aus den aufbereiteten Erzen zu­ Historischer Atlas von Baden-Württemberg 1 XI, 10 R udolf M etz / G ew innung von B odenrohstoffen im Schw arzw ald nächst silberreiches Rohblei erzeugt und in Wurken oder In mehreren mittelalterlichen Silbererzrevieren im Wurkehöfen daraus durch Abtreibarbeit das begehrte Sil­ Schwarzwald hegen früh erwähnte Klöster, deren ber (Blicksilber) gewonnen. Mönche und Nonnen selbst nicht bergmännisch tätig Der mittelalterliche Erzbergmann besaß als gesuchte waren, wohl aber aus dem Bergbau namhafte Einkünfte Fachkraft inmitten der übrigen, meist hörigen Bevölke­ erzielten. Das 1324 gegründete Kloster Wittichen, in rung eine rechtliche und soziale Sonderstellung und dessen Nähe seit dem 14.Jahrhundert Silbererze abge­ war freizügig. Wenn man einen Erzgang in seiner obe­ baut wurden, konnte dadurch einen reichen Güterbe­ ren Teufe soweit abgebaut hatte, wie es damals tech­ sitz am Ostrand des Schwarzwalds erwerben. In der nisch möglich war, zogen die Bergleute weiter und er­ Nähe der Klöster Tennenbach, St. Ulrich oder des Mar­ richteten ihre bescheidenen Behausungen bei den garethenstifts von Waldkirch bestanden Gruben. neuen Grubenplätzen. Während die einfachen Wohn- St. Blasien verdankte seinen raschen Aufstieg wie seine hütten der Bergleute nach Abbau der lohnenden Erz­ wirtschaftliche Vorrangstellung im Südschwarzwald zu mittel in der Nähe der Oberfläche meist wieder ver­ einem guten Teil dem Ertrag aus dem Silbererzberg­ schwanden oder zu bäuerlichen Wohnplätzen wurden, bau. Im Münstertal hatte das Kloster St. Trudpert be­ entwickelten sich in ertragreichen Revieren dörfliche reits seine Stellung als Regalinhaber gefestigt, bevor Vorläufer zu Bergbaustädten oder sie wurden neu ange­ Österreich die Landeshoheit erlangte. Dadurch dauer­ legt, um zentrale Funktionen zu erfüllen. Wie in ande­ ten die Auseinandersetzungen um die Berghoheit zwi- ren Bergbaugebieten folgte auch bei den Bergbaustäd­ chen Vorderösterreich und dem Abt von St. Trudpert in ten im Schwarzwald auf einen glänzenden Aufstieg und diesem silberreichen Revier bis zum Übergang an Ba­ eine nur kurze Blüte oft wieder ein rascher Niedergang. den an. In den Bergbaustädten amtierten Bergrichter oder Die ältere mittelalterliche Betriebsform im Silbererz­ Bergvögte als herrschaftliche Beamte, hier wohnten ka­ bergbau des Schwarzwalds war genossenschaftlich, wo­ pitalkräftige Bergherren und Kaufleute und hier wurde bei die beliehenen Meister, die magislri argentifodinarum, das erzeugte Silber verhandelt oder vermünzt. Dazu mit ihren gleichberechtigten Genossen die Gruben (fro- waren die Bergbaustädte Umschlagplätze für Le­ neberge) bebauten. Im 14.Jahrhundert setzte bereits die bensmittel und den sonstigen Bedarf der bergmänni­ soziale Unterscheidung von Arbeitern und den meist in schen Bevölkerung. Mittelalterliche Bergbaustädte in den Bergbaustädten wohnenden Gewerken ein, und im ertragreichen Silbererzrevieren im Schwarzwald waren 15.Jahrhundert vollzog sich weitgehend eine Trennung Neubulach im nördlichen, Prinzbach und Haslach im von kapitalkräftigen Unternehmern und einer Bergar­ mittleren sowie Sulzburg, Münster, Todtnau und Gra­ beiterschaft. Seit dem 16.Jahrhundert entstanden in fenhausen im südlichen Gebirgsteil. Bei der Entwick­ den einzelnen Silber- und Eisenerzrevieren eigene Bru­ lung der Stadt Neuenbürg im Nordschwarzwald spielte derladen als frühe Formen einer Sozialversorgung. An je­ die Eisenerzgewinnung eine Rolle und auch die Entste­ dem Lohntag zahlten die Bergleute einen Anteil in eine hung der Stadt Laufenburg am Hochrhein steht in Zu­ Bruderbüchse des Reviers, aus der bedürftige Bergleute sammenhang mit der mittelalterlichen Eisenverhüt­ bei Krankheit oder Arbeitsunfähigkeit versorgt oder bei tung. Als letzte Bergbaustadt wurde Freudenstadt 1599 Unfällen ihre Hinterbliebenen unterstützt wurden. durch den württembergischen Herzog Friedrich auf ge­ Solange der Bergbau ertragreich war, standen die rodetem Waldgelände oberhalb des Christophstals am Bergleute unter der Jurisdiktion der in den einzelnen Schwarzwaldübergang über den Kniebis gegründet. Revieren amtierenden Bergvögte, Bergmeister oder Mittelbar waren am Bergbau weitere Städte betei­ Bergrichter. Zu den unter dem Bergstab stehenden ligt, in denen der Silberhandel eine Rolle spielte und Bergwerksverwandten gehörten auch die über Tage tätigen deren Wirtschaft mit dem Bergbau in enger Beziehung Aufbereitungs- und Hüttenleute wie die sonst unmittel­ stand. Dazu gehören die Städte längs der Kinzig wie bar für die Bedürfnisse des Bergbaus beschäftigten Ar­ Schiltach, Wolfach, Hausach und Gengenbach. Auch beitskräfte. Offenburg war ein früher Münzort. Waldkirch und Die technische und wirtschaftliche Entwicklung ver­ Staufen entwickelten sich durch den Bergbau, und die lief in den einzelnen Territorien im Schwarzwald unter­ Stadt Schönau belieferte neben Todtnau insbesondere schiedlich, nicht zuletzt durch verschiedene bergrecht- die nordschweizerischen Münzorte mit Prägesilber. Al­ liche Verhältnisse. Nach der Reformation entstanden le anderen Silbermärkte im Schwarzwald übertraf je­ zudem konfessionelle Schranken, die die vorher übliche doch Freiburg, das zum Mittelpunkt des Bergbaus im Freizügigkeit der Berg- und Hüttenleute einengten. Breisgau wurde. Ohne die Silberberge des Breisgaus Konrad II. hatte 1028 Bergwerkseigentum im süd­ stünde in Freiburg kein Münster und der rasche Auf­ westlichen Schwarzwald an das Bistum Basel verlie­ stieg dieser Zähringerstadt nach ihrer Gründung 1120 hen. Dieses übertrug die Rechte an den Silbergruben ist nur durch den Bergsegen verständlich. Das Freibur­ weiter an die Herzoge von Zähringen. Nach deren Aus­ ger Münster, der einzige noch im Mittelalter vollendete sterben 1218 gelangte das Bergregal an die Grafen von gotische Dom auf deutschem Boden, wurde als Pfarr­ Freiburg. Streitigkeiten wegen der Erträge aus den Sil­ kirche einer Bürgerstadt erbaut. bergruben im Breisgau wurden auf einem Fürstentag 2 R udolf M etz / G ew innung von B odenrohstoffen im Schw arzw ald XI, 10 zu Frankfurt 1234 unter Vorsitz von König Heinrich Dieselmuter Bergweistum überliefert. Die später für den VII. entschieden. Der Bischof von Basel wies anhand Schwarzwald erlassenen Bergordnungen lehnten
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