„Wir Sind Weltmeister“ - Konstruktion Zweier Gedächtnisorte

„Wir Sind Weltmeister“ - Konstruktion Zweier Gedächtnisorte

Daniela Fürstauer „Wir sind Weltmeister“ - Konstruktion zweier Gedächtnisorte Zur medialen Reproduktion der „Fußball-Wunder“ von 1966 und 1978 und deren Einfluss auf das kollektive Gedächtnis Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades eines Master of Arts der Studienrichtung Soziologie an der Karl-Franzens-Universität Graz Begutachter/in: Prof. Dr. Mag. rer. soc. oec. Helmut Kuzmics Institut: Soziologie Graz/September/2011 Ehrenwörtliche Erklärung Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder ausländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen Version. Datum: Unterschrift: INHALTSVERZEICHNIS 1. VORWORT ....................................................................................................................5 2. EINLEITUNG ................................................................................................................6 2.1. Exkurs: Fußball – wie banal .........................................................................................9 2.2. Zentrale Forschungsfragen ......................................................................................... 11 3. THEORETISCHE GRUNDLAGEN ............................................................................. 13 3.1. Imaginierte Gemeinschaften, Erinnerungsorte und das kollektive Gedächtnis ............ 13 3.1.2. Scham und Stolz als Schlüsselemotionen? ........................................................... 17 3.2. Von den Cultural Studies zur Diskursanalyse ............................................................. 19 4. GESCHICHTE DES FUSSBALLSPORTS IN ÖSTERREICH UND ENGLAND ............ 22 4.1. „Österreich spielt philharmonischen Fußball – Tore schießen ist uns zu direkt“ ......... 26 4.2. „Wer hoch steigt, kann tief fallen“ – Fußball in England ............................................ 30 4.2.2. Eine figurationssoziologische Erklärung zur Entwicklung des Fußballs ............... 31 4.2.3. Exkurs: Zur Hooligandebatte in England ............................................................. 34 4.3. „… und am Ende gewinnen immer die Deutschen“ – das historisch geprägte Verhältnis zu Deutschland ................................................................................................................. 37 4.3.1. Exkurs: Zum Vorabend des Ersten Weltkrieges ................................................... 38 4.3.2. Der große Bruder und die kleine Schwester ......................................................... 43 4.3.3. Eine Hassliebe auf höchstem Niveau: England – Deutschland ............................. 51 5. DISKURSANALYSE – Untersuchung der medialen Berichterstattung rund um die Ereignisse Córdoba und Wembley ........................................................................................ 59 5.2. Auswahl der geeigneten Medien ............................................................................... 62 5.3. Die mediale Reproduktion des Wunders von Wembley 1966 ..................................... 62 5.3.1. Wembley als Ort zur Gedächtniskonstruktion ...................................................... 68 5.3.2. Wembley 1966 als medialer Diskurs .................................................................. 80 5.4. I wer narrisch!!! ......................................................................................................... 87 5.4.1. Medienlandschaft Österreich ............................................................................... 88 5.4.2. Mediale Charakteristika ...................................................................................... 90 5.4.3. Exkurs: Die deutschen Medien 1978 ................................................................... 98 5.5. Córdoba als Self-fulfilling prophecy ........................................................................ 102 5.5.1. Neuauflage eines Klassikers: Die WM 2008 ...................................................... 104 5.5. Was bleibt? .............................................................................................................. 112 6. CONCLUSIO ............................................................................................................. 117 7. ANHANG ...................................................................................................................... 119 7.1. Abbildungen und Tabellen ....................................................................................... 119 7.2. Ausgewählte Artikel zur Feinanalyse ....................................................................... 120 8. BIBLIOGRAPHIE.......................................................................................................... 121 8.1. Ausgewählte Printmedien ........................................................................................ 127 1. VORWORT Die grundlegende Motivation für diese Masterarbeit kam keineswegs aufgrund einer aktiven persönlichen Beteiligung am Fußballspiel oder durch ein überaus großes Maß an theoretischem Hintergrundwissen zustande. Der ausschlaggebende Moment, sich mit einem solch banal anmutenden Thema im Zuge einer wissenschaftlichen Abschlussarbeit zu befassen, ist am Ende eines Vortrags des englischen Professors Eric Dunning an der Universität Graz zum Thema „Sports and Violence“ zu verorten. Hier verwies Professor Dunning, der sich als ehemaliger Schüler von Norbert Elias bestrebt zeigt, dessen Wissenschaftstradition weiterzuführen, auf die Einstellung vieler englischer Fußballfans, die sich bei Spielen ihrer Mannschaften fühlen würden, als wären sie „at war“. (Vgl. Dunning 2010.) Der Gedanke, dass sportliche Wettkämpfe Assoziationen zu Kriegsgeschehnissen herstellen könnten, bestärkte mich in Folge, mich näher mit dieser Thematik auseinanderzusetzen. Ausgehend von einer allseits präsenten Hooligandebatte in Zeitungen oder auch TV-Sendungen entstand der Wunsch, auch die mediale Berichterstattung näher miteinzubeziehen. Daraufhin richtete sich mein Fokus immer mehr auf die tagesaktuellen Sportberichte in den Zeitungen, weshalb sich der eigentliche Forschungsschwerpunkt für die vorliegende Masterarbeit relativ schnell änderte. Die theoretischen Grundlagen haben sich im Laufe der Arbeit deutlich geändert, als mir bewusst wurde, dass es unmöglich ist, eine nationale Sportart zu untersuchen, ohne die nationalen Eigentümlichkeiten beziehungsweise deren historischen Hintergründe zu untersuchen. Ich möchte daher meinen Betreuungsprofessor, Hrn. Dr. Mag. Helmut Kuzmics, dafür danken, dass er mich immer wieder dahin gehend gefordert hat, neugierig zu bleiben, um hinter die offensichtlichen Fakten zu blicken. Da sich der Zugang zu den älteren Artikeln der Tageszeitungen teilweise als äußerst schwierig und kompliziert präsentiert hat, möchte ich an dieser Stelle noch einer Studentin aus Deutschland danken, die mir hierfür mit wahrer „Nachbarschaftshilfe“ zur Seite gestanden ist. 5 2. EINLEITUNG Lieber Fußballgott, hoch oben, lass uns bitte, bitte toben.[…] Gib uns Deutschland im Finale nur dies eine, eine Mal(e) 30 Jahr nach Córdoba sind sie fällig - ist doch wahr! [...] Unser Bruder und Rivale, hilf ihm bitte ins Finale. Den Rest machen wir dann schon im Ernst Happel-Stadion. Dieses Spiel wird ein Erlebnis, denn wir kennen das Ergebnis. Spielkultur ist einerlei, Österreich: Deutschland 3:2 (Österreichisches Fußballgebet zur EURO 2008) Als halbwegs interessierter Fußballkonsument in Österreich kommt man nicht umhin, sich früher oder später dem Córdoba-Mythos zu ergeben. Insbesondere bei einem Spiel gegen die deutsche Nationalmannschaft wird immer wieder der Geist von Córdoba heraufbeschworen und auf das große Wunder gehofft, das sich selten beziehungsweise nie einstellt. Der historische Sieg der österreichischen Fußballnationalmannschaft gegen die deutsche Auswahl am 21. Juni 1978 in Argentinien ging in die Geschichtsannalen als das „Wunder von Córdoba“ ein. Zum ersten Mal gelang es den Österreichern, dem großen Bruder „eins auszuwischen“ (Die Presse, 21.06.1978). Hans Krankl wurde als Held einer ganzen Nation gefeiert, und Edi Fingers Kommentar „I werd‘ narrisch“ avancierte zur akkustischen Versinnbildlichung dieses historischen Erfolges. Die Zeitungen überschlugen sich mit Superlativen für die Leistung dieser Fußballmannschaft, und alsbald dienten das „Wunder von Córdoba“ aus österreichischer Sicht und die „Schmach von Córdoba“ aus deutscher Perspektive als Interpretationsvorlage zur Aufarbeitung des historisch-bedingten Verhältnisses von Österreich – Deutschland. Nicht selten wurde Córdoba als eine Loslösung von der gemeinsamen Vergangenheit verstanden, und als endgültige Emanzipation des österreichischen Staates nach 1945 gefeiert. Ein Redakteur des Fußballmagazins „ballesterer“ brachte dies wie folgt auf den Punkt: „[…] Nicht 1955, sondern 1978 ist Österreich befreit worden. Und zwar nicht durch Figl und den Staatsvertrag, sondern durch das Tor vom Krankl“ (Mittermayr 2003: o.S.). Ein „nation building‘“ durch den Fußball vollzog sich auch in England, wenn auch in deutlich anderer Form. England galt seit jeher als das Mutterland des Fußballs und des Teamsports. 6 Die Engländer können sich schon lange an den Erfolgen ihrer Mannschaften erfreuen, wenngleich diese

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