©Verein für Landeskunde von Niederösterreich;download http://www.noe.gv.at/noe/LandeskundlicheForschung/Verein_Landeskunde.html Wechselseitige Beziehungen zwischen den Diözesen Passau und Wien und dem Deutschen Orden seit 1190 Von Bernhard Demel O.T. Einleitung In drei unterschiedlich langen Zeiträumen über nun schon mehr als 800 Jahre hat sich die Geschichte des Deutschen Ordens entfaltet: 1 ) Als deutsche Hospitalbruderschaft von 1190 bis 1198/99 2) als geistlicher Ritterorden der Römischen Kirche von 1199 bis 1929 3) als klerikaler Orden seit 1929 mit der dreifachen Zugehörigkeit als Professen (Kleriker, Laienbrüder, Schwestern), als Oblaten (Kleriker und Laien mit ei­ nem Versprechen lebenslänglicher Gemeinschaftsverpflichtung) und als Fami­ liären (ebenfalls Kleriker und Laien).1) In jeder dieser drei Phasen gab es zwischen dem geistlichen (Fürst-) Bistum Passau (bis 1785)2) bzw. der (Erz-) Diözese Wien3 *) seit 1469 mehr oder minder 0 Zur Geschichte des Deutschen Ordens s. Udo Arnold , 800 Jahre Deutscher Orden, in: Westpreußen-Jahrbuch 40 (1990) 5-20; Marian Tumler - Udo A rnold , Der Deutsche Orden von seinem Ursprung bis zur Gegenwart (5Bad Münstereifel 1992); Udo Arnold , Eight Hundred Years of the Teutonic Order, in: The Military Orders, Fighting for the Faith and Caring for the Sick, edited by Malcolm Barber (Cambridge 1994) 223-235 und ebd. die Beiträge von James M. Powell (236-244), Klaus Guth (245-252), Jürgen S arnowsky (253- 262), Sven Ekdahl (263-269) und Klaus Militzer (270-277); Bernhard Demel O.T., Der Deutsche Orden in den Jahren 1918 bis 1989, in: Ferruccio Tassin , II Tessuto Cristiano Deila Mitteleuropa 1919- 1989 (Atti del XXVI Convegno, Gorizia 1994) 201-215. Zur noch wenig erforschten Spiritualität der Ritterorden in der Römischen Kirche vgl. Zenon Hubert N o­ wak (Hg.), Die Spiritualität der Ritterorden im Mittelalter (Ordines militares, Colloquia Torunensia Historica VII, Torun 1993) mit den wertvollen Beiträgen von Kaspar Elm (7-44) und Hans-Dietrich Kahl (271-295). 2) Karl S chrödl , Passavia sacra, Geschichte des Bisthums Passau bis zur Säkularisation des Fürstenthums Passau (Passau 1879); Ludwig Heinrich Krick , Das ehemalige Domstift Pass­ au und die ehemal. Kollegiatstifte des Bistums Passau (Passau 1922); Josef Oswald , Der organisatorische Aufbau des Bistums Passau im Mittelalter und in der Reformationszeit, in: ZRG, KA 30 (1941) 131- 164; August Leidl , Die Bischöfe von Passau 739-1968 in Kurzbio­ graphien (Neue Veröffentlichungen des Instituts für Ostbairische Heimatforschung 38, 2Passau 1978); ders. Das Bistum Passau zwischen Wiener Konkordat (1448) und Gegenwart: Kurzporträts der Passauer Bischöfe, Weihbischöfe, Offiziale (Generalvikare) dieser Epoche (Passau 1993); Konrad B aumgartner , Die Seelsorge im Bistum Passau zwischen barocker Tradition, Aufklärung und Restauration (Theol. Diss. masch., München 1974; Druck St. Ottilien 1975); Ludwig Veit, Passau: Das Hochstift, in: Historischer Atlas von Bayern - Teil Altbayern, Heft 35 (München 1978); Annette Zurstra Ben , Die Passauer Bischöfe des 12. Jh.s - Studien zu ihrer Klosterpolitik und zur Administration des Bistums, Vorarbeiten zu den Regesten der Passauer Bischöfe (Passau 1989); Bernhard Demel O.T, Der Deutsche 235 ©Verein für Landeskunde von Niederösterreich;download http://www.noe.gv.at/noe/LandeskundlicheForschung/Verein_Landeskunde.html intensive Beziehungen zum Deutschen Orden, die hier im Überblick zusammen­ gefaßt seien. Die Beziehungen des Deutschen Ordens zum (Fürst-) Bistum Passau seit 1190 Berücksichtigt man die in den letzten Jahren zugänglich gemachten Unterlagen zur Geschichte des Dritten Kreuzzuges* 34), so darf man zur hier behandelten The­ matik folgendes nicht unbeachtet lassen: Nur einen guten Monat nachdem das auf dem Landweg durch Ungarn und Kleinasien ziehende Kreuzfahrerheer durch den raschen Tod Kaiser Friedrich Barbarossas am 10. Juni 11905), durch Seuchen, andere große Strapazen und Entbehrungen psychisch demoralisiert und zahlen­ mäßig geschwächt6), unter der Führung Herzog Friedrichs von Schwaben am 7. Oktober 11907) vor Akkon ankam, starb noch während der Belagerung dieser zentralen Hafenfestung Palästinas am 13. November 11908) der Passauer Bischof Diepold von Berg (1172-1190) - ein treuer Parteigänger des Hohenstaufers.9) Man darf annehmen, daß das von Bremer und Lübecker Bürgern und Kaufleuten gegründete, schon in der Septembermitte 1190 von König Guido von Jerusalem mit einem Haus in Akkon oder einem dort gelegenen Grund bedachte, noch kleine Feldspital für Pilger und bedürftige Kreuzfahrer dem vor Akkon10) weilen­ den Passauer Oberhirten und seinen Begleitern nicht unbekannt geblieben sein kann. Diese sich für die deutschsprachigen Kreuzzugsteilnehmer engagierende reguläre Bruderschaft hatte ihr Zentrum in der Nähe des christlichen Belage­ rungsheeres, genauer hinter dem Nikolaifriedhof an der nordöstlichen Ecke der Stadtmauer von Akkon.11) Trifft diese aus den Quellen und der Spezialliteratur Orden im Fürstbistum Passau und in der Erzdiözese Wien, in: Beiträge zur Wiener Diöze- sangeschichte 35/1 (1994) 37- 39. 3) Franz Loidl , Geschichte des Erzbistums Wien (Wien-München 1983). 4) Adolf Waas , Geschichte der Kreuzzüge 2 (Freiburg im Breisgau 1956) 48-55, 137-157; Hans Eberhard Mayer , Geschichte der Kreuzzüge (Urban-Taschenbücher, 4Stuttgart usf. 1976) 129-144; Marie-Luise Favreau , Studien zur Frühgeschichte des Deutschen Ordens (Kieler Historische Studien 21, Stuttgart 1974) 35-59; Ekkehard Eickhoff , Friedrich Barba­ rossa im Orient: Kreuzzug und Tod Friedrichs I. (Istanbuler Mitteilungen, Beih. 17, Tübingen 1977); Rudolf Hiestand , precipua tocius christianismi columpncr. Barbarossa und der Kreuzzug, in: Friedrich Barbarossa, Handlungsspielräume und Wirkungsweisen des staufischen Kaisers (Vorträge und Forschungen 40 (Sigmaringen 1992) 51-108. 5) Eickhoff , Barbarossa (wie Anm. 4) 158. 6) Waas , Kreuzzüge (wie Anm. 4), I, 196; Mayer , Kreuzzüge (wie Anm. 4) 134; Eickhoff , Barbarossa (wie Anm. 4) 170. 7) Eickhoff , Barbarossa (wie Anm. 4) 169; Favreau , Frühgeschichte (wie Anm. 4) 37. 8) Zurstrassen , Passauer Bischöfe (wie Anm. 2) 154, Anm. 302. 9) Ebd. 133-155 u. ö. (s. Register); zur Teilnahme Diepolds am Kreuzzug vgl. auch Hiestand , Barbarossa (wie Anm. 4) 67 und 101; zu ihm vgl. Egon Boshof, Zentralgewalt und Territo­ rium im Südosten des Reiches um die Wende vom 12. zum 13. Jh., in: ders. u. Fritz Peter Knapp (Hg.), Wolfger v. Erla, Bischof von Passau und Patriarch von Aquileja (1204-1218) als Kirchenfürst und Literaturmäzen (Germanische Bibliothek NF, 3. Reihe: Untersuchungen, Bd. 20, Heidelberg 1994) 11-17, hier bes. 17f. 10) Ernestus S trehlke , Tabulae Ordinis Theutonici (Berlin 1869, Neudruck Toronto 1975) 22, Nr. 25 (zur Schenkung König Guidos von Jerusalem); Favreau , Frühgeschichte (wie Anm. 4) 35-63. u) Ebd. 36f. 236 ©Verein für Landeskunde von Niederösterreich;download http://www.noe.gv.at/noe/LandeskundlicheForschung/Verein_Landeskunde.html getroffene Kombination zu, so stand an der Wiege der jungen Spitalbruderschaft ein Passauer Bischof, ohne freilich wegen seines frühen Todes im November für diese Institution entsprechend tätig geworden zu sein. Was für Bischof Diepold nur als Mußmaßung gelten kann, trifft für seinen unmit­ telbaren Nachfolger Bischof Wolfger von Erla (1191-1204, ab 1204 bis zu seinem Tod 1218 Patriarch von Aquileja)12) zweifelsfrei zu. Denn die schon am 6 . Februar 119113) von Clemens III. in päpstlichen Schutz genommene Hospitalbruderschaft vor Akkon bekam durch dessen Nachfolger Coelestin III. am 21. Dezember 119614) die Ordensprivilegien. Im Zusammenhang mit einem weiteren Kreuzzug, der frei­ lich durch den Tod Kaiser Heinrichs VI. am 28. September 119715) im Frühjahr des folgenden Jahres beendet wurde, kam es in Akkon zu einer festlichen Ver­ sammlung geistlicher und weltlicher Würdenträger. Höchstwahrscheinlich am 5 . März 1198 erhielt die deutsche Spitalbruderschaft neben der schon gebräuchli­ chen Johanniterregel die Templerregel für Priester, Ministerialen und Ritter hin­ zu, wodurch sie mit der Ausweitung des Ordenszweckes zum Heidenkampf die Erhebung zum Ritterorden erfuhr16) - eine im Vergleich zu den Johannitern ra­ schere Militarisierung.17) An diesem festlichen Akt der Umwandlung des Deut­ schen Spitals in einen Ritterorden im Templerhaus zu Akkon nahm neben ande­ ren geistlichen und weltlichen Fürsten, den Meistern beider Ritterorden, weiteren Notablen der damaligen Feudalpyramide auch der ins Heilige Land gereiste Pas- sauer Bischof Wolfger von Erla teil. Er wurde von den deutschen Prälaten und Fürsten dazu ausersehen, die Supplik um Umwandlung des Deutschen Hospitals in einen geistlichen Ritterorden dem kreuzzugsbegeisterten Papst Innozenz III. persönlich zu überreichen, was um die Jahreswende 1198/9918) bewerkstelligt 12) Zu ihm vgl. Leidl , Bischöfe (wie Anm. 2) 25f.; Othmar Hageneder , Bischof Wolfger von Erla - Ein Lügner? Eine Fallstudie zur mittelalterlichen Diplomatie, in: Archiv und For­ schung - Das Haus-, Hof- und Staatsarchiv in seiner Bedeutung für die Geschichte Öster­ reichs und Europas, hg. v. Elisabeth Springer, Leopold Kammerhofer u. a. (Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit 20, Wien- München 1993) 19-34 (mit weiterer Spezialliteratur); Boshof- Knapp , Wolfger (wie Anm. 9). - Über die Aussöhnung zwischen dem Papst und Bischof Wolfger s. Othmar Hageneder , Bischof Wolfger von Passau und Papst Innozenz III., in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 52 (=Festschrift Alfred Wendehorst I, 1992) 109-120. 13) Strehlke
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