Viardot, Pauline asmus, den sie hervorrufen, der ihnen verliehenen Repro- duction eines angeborenen nationalen Elementes in sei- ner vollendetsten idealsten Form. Pauline Viardot ist je- dem Ideal gegenüber verständnissfähig, weiß den gehei- men Sinn eines Jeden, wo sich ihr Gelegenheit bietet ihn zu erforschen, sich eigen zu machen, seine Formen zu handhaben, zu beherrschen.“ (Franz Liszt: Pauline Viardot-Garcia, in: Neue Zeitschrift für Musik 50/1859, Nr. 5 vom 28. Januar, S. 50f., zit. n. Katalog Baden-Baden 1999, S. 11f.) Profil Pauline Viardot verkörperte in ihrer Vielseitigkeit den im 19. Jahrhundert immer mehr in den Hintergrund treten- den Typus der Virtuosenkomponistin. Als Sängerin, Pianistin und Komponistin trat sie in allen wichtigen Musikzentren des damaligen Europa auf. Ihre Arbeit als Opernsängerin ging dabei weit über das da- mals übliche Maß hinaus. Gemeinsam mit Hector Berlioz trug sie entscheidend zur Gluck-Renaissance bei und machte Werke Georg Friedrich Händels in Frankreich be- kannt. Zudem war sie eine der wichtigsten Protagonistin- nen Giacomo Meyerbeers, der vor allem die Figur der Fi- Pauline Viardot, Fotografie von A. Wacquez & Radiguet, dès in seiner Oper „Le prophète“ auf sie zuschnitt. Inwie- um 1860 weit sie auch kompositorisch an ihren Rollen mitarbeite- te über die Ausgestaltung von Kadenzen und Einlagen hi- Pauline Viardot naus, ist bisher noch nicht erforscht. Geburtsname: Pauline Michelle Ferdinande Garcia Fast zeitgleich mit ihrem Operndebüt (Brüssel 1837) wur- Varianten: Pauline Garcia, Pauline Viardot-Garcia, de auch erstmals eine Komposition von ihr veröffent- Pauline Michelle Ferdinande Viardot, Pauline Michelle licht, das Lied „Die Kapelle“ (Leipzig 1838). Es war der Ferdinande Viardot-Garcia, Paolina Viardot, Paolina Auftakt für zahlreiche Kompositionen, darunter mehr als Garcia, Paolina Viardot-Garcia, Paolina Michelle 150 Werke für Sologesang, mehrere Bühnenwerke und Ferdinande Viardot, Paolina Michelle Ferdinande verschiedene Instrumentalwerke. Von 1838 bis 1904 wur- Garcia, Paolina Michelle Ferdinande Viardot-Garcia den ihre Kompositionen in mehreren Sprachen und Län- dern verlegt, u.a. in Kopenhagen, Warschau, Berlin, Leip- * 18. Juli 1821 in Paris, Frankreich zig, Weimar, Paris, London, St. Petersburg und New † 18. Mai 1910 in Paris, Frankreich York. Pauline Viardot sprach fließend spanisch, französisch, Sängerin, Komponistin, Bearbeiterin, Pianistin, italienisch, englisch, deutsch und russisch und kompo- Gesangslehrerin, Organistin, Kulturvermittlerin, nierte zudem auch in verschiedenen nationalen Stilen. Veranstalterin, Herausgeberin, Volksliedsammlerin Mit der internationalen Ausrichtung nahezu all ihrer Tä- tigkeiten, förderte Pauline Viardot den musikalischen „Mit ihrem spanischen Naturell, ihrer französischen Er- Kulturaustausch vor allem zwischen Deutschland, Frank- ziehung und ihren deutschen Sympathien vereinigt sie reich, Spanien und Russland. Sie trug wesentlich zur die Eigenheiten verschiedener Nationalitäten derart in si- Schumann-Rezeption in Frankreich bei und brachte die ch, dass man keinem bestimmten Boden einen aussch- in Westeuropa unbekannten Werke russischer Komponis- ließlichen Anspruch an sie zugestehen, sondern die Kun- ten nach Deutschland und Frankreich. st das Vaterland ihrer freien Wahl und Liebe nennen möchte. Manche große Künstler verdanken den Enthusi- Mehr zu Profil – 1 – Viardot, Pauline Hineingewachsen in eine reisende Sängerfamilie über- ne Gesangsschule unter dem Titel „Une heure d’étude“ führte Pauline Viardot die Tradition wandernder Theater- heraus. Sie publizierte eine Sammlung ausgewählter Lie- truppen in eine neue Form. Gemeinsam mit ihren Kin- der und Arien, die „école classique de chant“ und versah dern und Schülerinnen führte sie in Baden-Baden nicht sie mit Kommentaren zu Phrasierung, Akzentuierung, In- nur Kompositionen anderer, sondern auch eigene Stücke terpretation etc. und gab eine kritische Ausgabe von 50 auf. Ihre Bühnenwerke erwuchsen dabei aus der Lust am Schubert-Liedern heraus. Neben ihren eigenen Komposi- Musizieren und Theaterspiel. Nachdem erste Aufführun- tionen und Bearbeitungen sind diese Veröffentlichungen gen z.B. von „Le dernier sorcier“ im sogenannten „Théât- heute eine wichtige Quelle für die Aufführungspraxis des re du Thiergarten“ der benachbarten Villa Turgeniev 19. Jahrhunderts. stattgefunden hatten, ließ sie sich ein Privattheater bau- Orte und Länder en, das sogenannte „Théâtre Viardot“ (1869). Pauline Viardot sah Komposition zwar nicht als ihren Be- Pauline Viardot wurde in Frankreich als Kind spanischer ruf an, war aber dennoch eine professionelle Komponis- Eltern geboren. Mit der Theatertruppe ihrer Eltern be- tin. Ihre Stücke – soweit sie bis jetzt bekannt sind – be- reiste sie als Kind die USA und Mexiko (1825-1827). wegen sich in den verschiedensten Sprachen und Stilen Nach ihrem Bühnendebüt 1837 in Brüssel wurde sie in und sind überwiegend an den eigenen stimmlichen Fä- Paris an verschiedenen Theatern engagiert. Von dort aus higkeiten und denen ihrer jeweiligen Mitwirkenden ori- führten sie mehrmonatige Engagements und ausgedehn- entiert. Ihre mehr als 150 Werke für Sologesang, darun- te Konzerttourneen u.a. nach Madrid (1842), St. Peters- ter auch Lieder und mélodies auf Texte u. a. von Alfred burg/Moskau (1843-1846), Wien (u.a. 1843/44), Berlin de Musset, Ivan Turgeniev, Aleksandre Puschkin, Théo- (1846/47), London (1848-1859), Pest (1858) und Dublin phile Gautier, Eduard Mörike und Johann Wolfgang von (1859). 1863 ließ sie sich mit ihrer Familie in Baden-Ba- Goethe, wurden größtenteils zu ihren Lebzeiten publi- den nieder, wo sie bis zum Ausbruch des deutsch-franzö- ziert. Fast noch berühmter als ihre eigenen Kompositio- sischen Krieges 1870 blieb. 1871 kehrte sie – nach einem nen wurden ihre Transkriptionen von insgesamt 15 Maz- mehrmonatigen Aufenthalt in London – nach Paris zu- urken von Frédéric Chopin, für die Louis Pomey Texte rück und lebte dort bis zu ihrem Tod. schrieb und die Pauline Viardot häufig in ihren Konzer- Biografie ten vortrug. Chopin war von diesen Bearbeitungen, die wesentlich zu seiner Popularität beitrugen, begeistert. Pauline Viardot stammte aus einer spanischen Sängerfa- Ebenso bearbeitete sie Walzer von Franz Schubert, Unga- milie. Sowohl die Eltern Manuel del Popolo Vicente Rod- rische Tänze von Johannes Brahms und einen Satz aus ei- riguez García, kurz Manuel García père (1775-1832) und nem Streichquartett von Joseph Haydn. Maria-Joaquina Sitchez (1780-1854), als auch die Ge- Neben ihrer ausgedehnten Beschäftigung sowohl mit älte- schwister Manuel Patricio Rodriguez García (1805-1906) rer Musik als auch mit musikalischen Neuerscheinungen und Maria Felicité Garcia – mit Künstlernamen Maria im Bereich der Kunstmusik, setzte sich Pauline Viardot Malibran genannt (1808-1836) – waren Sängerinnen intensiv mit Volksmusik auseinander. Dabei nahm sie zu- bzw. Sänger. nächst vor allem die spanischen Traditionen ihres Eltern- Pauline Viardot wurde ursprünglich als Pianistin u.a. bei hauses auf. Sie sammelte aber auch bei ihrer Freundin Franz Liszt und als Komponistin bei Anton Reicha ausge- George Sand, auf deren Anwesen Nohant, gemeinsam bildet. Nach dem frühen Tod der berühmten Schwester mit Chopin Volkslieder und -melodien der Berri und (1836) wurde sie jedoch von der Mutter dazu gedrängt, übergab ihre Aufzeichnungen später dem Musikethnolo- die Familientradition fortzuführen und Sängerin zu wer- gen Julien Tiersot, der einen Teil davon in seinem Buch den. Die Mutter bildete sie auch aus. Bereits ein Jahr spä- „La Chanson populaire et les écrivains romantiques“ ter debütierte sie in Brüssel und erregte durch ihren un- (1931) veröffentlichte. gewöhnlichen Stimmumfang und ihre musikalische Viel- Als Gesangspädagogin erwarb sie sich ebenfalls einen in- seitigkeit großes Aufsehen. 1840 heiratete sie den Schrift- ternationalen Ruf. Zu ihren Schülerinnen zählten Dési- steller und Cervantes-Übersetzer Louis Viardot, der sie rée Artôt, Aglaja Orgeni, Marianne Brandt und Antoinet- zumeist auf ihren ausgedehnten Konzertreisen und zu ih- te Sterling. Basierend auf der Gesangsmethode ihres Va- ren internationalen Engagements begleitete. Ein erstes ters, die von ihrem Bruder, der ebenfalls Manuel Garcia Kind, die 1841 geborene Tochter Louise wuchs überwie- hieß, noch weiter ausgearbeitet wurde, gab sie eine eige- gend bei der Großmutter auf und wurde ebenfalls Sänge- – 2 – Viardot, Pauline rin und Komponistin. Sie führte den Namen Héritte-Viar- unterschiedlichsten Rossini-Partien unter Beweis stellte. dot. Durch ihre ausgeprägte Darstellungskunst beeinflus- Alfred de Musset, George Sand, die sie zum Vorbild der ste Pauline Viardot Komponisten wie z. B. Hector Ber- Heldin ihres Romans „Consuelo“ (1843) machte, und lioz, Giacomo Meyerbeer, Charles Gounod, Camille Saint- Hector Berlioz gehörten rasch zu ihren glühendsten Be- Saëns, Gabriel Fauré, Jules Massenet und Richard Wag- wunderern und Freunden. ner und arbeitete, komponierte vielleicht sogar teilweise Im Jahr 1840 heiratete sie den Schriftsteller Louis Viar- an den für sie geschriebenen Rollen mit. Neben ihrer dot, der zu dieser Zeit Direktor des Théâtre Italien war. Bühnen- und Konzertkarriere war sie als Gesangspädago- Eine erste Tochter (Louise Pauline Marie geb. 1841) wur- gin tätig und führte dabei die Garcia-Methode fort. de in erster Linie von ihrer Mutter Maria-Joaquina Sit- Im Jahr 1863 zog sich Pauline Viardot von der öffentli- chez großgezogen. Louis Viardot, 21 Jahre älter als sie, chen Bühne zurück und ließ
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