Wissenschaftsverantwortung: Wissenschaftsforschung Jahrbuch 2019 Herausgegeben von Harald A. Mieg, Hans Lenk und Heinrich Parthey Gesellschaft für Wissenschaftsforschung Harald A. Mieg Hans Lenk Heinrich Parthey (Hrsg.) Wissenschaftsverantwortung Wissenschaftsforschung Jahrbuch 2019 Mit Beiträgen von: Klaus Fuchs-Kittowski • Hubert Laitko Hans Lenk • Philip Macnaghten Harald A. Mieg • Heinrich Parthey VDW • Rainer E. Zimmermann Wissenschaftsforschung Jahrbuch2019 Bibliographische Informationen Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 978-3-96138-198-2 © 2020 Wissenschaftlicher Verlag Berlin Olaf Gaudig & Peter Veit GbR www.wvberlin.de Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, auch einzelner Teile, ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Dies gilt insbesondere für fotomechanische Vervielfältigung sowie Übernahme und Verarbeitung in EDV-Systemen. Druck und Bindung: Schaltungsdienst Lange o.H.G., Berlin Printed in Germany € 49,80 Inhaltsverzeichnis Vorwort HARALD A. MIEG Die Frage der Wissenschaftsverantwortung hat sich mit der Professionalisierung von Wissenschaft gewandelt............................................................................................. 11 HANS LENK Verantwortlichkeit in der Wissenschaft .................................................................... 45 PHILIP MACNAGHTEN Models of Science Policy: From the Linear Model to Responsible Research and Innovation................................................................................................................ 99 KLAUS FUCHS-KITTOWSKI Zur Verantwortung der Wissenschaft für die Gewährleistung der Menschenrechte – Im Kampf gegen die Degradierung des Lebenden, Rassismus und Antisemitismus ...117 HEINRICH PARTHEY Sicherung der Wissenschaft durch Institutionen in der Antike, im Mittelalter und in der Neuzeit.................................................................................................153 HUBERT LAITKO Wissenschaftsverantwortung und Wissenschaftsforschung - das Exempel Starnberg..165 RAINER E. ZIMMERMANN Zwischen Parrhesie und Fake: Wissenschaftsverantwortung heute ........................... 181 HARTMUT GRAßL, STEFAN BAUBERGER, JOHANN BEHRENS, PAULA BLECKMANN, RAINER ENGELS, EBERHARD GÖPEL, DIETER KORCZAK, RALF LANKAU & FRANK SCHMIEDCHEN Die Ambivalenzen des Digitalen – Mensch und Technik zwischen neuen Möglich- keits(t)räumen und (un)bemerkbaren Verlusten. Gastbeitrag der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW)........................................................................199 6 Bibliographie Hans Lenk Zusammengestellt anlässlich seines 80. Geburtstages ...............................................217 Publikationen der Mitglieder im Jahr 2018............................................................317 Namensregister.......................................................................................................323 Sachregister ............................................................................................................327 Jahrbücher Wissenschaftsforschung..........................................................................333 Vorwort Wissenschaft ist unverzichtbar geworden. Sie hat die Stufe reiner Beobach- tung und Erkenntnisgewinnung längst hinter sich gelassen. Im 20sten Jahr- hundert wurde Wissenschaft über die Verschwisterung mit Technik zu einer Macht. Die Entwicklung von Atomenergie, Gentechnik oder Digitalisierung ist ohne Beteiligung der Wissenschaft nicht mehr denkbar. Aus dieser Macht erwächst eine Verantwortung. Wie weit reicht die Verantwortung der Wissenschaft? Wie weit geht sie über die Verpflichtung zu fachgerechter Forschung hinaus? Wissenschaftliche Forschung zeichnet sich nicht nur durch abgesicher- te Erkenntnisse, theoretische Beweise und empirische Anwendbarkeit und Kontrolle aus, sondern sie entwickelt auch Theorien und Hypothesen. Da- durch braucht sie methodisch notwendig Vermutungen, ja weist oft auch Ambivalenzen auf, d.h. Uneindeutigkeit oder Mehrwertigkeit. Dies gilt schon allein aus dem Grund, weil wissenschaftliches Forschen nie zu Ende ist. Mit wissenschaftlichen Erkenntnissen werden manchmal ganz konkrete Nutzungserwartungen verbunden, man spricht heute von „dual use“: For- schung dient nicht nur dem Fortschritt in der Wissenschaft, sondern oft auch den Zwecken von Industrie und Militär. Daher muss sich Wissen- schaft kritischen und ethischen gesellschaftlichen Debatten stellen. Für welche ihrer Folgen kann Wissenschaft verantwortlich gemacht werden? Aufgrund der Ambivalenz können die Wirkungsverhältnisse viel- fältiger sein, als wir denken. Selbst eine Disziplin wie die Psychologie ver- dankt manche Ergebnisse und ihre heutige Stellung nicht zuletzt der Förde- rung zu militärischen Zwecken. Andrerseits kann wissenschaftliche For- schung auch unbequem sein oder gar als unerwünscht gelten. Daher war in Zeiten der portugiesischen Diktatur z. B. das Fach Soziologie verboten. Die Reflexion von Wissenschaftsverantwortung reicht also notwendig über Wissenschaftsethik oder Technikfolgenabschätzung hinaus. Wissen- schaftsverantwortung wird zumal dringlich mit den Wandlungen und Selbstverständnissen unserer modernen Gesellschaften. In den Blick gera- ten sogar die strukturellen Bedingungen. Wissenschaft ist heutzutage pro- fessionalisiert, sie ist ein Beruf geworden. Wie viel Verantwortung - und welche? - liegt bei den einzelnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft- 8 Harald A. Mieg, Hans Lenk & Heinrich Parthey lern, wie viel bei dem Beruf als Verband oder den mächtigen, globalen Wis- senschaftsinstitutionen? Die Frage der Wissenschaftsverantwortung ist neuerdings Gegenstand von europäischer Forschungspolitik und wird als Prüfstein gesellschaftlicher Entwicklung gesehen. Welchen Beitrag die Wissenschaft leisten kann und welche konkreten Verpflichtungen ihr daraus erwachsen, diese Fragen hat die Gesellschaft für Wissenschaftsforschung im Rahmen ihrer Jahrestagung an der Humboldt- Universität zu Berlin am 12. April 2019 unter dem Thema „Wissenschafts- verantwortung“ diskutiert. Die Diskussion erstreckte sich auf theoretische Überlegungen ebenso wie auf historische Betrachtungen und die Reflexion tagesaktueller Ereignisse. Die Ergebnisse werden in diesem Jahrbuch der Gesellschaft für Wissenschaftsforschung vorgestellt. Unser Band umfasst drei Arten von Beiträgen: erstens Analysen der Wis- senschaftsverantwortung, zweitens Analysen der strukturellen Bedingungen für Wissenschaft und deren Verantwortung sowie drittens normative Fas- sungen der Wissenschaftsverantwortung. Es handelt sich um folgende Bei- träge und Autoren: 1) Analysen der Wissenschaftsverantwortung - Hans Lenk analysiert Verantwortlichkeit in der Wissenschaft aus phi- losophischer Sicht und betont etwa die Bedeutung von Prioritätsregeln für die Milderung bzw. Lösung von Verantwortungskonflikten. - Harald A. Mieg diskutiert die Folgen der Professionalisierung / Verbe- ruflichung von Wissenschaft für Wissenschaftsverantwortung. 2) Analysen der strukturellen Bedingungen für Wissenschaft und deren Verantwor- tung - Heinrich Parthey verdeutlicht, wie Wissenschaftsfreiheit seit der Anti- ke durch Institutionen gesichert wird; die zunehmende Ambivalenz ruft Politik auf den Plan. - Hubert Laitko erörtert das konfliktreiche Zusammenspiel von Wissen- schaft, Politik und Medien am Beispiel der sog. Finalisierungsdebatte von 1976. - Rainer Zimmermann zeigt am Beispiel der Nyos-See-Katastrophe, 1986, die Verschränkung von wissenschaftlichen, politischen und reli- giösen Diskursen. - Philip Macnagthen erläutert die Grundsätze von Responsible Research and Innovation als Teil der aktuellen europäischen Forschungspolitik. Vorwort 9 3) Normative Fassungen der Wissenschaftsverantwortung - Klaus Fuchs-Kittowski ermahnt zur Reflexion der Menschenrechte in der Wissenschaft, dies zugleich mit Blick auf Antisemitismus wie auf Digitalisierung. - Die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) diskutiert die Bedingungen für eine Humanisierung der Digitalisierung in Wissen- schaft und Gesellschaft. Das Thema der Wissenschaftsverantwortung ist weder neu noch derzeit abschließend behandelbar. Unser Jahrbuch soll einen Überblick und einen Diskussionsbeitrag leisten. Diesem Zweck dient u.a. auch die Bibliographie der Werke von Hans Lenk, die unseren Band abschließt. Wir danken dem Kollegen Hubert Laitko für sein Lektorat der Schlussfas- sung dieses Jahrbuches. Harald A. Mieg, Hans Lenk & Heinrich Parthey, Berlin im Februar 2020 HARALD A. MIEG Die Frage der Wissenschaftsverantwortung hat sich mit der Professionalisierung von Wissenschaft ge- wandelt Abstract Die Verantwortungsfrage hat sich mit der erfolgreichen Verberuflichung von Wissenschaft gewandelt. Heute ist Wissenschaft ein privilegierter Beruf, eine Profession, mit einem (stillschweigenden) Verwaltungsauftrag für sy- stematische Erkenntnisgewinnung. In diesem Rahmen ist Wissenschaft verantwortlich. Die Karrierechancen sind ähnlich begrenzt wie in der Archi- tektur. Die außerordentliche Verantwortung der Wissenschaftler, welche C.F. von Weizsäcker anmahnte, bezog sich auf eine andere Phase der insti- tutionellen Entwicklung von Wissenschaft, dem Szientismus ("Wissenschaft begründet Gesellschaft"), und entsprach einer Eliteverantwortung. In der Verantwortung der Wissenschaft als Profession liegt die Sicherung und Entwicklung der wissenschaftlichen
Details
-
File Typepdf
-
Upload Time-
-
Content LanguagesEnglish
-
Upload UserAnonymous/Not logged-in
-
File Pages336 Page
-
File Size-